Emotionale Kompetenzen Wie, Emotionen? Emotionale Kompetenzen? Bringen die mich wirklich weiter? Wir haben einen gefragt, der es wissen muss: Dr. Carsten Steinert, Experte in Sachen Emotionale Kompetenz. Wie definieren Sie emotionale Intelligenz und emotionale Kompetenz? Sind sie erlernbar?I Im Kern verstehe ich unter emotionaler Intelligenz Qualitäten wie das Bewusstsein und die Kontrolle der eigenen Gefühle, Einfühlungsvermögen in andere Menschen, verbunden mit der Fähigkeit, soziale Beziehungen zu nutzen, sowie die Anlage, sich selbst zu motivieren und die eigenen Emotionen so zu steuern, dass sich die eigene Lebensqualität und die der Anderen verbessert. Gerade die Einschätzung und Kontrolle der eigenen Gefühle bildet den Grundstein der emotionalen Intelligenz und stellt eine Fähigkeit dar, die sich gerade in beruflichen Kontexten als sehr nützlich erweist. Die emotionale Intelligenz ist schon von Geburt an gegeben und beruht auf fünf Elementen: Selbstwahrnehmung, Motivation, Selbstregulierung, Empathie und soziale Fähigkeiten. Von der emotionalen Intelligenz zu unterscheiden ist die emotionale Kompetenz. Ähnlich wie fachliche Kompetenz im Laufe des Lebens erlernt werden muss, ist emotionale Kompetenz dem Menschen ebenfalls nicht von Natur aus gegeben. So wie der Intelligenzquotient die Basis für fachliche Kompetenz bildet, stellt die emotionale Intelligenz die Grundlage für die emotionale Kompetenz dar. Emotionale Kompetenz ist wie die fachliche Kompetenz erlernbar, kann aber diese nicht ersetzen. Welchen Einfluss hat emotionale Kompetenz auf beruflichen Erfolg? Ich denke, dass die emotionale Kompetenz einen ähnlich hohen Einfluss auf den beruflichen Erfolg hat, wie die fachliche Kompetenz. Denn was nützt der fachlich versierte Vertriebsmitarbeiter, wenn er nicht in der Lage ist, auf andere Menschen zuzugehen und sich in seine Kunden hineinzuversetzen? Menschen mit einer hohen emotionalen Kompetenz gelingt es besser als anderen, das verbindende und kreative Potenzial ihres beruflich-sozialen Umfeldes zu erschliessen und zu ihren Kunden, Mitarbeitern und Kollegen eine konstruktive Beziehung aufzubauen. Und das schlägt sich meines Erachtens langfristig in beruflichen Erfolgen nieder. Sind emotional intelligente Personen immer Optimisten? Ich denke schon, dass Optimismus in gewisser Weise mit emotionaler Intelligenz zu tun hat, aber das heisst nicht zwangsläufig, dass dadurch emotional intelligente Menschen immer und überall Optimisten sein müssen. Wenn man beispielsweise schon häufiger in schwierigen beruflichen Situationen durch gutes Beziehungsmanagement etc. "die Kuh vom Eis gebracht hat", dann macht man sich diese Fähigkeiten auch in zukünftigen schwierigen Situationen bewusst, sieht das Ganze dadurch vielleicht nicht mehr so schwarz und erweckt dadurch auf Dritte unter Umständen den Eindruck eines Optimisten. Was unterscheidet die Herangehensweise eines Optimisten von der eines Pessimisten an eine Aufgabe/ein Problem? Ich denke, um das eben genannte Beispiel nochmals aufzugreifen, es ist - neben einer persönlichen Charaktereigenschaft - vielleicht einfach die Bewusstmachung der Gewissheit, bereits in seinem (Berufs-)leben mit anderen - unter Umständen auf den ersten Blick auch unlösbar erscheinenden - Aufgaben bzw. Problemen erfolgreich umgegangen zu sein. Zweifelsohne kann hierbei die emotionale Intelligenz einen entscheidenden Beitrag zur Lösung des Problems beigetragen haben, das gibt dann zusätzliche Sicherheit. Kann man Optimismus lernen? Wenn ja, dann wie? Optimismus ist meines Erachtens vor allem eine persönliche Charaktereigenschaft, die