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Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
1. Sprechen Sie über Gegenstand, Aufgaben, Ziele, Bedeutung und Teilgebiete
der EPS!
Gegenstand:
- „Gegenstand der EPS bilden jene langfristigen, gerichteten und zugleich differentiellen intraund interindividuelle Prozesse im Verlaufe der Lebensspanne, die unter den Begriff
Entwicklung subsumiert werden. Dies bezieht sich sowohl auf die beobachtbaren
Veränderungen sowie die relative Konstanz interindividueller Unterschiede als auch auf die
ihnen zugrunde liegenden Bedingungen.“ (K.U. Ettrich)
- Zeitdimension: Lebensalter
- Kessen 1960: V=f(A)  Veränderung als Funktion des Lebensalters
- Alter keine Variable, dient nur der beschreibenden Aufzeichnung der Veränderung, ist aber
kein Grund der Beränderung (O/M S. 23)
Aufgaben:
- Beschreibung und Erklärung der intraindividuellen Veränderungen im Verhalten und
Erleben während der gesamten Lebensspanne unter Berücksichtigung der interindividuellen
Differenzen und Gemeinsamkeiten
- Deskriptive Erfassung von Veränderungen
- Systematische Beobachtung und experimentelle Untersuchung (nach erfolgter
Theorienbildung)
- Klassifizierung und Systematisierung
- Erklärung von Entwicklungsprozessen
- Einordnen der empirischen Befunde in übergreifende Theorien
Ziele:
- Orientierung über Lebenslauf (was ist wann charakteristisch?) (O/M S. 20)
- Ermittlung von Entwicklungsbedingungen (S. 22)
- Vorhersage von Stabilität und Veränderung von Merkmalen und Verhaltensweisen
- Planung und Evaluation von Interventionsmaßnahmen
Bedeutung:
- Beitrag zur Lösung praktischer Probleme im Bildungs-, Wirtschafts-, Sozial- und
Rechtssystem (S. 20)
- Prognosen zur Ausprägung und Veränderung von Persönlichkeitsmerkmalen (S. 21)
- Interventionsmaßnahmen
Teilgebiete:
- Allgemeine EPS
- EPS der Lebensspanne
a) Kinder- und Jugendpsychologie
1. Prä- und Perinatalpsychologie
2. Neonatalpsychologie (erste 10 Tage)
3. Psychologie des Säuglings- und Kleinstkindes (2-3 Jahre)
4. Psychologie des Vorschulkindes
5. Psychologie des Schulkindes
6. Psychologie des Jugendalters
b) EPS des Erwachsenenalters
1. EPS des jüngeren EA (20 bis 30 Jahre)
2. EPS des mittleren EA (ca ab 40 Jahre)
3. EPS des späten EA (> 60 Jahre)
4. EPS des Greisenalters
2. Geben Sie einen Überblick über die Geschichte der EPS im Kindesalter!
Altersgliederung in Industriestaaten:
 frühe Kindheit
0 – 6 Jahre
1
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
 Kindheit
6 – 13 Jahre
 Jugendzeit
13 – 18
 frühes Erwachsenenalter 18 – 30
 mittleres EA
30 – 50
 spätes EA
50 – 70
 Greisenalter
> 70
Jugendphasen im historischen Vergleich (Baier 1997)
Pubertät
 1910
Kindesalter
 1950
Kind
 1990
Kind
 2030
Erwachsenenalter
Jugend
Erwachsen
Ruhestand
Jugend
Nachjugend
Erwachsenenalter
spätes Erwachsenenalter
Ruhestand
Kind
Jugend
Nachjugend
frühes Erwachsenenalter
Erwachsenenalter
spätes Erwachsenenalter
Ruhestand
Seniorenalter
Mittelalter:
- keine Ausarbeitung des Entwicklungsgedankens
- kein Jugendalter: Kind  Erwachsener
- Besonderheiten des kindlichen Erlebens der Welt, des anderen, der Moral blieben unerkannt (S. 24f.)
17. Jahrhundert:
- Johann Amos Comenius: Forderung nach altersgemäßer Schule
- Unterweisungsstufen (Idealbild):
1. Mutterschule (1-6)
2. Muttersprachschule (7-12)
3. Lateinschule (13-18)
4. Akademie (19-24)
-
John Locke: Forderung nach empirischen Studien über Kinder und Jugendliche: „Kinder sind keine kleinen
Erwachsenen“
Mitte 18. Jahrhundert:
-
Entwicklungsgedanke erreicht ersten Höhepunkt
-
Jean Jacques Rousseau: 1762 Erziehungsroman „Emile“
-
Formulierte als erster Entwicklungsgedanken
Endogener Entwicklungsprezeß
Vertrauen in natürliche Reifung des Menschen
Erzieher muß genauen Zeitpunkt von Entwicklungsphasen kennen, sonst schädigt er Kind (Ziel:
Einzelunterricht)
-
Entwicklungsstufen:
1. Ausbildung des Körpers (1-3)
unfähig zu echten Sozialbe2. Ausbildung der Sinnestätigkeit (4-12)
ziehungen, nicht reif für
3. Ausbildung von Verstand und Urteil (13 - 15)
Beteiligung an Gesellschaft
4. Entwicklung des Gefühlslebens und der Sittlichkeit (ab 16)
 Der sittlich handelnde Mensch
- regte erste empirische Arbeiten an
- beeinflußte Pädagogen wie Pestalozzi, Fröbel und Maria Montessori
Ende 18. Jahrhundert:
- Entwicklungsgedanke fand rasch Verbreitung
- vermehrte Forderung nach eine „Erfahrungsseelenkunde“ (also empir. Psychologie)
- Deutschland: Johann Tetens: „Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwicklung“
- Erscheinung mehrerer Magazine, die zum Teil kinderpsychologische Fragestellungen behandeln; Vermischung
von moralisierend-psychologischem Anliegen mit empirischer Beobachtung  vorwissenschaftliches
Überzeugungswissen
19. Jahrhundert:
-
EPS als Erfahrungswissenschaft erhielt entscheidende Anstöße
2
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
besonders Einflüsse durch biolog. Entwicklungsgedanken
Darwin: biographische Aufzeichnungen über eigenes Kind  Hoffnung auf Informationen über die Natur des
Menschen vor Erziehungseinflüssen  starker Einfluß auf Entwicklung der Psychologie
 Galton: Entwicklung der naturwissenschaftlichen EPS
Folge: mehrere Säuglings- und Kinderbiographien, geführt als anekdotische Tagebücher über
Entwicklung der eigenen Kinder
Beispiele:
- Wilhelm Preyer: „Die Seele des Kindes“ (1882) (hob Entwicklungsdimensionen ab, z. B.
Entwicklung der Motorik)
- Ehepaar Ernst und Gertrud Scupin (1907, 1910)
- Ehepaar Stern (Konzentration auf Sprachentwicklung) (1914)
 Anregungen auch für Jean Piaget
- 1866 Ernst Haeckel: „Biogenetisches Grundgesetz“: Keimesentwicklung = Rekapitulation
der Stammesgeschichte  Phylogenese wird in embryonaler Ontogenese nachvollzogen (S.
27)
- 1904 analog Hall (Begründer der amerikanischen EPS): „Psychogenetisches Grundgesetz“:
Individualentwicklung = Wiederholung der Kulturgeschichte der Menschheit (Kind
wiederholt im Spiel kulturelle Evolution)
- Widerlegung durch Lamprecht 1905: Vergleich von gesammelten Kinderzeichnungen
mit Höhlenmalereien  waren viel ausgereifter [Aber ist dies eine Widerlegung Halls? Habe ich in diesem Kontext nicht zitiert gefunden. T. E.]
20. Jahrhundert:
-
-
Etablierung der EPS an Universitäten (Hall: Clark Unversity; Binet: Paris; Stern: Hamburg; Ehepaar Bühler:
Wien)
-
Einsatz von Beobachtung, Fragebögen, Tests, Experimenten
Alfred Binet (1905) erster Altersstaffeltest  sollte verhindern, daß Kinder
unberechtigterweise in Hilfsschulen kommen
William Stern: IQ = Lebensalter / Entwicklungsalter
Arnold Gesell: Kleinkindertest; in Deutschland: Charlotte Bühler: Tests nach Gesell (1928),
die noch heute aktuell sind
-
- Herausbildung von Forschungstraditionen
 Richtungen:
a) Deskriptiv-normative EPS (S. 28)
- erste Gruppe von Arbeiten: Phasenbeschreibungen
- Zusammenstellen von altersspezifischen Leistungen, Neigungen, Problemen  typenhaftes Porträt von
Lebensabschnitten
- betonen qualitative Besonderheit eines Lebensabschnitts
- ca. Mitte des Jahrhunderts: Stadien- und Stufenbeschreibungen einzelner Funktionen
- herausragend: Piagets Werk über geistige Entwicklung (Entwicklung der Begriffsbildung, des log.
Denkens etc.)
- besondere Verbreitung: Konzeption der Entwicklung als Abfolge von Stadien, die durch
Organisationsprinzip gekennzeichnet sind
- Erstellung von Meßskalen für verschiedene Funktionsbereiche (Motorik, Intelligenz etc.)
- Beispiele: Intelligenzskala von Binet und Simon, Kleinkindertest von Charlotte Bühler und Hildegard
Hetzer, Entwicklungsskalen von Gesell
b) Suche nach Kontinuität und Diskontinuität in Längsschnittstudien
- Ziel: Aufweis der Stabilität oder Instabilität interindividueller Differenzen und Möglichkeit der
individuellen Vorhersage
- Bsp.: Lewis Terman: Studie über hochbegabte Kinder
c) Experimentelle Kinderpsychologie
- experimentelle Variation veränderungsinduzierender Variablen und Beobachtung von Veränderungen der
abhängigen Variablen (gleiche experimentelle Anordnung der Aufgaben kann bei Stpr.n verschiedenen
Alters unterschiedliche Effekte haben; Aufdecken von Entwicklungsunterschieden)
- Simulation von Einflußfaktoren als Entwicklungsbedingungen, z. B. zur Erprobung von Verfahren als
Entwicklungsintervention
d) Sozialisationsforschung
- meist Feldforschung (Beobachtung, Interviews, Fragebögen)
3
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
e)
Einflüsse aus Soziologie: Untersuchung von sozialisierenden Einflüssen verschiedener sozialer und
institutioneller Einheiten (Bsp.: Schule, Nachbarschaft) auf unterschiedliche Entwicklungsdimensionen
(Bsp.: geistige und soziale Einstellungen)
- Herausbildung einer ökologischen EPS (Untersuchungen zur Auswirkung sozioökologischer Umwelten
und Transaktionen mit sich entwickelndem Menschen)
Entwicklungsauswirkungen von Intervention und Lebensereignissen
- Fragen nach Art der Auswirkung, Generalisierbarkeit, Merkmalen, die modifizierende Wirkung haben
3. Durch welche Merkmale ist das Entwicklungsgeschehen gekennzeichnet?
Entwicklung =
- differentieller, gerichteter und kumulativer Prozeß über längeren Zeitraum hinweg
- bezieht sich auf Veränderungen im individuellen Lebenslauf und auf relative Konstanzen
interindividueller Unterschiede
- Beteiligung von vielen inneren und äußeren Faktoren am Entwicklungsverlauf
- enge Wechselwirkung mit jeweiligen gesellschaftlichen (soziokulturellen und historisch
epochalen) Gegebenheiten (Nickel 1988)
- schließt Gerichtetheit der Entwicklungprozesse und Entstehen relativ überdauernder
Persönlichkeitscharakteristik ein
- offen für Interpretation des Entwicklungsgeschehens als Entfaltung von Anlagen im Sinne
endogen-vorprogrammierter Funktionsreifungen und für Interpretation im Sinne
Milieutheoretischer Positionen
- Selbstbewegung = Möglichkeit der aktiven Einwirkung des Menschen auf Veränderungen
der Umwelt und auf Gestaltung der Lebensbedingungen
- Wechselwirkung mit realen Lebensbedingungen (biologische [Umwelt], soziale
[Neustrukturierungen]), psychische [Wirkung des eigenen Entwicklungsstandes auf Person])
- Inhalt und Form der Tätigkeit bestimmt aktuelles Niveau der Veränderungspotenz der
individuellen Handlungskompetenz
4. Formulieren Sie Kriterien der Entwicklung!
a) Sequentialität
- Veränderungen passieren in geordneter Abfolge  Stufen / Phasen; nicht vertauschbar
- neue Stufe hat höheres Niveau
- sequentielle Veränderungsreihe = allgemeingültig
b) Prozessualität
- Entwicklung = differentieller, gerichteter Prozeß über längeren Zeitraum hinweg
- miteinander zusammenhängende Veränderungen laufen als Prozeß ab
c) Kontinuität
- Entwicklung geschieht kontinuierlich
d) Unidirektionalität
- Veränderungen auf Endzustand gerichtet = Erlangen der vollen Funktionsweise
psychophysischer Merkmale
- Annahme: Entwicklung endet mit Erreichen der Reife
e) Irreversibilität
- keine beliebige Abfolge einzelner Veränderungsschritte  unumkehrbar
- Grundgedanke: einmal Entstandenes verschwindet nicht wieder
- nur für einige Bereiche zutreffend
f) Universalität
- Annahme: Veränderungsprozesse und deren Abfolge sind bei allen Individuen und in
allen Kulturen gleich
- lediglich Unterschiede in Entwicklungsgeschwindigkeit
g) Strukturalismus
- Veränderungen sind von quantitativer, struktureller Art
4
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
-
Organisation von Merkmalen unterliegt kulturellem Wandel
Versuch, Grundstruktur zu finden
Strukturfragen sehr modellabhängig
Kriterien auf Entwicklung im Erwachsenenalter nicht einfach übertragbar, da diese nicht
eine lineare Fortschreibung bisheriger Entwicklungsvorgänge mit universellem Charakter ist
Veränderungsstrukturen ergeben sich aus jeweiligen Lebensereignissen
Entwicklung verläuft multidirektional  Niveaustufen (Zielpunkte) zur Zielerreichung nicht
definierbar
Erwachsener: bio-psycho-soziale Einheit mit Fähigkeit zur Selbststeuerung, d. h. Fähigkeit:
- zu geplantem, zielgerichtetem Handeln
- zur willkürlichen und bewußten Entscheidung für spezifische Handlungs- und
Lebensziele
- zur Wahl der Mittel zur Zielerreichung
Kriterien, die auf Entwicklung im Erwachsenenalter weniger gut anwendbar sind:
- Unidirektionalität
- Universalität
- Strukturalismus
- Irreversibilität
- Sequentialität
5. Beschreiben Sie die Forschungsmethodiken der EPS!
a) Querschnittsuntersuchungen (ca. 40 %)
- Untersuchungen von Daten zu einem Zeitpunkt bei verschiedenen Altersgruppen
(verschiedene Kohorten)
- Vorteil: relativ geringer Aufwand
- Nachteil: keine Aussagen über Entwicklung, da jede Kohorte andere Startbedingungen
- verzerrte Ergebnisse durch mögliches Auftreten von Populationsänderungen
(z. B. nach Krieg)
- Meßinstrument kann auf unterschiedliche Stichproben unterschiedlich wirken
(z. B. PC)
- Versuch des Rückschlusses auf Ursachen der Entwicklung
b) Längsschnittuntersuchungen (ca. 13 %)
- eine Stpr. wird mehrmals zu unterschiedlichen Zeitpunkten untersucht
- Vorteil: Aussagen über Entwicklung / Veränderung möglich
- gut, aber sehr aufwendig, da
- oft langjährig
- erheblicher finanzieller, zeitlicher und personeller Aufwand
- Nachteil: Ausfall von Vpn durch Desinteresse, Wohnortwechsel, Tod  kann zu
Verzerrung der Ergebnisse führen
- methodische Schwierigkeiten:
- dasselbe Prüfverfahren bei späterer Untersuchung oft nicht anwendbar  Anpassung
der Untersuchungsmethode an das fortschreitende Lebensalter
- oft verschiedene Vl
- Anpassung und Gewöhnung an Untersuchungssituation
c) Einpunktuntersuchung (ca. 45 %)
- v. a. Studien zur Korrelationsanalyse
- besonders Untersuchung von Beziehungsmustern
- Ziel: Erkennen von Zusammenhängen bestimmter Merkmale (durch Erhebung zum
gleichen Zeitpunkt nur beschränkt möglich  Zusatzhypothese nötig)
- Zwischenschritt bei Längsschnittuntersuchung
5
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
d) Einzelfallanalysen (ca. 2 %)
- meist Analyse des Verhaltens einzelner Untersuchungseinheiten (homogener
Analyseaspekt; bei Einzelpersonen, aber auch bei Gruppen möglich)
- Vorbedingung: ausreichende Anzahl wiederholter Messungen (da oft aufwendige
Auswertungsverfahren wie ZRA) und klar definierte Einflußfaktoren (z. B. kritische
Lebensereignisse)
- Möglichkeit zur Erfassung von Entwicklungstrends (eindeutige Änderung in eine
Richtung) und Schwankungen eines Entwicklungstrends
- Nachteil:
teilweise
geringe
Möglichkeit
der
Verallgemeinerung
von
Entwicklungsverläufen
- nachträgliche Suche nach ähnlich gelagerten Fällen, um irgendwann wissenschaftliche
