Daphne project: 2002-039 Daphne Programme – Year 2002 Final Report Project Nr. : 02/039/WYC Title: Vorbeugende Maßnahmen und Trainings mit Folteropfern und ihren Familienangehörigen zur Verhinderung der Weitergabe erlittener Gewalt. Start Date: 2002 End Date: 2004 Co-ordinating Organisation’s name: Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin Contact person: Dr C. Knaevelsrud Name: Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin Address: Turmstrasse 21 Postal code: 10559 City: Berlin Country: Germany Tel. N°.: 0049 – 30 – 303906 23 Fax Nr.: 0049 - 30 – 30 143 71 e-mail: [email protected] Partner Organisations’ names and countries: Zebra, Graz (Austria) und RCT, Jütland (Denmark) 1.) Ziele des Projektes: Opfer von extremer Gewalt haben ein erhöhtes Risiko, erneut Opfer von Gewalt zu werden oder aber selbst Gewalt gegen andere Menschen auszuüben. Folteropfer leiden oft an psychischen Erkrankungen, vor allem an komplexen posttraumatischen Störungen. Teil dieser Erkrankungen ist in der Regel eine erhöhte allgemeine Erregung und Reizbarkeit sowie eine verminderte Fähigkeit, eigene Impulse zu kontrollieren. Infolgedessen kommt es häufig zu aggressiven Durchbrüchen, die insbesondere das familiäre Umfeld und damit Frauen und Kinder betreffen. Wir wollen im Rahmen des Daphne-Projekts spezielle Trainingsprogramme für Personen mit erhöhter Reizbarkeit und aggressiven Durchbrüchen entwickeln, um das Gewalthandeln zu reduzieren. Begleitend dazu sind Hilfsmaßnahmen für die Opfer der Gewalt innerhalb der Familien geplant. Allgemeine Beschreibung der Zielgruppe Die Menschen, mit denen wir in Berlin, Jütland, und Graz arbeiten sind Folterüberebende, die als Flüchtlinge Deutschland, Dänemark oder Österreich erreichen. Länderübergreifend kämpfen die Betroffenen nicht nur mit den vergangenen erschütternden Erfahrungen im Herkunftsland, sondern häufig auch mit einer massiven Entwurzelung und Heimatlosigkeit, dem fast immer ungesicherten Aufenthaltsstatus verbunden mit der Angst vor Abschiebung und den oft erschwerten Lebensbedingungen (meist untergebracht in Heimen, ohne Sprachkenntnisse, ohne Möglichkeiten beruflich tätig zu sein). Die Kommunikation ist meist ausschließlich über Dolmetscher möglich, die jedoch in vielen Situationen nicht zugegen sind (Ämter, Gerichtstermine, Arztbesuche). Diese Lebensumstände bedeuten eine enorme Belastung und Verunsicherung für die Betroffenen, was häufig zu einer Zuspitzung und Eskalation der vorhandenen Anspannung und des Aggressionspotentials führt. Unser Daphne-Projekt konzentrierte sich mit unterschiedlichen Zielen und Maßnahmen auf folgende drei Zielgruppen (ZG): Daphne project: 2002-039_1 ZG 1.: Folterüberlebende mit akut aggressiven Durchbrüchen Hauptziel: Beendigung des Gewalthandelns. Unterziele: Verminderung von Häufigkeit und Intensität der Gewalt, Stärkung der eigenen Kontrollfähigkeit, Veränderung eigener Einstellungen zum Gewalthandeln und Entwicklung eines Problembewusstseins, Herstellung von Veränderungsmotivation, Erarbeitung von Alternativen zu gewalttätigem Handeln (d.h. Erlernen gewaltfreien Aggressionsabbaus), Einübung dieser Alternativen in Rollenspielen, Verbesserung der sozialen Kompetenzen (insbesondere der Interaktionsfähigkeit, der Konflikt- bzw. Ambiguitätstoleranz und der Empathiefähigkeit), Reduktion intrapsychischer Anspannung und Übererregung. Methoden: Verhaltenstrainings und Lernprogramme, Stressreduktionstraining, einzeln und in Gruppen mit wöchentlichen Sitzungen. Erkennen der Aufschaukelungsprozesse, die zur Gewalt führen (Eskalation der Erregung), Verlangsamung der Eskalation mit Selbstbeobachtungsverfahren und durch das Erlernen von Möglichkeiten, eigene Emotionen und Erregung zu modulieren (Time-out Verfahren, Entspannung bzw. Abbau von Erregung über Bewegung, Aufmerksamkeitslenkung, Selbstmanagement-Training). Setting: Aufgrund der meist chronifizierten Symtpomatik ist ein Trainingszeitraum von etwa einem Jahr (ca. 50 Sitzungen à 2h) angemessen. Vor dem Hintergrund chronischer psychischer Erkrankungen und zusätzlicher aktueller Belastungen (Migrationsproblematik) können einigermaßen stabile Verhaltensänderungen im Bereich Gewalthandeln kaum rascher erreicht werden. ZG 2: Folterüberlebende, die aufgrund hoher Reizbarkeit und reduzierter Impulskontrolle gefährdet sind, Gewalt auszuüben Hauptziel: Prävention erneuten oder drohenden Gewalthandelns. Unterziele: Reduktion innerer Erregung, Einübung, Erweiterung und Stabilisierung von gewaltfreien Konfliktlösungsmöglichkeiten, Förderung der Einsicht in die Funktion eigenen Gewalthandelns, Aktivierung sozialer Kompetenzen (mit dem Schwerpunkt auf der Reduktion von Schuld- und Unzulänglichkeitsgefühlen, Verstärkung positiver Selbstwahrnehmung), dadurch verbesserte soziale Integration, Resozialisierung und nachhaltige Motivation zum andauernden Gewaltverzicht. Maßnahmen: Erlernen von Möglichkeiten, eigene Emotionen und Erregung zu modulieren (Timeout Verfahren, Entspannung bzw. Abbau von Erregung über Bewegung, Aufmerksamkeitslenkung, Selbstmanagement-Training). Lernen, zwischen heftigen Emotionen (z.B. Wut, Trauer) und Handeln zu unterscheiden, in der Folge starke Emotionen akzeptieren können, ohne gewaltvoll Handeln zu müssen. Gruppenarbeiten zum Einüben alternativer Handlungsweisen, vor allem gewaltfreien Konfliktlösens, Ressourcenarbeit, Anregung von Einsichtsprozessen (Ursachen und Funktion eigenen Gewalthandelns), Training sozialer Kompetenzen. Wöchentliche Treffen, gegen Ende der Trainingsphase (50 Sitzungen à 2h) Verringerung der Frequenz auf alle 2 Wochen bzw. einmal pro Monat. ZG 3: Familienmitglieder (Kinder, Frauen, Jugendliche), die Opfer von Gewalt wurden Hauptziel: Schutz vor erneuter Gewalt. Unterziele: Verbesserung der Möglichkeit, sich selbst zu schützen (z.B. Fluchtmöglichkeiten, Hilfsangebote wahrnehmen); Psychoedukative Ansätze (klare Zuschreibung von Verantwortung für die Gewalt, damit psychische Entlastung, Selbstwert-Steigerung), Enttabuisierung der erlittenen Gewalt in Gruppen von Gleichbetroffenen, Streßreduktion. Elternarbeit zum verbesserten Schutz von betroffenen Kindern. Förderung von Ressourcen und sozialen Kompetenzen, Initiierung von Selbsthilfemaßnahmen. Maßnahmen: Soziale und psychologische Beratung, Ressourcenorientierte Arbeit im Hinblick auf Schutzmaßnahmen, gemeinsame Aktivitäten, um zumindest Inseln von Sicherheit, Freude und Spaß zu ermöglichen. Erweiterung von Handlungsspielräumen, Anleitung von Selbsthilfegruppen. Elternberatung zur Verbesserung des Schutzes von betroffenen Kindern. Bei Kindern und Jugendlichen, die Opfer von Gewalt wurden: bei Bedarf kinderpsychotherapeutische Maßnahmen. Daphne project: 2002-039_2 2. Implementierung der gewaltpräventiven Maßnahmen In Kooperation mit Jütland und Graz wurde überlegt, wie die geplanten spezifisch gewaltpräventiven Maßnahmen entsprechend der individuellen nationalen Gegebenheiten optimal implementiert werden können. Übersicht der geplanten und durchgeführten Aktivitäten in Berlin & Projekttreffen Monat 12.200 2 1.2003 2.2003 Maßnahme Bildung von Kleingruppen in den einzelnen Organisationen, die die Einheiten der Trainingsprogramme mit unterschiedlichem theoretischen Hintergrund für alle 3 Zielgruppen (ZG) bilden, Einschulung der Dolmetscher. Austausch zwischen den Partnerorganisationen über die geplanten Trainingskonzepte, Modifikationen, nötige organisatorische Vorarbeiten in den Institutionen. Beginn der Interventionen für ZG 1,2: Detaillierte Eingangsdiagnosen, Aufstellen von Ein- und Ausschlusskriterien für die geplanten Interventionen. 3.2003 Vorbereitung für Interventionen von ZG 3, Informationsveranstaltung zur Enttabuisierung der Erkrankung. 4.2003 5.2003 Erstes Treffen der Projektbeteiligten. Diagnostische Abklärung der Familien, Bildung von Trainingsgruppen von Familien-angehörigen, die in der Familie Opfer von Gewalt wurden (ZG 3). 6.-12. 