sich nur bedingt erlernen lässt. Für manche Menschen ist eben das Glas immer halb voll und für andere halb leer. Was man aber meiner Meinung nach tun kann ist, sich in schwierigen Situationen vergangene Erfolge vor Augen zu führen und dadurch mehr Selbstvertrauen für die aktuelle Situation zu erhalten. Worauf achten die Unternehmen bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter, neben der fachlichen Qualifikation? In Einstellungsgesprächen spielen - neben den fachlichen Qualifikationen - auch zunehmend Sozial- und Persönlichkeitskompetenzen eine grosse Rolle. Das liegt einfach daran, dass sich im Zuge zunehmender Globalisierung und Wettbewerbsdrucks neue Anforderungen der Arbeitspraxis ergeben. Unternehmen verlangen von ihren Mitarbeitern, dass sie innovativ sind und mitdenken. Für eine gute Beziehung zu Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern ist das richtige Verständnis notwendig für das, was der andere braucht und kann. Es bedarf unter anderem der Fähigkeit, menschliche Netzwerke nachhaltig aufzubauen und zu pflegen. Diese philanthropischen Eigenschaften sind im Spektrum der Sozial- und Persönlichkeitskompetenzen anzusiedeln. Wie können sich die Bewerber in Hinsicht auf emotionale Kompetenz auf ihre Vorstellungsgespräche besser vorbereiten? Ich denke, dass es für den Bewerber in erster Linie darum geht, zu seinem Gegenüber schnell eine gute Beziehung aufzubauen. Das nennt man auch einen sog. "Rapport". Grundlage für einen guten Rapport ist die innere Einstellung des Kandidaten und seine Fähigkeit, sich seinem Gegenüber zuzuwenden. So ist es wichtig, sich vor dem Gespräch seine eigenen Stärken bewusst zu machen, um dadurch eine positive Grundhaltung aufzubauen. Zum Beispiel kann es helfen, sich berufliche Situationen, in denen man erfolgreich gearbeitet hat, noch einmal bewusst zu machen und sich in den damaligen Gefühlszustand hineinzuversetzen. Durch dieses positive Gefühl gestärkt, erhält man leichter eine optimistische Ausstrahlung. Einen Rapport kann der Bewerber ganz bewusst und gezielt herstellen, indem er im Laufe des Gesprächs die andere Person "spiegelt" (engl. Pacing). Dieses "Spiegeln" kann verbal oder nonverbal geschehen. Nonverbales Pacing kann zum Beispiel darin geschehen, die Körperhaltung des Gesprächspartners einzunehmen oder die eigene Körpersprache durch Atmung, Mimik und Gestik an die des anderen anzugleichen. Wenn Erwachsene mit Kindern sprechen, gehen sie häufig spontan in die Knie, um auf gleicher Augenhöhe mit dem Kind zu sprechen; das ist nonverbales Pacing. Wichtig ist dabei, dass eine Übernahme möglichst unauffällig erfolgt, damit der Gesprächspartner das nicht als Nachäffen empfindet. Aus diesem Grund sollte diese Technik vor der Anwendung in einem Bewerbungsgespräch vorher geübt werden. Mit welchen Strategien kann man Konfliktsituationen am Arbeitsplatz positiv beeinflussen? Ich denke, das Wichtigste ist, sich in Konfliktsituationen den Standpunkt des Anderen klar zu machen und die Situation aus dessen Warte zu betrachten. Das nennt man in der Fachsprache "Empathievermögen". Wenn mir das gelingt, dann fällt es mir unter Umständen leichter, Ursachen für den Konflikt zu erkennen und offen anzusprechen. Darüber hinaus hat es sich als vorteilhaft erwiesen, Kritik gegenüber Dritten nicht absolut zu formulieren, sondern aus der Ich-Perspektive heraus. Das wird von dem Gesprächspartner nämlich eher toleriert, da ich ihm durch die IchPerspektive mitteile, wie ich persönlich die Situation empfunden habe. Und das wirkt dann oft weniger verletzend. Die Fragen stellte Aurelia Krusch Quelle: www.unicum.de