Zur Frage 2: "Der gekröpfte Nordanflug führt

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Grosser Rat
Wortprotokoll
131. Sitzung
30. Oktober 2012, 10.00 Uhr
Vorsitzende:
Kathrin Scholl-Debrunner, Lenzburg
Protokollführung:
Adrian Schmid, Ratssekretär
Präsenz:
Anwesend 136 Mitglieder
(Art. 2157-2180)
Abwesend mit Entschuldigung 4 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Benjamin Brander, Muri; Dr. Marcel Guignard, Aarau; René Kunz, Reinach; Dr. Bernhard Scholl, Möhlin
Die Protokolle der 117. bis 124. Sitzung wurden vom Büro genehmigt.
Behandelte Traktanden
Seite
2157 Mitteilungen
4972
2158 Neueingänge
4973
2159 Motion der SVP-Fraktion vom 30. Oktober 2012 betreffend Herstellung der Gemeinde- 4974
autonomie im Bereich der Bewilligung für den Ausschank von Spirituosen an Quartierfesten und dergleichen; Einreichung und schriftliche Begründung
2160 Motion Fredy Böni, SVP, Möhlin vom 30. Oktober 2012 betreffend Revision des kantona- 4974
len Nutzungsplans mit Dekret über den Schutz des Rheins und seiner Ufer (Rheinuferschutzdekret, RhD) vom 16. April 1948 (Stand 25. August 2008) ; Einreichung und
schriftliche Begründung
2161 Motion Benjamin Giezendanner (Sprecher), SVP, Rothrist, und Jean-Pierre Gallati, SVP, 4975
Wohlen, vom 30. Oktober 2012 betreffend Einführung des Verhältniswahlsystems bei
den Regierungsratswahlen; Einreichung und schriftliche Begründung
2162 Postulat Roland Agustoni, GLP, Rheinfelden, vom 30. Oktober 2012 betreffend Erhalt 4976
und Unterstützung der kantonalen Regionalbahnen und deren Verbindungen; Einreichung und schriftliche Begründung
2163 Interpellation der Fraktion der Grünen vom 30. Oktober 2012 betreffend Weiterent- 4976
wicklungsmöglichkeit des FiBL Forschungsinstitut für biologischen Landbau in Frick;
Einreichung und schriftliche Begründung
2164 Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 30. Oktober 2012 betreffend gravierende 4977
Sicherheitsmängel der Atomkraftwerke Beznau 1 und 2; Einreichung und schriftliche
Begründung
2165 Interpellation Jean-Pierre Gallati, SVP, Wohlen, vom 30. Oktober 2012 betreffend Be- 4978
rufsausübungsbewilligung eines vorbestraften Hausarztes, ehemaligen Bezirksarztes
und amtierenden Schularztes mit Praxis im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche
Begründung
2166 Interpellation Stefan Haller, BDP, Dottikon, vom 30. Oktober 2012 betreffend Verwen- 4979
dung des Aargauer Wappens der Verwaltung; Einreichung und schriftliche Begründung
2167 Interpellation Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg (Sprecher), SVP, Windisch, Richard Plüss, 4980
SVP, Lupfig, und Martin Wernli, SVP, Thalheim, vom 30. Oktober 2012 betreffend Frage
der Open-Source-Basierung der digitalen Lehrmittel und Lernhilfen; Einreichung und
schriftliche Begründung
4970
30. Oktober 2012
2168 Interpellation Dr. Bernhard Scholl, FDP, Möhlin, vom 3. Juli 2012 betreffend Auswirkun- 4980
gen der Einigung zwischen der Schweiz und Deutschland auf den Fluglärm im Kanton
Aargau; Beantwortung; Erledigung
2169 Erziehungsrat; Wahl von Esther Erne Feusi, geb. 1956, Aarau, als Mitglied des Erzie- 4982
hungsrats (anstelle von Bernhard Rauh, Baden-Dättwil)
2170 Handelsgericht; Wahl von Rolf Meyer, Biberstein, als Handelsrichter für den Rest der 4983
Legislaturperiode 2009/13
2171 Spezialverwaltungsgericht; Wahl von bisherigen haupt- und nebenamtlichen Richterin- 4983
nen und Richtern ab 1. Januar 2013
2172 Bezirksgericht Aarau; Wahl und Inpflichtnahme von Bettina Keller-Alder, Aarau, als aus- 4984
serordentliche Stellvertreterin der Gerichtspräsidentin III für die Dauer von 22 Wochen
2173 Budget 2012; Zusatzfinanzierungen und Zielanpassungen 2012, II. Teil; Neue Kleinkredi- 4985
te; Beschlussfassung
2174 Motion Andreas Villiger, CVP, Sins, vom 3. Juli 2012 betreffend Besteuerung der land- 4992
und forstwirtschaftlichen Grundstücke nach bisheriger Praxis; Ablehnung
2175 Postulat Maya Frey, SVP, Staufen, vom 3. Juli 2012 betreffend Stellungnahme des Kan- 4995
tons Aargau zur Neuregelung der Differenzierung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung; Überweisung an den Regierungsrat
2176 Interpellation Thierry Burkart, FDP, Baden (Sprecher), und Dr. Daniel Heller, FDP, Er- 4999
linsbach, vom 3. Juli 2012 betreffend finanzielle Lage und Sanierung der Aargauischen
Pensionskasse (APK); Beantwortung und Erledigung
2177 Umsetzung Schweizerisches Strafprozessrecht; Unterbringung der Staatsanwaltschaft 5003
Rheinfelden-Laufenburg und Kantonspolizei Rheinfelden auf dem Werkhofareal Rheinfelden; Grosskredit; Beschlussfassung; Fakultatives Referendum; Abschreibung Postulat
10.28 vom 19. Januar 2010
2178 Postulat Theres Lepori, CVP, Berikon, vom 5. Juni 2012 betreffend Massnahmen zur 5007
Rekrutierung von Polizistinnen und Polizisten sowie künftigen Polizeiaspirantinnen und
Polizeiaspiranten; Überweisung an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
2179 Postulat Dr. Dragan J. Najman, SD, Baden, vom 5. Juni 2012 betreffend “Rigorose Mas- 5008
snahmen gegen kriminelle Asylanten”; Ablehnung
2180 Interpellation Theres Lepori, CVP, Berikon, vom 12. Juni 2012 betreffend Einrichtung der 5011
verkehrsmedizinischen Kontrollstelle am Kantonsspital Aarau (KSA); Beantwortung und
Erledigung
4971
Art. 2157
30. Oktober 2012
2157 Mitteilungen
Vorsitzende: Ich begrüsse Sie zur 131. Sitzung der Legislaturperiode 2009/2013.