2003 7.2003 Konkrete Trainingsmaßnahmen für ZG 1+2 8.2003 Trainingsgruppe von Jugendlichen, die gefährdet sind, Gewalt anzuwenden ZG2, Weiterführung der laufenden Einzel- und Gruppenarbeit für alle 3 Zielgruppen. 9.2003 10.200 2. Treffen der Projektbeteiligten. Beginn des Trainings Beginn der Interventionen für ZG3 zur Bemerkung Erfüllt. BZFO : Nora Balke, Angelika Birck Zebra : Ingrid Egger, Edith Glanzer RCT : Helle Vieen, Niels Krustrup Erfüllt, dabei Konzentration Gruppenkonzepte aufgrund ökonomischen Überlegungen. auf von Erfüllt, Ausschlusskriterien: akute Suizidalität oder Fremdgefährdung, floride psychotische Erkrankungen. Entwicklung eines Bilder-Fragebogens zur Symptomatik, der auch für Patienten mit geringer Schulbildung und Analphabetinnen geeignet ist. Entwicklung eines Konzepts für eine nieder-schwellige Informationsveranstaltung mit 4 ehemaligen Patienten des BZFO als Vertrauenspersonen und Multiplikatoren. In Berlin, 3.-4.3.2003. Arbeit mit Familienangehörigen innerhalb der jeweiligen Familien, nicht in Gruppen aufgrund von unterschiedlichen Sprachen und der Schamproblematik der Angehörigen; einige Angehörige wurden ebenfalls in ZG1 oder ZG2 für entsprechende Maßnahmen aufgenommen. Psychoedukative Gruppen, Interkulturelle Gruppe, Einzeltrainings. Kinderund Jugendlichenpsychotherapeutische Maßnahmen. Angehörigengespräche, Elternarbeit bisher nicht in Gruppen, sondern einzelne Familien zusammen. Frauengruppen für Kurdinnen und Tschetscheninnen. Veränderung des Vorhabens: Für Jugendliche trafen z.T. die Kriterien für ZG2 und ZG3 zu, es wurde eine Jugendgruppe für beide Zielgruppen gestaltet. In Graz, 25.-30.9.2003 Männergruppe. Daphne project: 2002-039_3 3 11.200 3 12.200 3 1.2004 2.2004 3.2004 4.2004 4.9.2004 6.2004 7.2004 8.2004 9.2004 10.200 4 11.200 4 Gewaltprävention. Anregung und Erprobung der Selbsthilfegruppe. Weiterführung der laufenden Einzel- und Gruppenarbeit für alle 3 Zielgruppen. Eine Selbsthilfegruppe ging aus der interkulturellen Gruppe hervor. Erfüllt. Zwischenbericht entsteht, Informations-veranstaltung mit ehemaligen Patienten. Zwischenanalyse, Fallbesprechung. Kontinuierliche Supervisionen und kollegiale Intervisionen alle 2 Wochen für Trainer/ Behandler wie auch für Dolmetscher. Anregung einer Selbsthilfeund Erfüllt. Seit Ende 2003 besteht eine Freizeitgruppe. angeleitete Freizeitgruppe für Jugendliche. Laufende Interventionen für ZG 1+2. Gruppen- und Einzelsetting 3. Treffen der Projektbeteiligten in Jütland. Erfüllt. Weiterführung der laufenden Einzel- und Kurdische Frauengruppe, Musiktherapie in Gruppenarbeit. der Gruppe, Männergruppe Fest für alle Patienten und Patientinnen Erfüllt. des BZFO. Gespräche mit TeilnehmerInnen der Erfüllt. Auswertung siehe unten Selbsthilfegruppe. Beginn der katamnestischen Gespräche. Erfüllt. Auswertung siehe unten Ende der gesamten Trainingsmaßnahmen. Mit Ausnahme der Männergruppe, die bis April, 2005 weitergeführt wird Abschließende Auswertung und Erfüllt Interpretation. 4. Treffen der Projektbeteiligten in Berlin, Erfüllt. Publikationen mit Hinweis auf die Publikationen. Förderung durch die EU: Artikel zur Psychoedukativen Gruppe ist bereits veröffentlicht. Ein ausführliches Manual zur Durchführung von psychoedukativen Gruppen von Folterüberlebenden ist geplant. Im April 2004 erschien ein Sonderheft der Zeitschrift für Psychotraumatologie und Psychologische Medizin zum Thema Traumatisierte Flüchtlinge. Eine geplante, jedoch letztlich nicht durchgeführte Aktivität war der monatliche Newsletter. Es zeigte sich schnell, dass dieses Vorhaben eine zeitliche Zusatzbelastung darstellte, die sich schwer mit dem therapeutischen Alltag in den Behandlungszentren verbinden lässt. Auch zeigte sich, dass es eher sinnvoll war einen regelmäßigen telefonischen bzw. Email-kontakt zu unterhalten, um so auf aktuelle spezifische Fragen eingehen zu können. Für weitere Projekte würden wir eine Viertel- bis Halbjahresfrequenz für das Erstellen eines Newsletters vorschlagen. In allen drei Zentren hat sich außerdem gezeigt, dass der ursprünglich anvisierte Zeitrahmen häufig nicht ausreichend war. Besonders bei unserer Zielgruppe ist aufgrund Kommunikationsschwierigkeiten (ausschliesslich Dolmetscher vermittelt und kulturell mit gravierenden Unterschieden verbunden) mit erheblich längeren Behandlungszeiten zu rechnen. Die sprachlichen Hürden machten auch eine standardisierte Evaluation (paper & pencil basiert) schwierig. Zudem hat sich gezeigt, dass Gewaltausbrüche (oder aber das Opfer von Gewalt sein) sehr schamhaft belastet ist. Viele der Betroffenen konnten erst im Verlauf des Gruppenprozesses darüber sprechen, was ebenfalls die Validität einer standardisierten Erhebung (z.B. Frequenz der gewalttätigen Durchbrüche vor und nach der Behandlung) in Frage stellt. Nach unseren Erfahrungen sollte als zusätzlicher Standard ein semistrukturiertes Interview durchgeführt werden, um individuelle Verbesserungen hinsichtlich des Umganges mit Aggressionen bei Folteropfern abzubilden. Daphne project: 2002-039_4 3. Evaluation und Ergebnisse des Projektes 3.1. Berlin: Für ZG 1.: Folterüberlebende mit akut aggressiven Durchbrüchen 2 Männergruppen : Für Männer, die über Probleme mit aggressiven Ausbrüchen klagen, andere dadurch verletzen, dies nicht wollen; oder für Männer, die sich von ihren aggressiven Phantasien bedroht fühlen, dadurch zurückziehen und in die Isolation geraten. Geleitet von 2 männlichen PsychodramaTherapeuten und einem Dolmetscher, 8 Kurden, Männer, 1x wöchentlich, ca. 25 Sitzungen à 2.5 h (Beginn: September 2003 bis März 2004). Interventionen in den 4 Phasen der Gruppe : 1. Kennenlern-Phase (3 Sitzungen): Vorstellen, Gruppen – und Beziehungsaufbau Regeln finden, einfache Techniken zur Stressreduzierung lernen. 2. Annäherung an das Thema (2 Sitzungen): Information über erhöhte Erregung, Belastungssituationen, Stress und PTBS, Problemstellung und Ziele erarbeiten, weiterführende Techniken zur Stressregulierung üben. 3. Bearbeitungs-Phase (7 Sitzungen): Bearbeitung konkreter Situationen mit aggressivem Verhalten – szenisch und personenbezogen, Erarbeitung der persönlichen Dispositionen, Änderung der Einstellungen, Verhaltensmodifizierungen, Interventionen zur Veränderung der Stress- und aggressionsauslösenden Umstände. 4. Abschluss-Phase (3 Sitzungen): Entwicklung eines Aggressionen ableitenden Rituals – Planen, Vorbereiten und Durchführung des Rituals, Auswertung und Integration der Erfahrungen. Ziele: Erhöhung der Selbstregulierungsfähigkeiten, Erlernen eines besseren und kontrollierteren Umgangs mit den eigenen Aggressionen und aggressiven Phantasien, Einsichten in die eigenen, Aggressionen fördernden Persönlichkeitsstrukturen, Änderungen der individuellen Einstellungen und Haltungen zur Gewalt, Verhaltensmodifikationen, Erhöhung der sozialen Kompetenzen, der Tendenz zur sozialen Isolierung entgegen wirken, Tendenzieller Aggressionsabbau. Evaluation Am Ende der Gruppe fand ein Termin statt, der der Rückmeldung der Teilnehmer diente und in dem eine Reflektion und Auswertung des gesamten Gruppenprozesses stattfand. Auffällig war die Zunahme an Kritikfähigkeit der Teilnehmer sowie die Fähigkeit, Kritik von anderen Gruppenmitglieder anzunehmen. Dies lässt auf eine Erhöhung der Frustrationstoleranz schließen. Unsere bisherigen Erfahrungen im bzfo zeigten, dass Menschen die zu uns kommen in der Regel sehr zurückhaltend mit Kritik umgehen. Das Äußern von Kritik ist in einigen Herkunftskulturen der Hilfesuchenden nur wenig gestattet, vor allem dann nicht, wenn man sich in einer untergeordneten sozialen Position befindet. Zusätzliche Anregungen erhielten wir durch die Aufforderung, Verbesserungsvorschläge für folgende Gruppen zu machen. So wurde zum Beispiel deutlich, dass auch praktische Umgangsweisen in fremden Kulturen gelehrt und gelernt werden müssen. Für das vorhandene soziale Umfeld der einzelnen Gruppenmitglieder war die Teilnahme der Männer an Gruppenaktivitäten mit einer deutlichen