Sexualstraftäter: krank oder kriminell? Notiz zu einem

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Sexualstraftäter: krank
oder kriminell?
Prof. Dr. Jürgen Hoyer
Klinische Psychologie und
Psychotherapie
TU Dresden
Die gleiche Frage in
überzeichneter Form
Krank oder kriminell?
Mad or bad?
„ Man or monster?
„
„
Notiz zu einem aktuellen Film
Das Monster als Mensch
Annäherung an den Knabenmörder Jürgen Bartsch:
"Ein Leben lang kurze Hosen tragen"
Von Matthias Heine
1
Mad or bad?
Die amerikanische Praxis
Öffentliche Liste von Sexualstraftätern, mit Daten
und - soweit vorhanden - mit Foto vom USJustizministerium im Internet veröffentlicht
Argument pro „krank“
„Wer so etwas tut, muss nach
allgemeinem Verständnis krank
sein“
„ „Wer andere Menschen sexuell
nötigt, angreift oder missbraucht, ist
grundsätzlich nicht normal.“
„
2
Pro „kriminell“
Täter sind Täter und selbst wenn
eine Krankheit vorliegt, ist Krankheit
keine Entschuldigung: „Jeder kann
seine Impulse kontrollieren“.
„ Nicht die (sexuellen) Impulse sind
strafrechtlich relevant, sondern
ihnen nachzugehen. Wer dies tut,
handelt kriminell.
„
Frank G., 32 Jahre
„
„
„
„
Insgesamt seit dem 17. Lj. über 9 Jahre
im Strafvollzug
Zahlreiche Gewaltdelikte, darunter
gefährliche Körperverletzung, bewaffneter
Raub
Wechselnde Beziehungen mit
erwachsenen Frauen
Zuletzt verurteilt wegen Vergewaltigung
3
Ziel des Vortrags
Besser differenzieren können:
Welche Sexualstraftäter sind a) nach
unserem Rechtsverständnis und b)
nach unserem psychopathologischen
Verständnis krank, welche kriminell,
welche beides?
Überblick
„
„
„
„
„
Sexualstraftaten: Was ist das und wie
häufig sind Sexualstraftaten?
Juristische Einteilung
Psychopathologische Einteilung
Die Paraphilien
Sind Sexualstraftäter krank oder
kriminell: die Antwort
Sexualstraftaten: Was ist
das und wie häufig sind
Sexualstraftaten?
4
Definition des sexuellen
Missbrauchs
„
Sexueller Missbrauch an Kindern ist jede
sexuelle Handlung, die an oder vor einem
Kind entweder gegen den Willen des
Kindes vorgenommen wird oder der das
Kind aufgrund körperlicher, psychischer,
kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann.
Der Täter nutzt seine Macht- und Autoritätsposition aus, um seine eigenen
Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu
befriedigen (Bange & Deegener, 1996).
Die häufigsten Sexualstraftaten
Sexueller Missbrauch von Kindern (§
176 StGB)
„ Vergewaltigung (§ 177 StGB)
„ Sexuelle Nötigung (§ 178 StGB)
„ Exhibitionistische Handlungen (§
183, 183a StGB)
„
Die häufigsten Sexualstraftaten
Sexueller Missbrauch von Kindern (§
176 StGB)
„ Vergewaltigung (§ 177 StGB)
„ Sexuelle Nötigung (§ 178 StGB)
„ Exhibitionistische Handlungen (§
183, 183a StGB)
„
5
Der Begriff „Sexualtäter“
„
...beschreibt keine Diagnose
oder Störung, sondern Männer,
die Straftaten gegen die
sexuelle Selbstbestimmung
begangen haben.