Die Staatskanzlei hat mit Zuschrift vom 22. Oktober 2012 dem Grossen Rat formell vom Ergebnis der
Gesamterneuerungswahl des Regierungsrats für die Amtsdauer 2013/2016 Kenntnis gegeben: Demnach wurden am 21. Oktober 2012 die bisherigen Regierungsmitglieder
- Roland Brogli, Zeiningen (CVP)
- Alex Hürzeler, Oeschgen (SVP)
- Dr. Urs Hofmann, Aarau (SP)
- Susanne Hochuli, Reitnau (Grüne) und neu
- Grossrat Stephan Attiger, Baden (FDP)
in die kantonale Exekutive gewählt. Die Wahlresultate sind als Beilage zur Amtsblattausgabe vom
26. Oktober 2012 veröffentlicht worden.
Ich gratuliere an dieser Stelle allen bisherigen Exekutivmitgliedern ganz herzlich zu ihrer Wahl. Es
freut mich auch, dass ich Grossrat Stephan Attiger zu seiner Wahl gratulieren kann. Lieber Herr Attiger, Sie haben mit einem wunderbaren Resultat den Einzug in den Regierungsrat auf Anhieb geschafft. In Lenzburg pflegen wir zu sagen: Sie haben vom Schützen- in den Scheibenstand gewechselt. Ich wünsche Ihnen bei Ihrer neuen Aufgabe als Regierungsrat viel Geschick und Freude zum
Wohle unseres Kantons und seiner Bevölkerung.
Wo es Gewinner gibt, gibt es leider auch Verlierer. Ich gratuliere an dieser Stelle auch dem Unterlegenen, Grossrat Thomas Burgherr, ganz herzlich zu seinem mehr als nur Achtungserfolg. Ich hoffe, dass
Sie die Arbeit als Grossrat weiterhin mit viel Freude ausüben und danke Ihnen für Ihren engagierten
und vor allem fairen Wahlkampf. Ich bitte die beiden Herren, kurz zu mir nach vorne zu kommen.
[Kräftiger Applaus aus dem Plenum]
Ich gratuliere ebenfalls allen wiedergewählten Grossrätinnen und Grossräten in diesem Saal und freue
mich auf eine konstruktive und engagierte Zusammenarbeit in der kommenden Legislaturperiode.
Leider haben einige Ratsmitglieder die Wiederwahl nicht geschafft. Die Gründe mögen vielschichtig,
wie teilweise oder gar nicht nachvollziehbar sein. Aber es ist klar, wer sich einer Wahl stellt, muss
damit rechnen, dass er sie nicht gewinnt. Wer sich für unseren Staat mit seinen demokratischen
Grundprinzipien einsetzt, muss demokratische Entscheide auch akzeptieren. Dies ist jedoch nur die
eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist Verletzung, vielleicht auch Wut, Kopfschütteln, Enttäuschung. Sie haben sich die letzten Jahre eingesetzt; dies wurde nicht honoriert. Zufall? Systembedingt? Was auch immer! Johann Friedrich Hebel sagte dazu: Der Zufall ist ein Rätsel, welches das
Schicksal dem Menschen aufgibt. Es tut mir für Sie alle persönlich leid, müssen Sie diese doch
schmerzliche Erfahrung machen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie früher – oder auch später – dies so
akzeptieren können, und dass Sie Ihre Zeit hier im Rat als eine wichtige und gewinnbringende in Erinnerung behalten.
Ich habe Sie von folgenden Todesfällen von ehemaligen Ratsmitgliedern in Kenntnis zu setzen:
Kurz nach ihrem 100. Geburtstag ist Frau Gretel Hoffmann, Aarau, am 17. Oktober 2012 verstorben.
Frau Hoffmann gehörte dem Grossen Rat von 1978 bis 1990 als Mitglied der EVP-Fraktion an.
Am 18. Oktober 2012 ist André Vonder Mühll, Brugg, verstorben. Herr Vonder Mühll gehörte dem
Grossen Rat von 1981 bis 1989 als Mitglied der FDP-Fraktion an.
Den Trauerfamilien haben wir unser Beileid bekundet, und den Verstorbenen werden wir stets ehrend
gedenken.
Mit Zuschrift vom 15. Oktober 2012 teilt der Generalsekretär der Parlamentsdienste in Bern mit, dass
die beiden Räte beschlossen haben, der Aargauer Standesinitiative 10.333 “Nationales Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum” keine Folge zu leisten. Der Ständerat entschied am 9. März 2011 und
der Nationalrat am 28. September 2012.
Nach der Nachmittagssitzung besuchen wir die Sondermülldeponie Kölliken (SMDK). Bitte beachten
Sie, dass sowohl für die Hin- als auch für die Rückfahrt ein Bus für den Transport bereitsteht.
4972
30. Oktober 2012
Art. 2158
Weiter teile ich Ihnen mit, dass auf Grund der Geschäftsplanung die Sitzungen vom 8. Januar 2013
nicht stattfinden werden. Die behandlungsreifen Geschäfte hätten höchstens für eine Morgensitzung
gereicht. Der Neujahrsapéro wird am 15. Januar 2013 durchgeführt.
Zur Traktandenliste: Grossrat Dr. Bernhard Scholl ist wegen eines Auslandaufenthalts heute nicht
anwesend. Sollte sein Geschäft, Traktandum 29, bestritten werden, müsste es von der Traktandenliste
abgesetzt werden. Das Geschäft wird vom Regierungsrat entgegengenommen. Weiter teile ich Ihnen
mit, dass das Traktandum 25, der Auftrag von Grossrätin Martina Sigg, gestrichen wird. Frau Sigg hat
den Rückzug des Auftrags angekündigt.
Die abgeänderte Traktandenliste wird stillschweigend genehmigt.
Regierungsrätliche Vernehmlassungen an Bundesbehörden
1. Vernehmlassung vom 19. September 2012 an das Bundesamt für Verkehr, Bern, zu Strassenzulassung und Verkehrsstrafrecht; Änderung des Personenbeförderungsgesetzes und weiterer Erlasse
2. Vernehmlassung vom 19. September 2012 an das Bundesamt für Justiz, Bern, zum Schweizerischen Strafgesetzbuch und Militärstrafgesetz (Umsetzung von Art. 121 Abs. 3-6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer
3. Vernehmlassung vom 19. September 2012 an das Bundesamt für Kultur, Bern, zur Revision des
Auslandschweizer-Ausbildungsgesetzes
4. Vernehmlassung vom 26. September 2012 an das Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Bern, zur
Teilrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes
5. Vernehmlassung vom 26. September 2012 an das Bundesamt für Justiz, Bern, zur Ausdehnung
der Rechtshilfe bei Fiskaldelikten
6. Vernehmlassung vom 26. September 2012 an das Bundesamt für Verkehr, Bern, zu Fanzügen;
Änderung des Personenbeförderungsgesetzes (PBG)
7. Vernehmlassung vom 26. September 2012 an das Bundesamt für Migration, Bern, zur Teilrevision
des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) betreffend die Finanzierung
von Administrativhaftplätzen, die Sanktionen gegen Transportunternehmen (”Carrier Sanctions”)
und das Passagier-Informationssystem (API-System)
8. Vernehmlassung vom 24. Oktober 2012 an das Bundesamt für Migration, Bern, zur Anpassung
der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE) zwecks Abschaffung des
Cabaret-Tänzerinnen-Statuts
9. Vernehmlassung vom 24. Oktober 2012 an das Bundesamt für Justiz, Bern, zur Änderung des
Zivilgesetzbuchs (Kindesunterhalt), der Zivilprozessordnung (Art. 296a) und des Zuständigkeitsgesetzes (Art. 7)
10. Vernehmlassung vom 24. Oktober 2012 an das Bundesamt für Zivilluftfahrt, Bern, zum Vertrag
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die
Auswirkungen des Betriebs des Flughafens Zürich auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik
Deutschland
11. Vernehmlassung vom 24. Oktober 2012 an das Bundesamt für Energie, Bern, zur Revision der
Stromversorgungsverordnung
Die Staatskanzlei stellt auf Verlangen die Vernehmlassungen samt den Unterlagen des Bundes zur
Verfügung. Die Vernehmlassungen können auch im Internet (www.ag.ch) abgerufen werden.