Spannungsreduktion verbunden. Die zweite Gruppe war eine Selbsthilfegruppe mit 12 Männern. Die Teilnehmer kamen primär aus dem ehemaligen Jugoslawien. Die Gruppe fand 14-tägig à 1.5 h statt. Zum Beginn und zum Ende, nach Bedarf auch während der Gruppe, war ein männlicher Therapeut zugegen. Daphne project: 2002-039_5 Evaluation Nach Auskunft der Teilnehmer haben Häufigkeit und Intensität der Gewaltausbrüche deutlich nachgelassen. Elf von 12 Männern gaben eine deutlich erhöhte Kontrollfähigkeit über aggressive Gefühle an. Sie gaben an, dass Schläge oder Misshandlungen von Familienangehörigen praktisch nicht mehr vorkommen. In einem ersten Schritt wurde die Bewusstwerdung der Eskalationsstufen von Gewalt verdeutlicht und die betroffenen Männer dafür sensibilisiert. In einem zweiten Schritt wurden alternative, gewaltfreie Konfliktlösungsmöglichkeiten und ein Stressmanagement vermittelt und erlernt. Es wurde eine Art 'Notfallplan' entwickelt, bei dem bei einer drohenden Eskalation zunächst ein Mitglied aus der Gruppe als Pate bzw. Berater angesprochen werden konnte. Elf Männer berichteten, sich infolge der Gruppe deutlich besser in ihre Familie und die bundesrepublikanische Gesellschaft integriert zu fühlen. Weiterhin gaben sie an, auch Liebesgefühle besser zulassen zu können. Hyperarousal-Symptome wie niedrigschwellige Erregbarkeit, innere Unruhe, Schlafstörungen und daraus folgende erhöhte Reizbarkeit haben nachgelassen. Hinsichtlich des Vermeidungsverhaltens im Sinne einer PTSD-Symptomatik wurde allerdings keine Verbesserung festgestellt. Die Aufnahme von angeleiteter, nichtselbständiger Tätigkeit hat parallel zur Reduktion impulsiver Durchbrüche beigetragen. Kraft und Energie sowie Gefühle von Wut konnten in der beruflichen Beschäftigung kreativ und nutzbringend kanalisiert werden. Einzeltrainings mit 8 Männern und 4 Frauen, die nicht an einer Gruppe teilnehmen wollten oder konnten (z.B. sprachliche Gründe, starke Symptomatik, die die Teilnehme an einer Gruppe erschwert, wie starke Konzentrationsstörungen, „störendes“ Verhalten etc.) Ziele und Maßnahmen im Einzelsetting analog zu jenen der Gruppe. 3.2 Berlin: Für ZG 2: Folterüberlebende, die gefährdet sind, Gewalt auszuüben Psychoedukative Gruppen zur interkulturellen Traumatherapie (PEGI): In der Zusammenarbeit von BZFO Berlin, Zebra Graz und RCT Jütland ist ein Konzept für Psychoedukative Gruppen entstanden, das im BZFO Berlin bisher in zwei verschiedenen Trainingsgruppen angewendet wurde. Die Gruppen umfassten einmal 6 und einmal 7 Personen, die sich zusammen mit 2 Dolmetschern und 2 Therapeutinnen (Nora Balke, klientenzentrierte Psychotherapie und Angelika Birck, Verhaltenstherapie) zu jeweils 10 Sitzungen à 2h trafen. Bisherige Gruppenteilnehmer waren insgesamt 8 Männer und 5 Frauen. In der ersten Gruppe waren die Teilnehmer Kurden und Iraner, in der zweiten Gruppe Bosnier und Kosovo-Albaner. Der Bildungsgrad der Gruppenteilnehmer war sehr unterschiedlich. Die Interventionen waren niederschwellig, kognitiv-orientiert und übend. Ziele: Informationen über die genaue Art der Erkrankung, damit verbundene Beschwerden (insbesondere hoher Erregung und Reizbarkeit sowie Impulskontrollstörungen), Behandlungsmöglichkeiten und Prognosen, Informationen über die Angebote und Grenzen des BZFO, emotionale Entlastung durch den Austausch mit anderen Betroffenen in der Gruppe, Vermittlung von Fertigkeiten und Kompetenzen zum Umgang mit Symptomen: Verfahren, um erhöhte Erregung zu modulieren und sich wieder zu beruhigen, Verhaltensweisen, die Stimmung und Erregung beeinflussen; Fertigkeiten zum Umgang mit Belastungen – z.B. externe Belastungen oder psychische Belastungen durch Alpträumen und Schmerzen etc.; Durchführung von Übungen zur Erregungsmodulation und zum Stressmanagement, Einübung von stärkenden Verhaltensalternativen (Ressourcen) – Lenkung des Aufmerksamkeitsfokus auf Dinge, die als angenehm erlebt werden (Wahrnehmungsübungen). Bisher gibt es nur wenige psychoedukative Gruppenkonzepte für Traumatisierte. Es ist kein Konzept bekannt, in dem interkulturelle Überlegungen eine Rolle spielen. Ausgangspunkte waren erstens die sozialisationsgebundenen Überzeugungen und Kenntnisse der Menschen, die bei uns Hilfe suchen, zweitens unsere eigenen Werte und Vorstellungen. Ziel war es, zu einer in den wesentlichen Punkten möglichst gemeinsamen Sichtweise des Problems zu gelangen bzw. Unterschiede, die nicht integriert werden können, differenziert und klar zu benennen. Daphne project: 2002-039_6 Beispielsweise verstehen manche Menschen Träume zukunftsorientiert, wohingegen andere Trauminhalte als eigene Erinnerungen an Vergangenes interpretieren. Ein gemeinsames Verständnis könnte beinhalten, dass sich Träume auf das eigene Leben beziehen, aber nur der Träumer selbst weiß, ob im Traum Vergangenes oder Zukünftiges zum Ausdruck kommt. Gegensätzliche Einstellungen, z.B. mit aktivem Handeln eine Krankheit zu beeinflussen vs. sie mit schicksalhafter Ergebenheit zu tragen, wollten wir im Sinne von „sowohl - als auch“ dialektisch bearbeiten. Zum Beispiel hat das Schicksal jemanden zu ins Behandlungszentrum geführt, wir bieten Hilfe an, an der sich Hilfesuchende jedoch aktiv beteiligen müssen. Zur Veranschaulichung und Diskussion der häufigsten Symptome (v.a. Übererregung, Anspannung, Angst und Nervosität) in den PEGI-Gruppen wurde im BZFO ein Bilderfragebogen entwickelt, den die Gruppenteilnehmer zur Einschätzung der individuellen Symptomatik jeweils am Anfang und Ende der PEGI-Gruppen beantworteten. Evaluation Die Teilnehmer der Daphne-Maßnahmen hatten häufig ein niedriges Bildungsniveau und damit einhergehend Schreib- und Leseschwächen. Deswegen war die breite Anwendung bereits existierender Fragebogenverfahren zur Einschätzung von Reizbarkeit und Übererregung schwierig. Selbst alphabetisierte Personenhatten aufgrund ihrer Symptomatik (insbesondere durch starke Konzentrationsstörungen) Probleme, Fragebogen schriftlich zu beantworten. Als Ausweg haben wir zur Veranschaulichung und Diskussion der Symptome, sowie zur Evaluation der PEGIGruppen einen Bilderfragebogen entwickelt. Der Bilderfragebogen enthält 12 der wichtigsten Symptome unserer Patienten im Bereich komplexer posttraumatischer Störungen (Nervosität, Angst haben, Selbstmordgedanken, Schlafstörungen, Alpträume, Wutausbrüche, intrusive Gedanken, vermeiden und vergessen wollen, Einsamkeit, sich selbst verlieren/vergessen, Trauer, Schmerzen). Jedes Symptom ist bildhaft dargestellt. Die Bedeutung wird gemeinsam besprochen, bevor jeder Teilnehmer auf einer visuellen Skala (6-stufig) angibt, wie stark er momentan am jeweiligen Symptom leidet. Der Bilderfragebogen ist nicht evaluiert und hat daher nur eine unbestimmbare Testgüte. Anders als herkömmliche standardisierte Fragebögen liefert dieser Bilderfragebogen Hinweise auf die Symptomatik unbestimmter Qualität. Nach dem ersten Durchlauf, wurde der Fragebogen nochmals überarbeitet und Antwortskalen entsprechend der Rückmeldung der Gruppenteilnehmer angepasst. Der Bilderfragebogen hat sich nach ersten Erkenntnissen als gute Alternative zu den bisherigen Testverfahren bewiesen. Allerdings können aufgrund der kleinen Stichprobengröße und der Überarbeitung der ursprünglichen Version des Fragebogens keine Aussage bezüglich der psychometrischen Gütekriterien dieses Messinstrumentes gemacht werden. Ziel ist es jedoch, diesen Fragebogen weiterhin einzusetzen, um langfristig entsprechende Daten zur Validität zu generieren. Nach der ersten Evaluation zeigten die mit dem Bildfragebogen erhobenen Daten eine deutliche Symptomreduktion. Die von den Teilnehmern am Ende der PEGI-Gruppen am häufigsten genannten Bereiche waren, Angst, sich viele Gedanken machen, traurig sein und oft wütend werden. Keine Verbesserungen wurden berichtet bezüglich Vergessen und Sich-selbst-Verlieren (dissoziative Symptome). Dieses ursprüngliche Symptomprofil hat sich auch nach Abschluß der zweiten