Aufklärungsblatt zur Behandlung chronischer Schmerzen mittels rückenmarksnaher Implantation einer Stimulationselektrode und eines Stimulationsaggregates: Abteilung für Anästhesiologie und Intensivtherapie (und Schmerztherapie) am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien Leiter: Prim. Univ. Prof. Dr. Astrid Chiari 1. Rückenmarksnahe Stimulation was ist das? 2. Wie wird die Stimulationselektrode und das Stimulationsaggregat in den Körper eingebracht? 3. Welche Risiken hat diese Methode? 4. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß Ihr Schmerzzustand durch diese Methode beseitigt, gelindert oder stabil gehalten werden kann? Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, Ihr Schmerzleiden kann möglicherweise durch die operative Einpflanzung eines Gerätes, welches über eine Elektrode elektrische Impulse an das Rückenmark abgibt, behandelt werden. Diese Methode ist klinisch erprobt und wird seit vielen Jahren erfolgreich angewandt. Im Folgenden finden Sie Abbildungen und Erläuterungen zur genannten Methode. Wenn Sie dazu noch Fragen haben, werden Sie diese mit dem Arzt, welcher die Operation vornehmen wird noch ausführlich besprechen können. Wir bitten Sie Ihr Einverständnis zu diesem Eingriff mittels Unterschrift zu bestätigen. 1. Rückenmarksnahe Stimulation was ist das? Die Übermittlung von Schmerzreizen über Nerven und zugehörige Nervenzellen erfolgt vereinfacht dargestellt „chemo-elektrisch“. Aus diesem Grund ist es auch möglich, die Schmerzübertragung durch elektrische Impulse zu beeinflussen. Die Methode der Schmerzunterdrückung durch elektrische Impulse wurde bereits 1967 erfolgreich in die klinische Schmerztherapie eingeführt und seither kontinuierlich weiterentwickelt. Es werden dabei elektrische Impulse mit geringer Intensität ( Spannung 2 – 8 Volt) und extrem kurzer Dauer (etwa 200 400 Mikrosekunden) über eine mehrpolige Elektrode an die im Rückenmark liegenden Zellen abgegeben. Abbildung 1 zeigt solche Elektroden, welche etwa 1.5 mm Durchmesser haben und aus gewebsverträglichem Material hergestellt sind. Als Reaktion auf diese Impulse, setzen die Rückenmarkszellen Botenstoffe frei, welche die Schmerzübertragung an das Gehirn hemmen. Die elektrischen Impulse Abb.1: vermitteln dabei ein angenehm „kribbelndes“ Gefühl, welches die Schmerzen überdeckt. Voraussetzung für die Wirksamkeit dieser Methode ist die Nähe der Elektrode zu den im Rückenmark liegenden Zellen. Diese Nähe wird einerseits durch operative Einbringung der Elektroden in den Wirbelkanal und andererseits durch Testung des Stimulationserfolges erreicht. Diese Testung Seite 1 von 4 setzt jedoch die aktive Mitarbeit des Patienten voraus, da nur dieser exakt mitteilen kann in welchem Bereich des Körpers der Erfolg der Stimulation verspürt wird. 2. Wie wird die Stimulationselektrode und das Stimulationsaggregat in den Körper eingebracht? Die Stimulationselektrode wird bei über einen Hautschnitt am Rücken und folgende Punktion mit einer spezielle Nadel in den Wirbelkanal eingebracht. Zu diesem Zweck wird die betroffene Person auf einem speziell gepolsterten Operationstisch in Bauchlage positioniert. Die Operation wird, wie bereits erwähnt, in Lokalanästhesie durchgeführt. . Zu diesem Zweck wird eine lokal betäubendes Mittel in die Haut und das darunterliegende Gewebe injiziert. Der Vorgang der lokalen Betäubung ist mit mäßigen, brennenden Schmerzen verbunden, erst einige Minuten danach setzt die Wirkung der Lokalanästhesie ein. Danach wird das