2158 Neueingänge
1. Dekret über die land- und hauswirtschaftliche Berufsbildung und Beratung; Aufhebung. Vorlage des
Regierungsrats vom 19. September 2012. Geht an die Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA)
2. Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen; Änderung; Gesetz über die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit (Polizeigesetz, PolG);Änderung; 1. Beratung. Vorlage des Regierungsrats vom 26. September 2012. Geht an die Kommission für öffentliche
Sicherheit (SIK)
3. Wynental- und Suhrentalbahn (WSB); Leistungsvereinbarung für die Infrastrukturfinanzierung 20132016; Grosskredit; Anpassung des Richtplans. Vorlage des Regierungsrats vom 17. Oktober 2012.
Geht an die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV)
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Art. 2159-2160
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4. Bremgarten-Dietikon-Bahn; Leistungsvereinbarung für die Infrastrukturfinanzierung 2013-2016;
Bewilligung Grosskredit. Vorlage des Regierungsrats vom 17. Oktober 2012. Geht an die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV)
2159 Motion der SVP-Fraktion vom 30. Oktober 2012 betreffend Herstellung der Gemeindeautonomie im Bereich der Bewilligung für den Ausschank von Spirituosen an Quartierfesten
und dergleichen; Einreichung und schriftliche Begründung
Von der SVP-Fraktion wird folgende Motion eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird höflich eingeladen, dem Grossen Rat die folgende Änderung des Gesetzes
über das Gastgewerbe und den Kleinhandel mit alkoholischen Getränken (970.100) zu unterbreiten.
"§ 9, Absatz 2 (ÄNDERUNG) Für die Bewilligung zuständig sind die Gemeinden.
Absatz 3 (NEU) Der Regierungsrat regelt das Verfahren."
Alternativ wird der Regierungsrat eingeladen, eine andere Massnahme (wie zum Beispiel eine Änderung von § 22 seiner eigenen Gastgewerbeverordnung, 970.111) zu treffen, welche zum selben Ergebnis, also zur Gemeindezuständigkeit für die Bewilligung, führt.
Begründung:
Gesetzestreue Bürger, welche ein Quartierfest oder dergleichen organisieren wollen, müssen heute
beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des DVI eine Bewilligung für den Ausschank und den Verkauf von
Spirituosen beantragen und dafür, nach einem uns vorliegenden Beispiel (Geschäftsnummer 92829,
15. August 2012, OK Gartenstrassenfest Oberwil-Lieli) eine Gebühr von Fr. 50.– entrichten. Eine Zentralisation der Bewilligung für den Ausschank und den Verkauf von Spirituosen an Quartierfesten in
Aarau ist unnötig. Die vom Volk gewählten Gemeinderäte sind sehr wohl in der Lage, über die Erteilung derartiger Bewilligungen zu wachen. Dass die Zentralverwaltung dadurch entlastet wird, ist ein
Nebeneffekt, entscheidend für die vorliegende Motion ist aber die Stärkung der Gemeindeautonomie.
2160 Motion Fredy Böni, SVP, Möhlin vom 30. Oktober 2012 betreffend Revision des kantonalen Nutzungsplans mit Dekret über den Schutz des Rheins und seiner Ufer (Rheinuferschutzdekret, RhD) vom 16. April 1948 (Stand 25. August 2008) ; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Fredy Böni, SVP, Möhlin, und 31 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Motion eingereicht:
Text:
Seit dem Inkrafttreten des Rheinuferschutzdekretes vom 16. April 1948 musste das Dekret mehrmals
angepasst, beziehungsweise Ausnahmebewilligungen erteilt werden. Im aktualisierten § 2 sind die
Sperrzonenanpassungen der letzten Jahre aufgeführt. Trotzdem gibt es durch die Veränderungen der
Rheinführung, durch Aufwertungsmassnahmen bei der Konzessionserneuerung des Kraftwerkes
Ryburg-Schwörstadt oder den Neubau des neuen Flusswasserkraftwerkes Rheinfelden entsprechenden Anpassungsbedarf beim Rheinuferschutzdekret.
Begründung:
Wie im Text bereits dargelegt, haben sich seit 1948 und heute vermutlich im gesamten Rheinbereich
unseres Kantons zahlreiche Veränderungen ergeben, denen bis heute mit diversen Ausnahmebewilligungen entsprechend Rechnung getragen werden musste. Die jüngsten Beispiele sind die Neukonzessionierung des Flusswasserkraftwerkes Ryburg-Schwörstadt mit sämtlichen damit verbunden Aufwertungsmassnahmen und dem Neubau des Flusswasserkraftwerkes Rheinfelden welche in den letz-
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30. Oktober 2012
Art. 2161
ten Jahren beträchtliche Änderungen erfahren haben. Gerade am Beispiel des Rheinausläufers
"Bachtalen" in Möhlin zeigt es sich sehr deutlich welche Veränderung im Verlauf der Zeit entstanden
ist. Nach dem Kraftwerkbau 1931 und dem damit verbundenen Höherstaus des Rheins wurde der
Einlauf des Möhlinbachs verändert und mündete im neuen Rheinausläufer "Bachtalen". Damals entstand eine wunderschöne Rheinbucht, bei der das Ufer mit dem Schutzdekret 1948 berechtigterweise
in eine Sperrzone einfloss. Durch den veränderten Bacheinlauf füllte sich über die Jahre die Bucht
langsam auf, so dass mit dem Bau der Kläranlage im Jahre 1975 der hintere Teil des Bachtalengrabens völlig aufgeschüttet wurde. Später folgte eine weitere Verlandung der "Bachtalen", so dass auch
der vordere Teil der Bucht nicht mehr zu retten war, weiter aufgeschüttet wurde und einer Bacheindohlung Platz machen musste. Mit dieser Aufschüttung hätte das im Plan dargestellte Gebiet aus
der Sperrzone des Rheinuferschutzdekretes entlassen werden müssen, da damit das Schutzziel wegfiel. Zudem wurde dem Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt bei der Konzessionserneuerung auferlegt, rund
14 Aufwertungsmassnahmen im Bereich des Rheinabschnittes zwischen Möhlin und Stein zu realisieren. Somit musste auch die "Bachtalen" einer erneuten kompletten Renaturierung unterzogen werden.