psychoedukativen Gruppe bestätigt. Auffällig ist, dass es in den bisher durchgeführten PEGI Gruppen keine Drop-outs gab, was auf eine hohe Akzeptanz seitens der Teilnehmer schließen läßt. Die abschließenden Rückmeldungen der Teilnehmer zu den Gruppen waren überwiegend positiv. Es war eine deutliche Erhöhung des Bewußtseins für die Auswirkungen von Gewalterfahrungen zu beobachten. Zusätzlich wurde als positiv bewertet, mit anderen Menschen, die Ähnliches erlebt haben und an ähnlichen Beschwerden leiden, in Kontakt zu kommen und gemeinsam die eigene Erkrankung besser zu verstehen. Mehrere Patienten haben es als wichtige Entlastung empfunden ein Erklärungsmodell hinsichtlich der erlebten eigenen Gewaltausbrüche zu erarbeiten, so dass diese Impulse verständlicher und damit kontrollierbarer werden. Die Diskussionen zur Symptomatik wurden als erleichternd empfunden, die eigenen Beschwerden würden nun nicht mehr so viel Angst machen, weil sie erklärt und besser verstanden worden seien. Das Erlernen eines breiten Spektrums alternativer Kommunikations- und Handlungsstrategien zur Vermeidung aggressiver Durchbrüche wurde auch besonders hinsichtlich des familiären Daphne project: 2002-039_7 Funktionierens als essentiell bewertet. Ebenfalls wurde die Erfahrung, sich gegenseitig geholfen zu haben, als wichtiger Aspekt genannt. Interkulturelle Gruppe: 7 Teilnehmer, 3 Männer und 4 Frauen aus unterschiedlichen Ländern, daher waren deutsche Sprachkenntnisse Voraussetzung. 30 Sitzungen à 2,5 h (Januar 2002 bis April 2003 – danach als Selbsthilfegruppe autonom), geleitet von einem Psychodrama-Therapeut und einer Konzentrativen Bewegungstherapeutin. Ziele: Eigene Stärke spüren, ohne Gewalt auszuüben – Differenzieren von selbstsicherem und starkem vs. gewalttätigem Verhalten. Ohnmacht, Trauer und Schmerz empfinden dürfen und lernen, diese Empfindungen zu auszuhalten, ohne gewalttätig zu werden (Verhaltens- und Erlebensalternativen). Eigene Ressourcen und Stärken entdecken und sie mit anderen in der Gruppe teilen. Einzeltrainings mit insgesamt 17 Personen: Individuelle abgestimmte Maßnahmen zu Psychoedukation, Symptomreduktion (insbesondere Reduktion der Erregung, Erlernen von Möglichkeiten der Selbststeuerung), Ressourcenaktivierung u.ä. wie in den Gruppen beschrieben. Evaluation In der Abschlusssitzung wurde die subjektive Befindlichkeit der einzelnen Teilnehmer während des gesamten Gruppenprozesses reflektiert. Die Teilnehmer schätzten insbesondere die vertrauensvolle Atmosphäre in der Gruppe, die es ihnen ermöglichte über ihre aggressiven Durchbrüche zu berichten. Vor allem die Körpergewahrsamkeitsübungen ermöglichten den Teilnehmern eine Ausdifferenzierung und Benennung der körperlichen Erregungszustände. Über das Bewußtwerden der aggressiven Durchbrüchen zugrunde liegenden Gefühlsqualitäten (Hilflosigkeit, Angst, Scham) und derer Verbalisierung konnte ein deutlicher Rückgang aggressiven Verhaltens im sozialen Umfeld bewirkt werden. 3. 3. Berlin: ZG 3: Für Familienmitglieder (Kinder, Frauen, Jugendliche), die Opfer von Gewalt wurden Expertengruppe / Konzeption einer Informationsveranstaltung: In die Konzeption und Planung von Informationsveranstaltungen für aktuelle Patienten des BZFO, die an aggressiven Durchbrüchen leiden, wurden 4 ehemalige Patienten mit einbezogen. Dies waren 4 Frauen und Männer aus unterschiedlichen Ländern, die vor Jahren im BZFO Hilfe erhalten hatten und angeboten hatten, selbst anderen Hilfe anzubieten (z.T. selbst ausgebildet in pädagogischen oder helfenden Berufen). In Diskussionen zwischen diesen 4 „Experten“ und 2 Mitarbeitern des BZFO (Frank Merkord, Psychodrama-Therapeut, Angelika Birck, Psychologin und angehende Verhaltenstherapeutin) wurden Informationen ausgewählt, die neue Patienten von Ehemaligen erhalten sollen und Themen gesammelt, die besprochen werden sollen (wozu ist das BZFO da, welche Art von Hilfe kann es leisten und was nicht – wie unterscheidet sich dieses Hilfsangebot von den Hilfen der Heimatländer, d.h. Kulturspezifik). Wir nahmen an, dass die Ehemaligen solche zusätzlichen Informationen besser vermitteln können als Mitarbeiter des Zentrums, da sie von Neuen eher als kompetent wahrgenommen werden. Wir nahmen an, dass diese von den Patienten vielleicht eher als Vertrauenspersonen wahrgenommen werden würden, da sieselbst Ähnliches erfahren haben (Migration, Behandlung im BZFO) und daher aus der Erfahrung heraus Auskunft geben können und. Es wurde eine niederschwellige Informationsveranstaltung geplant, die von den Ehemaligen („Experten“), auf deren Wunsch hin gemeinsam mit 2 Mitarbeitern des BZFO durchgeführt werden sollte. In der Veranstaltung sollten wichtige Informationen als Kurz-Referate vortragen werden, danach in Diskussionen, Kleingruppen o.ä. die spezifischen Bedürfnisse der neuen Patienten aufgegriffen werden. Eine erste Informationsveranstaltung dieser Art hat am 1. Dezember 2003 stattgefunden. Acht neue Patienten waren dazu eingeladen (nicht mehr, um noch jedem eine rege Teilnahme an der Diskussion zu ermöglichen), 5 nahmen teil. Die beiden Experten (ein Tamile aus Sri Lanka und eine Iranerin,) berichteten über ihre Probleme, Beschwerden und Erfahrungen mit Daphne project: 2002-039_8 Therapie (anfängliche Vorbehalte, kulturelle Unterschiede, wichtige Wendepunkte etc.) und darüber, wie sie heute leben, was sich bei ihnen durch die Therapien verändert hatund welche Probleme weiterhin bestehen, aber in das Leben integriert werden konnten (z.B. veränderter Umgang mit weiterhin in Belastungssituationen auftauchenden Alpträumen). Evaluation Die 5 Teilnehmer der Informationsveranstaltung konnten Fragen stellen, die von den beiden Experten individuell und persönlich beantwortet wurden. Die Teilnehmer bewerteten dieses Angebot als sehr konstruktiv, da sie aufgrund der vergleichbaren Leiderfahrungen der Experten, die Ratschläge und Informationen sehr gut annehmen konnten. Auch die „Experten“ erlebten diese Intervention sehr hilfreich für sich selbst. Durch das wiederholte Erarbeiten der Trauma-Thematik zum Zwecke der Weitervermittlung wurde bei ihnen der Prozess der Traumaintegration intensiviert. Aufgrund des intensiven Erfahrungsaustauschs und den positiven Erfahrungen mit ehemaligen Patienten als Informationsvermittler werden diese Veranstaltungen 2005 in einem größeren Rahmen wiederholt. Kurdische Frauengruppe: 6 kurdische Frauen trafen sich mit 2 Therapeutinnen (Mechthild Wenk-Ansohn, Ärztin, Atemtherapie, tiefenpsychologisch fundierte Therapie; Claudia Kruse, Sozialarbeiterin, angehende Gestalttherapeutin) und einer Dolmetscherin einmal wöchentlich für 2 Stunden. Die Gruppe begann im Juni 2003 und fand bis einschließlich Dezember 2004 statt. Themen und Ziele der Gruppe: Umgang mit Gewalt durch Ehemänner u.a. Familienangehörige, Möglichkeiten, sich zu schützen, in Sicherheit zu bringen oder Hilfe zu holen; Exilsituation und Handlungsspielräume im Exil (welche Hilfsangebote gibt es, welche sozialen Kontaktmöglichkeiten kann man wahrnehmen etc. – die eigene Isolation durchbrechen), Verlust der Heimat, von Familienangehörigen, Trauer Ressourcenarbeit (was gibt Kraft?). Methoden der Arbeit: Diskussionen, Rollenspiele und Trainings im Rollentausch, Körperübungen (die eigene Kraft spüren, sich wehren), kreative Methoden. Evaluation Es hat sich gezeigt, dass mehr Zeit erforderlich war als ursprünglich geplant, bis die Gruppenteilnehmerinnen über ihre Konflikte in der Familie, Bedrängnisse und Gewalterfahrungen durch die dazugehörenden Ehemänner sprechen konnten. Deshalb wurde die Gruppe um ein halbes Jahr verlängert. Die Rückmeldung der Frauen am Ende des Gruppenprozesses bestärkte die Wichtigkeit des Solidaritätsgedanken und des miteinander- teilen-Könnens. Die zuvor empfundenen Isolation und Einsamkeit im Leiden hat sich Laufe der Zeit deutlich reduziert. Tschetschenische Frauengruppe: 8 Frauen, 3.