> Aggression & Lyme Borreliose von Robert C. Bransfield, M.D. Aus der Zeitschrift "Spotlight on Lyme", Juni 1998, herausgegeben von der Lyme Alliance, Inc. Übersetzung von Eva Schwarz Dies ist der vierte Artikel, der sich mit den Auswirkungen der Lyme Borreliose auf psychische Funktionen befasst. Themen, die kürzlich untersucht wurden, beinhalten Erscheinungen wie Autismus, Verkehrsunfälle und eine Lyme Familien-Dynamik. Vor mehreren Jahren habe ich einen Patienten mit LB an eine psychiatrische Klinik verwiesen. Er war paranoid und hat in einem Wutanfall fünf Polizisten beleidigt. Während des Klinikaufenthalts ging der Patient an den, hinter dem Krankenhaus gelegenen Fluß um das Feuerwerk am vierten Juli besser sehen zu können. Als das Feuerwerk begann, sprang der Patient in den Fluß. Der intensive Lärm war für acoustic startle reaction verantwortlich. Zur selben Zeit war eine Patientin in der psychiatrischen Klinik untergebracht. Sie beschrieb rätselhafte Symptome, die in Episoden von Wut und entsetzlichen Mordvorstellungen bestanden. In beiden Fällen wurden die aggressiven Tendenzen durch die Behandlung gebessert. Bei der Durchsicht von weiteren LB-Fällen, berichtete ein Patient, daß ein Verkehrsteilnehmer in seine Parklücke gefahren war. Er sprang aus seinem Auto und hat seinen Gegner bewußtlos geschlagen. Ein anderer Patient berichtete, daß er auf der Autobahn gefahren war als ein Kraftfahrer hupte. Er stürmte aus seinem Auto und hat auf die Windschutzscheibe eingeschlagen, bis er in Bestürzung aufhörte und nicht verstand oder sich nicht mehr erinnerte warum er sich so benahm. Eine Patientin wurde wegen Ladendiebstahls, den sie in einem Zustand der Verwirrung begangen hatte, arretiert. Ein anderer Patient wurde wegen Pädophilie angeklagt. Viele andere Fälle kann ich zitieren. Wenn wir die Fälle betrachten, die mit der Lyme Borreliose in Verbindung gebracht werden, waren diese Fälle lediglich Zufall oder besteht ein kausaler Zusammenhang mit der LB und dem aggressiven Verhalten? Nach einem methodischen Interview von hunderten von Patienten über den Zeitraum eines Jahres, ist ganz klar, daß ein gewisses Muster auftritt. Das selbe Problem tritt in zu viel Patienten auf. Eine kausale Verbindung wurde in einem zunehmenden Maß sichtbar. Ich möchte betonen, daß ein ungemein großer Teil der Patienten, die wissen, daß sie an einer LB leiden, nicht gewalttätig sind. Es liegt nicht in meiner Absicht Aufmerksamkeit, dahin zu erregen, daß das Stigma unter dem die LB-Patienten ohnedies schon leiden, noch vergrößert wird. Mein Interesse liegt in einer methodischen Betrachtung der Verbindung zwischen der LB und aggressiven Verhaltens in der Minderheit der chronischkranken LB-Patienten. Sicherlich ist Gewalt ein sehr komplexes Thema. Viele verschiedene Faktoren haben einen begünstigenden oder unterdrückenden Effekt. Eine Studie über die Insassen der Todeszelle zeigte, daß 100 % neurologische Beeinträchtigungen zeigen. Bei vielen taucht Mißbrauch in der Geschichte auf. Manchmal geht der Mißbrauch der neurologischen Beeinträchtigung voraus oder verursacht ihn, oder aber die neurologische Veränderung geht dem Mißbrauch voraus oder verursacht ihn. Neurologische Beeinträchtigungen und Mißbrauch, jeder für sich allein oder in Kombination, sind signifikante Risikofaktoren, die das Gewaltpotential vergrößern. Andere Risikofaktoren sind in manchen Fälle ebenfalls eine signifikante Größe. Ein auslösendes Ereignis kann das gewalttätige Verhalten in einer Person hervorrufen, die sich im Risikobereich befindet. Eine normale Person, die der gleichen Provokation ausgesetzt ist , verhaltet sich nicht in gewalttätiger Weise. In manchen Fällen gilt als auslösender Faktor, ein gewaltsames Bild, ein Zwang Schaden zu zufügen oder die Wahrnehmung einer Drohung. Zu den provokativen Faktoren gesellen sich viele Abschreckungsmittel, wie die Ruhigstellung, soziale Bande, Opferreaktion und soziale Strukturen. Falls Gewalt auftritt, müssen wir an eine Kombination von erhöhten Risikofaktoren, auslösenden Ereignissen oder an eine Versagen der Abschreckungsmittel denken. Es ist wohl bekannt, daß die LB eine Dysfunktion des zentralen Nervensystems hervorruft. Viele andere Konditionen, die eine Dysfunktion