Spätestens mit dieser definitiven Lösung ist in diesem Bereich die Sperrzone laut dem Dekret nicht
mehr anzuwenden und sollte deshalb aufgehoben werden. Mit der Motion soll eine Gesetzesrevision
ermöglicht werden, welche die eigentlichen Schutzziele des bestehenden Dekretes nur marginal tangiert. Trotzdem sollten auf dem Rheinabschnitt des Kantons Aargau zwischen den Kantonen Zürich
und Baselland die Schutz- und Sperrzonen generell überprüft und einige dieser Zonen bei denen sich
Veränderungen ergeben haben, aus dem Schutz entlassen werden.
2161 Motion Benjamin Giezendanner (Sprecher), SVP, Rothrist, und Jean-Pierre Gallati, SVP,
Wohlen, vom 30. Oktober 2012 betreffend Einführung des Verhältniswahlsystems bei den Regierungsratswahlen; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Benjamin Giezendanner, SVP, Rothrist, Jean-Pierre Gallati, SVP, Wohlen, und 23 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Motion eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, dem Grossen Rat die erforderlichen Änderungen der Rechtsgrundlagen zu unterbreiten, um die Wahl des Regierungsrates neu im Proporzwahlsystem (Verhältniswahlverfahren) einzuführen.
Begründung:
In den vergangenen 50 Jahren bestand regelmässig eine grosse Diskrepanz der politischen Kräfteverhältnisse in der Bevölkerung und dem Grossen Rat einerseits und im Regierungsrat andererseits.
SP, FDP und CVP waren mit je zwei Regierungsräten viele Jahre in der Exekutive übervertreten, seit
vier Jahren ist es die Grüne Partei. Dies führt zu Spannungen zwischen Parlament, Regierung und
Volk, was dem politischen Prozess abträglich ist. Ein Proporzwahlverfahren für den Regierungsrat hat
u. a. die folgenden Vorteile:
Die Wählenden können aus einem reichhaltigen Angebot an Kandidaten auswählen. Jede Partei hat
die Möglichkeit, fünf Kandidaten nach verschiedensten Kriterien wie Alter, Region, Beruf oder Geschlecht aufzustellen. Die Erfahrung in den Kantonen Zug und Tessin zeigt, dass sich jeweils ca. 20–
35 Kandidaten (für sieben Sitze) auf den verschiedenen Listen zur Verfügung stellen. Zusätzlich zu
diesem Wettbewerb würde auch innerparteilich ein Wettbewerb auf Stufe Partei entstehen. Die bisherigen Regierungsräte müssten im Listenwahlsystem damit rechnen, von Kandidaten der eigenen Liste
überholt zu werden.
Kleinere Parteien können mittels Listenverbindungen Kandidaten mit echten Wahlchancen nominieren
und haben so die Möglichkeit, wie bei den Nationalratswahlen ein Mandat zu erringen. So werden
Kandidaten der kleineren Kräfte nicht benachteiligt, sondern privilegiert.
Parteiaustritte und -Übertritte amtierender Regierungsräte werden spätestens beim nächsten Wahltermin korrigiert.
Der Wahlkampf fokussiert sich vermehrt auf programmatische Punkte. Möglich sind auch "Koalitionen"
mit gemeinsamen Positionen von verbundenen Listen oder gemeinsamen Listen.
Auch bei einer Listenwahl steht die Persönlichkeit der Kandidaten im Vordergrund. Innerhalb der einzelnen Listen (durch Streichen von Kandidaten) und auch zwischen den einzelnen Listen (durch Panaschieren) können die Wähler die Persönlichkeit jedes Kandidaten ebenso gut gewichten wie bei
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Art. 2162-2163
30. Oktober 2012
einer Majorzwahl. Auch eine Proporzwahl ist eine Persönlichkeitswahl.
Das Proporzwahlsystem für den Regierungsrat sichert ausgewogene Machtverhältnisse in der Kantonsregierung und fördert den Wettbewerb der Ideen und Köpfe. In den Kantonen Zug und Tessin hat
sich die Proporzwahl über Jahrzehnte bewährt. Verschiedene Parteien und Kantone haben sich in der
Vergangenheit mit einem Wechsel zum Proporzwahlverfahren befasst.
2162 Postulat Roland Agustoni, GLP, Rheinfelden, vom 30. Oktober 2012 betreffend Erhalt und
Unterstützung der kantonalen Regionalbahnen und deren Verbindungen; Einreichung und
schriftliche Begründung
Von Roland Agustoni, GLP, Rheinfelden, und 6 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgendes
Postulat eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird gebeten, alles zu unternehmen um unsere bewährten Regionalbahnen nicht
durch Busverbindungen ersetzen zu lassen.
Begründung:
Geht es nach den Plänen des Bundesamtes für Verkehr (BAV), muss der Regionalverkehr auf der
Schiene künftig einen Kostendeckungsgrad von 50 Prozent erreichen. Wird diese Forderung umgesetzt, so hat dies massive Auswirkungen auf unsere Regionalbahnen. Neben diversen Linien im ganzen Kanton ist auch das Fricktal davon betroffen. Die Strecke S1 Basel SBB - Laufenburg / Frick /
Brugg ist eine dieser Linien. Es kann und darf jedoch nicht angehen, dass das vorab von unseren
Jungendlichen benutzte und bewährte Nachtfahrangebot der Bahn von der Schiene ganz auf die
Strasse verlagert wird. Dies wird schon aus logistischen Gründen nicht mehr zuverlässig funktionieren
und entspricht nicht den ökologischen Grundsätzen, welche wir gerade unseren Jugendlichen vermitteln wollen. Ja, selbst das Erfolgsmodel des Tarifverbundes der Nordwestschweiz steht damit auf dem
Prüfstand. Man stelle sich dieses angedachte Szenario vor. Die Verbindungen von Basel SBB nach
Laufenburg, Frick und Brugg werden neu mit Bussen durchgeführt!
Auch wenn es sich hierbei momentan "nur" um eine Überprüfung dieser Linien handelt, so bitte ich
den Regierungsrat, doch alles zu unternehmen um diese für das Fricktal bewährten und alle Regionen
in unserem Kanton wichtigen Bahnverbindungen nicht zu opfern. Eine Verlagerung auf die Strasse ist
ein ökologischer Blödsinn und wird die ohnehin schon angespannte Situation auf unseren Strassen
noch weiter verschärfen. Unsere Regionalbahnen dürfen nicht den Sparvorgaben des Bundesrates
zum Opfer fallen. Der Regierungsrat wird deshalb eingeladen, sich schon bei der vorliegenden Vernehmlassung des BAV in seiner Stellungnahme klar und deutlich von dieser angedachten "Strategie"
zu distanzieren und weiterhin unsere Regionalbahnen zu stärken.