-9.03, wöchentliche Termine à 2h, insgesamt 19 Sitzungen. Die Frauen trafen sich mit einer Psychiaterin/Psychoanalytikerin, einer Konzentrativen Bewegungstherapeutin und einer Dolmetscherin. Themen und Ziele der Gruppe: Trauer über den Verlust von Angehörigen und der Heimat Ressourcenarbeit, Förderung von Sicherheit und Vertrauen durch stabilisierende, körperorientierte und imaginative Techniken (z.B. Gestaltung eines sicheren Ortes), Problemlösetrainig bezüglich aktueller Herausforderungen im Exil (praktische Alltagsfragen), Austausch über kulturell verschiedene Erziehungsstile, Erziehungsberatung, Kosten-Nutzen-Analysen zur Motivierung von Verhaltensänderungen, Aufbau von gewaltfreien Verhaltensalternativen in der Kindererziehung, Einübung von gewaltfreiem Erziehungsverhalten im Rahmen eines Mutter-KindWochenendes, das gemeinsam von Teilnehmerinnen und Therapeutinnen gestaltet wurde und zusammen außerhalb von Berlin verbracht wurde. Daphne project: 2002-039_9 Evaluation Die hier berichteten Erfahrungen und Veränderungen stimmten in großem Maße mit den Erfahrungen der kurdischen Frauengruppe überein. Musikalische Gruppentherapie für Kinder Juni-August 2004, je 1x wöchentlich Gruppe 1: 3 Mädchen Gruppe 2: 2 Jungen, 2 Mädchen Themenschwerpunkt: soziale Interaktion, Erweiterung des Erlebnisbereiches, Einschätzung sozialer Kompetenzen, Beobachtung für mögl. weitere Indikation für Musiktherapie in Einzelsitzungen. Allgemeine Entwicklung in den Gruppen und Evaluation: Den Kindern wurde ein wertungsfreier Raum gegeben, in dem sie gemeinsam interagieren sowie ihre Anregungen und Phantasien einbringen konnten. Alle Kinder machten zunehmend Gebrauch von dem Angebot der musikalischen Interaktion und der Möglichkeit, die anderen Gruppenmitglieder beim Improvisieren anzuleiten sowie sich auszuprobieren. Dies wirkte sich in Ansätzen bereits sehr positiv auf die Selbstwahrnehmung der Kinder aus. Die Beziehungsaufnahme der einzelnen Teilnehmer war sehr unterschiedlich. Aufgrund des Gruppenangebotes konnten 3 Kinder (2 Mädchen, 1 Junge) identifiziert werden, für die Musiktherapie in Einzelsitzungen als adäquate Maßnahme weitergeführt wurde. Familien- und Angehörigengespräche: Diese fanden individuell statt, indem Angehörige von 16 verschiedenen Familien, in denen ein Mitglied gewalttätig geworden war, jeweils familienbezogen zu beratenden Gesprächen eingeladen wurden. Neben Gesprächen mit den von Gewalt betroffenen Kindern und Ehefrauen (selten Ehemänner) gab es auch Familiengespräche, an denen die gewalttätigen Mitglieder der Familie teilnahmen und gemeinsam Vereinbarungen getroffen wurden, die das gewalttätige Verhalten reduzieren und konstruktive Verhaltensalternativen (z.B. Täter soll den Raum verlassen, Möglichkeiten für Familienmitglieder, sich Hilfe zu suchen) aufbauen sollten. Daneben war wichtig, dass Täter die Verletzungen, die sie anderen durch ihr Gewalthandeln zugefügt hatten, anerkannten und dafür die Verantwortung übernahmen. Danach konnten individuelle Möglichkeiten von Entschuldigung oder Entschädigung/Ausgleich gesucht werden. Erschwerend war häufig, dass Ehefrauen und ihre Kinder sich in einem sehr großen Abhängigkeitsverhältnis vom gewalttätigen Ehemann befanden (aufenthaltsrechtlich, sozial), aus dem sie sich nicht befreien konnten (z.B. wenn eine Scheidung für Frauen und Kinder den Verlust ihrer Aufenthaltsbewilligung in Deutschland bedeutet und zur Abschiebung in eine ungewisse Zukunft in ein Herkunftsland führt, in dem alleinerziehende Frauen gesellschaftlich häufig stigmatisiert sind und sich nur schwer eine Existenzgrundlage erarbeiten können). 3.4 Berlin: ZG 2 und 3 gemischt Frauenselbsthilfegruppe Musiktherapie: 6 Frauen unterschiedlicher Herkunft, hervorgegangen aus einer früheren Musiktherapiegruppe, die sich vom 1.-6.03 alle 2 Wochen selbständig traf. Zusätzliches Ziel zum Musizieren ist das Erleben von Gemeinschaft. Letzteres ist gerade im Exil wichtig, da vergangene Bezüge verloren gegangen sind. Die gegenseitige Stützung und Hilfe sollten Selbstvertrauen und konstruktive Problembewältigungstechniken fördern. Themenschwerpunkte: Interaktion, Gruppenidentität, kreativer Austausch, Identifikation von aggressiven Impulsen, Aufdeckung von Ressourcen und kreativen Ausdrucksmöglichkeiten zur Erarbeitung von Handlungsalternativen, Förderung der Ich-Stärke, Kontaktaufnahme, kultureller Austausch, Erweiterung der Kommunikationsfähigkeiten Allgemeine Entwicklung in der Gruppe und Evaluation: Teilnehmer konnten sich zunehmend auf andere Gruppenmitglieder einlassen und deren individuellen Situationen neben der eigenen Daphne project: 2002-039_10 Beachtung schenken. Diskussionsfähigkeit und Konfliktbereitschaft steigerten sich. Auch der musikalisch-kulturelle Austausch half den Teilnehmern, sich besser kennen- und schätzen zu lernen und sich differenzierter mit den anderen Gruppenmitgliedern auseinanderzusetzen. Durch gemeinsame Improvisationen, dem Musikzuhören und dem verbalen Austausch lernte die Gruppe, sich als solche zu identifizieren. Viele der Teilnehmerinnen entdeckten neues eigenes Potential im kreativen Ausdruck und dem positiven Erleben des eigenen Musizierens. Sie fanden zu ihren kreativen und kulturellen Ressourcen, was ihr Selbstbewusstsein im musiktherapeutischen Setting positiv stärkte. Einzelne Patientinnen äußerten sich positiv über die gelegentliche Möglichkeit des Ausdrucks von Gefühlen ohne die Notwendigkeit der konkreten Benennung innerhalb der Gruppe. Vor allem der Einsatz von Percussions Instrumenten hat sich bei der Bearbeitung von aggressiven Impulsen als hilfreich erwiesen. Jugendlichengruppe: Jugendlichengruppe, mit Freizeitaktivitäten: 7 Jugendliche verschiedener ethnischer Herkunft trafen sich ab dem 1.8.2003 etwa alle 2 Wochen zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten (Sport, Kino etc.). Ausserdem verbrachten sie zusammen mit einer Sozialarbeiterin und einem PsychodramaTherapeuten ein gemeinsames Wochenende. An diesem förderten erlebnispädagogische und soziotherapeutische Interventionen ein stabiles Gemeinschaftsgefühl. Ziel dieser Aktivitäten war eine Vernetzung der Jugendlichen untereinander, um Probleme des Lebens im Exil durch gemeinsame Problemlösungsversuche zu bewältigen und so Selbstbestätigung zu erfahren. Evaluation Mehrere Gruppenteilnehmer waren ehemalige Kindersoldaten. Aus diesem Grund war die Freizeitgruppe ebenfalls explizit mit den Folgen und Auswirkungen schwerer Gewalterfahrungen konfrontiert. Konsequenz der Gruppe warvor allem die stark verbesserte Integrationsfähigkeit der Jugendlichen. Mehrere Jugendliche berichteten, dass die Kontaktaufnahme zu fremden Leuten sich vereinfacht habe, und ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Gruppe entstanden ist. Unser Ziel war laut Antrag, im Verlauf des gesamten Projektzeitraums pro Zielgruppe ca. 30 Personen aufzunehmen, d.h. insgesamt 90-100 Begünstigte. Im zweijährigen Förderungszeitraum konnten insgesamt 119 Betroffene von der Förderungsmaßnahme profitieren. Tabelle 1: Anzahl der Begünstigen geordnet nach Zielgruppen und Maßnahmen. Zielgruppe Maßnahmen ZG 1.: Folterüberlebende mit akut aggressiven Durchbrüchen. 1. Männergruppe 2. Männergruppe Einzeltrainings ZG 2: Folterüberlebende, die gefährdet sind, Gewalt auszuüben. 