Operationsgebiet mit desinfizierenden Lösungen gereinigt und mit sterilen Tüchern abgedeckt. Die Operation muß deshalb in Lokalanästhesie erfolgen, da die exakte Positionierung der Elektrode nur durch die Bestimmung der Ausbreitung des Stimulationseffektes möglich ist. Dies wiederum erfordert die aktive Mitarbeit der betroffenen Person. Nach optimaler Positionierung im Wirbelkanal (Abbildung 2 zeigt eine Solche Abb.2: Positionierung im Halswirbelkanal), wird die Elektrode an einen externen Stimulator angeschlossen, wobei eine Drahtverlängerung unter der Haut in die Flanke verlegt und dort aus dem Körper herausgeleitet wird. Über diese „provisorische“ äußere Leitung erfolgt nun eine über zwei Abbildung 3: Wochen anhaltende „Probephase“. Diese Probephase soll sicherstellen, daß der Stimulationseffekt auch über einen längeren Zeitraum anhält, und die Elektrode im Wirbelkanal stabil verankert bleibt. Verläuft diese Probephase erfolgreich, so wird in einer zweiten Operation das interne Stimulationsaggregat endgültig eingepflanzt, wobei zunächst die Stimulationselektrode freigelegt, und die externe Verlängerung entfernt werden muß. Mit einem ebenfalls unter der Haut verlegten Kabel wird dann das Stimulationsaggregat an die Elektrode angeschlossen und die Wunden verschlossen. Um Infektionen zu vermeiden, wird bei beiden Eingriffen ein Antibiotikum verabreicht. Abbildung 3 zeigt ein solches endgültiges Aggregat. In der selben Abbildung ist auch das Steuergerät abgebildet, mit welchem Sie die Impulsintensität hinauf und hinunter regulieren können bzw. das Stimulationsgerät auch ein- und ausschalten können. Die Lebensdauer eines solchen implantierten Aggregates richtet sich nach der Stimulationsintensität und nach der täglichen Einschaltzeit. Sie beträgt durchschnittlich 3 – 7 Jahre kann aber manchmal auch kürzer sein. Wenn das Aggregat verbraucht ist, wird es mit einer kleinen Operation freigelegt und durch eine neues Aggregat ersetzt. Die Stimulationssonde wird dabei nicht erneuert. 3. Welche Risiken hat diese Methode?: Seite 2 von 4 Blutungen: Operationsbedingte Blutungen können sowohl in der Aggregattasche durch Präparation als auch im Wirbelkanal, durch den Nadelstich hervorgerufen werden. Während Blutungen in der Aggregattasche durch einfache Wundrevision behoben werden können, erfordern Blutungen im Wirbelkanal, wenn sie nicht von selbst zum Stillstand kommen eine neurochirurgische Operation. Derartige Komplikationen wurden bisher in der Literatur beschrieben, treten allerdings sehr selten auf. Lähmungen: Grundsätzlich ist beim Einführen der Nadel in den Wirbelkanal die Möglichkeit einer Verletzung von Nerven, ja sogar des Rückenmarkes selbst gegeben. Weiters kann durch Blutungen im Wirbelkanal, wie sie oben beschrieben wurden, der Druck auf das Rückenmark oder einzelne Nerven so stark sein, daß es, wenn diese Komplikation zu spät erkannt wird, zu bleibenden Lähmungen kommen kann. Auch diese Komplikationen wurden in der medizinischen Literatur beschrieben, gehören jedoch zu den seltensten, wenn auch schwerwiegendsten Komplikationen dieser Methode. Systemfehler und Sondenbrüche: In sehr seltenen Fällen, kann es bei den implantierten Systemen zur Funktionsstörung kommen. Diese Funktionsstörungen können das elektronische oder mechanische System betreffen und sind einerseits durch starke Magnetfelder (bei elektronischen Systemen) oder Gewalteinwirkung (Sturz, etc.) möglich. Ein Gleiches betrifft Risse oder Fehllagen von Sonden, wodurch die Stimuation