Aussagen über bestimmtes Raster machen zu können
e) Analysemodelle
- Sequenzmodelle von Schaie, s. Frage 6
6. Erläutern Sie die forschungsmethodischen Sequenzstrategien nach Schaie!
- 1965 Vorschlag der Kombination von Quer- und Längsschnittmethoden zur Minimierung
der Fehlerquellen beider Ansätze
- Berücksichtigung von 3 Faktoren: Alter, Kohorte und Testzeit  V = f(A, K, T)
- A: umfaßt entwicklungsbedingte Einflüsse (neurophysiologische Prozesse), die sich
zwischen Geburt und Meßzeitpunkt eingestellt haben
- K: bezieht sich auf alle Umwelteinflüsse, die auf Mitglieder der Kohorte in gleicher
Weise wirken
- T: umfaßt kulturelle, soziale, historische Einflüsse (Lebensbedingungen)
Q-Studien
Kohorte
1910
1920
1930
Testzeit
-
Alter
40
30
20
1950
60
50
40
1970
L-Studien
Zeitwandel-Methode: Untersuchung des Einflusses sich über die historische Zeit wandelnder
Entwicklungsbedingungen auf Verhalten bestimmter Kohorten
Einordnung von Quer-, Längs- und Zeitwandelstudien:
Qd: Querschnittsdifferenz
Ad: Altersdifferenz Kd: Kohortendifferenz
Ld: Längsschnittdifferenz
Td: Testzeitdifferent Zwd: Zeitwandeldifferenz
(Vergleich von Gleichaltrigen)
Qd = Ad + Kd
-
50
40
30
1960
Ld = Ad + Td
Zwd = Td + Kd
Variablen Alter, Kohorte, Testzeit wechselseitig abhängig  nur eine Variable kontrollierbar
Schaie schlägt sequentielle Strategie der Datenerhebung vor  Sequenzmodell (wiederholter
Einsatz der traditionellen Verfahren)
a) Kohorten-Sequenz-Analyse
6
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
K1
A1
K2
A2
A1
K3
A3
A2
A1
T1
T2
T3
-
Verallgemeinerung
des
Erhebungsplanes
der
Längsschnittstudie
Untersuchung von mindestens 2 Kohorten an mindestens 2
aufeinanderfolgenden Altersstufen
voneinander unabhängige Bestimmung der Alters- und
Kohorteneffekte
Frage: Hatten Lebensumstände einer Kohorte Einfluß?
Bedingung: Td = 0 bedeteutet: Nein.
b) Testzeit-Sequenz-Analyse
-
K1
A1
K2
A2
A1
K3
A3
A2
A1
T1
T2
T3
-
Verallgemeinerung des Erhebungsplanes der Querschnittstudie
Untersuchung von mindestens 2 Altersstufen an mindestens 2
aufeinanderfolgenden Zeiten
Bedingung: Kd = 0  keine genetischen Änderungen oder
kohortenspezifischen Umweltveränderungen
c) Quer-Sequenz-Analyse
-
K1
A1
K2
A2
A1
K3
A3
A2
A1
T1
T2
T3
-
Verallgemeinerung des Erhebungsplanes der Zeitwandelstudie
Untersuchung von mindestens 2 Kohorten an mindestens 2
aufeinanderfolgenden Zeiten
Bedingung: Ad = 0  Ausschluß von entwicklungsbedingten
Veränderungen
Bemerkungen / Kritik:
- hoher Aufwand, da mindestens 3 Testzeiten und 3 unterschiedliche Altersgruppen
- Zweifel, ob Alter und Kohorte unabhängig voneinander gesehen werden können
- Kohorten- und Altersvariable keine experimentell manipulierten Variablen, sondern
gefundene
- bei größeren Unterschieden zwischen Personen einer Kohorte als zwischen den Kohorten:
Modell nicht anwendbar
vgl. O/M S. 1153 (dort aber zwei Graphiken vertauscht!)
7.
a)
-
Erläutern Sie Forschungsmethoden der EPS!
Beobachtungsmethoden
Erfassung des Verhaltens in seinem unmittelbaren Verlauf
Einsatz in der natürlichen Umgebung
Unterteilung in Selbst– und Fremdbeobachtung
offene vs. verdeckte Beobachtung (bei Anwesenheit des Beobachters: starkes emotionales
Engagement)
7
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
b) Befragung / Selbstauskunft
- direkter Zugang zum subjektiven Erleben der Entwicklung
- mündlich: höhere Flexibilität; Registrierung von nicht-verbalen Reaktionen, aber:
Interviewer-Einfluß
- schriftlich: kein Interviewer-Einfluß  hohe Standardisierung
- Wesentliche
Quellen
der
EPS:
Tagebücher,
Biographien,
detaillierte
Verhaltensbeschreibungen
c) Entwicklungstests:
- Feststellung von beschleunigten, verzögerten oder regressiven Entwicklungsverläufen
- Festmachen von Entwicklungsstörungen
- Einordnung in typische Population (Alter, Geschlecht, ...)
- Bsp: Persönlichkeitstests, Leistungstests
d) Experiment
- Vorteile: Planmäßigkeit, Wiederholbarkeit, Variierbarkeit
- Simulation der Entwicklung durch Trainings- und Interventionsstudien
- Kurzzeitprozeß nicht unbedingt repräsentativ für langfristige Prozesse
- man kann schlecht die komplexe Realität erfassen und abbilden
- Feld- vs. Laborexperiment
e) retrospektive Information
- Befragung von Personen über bereits vergangene Entwicklungszustände (Wachstum, ...)
- autobiographisches Gedächtnis wichtig, es kommt aber immer zu Erinnerungsfehlern
8
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
8. Unterscheiden Sie Entwicklungstheorien anhand der Evaluationskriterien!
Autoren
Menschenbild
endogenistisch
exogenistisch tiefenstrukturpsychologisch genetisch
humanistisch
K. Comenius, J.J. Rousseau, Karl
Bühler, William
Stern,
Heinz
Werner
biologischdeterministisch
Pavlov, Watson, (Freud), Erikson
Skinner
Jean Piaget
Ch. Bühler, Carl
Rogers, Abraham
Maslow
biologisch
und
psychologisch;
interaktionistisch
und
konstruktivistisch

individualistisch
und kognitive
Entwicklung
„Der Mensch ist
von Natur aus
gut.“

Fähigkeit
zur
Selbstverwirklichung
alle Bereiche
Beschreibungsumfang
Lebensspanne
Entwicklungsrichtung
geprägt
durch
PA,
aber
angereichert
durch Bezüge zu
sozialer Umwelt
und Kultur
kleine Schritte,
summierendes
Geschehen;
Kumulation und
Vernetzung von
Subroutinen
Entwicklung von
außen gesteuert,
aber Grenzen der
Lernfähigkeit
innerhalb
des
Organismus
Mensch
ist
Produkt
seiner
Umwelt
Verhaltensth.,
neue Form der
Diagnostik:
situationsspezif.
Diagnostik
Stufen;
Erweiterung des
Lebensund
Handlungsraums
wirkt
ganzheitlich,
aber:
nur
subjekive
Erfahrungen des
Menschen
Geburt
 Geburt  Tod
Geburt  Tod
Geburt
 Geburt  Tod
Adoleszenz
Adoleszenz
(aber
Vernachlässigung
des höheren EA)
Endzustand
führt zu immer autonome, sozial Gleichgewichts- selbständiger und
„reifer Mensch“ besser
integrierte
zustand, der nur eigenständiger
ablaufenden
Persönlichkeit
kurzzeitig
Mensch
Routinen (habits)
erreicht wird
qualitativ
und qualitativ
qualitativ
qualitativ
qualitativ
und
quantitativ
quantitativ
Art
der
Veränderung
Differenzierung,
Entwicklungsprozesse Spezialisierung,
Zentralisierung,
Integration
Erklärung
von
Entwicklung
eher
optimistsisch als
endogenistische;
stark
deterministisch,
aber bezogen auf
die Kultur
alle
Bereiche,
aber
stark
kognitiv
orientiert
Entwicklung ist
als Programm im
Menschen
angelegt (Triebe
und Bedürfnisse)
stark begrenzt
externe
Beeinflussung
Relevanz für Psychotherapie
nicht
möglich,
Praxis
aber
große
Bedeutung
für
Psychodiagnostik
soziale
emotionale
Entwicklung
Akkomodation
wachsen
und Assimilation;
Integration von
Schemata
zu
höheren
Strukturen
Konfliktund s. o.
AuseinaderWiderspruchssetzung
der
lösung
Person
im
Spiegel
der
Umwelt mit sich
selbst
vorhanden
gezielte
vorhanden
Einflußnahme
nicht erforderlich
Erziehung,
Pädagogik,
Spiegelhaltung;
Beratung,
FörderungsTherapien
Psychotherapie
programme;
(Gesprächs(Analyse)
kaum Bedeutung therapie)
für Therapie
9
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
ökologisch
dialektisch
Autoren
Uri Bronfenbrenner
Menschenbild
Dynamik (Mensch immer
in Entwicklung, aber auch
die
ihn
umgebende
Umwelt)
alle Bereiche; beschreibt v.
a.
Bedingungen
für
Veränderungen,
nicht
Veränderungen an sich
lebenslange Entwicklung,
aber bevorzugt Forschung
im Vorschulalter
Aufbau
eines
immer
differenzierteren sozialen
Netzwerkes
v. a. qualitativ
Leontjew, Wygotsky (O), aus
vielfältigen
wiss.
Klaus Riegel (W)
Bereichen, z. B. Capra,
Dörner etc.
Dynamik (Mensch immer Mensch überdeterminiertes
in Entwicklung, aber auch Wesen
die
ihn
umgebende
Umwelt)
alle Bereiche
soziale Beziehung, nicht:
kognitiv
Beschreibungsumfang
Lebensspanne
Entwicklungsrichtung
Art der Veränderung
Entwicklungsprozesse
Erklärung
Entwicklung
von
externe
Beeinflussung
Relevanz für Praxis
systemisch
O: v. a. bis Adoleszenz,
W: Geburt  Tod
vom
Einfachen
Höheren
meist 2 Generationen einer
Familie;
gesamte
Lebensspanne
zum Gleichgewichte, die als
Fließgleichgewichte
zu
verstehen sind
dann qualitativ
neue
quantitativ,
Umschlagen
in
Qualität
ökologische
Übergänge Bewältigung von Krisen
(Erschließung von Neuem);
Bezug zur Life-EventForschung
Wechselbeziehung
Widerspruchssetzung

Widerspruchslösung
Individuum  Umwelt
(innere Widersprüche)
v. a. im Mesosystem
vorhanden;
permanente
Auseinandersetzung
mit
Umwelt
Sozialpolitik;
Erziehungsprogramme;
Förderungsprogramme für Therapie und Beratung
Benachteiligte
Prozeß
Selbstorganisation
der
Transaktionen
innerhalb
eines Systems (Schleifen,
Kreise etc.)
vorhanden
Familientherapie,
Pädagogik;
auch
Gestaltung
von
Nachbarschaftsproblemen,
Obdachlosenhilfe etc.
9. Diskutieren Sie Sequenzregeln der psychophysischen Entwicklung!
= Folge von Entwicklungsabschnitten, die körperliche und geistige Entwicklung betreffen
- Annahme: Entwicklung bestimmter Fähigkeiten / Merkmale durchläuft bei verschiedenen
Individuen dieselben Zustände, Schritte, Etappen
- Entwicklungsabschnitte immer in eindeutiger Reihenfolge (gesetzmäßig, irreversibel)
- frühere Schritte = Grundlage späterer
- qualitative Veränderungen
- meist Ziel bzw. letzte Etappe gekennzeichnet
- Untersuchung des Zusammenhanges aufeinanderfolgender Stufen
- Bsp.: Piaget: Stadien der geistigen Entwicklung / der Sprache etc.
10. Erläutern Sie Modellvorstellungen in der EPS!
- 3 Grundmodelle: Reifung, Konstruktion, Sozialisation
a) Reifungsmodelle
- Reifung = gengesteuerte Entfaltung der biologischen Strukturen und Funktionen
- Argument für These der Veränderung durch Reifung:
- universelles Auftreten von Veränderungen in derselben Sequenz und ungefähr in
gleichen Altersabschnitten
- Ausschluß von Übung, Lernen, Erfahrung als notwendige Faktoren für Entwicklung
 10 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
- Bsp.: Gehen um 12. / 13. Lebensmonat
Reifung = negativ definierter Prozeß, der anzunehmen ist, wenn Entwicklung nicht
ausschließlich auf Erfahrung, Übung und gedankliche Problemlösung zurückgeführt werden
kann
- Stützen der Reifungshypothese: Berichte über Extremvarianten kultureller Erziehungs- und
Entwicklungsbedingungen
- Reifestandskonzept und Konzept der sensiblen Periode
b) Modell der sukzessiven Konstruktion
- Alternativerklärung zum Reifungsmodell
- Kernannahme: jedes Stadium baut auf vorangegangenem auf, setzt dieses voraus und stellt
selbst Voraussetzung für nächsthöhers dar
- höhere Stufen sind komplexer, integrieren mehr Aspekte oder Elemente als vorangegangene
- Bsp.: Kleinkind hat werfen gelernt  wirft mit allem
c) Modell der Entwicklung als Sozialisation
- Sozialisation: Einfluß soziokultureller Faktoren auf Entwicklung im Sinne des
Hineinwachsens in die umgebende Kultur und Gesellschaft
- soziales Lernen durch Interaktion: Kommunikation und Rollenübernahme im Kontext
gesellschaftlicher Normen
- Entwicklungspsychologisch orientierte Sozialisationsforschung: Untersuchung der
Altersnormen einer Gesellschaft (Überzeugungen, Erwartungen, Vorschriften bezüglich
desesen, was altersgemäß ist)
- Havinghursts Konzept der Entwicklungsaufgaben: jede Lebensperiode hat spezifische
Aufgaben, deren Bewältigung Entwicklung erfordert
-
11. Nennen Sie Grundfragen, die beantwortet werden müssen, wenn das
Entwicklungsgeschehen in seiner ganzen Breite erfaßt werden soll!
- Dauer
- Ursachen, Komplexität der Folgen
- Bedingungen
- Verlauf (Phasen, Stufen, Stadien, ...)