2 Psychoedukative Gruppen Interkulturelle Gruppe Einzeltrainings ZG 3: Familienmitglieder Kurdische Frauengruppe (Kinder, Frauen, Jugendliche), Tschetschenische die Opfer von Gewalt wurden. Frauengruppe 2 musiktherapeutische Gruppen für Kinder Angehörigengespräche ZG 2 und 3 gemischt. Jugendlichengruppe Musiktherapeutische Interventionen Anzahl der Begünstigen pro Maßnahme 8 Männer 12 Männer 12 Personen Anzahl der Begünstigen pro Zielgruppe 32 Personen 13 Personen 37 Personen 7 Personen 17 Personen 6 Frauen 37 Personen 8 Frauen 7 Personen 16 Familien 7 Personen 13 Personen 6 Personen Daphne project: 2002-039_11 3.5 Interventionen in Graz Frauengruppe April 2003 – Juli 2003 In den letzten beiden Jahren sahen wir uns mit einem großen Zustrom an tschetschenischen Flüchtlingen konfrontiert. Ihnen gemeinsam war ein besonders hohes Ausmaß an psychischer Traumatisierung. Dies war unabhängig von Alter und Geschlecht. Um therapeutisch hilfreich und vor allem trauma- und gewaltpräventiv wirken zu können, beschlossen wir, sowohl für tschetschenische Frauen wie Männer das Angebot von Stressmanagementgruppen zu schaffen. Die Stressmanagementgruppe für Frauen fand an 6 wöchentlich aufeinanderfolgenden Terminen für je 2 Stunden statt. Es nahmen 11 Frauen kontinuierlich an dieser Gruppe teil. Die Gruppe wurde von 2 Psychotherapeutinnen durchgeführt und von einer Dolmetscherin begleitet. Einige der betroffenen Frauen befanden sich zusätzlich in einzeltherapeutischer Behandlung. Der Ablauf war deutlich strukturiert. Exemplarisch werden Kernelemente der Gruppe zusammengefasst: Im Rahmen der Begrüßung wurde nach der momentanen Befindlichkeit gefragt und ob die Teilnehmer Erlerntes in ihrem Alltag verwenden konnten. Im Anschluss wurde auf aktuelle Themen und Bedürfnisse eingegangen. Im Zusammenhang mit den genannten Themen wurden Stressbewältigungsstrategien und Ressourcenorientierung geübt (z.B. Was hilft in diesem Augenblick, um sich zu beruhigen etc.). Im Anschluss wurden verschiedenen körperorientierte Verfahren angeboten (z.B. Atemübung nach Mittendorf, Ayuvedische Rückenmassage, Entspannungsübung nach Jacobson). In der abschließenden Reflexionsrunde wurde die Wahrnehmung vorhandener Ressourcen gestärkt und besprochen, wie diese stärker in den Alltag aufgenommen werden können. Männergruppe Mai 2003 – Juli 2003 An der Stressmanagementgruppe für tschetschenische Männer nahmen 7 Männer kontinuierlich teil. Diese Gruppe fand an 6 Terminen zu jeweils 2 Stunden statt und wurde von 2 Psychotherapeuten geleitet. Dies ist deshalb bemerkenswert, da es für tschetschenische traumatisierte Männer in einem hohen Ausmaß unüblich ist, an einer therapeutischen Gruppe teilzunehmen und sich dort aktiv einzubringen. Die tschetschenischen Männer hatten in ganz besonderem Mass lebensgeschichten, die von Gewalt, Folter, Demütigung und Erpressung geprägt sind. Ausserdem besteen sehr festgelegte Rollenverteilungen zwischen Männern und Frauen sowie klare Regeln, mit wem was kommuniziert werden darf. Über Emotionen und Beziehungsgestaltung zu reden stellt gerade für Männer aus diesem Kulturkreis eine große Hürde dar. In der Stressmanagementgruppe war es möglich, einen geschützten Rahmen herzustellen, um tabuisierte Themen, wie beispielsweise Umgang mit Aggressionen, zu besprechen und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Psychotherapeutische Stressmanagementgruppe mit Flüchtlingskindern im der Flüchtlingsunterkunft Gratwein Februar 2003 – September 2004. IN DER FLÜCHTLINGSUNTERBRINGUNG GRATWEIN LEBEN FLÜCHTLINGSFAMILIEN AUS TSCHETSCHENIEN. DREIZEHN KINDER IM SCHULALTER, DEREN LEBEN ZUR GÄNZE ODER ZUM GROßTEIL VON BILDERN DES KRIEGES UND ZERSTÖRERISCHER GEWALT GEPRÄGT WAR.DEN ERWACHSENEN IST ES MÖGLICH, SICH SOWEIT ZU ORGANISIEREN UM DAS NÖTIGE THERAPIE- UND BETREUUNGSANGEBOT IN GRAZ IN ANSPRUCH ZU NEHMEN. IM GEGENSATZ DAZU HABEN DIE KINDER JEDOCH KAUM ZUGANG ZU SOZIALER BETREUUNG, GESCHWEIGE DENN PSYCHOTHERAPEUTISCHER BEHANDLUNG. KRIEG UND FLUCHT STELLEN PER SE FÜR ALLE FLÜCHTLINGE EIN POTENZIELL TRAUMATISIERENDES EREIGNIS DAR. GANZ BESONDERS GILT DIES FÜR KINDER. EINIGE DER KINDER IN GRATWEIN MUSSTEN ZUSEHEN WIE IHRE EIGENEN ELTERN MISSHANDELT ODER SOGAR ERMORDET WURDEN. TOTE AUF DER STRAßE, FLIEGERALARM, SICH SCHUTZSUCHEND IN DEN KELLER ZU RETTEN UND VIELES MEHR, GEHÖRTEN ZUR Daphne project: 2002-039_12 TAGESORDNUNG. NAHEZU ALLE KINDER ZEIGEN SOWOHL PSYCHISCHE WIE AUCH SOMATISCHE SYMPTOME UND VERHALTENSAUFFÄLLIGKEITEN. DIE KINDERGRUPPE, FAND VIERZEHNTÄGIG DIREKT IN DER FLÜCHTLINGSUNTERKUNFT STATT. SIE WURDE VON EINER PSYCHOTHERAPEUTIN GELEITET, WELCHE VON EINER BEGLEITPERSON UND EINER DOLMETSCHERIN UNTERSTÜTZT WURDE. ZIEL DIESER THERAPEUTISCHEN KINDERGRUPPE WAR ES DIE RESSOURCEN DER KINDER ZU AKTIVIEREN, SIE DARIN ZU UNTERSTÜTZEN IHR AGGRESSIONSPOTENTIAL ZU REGULIEREN UND WIEDER ZU EINEM POSITIVEN SELBSTBILD ZU GELANGEN. Es wurden dabei verschiedene therapeutische Methoden eingesetzt. Neben der kreativen Arbeit sind körpertherapeutische und hypnotherapeutische Techniken wichtige Bestandteile. Traumatische Erinnerungen wurden thematisiert, fanden ihren Ausdruck in den Zeichnungen oder in der direkten Interaktion beim Spiel. Zentraler Aspekt der therapeutischen Arbeit stellte das Wiedererlangen einer besseren Impulskontrolle dar. Die Kinder waren zumeist sehr übererregt. Sie verfügten nicht über die notwendige Kompetenz um ihre spontanen Emotionen aushalten zu können oder über längere Zeit an einem Spielablauf konzentriert dabei zu bleiben. Dieses Defizit äußerte sich in Aggressionsausbrüchen, der Schwierigkeit sich Spielregeln unterzuordnen oder die Spannung aushalten zu können, wenn man nicht gleich drankam. Im therapeutischen Spiel wird in problematischen Situationen nicht gleich mit Regelsystemen eingegriffen. Vielmehr werden eigene Konfliktlösungsmöglichkeiten gefördert. Die Kinder wurden mit unterschiedlichsten Situationen konfrontiert, in welchen sie gefordert wurden ihre spontanen Impulse zu kontrollieren und sich auf die Situationen einzulassen. So wurden sie aufgefordert, auf einem großen gemeinsamen Blatt Papier zu malen, bei einem Besuch im Reitstall diszipliniert und ruhig zu sein, oder beim Vorlesen zuzuhören. Es ergaben sich aber auch Situationen in denen es immer wieder nötig wurde, sich vom Gruppensetting zu lösen und mit einem Kind einzeltherapeutisch zu arbeiten. Aus diesem Grund hielten wir es auch für unumgänglich, die Kindergruppe mit mehr als einer Therapeutin in der zu leiten. Hin und wieder ging es darum, den Eltern konkrete pädagogische Handlungsmöglichkeiten zu erläutern und den Umgang mit traumatisierten Kindern näher zu bringen. Ausführliche Information über Wirkungsweise und Auswirkungen psychischer Traumata stand daher vor allem zu Beginn der Arbeit im Vordergrund. Die stressreduzierenden Interventionen (Massage, klare Alltagsstruktur, Rituale, viel Bewegung in frischer Luft, Vermeidung von medialer und emotionaler Überflutung u.s.w.), welche die Eltern für die Kinder durchführen sollen, wirkten sich sowohl für die Kinder als auch für die Eltern positiv aus. Nach jeder Gruppeneinheit wurden die Eltern der Kinder in einer Nachbesprechung informiert. Outdoorgruppe für Männer Juni 2004 Diese Gruppe wurde von 2 Psychotherapeuten, unter Beiziehung eines Dolmetschers durchgeführt. An der Gruppe nahmen insgesamt 6 Asylwerber teil, die alle massive Gewalterfahrungen hinter sich haben. Die Gruppe fand an 2 Tagen zu je 5 Einheiten statt. Methodik für die Männergruppe: Integrative Outdoor-Aktivitäten: Darunter verstehen wir einen handlungsund bewegungsorientierten Ansatz pädagogisch und psychotherapeutisch fundierter Gruppenarbeit in der Natur. Ziele der Gruppe: Stress- Gewaltprävention Stress- und Konfliktmanagement Ressourcen- u. Lösungsorientierung Kommunikations- u. Beziehungsfähigkeit stärken Gewaltmuster u. Interaktionsstörungen erkennen u. gemeinsame Lösungsstrategien erarbeiten Daphne project: 2002-039_13 Durchführung: Seminartag 1: 4.6.2004 von 14.00 – 19.00 in Gratwein Seminartag 2: 5.6.2004 von 10.00 – 15.00 in Thal bei Graz Evaluation Der flexible Umgang mit Vereinbarungen (Informationstransfer, Vorbesprechung, Seminartag 2) die Wetterlage, Ausrüstung der Teilnehmer, führte zu Veränderungen des Rahmenprogramms und forderte von den Teilnehmern, sowie von uns Trainern entsprechende Flexibilität. Gemeinsam beschlossen wir nach der Wetterbesserung, die nahe Wehr an der Mur als Veranstaltungsort zu nutzen. Der Garten beim Quartier wäre für die Männer beschämend gewesen („Da sehen uns ja unsere Frauen und Kinder ...