des zentralen Nervensystems bedingen, werden manchmal ebenfalls mit gewalttätigem Verhalten in Verbindung gebracht, d.h. Schlaganfall, Hirntumore, Lupus, MS, Kopfverletzungen, Entwicklungsstörungen, Kohlenmonoxidvergiftung, Syphilis und andere Infektionen. Die Pathologie, die mit der Aggression in Verbindung steht, kann bei Dysfunktion der verschiedenen Bereiche des Gehirns auftreten. Eine kurze Revision der Physiologie, erlaubt uns eine Hierarchie der Funktionen des zentralen Nervensystems zu erkennen, die während der Evolution entwickelt wurde. Wenn wir unsere Betrachtung von den entwickeltsten zu den primitivsten Bereichen des Gehirns führen, zeigt sich uns folgende Hierarchie, präfrontaler Kortex, andere kortikale Regionen,para limbic associative areas ; limbische System, Hirstamm und Hypothalamus. Diese Zentren funktionieren in einem Zusammenspiel mit verschiedenen vor- und rückkoppelden Bahnen, die sowohl stimulierend als auch inhibitorisch wirken. Eine Verletzung der höheren Zentren kann eine Dysfunktion oder einen Funktionsverlust bewirken. Eine Verletzung der inhibitorischen Bahnen wird ein Absinken oder eine Unfähigkeit zur Sistierung der Funktion bewirken. Gehirnverletzungen führen zu einer Verringerung unserer Fähigkeiten zur Feinabstimmung unserer Anpassungsfähigkeit. Im Fall der Aggression kann die Verletzung eine Apathie ( ein Versagen der Stimulation) und / oder ein Aggression bewirken (ein Versagen der Inhibition, Modulation oder Assoziation). Oft wird die Aggression in Begleitung von sexuellen Dysfunktionen und Eßstörungen gesehen. Verletzungen der verschiedenen Gehirnbereiche resultieren in verschiedenen Symptomen. Nun soll die Verbindung zwischen Lyme und Aggression betrachtet werden. Die erste Referenz bezüglich dieses Themas konnte ich in der medizinischen Literatur bei Fallon, et al 1992 in "The Neuropsychiatric Manifestations of Lyme Borreliosis" finden. Es wurde beschrieben wie ein Mann, der an einer akuten Geräuschempfindlichkeit litt, seinen dreijährigen lärmenden Sohn in einem plötzlichen und noch nie da gewesenen Wutanfall schüttelte. Weitere Fälle können in der medizinischen Literatur und in Zeitungsberichten gefunden werden. Das Wort "Lyme -Wut" taucht immer wieder im Internet auf. Es wird diskutiert, ob die "Straßenwut" nicht durch die "Lyme-Wut" hervorgerufen wird. Nach meiner Einschätzung ist aggressives Verhalten bei ungefähr 50 LB-Patienten, die ich evaluiert oder behandelt habe, ein signifikantes Thema, wobei weit mehr über Symptome berichtet haben , die mit einem aggressiven Potential in Verbindung zu bringen sind. Falls Aggression auftritt, kann sie nur in einem Intervall der Progression der Erkankung vorhanden sein. Defizite, die durch die LB bewirkt werden, werden mit einem erhöhten Risiko zur Aggression in Verbindung gebracht : 1. eine verminderte Frustrationstoleranz (dies wird verstärkt durch die erhöhte Frustration, die durch eine chronische Erkrankung bewirkt wird) 2. eine verminderte Impulskontrolle 3. die Kombination von verminderter Frustrationstoleranz und verminderter Impulskontrolle führen zu Reizbarkeit, bei einer extremen Ausprägung kann diese Kombination zu explosivartigen Ärger führen. 4. Hyposexualität und Hypersexualität können beide zu eine gesteigerten zwischenmenschlichen Frustration führen. 5. Dysfunktionen, die verschiedene Formen zwanghafter Störungen bewirken, die in instrusive Gedanken, Bilder, auch aggressiver Natur resultieren können. 6. Manche Dysfunktionen verursachen eine verminderte Bindungsfähigkeit. 7. Verstärker startle reflex, besonders akustischer Natur. 8. Hyperviliganz und Paranoia. 9. Wahn und Halluzinationen. 