2014 Ehrenkodex des SSV Marl

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Ehrenkodex
Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sport, die mit Kindern und
Jugendlichen oder jungen Erwachsenen arbeiten oder sie betreuen.
Im Rahmen des 10-Punkte Aktionsprogramms „Gegen sexualisierte Gewalt im Sport“, das
vom Präsidium des Landessportbundes NRW im Juni 2011 beschlossen worden ist, wurde
auch die Neuerarbeitung eines themenübergreifendes Ehrenkodex beschlossen. Den
Ehrenkodex finden Sie zum Download in der beigefügten PDF-Datei. Laut
Präsidiumsbeschluss wird der Ehrenkodex verbindlich bei allen Lizenzausbildungen des
Landessportbundes NRW von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterzeichnet.
Ebenfalls soll die freiwillige Selbstverpflichtung (Ehrenkodex) auch von Betreuerinnen und
auch Betreuern im Sport unterzeichnet werden. Der Ehrenkodex bildet ein Mittel in der
Umsetzung von Interventions- und Präventionsmaßnahmen im Sport.
Gewalt gegen Mädchen und Frauen, Mädchen als Opfer
Mädchen und Frauen wachsen mit sexueller Gewalt auf. Diese Aussage trifft nicht nur auf
einzelne zu, sondern durchzieht die Biographie von vielen Mädchen und Frauen und ist
insofern ein strukturelles Problem ihrer Sozialisation. Gewalt hat nicht nur Auswirkungen auf
die Frauen und Mädchen, die unmittelbar zum Opfer von sexuellem Missbrauch und
Vergewaltigung werden, sondern auf alle Mädchen und Frauen, unabhängig von Alter,
Aussehen oder sozialer Schicht.
Alltägliche Verhaltensweisen und Äußerungen, die Frauen abwerten, z.B. obszöne Gesten
oder verbale Anzüglichkeiten, Grenzverletzungen, massive Übergriffe, aber auch in der
Werbung und den Medien transportierte Frauenbilder, zeigen, direkt oder indirekt, wie Frau
Opfer von sexueller Gewalt wird. Auch durch die Erfahrung dass Mutter, Schwester, Tante
und Freundin nur ungern oder gar nicht ohne Begleitung von Männern auf die Straße gehen,
wirkt die Welt draußen gefährlich für Mädchen und Frauen. Um der drohenden Gefahr aus
dem Weg zu gehen, schränken sie ihre Bewegungsfreiheit ein. Sexuelle Gewalt ist für
Mädchen und Frauen so alltäglich, dass sie alle Lebensbereiche erfasst und oft kaum bewusst
wird.
Eingeschränkte Bewegungsfreiheit
Schon die frühe Bewegungssozialisation von Mädchen wird durch die Angst der Erwachsenen
vor sexuellen Übergriffen auf das Kind beeinflusst. Aus dieser Angst heraus werden Mädchen
stärker beaufsichtigt und ihre Bewegungsfreiheit bleibt weitgehend auf den Wohnbereich und
die unmittelbare Umgebung beschränkt. Ihnen wird also eine geringe räumliche Entfernung
von ihren Bezugspersonen zugestanden. Untersuchungen zum Spiel- und Raumverhalten, die
nach Geschlecht differenzieren, kommen zu dem Ergebnis, dass der Erkundungsraum von
Mädchen anders und vor allen Dingen begrenzter ist als der von Jungen. Mädchen spielen bis
zum Alter von etwa zwölf Jahren noch überwiegend auf Höfen oder Spielplätzen in
unmittelbarer Wohnungsnähe. Verglichen mit den Beschäftigungen der Jungen ermöglichen
die Spielaktivitäten der Mädchen deutlich begrenzte und eingeschränkte Bewegungs- und
Körpererfahrungen. Der Umgang der Geschlechter miteinander ist nach wie vor durch ein
Macht- und Definitionsgefälle bestimmt. "Die Frau ist für den Mann da" ist fest in den
Köpfen Erwachsener und Jugendlicher verankert - auch in den Köpfen der Frauen und
Mädchen. Der Körper der Frau wird benutzt, um Produkte zu verkaufen, um Männer zu
erfreuen, um sexuelle und andere Dienstleistungen kostenlos oder auch gegen Entgelt bereit
zu stellen. Die dazugehörigen Normen und Werte, wie ein anständiges Mädchen oder ein
anständige Frau zu sein hat, sind ebenso fest in den Köpfen verankert. Das fällt erst dann auf,
wenn es sich mal nicht so benimmt, wie es von ihr erwartet wird.