“). Die Symbolsuche zu Beginn des Seminars berührte teilweise die spirituellen Zugänge und traumatischen Kriegserfahrungen der Teilnehmer. „Erde bedeutet für mich Anfang und Ende des Seins, mein Leben ist in der Hand Allahs ...“, teilweise Erlebnisse aus dem Krieg: „Wasser gab ich einem Sterbenden ...“, teilweise wurde die Übung als nicht sinnvoll erlebt. In den Kooperationsübungen zeigten die Männer extreme Schnelligkeit. Diese wurde zum einen durch kulturelle Kontexte erreicht. Die Regel „der Älteste hat das Sagen“ kürzte den Gruppenprozess beim Suchen von Problemlösungsstrategien ab. Gleichzeitig flossen auch kontextuelle Erfahrungen aus der Zeit des Krieges ein („wir mussten viele Brücken bauen und lassen keine Kameraden zurück ...“). Mit hohem Interesse wurden nach dem Ende der Übung weitere Lösungsmodelle ausprobiert und Schritte aus der Übung optimiert. Das Angebot „...und nun zeigt uns, wie schnell ihr seid ...“ wurde von uns dankend abgelehnt. Insgesamt war das Feedback der Teilnehmer zum Seminartag positiv. Lediglich ein Teilnehmer bezeichnete das Vorgehen als „kindisch“,. Von Trainerseite herhatten wir den Eindruck, dass die Gruppe das Angebot gut annahm, sehr motiviert war und Kommunikationsräume für ihre jetzige und auch die vergangenen schwierigen Situationen geöffnet wurden. Tanztherapeutische Gruppe für Frauen März 2004 – Juni 2004 Die tanztherapeutische Gruppe für Frauen wurde von einer Tanztherapeutin und einer Psychotherapeutin geleitet. An der Gruppe nahmen 7 Asylwerberinnen teil, es wurden 5 Gruppentermine durchgeführt, die jeweils 2 Stunden dauerten. Tanztherapeutische Gruppenarbeit mit Flüchtlingsfrauen Tanztherapie ist eine bewegungsorientierte und kreative Therapieform. Nicht das Erlernen festgelegter tänzerischer Formen ist das Ziel, sondern die authentische, eigenschöpferische Bewegung. Schon seit jeher lag die heilende Kraft des Tanzes im ursprünglichen Selbstausdruck und der zwischenmenschlichen Begegnung in einer Gemeinschaft. Da die Tanztherapie die (Re)Integration von Körper und Psyche zum Ziel hat, erschien es uns sinnvoll, Flüchtlingsfrauen, die in vielfacher Weise desintegriert sind, wieder ein Stück weit „in den Körper zu holen“. Dies „Zurückholen“ bei Traumatisierten von besonderer Relevanz, als Traumatisierte aufgrund der unmittelbaren Gewalterfahrung häufig beschreiben, ihren Körper zum Überleben verlassen haben zu müssen (Dissoziation). Nach mehreren Vorgesprächen wurde klar, dass der Prozess vor allem Ich-stärkende, stabilisierende und erlebnisorientierte Angebote enthalten würde und keine konfliktzentrierten Inhalte. Es standen folgende Themen im Vordergrund: Sensibilisierung für die körperliche Befindlichkeit Die Anwendung und Exploration einzelner Körperteile für die kreative Bewegung Daphne project: 2002-039_14 Der Kreis als Geborgenheit und Sicherheit vermittelnde Grundform Stärkung des Wir-Gefühls über einen gemeinsamen Rhythmus Spielerischer Kontakt über den Tanz In den Stunden zeigte sich, dass alle Frauen bereit waren, sich zu bewegen und das ungewohnt Neue auszuprobieren. Tragendes und wichtigstes Element in der Arbeit wurde der Kreis. In dieser stabilen Gruppenform war es möglich, gesehen zu werden, sich zu zeigen, die unterschiedlichen Bewegungen der anderen Frauen wahrzunehmen, Bewegungen oder Gesten zu übernehmen oder sich „in den Mittelpunkt“ zu stellen. Selbst wenn seitens der Therapeutin Anregungen kamen, in den Raum zu gehen, formierte sich die Gruppe innerhalb kurzer Zeit „wie von selbst“ wieder zum Kreis. Ein zweites wichtiges Arbeitselement war der Rhythmus. Rhythmus spielt in der Tanztherapie grundsätzlich eine zentrale Rolle und auch in der Arbeit mit den Teilnehmerinnen der Tanzgruppe erfüllte er zwei wichtige Funktionen: Erstens eine Orientierungsfunktion, das heißt, Raum und Zeit wurden real erlebbar. Zweitens eine kommunikative Funktion, weil ein gemeinsamer Rhythmus das Gefühl von Verbindung und Verstandenwerden vermittelt. Aufgrund der Wichtigkeit des Rhythmus wurde vor allem Musik gewählt, die sich durch einen stabilen Rhythmus, ein mittleres Tempo, sich oft wiederholende Sequenzen und keine großen Veränderungen auszeichnete. Diese sichere Basis ermöglichte es allen Frauen, ihre persönlichen Bewegungen auszuprobieren und damit zu experimentieren. Es war schön zu erleben, wie verlegenes Lachen zu einem erfrischenden Lachen wurde, wie manche Frauen zuerst nur zuschauen wollten und dann doch den Mut entwickelten, sich mit ersten kleine Bewegungen zu zeigen. In Bezug auf bewusste Sensibilisierung für die Körperteilanwendung wurden ganz bewusst die Körperteile Füße/Beine gewählt. Dabei geht es in erster Linie um die Verbindung zum Boden, um Erdung und damit wieder um das Thema Sicherheit, Gleichgewicht und Stabilität. Das Experimentieren mit Bewegungen der Füße wurde als lust- und freudvoll erlebt. Viel Spaß hatten die Frauen mit der Erfahrung, dass Füße sich begegnen, begrüßen und miteinander tanzen können. Neben dem unmittelbaren Erleben geht es in der Tanztherapie auch um die anschließende Reflexion, um sich des eigenen Körpers, seines Ausdrucks und der dazugehörigen Gefühle bewusster zu werden. Es war berührend, die Assoziationen der Frauen zu hören, die sie zu ihren Füßen hatten. Fast alle waren schmerzvoll („meine Füße tun mir immer weh“, „ich musste immer nur davonlaufen mit meinen Füßen“, „meine Füße sind immer noch voller Erfrierungen“,....). Und doch konnten die Frauen ein kleines Stück davon erleben, dass die eigenen Füße auch die Möglichkeit zu spielerischer und lustvoller Bewegung und Begegnung bieten können. Die wenigen Stunden haben unsere Überzeugung gestärkt, dass Tanztherapie mit den Frauen sehr fruchtbar ist und einen Integrationsprozess – im ganzheitlichen Sinne – sehr unterstützen kann. ZG.: Asylwerberinen aus Tschetscheninen ZG: Asylwerber aus Tschetschenien ZG: Flüchtlingskinder im Quartier ZG: Asylwerber ZG: Asylwerberinnen Stressmanagementgruppe für Frauen à 2. Std. 6 Termine 04.2003-07.2003 Stressmanagementgruppe für Männer à 2. Std. 6 Termine 05.2003-07.2003 Psychotherapeutische Kindergruppe Vierzehntägige Besuche à 3 Std. 02.03 – 09.04 Outdoorgruppe für Männer 2 Tage à 5 Stunden 06.04 Tanztherapeutische Gruppe für Frauen à 2 Stunden 5 Termine 03.04 –06.04 11 Teilnehmerinnen 7 Teilnehmer 13 Kinder 6 Teilnehmer 7 Teilnehmerinnen Daphne project: 2002-039_15 3.6 Jütland Gemischte pychoedukative Gruppen in Sprachschulen Aufgrund spezifisch ausländerpolitischer Charakteristika (verpflichtende Teilnahme an Sprachkursen für alle Migranten) wurden psychoedukativen Gruppen in Jütland beispielsweise in den Sprachschulen durchgeführt. Pro Gruppe wurden durchschnittlich 5 Sitzungen angeboten jeweils à 2-3 Stunden. Insgesamt nahmen 8 Gruppenmitglieder einmal wöchentlich teil. Es standen 4 Dolmetscher (arabisch, serbo-kroatisch, albanisch und farsi) zur Verfügung. Die psychoedukative Gruppen wurden zu verschiedenen Themen (z.B. bezgl. Umgang mit eigenen Gewaltimpulsen, Erziehung und Elternfunktionen, Förderung von konstruktiven Problemlösestrategien) angeboten. An diesen Gruppen nahmen auch die Dozenten der Sprachschule teil. Durch die Einbindung der Dozenten als Multiplikatoren wurde implizit dafür gesorgt, dass ein stärkeres Bewusstsein und Verständnis für die Auswirkungen von Gewalterfahrungen bei den Betroffenen und ihrer Umgebung entstand. Auf diesem Wege sollten korrigierende und unterstützende Funktionen des sozialen Umfeldes der Folterüberlebenden gestärkt werden. Um diesen Aspekt weiter zu fördern, erhielten die Lehrer, die mit Folterüberlebenden arbeiteten spezielle Supervision. Die Evaluation wurde vor Ort in den Sprachschulen durchgeführt. Sie zeigte positive Effekte auf die Arbeitsatmosphäre und die soziale Interaktion im Unterricht. Eine Fortführung dieser „ausgelagerten“ Psychoeduaktion ist geplant. Physiotherapeutische Intervention bei jungen Männern mit aggressiven Durchbrüchen Die Teilnehmer waren primär arabischer und serbo-kroatischer Herkunft und litten alle an Angst vor Kontrollverlust, aggressiven