Kriminalstatistik 2001
Insgesamt 52.099 Straftaten gegen die
sexuelle Selbstbestimmung (0,8% aller
Straftaten)
„
„
„
Sexueller Missbrauch: 15.117 Fälle
Vergewaltigung und Sexuelle Nötigung:
7.891 Fälle
Exhibitionistische Handlungen: 9.780
Fälle
Strafverfolgungsstatistik 1999
„
„
„
Sexueller Missbrauch von Kindern
insgesamt: 4837 Jungen, 14594 Mädchen
Sexueller Missbrauch mit Todesfolge: 3
Jungen, 3 Mädchen
Von 2364 Angeklagten wegen sexuellen
Kindesmissbrauchs wurden 2001
verurteilt, von denen 576 wirklich ins
Gefängnis gingen
6
Erster Periodischer Sicherheitsbericht
(Juli 2001)
„
„
„
polizeiliche Statistik weist auf Rückgang im
Bereich der Sexualdelinquenz gegen Kinder hin
(seit 1997)
auch im Dunkelfeld ist ein Rückgang
anzunehmen, obwohl die meisten Delikte gar
nicht erst zur Anzeige gebracht werden
die bekannt gewordene Rückfälligkeit liegt
zwischen 13 und 20% (weniger als in der
Öffentlichkeit angenommen)
Wahrscheinlichkeit einer Posttraumatischen
Belastungsstörung bei Vorliegen eines
Traumas (%)
Kessler et al.,
1995
Perkonigg et al.,
1997
Maercker et al.,
1999
Vergewaltigung
/ sexueller
Mißbrauch
55,5
50,0
52,5
Sex.
Belästigung
19,3
--
22,5
Körperliche
Gewalt
11,5
1,7
13,1
Unfälle
7,6
0
2,7
Zeuge (v.
Unfällen, Gewalt)
7,0
2,4
2,6
Feuer,
Naturereignisse
4,5
0
5,0
Die juristische Bewertung
von Sexualstraftaten
7
§ 20
„
§ 20 Schuldunfähigkeit wegen
seelischer Störungen
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der
Tat wegen einer krankhaften seelischen
Störung, wegen einer tiefgreifenden
Bewusstseinsstörung oder wegen
Schwachsinns oder einer schweren anderen
seelischen Abartigkeit unfähig ist, das
Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser
Einsicht zu handeln.
§ 21
„
§ 21 Verminderte Schuldfähigkeit
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der
Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu
handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten
Gründe bei Begehung der Tat erheblich
vermindert, so kann die Strafe nach § 49
Abs. 1 gemildert werden.
Anmerkung zu § 20, 21
„
„
Ex- bzw. Dekulpierung erfolgt nicht allein
aufgrund der Feststellung bestimmter
Krankheiten, sondern nur aufgrund der
definierten Auswirkungen der Krankheiten
zu einem bestimmten Zeitpunkt
(Tatzeitpunkt) und bezüglich eines
bestimmten Geschehens (der inkriminierten
Tat).
„Krankheit“ determiniert eine Tat niemals
allein, sondern immer nur im
Zusammenspiel verschiedener Faktoren
(Situation, Person).
8
Maßregeln zur Besserung und
Sicherung
„
§ 63 Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im
Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder
der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21)
begangen, so ordnet das Gericht die
Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt,
dass von ihm infolge seines Zustandes
erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten
sind und er deshalb für die Allgemeinheit
gefährlich ist.
LKH Moringen
Zwickau Lebenslange Haft für Ayla-Mörder, 11.1.06
Der Mörder der sechsjährigen Ayla ist zu lebenslanger
Haft verurteilt worden. Die Zwickauer Richter stellten
zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Damit
ist eine vorzeitige Freilassung des Täters nach 15
Jahren Haft ausgeschlossen.
Der Verurteilte, ein 37 Jahre alter Mann, war wegen
Mordes und sexuellen Missbrauchs vorbestraft. Er hatte
gestanden, Ayla im Mai vergangenen Jahres auf dem
Weg zur Schule entführt, sexuell misshandelt und
getötet zu haben. Mit dem Urteil folgte das Gericht
weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft.
Der Forderung nach Sicherheitsverwahrung wurde allerdings
nicht entsprochen. Die Staatsanwaltschaft hat die
anschließende Sicherungsverwahrung für den Angeklagten
beantragt. Die Verteidigung sah dazu keine Notwendigkeit.
Während des Prozesses waren zwei Gutachter zur
Schuldfähigkeit des Angeklagten gehört worden. Sie kamen
jedoch zu unterschiedlichen Urteilen.
9
Fazit
•
•
(und Ergänzung)
Ob Bestrafung oder Behandlung im Vordergrund stehen,
hängt nach unserem Rechtsverständnis zunächst
entscheidend davon ab, ob die Störung („Krankheit“,
„Abnormität“) so ausgeprägt ist, dass der Täter mangels
Einsicht und/oder mangels Steuerungsfähigkeit keine
Verantwortung für sein eigenes strafbares Handeln
übernehmen kann.