- Einfluß der Selbststeuerung
- geographische, kulturelle, geschichtliche Besonderheiten
- Ergebnis
- Irreversibilität
- Variabilität
- Extremgrenzen (Maximum, Minimum)
- Generalisierbarkeit (unter Berücksichtigung der inter- und intraindividuellen Unterschiede)
- Vorhandensein/Nichtvorhandensein der für normale Entwicklung notwendigen allgemeinen
Voraussetzungen (z. B. alle Chromosomen)
- Ausprägungsgrad vorhandener Entwicklungsbedingungen (z. B. Anregungsgehalt der
Umwelt)
12. Nehmen Sie Stellung zur Anlage-Umwelt-Kontroverse!
- Unterscheidungsmerkmal verschiedener Entwicklungstheorien (exogen vs. endogen)
- Konsequenzen aus bezogener Position in der Kontroverse:
- Determination der Entwicklung durch Vererbung  einzige Möglichkeit der
Einflußnahme durch genetische Maßnahmen
- Determination der Entwicklung durch Umwelt  bildungs-, familien-, sozialpolitische
Maßnahmen
 11 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
klassische Methoden zum Nachweis von Anlageeinflüssen
- Erbgangsmodelle aus Generationsfolgen (z. B. durch Mendelsche Gesetze)  über 3000
Erbkrankheiten nachgewiesen, z. B. Chorea Huntington, Diabetes mellitus
- Erkennen von Chromosomenanomalien (heute über 1500 bekannt; z. B. Trisomie 21)
Zwillingsforschung
- bei EZ können Verhaltensunterschiede nur umweltbedingt sein
Eigenschaft
Anzahl
der EZ
ZZ
genetischer
Studien
Varianzanteil
42
.81
.59
44%
IQ
33
.51
.19
64%
Extraversion
18
.54
.19
70%
Neurotizismus
(nach Asendorpf 1996, S. 250)
Verwandtschaft
In
gleicher
aufgewachsen?
zweimal ja
Gleiche Person,
getestet
EZ
EZ
(nach Flammer 1996, S. 30)
ja
nein
Familie Durchschnittliche
Korrelation
.90
IQ-
.86
.76
Kritik: zu kleine Stichproben, v. a. zu wenig getrennt aufgewachsene EZ; außerdem: bei
Aufteilung zu adoptierende EZ wird zumeist auf ähnliche Familien geachtet
Erblichkeitsschätzung nach Holzinger:
rEZ  rZZ
1  rZZ
2
h ist definiert als Anteil an Gesamtvarianz eines phänotypischen Merkmals in einer
Population, der auf Anlagefaktoren zurückzuführen ist (nicht auf Individuum, sondern auf
Population bezogen)
aber: Korrelationsmaße sagen nichts über Kausalzusammenhänge aus
h2 ist nicht altersstabil; z. B. geistige Entwicklung: in früher Kindheit 20%, in mittlerer
Kindheit 40%, Adoleszenz 60%  Umwelt wirkt in früher Kindheit am stärksten
Hereditätskoeffizient:
-
-
h2 
Genom-Umwelt-Kovarianz nach Plomin, De Fries und Loehlin (1977):
(vgl. Asendorpf S. 259, Amelang und Bartussek S. 545)
a) passiver Typ: Genomträger selbst nicht beteiligt (Bsp.: intelligente Kinder wachsen in
anregender Umwelt auf, weil Eltern aufgrund ihrer eigenen Intelligenz gute Umgebung
schaffen)
b) reaktiver Typ: soziale Umwelt reagiert auf genetisch bedingte Persönlichkeitseigenschaften
(Bsp.: Kinder werden in Abhängigkeit von Intelligenz in verschiedene Schultypen
eingewiesen)
c) aktiver Typ: Genomträger gestaltet aufgrund seiner Gene seine Umwelt selbst (Bsp.:
Menschen suchen sich intelligenzmäßig angemessene Freunde und Lektüre)
weitere Modelle:
- Anlage als Schwelle (z. B. Down-Syndrom)
- Umwelt als Schwelle (z. B. Hospitalismus, Kaspar Hauser)
- Anlage als Obergrenze der Lernfähigkeit (z. B. Sport)
- Umwelt als Obergrenze der Entwicklung (z. B. Einflüsse der soz. Schicht)
 12 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
Einwände:
- Untersuchungen zumeist in Industrienationen
- Angaben beziehen sich auf bestimmte Gesamtpopulation (Variation der Merkmale), nicht auf
Einzelindividuen
- genetische Varianz veränderbar durch Partnerwahl
- Gene: unterschiedliche Expressivität
13. Erörtern Sie endogenistische Entwicklungstheorien! Gehen Sie dabei auf das
biogenetische und ontogenetische Grundgesetz ein!
Vertreter:
- Comenius (17. Jh.)
- Rousseau (18. Jh.)
- Karl Bühler
- Adolf Busemann
- William Stern
- Heinz Remplin
- Oswald Kroh
- Heinz Werner
- Arnold Gesell
Grundannahmen:
a) Entwicklung durch Anlage geplant und wird durch geeignete Umweltbedingungen realisiert
b) Entwicklung „geschieht“  ohne Zutun des Individuums
c) Entwicklung geschieht in Schüben, zwischen denen Phasen liegen
d) Phasen unterscheiden sich qualitativ
e) innerhalb der Phasen geschieht relativ wenig (Konsolidierung des Erreichten)
f) Ablösung von Phasen geschieht krisenhaft
g) Phasen: unveränderliche Reihenfolge
h) Entwicklung ist irreversibel
i) letzte Phase: „Reife“, mit Erwachsenenalter abgeschlossen
j) Entwicklung ist universell (in allen Kulturen gleich)
k) volle Verwirklichung einer Phase Voraussetzung für nächste
l) pädagogische Verfrühung gefährlich, weil sie Entwicklungsphase stören kann
m) pädagogische Verspätung oft irreparabel (sensible Phasen)
n) Übung kann Leistungsfähigkeit der bereits gereiften Funktionen steigern, aber nicht Reifung
neuer Funktionen beschleunigen
orthogenetisches Prinzip (Heinz Werner)
- meint: gerichtete Entwicklung („geistiger Bauplan“)
- 4 Prozesse:
- Differenzierung (vom Gleichartigen zum Verschiedenen)
- Spezifizierung (vom Unbestimmten zum Bestimmten, z. B. funktionsgerechter Gebrauch
von Gegenständen)
- Zentralisierung (vom Beliebigen zum Geordneten, z. B. zeitliche Koordination von
Handlung)
- Hierarchische Integration (hierarchische Innensteuerung, z. B. Handlungsketten mit
Subroutinen)
biogenetisches Grundgesetz (Haeckel, s. Frage 2)
ontogenetisches Grundgesetz = psychogenetisches GG (Stanley Hall 1904, s. Frage 2)
Bewertung: s. Frage 8
 13 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
14. Erläutern Sie die exogenistischen Entwicklungstheorien!
1915 bis 40er Jahre
Gundannahmen:
a) Entwicklung durch Lernen
b) Entwicklung in kleinen Schritten
c) Ontogenese = Folge von trials und errors (und successes)
d) durch Lernen: Ausbildung interner Strukturen, die das Abbild der Realität repräsentieren
e) erlerntes Wissen spezifisch für den Kontext, in dem es gelernt wurde
f) Verallgemeinerung des Gelernten auf andere Situationen = aktive Leistung des Individuums
4 Arten des Lernens:
- klassisches Konditionieren
- instrumentelles oder operantes Konditionieren
- Modellernen (Beobachtungslernen)
- strukturierendes Lernen (Piaget)
Bewertung: s. Frage 8
15. Erörtern Sie tiefenpsychologische Entwicklungstheorien und nehmen Sie
dabei Bezug auf Eriksons psychoanalytische Theorie!
Bsp. (Ochse & Plug
Psychosoziale Umkreis
Elemente der PsychoPsycho1986)
Krise
der
Sozialsoziale
sexuelle
Bezugsordnung
Modalitäten Phasen
personen
Man
kann
den
Kosmische
bekommen, oralI. Vertrauen Mutter
Ordnung
geben
respiratorisch Menschen trauen – Ich
vs. Mißtrauen
habe das Gefühl, das
(1-2 a)
etw. in meinem Leben
II. Autonomie Eltern
vs.
Scham,
Zweifel
(2-3 a)
Gesetz
und halten,
Ordnung
lassen
III. Initiative Familienzelle
vs.
Schuldgefühl
(4-5 a)
Ideale,
Leitbilder
tun, tun als infantilob
genital
IV. Werksinn Wohngegend,
vs.
Minderwertig Schule
-keitsgefühl
(6-Pubertät)
technolog.
Elemente
etwas
Latenzzeit
„Richtiges“
machen,
etwas
mit
anderen
zusammen
machen
Wer bin ich Pubertät
(nicht)? Das
ICH in der
Gesellschaft
V. Identität
vs. Identitätsdiffusion
(PubertätAdoleszenz)
eigene
ideologische
Gruppen,
Perspektiven
die anderen,
Führer,
Vorbilder
 14 
anal-urethral:
muskuläre
Analzone
fehlt
Wenn Leute versuchen,
mich zu etw. zu
überreden, das ich nicht
will, wehre ich mich –
Ich fürchte, daß jnd.
etw. Schlechtes über
mich herausfindet.
Ich bin sicher, daß ich
meine Pläne erfolgreich
ausführe – Wenn ich
Mühe
habe,
etw.
richtiges hinzubringen,
gebe ich auf
Ich
nutze
meine
Fähigkeiten aus – Ich
fühle mich inkompetent
für das, was ich im
Leben gern tun würde.
Ich bin recht sicher,
was ich aus meinem
Leben machen will –
Was ich in meinem
Leben tue, ist nichts
besonderes
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
VI. Intimität
+ Solidarität
vs. Isolierung
(frühes EA,
18-30)
VII.
Generativität
vs.
Selbstabsorption
(mittleres EA,
30 – 50)
VIII.
Integrität vs.
Verzweiflung
(spätes EA,
ab 50)
Freunde,
sexuelle
Partner,
Rivalen,
Mitarbeiter
Gemeinsame
Arbeit,
Zusammenleben in der
Ehe
„Die
Menschheit“,
„Menschen
meiner Art“
Arbeits- und Sich
in
Rivalitätsanderen
ordnung
verlieben
und finden
ZeitströSchaffen,
mungen
in Versorgen
Erziehung und
Tradition
Weisheit
Generativität
Ich habe das Gefühl
von
totaler
Gemeinsamkeit
mit
einem Menschen – Ich
komme mir auf der
Welt allein vor.
Ich helfe Leuten, besser
zu werden – Auf die
Dauer sind Kinder
mehr Bürde als Freude
sein,
was
man
geworden
ist, wissen,
was
man
nicht mehr
werden kann
16. Erörtern Sie die Strukturgenese von Jean Piaget!
Jean Piaget: mitverantwortlich für kognitiven Wandel in Ps.
Grundannahmen: Kategorien der Entwicklung
Grundlegende Funktion: gegenseitige Anpassung von Organismus und Umwelt  Adaptation
a) Funktionen = invariante Anteile (Basisvorgänge, die alle Menschen haben); Mechanismen
der Adaptation:
aa) Assimilation: subjektgeleitete Angleichung der Umweltgegebenheiten an die
Handlungsmöglichkeiten des Subjekts (Einordnung äußerer Eindrücke in subjektive
Bezugssysteme) (Bsp.: Handhabung von Stiften  Handhabung von Kreide)
ab) Akkomodation: Anpassung der Handlungsmöglichkeiten an die Erfordernisse der
Gegebenheiten (Bsp.: Schreiben mit Stiften, aber nicht mit Schreibmaschine  dazu neue
Strukturen nötig)
b) Strukturen – entwicklungsgesetzmäßig variant; Verbindungen von Schemata (z. B.
Handlungs- und Bewegungsschemata; semant. Schemata [Eigenschaften als Begriff
gespeichert, z. B. Tisch])
c) Inhalte – nicht entwicklungsgesetzmäßig variant; = Gegenstände, auf die Schemata
angewandt werden
Stadien der Entwicklung:
1) Stadium der sensumotorischen Entwicklung (0-2 a)
1. Stufe: Übung angeborener Reflexmechanismen, z. B. Greifreflex
2. Stufe: Primäre Kreisreaktion (Verhalten  Erfolg  Wdh. des Verhaltens); noch kein
Handlungsziel
3. Stufe: Sekundäre Kreisreaktion (spezifisches Verhalten  spezifisches Ergebnis wird
erwartet); ein Ziel wird angestrebt
4. Stufe: Koordinierung erworbener Handlungsschemata und ihre Anwendung auf neue
Situationen (spezifisches Verhalten x, y, z, Exploration: tasten, fühlen, etc, um
Gegenstände zu entdecken)
5. Stufe: Tertiäre Kreisreaktion (spezifisches Verhalten x, y, z, Handlungsziel, Erfolg,
Integration in das Verhaltensinventar)
6. Stufe:
Übergang
vom
sensumotorischen
Intelligenzakt
zur
Vorstellung
(Verhaltenserprobung im internen Modell)  z. B. AHA-Effekt
 15 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
 sprunghafter Anstieg der Möglichkeiten der Umweltauseinandersetzung
Entwicklung der Darstellungs- und Symbolfunktion:
- Objektpermanenz (Puppe hinter Schirm)
- Nachahmungsverhalten
- Symbolhandlung (Kinder fangen an, Gegenstände anders zu verwenden als sie
normalerweise verwendet werden)
2) Stadium des voroperationalen, anschaulichen Denkens (2-6 a)
a) Besonderheiten des Denkens I
- voreilige Generalisierung von Konzepten (alles was 4 Beine hat = Hund)
- Animismus („böser Tisch“)
- finalistische Deutung (Steine sind zum Bauen da)
- Gewißheit der Deutungen (Kind ist von seiner Deutung überzeugt)
- zirkuläre Schlußweisen (Wind macht Wolken und Wolken machen Wind)
- unterschiedliche Erklärungsweisen des gleichen Sachverhalts im unterschiedlichen
Kontext
b) Besonderheiten des Denkens II
- kognitiver Egozentrismus (Kind beurteilt Dinge von seinem Standpunkt aus)
c) Besonderheiten des Denkens III
- Zentrierung auf einen oder wenige Aspekte des Handlungsfeldes
-  Invarianz: Höhe und Umfang
d) Besonderheiten des Denkens IV
- Zentrierung auf Zustände (Kinder sind nicht in der Lage, Transformationen
durchzuführen)
e) Besonderheiten des Denkens V
- ...
3) Stadium der konkreten Operationen (6. – 10. Lj.)
- Additive Komposition von Klassen
- Klassenbildung (z. B. Menge A ist enthalten in Menge B)
- Tautologie: Addition gleicher Elemente ändert nichts (A+A=A)
- Resorption: Addition von Unterklasse zu dazugehöriger Oberklasse fügt der Oberklasse
nichts hinzu (A+B=B)
- es gibt Nullelement 0 (leere Menge), dessen Addition oder Subtraktion nichts verändert
- Assoziativität, Möglichkeit des Rückgängigmachens durch inverse Operationen (z. B.
Addition durch Subtraktion)
- Multiplikation von Klassen
- z. B. Treppe bauen und dabei Farbe von Steinen beachten
- simultanes Erfassen von Mengen (z. B. augenblickliches Erfassen der Augenzahl eines
Würfels)
4) Stadium der formalen Operationen (ab 11. Lebensjahr)
- Aufbau kombinatorischer Systeme
- planvolles Experimentieren (Variablenkontrolle, Hypothesenprüfung)
- Verständnis für Proportionen: Fischexperiment:
- „Der Fisch von 10 cm Länge frißt doppelt soviel wie der von 5 cm, der von 15 cm
dreimal soviel. Wieviel Futter sollen wir 1 und 3 geben, wenn 2 vier Perlen
bekommt?“
- Ergebnis: 6-7 a: numerische Quantifikation, nicht proportional
- 7-8 a: Versuch, Lösung durch Subtraktion
- 8-9 a: Lösung meistens richtig
 16 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
17. Erläutern Sie kontextualistische Entwicklungstheorien! Sprechen Sie in dem
Zusammenhang über Bronfenbrenners ökologische Theorie sowie die
dialektischen Theorien von Wygotski und Leontjew!
