Anmerkung: Ich habe das Wort „treatment” immer mit Therapie übersetzt. Denkbar wäre aber auch Behandlung oder Medikament. ETHICS, PARTICIPANT RECRUITMENT AND RANDOM ASSIGNMENT Thema dieses Kapitel: 1. ethische und legalen Fragen 2. wie man genügend VP für eine Studie bekommt 3. Randomisierung richtig anwendet. 1. ETHISCHE UND LEGALE FRAGEN BEI EXPERIMENTEN 1. Ethik des Experimentierens mit Menschen 2. Ethik des Vorenthaltens einer Therapie gegenüber einer KG oder Vergleichsteilnehmern 3. Ethik der Randomisierung im Gegensatz zur Verteilung je nach Bedürfnis 4. Unter welchen Umständen ein Experiment aus ethischen Gründen abgebrochen werden muss 5. Und einige legale Probleme, die bei Experimenten auftreten können 1.1 Ethik des Experimentierens mit Menschen Ethische Richtlinien und Grundsätze: Viele Länder haben Richtlinien für Versuche mit Menschen. Hier als Beispiel die drei ethischen Grundsätze der U.S. Public Health Service’s Belmont Report: Respekt für die Personen: VP haben ein Recht auf Autonomie und freie Entscheidung an einem Versuch teilzunehmen Nutzen: Forscher müssen den Vorteil für die VP maximieren und den Schaden minimieren Gerechtigkeit: Vorteil und Schaden einer Therapie muss gerecht verteilt werden; außerdem darf einer VP keine Behandlung vorenthalten werden auf die sie Anspruch hat Informierte Zustimmung und Experimente: Operationalisiert werden diese Grundsätze durch eine schriftliche Zustimmung der VP. Diese sollte folgendes enthalten: Beschreibung von Nutzen, Dauer und Ablauf des Experiments Beschreibung der Risikos Beschreibung der Vorteile für die VP Beschreibung von alternativen, für die VP vorteilhafteren Behandlungen (falls vorhanden) Bei risikoreicheren Experimenten: Beschreibung möglicher Entschädigung oder Medikamente bei Verletzungen Kontaktinformationen für weitere Fragen Bescheinigung, dass man durch Abbrechen oder völliger Verweigerung des Experiments keinerlei Nachteile hat Institutionelle Nachbereitungsgremien („institutional review boards“) Gremien in vielen Universitäten und Regierungsdienststellen überwachen, ob die Informierte Zustimmung eingehalten wird und die Experimente ethisch sind (Unterpunkte siehe oben), also z.B. ob sie statistische Power haben, da sonst die Zeit der VP vergeudet wird Anmerkung/Problem: es gibt Experimente, die genau darauf beruhen, dass es eine Gruppe gibt, die benachteiligt ist (Beispiel: Einschätzung eines Psychologen zur Tauglichkeit eines Programms kann zur Arbeitslosigkeit von Mitarbeitern führen) 1.2 Ethik des Vorenthaltens einer Therapie (= „treatment“) gegenüber einer KG oder Vergleichsteilnehmern Argumente für und gegen das Vorenthalten einer Therapie Fälle bei denen es nicht sinnvoll ist, einigen VP die Therapie vorzuenthalten: Wenn einer Kontrollgruppe keine Therapie gegeben wird, die aber positive Effekte für sie hätte, oder wenn einigen Versuchsteilnehmern einer andere/schlechtere Therapie zugewiesen wird. Wenn Personen in der KG sind, die eine Therapie brauchen oder verdient haben. Fälle bei denen das Vorenthalten einer Therapie sinnvoll ist: Wenn man eine Therapieform noch sehr jung ist, man also die eventuell auftretenden Nebenwirkungen nicht kennt. Es ist also sinnvoll für eine gewisse Zeit die Therapieform einigen Versuchspersonen (KG) vorzuenthalten. Wenn es nicht genügend Ressourcen gibt, um jedem die Therapie zu ermöglichen. Dies Argument zieht allerdings nur, wenn das Problem, das durch die Therapie behandelt wird, ohne Therapie nicht schlimmer wird. In diesem Fall bekommt die KG die Therapie einfach etwas später als die Experimentalgruppe. Wenn verschiedene Therapien, die alle etwa gleich erstrebenswert sind (da alle gut), miteinander verglichen werden. Alternativen, wenn es problematisch ist, die Therapie vorzuenthalten Dosierungs-Antwort-Designs benutzen: Hierbei erhalten die VP alle die gleiche Therapie, die aber jeweils verschiedene „Dosierungen“ aufweist. Die Gruppe mit der geringsten Dosierung verhält sich dann meist wie eine Placebo-Kontrollgruppe. (Beispiel im Buch: Arrestzeiten bei Ehemännern, die ihrer Frau gegenüber tätlich geworden waren: entweder normale Arrestzeit von ein paar Stunden, oder Arrestzeit, so lang, wie das Gesetz es zulässt) Allen VP vor der Randomisierung eine Intervention anzubieten: Es können also alle VP vor dem eigentlichen Experiment an einer Form der Intervention teilnehmen. Somit ist man fair zu allen, es kann jedoch auch die Wahrscheinlichkeit sinken, dass man einen Effekt bei der nachfolgenden Therapie findet. (Beispiel im Buch: ein Programm für allein erziehende Mütter, bei dem die VP alle Formen der Unterstützung bekommen, die KG aber nur die Kinderbetreuung, nicht die Berufstrainings. Dafür war allen vor dem Experiment die Möglichkeit gegeben worden, an Meetings teilzunehmen, bei denen man Lösungsansätze für Probleme entwickelte, die durch die KG-Zuteilung nicht therapiert werden würden) Therapie-je-nach-Anfrage-KG haben: In dieser Bedingung kann die KG je nach Anfrage z.B. eine begrenzte Anzahl an Stunden von der Therapie erhalten, die die Experimentalgruppe erhält. Sollte diese Zahl überschritten werden, wird die VP einfach aus dem Experiment herausgenommen. Diese Bedingung ist ethischer als eine, bei der die KG überhaupt keine Therapie bekommt. Jemanden eine unerwünschte Therapie (=treatment) auferlegen Bei einem Experiment, das eine unerwünschte Therapie enthält (gesundheitsschädlich oder sehr zeitaufwändig) VP frei entscheiden lassen, in welche Therapiegruppe sie kommen wollen Anmerkung: danach wird randomisiert, ob sie in einer der Experimentalgruppen oder in die KG kommen. Es besteht jedoch nicht mehr die Gefahr, dass sie in eine Therapiegruppe kommen, gegen die sie etwas haben.. 1.3 Ethik der Randomisierung im Gegensatz zur Verteilung je nach Bedürfnis Da viele Experimente die Verteilung von knappen und erwünschten Ressourcen wie z.B. Geld oder Medikamente beinhalten, muss die Entscheidung, wer diese Ressourcen bekommt, unter Beachtung der Moral gefällt werden. Für ethisch korrekt werden Zuteilung nach Bedürfnis, Verdienst und Randomisierung eingestuft. Die Zuteilung nach Bedürfnis sollte erfolgen, wenn eine Therapie dafür bekannt ist, ein bestimmtes Bedürfnis am effektivsten zu lindern. Die Zuteilung nach Verdienst sollte erfolgen, wenn man eine bestimmte Behandlung verdient hat (z.B. ein Stipendium nach besonderer Leistung). Argumente, die gegen Randomisierung sprechen Wenn eine Experimentalgruppe eine bessere Therapie erhält als eine andere. Wenn es eine bessere Therapie gibt, die mehr Vorteile für die VP hat. Die Realität: man kann nicht davon ausgehen, dass VP immer die Informierte Zustimmung verstehen oder ihre Rechte kennen. Argumente, die für Randomisierung sprechen Es ist oftmals nicht klar, welche Therapie am effektivsten ist. Man braucht also eine KG um dies herauszufinden. Andere Teillösungen Benutzen von diskontinuierlichen Regressionsdesigns um die Zuweisung nach Bedürfnis oder Verdienst und nicht nach Randomisierung erfolgen zu lassen. Benutzen einer Sicherheitsvorkehrung um die bedürftigsten Patienten zu behandeln. Sprich, reservieren von einigen Plätzen in der Experimentalgruppe, falls es Patienten gibt, die sehr bedürftig sind. Achtung: dies kann die Power reduzieren, da die Bedürftigsten vielleicht auch die sind, die am ehesten von einer Therapie profitieren. Auflistung der VP nach Bedürfnis, wobei proportional mehr der sehr bedürftigen VP zur Experimentalgruppe zugewiesen werden. Zuweisung von proportional mehr VP zu der Therapie, die den höchsten Bedarf hat. Benutzen eines Dosierungs-Antwort-Designs (siehe oben). Vorteil: alle VP bekommen die Therapie. Benutzen eines adaptiven Designs, um den Anteil der VP in der erfolgreichsten Gruppe im Laufe des Experiments zu erhöhen. Informierte Zustimmung benutzen um sicher zu gehen, dass die VP damit einverstanden sind, allen Bedingungen zugewiesen zu werden. Benutzen von öffentlichen Auslosungen bei der Zuteilung der VP zu den Gruppen, damit diese als fair wahrgenommen wird 1.4 Unter welchen Umständen ein Experiment aus ethischen Gründen abgebrochen werden muss Wenn es im Experiment unerwartete negative Nebeneffekte gibt. Wenn eine Bedingung extrem viel bessere Ergebnisse erzielt als eine andere. 