Weil nach diesem Grundsatz aber eine große Gruppe von
Sexualstraftätern überhaupt nicht behandelt werden würde
und Strafe allein schlecht vorbeugt, sollen nach dem Gesetz
zur Verhinderung von Sexualstraftaten alle Sexualstraftäter
eine Behandlung erhalten.
Psychopathologische
Faktoren bei
Sexualstraftaten
Sexuelle Erregbarkeit durch
Kinder
„
„
Nur bei einem Drittel der Täter, die wegen
Kindesmissbrauchs auffällig wurden, liegt
eine eindeutige pädophile Präferenz vor
(Barbaree & Marshall, 1989; Langevin et al.,
1998)
Bei 18% der normalen Vergleichspersonen
zeigte ich eine leichte sexuelle Erregbarkeit
durch Abbildungen von Kindern (Barbaree &
Marshall, 1989).
10
Sexuelle Erregbarkeit durch
Gewalt
„
„
„
45% einer Gruppe von Gewalttätern zeigte
auf sadistische Inhalte Erregung, aber nur
5% der Kontrollgruppe (Fedora et al., 1992).
Aus sexuellen Phantasien und sexueller
Erregbarkeit kann nicht zwangsläufig eine
Verhaltensdisposition abgeleitet werden.
Die Mehrzahl der Vergewaltiger wird auch
durch Stimuli einer einwilligenden Partnerin
erregt, eine sexuell sadistische Präferenz ist
selten (Baxter et al., 1986).
Evolutionsbiologische Erklärung
der Vergewaltigung
„
„
Evolutionsbiologische Theorien
nehmen an, dass sexuelle Aggression
eine biologische Basis hat, weil sie
den Reproduktionserfolg erhöht.
Aber: Biologische Faktoren allein
können menschliches Verhalten nicht
erklären.
Triebtäter?
Hypersexualität?
„ Triebstau?
„ Spezifische biologische oder
hormonelle Ursachen sexueller
Delinquenz konnten bislang nicht
abgesichert werden!
„
11
Begriffsklärung
Abweichendes Sexualverhalten
„ Paraphilien
„ Störungen der sexuellen
Orientierung
„
Kriterien für Paraphilien
(allgemein)
Hauptmerkmale (nach DSM-IV-TR)
wiederkehrende intensive sexuell erregende Phantasien, sexuelle
dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen, die sich im allgemeinen
auf
1. nichtmenschliche Objekte
2. das Leiden oder die Demütigung von sich selbst oder seines
Partners
3. Kinder oder andere nicht einwilligende oder nicht einwilligungsfähige Personen beziehen
und die über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten auftreten
(Kriterium A).
Die Person hat das sexuell dranghafte Bedürfnis ausgelebt, oder die
sexuell dranghaften Bedürfnisse oder Phantasien verursachen
deutliches Leid oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten.
(Kriterium B).
Beispiele für Paraphilien
Über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten bestanden wiederkehrende,
starke sexuelle Impulse, Handlungen und/oder sexuell erregende Phantasien,
„
„
„
„
„
...die das Entblößen der eigenen Geschlechtsteile gegenüber
einem nichtsahnenden Fremden beinhalten (Exhibitionismus, F 65.2, DSM 302.4).
...die den Gebrauch lebloser Objekte
(z.B. weibliche
Unterwäsche) beinhalten (Fetischismus, F 65.0, DSM 302.81).
...die im Zusammenhang mit weiblicher Kleidung bei einem
heterosexuellen Mann bestanden (Transvestitismus, F65.1,
DSM 302.3).
...die die Beobachtung argloser Personen, die nackt sind, sich
gerade entkleiden
oder sexuelle Handlungen ausführen, beinhalten (Voyeurismus, F 65.3, DSM 302.82).
…
12
Beispiele für Paraphilien (2)
Über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten bestanden wiederkehrende,
starke sexuelle Impulse, Handlungen und/oder sexuell erregende Phantasien,
„
„
„
„
...die das Berühren und Sich-Reiben an Personen betreffen, die
mit der Handlung nicht einverstanden sind (Frotteurismus, F
65.8, DSM 302.89).
...die mit einem realen, nicht simulierten Akt der Demütigung,
des Geschlagen- und Gefesseltwerdens oder sonstigen Leidens
verbunden sind (Masochismus, F 65.5, DSM 302.83).
...die sexuelle Aktivität mit Tieren beinhaltet (Sodomie F 65.8,
DSM 302.9).