Bronfenbrenner:
- Kritik an Entwicklungspsycholgie: „eine Wissenschaft von fremdartigen Verhaltens von
Kindern in fremden Situationen mit fremden Erwachsenen in kürzestmöglichen
Zeiteinheiten“
- Forderungen an Experiment:
- ökologisch valide (in natürlicher Umwelt)
- genügend Zeit
- umweltspezifisch (kulturspezifisch, schichtspezifisch, etc.)
- Aktives Verhalten des Individuums führt:
- zur Veränderung des Passungsgefüges von Individuum und Umwelt
- zur Veränderung in der Organisation von Wahrnehmung und Handlung
Strukturierung der Entwicklungsumwelt:
Mikrosystem:
- unmittelbarer Lebensraum (Familie, Dyade innerhalb der Familie): N + 2  Kind + Eltern
- wichtigste Untersuchungseinheit: Dialog
K
V
Dialog erster Ordnung
M
Dialog
zweiter
Ordnung („Was wird Papa dazu sagen?“)
- stark entwicklungsbeeinflussende Faktoren für Kinder und Jugendliche:
- Wohnverhältnisse
- materielle Armut
- Erziehungsstil = Entwicklungsbedingung im Mikrosystem
Mesosystem:
- Kind + andere (Ausschluß von Eltern)
- Bsp.: erstes Mesosystem: Kindergrippe
- indirekte Beziehungen zwischen Mesosystem und Eltern möglich (z. B. Elternabend in der
Schule)
- ökologische Übergänge (z. B. Schuleintritt) sind Herausforderungen für Entwicklung 
Eintritt in neues Sozialgefüge mit neuen Anforderungen
-  soziale Unterstützung nötig für ökologische Übergänge
Exosystem:
- Lebensbereiche, an denen Eltern unmittelbar teilhaben, Kinder aber nicht (z. B. Arbeitswelt
der Eltern)
- Bsp.: Streß und Belastung der Eltern am Arbeitsplatz haben Einfluß auf Verhältnis zu Kind
Makrosystem:
- Gesellschaftsform
- wenn dies zu umfangreich: Abheben von Subkulturen (mit ihren Ideologien und
Weltanschauungen)
- von Bronfenbrenner vernachlässigt
 17 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
Vorgehensweise bei der Beurteilung von Entwicklungsumwelten:
a) qualitative Beurteilung der komplexen Struktur „Umwelt“ auf der Basis relativ „weicher“
forschungsmethodischer Verfahren unter Berücksichtigung eines Zielkriteriums (z. B.
entwicklungsförderlich vs. –hemmend); Meßinstrument: Eindruck des Interviewers
b) quantitative Beurteilung der komplexen Struktur „Umwelt“ auf der Basis multivariater
Dimensionscharakteristiken (Fragebögen, Skalen)
c) Reduktion der quantitativen Beurteilung im Sinne einer qualitativen
Dialektische Entwicklungstheorien von Wygotski und Leontjew:
Leontjew: 6 Stufen der Phylogenese des Psychischen
a) Assimilation / Dissimilation (Austausch Organismus – Umwelt)
b) Sensibilität (Organismus reagiert auf Einflüsse über Zellsensibilität)
c) Perzeptivität (Fähigkeit der internen Repräsentation der Außenwelt)
d) Intellekt (Interne Repräsentation und Fähigkeit, damit zu operieren; Streitfrage, ob „Tiere
denken können“)
e) Bewußtsein (Fähigkeit, die charakteristischen Eigenschaften von Gegenständen abheben zu
können (z. B. Tisch: Platte + Beine)
f) Denken und Sprache (Denken aber mit oder ohne Sprache möglich)
18. Worin bestehen die Bedingungen
Entwicklung?
Ursachen:
- genetische Programme
- Umweltanforderungen
Bedingungen:
- Anregungen
- Erziehungsstil der Eltern
- soziale Schicht, soziales Netzwerk
- Konflikte
- Lebensereignisse
- physiologische Gegebenheiten
und
Ursachen
der
psychischen
19. Erläutern Sie die Begriffe Entwicklungsaufgabe und Altersnorm!
Entwicklungsaufgaben nach Havinghurst (1982)
= Aufgabe, die sich in bestimmter Lebensperiode des Individuums stellt; gliedern Lebenslauf
- erfolgreiche Bewältigung  Glück, Erfolg
- Versagen  Individuum wird unglücklich, stößt in Gesellschaft auf Ablehnung 
Schwierigkeiten bei Bewältigung späterer Aufgaben
3 Quellen von Entwicklungsaufgaben:
a) physische Reife (d. h. biologisch determiniert)
b) kultureller Druck (Erwartungen der Gesellschaft, normativ determiniert)
c) individuelle Zielsetzung oder Werte des Individuums
Unterschiedlicher Verbindlichkeitsgrad der Aufgaben:
a) manche müssen bewältigt werden (z. B. Kontrolle der Ausscheidungsorgane)
b) andere = Chancen, die man ergreifen kann (z. B. Heirat, Kinder)
c) Entwicklungsangebote, die nur für manche realisierbar sind, für andere nicht (z. B. wegen
Inkompetenz  Berufliche Weiterbildung)
Altersnorm:
= Überzeugungen, Erwartungen, Vorschriften bezüglich dessen, was altersgemäß ist
- z. B. Lesen lernen mit 7 Jahren
 18 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
Umwelt reagiert bewertend auf Akzeptanz der Normen:
- auf Abweichung mit Bestrafung
- auf Annahme mit Anerkennung (Ansehen, Prestige)
20. Überblick über die körperliche Entwicklung in der Ontogenese
pränatal:
- Vorkeimblattperiode (1.-3. Woche) + Embryonalperiode (4. – 12. Woche) = Organogenese
- Fetalperiode (13. – 38. Woche) = Organdifferenzierung
- 21. Tag: Beginn der Herzpulsation
- 4 Wochen: 6-8 mm
- 12. Woche: 7,5 – 10 cm
- ausgebildete Fähigkeiten für:
- Schluckbewegung, Atembewegung, Kopf-, Arm- und Beinbewegung
- 15. Woche: Greifreflex
- 16. Woche: 16 cm
- 20. Woche: 25 cm
- 24. Woche: 30 cm, Beginn der extrauterinen Überlebensfähigkeit
- 26. Woche: Hörapparat ausgereift (hört Darmgeräusche)
- 28. Woche: 35 cm, Pupillenreaktion (Konditionierbarkeit)
- ab 29. Woche: extrauterines Überleben möglich
- 36. Woche: 45 cm
Geburt:
- ca. 51-54 cm, 3-3,5 kg
danach:
- Zunahme des Körpergewichts (Entwicklung des Skeletts und der Muskulatur)
- Verfestigung des weichen Knochengerüsts durch Kalkeinlagerungen
- 5. – 8. Monat: 1. Schneidezahn
- 6. – 12. Monat: 2. Schneidezahn
- 1. Lj.: 74-76 cm, 9-11 kg
- 3 Jahre: 93-97 cm, 13-15 kg
- zarte Gliedmaßen im Vergleich zum Rumpf
- großer Kopf, kleiner Hals
- überall Fettpolster
- 5 Jahre:
- 75 % der gesamten Gewichtszunahme durch Entwicklung der Muskulatur
- kürzere Extremitäten im Verhältnis zum Rumpf
- kaum Erkennung einer Taille
- Beginn 6. Lj.: 90 % des Hirnendgewichts erreicht
- bis 7 Jahre: Körperstreckung, ungelenkes Aussehen
[...]
21. Geben Sie einen Überblick über die pränatale physische und psychische
Entwicklung!
22. Erläutern Sie pränatale Lernvorgänge!
- ab der 28. Woche nachgewiesen
- 25. bis 28. Woche: Pupillenreaktion möglich
- Klassische Konditionierung: Lichtstrahl auf Bauch  Pupillenreaktion; Konditioniertes
akustisches Signal  Pupillenreaktion
23. Welche physiologischen Übertragungsmechanismen mütterlicher Emotionen
sind Ihnen bekannt?
 19 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
ständiger Adrenalinausstoß der Mutter stimuliert das Alarmsystem des Kindes  evtl.
spätere psychosomatische Beschwerden
- Streß:
- erhöhte Hormonproduktion, Adrenalinstoß  verringerte Blutzufuhr  Irritation, Hektik
des Fötus
- Erkenntnisse aus Tierversuchen: Injektion von Streßhormonen bei Ratten  bleibende
Verhaltensauffälligkeiten bei Neugeborenen
vegetative Frauen:
- psychosomatische Störungen
- vegetative Labilität
- Spätgebärende
- aber: keine negative Kindesentwicklung
belastete Frauen:
- Belastungen im familiären Bereich
- Medikamentenkonsum
- Schwangerschaftsbeschwerden
-  Abortneigung, Kinder hyperaktiv, Eß-Störungen
-
24. Zu welchen Schädigungen führen Teratogene in der Embryo- und Fetalzeit?
a) physikalische:
- Sauerstoffmangel (besonders Schäden für Nervenzellen)
- mechanische Einwirkungen
- ionisierende Strahlung
- elektrischer Strom
b) chemische:
- Stoffwechselprodukte (Nephropathie [Erkrankung der Nieren]
- Eklampsie (Krampfanfälle, begleitet von raschem Blutdruckanstieg)  Plazentainsuffizienz
- Hormone
- Antikörper (Blutgruppenunverträglichkeit)
- Toxine (Alkohol etc.)
c) biologische:
- Mikroorganismen (z. B. Ursache von Malaria)
- Viren
- ...
-
bei Schädigungen bis 4. Monat: oft Abstoßung der Frucht, danach Schädigungen
unterschiedlicher Grade
Beispiele:
- Nikotin: Hemmung des Zellwachstums (erhöhte Frühgeburtenhäufigkeit)
- Alkohol: Mißbildungen von Gehirn, Herz
- Quecksilber: schwere Hirnschäden, Verhaltensstörungen
- Strahlen: Gehirn- und Skelettmißbildungen
25. Sprechen Sie über das psychische Leistungsspektrum des Neugeborenen!
a) Schlaf- / Wachdimension des Kindes
- Zustände: zeitlich relativ stabile, in gewissem Rhythmus wiederkehrende, vom Kind selbst
hervorgebrachte Befindlichkeit
1) Schlaf ohne Augenbewegungen
2) Schlaf mit schnellen Augenbewegungen (REM-Schlaf)
3) Dämmerschlaf, Dösen
4) ruhiges Wachsein mit offenen Augen und wiederholter eindeutiger Reaktion auf Reize
 20 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
5) unruhiges Wachsein mit offenen Augen und intensiv motorischer Aktivität
6) Weinen und Schreien
- Schlafperioden ca. 16 h pro Tag
- Schlaf-Wach-Rhythmus: erste wichtige Lernleistung, von Umwelterfahrungen abhängig:
- rooming-in-Kinder (NG auch nachts bei Mutter): am raschesten und deutlichsten SchlafWach-Rhythmus
- schlechter bei Säuglingsstationskindern: Geräuschpegel, Beleuchtung
b) Reaktionen auf Umweltstimuli
- Reflexe (verlieren sich im Verlauf der nächsten 2 – 4 Monate), z. B. Greif-, Saug-,
Schluckreflex
- nach Brazelton Neonatal Behavioral Assessment Scale 20 Reflexe überprüft
c) Wahrnehmung / Lernen
- von Geburt an Wahrnehmung der meisten Sinneseindrücke
Sehen:
- scharf bei ca. 20 cm Abstand (Abstand der Gesichter Mutter-Kind beim Stillen)
- Vorzug des Sehens von Gesichtern und gesichtsähnlichen Formen (Unterscheidung von
Attrappen und Photos vom lebendigen Gesicht)
- Unterscheidung von Farben
- aber: eingeschränkte Sehfähigkeit durch fehlende Adaptation der Augen
Hören:
- bevorzugt im Frequenzbereich der menschlichen Sprache und darüber
- deutlichere Reaktion bei komplexen Lauten als bei reinen Tönen
- Töne von Seiten  Augen- und Kopfbewegung zur Seite und zurück  teilweise
koordinierte auditive und visuelle Wahrnehmung
Lernen:
- bei gesundem NG nur bezogen auf bedeutsame Reize in lebenswichtigen Situationen
- Ansätze zum operanten Lernen
26. Erläutern Sie genetisch determinierte Verhaltensformen des Säuglings!
Reflexe (s. Frage 25)
Schlaf-Wach-Zustände (s. 25)
Saugen:
- nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch kommunikativer Kontakt; Hand-Mund-Kontakt:
Selbstberuhigung
Weinen:
- Signal für Erwachsene  Beantwortung mit Zuwendung
Blickkontakt
27. Beschreiben Sie die psychische Entwicklung des Säuglings!
Entwicklung des Lächelns:
- frühe Möglichkeit zum Aufbau von Beziehungen
- schon bei NG spontanes, endogen ausgelöstes Grimassieren (vornehmlich REM-Phasen) 
nimmt in ersten 3 Monaten ab
- Ablösung durch zunehmend exogen ausgelöstes andeutungsweises Lächeln nach sanfter
Stimulation
Phasenfolge dessen Entwicklung:
- ab 3. Woche: Helle Frauenstimme = guter Auslöser
- ab 5. – 8. Woche: Lächeln als Reaktion auf menschliches Gesicht
- ab 20. Woche: Differenzierung fremde (kein Lächeln) und vertraute Personen (Lächeln)
 21 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
Bindungsverhalten:
= Entwicklung des Zugehörigkeitsverhaltens
- Kind: Erkennen der Bezugspersonen
- Fremdeln: Höhepunkt im 8. Monat („Die 8-Monats-Angst“)  hält bis ins 2. Lj. hinein an
4 Phasen des Bindungsverhaltens:
1) Vorbindungsphase: Geburt bis 3. Woche  Auslösung von Reaktionen durch alle
Personen im Gesichtsfeld  Ende der Phase: Kind bevorzugt Mutter
2) Phase der beginnenden Bindung: ca. 10. Woche bis 10. Monat  Kind differenziert
Personen
3) Phase der elaborierten (entwickelten) Bindung: gegen Ende des 1. Jahres  Kind
kann Kontakt motorisch steuern und allein Kontakt aufnehmen
4) Phase des elaborierten Verhaltens: ab 1. Lj.  aktive Kontaktaufnahme zu mehreren
Personen  bei Gefahr: Rückzug zu Bezugsperson
4 Typen des Bindungsverhaltens (Ainsworth: Strange-Situation-Test)
1) Typ-A-Kinder: unsicher gebunden  Kontaktvermeidendes Verhalten gegenüber
Mutter
2) Typ-B-Kinder: sicher gebunden  Suchen und Wahren von Nähe und Kontakt zur
Mutter
3) Typ-C-Kinder: unsicher gebunden  ambivalentes Verhalten zur Mutter
4) Typ-D-Kinder: desorientiert / desorganisiert  mitunter seltsames Verhalten wie
Erstarren und Grimassieren
28. Wie entwickeln sich die ersten sozialen Beziehungen im Säuglingsalter?
- Lächeln (s. o.)
- Schreiverhalten
- Saugen
- Bindungsverhalten
- Blickkontakt: guter Blickkontakt (Länge und Dauer) = Frühindikator für soziale Entwicklung
-
-
Neugeborenes: protosoziales Verhalten (nicht intendiert sozial)  darauf ausgerichtet,
fürsorgliche Erwachsene an sich zu binden  Schreien, Anschmiegen, Anschauen
2 – 4 Monate: Kindchenschema (protosozial), aber bereits erstes soziales Widerlächeln
6 Monate:
- Unterscheidung zwischen
- Kindergesichtern und denen von Erwachsenen
- fröhlichen Gesichtern und anderen
- Zuordnung von Stimme zum entsprechenden Gesichtsausdruck
8-10 Monate: social referencing: immer Blick zur Mutter, um aus deren Mimik abzulesen, ob
alles in Ordnung ist
29. Wie verläuft die Sprachentwicklung bis zum dritten Lebensjahr? Beziehen Sie
die Entwicklung des Wortschatzes in Ihre Darlegungen mit ein!
3 Phasen der Sprachentwicklung (Grimm 1982):
a) Vorsprachliche Phase:
- Geburt bis Produktion erster konventioneller sprachlicher Symbole (ca. 1. Lj.)