2163 Interpellation der Fraktion der Grünen vom 30. Oktober 2012 betreffend Weiterentwicklungsmöglichkeit des FiBL Forschungsinstitut für biologischen Landbau in Frick; Einreichung und schriftliche Begründung
Von der Fraktion der Grünen wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Das FiBL ist ein internationales Forschungsinstitut, welches nun bald seit 15 Jahren in Frick ein wichtiger Arbeitgeber ist. So hat es in dieser Zeit 70 neue Arbeitsplätze geschaffen. Damit die landwirtschaftlichen Betriebe mit Biologischem Zertifikat auch durch eine geeignete Firma kontrolliert werden
können, wurde bio.inspecta AG gegründet und damit weitere 50 Arbeitsplätze als Agrotechniker und
Lebensmitteltechnologinnen. Das FiBL ist weltweit tätig, es bearbeitet innovative Themen wie Biolandbau; biologische Ernährung; Klimawandel; Bodenschutz; Umweltschutz; Biodiversität; schonende
Tiermedizin und anderes mehr. Im Moment macht es erfreuliche Schlagzeilen dank einem Eiweissreichen Futtermehl mit Hermetia.
Der Aargau hat eine offene Tür für innovative und internationale Betriebe, welche er mit der High-Tech
Strategie explizit fördern will. Der landwirtschaftliche Hof und die Nebengebäude befinden sich immer
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30. Oktober 2012
Art. 2164
noch im Eigentum des Kantons. Da das FiBL nicht selber Eigentümer ist, brauchen Weiterentwicklungsdiskussionen immer noch den Umweg über den Kanton.
Wir bitten den Regierungsrat folgende Fragen zu beantworten:
1. Wie steht der Regierungsrat zu der Campus-Idee des FiBL?
2. Welche Möglichkeiten sieht der Regierungsrat, dem FiBL die landwirtschaftlichen Gebäude zu
überlassen, damit das FiBL seine unternehmerische Dynamik nutzen kann, um die Gebäude nach
seinen Bedürfnissen umzubauen? Würde es nicht sowieso Sinn machen, die Gebäulichkeiten dem
eigentlichen Nutzer abzutreten?
3. Das FiBL wird als privates Institut "nur" über Projekte finanziert. Welche Möglichkeit sieht der Regierungsrat im Rahmen einer Anschubfinanzierung für einen möglichen Campus – der Lotteriefond
Aargau hat in den letzten Jahren auch sehr viel Geld an das PSI ausbezahlt.
2164 Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 30. Oktober 2012 betreffend gravierende
Sicherheitsmängel der Atomkraftwerke Beznau 1 und 2; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Martin Christen, SP, Turgi, und 27 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Am 18. Oktober 2012 wies das Umweltministerium von Baden-Württemberg unter Umweltminister
Franz Untersteller in einem Schreiben an den Bundesrat – gestützt auf ein 122-seitiges Fachgutachten des renommierten Öko-Instituts Freiburg, Darmstadt und Berlin – auf zahlreiche Sicherheitsmängel der Alt-Reaktoren Beznau 1 und 2 (sowie Fessenheim) hin:
 Die AKWs Beznau 1 und 2 seien "weit davon entfernt, grundlegende Sicherheitsanforderungen an
atomare Anlagen zu erfüllen".
 Beznau 1 und 2 lägen "in den meisten relevanten Bereichen hinter dem Sicherheitsstatus deutscher Anlagen zurück – zum Teil selbst derjeniger, die ... nach Fukushima aus Sicherheitsgründen
abgeschaltet" worden seien.
 Durch die geplanten Nachbesserungen würde sich an dieser Gesamtbeurteilung nichts ändern, da
die "grundlegenden Schwächen aus einem Design der 1960er und 1970er Jahre ... sich auch mit
Nachrüstungen nicht beheben" lassen würden.
 Beznau 1 und 2 würden "in den fünf untersuchten Bereichen – Erdbeben, Überflutung, Brennelement-Lagerbecken, elektrische Energieversorgung und Kühlwasserversorgung – wesentliche sicherheitstechnische Schwachstellen" aufweisen.
 Die "Befürchtung, dass ... Beznau nicht die erforderlichen Sicherheitsstandards" erfülle, habe sich
bestätigt.
Der Energiekonzern Axpo wies darauf sämtliche Vorwürfe umgehend zurück: Beznau habe "den EUStresstest hervorragend bestanden". (blick.ch, 18.10.2012)
Aufgrund der alarmierenden und beunruhigenden "Analyse der Ergebnisse des EU-Stresstest der
Kernkraftwerke Fessenheim und Beznau" bitte ich den Regierungsrat, die folgenden Fragen zu beantworten:
1. Welchen Stellenwert hat dieses auf wissenschaftlichen Kriterien basierende Gutachten für den
Aargauer Regierungsrat in Bezug auf die eigene sicherheitstechnische Beurteilung des weltweit ältesten, im Kanton Aargau stehenden Atomkraftwerks? Inwiefern hat der Regierungsrat von dieser
Kritik Kenntnis genommen?
2. Inwieweit kann der Regierungsrat Verständnis aufbringen für die Kritik und die Befürchtungen des
Umweltministeriums von Baden-Württemberg? Ist er bereit, mit der Regierung des Bundeslandes
Baden-Württemberg Sicherheitsfragen im Zusammenhang mit den aargauischen Atomanlagen zu
besprechen?
3. Ist der Regierungsrat bereit, ein umfassendes, unabhängiges Gutachten über den tatsächlichen
Sicherheitsstandard von Beznau 1 und 2 in Auftrag zu geben?
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Art. 2165
30. Oktober 2012
4. Wie beurteilt der Regierungsrat die Fachkenntnisse der für die Sicherheit atomarer Anlagen zuständigen ENSI-Mitarbeiter im Vergleich zu jenen der Verfasser dieses Gutachtens? Wie gross ist
das Vertrauen des Regierungsrates in die eidgenössischen Kontrollbehörden und die AKWBetreiber?
5. Inwieweit hat der Regierungsrat Verständnis für jenen Teil der Aargauer Bevölkerung, der massive
Zweifel an der Sicherheit der Atomanlagen Beznau 1 und 2 hegt und deshalb diese so rasch wie
möglich vom Netz nehmen möchte?