...die obszöne Telefonanrufe beinhalten mit Personen, die
ahnungslos oder damit nicht einverstanden sind (Erotophonie,
F 65.8, DSM 302.9).
Kriterien für Pädophilie
Diagnostische Kriterien
A. Über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten wiederkehrende
intensive sexuell erregende Phantasien, sexuell dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen, die sexuelle Handlungen mit einem
präpubertären Kind oder Kindern (in der Regel 13 Jahre oder
jünger) beinhalten.
B. Die Person hat das sexuell dranghafte Bedürfnis ausgelebt, oder die
sexuell dranghaften Bedürfnisse oder Phantasien verursachen
deutliches Leid oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten.
C. Die Person ist mindestens 16 Jahre alt und mindestens 5 Jahre älter
als das Kind oder die Kinder nach Kriterium A.
Beachte: Spätadoleszente, die sich in einer fortdauernden sexuellen
Beziehung mit einem 12-13jährigen Partner befinden, sind nicht
einzubeziehen.
Kriterien für sexuellen
Sadismus
Diagnostische Kriterien
A. Über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten wiederkehrende
intensive sexuell erregende Phantasien, sexuell dranghafte
Bedürfnisse oder Verhaltensweisen, welche (reale, nicht simulierte)
Handlungen beinhalten, in denen das psychische oder physische
Leiden (einschließlich Demütigung) des Opfers für die Person
sexuell erregend ist.
B. Die Person hat das sexuell dranghafte Bedürfnis mit einer nicht
einverstandenen Person ausgelebt, oder die sexuell dranghaften
Bedürfnisse oder Phantasien verursachen deutliches Leid oder
zwischenmenschliche Schwierigkeiten (Kriterium B).
13
Fallbeispiel Jürgen Bartsch
Fallbeispiel Jürgen Bartsch
„
Bartsch gehörte zu den sadistisch veranlagten, zu
Gewalttaten neigenden Tätern, die auf Kinder fixiert sind.
Die sadistische Neigung offenbarte sich bereits im
Jugendalter, im katholischen Internat in Marienhausen.
Dort stellte Jürgen Bartsch zum ersten Mal fest, dass er
sich zu Knaben sexuell hingezogen fühlte. Er versuchte, die
von ihm als anormal empfundene Homosexualität mit
Gewalttätigkeiten gegenüber seinen Kameraden zu
kompensieren. Einer seiner Lehrer berichtete später, dass
Bartsch sich gern balgte und die Schüler auch würgte.
Psychologische Gutachten bestätigten, dass der nach
außen äußerst freundlich wirkende Bartsch pädosexuell
veranlagt war, unter Paraphilien litt und seine seine Taten
unter einem „unwiderstehlichen Drang“ ausgeführt hatte.
Buchtipp
14
Weiteres Fallbeispiel: multifaktorielles
Bedingungsmodell sexueller Devianz
1. Sexuelle Entwicklung:
- geprägt durch Tabus und Ängste
- mit 13 Jahren das erste sexuelle „Spiel“ mit einer 7jährigen
- erfolglose Suche nach Sexualpartnerinnen
- erster Geschlechtsverkehr mit 27 Jahren
- Heirat mit 28 Jahren
2. Starkes sexuelles Interesse – „Nachholbedarf“
3. Hohe Erwartungen an eheliche Sexualität; wenig eheliche Sexualität
aufgrund einer Luststörung und primären Anorgasmie der Frau
Fallbeispiel zum multifaktoriellen
Bedingungsmodell sexueller Devianz (2.Teil)
4. Frust in ehelicher Sexualität
5. Sexuelle Phantasien und Erregung beim Anblick von Frauen auf
der Straße („Wie wäre es wohl mit der“); aus Angst vor Misserfolg
keine Versuche, Frauen anzusprechen
6. sexueller Frust
7. pädophile Impulse
Entstehung und Aufrechterhaltung pädophiler Neigungen eines 35jährigen Mannes, der
mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs von 7- bis 11jährigen Mädchen auffällig wurde
Begehen alle Menschen mit sexuellen
Abweichungen Sexualstraftaten?
Sicher nicht (Dunkelfeldstudien)
„ Es muss also etwas
hinzukommen
„
15
Warum schlägt er trotz hohen
Entdeckungsrisikos wieder zu?