- Kommunikation zwischen Mutter und Kind von Geburt an
- Nachahmung des mimischen und lautlichen Ausdrucks  Mutter wird zum
„biologischen Spiegel“ für Kind
- 6-8 Wochen: gurren = Zufriedenheit
 22 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
2-4 Monat: Lachen, Vokalnachahmung (besonders vorgesprochen Vokale wie a oder i
werden nachgeahmt (sprachliche Laute))
- 6-9 Monat: Reduplikation von Silben (kanonisches Lallen) „dada“ ( Konsonant – Vokal
– Verbindungen mit satzähnlicher Intonation durch zunehmende Kontrolle über die
Sprechwerkzeuge; Nachahmung, Lallmonologe
- ab 10. Monat kommunikative Bedeutung  Lall-Dialoge
b) Phase der Spracheinführung
- 10-14 Monat: erstes Wort
- 18. Monat: „magische 5 – Wörtermarke“ (lernen ab dann neue Wörter sehr schnell)
- Auslassung unbetonter Silben, z.B. Aff für Affe
- Reduktion von Konsonantenclustern, z.B. Bunnen für Brunnen
- starke Wortschatzerweiterung 12. bis 18. Monat, aber Einwortsätze
c) Aufbau des sprachlichen Systems
- Zwei-Drei-Wortsätze: Beginn der produktiven Grammatik (Wortkombinationen) ab dem
18. Lebensmonat
- Kinder lassen in ihren ersten Wortkombinationen bestimmte Satzelemente aus (Artikel,
Hilfsverben,..) sowie Funktionswörter (Konjunktionen, Präpositionen,..) 
telegraphische Wortproduktion
- Kinder verstehen im Alter von zwei Jahren Wortordnungen, können sie aber noch nicht
selbst produzieren
- 2 ½ Jahre: Sätze mit mehreren Phrasen können produziert werden
Wortschatzentwicklung:
- 10 Monate:
erstes Wort
- 1 Jahr:
ca. 3 Wörter
- 2 Jahre:
ca. 120 Wörter
- 3 Jahre:
ca. 900 Wörter
Wortschatzsteigerung
- 6 Jahre:
ca. 2500 Wörter

Beginn
der
„Warum-Fragen“

große
30. Schildern Sie die Entwicklung der sozialen Beziehungen, Wahrnehmung, der
Motorik und der Lernleistungen im Säuglings- und Krippenalter!
(Säuglingsalter: bis 1. Lj., danach Krippenalter)
soziale Beziehungen:
- Säuglingsalter s. Frage 28
- 12 Monate: Nicken und Kopf schütteln
- Trennungsangst (Reaktion des Kindes, wenn Mutter oder andere geliebte Person den
Raum verläßt und das Kind in einer nicht vertrauten Umgebung zurückläßt)
- 18-24 Monate:
- langsam auch soz. Zusammenspiel mit Gleichaltrigen: Als-ob-Spiel
- zuerst oft kognitive Überforderungssituation (fremde Kinder)  Streit, Gegeneinander
 danach Parallelspiel (man spielt allein, beobachtet aber genau, was die anderen
machen)
- ab Vollendung 2. Lj.: Aufforderung zum Spiel, Entstehung von meist zweckgebundenen
Freundschaften (z. B. wegen Spielzeug)
Wahrnehmung:
Hören:
- schon im Mutterleib
- bevorzugte Frequenz: menschliche Sprache  Stimme der Mutter kann schon 4 Tage nach
Geburt erkannt werden
 23 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
- ab 6 Monate: so gut wie bei Erwachsenen
Geruchs- und Geschmackssinn:
- von Geburt an sehr gut ausgeprägt  Mutterbrust kann schon bald am Geruch erkannt
werden
Sehen:
- anfangs: Sehschärfe bei 20 cm (s. o.)
- 2 – 4 Monate: Erkennen des Gesichts der Mutter
- 6 Monate: beidäugiges Tiefensehen
8 – 10 Monate: alle Sinnesorgane haben etwa den Stand derer Erwachsener
Motorik:
0. Monat:
1. Monat:
2. Monat:
3. Monat:
4. Monat:
5. Monat:
6. Monat:
7. Monat:
8. Monat:
9. Monat:
10. Monat:
11. Monat:
12. Monat:
13. Monat:
14. Monat:
15. Monat:
fötale Position, Lage
Kopf heben
Drehen des Kopfes, Blicken nach allen Seiten
strampeln, wälzen Rücken-  Bauchlage
Sitzen mit Unterstützung
Auge-Hand-Koordination, Greifen nach Objekten
Sitzen mit Spezialstuhl
allein Sitzen
Stehreaktion mit Hilfe (kein Gleichgewicht)
Stehen mit z. B. Festhalten an Möbeln
Kriechen
Laufen geführt an einer Hand
sich zum Stand emporziehen
Treppen hinaufklettern
allein Stehen
frei laufen (bei ca. 90 %)
Lernleistung:
- Einfluß des Lernens besonders ab 6. Monat
- Habituation schon pränatal
- klassische und später operante Konditionierung
- Lernen durch Exploration, Spiel, Fragen
- Preyer (1881): Fragen stellen = Zeichen für Fähigkeit zum selbständigen Denken
- Was-Fragen  Wo-Fragen (28. Monat)  Wie-Fragen  Warum-Fragen (Ende 3. Lj.)
- Objektpermanenz ab 8 – 10 Monate
31. Wie entwickelt sich das Zeichnen im Kleinkindsalter unter dem Einfluß von
Bildung und Erziehung?
- 3-4 Jahre: Kopffüßler, Schornstein schief
4 Phasen nach Winner, 1982:
a) Vorphase:
- Schmieren mit Essen und Farbe
b) Kritzelphase (ab 2. Lj.)
- Freude an Bewegung und an Entstehung einer Spur
- schon Experimentieren mir Abbildungsmöglichkeiten, z. B. Linien, Kringel
c) Phase der Muster (2. und 3. Lj.)
- Kinder benennen, was sie malen (auch wenn es nicht danach aussieht)
- Muster anstatt Kritzeleien
d) erste echte Abbildungsversuche (um 3 Jahre)
 24 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
- erstes Menschenschema (Kopffüßler)
e) Organisation (Ende 4. Lj.)
- Organisation der vorhandenen Figuration auf der Zeichenfläche
- wachsende Ähnlichkeit zwischen Zeichnungen und Objekt
- Mitteilungsabsicht; Modifikation bei Nichtverstehen
f) nach 5. Lj.
- abgeschlossene Erarbeitung von grundlegenden Merkmalen der Personen und
Gegenstände
32. Erläutern Sie die wichtigsten Spielformen und ihre Bedeutung für die kindliche
Entwicklung!
Definition nach Einsiedler:
Spiel = Verhaltensweise oder Sequenz von Verhaltensweisen, die eher spontan als von außen
iniziiert ist und um ihrer selbst willen ausgeführt wird, Vergnügen bereitet und von positiven
Emotionen begleitet wird.
Formen des Spiels:
1) Sensumotorisches Spiel (Ch. Bühler: Funktionsspiel) (Beginn: 1.-2. Lj.)
- Freude an Körperbewegungen  werden ausgiebig wiederholt
- Bewegungen zunächst auf eigenen Körper, später eher auf Gegenstände gerichtet
2) Informations- und Explorationsspiel (Beginn: 1. Lj.)
- Exploration von Gegenständen
3) Konstruktionsspiel (Beginn im 1. Lj., aufsteigende Komplexität)
- mit Gegenständen werden Werkzeuge nachgeahmt
- Erlernung des Umgangs mit Rohmaterialien (Sand, Knete, Bausteine)
4) Symbolspiel (Als-Ob-Spiel, Fiktionsspiel) (ab 12-13 Monate)
- eigentliche kindliche Spielform
- Spielgegenstand wird entsprechend der kindlichen Vorstellungen ins Spiel einbezogen
und umfunktioniert
- Handlungen aus sozialer Umwelt (Erfahrungen des Kindes) entnommen: Puppen-, Auto-,
Indianerspiele
- keine echte soziale Interaktion: Kind Träger aller Rollen
5) Rollenspiel (soziodramatisches Spiel) (Höhepunkt: 4. – 5. Lj.)
- aus Parallelspiel  Zusammenspiel von mindestens 2 Partnern, die fiktive Rollen
bekleiden
- erfordert höhere kognitive und soziale Kompetenzen, Metakommunikation erforderlich
(Vereinbarung, was gespielt werden soll, erst mit 3 ½ Jahren)
6) Regelspiel (ab 5. Lj.)
- feste Regeln, die unbedingt eingehalten werden müssen
- Wettkampfcharakter (Gewinnen zählt)  Grundlage für Entwicklung der
Leistungsmotivation
- z. B. Brettspiele, Sportspiele
Funktionen des Spiels:
- Mittel zur Umwelterschließung
- Ausleben emotionaler Spannungen (Angstreduktion)
- Entwicklung von Selbstbewußtsein und SWG
- Erregung und Spannung
 25 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
33. Erörtern Sie die verschiedenen Theorien des Spiels!
9 Theorien:
a) Überschußtheorie (Spencer 1873)
- Auffangen und Abreagieren überschüssiger Energie
b) Entspannungs- und Erholungstheorie (Schaller, Lazarus)
- sammeln neuer Energie
c) Einübungstheorie (Groos um 1900)
- Einübung wichtiger Fähigkeiten und Fertigkeiten, Vorbereitung auf Leistung
d) Rekapitulationstheorie (Stanley Hall)
- geht von phylogenetischem Grundprinzip aus
e) Systemtheorie (Helanko)
- Spiel = zweckfreie Tätigkeit
- Kind entscheidet über Zugehörigkeit zum System
f) Phänomenologische Theorien
- Spiel = Aufsuchen von Schwierigkeiten und Versuch deren Überwindung
g) entwicklungspsychologische und kognitive Theorien (z. B. Piaget)
- Aspekt der Assimilation: Anpassung der Umwelt in eigene Schemata
h) psychoanalytische Theorien (Anna Freud)
- Ausleben tabuisierter Impulse, besonders aggressiver Bedürfnisse
- im Spiel Lustprinzip, außerhalb Realitätsprizip
i) sozialpsychologische Theorien
- Rollen- und Regelspiele
- Erweiterung des Verhaltensrepertoirs der Kinder
- Lernen und Einnahme der Sichtweise des Interaktionspartners  Überwindung der
egozentrischen Sichtweise des Kindes  Dezentrierung
- Regelspiel: Entwicklung der Leistungsmotivation (gewinnen wollen)
34. Geben Sie einen Überblick über die Entwicklung des moralischen Urteils
anhand der Theorien von Lawrence Kohlberg und Jean Piaget!
Jean Piaget:
- Gewissensentwicklung = universeller Prozeß, Folgeerscheinung der geistigen Reife (ohne
Umwelteinflüsse)
- angeborenes Gerechtigkeitsempfinden
2 Phasen der Gewissensentwicklung:
a) Stadium der heteronomen Moral (Heteronomie)
- vom 4. – 5. Lj. bis Anfang Schulalter
- Regeln durch Autoritäten gesetzt, die entscheiden, was gut oder böse ist
- Regeln gelten als unveränderbar
b) Stadium der autonomen Moral (Autonomie)
- ab ca. 10. Lj.
- Regeln = Übereinkunft, gegenseitige Vereinbarung, die mit Einverständnis aller veränderbar
ist
- Einsicht in Sinn von Normen für Leben in Gemeinschaft
 26 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
Lawrence Kohlberg:
Ebenen und Stufen
Begründung moralischen Handelns
I Präkonventionelle Moral
Stufe 1: Lust-Schmerz-Orientierung
(Punishment-Obedience Orientation)
Stufe 2: Kosten-Nutzen-Orientierung; Auge um
Auge
(Naiver Instrumenteller Hedonismus; Personal
Reward Orientation)
Schmerzvermeidung oder Sich-nicht-Erwischenlassen
Erwartete Belohnung
II Konventionelle Moral
Stufe 3: Braves-Kind-Orientierung
(Interpersonale oder Gruppenperspektive; Good
boy-nice girl Orientation)
Stufe 4: Recht-und-Ordung-Orientierung
(Gesellschaftsperspektive)
Anerkennung gewinnen; Kritik vermeiden
Den Regeln gehorchen; den Autoritäten nicht
mißfallen
III Postkonventionelle (Prizipiengeleitete) Moral
Stufe 5: Orientierung am sozialen Vertrag
Stufe 6: Orientierung an ethischen Prinzipien
(Universal Ethical Principle Orientation)
[Stufe 7: Kosmische Orientierung (Transzendenz)]
Sich für das Wohl der Gesellschaft einsetzen
Der Gerechtigkeit dienen; Selbstverdammung
vermeiden
Universellen Grundsätzen folgen und sich selbst
als Teil einer kosmischen Bewegung begreifen,
welche soziale Normen transzendiert
35. Welches sind die wichtigsten körperlichen und seelischen Veränderungen in
der Pubertät?
Körperwachstum und Motorik:
Körpergröße:
- Wachstumsschub:
- Mädchen:
12. / 13. Lj.
- Jungen:
14. / 15. Lj.
- Erreichung der endgültigen Größe mit 18-20 Jahren
Muskelkraft:
- bis 11 Jahre: Mädchen genauso viel Muskelkraft wie Jungen
- danach: bei Jungen starke Zunahme durch Muskelwachstum
- Ausdifferenzierung von Fein- und Grobmotorik
 27 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
Geschlechtsreifung:
- Ursache: beträchtliche hormonelle Umstellung
Alter Jungen
Phase
Mädchen
12-13 beginnendes Wachstum der Vorpubertät
= Beginn der Rundung der
Hoden und des Penis
Frühadoleszenz
Hüften,
Fettablagerungen,
Wachstum von Brüsten und
Warzen
13-16 Schamhaare (glatt)
Pubertät
= Schamhaare (glatt)
früher Stimmbruch
Adoleszenz
Stimme wird etwas tiefer
rasches Wachstum des Penis,
rasches
Wachstum
der
der Hoden, des Skrotums
Eierstöcke, der Vagina, der
(Hodensack),
der
Gebärmutter,
der
Vorsteherdrüse
(Prostata),
Schamlippen
der Samenblasen
Schamhaare werden gelockt
erster Samenerguß
Aufrichtung der Brustwarzen
Schamhaare werden gelockt
primäres Bruststadium
Menarche
16-18 Wachstum der Achselhaare
Nachpubertät = Wachstum der Achselhaare
Bartwuchs
Postadoleszenz
Brüste
erhalten
markanter Stimmwechsel
Erwachsenenform
(sekundäres Bruststadium)
Alter
10-11
11-14
14-16
Akzeleration und Retardation:
- Reaktion der Umwelt auf Akzeleration: eher Behandlung wie Erwachsene, erhalten mehr
Unabhängigkeit, können dabei aber überschätzt und überfordert werden
- bei Jungen Frühreife positiver bewertet, höheres Selbstwertgefühl
- bei Mädchen Frühreife: weniger beliebt, weniger graziös  geringeres Selbstwertgefühl,
erhöhtes Risiko der anorexia nervosa
Seelische Veränderungen:
- Jugendegozentrismus: Introspektion, Beschäftigung mit eigener Person; extrem: Glaube, im
Mittelpunkt zu stehen
- Anstieg der Bedeutung des eigenen Körpers und seiner Veränderungen
- Gefühl der Identität als Person
- Absinken des Selbstbewußtseins (wieder Anstieg bei Pubertätsende), emotionale Instabilität
- Beeinträchtigung der Selbsteinschätzung und des Selbstwertgefühls durch Vergleich mit
anderen
- Bedürfnis nach sexueller Betätigung
- Wunsch nach Sicherheit, v. a. in Peer-Gruppen gesucht
- Drang nach Unabhängigkeit  begünstigt Widerstand gegen Konventionen
- Idealismus
kognitive Entwicklung:
- Piaget: Eintritt in das formal-operatorische Stadium
- Fähigkeit zur Abstraktion
- Komplexität des Denkens steigt an
- Entwicklung eines Relativismus: Erkennen, daß es „mehrere Wahrheiten“ gibt
 28 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
36. Wie entwickelt sich das allgemeine sexuelle Erleben und Empfinden im
Kindes- und Jugendalter?