10. Einige Patienten leiden an einer Beeinträchtigung der Fähigkeit ihre Emotionen zu kontrollieren. Das hat zur Folge, daß Emotionen, wie Wut fehlen, sehr ausgeprägt auftreten oder nicht verhältnismäßig zur Situation. Dies führt zu einer Verminderung der Fähigkeit Emotionen zu verarbeiten, mit denen sich sowohl der Patient allein als auch in seiner Beziehung mit einer anderen Person konfrontiert sieht. Diese Symptome können andere psychiatrische Syndrome forcieren, wie post-traumatischer Stress, Dissoziationstörungen, Grenzpersönlichkeiten und narzistische Persönlichkeitsstörungen. Jede Kombination der oben genannten Störungen kann in aggressiven Verhalten resultieren. Wenn diese Veränderungen in einem reifen Erwachsenen auftreten, ist der Patient erstaunt und sie werden als pathogen erkannt, wobei versucht wird die Defizite zu kompensieren. Kinder, die niemals als Bezugspunkt eine reife Funktionsstufe erreicht haben, sind einem größeren Risiko ausgesetzt. Einige der bedrohlichsten Fälle waren Patienten, die bereits in sehr jungen Jahren infiziert wurden. Das Folgende ist eine Bemerkung eines Patienten wie er die erschreckenden Bilder beschreibt, ähnliches habe mir viele LB- Patienten berichtet: " Erschreckende, erstechende und entsetzliche Bilder - gewöhnlich von Tod, Sterben oder Schmerz und Leiden. Vielfach blutig und unwirklich wie in einer Horrorgeschichte. Gesichter, meist mit Blut bedeckt. Visionen einer Tötung oder eines Erstechens der nächsten Angehörigen erscheinen. Diese durchdringenden Bilder treten zu der ohnedies beängstigenden Situation eines "Lymy" . Wobei es sich um Episoden handelt. Flüchtige Gesichter vielfach der furchtbarsten Art. Hilflose Körper, die vielleicht dem Tod nahe sind. Diese Bilder müssen nicht unbedingt mit einer bestimmten Gelegenheit, Zeit oder Ort in Verbindung gebracht werden, aber sie kommen und dringen in meinen Verstand ein. Die Kontrolle über das physische Wohlbefinden wird mit der LB verloren, aber weit störender und schwächender ist der Verlust der Kontrolle oder der Normalität des Verstandes, so wohl in emotionaler als auch in kognitiver Hinsicht. Es ist eine erschütternde Erfahrung sich diesen Bildern gegenüber zu sehen in der Meinung, man sei besessen oder schlecht. Wenn sie fortbestehend wären und nicht nur flüchtig, könnte oder wollte niemand überleben" . Ein anderer Patient hatte keine Geschichte einer Geisteskrankheit mit Mord- oder Selbstmordtendenzen. Er ging zu einem Arzt und beklagte sich über einen offensichtlichen Zeckenstich. Es wurde berichtet, daß der Arzt den Patienten weder einer Untersuchung noch einer antibiotischen Behandlung unterzog. Als die Symptome fortschritten, wurde eine Fibromyalgie diagnostiziert. Spätere Symptome waren Wortsubstitutionen, ein Sichverlaufen, das Verlieren von Gegenständen und die Unfähigkeit sein Auto auf dem Parkplatz wieder zu finden. Tests, die die LB bestätigen, waren Western Blot, ein SPECT des Gehirns und eine Augenuntersuchung. Der Patient zeigt eine Besserung unter IV Antibiotika über einige Wochen. Der Patient erlitt einen Rückfall und eine weitere Behandlung wurde verweigert. Der mentale Status verschlechterte sich und eine Mord- Selbstmord trat auf. Die Schlußfolgerung auf Grund meiner Beobachtungen und klinischen Beurteilung besteht darin, daß eine chronische LB mit Rückfällen manchmal zu aggressiven Verhalten führen kann, das sich in verschiedenen Formen ausdrücken kann. Da diese Aggression mit einer Infektion des Zentralnervensystems auftritt, kann sie behandelt und verhindert werden. Auch wenn nur eine kleiner Prozentsatz von chronischen LB-Patienten betroffen ist, ist der ganze Umfang des Problems recht signifikant. Da es sich um eine Manifestation eines späten Stadiums handelt, ist die steigende Anzahl von LB-Patienten Anlaß zu Soge, daß in der Zukunft die Gewalt, die mit oder durch die LB verursacht wird, ein zunehmendes Problem darstellen wird. Was können wir jetzt tun um eine mögliche Gewaltwelle in der Zukunft zu verhindern? Vorgeschlagen wird eine ausgeprägte Aufmerksamkeit für die Diagnose der LB bei Patienten, die zur Wut neigen. Testverfahren für die LB bei Wutanfällen, eine adequate Behandlung der LB, eine Aufklärung über die LB, die Erforschung der Verbindung zwischen LB und Aggression, eine Evaluation der gewalttätigen Angreifer, die aggressive Verhaltensmuster der LB zeigen bevor sie wieder in die Gemeinschaft entlassen werden und Impfung. Wenn regional begrenzte Gewalt auftritt, sollte an die LB und andere Gründe einer Enzephalopathie gedacht werden. Wir sollten jede Möglichkeit der Verbrechensprävention mit einer medikamentösen Behandlung zu erreichen, nützen. Wenn jemand Informationen zu diesem Thema hat, lade ich ihn ein, Folgeartikel zu schreiben. Die home page dieser website ist http://www.lymenet.de.