Aktuell gesucht
in DD –
Vergewaltiger
eines 9-jährigen
Mädchens
Mangelnde Fähigkeit zum
Belohnungsaufschub
Gehirnabnormitäten bei Mördern
Voll
schuldfähig
Unschuldig wegen
Geisteskrankheit
Die Patienten mit psychischen Störungen haben weniger Aktivität
im präfrontalem Kortex (Zentrum der Handlungssteuerung).
http://www.holah.karoo.net/raine.htm
16
Adrian Raine
Raine, A. (1993). The psychopathology
of crime. San Diego: Academic Press
Weitere relevante
Störungen
Alkoholabhängigkeit oder andere
substanzbezogene Störungen
„ Borderline-Persönlichkeitsstörung
„ Antisoziale Persönlichkeitsstörung
„
Mangelnde Einsichts- oder
Steuerungsfähigkeit
Psychotische Störungen (z.B.
Schizophrenie)
„ Schwere geistige Behinderung
„
17
Indirekte Einflüsse durch
psychische Störungen
„
Beispiel Soziale Angst/Soziale
Isolation
Anders herum gedacht:
Gibt es Täter ganz ohne psychische
Störungen?
Vermutlich ja
„ Dies bleibt ein definitorisches
Problem!
„
Dissozialität
ƒ Kriminogene Verhaltensdispositionen,
die korrigiert werden können - auch
wenn keine psychische Störung
vorliegt.
18
Täter ganz ohne psychische Störungen
„
„
Zahlen: Wie viele sind im Strafvollzug,
wie viele im Maßregelvollzug?
„der weitaus größte Teil derjenigen, die
wegen schwer Sexualdelikte verurteilt
werden, verbüßen ihre Freiheitsstrafen
in einer JVA“ (Stolpmann, 2001)
Sind Sexualstraftäter
krank oder kriminell: die
Antwort
Sexualstraftäter:
krank und/oder kriminell!
krank
ja
nein
ja
z.B. Pädophiler
mit krimineller
Sozialisation
z.B. Täter aus
Gewaltmotivation
nein
z.B. geistig
behinderter
Pädophiler
-
kriminell
19
Die Antwort:
(1)Viele Sexualstraftäter haben psychische
Störungen.
(2)Das sind in der Minderzahl der Fälle
sexuelle Störungen.
(3)Psychische Störungen werden meist erst
im Zusammenspiel mit anderen Faktoren
(Extrembelastungen, Konflikte, Drogen)
zum Risikofaktor für Sexualstraftaten.
(4)Die psychischen Störungen sind selten so
ausgeprägt, dass keine Einsichts- und
Steuerungsfähigkeit gegeben ist.
Die Antwort (2):
(5)Deswegen sind die meisten
Sexualstraftäter sowohl „krank“ als auch
kriminell.
(6)Aus dem gleichen Grund gilt aber auch:
Sie sind meistens auch behandelbar.
(7)Bei einer sehr kleinen Gruppe ist das
Risiko zu groß (keine ausreichende
Selbststeuerung zu erwarten.)
Was fehlt
Genaue wissenschaftlich-diagnostische
Untersuchungen zu folgenden Fragen
fehlen weitgehend:
•
•
•
Wie verändert sich die Rückfälligkeit/Basisrate mit
der Diagnose?
Wie verändert sich die Ansprechbarkeit auf
bestimmte Behandlungsmethoden mit der
Diagnose?
Sind die Therapiemethoden, die heute als state of
the art gelten bei (fast) allen Tätern gleichermaßen
wirksam?
20
Ein kurzer Ausblick zur
Behandlung
Behandlung:
Die Tätertypologie ist wichtiger als die
Tattypologie!
Ein kurzer Ausblick zur
Behandlung
• Oft gilt das Prinzip der Rückfallprophylaxe
(no cure but control).
• Die sexuelle Orientierung ist meist nicht
veränderbar.
• Andere Risikofaktoren aber durchaus.
• Beispiele:
9
9
9
9
9
9
Empathie
Soziale Kompetenz
Frustrationstoleranz
Umgang mit Konflikten
Soziale Anpassung
Alkohol- und Drogenmissbrauch
Ein kurzer Ausblick zur
Behandlung
• Das geringere Rückfallrisiko nach
Behandlung ist belegt.
• Noch kaum umgesetzt ist aber eine
diagnosespezifische Behandlung, die viel
höhere Erfolgsaussichten hätte.
21
Buchempfehlung
22
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