Säuglings- und Kleinstkindalter:
- Möglichkeit der Differenzierung von Lust-Unlust-Empfinden (z. B. beim Saugen, nach
Nahrungsaufnahme, bei engem Kontakt mit Mutter)
- Interesse an Ausscheidungsfunktionen
- spielen an Genitalien
Kindergartenalter:
- Erkennen der Geschlechtszugehörigkeit
- sexuelle Spielereien („Doktor-Spiele“)
Schulalter:
- Zunahme des sexuellen Wissens
- 7-8 Jahre: relativ geringes sexuelles Interesse
- 9-12 Jahre: harmlose sexuelle Spielereien (Jagd- und Kußspiele); Lesen von Sexualliteratur;
erste Flirts
ab 13 Jahre:
- beginnende Freundschaften
- Interesse an Zeugung und Geburt
- Menarche, erste Samenergüsse
- Masturbation
ab 14 / 15 Jahre:
- erste sexuelle Kontakte
- Aufbau intimer Beziehungen
37. Erläutern Sie die Erscheinungsweisen der säkularen Akzeleration!
- gleiche Rasse pubertiert im Laufe der Zeit zu einem immer früheren Alterszeitpunkt
- Beispiel: Menarchealter in Norwegen:
- 1840: 17,1 Jahre
- 1950: 13,3 Jahre
- ähnlicher Trend bei Körpergröße (später Geborene erreichen größere Körperlängen und
beenden ihr Wachstum früher
- Zahnwechsel und Dentition früher
- psychische Erkrankungen früher
mögliche Ursachen:
a) Koch 1935: Heliogene Theorie
- mehr Sonneneinstrahlung  Stoffwechsel erhöht  Menschen größer
b) Thompson & Benholdt 1965: Akzeleration als Folge der Verstädterung der Natur
- durch Reize der Stadt erhöhtes Wachstum
c) Lenz 1959: tierische Fette
-  Überproduktion von Wachstumshormonen
- Beleg: in Hungerperioden stagniert Wachstum
d) Landauer & Witting 1964: Streß
- erhöhte Streßeinwirkung, z. B. in Form von Verletzungen (Ohrstechen, Piercen) rufen
Akzeleration hervor
38. Erläutern Sie Probleme, die im Jugendalter auftreten können!
Bewältigung von schwierigen Lebensaufgaben:
- Akzeptieren der eigenen Körperlichkeit
- Gewinnung der emotionalen Unabhängigkeit von den Eltern
- Vorbereitung auf berufliche Karriere
 29 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
Identitätsfindung als Zentrales Problem
typische Fälle abweichenden Verhaltens:
a) Kriminalität und Delinquenz
b) Konsum und Beschaffung von Drogen
c) Suizid und Suizidversuch
d) sexuelles Fehlverhalten und Prostitution
e) Verwahrlosung, Vandalismus
f) psychische Verhaltensauffälligkeiten
g) Zugehörigkeit zu einer extremistischen Gruppierung
Typen von Entwicklungsproblemen (Ursachen):
a) Übermaß an Fremdbestimmung
- Einmischen von Erwachsenen  Ausprobieren verschiedener Verhaltensweisen
verhindert  Versuch, Kontrolle über die Familie zu erlangen z. B. durch Magersucht
b) Erleben von Sinnverlust
- Mangel an zukunftsorientierten Perspektiven („Null Bock“)
c) Mangel an Passung
- Auseinanderfallen von beabsichtigten Zielen (eigenen Erwartungen) und Möglichkeiten
der Gesellschaft
d) Widersprüche in der Planung
e) Schwierigkeiten der Verständigung
- soziale Interaktion = wesentliche Quelle von Erfahrungen
- verschiedene Entwicklungsorientierungen der Beteiligten  wenig wechselseitiges
Verständnis
Risikofaktoren (Umstände, die die Wahrscheinlichkeit für Problemverhalten erhöhen):
a) Vulnerabilität der Person
b) Bedingungen in der Umwelt
- Verlust elterlicher Kontrolle in früher Adoleszenz
39. Welche Probleme können bei der Herausbildung von Wertvorstellungen und
Idealen im Jugendalter auftreten?
Entwicklungsaufgabe: Aufbau eines Wertsystems und eines ethischen Bewußtseins als
Richtschnur für eigenes Verhalten
 starke Verbindung zur Entwicklung der Identität
Identität:
= Definition einer Person als einmalig und unverwechselbar durch soziale Umgebung und durch
das Individuum selbst
2 Komponenten:
a) Person, für die man sich hält
(privates Selbst)
b) Person, für die andere einen halten
(soziales Selbst)
Aufgabe:
- Finden eines Gleichgewichts zwischen privatem, sozialem und idealem Selbst  Ausbildung
einer starken Persönlichkeit (Erikson 1968)
- Hineinwachsen in Wertesystem der Eltern  Widerspruch mit eigenen Idealen und Träumen
(und derer der peer group)  Konflikte
- mögliche Folge: Suche nach alternativen Lebensmöglichkeiten (Gefahr des Extremismus)
- Gefahr der Resignation und Depression durch Gefühl, nicht verstanden zu werden
- Gefahr der Entfremdung: Beziehungsverlust zu Personen, Werten, gesellschaftlichen
Prozessen und Verlust des Einflusses darauf
 30 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
Ohnmacht, Empfinden, manipuliert zu werden, einer anonymen Masse anzugehören
Alternativen zur Entfremdung: Hinwendung zu emotionalen Erlebnissen, Bildung von
Gruppen, in denen Sinneserfahrung gepflegt wird
40. Erörtern Sie psychologische Probleme der Berufswahl im Jugendalter!
- Entwicklungsaufgabe im Jugendalter: Vorbereitung auf Berufsleben und Wahl des Berufes
- Lernen im JA zielt direkt oder indirekt auf Übernahme einer beruflichen Tätigkeit
- Begrenzung der Möglichkeiten durch:
- soziale Schicht
- Schulform
- Lernbehinderung
- physiologiche Anlagen (z. B. Körpergröße)
Probleme durch:
- Differenzierung zwischen Arbeitsmarkt und Berufswunsch
- hohe Rate von Jugendlichen ohne Ausbildung (kann bei Berufswahl zu Resignation und
Depression führen)
- Differenz zwischen populär dargestellten Berufsbildern und Realität (z. B. durch Serien)
- Differenz zwischen eigenen Neigungen und Wunsch der Eltern
- Differenz zwischen Neigungen und geforderten Leistungen
- geforderte frühzeitige Entscheidung für bestimmten Schultyp
41. Nennen
Sie
Gründe
für
die
Vernachlässigung
der
entwicklungspsychologischen Forschung des Erwachsenenalters!
- seit Ende der 60er Jahre Neuorientierung: entwicklungsmäßige Veränderungen von
Empfängnis bis Tod
- trotzdem: nur 9% aller entwicklungspsychologischen Studien = Studien über reines
Erwachsenenalter
Gründe:
- unser Jahrhundert = „Jahrhundert des Kindes“ (so genannt am Jahrhundertbeginn)
- Kindheit und Jugend: Zukunft der Gesellschaft  Sicherung der Existenz des Staates durch
Formung der Jugend  Finanzierung entsprechender Forschung
- Annahme: Entwicklungsgeschehen laufe auf „Endpunkt“ zu  Behinderung der eps.
Forschung im Erwachsenenalter
- erst Ende der 50er Jahre: Hans Thomae: Entwicklung = lebenslanger Prozeß
- Methoden im Erwachsenenalter: Fehlen von Untersuchungsmethoden, die einer
Längsschnittbewährung ausgesetzt sind
- Fragebögen oft an akademischer Jugend geeicht
- vgl. Probleme von Längsschnittstudien i. a.
- Stichprobenauslese durch Tod  die vitaleren und klügeren Menschen überleben 
Trugschluß, daß Altern ein einziger Aufschwung sei
42. Nennen Sie Etappen und Schwerpunkte in der Entwicklung der EPS des
Erwachsenenalters!
3 Perioden:
1) 1835-1918
Frühperiode
2) 1918-1940
systematische Altersforschung
3) 1941-heute
Expansionsphase
 31 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
1) Frühperiode
- erste wissenschaftliche Arbeit zum Thema Alter: Quetelet (1835): „Über den Menschen und
die Entwicklung seiner Fähigkeiten“
- Nachweis von biologischen und sozialen Einflüssen auf Entwicklung
- erfand Vorläufer des Korrelationskoeffizienten
- lebensaltersbezogene Leistungsanalyse
- Galton:
- Notwendigkeit vieler Untersuchungen zu einem Phänomen im Lebenslauf
- empirische Untersuchung an 9000 Vpn
- lebenslaufbezogene Einstellungsänderung
- Ignatz Nascher:
- begründete neue medizinische Disziplin: Geriatrie (in Anlehnung an Pädiatrie)
- Terman / Yermes 1917
- Adoleszenz-Maximum-Hypothese (Army-Alpha-Test)
2) Periode der systematischen Altersforschung
- Hall:
- gegen Defizitmodell (Adoleszenz-Maximum-Hypothese) und gegen Betrachtung der
Entwicklung des Erwachsenenalters als Umkehrung des Jugendalters
- qualitative Unterschiede zwischen Jugend und Alter, nicht auf bestimmte Leistungen
eingeengt
- mit Lebensalter steigt Streuung der interindividuellen Unterschiede
- Rybnikow (1929)
- Einführung des Gerontologiebegriffs
- Deutschland 1918-1940:
- Probleme mit Auseinandersetzung mit Alter
- Altersbild: alternder Mensch = pathologischer Zustand des normalen Menschen
- Charlotte Bühler (1933): „Der menschliche Lebenslauf als psychologisches Problem“:
spätes Erwachsenenalter  Abbau und Verfall
- ähnlich: Erik Stern, Rothacker, Vischer
3) Expansive Phase
- 1945 erste wissenschaftliche gerontologische Gesellschaft in USA
- 1967 erste in Deutschland
- 1950 erster internationaler Kongreß in Lüttig  95 Teilnehmer
- heute zwischen 4000 und 6000 Teilnehmer
43. Nennen Sie Periodisierungen im Erwachsenenalter und Kriterien für deren
Begründung!
a) Schema der altersgemäßen Periodisierung (Grimm 1965), biologisch orientiert
Periode
Adoleszenz
Mittleres Alter, erste Periode
(frühes Erwachsenenalter)
zweite Periode
(mittleres Erwachsenenalter)
alternder Mensch
(spätes Erwachsenenalter)
Greis
Langlebiger
Männer
17-21
22-35
Frauen
16-20
21-35
36-60
36-55
61-57
56-75
74-90
> 90
 32 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
Entwicklung der Organfunktion (Morphologie)  Aufbau und Rückentwicklung
(Involution)
b)
-
Einteilung nach Birren
Jugendzeit
12-17
frühe Reifezeit 17-25
Reifezeit
25-50
späte Reifezeit 50-75
Alter
ab 75
-
Reifung hier keine biologischen oder organischen Prozesse
Entwicklung = Anhäufung von Erfahrung
c) Periodisierung nach Newman 1975
Periode
Adoleszenz
Jugend
Alter
13-17
18-22
Frühes Erwachsenenalter
23-30
Mittlers Erwachsenenalter
31-50
Spätes Erwachsenenalter
> 51
-
Entwicklungsaufgabe
1.
2.
1.
2.
1.
2.
1.
2.
Autonomie von Eltern
moralisches Bewußtsein
Heirat
Geburt von Kindern
Kinder aufziehen
berufliche Karriere
Akzeptieren des eigenen Lebens
Haltung zum Sterben
Periodisierung nach Entwicklungsaufgaben
44. Was versteht man unter Involution? (Doppelcharakter des Begriffs!)
a) Organische Involution
= Rückbildung des Organismus (oder auch einzelner Organe)
- jedes Organ bildet sich auf charakteristische Weise zurück
- Beginn mit Ende des 5. Lebensjahrzehnts
b) psychische Involution
- Existenz umstritten
- erst dann, wenn hinsichtlich der Gesamtpersönlichkeit eine Kompensationsfähigkeit nicht
mehr vorhanden ist
-  Beginn mit Greisenalter
- Möglichkeit des Auftretens von Involutionspsychosen in der 2. Hälfte des Lebens
45. Nennen Sie Besonderheiten des Entwicklungsbegriffs im Erwachsenenalter
und Gründe für die Nichtübertragbarkeit der Kriterien der Entwicklung auf das
Erwachsenenalter!
Hans-Dieter Schmidt: „Allgemeinge Entwicklungspsychologie“:
- Entwicklung = psychophysische Veränderungsreihen, deren Glieder existentiell auseinander
hervorgehen
- genetischer Zusammenhang
- Entwicklung wird anhand von Wertkriterien eingeteilt (Beurteilung an einem Wertmaßstab,
ob ein Übergang von einem Ausgangs- zu einem Endzustand erfolgt ist)
- Entwicklung durch soziales Umfeld beeinflußt
- Entwicklung strebt normalerweise immer höherem Niveau zu
 33 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
E = f(A)? (Entwicklung = f(Alters)?)  eher eine Funktion des Lebenslaufes
V = f(A)?  Veränderung hängt mit dem Alter zusammen, aber das Alter erklärt nichts,
weder den Zusammenhang noch die Entwicklung
 Man sollte sich eher mit neuen Anforderungen auseinandersetzen als mit dem Alter.
-
Entwicklung im Erwachsenenalter:
a) keine lineare Fortschreibung bisheriger Entwicklungsschritte  keine universellen
Sequenzen
b) multidirektionales / multidimensionales Geschehen
- keine verbindliche Definition von Niveaustufen im Sinne von Zielpunkten und Zeitpunkten
zu deren Erreichung
- zufällige Herausforderungen (Lebensereignisse, Lebensaufgaben) bestimmen die
Entwicklung
- Nutzung von personellen Resourcen, Unterstützung von anderen und materiellen
Möglichkeiten
c) Erwachsener steckt sich selbst Entwicklungsziele
- kultur- und personenspezifisch
- persönlich Ziele können miteinander konkurrieren
- Zielhierarchie
d) Mensch lebt in bio-psycho-sozialem Umfeld
- im Kindesalter leicht homogene Gruppen bildbar (z. B. Schulklassen)
- im Erwachsenenalter kaum noch
nicht anwendbare Entwicklungskriterien:
- Sequentialität
- Irreversibilität
- Unidirektionalität
- Universalität
46. Kennzeichnen Sie die Bedeutung von Selbststeuerung für die
Entwicklungsprozesse im Erwachsenenalter!
Selbststeuerung = Fähigkeit des Individuums zur Einflußnahme auf eigenes Handeln
- beim Erwachsenen vorausgesetzt, aber beim Kind kaum gefördert
- Selbststeuerung z. B. durch Wahl von Entwicklungsaufgaben (Weiterbildung, Heirat,
Kinder)
- Befähigung
zum
selbständigen
und
planvollen
Handeln
(wenn
nicht:
Unzurechnungsfähigkeit  Psychiatrie)
- Selbstregulation bei Entwicklungsaufgaben:
- Reaktion auf Abweichung des wahrgenommenen Entwicklungsstandes vom gewünschten
Zustand mit selbstbewirkten Entwicklungsinterventionen
- z. B. Versuch der Veränderung von Personen der Umwelt
Lerner, Busch-Rossnagel (1981):
3 Bahnen, auf denen ein Mensch auf die eigene Entwicklung Einfluß nehmen kann:
a) Wahlen bezüglich der sozialen Umwelt (Bevorzugung von Kontakten zu bestimmten
Menschen, Partnerwahl, Beitritt zu Vereinen, Fernsehprogramme etc.)
b) Wahlen auf Basis subjektiver Definitionen: Was ist für das Individuum wichtig und bedeutet
ihm etwas?
c) Modifizierung seiner Umwelt (Selbstbild, Einstellungen, Werthaltungen, Zielsetzung seiner
Sozialpartner etc.)