Sexuelle Übergriffe finden nach Untersuchungen viel häufiger im so genannten Nahbereich
(Familie, Schule, Arbeitsplatz, Freizeit), also eher im persönlichen Schutzraum, statt als im
Fremdbereich. Sie sind keine Entgleisungen oder Triebtaten, sondern sie sind geplant. Aber
im privaten Bereich liegt auch die Dunkelziffer entsprechend höher, weil nicht darüber
gesprochen wird oder keine Anzeige erstattet werden kann - aus Scham oder Ohnmacht.
Unterschiedliche Gewalterfahrungen
Erziehungsbedingt lernen die meisten Mädchen und Frauen auch heute noch
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andere wichtiger zu nehmen als sich selbst,
eigene Bedürfnisse und Gefühle zu ignorieren,
bei Auseinandersetzungen nachzugeben,
Harmonie und Frieden wiederherzustellen,
still, zurückhaltend zu sein, nicht zu toben und keine Wut zu zeigen.
Das Ergebnis: Mädchen und Frauen verlassen sich oftmals nicht auf ihre Gefühle. Sie werden
in ihrer Erziehung eher dazu angehalten, harmonisch im Umgang mit anderen zu sein und
Konflikte zu vermeiden. Sie weichen einer offenen Konfrontation mit Macht und Gewalt so
lange wie möglich aus. Dies führt dazu, dass sie unsicher sind und Schwierigkeiten haben,
Entscheidungen für sich selbst zu treffen. Ebenfalls unterschätzen sie dabei ihre physichen
und psychischen Stärken. Sie haben Angst, sich weh zu tun und noch mehr Angst, anderen
weh zu tun.
Bis zur Pubertät erfahren Mädchen z.B. in der Schule eher Gewalt in Form von Geärgert-,
Festgehalten-, Gestoßen-, Geboxt-Werden. Angesichts dieser alltäglichen Übergriffe wollen
wir das Selbstwertgefühl der Mädchen entscheidend stärken. Hoffentlich werden sie sich in
solchen Situationen wehren und sagen: "Das lasse ich mir nicht gefallen "oder " Ich habe das
Recht, NEIN zu sagen."
Die Kampagne "Schweigen schützt die Falschen"
Mit der Kampagne "Schweigen schützt die Falschen" verfolgt der Landessportbund NRW seit
mehreren Jahren das Ziel, das Thema "Sexualisierte Gewalt im Sport" zu enttabuisieren.
Prävention und Intervention im organisierten Sport sollen konkret gefördert werden. Zur
Unterstützung gibt es eine CD sowie Broschüren in Wiederauflage. Diese können beim
Landessportbund NRW bestellt werden.
1. Ehrenkodex
Am Ende jeder Lizenzmaßnahme wird der Ehrenkodex von allen Teilnehmerinnen
und Teilnehmern unterzeichnet. Die freiwillige Selbstverpflichtung (Ehrenkodex) soll
darüber hinaus von allen bereits in der Jugendarbeit tätigen Betreuerinnen und
Betreuern (ÜL und Ehrenamt) unterschrieben werden. Der neu erarbeitete,
"themenübergreifende" Ehrenkodex wird ab Januar 2012 zur Verfügung stehen.
2. Erweitertes Führungszeugnis
Die generelle Einführung des erweiterten Führungszeugnisses für ehrenamtliche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird nicht befürwortet (keine gesetzliche
Grundlage). Im Rahmen der Entwicklung eines Präventionskonzepts einer
Mitgliedsorganisation (siehe Punkt 1) wird die Vorlage eines erweiterten
Führungszeugnisses auch für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
empfohlen, wenn deren Funktion ein hohes Gefährdungspotential beinhaltet.
3. Dabei sollten u.a. folgende Kriterien berücksichtigt werden:
- Kontakthäufigkeit,
- Betreuungssituation in Ferienfreizeiten mit Übernachtungen,
- Vereinsfahrten zu Wettkämpfen mit Übernachtungen,
4. Gewalt gegen Jungen
5. Jungen, die sexuell missbraucht werden oder sexuelle Gewalt erfahren haben,
wissen oft nicht, wie es weiter gehen soll
6. Jungen, die sexuell missbraucht werden oder sexuelle Gewalt erfahren haben, sind oft
ganz durcheinander. Sie haben viele Fragen und wissen nicht, wie es weiter gehen
soll. "Das glaubt mir ja doch keiner!" "Warum bin ich wieder hingegangen?" "Bin ich
noch ein richtiger Junge?" "Ich bin bestimmt der einzige, dem so was passiert." "Bin
ich schwul?" "Was passiert, wenn ich es erzähle?"