nicht an den gewünschten an den Ort gelangen und daher die erwünschte Wirkung ausbleibt. In allen Fällen ist eine erneute Operation notwendig, um den aufgetretenen Schaden zu beheben. Auch diese Fehler sind äußerst selten, treten jedoch vergleichsweise häufiger als die oben beschriebenen Komplikationen auf. Haltbarkeit der Systeme: Die Lebensdauer der Batterie, welche das Aggregat betreibt, ist mit 5 – 7 Jahren anzunehmen. In seltenen Fällen muß mit sehr hoher Stromintensität stimuliert werden, was die Lebensdauer der Aggregate verkürzt. In solchen Fällen kann die Lebensdauer lediglich 2 Jahre betragen. Es muß daher davon ausgegangen werden, daß nach dieser Zeit das Aggregat und bei Sondenbruch auch die Stimulationssonde erneuert werden müssen. Infektionen: Eine vergleichsweise häufige Komplikation sind Infektionen, welche vor allem während der Probephase eintreten können, da ja hier ein Draht aus der Haut herausgeleitet wird, entlang welchem sich Infektionen ausbreiten können. Aus diesem Grund ist die kritische Hautstelle auch während der Probephase mit Desinfektionsmitteln regelmäßig zu reinigen und zu verbinden. Sollte eine Infektion auftreten, kann es notwendig sein, einen Teil oder das gesamte System wieder zu entfernen. Üblicherweise sind jedoch nur die äußeren Anschlüsse zu entfernen und eine vorübergehende Antibiotikatherapie durchzuführen. Danach kann das System wieder aktiviert werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß auch bei guter Einheilung des Stimulationssystems auch in weiterer Folge eine potentielle Infektionsgefahr besteht, da es sich dabei ja um Fremdkörper handelt. Eine solche, potentielle Infektionsgefahr gilt für alle Fremdkörper wie Hüftprothesen, Knieprothesen, Schraubenmaterial wie es bei Stabilisierung von Knochenbrüchen verwendet wird etc. Es ist daher immer darauf zu achten, daß bei Infektionen oder Eingriffen welche potentiell zur Einschwemmung von Bakterien in den Körper führen können (z.B. eitrige Zähne) eine begleitende Antibiotikabehandlung durchgeführt wird. 4. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß Ihr Schmerzzustand durch diese Methode beseitigt, gelindert oder stabil gehalten werden kann? International werden jährlich etwa 15.000 bis 20.000 Behandlungen dieser Art durchgeführt, wobei der Behandlungserfolg in drei Grade einzuteilen ist. 1. Es kommt zu einer drastischen Besserung des Schmerzbildes mit deutlicher Reduktion der medikamentösen Therapie oder der Möglichkeit auf diese vollkommen verzichten zu können. Seite 3 von 4 2. Es kommt zu einer Besserung des Schmerzbildes, die medikamentöse Therapie kann mäßig herabgesetzt werden. 3. Es kommt zur mäßigen Besserung des Schmerzbildes, die Medikament müssen jedoch in gleicher Dosis weitergenommen werden. Nach internationalen Erfahrungen liegt die Wahrscheinlichkeit von Besserungen im Sinne von Grad 1 bei etwa 80%, von Grad 2 bei etwa 5% Grad 3. etwa 2-4%. Insgesamt ist also eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 87 – 89% anzunehmen. Einverständnis: Ich habe dieses Schreiben am.................................erhalten. Ich habe den Inhalt dieses Schreibens gelesen und auch mit Dr................................................................ am:.....................................ausführlich besprochen. Ich bestätige mit meiner Unterschrift mein Einverständnis zur vorgesehenen Implantation einer Schmerzpumpe mit rückenmarksnahem Katheter. Patientenname: Unterschrift Arzt: Unterschrift Patient: Datum: Seite 4 von 4