1.5 Und einige legale Probleme, die bei Experimenten auftreten können Selbst wenn ein Expe3rimentator verspricht, die Daten geheim zu halten, so hat dieses Versprechen vor Gericht keine Gültigkeit mehr. Forschungsexperimente unterliegen nämlich keiner Schweigepflicht. Was sollte man also tun, wenn man z.B. Patienten, die Drogen missbrauchen untersuchen? Vorschlag: Randomisierung Kann z.B. das Vorenthalten einer Therapie, was einem Patienten Schaden bereitet (da er dieses Medikament eigentlich auch bräuchte) durch einen „größeren Nutzen“ gerechtfertigt werden (zukünftiges Wissen für alle Patienten) nein Bevor man ein Experiment durchführt sollte man also folgende Punkte aufzeigen können: o Die bisherigen Gegebenheiten bedürfen einer Verbesserung. o Die vorgeschlagene Verbesserung sollte von unklarem Wert sein, so dass: o Nur ein Experiment die nötigen Daten liefern kann um die Frage zu beantworten. o Die Ergebnisse des Experiments werden dafür benutzt, dass die übliche Vorgehensweise oder das Verfahren verändert wird. o Die Rechte der Menschen werden im Experiment geschützt. 2. WIE MAN VERSUCHSPERSONEN FÜR EIN EXPERIMENT WIRBT Damit ein Experiment klappt ist es sehr wichtig die richtige Auswahl an VP zu machen. Um diese Festzustellen gibt es drei Möglichkeiten: Benutzen von vorexperimentalen Studien Studien verfolgen, um zu schauen, was mit ihnen im Laufe der Zeit passiert Pilotstudien zum „Abchecken“ der Lage (wer kriegt von der Studie mit? Wer macht mit?) Einstellen von Spezialisten, die durch gute Kommunikation Interesse für die Studie wecken können Einstellen von Spezialisten, die aggressiv potentielle VP rekrutieren Herausfinden welche Teile des Experiments die Menschen dazu bringt nicht an der Studie teilzunehmen (z.B. weil sie keine Kinderbetreuung für die Zeit haben) Sollte die Zahl der möglichen VP dann immer noch geringer als erwartet ist, dann kann der Forscher Den Zeitrahmen des Experiments vergrößern. Zusätzliche Ressourcen in die Werbung für die Teilnahme an seinem Versuch stecken Die Kriterien um als VP in Frage zu kommen abändern (so dass mehr dazu die Chance haben) Den Anteil der VP in der Experimentalgruppe verringern (solange dies die Analyse der Power zulässt) Das Experiment beenden, was manchmal besser ist Achtung: Es gibt oft oder manchmal einen Unterschied zwischen VP, die freiwillig an einer Studie teilnehmen und solchen, die nicht gefragt werden, oder unfreiwillig an einer Studie teilnehmen. Dadurch ist die Generalisierbarkeit mitunter gefährdet. (z.B. „Wirkt das Programm auch bei solchen, die sich nicht freiwillig zu … bereit erklären?“) Problem: Randomisierung – manche VP brauchen aber eine Therapie, manche VP weigern sich randomisiert zugeteilt zu werden, … Lösung: man macht drei Gruppen: 1. eine Gruppe, bei der ganz normal randomisiert wird (entweder KG oder EG) 2. eine Gruppe, bei der die Patienten die Experimentalgruppe wählen können 3. eine Gruppe, bei der die Patienten die Kontrollgruppe wählen können 3. DEN PROZESS DER RANDOMISIERUNG VERBESSERN Methoden der Randomisierung: Einfache Randomisierung Geschieht bzw. geschah durch Würfelwurf, Münzwurf, Urnenwahl… Nachteil: haben nur eine begrenzte Anzahl an Möglichkeiten (z.B. Würfel: 6) physikalische Probleme (z.B. beide Seiten der Münze sind nicht gleich) unbewusste Beeinflussung durch den Versuchsleiter möglich deswegen: Zufallslisten (auch schon veraltet) Computerprogramme (haben auch Probleme: bei SPSS muss man immer den Startwert verändern, sonst wiederholen sich die gleichen Zahlenreihen) Blockrandomisierung mit gleichen Gruppengrößen Besonders bei kleinen Gruppen wird eine einfache Randomisierung niemals gleich große Gruppen bilden. Hierfür dient die Blockrandomisierung, die immer Gruppen mit gleicher Anzahl an VP bildet. Vorteil: Gleiche Zahlen in KG und EG sind auch wichtig für die statistische Trennschärfe. Vorgehen: Bei einer Gruppe von 10 Probanden, die auf zwei Konditionen aufgeteilt werden soll, wird immer abwechselnd ein Platz in einer Gruppe randomisiert zugeteilt. Blockrandomisierung mit ungleichen Gruppengrößen