IP/01/665 Brüssel, 8. Mai 2001 Kommission ersucht Deutschland, die staatlichen Garantien für die öffentlich-rechtlichen Banken mit dem EG-Recht in Einklang zu bringen Nach der in den jüngsten Monaten erfolgten Intensivierung der Kontakte mit der deutschen Regierung über das System der staatlichen Garantien für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute (Anstaltslast und Gewährträgerhaftung) hat die Kommission heute der deutschen Regierung "zweckdienliche Maßnahmen" vorgeschlagen, um dieses Garantiesystem mit den staatlichen Beihilferegeln des EG-Vertrages vereinbar zu machen. Die deutsche Regierung wird darin ersucht, bis Ende September diesen Jahres Vorschläge für konkrete Änderungen an diesem System zu unterbreiten. Der heutige Beschluss schließt an intensive Kontakte zwischen den Dienststellen der Kommission und den deutschen Behörden über die Zukunft des Systems staatlicher Garantien für öffentliche Kreditinstitute an. So ist am 26. April das für Wettbewerbsfragen zuständige Kommissionsmitglied Monti mit Herrn Koch-Weser, Staatsekretär im deutschen Finanzministerium, und Herrn Hoppenstedt, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zusammengetreten, um diese Frage zu erörtern (siehe MEMO/01/156). Auf dieser Zusammenkunft wurde deutlich, dass sich konkrete Vorschläge in Deutschland abzeichnen, und dass die Gespräche in einem festen Rahmen intensiviert und formalisiert werden sollten. Dieser Beschluss ist der logische nächste Schritt innerhalb dieses Verfahrens, das mit dem Schreiben der Kommissionsdienststellen vom 26. Januar begann (siehe IP/01/119), worin die vorläufige Auffassung der Kommission dargelegt wurde, dass dieses Garantiesystem eine mit dem Gemeinsamen Markt nicht zu vereinbarende, bestehende staatliche Beihilfe darstellt. Hinzu kommt, dass der Europäische Bankenverband am 21. Dezember 1999 eine Beschwerde gegen Anstaltslast und Gewährträgerhaftung eingelegt hatte. In dieser Beschwerde werden zwar als Beispiel die Westdeutsche Landesbank, die Stadtsparkasse Köln und die Westdeutsche Immobilienbank angeführt, sie ist jedoch gegen das Garantiesystem insgesamt gerichtet. Der heutige förmliche Beschluss bestätigt, dass dieses Garantiesystem als staatliche Beihilfe im Sinne des EG-Vertrages anzusehen ist, weil die Maßnahmen auf staatlichen Ressourcen beruhen, bestimmte Gruppen von Unternehmen bevorzugen, den Wettbewerb verfälschen und den Handel in der Gemeinschaft beeinträchtigen. Da dieses System bereits bestand, als der EG-Vertrag im Jahr 1957 in Kraft trat, handelt es sich hierbei um "bestehende Beihilfen", bei denen die Kommission Änderungen lediglich für die Zukunft und nicht rückwirkend fordern kann. Herr Monti sagte hierzu Folgendes: "Die deutsche Regierung hat nunmehr zwei Monate Zeit, um unserem Verlangen nach Anpassung dieses Systems nachzukommen. Daraufhin bleibt ihr Zeit bis Ende September diesen Jahres, um eingehende Vorschläge zur konkreten Herstellung der Vereinbarkeit mit den Beihilferegeln des Vertrages zu unterbreiten. Damit liegt die Wahl der jeweiligen Lösungen weitgehend bei der deutschen Regierung, sofern diese in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehen. Der Termin bis September kann von den deutschen Behörden natürlich auch dazu genutzt werden, in den kommenden Monaten den fruchtbaren Dialog mit den Dienststellen der Kommission über entsprechende Lösungen fortzuführen". Gemäß dem heutigen Beschluss der Kommission sollte die Vereinbarkeit mit den EG-Regeln bis 31. März 2002 hergestellt sein. Herr Monti betonte hierzu Folgendes: "Angesichts dieses weit in die Vergangenheit zurückreichenden Falles und der Tatsache, dass auch unsere deutschen Gesprächspartner eine baldige Lösung gefordert haben, halte ich diese Fristen für angemessen". Gemäß dem heute ergangenen Beschluss kann die Kommission zu einem späteren Zeitpunkt darüber befinden, ob sie dies für objektiv erforderlich und gerechtfertigt hält, um bestimmten öffentlichen Banken eine angemessene Umstellung auf die veränderte Lage zu ermöglichen. Die Kommission ist sich der Notwendigkeit bewusst, diejenigen Gläubiger zu schützen, die den öffentlich-rechtlichen Banken Mittel auf der Grundlage dieses Garantiesystems bereitgestellt haben. Sollte die deutsche Regierung diesen zweckdienlichen Maßnahmen jedoch nicht zustimmen, wäre die Kommission gezwungen, in der gemäß den Verfahrensregeln vorgesehenen nächsten Stufe ein förmliches Beihilfeverfahren zu eröffnen. Am Ende dieser förmlichen Untersuchung müsste die Kommission darüber entscheiden, welche konkreten Maßnahmen von Deutschland zu ergreifen wären, um die Vereinbarkeit des Garantiesystems herzustellen. Es ist festzustellen, dass die deutsche Regierung jüngst ihre Bereitwilligkeit bekundet hat, das Garantiesystem beträchtlich zu ändern. Diese Änderungen sollen auf der Grundlage eines "Plattform-Modells" erfolgen, wonach die Gewährträgerhaftung abgeschafft und die Anstaltslast so geändert würde, dass staatliche Eingriffe der Kontrolle der Kommission unterliegen würden. Innerhalb dieses Plattform-Modells beabsichtigt die deutsche Regierung, für die einzelnen Banken Individuallösungen vorzusehen, z. B. die Anstaltslast und die Gewährträgerhaftung für die Bayerische Landesbank abzuschaffen, und die Westdeutsche Landesbank in zwei Einheiten aufzuspalten, von der eine Einheit die Funktionen der Daseinsvorsorge übernimmt und weiterhin staatliche Garantien in Anspruch nehmen könnte, während die andere Einheit das übliche Bankengeschäft ausüben und keine staatliche Beihilfen mehr empfangen würde. Zu diesen möglichen Lösungen liegen der Kommission noch keine eingehenden Informationen vor. 2 Anstaltslast und Gewährträgerhaftung Anstaltslast bedeutet, dass der öffentlich-rechtliche Eigentümer (der Bund, die Länder, die Kommunen) die wirtschaftliche Grundlage des Instituts und seine Funktionsweise für die Dauer seines Bestehens gewährleisten. Gewährträgerhaftung bedeutet, dass der Bürge für sämtliche Verbindlichkeiten einer Bank, die nicht mit den Vermögenswerten beglichen werden können, aufzukommen hat. Beide Garantieformen sind weder zeitlich noch in ihrem Umfang begrenzt. Außerdem müssen die Kreditinstitute kein Entgelt dafür entrichten. Zu den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten, die diese Garantien in Anspruch nehmen, zählen die Landesbanken, eine Reihe von Spezialbanken und rd. 580 Sparkassen von sehr unterschiedlicher Größe. 3