2165 Interpellation Jean-Pierre Gallati, SVP, Wohlen, vom 30. Oktober 2012 betreffend Berufsausübungsbewilligung eines vorbestraften Hausarztes, ehemaligen Bezirksarztes und amtierenden Schularztes mit Praxis im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Jean-Pierre Gallati, SVP, Wohlen, wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Wie schon der Fall eines vorbestraften Hausarztes mit Praxis im Bezirk Bremgarten zeigte (Interpellationen Nrn. 11.328 und 11.330 vom 8. November 2011), steht es mit der Aufsicht über die Ärzte im
Kanton Aargau nicht zum Besten. Das Ziel dieser weiteren Interpellation zum gleichen Thema besteht
darin, aus Anlass eines neuen, aussergewöhnlichen Einzelfalles die kantonale Aufsicht über die Ärzte
zu beleuchten und zu verbessern.
Am 28. September 2012 berichtete die Zeitung BLICK über einen im Bezirk Lenzburg tätigen Hausarzt
u.a. folgendes: Der Arzt behandelte eine Praxisassistentin während 24 Monaten gegen Bulimie. Im
Rahmen einer "ganzheitlichen“ Behandlung auf Kosten einer Krankenkasse kam es im Zeitraum April
1999 bis Januar 2000 auf Druck des Arztes regelmässig (ca. ein- bis dreimal pro Woche) zu intimen
Kontakten. Der Arzt redete der Patientin ein, sie müsse die körperliche Nähe zulassen, ansonsten die
Therapie nicht wirke. Im Jahr 2003 hat das Bezirksgericht Lenzburg den Arzt wegen mehrfacher Ausnützung der Notlage, versuchter Nötigung und mehrfacher Verletzung des Berufsgeheimnisses zu
einer bedingten Gefängnisstrafe von 12 Monaten verurteilt. Ein Freispruch erfolgte hinsichtlich des
Vorwurfs des versuchten Betrugs, obwohl der angeklagte Arzt vier Konsultationen in Rechnung stellte,
die laut Anklageschrift während eines Ferienaufenthaltes mit der Patientin in einem Luxushotel in Davos stattfanden. Der Kantonsarzt hat dem Arzt die Berufsausübungsbewilligung nach der rechtskräftigen Verurteilung nicht entzogen. Auch das öffentliche Amt des Bezirksarztes wurde dem Arzt nicht
entzogen, sondern es wurde ihm ermöglicht, seine amtliche Stellung "im Einverständnis mit dem Kantonsarzt“ niederzulegen.
Im Frühling 2012 hat der Bezirksarzt (Amtsarzt) gegenüber dem Arzt, welcher während Monaten ein
Antidepressivum einnahm, einen fürsorgerischen Freiheitsentzug (FFE) mit anschliessender Einlieferung in eine psychiatrische Klinik angeordnet. Im Haus des Arztes wurden verschiedene Waffen sichergestellt. Am 15. Mai 2012 hat der Kantonsarzt dem Arzt Medikamente zurückgegeben, welche die
Polizei am 16. März 2012 beim Arzt sicherstellte, ohne dass entsprechende Rezepte vorgelegen hätten (Stichwort: Selbstdispensationsverbot).
Seit vier Monaten sieht sich der Arzt mit neuen Strafverfahren konfrontiert (u. a. Vorwurf der Manipulation von Rechnungen). – Seit der Verurteilung im Jahr 2003 behandelt er ohne Unterbruch seine Patienten in seiner Praxis.
Ich stelle dem Regierungsrat die folgenden Fragen:
1. Wann erfährt der Kantonsarzt im Regelfall, ob und dass gegen einen Arzt ein Strafverfahren geführt wird?
2. Zu welchem Zeitpunkt hat der Kantonsarzt im vorliegenden Fall vom Strafurteil des Bezirksgerichts Lenzburg vom 20. Februar 2003 erfahren?
3. Welche Massnahmen hat der Kantonsarzt gestützt auf das Strafurteil getroffen?
4. Trifft es zu, dass die Medien zur Gerichtsverhandlung des Bezirksgerichts Lenzburg vom
20. Februar 2003 (Hauptverhandlung im Strafverfahren) nicht eingeladen wurden, obwohl solche
Verhandlungen von Gesetzes wegen öffentlich sind?
5. Wenn ja: Aus welchen Gründen hat das Bezirksgericht Lenzburg die Medien nicht eingeladen?
6. Ist der Arzt im Zusammenhang mit der "ganzheitlichen“ Behandlung der Praxisangestellten (Bulimie) seinen ärztlichen Pflichten nachgekommen oder erfolgte diese Behandlung nicht de lege
artis?
4978
30. Oktober 2012
Art. 2166
7. Stellt die praktizierte "ganzheitliche" Behandlung seiner Praxisangestellten nicht einen Missbrauch
der beruflichen Stellung des Arztes dar?
8. Waren die Handlungen des Arztes mit seiner Vertrauensstellung vereinbar?
9. Welche Strafverfahren wegen welcher Deliktsvorwürfe sind gegen den betreffenden Arzt zurzeit
hängig?
10. Wann erfährt der Kantonsarzt im Regelfall von einem FFE, der gegen einen Hausarzt verfügt wurde?
11. Wann hat der Kantonsarzt im vorliegenden Fall vom FFE erfahren?
12. Welche Massnahmen hat der Kantonsarzt angeordnet, nachdem er vom FFE Kenntnis erhalten
hat?
13. Trifft es zu, dass im Zuge des FFE bei diesem Arzt Medikamente beschlagnahmt wurden, obwohl
der Arzt nicht zur Selbstdispensation berechtigt war?
14. Trifft es zu, dass der Kantonsarzt die beschlagnahmten Medikamente dem Hausarzt wieder ausgehändigt hat?
15. Ist dieser Arzt noch vertrauenswürdig im Sinne des GesG und des MedBG?
16. Wie beurteilt der Regierungsrat die Leistungen der kantonalen Aufsicht über die Ärzte?
2166 Interpellation Stefan Haller, BDP, Dottikon, vom 30. Oktober 2012 betreffend Verwendung
des Aargauer Wappens der Verwaltung; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Stefan Haller, BDP, Dottikon, und 1 mitunterzeichnenden Ratsmitglied wird folgende Interpellation
eingereicht:
Text und Begründung:
Bei den Wahlen ins Bezirksgericht Bezirk Baden wurde mehrfach ein Inserat mit einer Wahlempfehlung für mehrere Kandidaten geschaltet.
Der Kopf des Inserates sah wie folgt aus:
KANTON AARGAU
Bezirk Baden
Hierzu Frage 1:
Teilt der Regierungsrat die Meinung des Interpellanten, dass dieses Inserat, wenn man nur diesen
Kopf betrachtet, den Anschein erweckt, es sei von offizieller Stelle geschaltet worden?
Frage 2:
Handelt es sich hierbei um das Aargauer Wappen, wie es auch auf dem amtlichen Briefpapier verwendet wird?
In der Interpellation 10.329, wurde folgende Frage gestellt: "Ist dem Regierungsrat bekannt, dass Angestellte des Kantons Logo und Wappen des Kantons für private Zwecke missbrauchen?". Der Regierungsrat hat damals dahingehend geantwortet, dass die Verwendung des amtlichen Briefpapiers für
private Zwecke nicht akzeptabel sei.