 34 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
47. Nennen Sie Besonderheiten von Untersuchungsmethoden in der EPS des
Erwachsenenalters unter besonderer Berücksichtigung des höheren
Lebensalters!
- besondere Probleme beim Gewinnen einer Stichprobe: Desinteresse, Mißtrauen
- Ist endlich gefundene Stichprobe repräsentativ?  z. B. auf Anzeige für Suche nach Vpn. für
Intelligenztest melden sich nur „intelligentere“ Menschen
- hoher finanzieller Aufwand: oft materieller Anreiz nötig
- bei Querschnittsuntersuchungen: Verwendung altersgerechter Meßgeräte (z. B.: Computer
schrecken alte Menschen ab)
- bei Längsschnittuntersuchungen: natürliche Auslese  Verzerrung der Stichprobe durch
Drop-outs
- Multidirektionalität der Entwicklung im Erwachsenenalter  Querschnittsuntersuchungen u.
U. nur beschränkt aussagefähig
48. Begründen Sie die Notwendigkeit der kontrollierten Meßwiederholung und
ihrer Verallgemenerung auf Zeitreihen für die entwicklungspsychologische
Forschung!
- Zeitreihe = detaillierte Abbildung eines Merkmals einer Person (oder homogener, nicht mehr
teilbarer Gruppe wie Schulklasse, Familie, Arbeitsgruppe etc.) im Entwicklungsverlauf (z.
B. Persönlichkeitsmerkmal Aggressivität)  N = 1 – Methode
- bei Einzelfallstudien: ausreichende Anzahl von Meßwiederholungen (i. d. R. über 50) 
sonst: Überbewertung von Zufallsschwankungen; intraindividuelle Unterschiede werden als
Entwicklung interpretiert
- Möglichkeit, Einflußfaktoren klar zu definieren (z. B. kritische LE, treatments etc.)
49. Begründen Sie die besonderen Vorteile der Kreuzkorrelationsanalyse für die
entwicklungspsychologische Forschung!
- Problem der EPS: Analyse von Ursach-Wirkungs-Gefügen
- Versuch der Klärung von Annahmen über Bedingungsgefüge von uV und aV
- Annahme: uV  verursacht Wirkung in der aV
- wichtig für Wissen um ideale Voraussetzungen bzw. Ursachen bestimmter
Entwicklungsverläufe (schwierig herauszufinden)
Bsp.: Eron (1972): Untersuchung des Zusammenhanges zwischen
Fernsehsendungen mit aggressivem Inhalt und Äußerung von
Untersuchungszeitraum: 10 Jahre
X1
X2
Y1
Y2
Vorliebe mit 8-9 Jahren
Vorliebe mit 19 Jahren
Aggressivität mit 8-9 Jahren
Aggressivität mit 19 Jahren
X1
(a)
(c)
0,05
0,31
X2
(c)
(b)
0,21
Y1
Vorliebe für
Aggressivität;
0,01
(b)
0,05
(a)
0,38
 35 
Y2
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
a) Autokorrelation
- Bestimmung des Zusammenhanges zwischen 2 gleichen Merkmalen zu unterschiedlichen
Zeitpunkten
b) synchrone Kreuzkorrelation
- Bestimmung des Zusammenhanges zwischen 2 unterschiedlichen Merkmalen zum gleichen
Zeitpunkt
- gleichzeitig erhobene Merkmale nur als wechselseitig bedingt erklärbar
c) zeitverschobene Kreuzkorrelation
- Möglichkeit der Aussage, was vom anderen abhängig ist
50. Wodurch sind Lebensereignisse gekennzeichnet? Welche Bedeung haben sie
für die Erklärung von Entwicklung im Erwachsenenalter?
Idee: einzelne Ereignisse im Leben eines Menschen können für künftige Entwicklung bedeutsam
sein
a) normative Lebensereignisse
- durch biologische Veränderungen oder durch soziale Normierung in einem mehr oder
weniger begrenzten Altersabschnitt regelmäßig zu erwarten (z. B. Einschulung, Pubertät,
Berufseintritt)
- vorhersagbar  planbar
- betreffen viele Personen  keine Frage „Warum ich?“
b) nicht-normative Lebensereignisse
- unerwartet (z. B. Krankheit, Arbeitslosigkeit)
- Frage nach Verursachung, Vermeidbarkeit, Gerechtigkeit, es sei denn, Massen sind davon
betroffen (z. B. Naturkatastrophen, Krieg)
-
normative LE können von Individuen
dementsprechend behandelt werden
als
Entwicklungsaufgabe
betrachtet
und
Merkmale von LE (Sigrun Phillipp):
a) gekennzeichnet durch Veränderung der sozialen und psychischen Lebenssituation 
gelernte Routinehandlungen reichen zur Bewältigung nicht aus  spezielle
Anpassungsleistung erforderlich
b) raumzeitliche, punktuelle Verdichtung eines Geschehensablaufs (kommt knüppeldick)
innerhalb oder außerhalb einer Person
c) relative Stadien eines Ungleichgewichts zwischen Mensch und Umwelt 
Entwicklungschance im Wiederherstellen des Gleichgewichts
- Umwelt gemäß eigener Bedürfnisse ändern
- eigene Einstellungen ändern
- neue Fähigkeiten entwickeln
d) immer hochgradige affektive Betroffenheit
e) immer mit subjektiven Bewertungsprozessen einhergehend
Machen bestimmte LE krank?
- besondere Untersuchung kritischer LE in klinischer Psychologie
- bei unmittelbaren Folgen  dementsprechende Behandlung durch Umwelt
- negative LE haben oft verzögerte Wirkung (½ - 1 Jahr später: psychosomatische Störungen)
 Zusammenhang meist verkannt
Theorien zur Bedingungsanalyse kritischer LE:
a) Brown: Vulnerabilitätskonzepz
 36 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
jeder Mensch ist in Psyche und Physis verletzlich  welcher Mensch bildet welche
Reaktionsnorm auf Streß heraus?
b) Kobasa: Index der Widerstandsfähigkeit
- ergibt sich aus Bewertung der Lebensgeschichte, steigend bei weniger Problemen
c) Baltes: Hypothese der Diskontinuität der Entwicklung
- Entwicklung nicht fortlaufend, Spannungsgefüge im Inneren durch unterschiedliches
Tempo der Entwicklung von Persönlichkeitsmerkmalen
-
Untersuchungsschwerpunkte:
- Vorhersage der Intensität und Art der Streßreaktion bei spezifischen LE (nur bedingt
möglich)
- Vorhersage der Reaktion auf ein LE aus schon beobachteter Reaktion auf das gleiche oder
ein ähnliches (z. B. 2. Kind: Eltern wissen, ob es aus Wut oder Hunger schreit)
- Bedingungen, unter denen LE gut verarbeitet werden können (z. B. soziale Netzwerke)
- Was bedeutet ein und dasselbe LE in verschiedenen Altersstufen? (Kind mit 14 oder 30, Tod
der Mutter eines Säuglings oder Zehnjährigen)
- Möglichkeit der Umwandlung eines belasteten LE zum Nutzen
Bedeutung:
- Auseinandersetzung mit LE = Motor des intraindividuellen Wandels
- Erklärung für Multidirektionalität: unterschiedliche Erfahrungen  unterschiedliche
Entwicklung
- keine verbindliche Definition von Bewältigungszielen möglich, da unterschiedliche Reaktion
auf gleiches Ereignis möglich
- nur 10% der Varianz für mentale und physische Schäden durch kritische Lebensereignisse
aufgeklärt
Bewältigungsmöglichkeiten:
- Suche nach Sinn und Erklärung
- positive Illusionen über die Zukunft
- emotionsdämpfende Vergleiche mit anderen, denen es noch schlechter geht
- Suche nach Hilfe und Unterstützung
- Problem: Festhalten an einmal gewählten Zielen  kann aufgrund der äußeren Umstände
nicht mehr erreicht werden  Klient stößt ständig an seine Grenzen  depressive
Symptome
51. Was versteht man unter objektiven, objektivierten und subjektiven
Ereignisparametern von LE?
Kennzeichnung von LE (Beschreibung von LE):
a) objektive Ereignisparameter
- Zeitpunkt des Auftretens
- Abfolge von LE (Dichte)
- Möglichkeit der wiederholten Ereignisse
- Dauer des LE
b) objektivierte Ereignisparameter
- Einschätzung des Bewältigungsaufwandes durch Experten (Schätzskalen, z. B. Hochzeit
= 50, Tod des Ehepartners = 100)
- Grad der Belastung
- Grad der Kontrollierbarkeit (mögliche Vorhersage?)
- Grad der Erwünschtheit aus Sicht des Individuums
 37 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
c) subjektive Ereignisparameter
- Stärke der empfundenen Belastung des Betroffenen
- Stärke der Kontrollierbarkeit aus Sicht des Betroffenen
- Grad der Erwünschtheit aus Sicht des Betroffenen
52. Kennzeichnen Sie ein LE bezüglich Bedrohung oder
Gewinnerwartung, Bewältigungsstrategien und Ergebnis!
Verlusterleben,
Elternschaft:
Bedrohung oder Verlusterleben:
- besonders bei Frauen: Angebundensein und Einschränkungen im Tagesverlauf (z. B. gestörte
Schlafgewohnheiten)
- Sorgen um finanzielle Situation, da Frauen nach Geburt nicht mehr arbeiten
- Gefühl des Angewiesenseins auf andere (Babysitter, Großmutter)
- Sorge um körperliches Aussehen
- Schwangerschaft, Geburt: große emotionale Belastung
Gewinnerwartung:
- Kind = Quell der Freude
- Wachsen von Reife und Verantwortung
- Erleben von Erfüllung, neuer Lebenssinn
- Stolz auf das heranwachsende Kind
- besseres Verstehen der eigenen Eltern
Bewältigungsstrategien:
- coping = Prozeß der konstruktiven Anpassung (Olbricht 1984)
-  Entwicklung neuer Verhaltensweisen, Weiterentwicklung vorhandener Fähigkeiten,
Entdecken neuer Möglichkeiten der eigenen Person
- Prozeß der Bewältigung:
a) primäre, kognitive Abschätzung der Situation
b) Abschätzung der eigenen Möglichkeiten, einschließlich der Hilfestellungen durch die
Umwelt
c) Abschätzung aufgrund von Fehlschlägen oder neuen Infos
d) günstiges Ende: Bewältigung der Situation
Variablen, die zur besseren Bewältigung der Elternschaft beitragen:
- längere, gute Beziehung zum Partner
- Baby = Wunschkind
- Versuch der Planung und Organisation der veränderten Lebenssituation
- Ausschöpfung der sozialen Unterstützung der unmittelbaren Umgebung
- wichtig: Entwicklung eines Zusammengehörigkeitsgefühls
Ergebnis:
a) Le Masters (1957):
- Ausmaß der erforderlichen Verhaltensänderungen, bis 5 Jahre nach der Geburt
- relativ hohe Krisenwerte, 53%: „schwere, umfassende Krise“
b) Hobbs (1965):
- Veränderungen von Einstellungen und Emotionen, innerhalb des 1. Jahres nach Geburt
- relativ niedrige Krisenwerte, kein Elternpaar sprach von schwerer Krise
Wieso so unterschiedliche Ergebnisse?
 38 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
teilweise durch unterschiedliche Untersuchungszeitpunkte: neue Erfahrung der Elternschaft
wird mit Begeisterung aufgenommen: „baby honeymoon“ (Hobbs 1965)
53. Was versteht man unter Geriatrie und Gerontologie?
Geriatrie:
- Begriff: Ignatz Nascher 1909 (als Gegensatz zur Pädiatrie)
- Untergebiet der Gerontologie, medizinisch orientiert
- beschäftigt sich mit „krankhaftem“ Altern, also Untersuchung der Krankheiten alter
Menschen
Gerontologie:
- Rybnikow 1929
- Spezialgebiet der Verhaltenswissenschaften zur Erforschung des Verhaltens im Alter
- untersucht „normales“ Altern
54. Geben Sie Beispiele für somatische Veränderungsreihen!
Altern: Veränderungen, die bis zur Funktionslosigkeit (Tod) führen
3 wesentliche Theoriengruppen:
a) genetische / nichtgenetische Zelltheorien
- Altern = Altern der Zellen, die die Fähigkeit zur Teilung verlieren und anfälliger für
externe Schädigungen werden
-  Fehler bei der Übertragung der genetischen Info, Akkumulation schädlicher Stoffe in
den Zellen
-  abnehmende Integration der verschiedenen innerorganischen Teilsysteme
-  Zusammenbrechen des Systems und Tod
b) physiologische Theorien
- Velust der Überwachungsfunktion des Immunsystems beim Altern und Reihe
neuroendokriner Veränderungen
-  sukzessive Erhöhung der Wahrscheinlichkeit letaler Erkrankungen im Altersprozeß
- biologisches Altern: abnehmende Integration des Gesamtsystems
- Alternsprozeß beginnt mit Zeugung (!)
- Ablauf ist genetisch vorherbestimmt, aber Einfluß durch Belastung und Krankheiten
- Altern ist keine Krankheit, sondern Veränderung in Morphologie und Funktion der
Organe mit Leistungsverlust
Kennzeichen des Alterns (somatische Veränderungsreihen)
- somatische Veränderungsreihen = Veränderung des Körpers mit zunehmendem Alter
- Haut: Spannkraft sinkt (Wasser- und Elektrolytverlust), Zunahme der Hautpigmentierung
(Altersflecke)
- Veränderung der groben Kraft (deutlich ab 50. Lj.)
- Grundumsatz des Stoffwechsels sinkt
- Knochenmineralgehalt sinkt (bei Frauen mit 70 oft spontane Knochenbrüche)
- Vernarbungsgeschwindigkeit nimmt ab
- Fingernagelwachstum am 3. Finger der rechten Hand steigt bis zum 20./30. Lj, danach
kontinuierliches Sinken
- Herzgewicht steigt bis zum 20. Lj. rapide, bis 50 mäßig, dann Abfall
- Muskelmasse nimmt ab 50. Lj. ab
- Farbempfindlichkeit sinkt ab 25. Lj. (besonders Schwierigkeiten mit Differenzierung von
Rot)
- Nachlassen der Sinnestätigkeit und Motorik
- Reaktionszeiten steigen  abnehmende IQ-Werte in Speed-Tests
 39 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
55. Geben Sie Beispiele typischer hirnorganischer Alterserkrankungen!
a) Morbus Alzheimer
Vorkommen
Pathologie
Verlauf
Symptomatik
Pathogenese
Therapie
- 1% der Bevölkerung über 70
- diffuse Atrophie der Hirnrinde; Degeneration von Neuronenendigungen
Nervengewebsschwund; Acetylcholinminderung; Plaques + Fibrillen
- schleichender Beginn (50. Lj), unaufhaltsamer Verlauf, Tod durch
Marasmus
- neurologisch: extrapyramidale Störungen, Dyskenisien, Tremor, träge
Pupillenreaktion, Eiweißvermehrung (Liquor), Kopfschmerzen, Schwindel,
Leistungsschwäche, Depressionen
neuropsychologische Ausfälle: Rechnen-Lese-Schreib-Schwierigkeiten,
aphasische Wortfindungsstörungen, Sprachverarmung;
Merkfähigkeits- und Orientierungsstörung, keine Persönlichkeitsänderung
- unbekannt (Alzheimer Gen, gestörte Immunologie, Virus?)
