Übungsblatt 2 MAT121.1 Analysis 1 Herbstsemester 2016 Prof. Dr. Camillo De Lellis Die Übungsblätter werden jeweils am Freitag auf der Homepage der Vorlesung publiziert. Für den Leistungsnachweis müssen mindestens 8 gelöste Übungsblätter mit mindestens 12 Punkten abgegeben und insgesamt mindestens 280 Punkte erreicht werden. Generell soll die Herleitung der Resultate übersichtlich sein, und es wird gebeten, leserlich zu schreiben. Abgabe : 7. Oktober 13:00 im Briefkasten “Analysis 1 Mat 121.1” im K-Stock am Institut für Mathematik Aufgabe 1 (12 Punkte) Zeigen Sie die folgenden Ungleichungen: √ Pn √ (i) i=1 i ≤ (n + 1) n + 1 − 1 für alle natürlichen Zahlen n ≥ 1. Pn 3 5 2 2 (ii) i=1 i ≤ (n + 1) − 1 für alle natürlichen Zahlen n ≥ 1. Tatsächlich kann man die folgenden verbesserten Ungleichungen beweisen, welche hier nicht gezeigt werden sollen: √ Pn √ 2 2 (i) i=1 i ≤ 3 (n + 1) n + 1 − 3 für alle natürlichen Zahlen n ≥ 1. Pn 3 5 2 2 2 2 (ii) i=1 i ≤ 5 (n + 1) − 5 für alle natürlichen Zahlen n ≥ 1. Lösung: Wir können die Formel beispielsweise per Induktion zeigen. Hierzu verfahren wir wie folgt. (i) Induktionsanfang: Für n = 1 gilt 1 X √ √ √ i = 1 ≤ 2 2 − 1 = (1 + 1) 1 + 1 − 1. i=1 Induktionsschritt: Nehme an, wir hätten die Formel bereits für ein n ∈ N bewiesen. Dann rechnen wir n+1 X i=1 √ i= √ n+1+ n X √ i≤ √ i=1 √ √ n + 1 + (n + 1) n + 1 − 1 √ √ √ ≤ [(n + 2)( n + 2 − n + 1) + n + 1] + (n + 1) n + 1 − 1 √ √ √ = [(n + 2) n + 2 − (n + 1) n + 1] + (n + 1) n + 1 − 1 √ = (n + 2) n + 2 − 1. Also gilt die Formel offenbar auch für n + 1. 1 Induktionsschluss: Für jedes n ∈ N gilt die Formel n X √ √ i ≤ (n + 1) n + 1 − 1. i=1 Bemerkung: Man kann beweisen, dass √ Pn i=1 √ i ≤ 23 (n + 1) n + 1 − 32 . Es ist genug zu zeigen, dass √ n≤ √ √ 2 [(n + 1) n + 1 − n n], 3 ∀n ∈ N, und in n zu summieren. Wir rechnen √ √ √ √ √ 2 2 [(n + 1) n + 1 − n n] = [(n + 1)( n + 1 − n) + n] 3 3 √ 2 (n + 1) − n = (n + 1) √ + n √ 3 n+1+ n √ 2 (n + 1) √ + n ≥ 3 2 n+1 √ √ 2 n+1 √ = + n > n, 3 2 wie gewünscht. (ii) Induktionsanfang: Für n = 1 gilt 1 X 3 5 i 2 = 1 ≤ (1 + 1) 2 − 1. i=1 Induktionsschritt: Nehme an, wir hätten die Formel bereits für ein n ∈ N bewiesen. Dann rechnen wir n+1 X 3 3 i 2 = (n + 1) 2 + i=1 n X 3 3 5 i 2 ≤ (n + 1) 2 + (n + 1) 2 − 1 i=1 3 3 3 3 ≤ [(n + 2)((n + 2) 2 − (n + 1) 2 ) + (n + 1) 2 ] + (n + 1)(n + 1) 2 − 1 3 3 3 ≤ [(n + 2)(n + 2) 2 − (n + 1)(n + 1) 2 ] + (n + 1)(n + 1) 2 − 1 5 = (n + 2) 2 − 1 Also gilt die Formel offenbar auch für n + 1. Induktionsschluss: Für jedes n ∈ N gilt die Formel n X 5 3 i 2 ≤ (n + 1) 2 − 1. i=1 Bemerkung: Man kann beweisen, dass Pn i=1 3 5 i 2 ≤ 25 (n + 1) 2 − 25 . Es ist genug zu zeigen, dass n3/2 ≤ 5 5 2 [(n + 1) 2 − n 2 ], 5 und in n zu summieren. Wir rechnen 2 ∀n ∈ N, 5 5 3 3 3 2 2 [(n + 1) 2 − n 2 ] = [(n + 1)((n + 1) 2 − n 2 ) + n 2 ] 5 5 3 2 (n + 1)3 − n3 2 = + n (n + 1) 3 3 5 (n + 1) 2 + n 2 2 3 2 3n + 3n + 1 2 ≥ (n + 1) +n 3 5 2(n + 1) 2 3 2 3 (n + 1) + n2 ≥ (n + 1) n 3 5 2 (n + 1) 2 3 3 3 1 2 3 2 3 3 = n(n + 1) 2 + n 2 ≥ n2 + n2 = n2 , 5 2 5 2 wie gewünscht. Aufgabe 2 (12 Punkte) Gegeben seien zwei Mengen A ⊂ R and B ⊂ R. Wir definieren die folgenden Mengen: C := {a + b : a ∈ A, b ∈ B} und D := {ab : a ∈ A, b ∈ B}. Zeigen Sie die folgenden Sätze (i) inf C = inf A + inf B. (ii) sup C = sup A + sup B (iii) Falls die Mengen A und B ein Maximum besitzen, besitzt C ein Maximum. (iv) Falls die Mengen A und B ein Minimum besitzen, besitzt C ein Minimum. (v) Falls A ⊂ [0, ∞), B ⊂ [0, ∞) und A und B ein Maximum (beziehungsweise ein Minimum) besitzen, besitzt D ein Maximum (beziehungsweise ein Minimum) und max D = max A · max B (beziehungsweise min D = min A · min B). (vi) Finden Sie ein Gegenbeispiel für den letzten Satz (v), ohne die Hypothesen A ⊂ [0, ∞) und B ⊂ [0, ∞). Lösung: (i) Per Definition inf A + inf B ≤ a + b, ∀a ∈ A, ∀b ∈ B. Das heisst inf A + inf B ≤ c, ∀c ∈ C. Sei c0 > inf A + inf B. Das heisst c0 − inf A > inf B. Demnach existiert b ∈ B, sodass c0 − inf A > b. Wir kriegen c0 − b > inf A, das impliziert, dass a ∈ A existiert sodass c0 − b > a. Wir folgern, dass c = a + b ∈ C und c < c0 , sodass inf A + inf B = inf C. (ii) Per Definition sup A + sup B ≥ a + b, ∀a ∈ A, ∀b ∈ B. Das heisst sup A + sup B ≥ c, 3 ∀c ∈ C. Sei c0 < sup A+sup B. Das heisst c0 −sup A < sup B. Demnach existiert b ∈ B, sodass c0 −sup A < b. Wir kriegen c0 − b < sup A, das impliziert, dass a ∈ A existiert sodass c0 − b < a. Wir folgern, dass c = a + b ∈ C und c > c0 , sodass sup A + sup B = sup C. (iii) Falls die Mengen A und B ein Maximum besitzen, existieren a ∈ A und b ∈ B, sodass a = sup A und b = sup B. Demnach c = a + b = sup A + sup B = sup C und c ∈ C. Das impliziert, dass C ein Maximum besitzt. (iv) Falls die Mengen A und B ein Minimum besitzen, existieren a ∈ A und b ∈ B, sodass a = inf A und b = inf B. Demnach c = a + b = inf A + inf B = inf C und c ∈ C. Das impliziert, dass C ein Minimum besitzt. (v) Per Definition, existieren a ∈ A und b ∈ B, sodass a ≥ a0 , ∀a0 ∈ A, b ≥ b0 , und ∀b0 ∈ B. Da a, b, a0 , b0 ≥ 0, sehen wir ab ≥ a0 b0 , ∀a0 ∈ A, ∀b0 ∈ B. Das heisst ab ≥ sup D, aber ab ∈ D. Also deduzieren wir, dass max A · max B = ab = max D. Gleichfalls kann man beweisen di Identität für das Minimum. (vi) Wir definieren A := 1 − : n∈N , n B := {−1}. Da 1 −1 ≤ − , n sehen wir, dass −1 = min A = min B. Jedoch ∀n ∈ N, D = {ab : a ∈ A, b ∈ B} = 1 : n∈N . n 0 ist eine untere Schranke von D, da n1 > 0 für alle n ∈ N ist. Dass 0 auch die grösste untere Schranke ist, sieht man wie folgt. Wäre x > 0 eine untere Schranke von D, so müsste gelten 0<x≤ 1 , n ∀n ∈ N ⇐⇒ n ≤ 1 , x ∀n ∈ N was aber wegen der Unbeschränktheit von N nicht möglich ist. Also ist inf D = 0. Da es ausserdem kein n ∈ N gibt, für welches n1 = 0 ist, besitzt D kein Minimum. Aufgabe 3 (12 Punkte) Begründen Sie, ob folgende Mengen nach oben oder unten beschränkt sind. Können Sie mit Mitteln der Vorlesung zeigen, dass es sich um das Supremum, beziehungsweise Infimum handelt? Begründen Sie auch, ob die Mengen jeweils ein Maximum oder Minimum besitzen: (i) A = Q ∩ (−∞, 0]. 4 (ii) B = { n+2 n2 : n ∈ N}. (iii) C = Q ∩ [3, 6). (iv) D = { n13 − n : n ∈ N}. Lösung: (i) A enthält alle rationalen Zahlen, welche kleiner oder gleich 0 sind. Somit ist 0 eine obere Schranke von A. Jedoch 0 ∈ A, sodass max A = sup A = 0. A ist nicht nach unten beschränkt. (ii) Wir beweisen, dass max B = 3. Tatsächlich 3 = n+2 n2 , für n = 1. Ausserdem ist n+2 n2 fallend, weil (n + 1)2 (n + 2) = (n2 + 2n + 1)(n + 2) = n3 + 4n2 + 5n + 2 > n3 + 3n2 = n2 (n + 3), das heisst (n + 1) + 2 n+2 > . 