Frage 3:
Kann aus der damaligen Antwort auf die Interpellation abgeleitet werden, dass auch die Verwendung
des amtlichen Briefpapieres – auch in abgeänderter Form – durch Dritte nicht verwendet werden darf?
Frage 4:
Kann aus der Antwort zur damaligen Interpellation auch abgeleitet werden, dass auf die Verwendung
des oben dargestellten, von der Verwaltung verwendeten Aargauer Wappens durch Dritte für Private
Zwecke nicht zulässig ist?
4979
Art. 2167-2168
30. Oktober 2012
Frage 5:
Falls die Verwendung des dargestellten Wappens durch Dritte zulässig ist: Gedenkt der Regierungsrat
die Verwendung des Aargauer Wappens der Verwaltung zu regeln? Zum Beispiel derart, dass eine
grenzmässig irreführende Werbung mit diesem Wappen nicht mehr möglich ist.
2167 Interpellation Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg (Sprecher), SVP, Windisch, Richard Plüss, SVP,
Lupfig, und Martin Wernli, SVP, Thalheim, vom 30. Oktober 2012 betreffend Frage der OpenSource-Basierung der digitalen Lehrmittel und Lernhilfen; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch, Richard Plüss, SVP, Lupfig, Martin Wernli, SVP,
Thalheim, und 33 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Der Regierungsrat wird höflich eingeladen, zu erklären, ob er und allenfalls welchen Handlungsbedarf
er sieht, um sicherzustellen, dass digitale Lehrmittel und Lernhilfen frei weitergegeben werden können
und auf einem verfügbaren Quellcode beruhen. Zur Open-Source-Basierung gehören ausserdem eine
Reihe weiterer Prinzipien wie der Verzicht auf die Diskriminierung von Personen oder Gruppen, der
Verzicht auf Nutzungseinschränkungen, die automatische Lizenzerteilung mit der Weitergabe der
Software, die Produkt-, Technologie- und Softwareneutralität.
Kommerzielle Systeme im Schulunterricht sind vielleicht nicht immer völlig unproblematisch. So müssen Lehrmittel gelegentlich, um mit solchen Systemen nutzbar zu sein, komplizierte und damit direkt
oder indirekt teure, Lizenzbedingungen der Hersteller erfüllen. Dies kann in extremen Fällen dazu
führen, dass der Kanton Rechte an seinen eigenen Lehrmitteln abgeben muss oder sogar verliert.
Open-Source-Lösungen könnten möglicherweise besser sicherstellen, dass die Schüler zu Hause die
Lernhilfen nutzen können, ohne neue Hardware anschaffen zu müssen und damit allen, auch einkommensschwachen Familien den Zugang zu digitalen Lehrmitteln eher erleichtern.
Wie immer aber es sich damit verhalten mag, das Problem existiert und es ist an der Zeit, dass der
Grosse Rat die aktuelle Haltung des Regierungsrats in dieser Frage kennen lernt.
2168 Interpellation Dr. Bernhard Scholl, FDP, Möhlin, vom 3. Juli 2012 betreffend Auswirkungen
der Einigung zwischen der Schweiz und Deutschland auf den Fluglärm im Kanton Aargau; Beantwortung; Erledigung
(vgl. Art. 2014)
Mit Datum vom 5. September 2012 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Grundsätzliches
Am 2. Juli 2012 gab Bundesrätin Doris Leuthard bekannt, dass sich die Verhandlungsdelegationen auf
einen Staatsvertragsentwurf geeinigt haben. Der Staatsvertrag wurde am 4. September 2012 von
Bundesrätin Doris Leuthard und Verkehrsminister Peter Ramsauer paraphiert. Der Vertrag sieht im
Wesentlichen vor, dass die heutigen Sperrzeiten gemäss Deutscher Verordnung (an Werktagen
21.00–07.00 Uhr; an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen 20.00–09.00 Uhr) durch eine neue einvernehmliche Regelung ersetzt werden:
 Landungen von Norden über deutsches Hoheitsgebiet sind zukünftig zwischen 06.30 Uhr und
18.00 Uhr (werktags) beziehungsweise zwischen 09.00 Uhr und 18.00 Uhr (Wochenenden und
Feiertage) erlaubt.
 Die Regelung soll in Kraft treten, sobald die erforderlichen Pistenverlängerungen am Flughafen zur
Verfügung stehen, spätestens jedoch 2020. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten die heutigen Sperrzeiten – am Abend um eine Stunde verlängert – weiter.
 Starts direkt Richtung Norden sind weiterhin ausgeschlossen.
Damit der Vertrag in Kraft treten kann, müssen ihn die Parlamente der beiden Staaten ratifizieren. Der
Vertragsentwurf äussert sich nicht zur Verteilung der Starts und Landungen innerhalb der Schweiz.
Hingegen wird explizit festgehalten, dass ein Nordanflug auf Schweizer Territorium (gekröpfter Nordanflug) möglich ist. Ob und in welcher Form der gekröpfte Nordanflug (GNA) eingeführt wird, muss in
einem nachgelagerten, Schweiz-internen Verfahren festgelegt werden. Die Umsetzung des Staatsver4980
30. Oktober 2012
Art. 2168
trags innerhalb der Schweiz erfolgt im Rahmen des Sachplans Infrastruktur der Luftfahrt (SIL), Objektblatt Zürich. Das SIL-Verfahren steht vor der Genehmigung durch den Bundesrat. Das Objektblatt
muss infolge des Staatsvertrags angepasst werden. Die nächsten Schritte sind noch nicht festgelegt.
Der Regierungsrat wird aber Gelegenheit haben, im Rahmen des SIL-Verfahrens nochmals Stellung
zu nehmen.
Zur Frage 1: "Laut Stellungnahme des Kantons Aargau "ist der gekröpfte Nordanflug jedoch – auch
mit satellitengestützter Navigation – einem geraden Anflug hinsichtlich Sicherheit, Kapazität und Zuverlässigkeit immer unterlegen. Der Regierungsrat stehe dem gekröpften Nordanflug ablehnend gegenüber, da er im Zusammenhang mit der neuen Startroute über das Surbtal beurteilt werden müsse."
Was sind die Auswirkungen bezüglich Fluglärms mittel und langfristig für den Kanton?"
Ein Projekt für einen dem Staatsvertrag entsprechenden, satellitengestützten GNA besteht noch nicht.
Die Einzelheiten (Routenführung, Anflugrichtung, Betriebszeiten, Kapazitäts- und Sicherheitsfragen
usw.) sind dem Regierungsrat deshalb noch nicht bekannt. Es ist davon auszugehen, dass der GNA
nicht zu einer Überschreitung der Lärm-Grenzwerte führen wird, sofern er nicht in den Nachtstunden
(22.00–06.00 Uhr) eingesetzt wird. Hingegen würde die Einführung des GNA in den Morgensperrstunden des Staatsvertrags zu einer Kombination der letzten Starts am Abend mit den ersten – gekröpften – Anflügen am Morgen über dem Surbtal führen – sofern er von Westen angeflogen wird –
was für den Regierungsrat nicht akzeptabel ist.