- nicht vorhanden (Neuropsycholog. Training, Physiotherapie, Medikation)
b) Morbus Parkinson
Kardinalsymptome
Stadien
Vorkommen
Pathogenese
Therapie
Nebenwirkungen
Substantia nigra
Akinesie (Bewegungshemmung), Rigor (Muskelstarre), Tremor
1. Leichte Akinesie: Bewegungshemmung (Rumpf, Gliedmaßen, Gesicht);
Ruhetremor (starkes Zittern in Arm + Hand); gestörte Schrift; leichter Rigor
2. Beidseitige Erkrankung: reduzierte Mimik; verlangsamte Bewegung;
Müdigkeit; keine unbewußte Bewegungen mehr; reaktive Depression
3. Schwere Gangstörung: Haltungsreflexstörung; Trippelgang; Stürze
4. Schwere Behinderung: fremde Hilfe nötig; Rigor + Verlangsamung
behindernd; unsichere Bewegungen, eingeschränkte Fingerbewegung
5. Völlige Hilflosigkeit: Infektionsgefahr der Atemwege; Lungenentzündung;
Geschwüre; progressive Demenz
- 1% der Bevölkerung über 50 Jahre; 10-20 Jahre  starke Behinderung
- Degeneration dopaminerger Neurone (Substantia nigra); Störung der
dopaminergen Übertragung in den Basalganglien
- Dopamin ; hemmt D2-Rezeptoren  hemmt Bew.beginn u. -durchführung
- L-Dopa (Medikament)  Dopamin-Synthese (pos. Wirkung nimmt ab)
Dyskinesien (Kopfnicken, Grimassieren)
Kern des Mittelhirns; Neurone projizieren über nigrostriatale Bahn ins
Striatum der Basalganglien; Neurotransmitter: Dopamin FEHLT!
c) Morbus Pick
= präsenile Demenz (im mittleren Lebensalter beginnend, hirnatrophischer Prozeß)
- Abnahme der Merkfähigkeit, Urteilsbildung, Antriebsverminderung
- Demenz
- Sprachstörungen
- obszöne Ausdrücke und Handlungen, da Hemmschwelle herabgesetzt
d) Multiinfarkt-Enzephalopathie
= Schlaganfälle
- Blutungen, Verschlüsse, Bildung von Schlaganfällen im Gehirn
- Lähmungen, Sprachstörungen
- Demenz
e)
-
Morbus Creutzfeldt-Jakob
Virus, aber Infektion anlagebedingt
spongiöse Veränderung der Hirnrinde
Nervenzellenmassensterben
 40 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
abnorm gespaltene Synapsen: liegen nicht mehr an anderen Neuronen an
Symptome:
- Lähmungen, Sehstörungen
- Demenz bis zum Tod
56. Nennen Sie Merkmale der Hirnalterung!
- Hirngewicht sinkt  Ventrikel werden größer  neurologische Auffälligkeiten häufen sich
 geistige Leistungsfähigkeit sinkt
- ab 25. Lj. sterben täglich 120 000 Neuronen
- Hirnrinde eines 90-jährigen: ½ der Hirnrinde eines 20-jährigen
57. Nennen Sie psychische und somatische Besonderheiten des Klimakteriums!
Erläutern Sie dabei die Problematik der Erwartungshaltung!
- Verlust der Reproduktionsfähigkeit der Frau, Durchschnittsalter ca. 50 Jahre
somatische Besonderheiten:
- Erlöschen der Keimdrüsenaktivität
- Menstruationszyklus unregelmäßig und schwächer
- kontinuierlicher Abfall des Östrogenspiegels
- Gewichtszunahme
- Hitzewallungen
- migräneartige Kopfschmerzen (Übelkeit und Erbrechen)
- Ohrensausen
- Herzklopfen
- Osteoporose (Ausschwemmung von Kalzium aus den Knochen durch Östrogenmangel 
Knochenbrüchigkeit steigt an=
- Ursachen:
- Turbulenzen im Hormonhaushalt des Körpers
psychische Besonderheiten:
- Schlafstörungen
- Stimmungslabilität, Reizbarkeit
- nervöse Erschöpfung
- Konzentrationsschwäche / Vergeßlichkeit
- Angstgefühle
- Gefährdung des SWG wegen Verlust physischer Attraktivität
Problem der Erwartungshaltung:
- spielt bei Krisenbewältigung wichtige Rolle
- Informationen durch Gespräche und Beobachtungen  Entstehung eines starken
Negativbildes
-  evtl. self-fulfilling prophecy
- als LE von meisten Frauen unerwünscht: steht für Altern
58. Was versteht man unter der Adoleszenz-Maximum-Hypothese? Wie wurde
diese begründet?
= Defizitmodell
- in der Adoleszenz wird Maximum an Leistungsfähigkeit erreicht, über kurze Zeit gehalten,
um dann sofort wieder abzufallen (bei allen Organen und geistigen Fähigkeiten)
 41 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
-
Geburt der Hypothese: 1917 durch Untersuchungen in USA an Eingezogenen, um in Army
geeignete Führungskräfte zu finden (Army-Alpha-Test, Jones & Conrad)  ca. 20-jährige
erhielten höchste Intelligenz-Punktzahlen (wurde aber von den Autoren 1933 modifiziert)
weitere derartige Tests, die die Ergebnisse teilweise bestätigten:
- Yerkes-Bridges-Point-Scale (Foster & Taylor 1920) (aber: 59- bis 84-jährige besser in
Wortschatz und Urteilsfähigkeit)
- Stanford-Achivement-Test und National Intelligence Test zum Vergleich zwischen
Kindern (13 Jahre) und ihren Eltern (Willoughbi 1927): Kinder insgesamt besser (aber
Erklärung: unterschiedliche Startbedingungen, z. B. Bildung)
- Good-Jugdement-Question-Series zum Vergleich zwischen 20- bis 80-jährigen (Miles
1928) (Kaschierung gegenüber Vpn., daß es sich um Intelligenztest haldelt): schon 50jährige deutlich schlechter als 20-jährige
59. Nennen Sie kritische Einwände gegen die Adoleszenz-Maximum-Hypothese!
methodische Probleme:
- meist Querschnittsuntersuchungen  keine Beachtung der unterschiedlichen
Startbedingungen der Kohorte
- Normierung der Tests an jüngeren Probanden
- Verwendung von Speed-Tests  bei Power-Tests (ohne Zeitbegrenzung) schneiden Ältere
besser ab
- Jüngere sind risikofreudiger  kreuzen bei multiple-choice-Tests leichter an
- Ausgangsbegabung (s. Frage 61)
- Bildungsniveau (s. Frage 62)
- berufliches Training (s. Frage 63)
- stimulierende Umgebung (s. Frage 64)
- Motivation (s. Frage 65)
-
Konstruktion eines Abbauquotienten aus HAWI und Wechsler-Bellevue-Test: Verhältnis von
altersbeständigen zu nicht altersbeständigen Tests  je kleiner Quotient, desto größer
Abbau)
- altersbeständig: z. B. Allgemeinwissen, Wortschatz, Bilder ergänzen (nach Cattell und
Horn: kristalline Intelligenz)
- nicht altersbeständig: Zahlen nachsprechen, rechnerisch denken (fluide Intelligenz)
60. Welche Einwände gegen die Adoleszenz-Maximum-Hypothese ergeben sich
aus der Kritik des Konzepts der allgemeinen Intelligenz?
-
-
Grundannahme: allgemeine Intelligenz ist bei jedem vorhanden, nur in unterschiedlicher
Ausprägung
Spearman(1904): jede Intelligenzleistung beruht auf allgemeinen und speziellen Faktoren
(variieren interindividuell)
Modell der a. I. stimmt bei großen Stichproben nicht mehr
Cattell (1963) und Horn (1978): Unterscheidung in kristalline und fluide Intelligenz
- kristalline bleibt im Alter (bis 8. Lebensjahrzehnt) stabil und kann sogar noch zunehmen,
abhängig davon, wie Individuum im Laufe des Lebens Algorithmen des Problemlösens
und Erinnerns angeeignet hat
- Bsp: jüngere Sekretärinnen konnten zwar schneller tippen, ältere ahnten aber schon im
voraus, was der Chef diktieren würde  Zeitverlust kompensiert
Sternberg (1985): 3. Komponente = Merkfähigkeit und Gedächtnis
 42 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
Tests meist an schulischen und berufsspezifischen Kriterien validiert  messen nicht
unbedingt Fähigkeiten zur Bewältigung von Lebensaufgaben im Alter
 lediglich bereichsspezifischer Rückgang der Intelligenz
-
61. Welchen Einfluß hat das Ausgangsniveau der geistigen Leistungsfähigkeit auf
deren Entwicklung im höheren Lebensalter?
Lewis & Terman: Untersuchung hochbegabter Kinder und Jugendlicher
- Beginn 1921, über viele Jahre hinweg (Längsschnitt)
- im 6. Lebensjahrzehnt: kein Abfall der Intelligenzleistung, teilweise sogar Zunahme
- Problem: natürlicher drop-out (wie immer bei Längsschnittstudien)
- ähnlich: Bones, 1950 (an Studenten aus Iowa), aber: Vpn mit schlechtem Ausgangsniveau
wiesen Leistungsabfall auf
Erklärung:
- durch hohe Begabung auch hohe Förderung durch Umwelt  bessere Bildung 
anspruchsvoller Beruf
- oft hoher sozioökonomischer Status  Möglichkeiten, sich weiterzubilden
- Selbstwirksamkeitserleben  mehr Aktivitäten, dichteres soziales Netz
-  längeres Gefordertsein  größere Reserve zur Kompensation
62. Welchen Einfluß hat die Schulbildung auf die Entwicklung der geistigen
Leistungsfähigkeit im höheren Lebensalter?
Miles: Vpn mit langer Schulzeit  höhere Leistungen im höheren Lebensalter
Birren, Morrison: Untersuchung von 70 – 90-jährigen mit Wechsler-Bellevue-Test  19%
Varianzaufklärung durch Schulbildung
Zusammenhänge: höhere Schulbildung korreliert mit besserem Niveau geistiger Entwicklung
und somit mit:
- höherer Berufsgruppe  höherer sozioökonomischer Status
- Selbstsicherheit
- mehr Aktivität (Hobbies, Weiterbildung etc.)
- sozialer Kompetenz  mehr soziale Kontakte
 höheres Niveau geistiger Leistungsfähigkeit insgesamt
 Beginn und Verlauf des Abbaus verlangsamen
63. Welchen Einfluß haben berufliches und intellektuelles Training auf die geistige
Leistungsfähigkeit im höheren Lebensalter?
- Berufszugehörigkeit klärt 20% Varianz der Intelligenzleistungen im Alter auf
- Vpn mit hoher Selbständigkeit im Beruf haben bessere Ergebnisse als „Fließbandarbeiter“
- Ausnahme: Überforderung im Beruf oder berufliches Versagen  Resignation, Depression
- Beispiele für besondere berufliche Förderung geistiger Leistungen:
- Piloten im Alter  Figurenfinden besonders gut
- Drucker  Unterscheidung von mehr Grautönen im alter als Jüngere Vpn aus anderen
Berufen
64. Welchen Einfluß haben stimulierende Bedingungen auf die Entwicklung der
geistigen Leistungsfähigkeit im höheren Lebensalter?
- Entzug von geistiger Tätigkeit  Abbau und Verlust geistiger Leistungsfähigkeit
- empirisch nachgewiesen an „Fließbandarbeitern“
 43 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
-
Forderung wirkt positib  Altersheiminsassen sollten soweit es geht ihre Zimmer selbst
sauberhalten
Möglichkeiten der Anregung alter Menschen durch:
- familiäre Rolle (Betreuung der Enkel etc.)
- soziale Kontakte
- Nutzung der kulturellen Angebote
65. Welchen Einfluß haben motivationale Bedingungen auf die Entwicklung der
geistigen Leistungsfähigkeit im höheren Lebensalter?
- Elliot & Lachmann (1989): Verschlechterung des Gedächtnisses ist teilweise auf
Fehlattribuierung zurückzuführen  ältere Menschen glauben, daß man
Gedächtnisleistungen nicht durch Anstrengung beeinflussen kann
-  self-fulfilling prophecy: Anstrengung ist sinnlos  mangelnde Übung  tatsächliche
Verschlechterung
66. Was versteht man unter Interventionsgerontologie?
- Intervention (allgemein) = planmäßige Einflußnahme auf das Verhalten und Erleben von
Menschen
- Ziel: Steigerung des psychischen und physischen Wohlbefindens des Menschen
Interventionsgerontologie:
- Teilgebiet der Gerontologie
- Bemühungen zur Erreichung eines hohen Lebensalters bei psychophysischem Wohlbefinden
- interdisziplinäre Maßnahmen: innere Medizin, Orthopädie, Psychologie etc.
Erkenntnisse
psychologischer Praktische
Konsequenzen
für
die
Grundlagenforschung
Intervention
Korrektur des defizitären Bildes des Alterns
Voraussetzung für sinnvoll erscheinende
Intervention
stärkere Beachtung differentieller Aspekte Forderung
nach
individuellen
(interindividuelle
Unterschiede
in
den Interventionsmaßnahmen
intraindividuellen Verlaufsnormen)
Abkehr
von
allgemeinen
„Beschäftigungsprogrammen“
mehrfache Determination von Alterszuständen Intervention (als Optimierung und Prävention)
und
-prozessen
(Beachtung
von von Kindheit an;
Vergangenheits-,
Gegenwartsund Intervention als mehrgleisige Maßnahme:
Zukunftsaspekt)
physikalische Intervention / Medikation,
Altern als biologisches Schicksal, soziales, psychologische,
soziale,
ökologische
finanzielles, ökologisches Schicksal
Intervention
Bedeutung der kognitiven Repräsentanz, des detaillierte
Analyse
der
spezifischen
subjektiven Erlebens
individuellen Situation und der kognitiven
Repräsentanz dieser Situation vor Beginn der
Intervention
67. Interventionsgerontologische Maßnahmen
4 Bereiche:
a) Optimierung:
- Schaffung günstiger Entwicklungsbedingungen
- geistige Entwicklung durch „enrichment“
- Anregungen im allgemeinen, Interessenentwicklung, sportliche Betätigung
 44 
Fragenkatalog Entwicklungspsychologie
b) Geroprophylaxe und Prävention: Vorbeugung gegen Altersabbau
- Erhaltung der körperlichen, geistigen und sozialen Fähigkeiten durch lebenslanges
Training, Pflege der Interessen, richtige Ernährung etc.
c) Rehabilitation und Therapie (Restauration / Korrektur):
- Rückgängigmachen von Störungen, bereits eingetretenen Schäden, Abbauerscheinungen
- Wiedergewinnung von Kompetenz in den verschiedenen Lebensbereichen
- Reaktivierung körperlicher, geistiger und sozialer Fähigkeiten durch gezieltes
Neueinüben, Trainieren, „Fördern durch Fordern“
d) Management / „Contain conditions“: Zurechtkommen mit irreversiblen Problemsituationen
(to contain conditions = Sicherung des Erreichten)
- Auseinandersetzung mit der Problemsituation
- Veränderung der inneren Einstellung, kognitive Umstrukturierung, Einübung von
Coping-Stilen
Maßnahmen:
am angestrebten Ziel orientiert:
- Verhaltensmodifikation (selbst wieder Zimmer aufräumen)
- Realitätsorientierung (täglich mit jedem Alten ½ Stunde unterhalten)
- Revitalisierung (Wiederbelebung biologischer Funktionen)
- Remobilisierung (z. B. Schwestern redeten nur mit Alten, wenn die ihren Rollstuhl selber
schoben)
- Remotivation (Wiedererschließung von Lebenszielen)
- Resozialisation (z. B. alte Menschen mit Kindern zusammenbringen)
- Resensibilisierung (von den Sinnen wieder gebrauch machen)
- Selbstbildtherapie (Handspiegel  beschreiben, was man sieht)
von der Technik ausgehend:
- operantes Konditionieren / reinforcement therapy (bettlägerige Patienten für kleinsten
Fortschritt loben)
- sensorisches Training (von Sinnen gebrauch machen)
- Musiktherapie (regulative Musiktherapie: in Musik vertiefen  wie habe ich sie erlebt?)
- Kunsttherapie (selbst etwas kreativ gestalten)
- Milieutherapie (alte Menschen mit Kindern zusammenbringen)
- Life-review-therapy (Lebenslauftherapie: jeder erzählt den anderen sein Leben)
- brain jogging (Gedächtnistraining)
- ...
 45 
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