2 n (n + 1)2 0 ist eine untere Schranke von A. Dass diese Zahl das Infimum ist, lässt sich wie folgt einsehen. Wäre x > 0 eine untere Schranke, so müsste gelten 0<x≤ n+2 2n 2 ≤ 2 = , 2 n n n ∀n ∈ N, n≥2 ⇐⇒ n ≤ 2 , x ∀n ∈ N, n≥2 was aber wegen der Unbeschränktheit von N nicht möglich ist. Also ist inf B = 0. Da es ausserdem kein n ∈ N gibt, für welches n+2 n2 = 0 ist, besitzt B kein Minimum. (iii) C enthält alle rationalen Zahlen, welche strikt kleiner als 6 und grösser oder gleich 3 sind. Somit sind 3, respektive 6, eine untere, respektive obere Schranke von C. Jedoch 3 ∈ C, sodass min C = inf C = 3. 6 ist das Supremum von C, weil Q dicht in R ist. Also für jede Zahl x < 6, existiert q ∈ C, sodass c < q. 6 6∈ C und C besitzt kein Maximum. (iv) Wir beweisen, dass max D = 0. Tatsächlich 0 = n13 − n, für n = 1. Ausserdem ist weil 1 1 > , und − n > −(n + 1). n3 (n + 1)3 1 n3 − n fallend, Gibt es keine untere Schranke von D, weil N unbeschränkt ist und 1 − n < −n + 1, n3 ∀n ∈ N. Wir folgern, dass D nicht nach unten beschränkt ist. Aufgabe 4 (12 Punkte) √ Zeigen Sie, dass p 6∈ Q, für jede Primzahl p. Lösung: Wir führen den Beweis via Widerspruch. Falls √ p= √ m n p ∈ Q, exisiteren m, n ∈ N teilerfremd, sodass ⇒ pn2 = m2 . Damit p|m2 , und, da p Primzahl ist, p|m. Wir folgern, dass k ∈ N existiert, sodass m = pk und somit pn2 = p2 k 2 p|n2 ⇒ ⇒ p|n. Also p|m und p|n, jedoch m, n ∈ N teilerfremd sind. Wir haben einen Widerspruch gefunden. 5 Aufgabe 5 (12 Punkte) Zeigen Sie die folgenden Ungleichungen: (i) 2n n! ≤ nn ∀n ∈ N, n ≥ 6, (ii) nn ≤ 3n n! ∀n ∈ N, n ≥ 1. Lösung: Wir können die Formel beispielsweise per Induktion zeigen. Hierzu verfahren wir wie folgt. (i) Induktionsanfang: Für n = 6 gilt 26 · 6! = 62 · 24 · 80 < 62 · 24 · 81 = 62 · 24 · 34 = 66 . Induktionsschritt: Nehme an, wir hätten die Ungleichung bereits für ein n ∈ N, n ≥ 1 bewiesen. Wir beweisen, dass 2n+1 (n + 1)! ≤ (n + 1)n+1 . Wir rechnen 2n+1 (n + 1)! = (2n n!)2(n + 1) ≤ 2(n + 1)nn , Also ist es genug zu zeigen, dass 2≤ n+1 n n , das gilt, da n+1 n n n n 1 n 1 n 1 1 = 1+ =1+ + ··· + = 1 + 1 + ··· + ≥ 2. n 1 n n n n nn n Also gilt die Ungleichung offenbar auch für n + 1. Induktionsschluss: Für jedes n ∈ N, n ≥ 6 gilt die Formel 2n n! ≤ nn . (ii) Induktionsanfang: Für n = 1 gilt 11 = 1 ≤ 3 = 31 · 1! . Induktionsschritt: Nehme an, wir hätten die Ungleichung bereits für ein n ∈ N, n ≥ 1 bewiesen. Wir beweisen, dass (n + 1)n+1 ≤ 3n+1 (n + 1)!. Wir rechnen 3n+1 (n + 1)! = (3n n!)3(n + 1) ≥ 3(n + 1)nn , Also ist es genug zu zeigen, dass 3≥ n+1 n n . Wir rechnen n+1 n n = 1+ 1 n n = n n n X X X n 1 n · · · (n − k + 1) 1 = 1 + ≤ 1 + . k nk k!nk k! k=0 k=1 k=1 Da k! ≥ 2k−1 für jede Zahl k ≥ 1, folgern wir n+1 n n ≤1+ n X k=1 1 2k−1 =1+ n−1 X k=0 6 1 − 21n 1 1 = 1 + ≤1+ 2k 1 − 12 1− 1 2 = 3, wie wir zeigen wollten. Also gilt die Ungleichungen offenbar auch für n + 1. Induktionsschluss: Für jedes n ∈ N, n ≥ 1 gilt die Formel nn ≤ 3n n! 7 .