Durchbrüchen und Ruhelosigkeit. Bei allen Teilenehmern konnte eine ausgeprägte Neigung festgestellt werden ihren Körper als Mittel einzusetzen, um aufkommende Aggression unter Kontrolle zu halten. Dieses Verhalten führte zwar kurzfristig zu einer Reduzierung der Spannungsgefühle, langfristig jedoch zu chronischen Schmerzstörungen. Die durchgeführte Intervention bestand aus: Konzentration auf identifizierbare körperliche Signale der Aggression (Anspannung, Verspannung, Ruhelosigkeit), so dass Muster und Warnsignale erkannt werden konnten. Handlungsalternativen zum konstruktiven Umgang mit den Gewaltimpulsen wurden erarbeitet (wie z.B. sich rechtzeitig aus der entsprechenden Situation zu entfernen). Die Teilnehmer wurden mit aggressiven Verhaltensmustern konfrontiert, um auf diesem Wege den Zusammenhang zwischen Wut, Anspannung und Schmerz am konkreten eigenen Beispiel zu erarbeiten. Gemeinsam wurden Situationen identifiziert, in denen Wut angemessen und wichtig ist und wie Wut konstruktiv ausgedrückt werden kann. Wut wurde “normalisiert” als natürlicher und positiver Anteil des emotionalen Erlebens. Es wurden Trainingstechniken, die langfristig das hohe Aggressionspotential bzw. die körperliche Übererregung reduzieren, besprochen – wie zum Beispiel, die Aggression in kleinen Schritten abzubauen bzw. Sport und Fitness als Prävention hinsichtlich potentieller Aggressionsdurchbrüche zu nutzen. Durch die Identifizierung von Warnsignalen und der Möglichkeit, die aufkommende Aggression konstruktiv zu kanalisieren wurde das Kontrollerleben der Betroffenen stark erhöht und die Anspannung stark reduziert. Trainingstechniken, um die im Kurs gelernten Fähigkeiten auch in den häuslichen Alltag zu übertragen. Besonderer Schwerpunkt war hierbei die Konzentration auf Körpergewahrsamkeit während verschiedener sportlicher Betätigungen. Daphne project: 2002-039_16 4.Verbreitung und Follow-up Die in diesem Projekt gewonnen Erfahrungen werden systematisch dokumentiert und ausführlich dargestellt, um sie auch für andere Projektbetreiber, die mit dieser Zielgruppe arbeiten, verfügbar und nutzbar zu machen. Zu dem laufenden Projekt ist bisher eine Publikation in einer Fachzeitschrift veröffentlicht worden: Birck, A. (2004). PEGI. – Psychoedukative Gruppen zur interkulturellen Traumatherapie. Zeitschrift für Psychotraumatologie und Psychologische Medizin, 2 (2). S. 77-89. In diesem Artikel wurde auf die finanzielle Unterstützung durch die EU im Rahmen des Daphne-Projektes hingewiesen. Zudem ist ein Sonderheft der Zeitschrift für Psychotraumatologie und Psychologische Medizin zum Thema Traumatisierte Flüchtlinge erschienen, herausgegeben von der Projektleiterin Angelika Birck. In diesem Sonderheft beschreiben Autoren aus verschiedenen Behandlungs- und Beratungszentren für Flüchtlinge und Folterüberlebende ihre Vorgehensweisen in Beratung, Diagnostik und Therapie. Insbesondere gehen sie dabei auf die besondere Arbeitsweise im interkulturellen Kontext ein. Unter anderem Ingrid Egger von Zebra Graz einen Beitrag zur Behandlung im interkulturellen Kontext geschrieben. Darin stellte sie die klinische Arbeit mit Dolmetschern und Kultur-Experten ausführlich dar. Im Herbst 2005 wird das PEGI Konzept auf dem Jahreskongress der deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie in Dresden vorgestellt. Auch in diesem Vortrag wird auf die finanzielle Unterstützung durch die EU im Rahmen des DaphneProjektes hingewiesen. Derzeit wird an einer Buchveröffentlichung zur Durchführung von psychoedukativen Gruppen (PEGI) gearbeitet. Im Rahmen dieser Publikation sollen erstens die bisherigen Erfahrungen verarbeitet werden. Zweitens soll ein Behandlungsmanual entstehen, das als Leitfaden für die zukünftigen Durchführungen von psychoedukativen Gruppen traumatisierter Patienten dienen soll. Es hat sich gezeigt, dass es kaum Literatur zu diesem Bereich besteht. Deswegen ist diese Veröffentlichung ein wichtiger Beitrag für den zukünftigen Umgang mit Gewalt unter Folterüberlebenden. Der innovative Charakter dieser neuen Intervention ist jedoch nicht ausschliesslich in unserer speziellen Zielgruppe einsetzbar. Es ist bekannt, dass auch andere Traumaopfer häufig unter einer stark erhöhten Reizbarkeit und Übererregung leiden. Bisher gibt es allerdings auch in diesem Bereich keine psychotherapeutischen Gruppenangebote, die sich explizit der Gewaltprävention widmen. PEGI wäre auch für andere Traumapopulationen mit minimalen inhaltlichen Adaptationen eine erstmalige Behandlungsalternative, um der Gewaltproblematik explizit zu begegnen. 5. Konklusionen Das geförderte Daphne-Projekt leistete einen wichtigen Beitrag zur Gewaltreduktion und prävention bei Folteropfern in Europa. Expliziter Schwerpunkt der angebotenen Interventionen war die vorhandene Gewaltproblematik innerhalb Familien von Folterüberlebenden. Diesem Aspekt wurde bisher im therapeutischen, rehabilitativen Kontext zu wenig explizite Aufmerksamkeit gewidmet. Eine wichtige Konsequenz dieses Projektes ist, dass sich diese Problematik bei den Betroffenen und ihrer Umgebung erheblich bewusster wahrgenommen wird. In den teilnehmenden Zentren wurden effektive und innovative Interventionen (wie zum Beispiel psychoedukative Gruppen, die sich spezifisch auf die Gewaltproblematik bei Folterüberlebenden ausrichten) entwickelt und teilweise länderübergreifend implementiert. Zusätzlich wurde deutlich, dass diese Thematik auch außerhalb des rein therapeutischen Kontextes eine wichtige Rolle spielt und ihr auch dort begegnet werden muss. Aktiviäten zur Integration des sozialen Umfeldes der Folterüberlebenden stellte eine wichtige Ergänzung zur Prävention und einem angemessenen Umgang mit Gewalt dar. Die gute Zusammenarbeit der drei Zentren und der intensive Austausch wird über das geförderte Projekt hinaus weiter geführt: Im November 2005 ist ein weiteres Projektgruppentreffen in Berlin geplant, in dem bestehende Maßnahmen gemeinsam evaluiert und darauf aufbauende Ideen entwickelt werden sollen. Daphne project: 2002-039_17 ANNEX: KEYWORDS The main purposes of the Daphne Programme are to create networks and to encourage the exchange of information and best practices. The Commission has therefore set up a database containing the details of all completed Daphne projects. This database is accessible via the Daphne page on the EC web site: (http://europa.eu.int/comm/justice_home/project/daphne/en/index.htm). Beneficiaries X Children X Young people X Women Specific groups Homosexuals Migrants X Refugee X Asylum seekers Trafficked persons Ethnic minorities Handicapped Domestic workers People in prostitution Elderly Prisoners Targeted Audience Violent men Perpetrators / offenders Public Authorities General Public X Medical staff Educational staff Police staff Judicial staff Media / Journalists Daphne Objectives Support to the collaboration of organisations X Support to multidisciplinary networks X Exchange of good practices Studies Support to public awareness Information campaign Information sources Recognition and reporting Specific Objectives X Prevention of violence Protection from violence X Treatment of victims X Reintegration of victims Counselling victims Support to families Legislative measures Treatment of offenders Reintegration of offenders Areas Sexual violence Gender violence X Violence in family X Violence in domestic context Violence in schools Violence in institutions Violence in urban areas Violence in rural areas Violence in the work place Trafficking in human beings Commercial sexual exploitation Internet Child Pornography Racism Self-harm Physical punishment Female genital mutilation Health impacts Instruments X Network with NGOs Multisector network Awareness-raising Dissemination of good practice Guidelines / Counselling Models (analysis / development) Training Production of materials Conference / seminar Telephone / Internet Helpline Field work Daphne project: 2002-039_18