7. Wer kann helfen?
Auch für Jungen ist es oft zu schwer, sich ganz allein zu wehren. Jungen haben ein
Recht auf Hilfe. Auch wenn es am Anfang vielleicht spannend war oder es dir ein
wenig gefallen hat - du hast keine Schuld! Du hast nichts falsch gemacht, sondern
derjenige, der dich missbraucht hat! Überlege dir, wer auf deiner Seite steht und dir
helfen kann: ein Freund, eine Freundin, eine Lehrerin, ein Lehrer, deine Eltern oder
andere Verwandte, Sozialarbeiter im Jugendzentrum... Auch wenn es schwierig ist:
Sprich mit einer Person, der du vertraust. Falls dir jemand nicht glaubt oder dir nicht
helfen
will,
gib
nicht
auf!
Versuch
es
bei
jemand
anderem.
Du kannst dich auch an eine Beratungsstelle wenden. Dort arbeiten Leute, die wissen,
dass auch Jungen sexuell missbraucht werden. Die glauben dir und überlegen mit dir,
was du tun kannst. Sie werden nichts weitersagen und unternehmen, was nicht mit dir
abgesprochen ist. Vielleicht möchtest du erst mal anrufen oder jemand soll für dich
anrufen.
Du kannst alleine hingehen oder jemand mitnehmen. In der Beratungsstelle kannst du
dich auch informieren, wenn du jemanden kennst, der sexuell missbraucht wird. Du
kannst dir Hilfe holen, wenn du mitkriegst, dass andere Jungen jemanden sexuell
belästigen und du allein nichts dagegen machen kannst. (Mit freundlicher
Genehmigung aus "Die Nachricht - Taschenheft für Jungen über sexuellen Missbrauch
an Jungen" © Zartbitter Köln e.V., Sachsenring 2-4, 50677 Köln)
Kontakt und weitere Informationen: www.zartbitter.de
8. Jungen werden als Opfer übersehen
Es ist zu befürchten, dass den meisten männlichen Opfern sexueller Gewalt eine
angemessene Unterstützung bei der Verarbeitung der Opfererfahrung zur Zeit
verwehrt bleibt. Eine plausible Erklärung für diesen offensichtlichen Widerstand ist
das immer noch weit verbreitete Geschlechtsrollenklischee vom wehrhaften Jungen
bzw. Mann. Danach schließen Opfer-Sein und Männlich-Sein einander aus. So
glauben Jungen und Männer z.B. dass männliche Opfer sexueller Gewalt eher selten
sind. Die vorherrschenden Männlichkeits-Bilder beeinflussen zudem die
Wahrnehmung und Verarbeitung sexueller Gewalterfahrungen durch die Betroffenen
selbst. Immer wieder finden sich Hinweise, dass ein großer Teil der von sexueller
Gewalt betroffenen Jungen sich sehr spät oder nie mitteilen und Hilfe für die
Verarbeitung der Missbrauchserfahrung in Anspruch nehmen.
9. Darüber hinaus bestimmen die vorherrschenden Bilder von Männlichkeit, wie
männliche Opfer von ihrer Umwelt wahrgenommen werden und ob bzw. wie ihnen
Hilfe angeboten wird. Den Problemen von Jungen, sich als Opfer sexueller Gewalt
wahrzunehmen, entspricht die Tendenz der Umwelt, Jungen als Opfer zu übersehen
bzw. den betroffenen Jungen keine angemessene Hilfe an zu bieten. Die Gestaltung
eines angemessenen Hilfeangebots muss daher sowohl im Kontakt mit den betroffenen
Jungen als auch auf Seiten der Helferinnen und Helfer jungenspezifische Aspekte
berücksichtigen. (Mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Herausgeber.
Quelle: Ulfert Boehme (2002): Jungen als Opfer. In: Bange, Dirk/ Körner, Wilhelm
(2002): Handwörterbuch Sexueller Missbrauch; Göttingen; Hogrefe (245-252)
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