Zur Frage 2: "Der gekröpfte Nordanflug führt direkt über das Kernkraftwerk Leibstadt. Wie beurteilt der
Regierungsrat die Sicherheit in Bezug auf das Kernkraftwerk bei Einführung des gekröpften Nordanflugs?"
Wie erwähnt ist die Routenführung für einen satellitengestützten GNA noch nicht bekannt. Der Regierungsrat erwartet, dass die Bundesstellen hinsichtlich der Sicherheitsfragen beim Überflug über Kernanlagen eine Stellungnahme des Eidgenössischen Nuklearsicherheits-inspektorats (ENSI) einholen.
Eine Beurteilung der Sicherheitsfragen wird nach Vorliegen einer entsprechenden ENSIStellungnahme möglich sein.
Zur Frage 3: "Der Ausbau der Ost-Westpiste und der gekröpfte Nordanflug werden dazu führen, dass
das bisher vom Fluglärm verschonte Regionen des Kantons, aber insbesondere das Surbtal, neu
abends die letzten Starts und morgens die ersten Landungen tragen muss. Auch andere Regionen
wie das Fricktal sind neu davon betroffen. Wie beurteilt der Regierungsrat die Auswirkungen mittel
und langfristig für die betroffenen Regionen im Aargau bezüglich der zukünftigen Wohnqualität und
Entwicklung?"
Da die Routenführung für einen dem satellitengestützten GNA noch nicht bekannt ist, steht noch nicht
fest, welche Regionen tatsächlich betroffen wären. Der Staatsvertrag wird dazu führen, dass verschiedene Start- und Landerouten neu definiert werden müssen. Der Regierungsrat beurteilt eine
allfällige Einführung des GNA am Morgen in Kombination mit den letzten Starts am Abend auf der
Surbtalroute als nicht akzeptabel. Er hat in der Stellungnahme vom 28. Oktober 2009 zum SILSchlussbericht die Variante EDVO-G deshalb entschieden abgelehnt.
Zur Frage 4: "Eine solch einseitige Veränderung der Lärmbetroffenheit ist einmalig und kann nicht
akzeptiert werden. Die innerschweizerische Verteilung der Flugbewegungen ist nicht Gegenstand des
Staatsvertrags. Die Anzahl Starts und Landungen muss in den kommenden innerschweizerischen
Verhandlungen angegangen werden. Bereits heute finden über 70'000 Starts und über 90'000 Landungen über aargauischem Gebiet statt. Der Kanton Aargau ist bisher davon ausgegangen, dass die
Flugbetriebskonzepte, auf denen die Varianten des SIL-Schlussberichtes basieren, weiterhin ihre Gültigkeit haben. Die Ablehnung des gekröpften Nordanflugs bedeutet ja nicht, dass der Aargau jegliche
Übernahme von Fluglärm ablehnt. Alle geraden Nordanflüge (105'000) im Jahr erfolgen via Kaiserstuhl über den Aargau. Der Kanton Aargau trägt also einen sehr grossen Anteil mit. Was unternimmt
der Regierungsrat, um dem Kanton Aargau eine einseitige Belastung zu ersparen?"
4981
Art. 2169
30. Oktober 2012
Der Regierungsrat hat seine Bedingungen im Rahmen der Begleitgruppe zum Staatsvertrag klar
kommuniziert und wird in den folgenden Verfahren zur Schweiz-internen Umsetzung des Staatsvertrags entsprechend seiner bisherigen Flughafenstrategie deutlich Stellung nehmen. Dabei kommt dem
vom Interpellanten erwähnten Argument, wonach der Aargau heute schon einen grossen Anteil der
Belastungen trägt, ein hohes Gewicht zu. Im Weiteren hat der Regierungsrat bereits in seiner Stellungnahme vom 28. Oktober 2009 darauf hingewiesen, dass die Einführung des GNA seiner Strategie
widerspricht, wenn dieser einzig dazu dient, die Region südlich des Flughafens zu entlasten.
Zur Frage 5: "Die Aargauer Regierung hat Hand geboten, beim Nordstart eine neue Startroute über
Surbtal, Würenlingen und Bözberg zu führen, sodass die Flugzeuge nicht gleich nach Süden abdrehen müssen und über den Mutschellen fliegen. Diese Route ist im Sachplan bereits fest eingeplant.
Die Regierung hat dafür aber nur Hand geboten mit der Auflage, dass dafür der gekröpfte Nordanflug
nicht kommt. Wie beurteilt der Regierungsrat die geplante Einführung des gekröpften Nordanflugs
durch den Vertrag? Begeht der Bund hier Wortbruch?"
Der Staatsvertragsentwurf hält lediglich fest, dass ein GNA möglich ist. Die rechtsverbindliche Einführung ist in keiner Weise erfolgt; sie setzt die Schweiz-internen Verfahrensschritte SIL und Betriebsreglement voraus. Sollte das BAZL im Rahmen des SIL an der Option GNA mit Westanflug festhalten,
dann müsste ein Verzicht auf die Surbtal-Startroute und eine abgeänderte Verteilung der Nordstarts
zwischen Rightturns und Leftturns in die Diskussion einbezogen werden. Eine zusätzliche Belastung
der Mutschellenroute nachts schliesst der Regierungsrat aus.
Zur Frage 6: "Welche Wege gedenkt der Regierungsrat zu beschreiten, wenn es trotz Aargauer Widerstand zum Szenario "gekröpfte Nordanflüge" kommt (Lärm-Abgeltungen? Aktienbeteiligung zur
Mitbestimmung an Unique? Politische Schritte – wie Standesinitiativen – zur Übertragung der Flughafenkompetenzen an den Bund? etc.)"
Der Regierungsrat ist überzeugt, dass sehr gewichtige Argumente gegen den GNA mit Westanflug
sprechen. Er wird das Vorgehen zeitrichtig dann festlegen, wenn weitere Unterlagen vorliegen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 986.–.
Mit Datum vom 17. Oktober 2012 hat sich der Interpellant, Dr. Bernhard Scholl, FDP, Möhlin, gemäss
§ 84 Abs. 2 GO schriftlich von der Antwort des Regierungsrats befriedigt erklärt. Das Geschäft ist somit erledigt.
2169 Erziehungsrat; Wahl von Esther Erne Feusi, geb. 1956, Aarau, als Mitglied des Erziehungsrats (anstelle von Bernhard Rauh, Baden-Dättwil)
Der Rat behandelt den Antrag des Büros vom 18. September 2012. Demnach ist für den Rest der
Legislaturperiode 2009/13 als Mitglied des Erziehungsrats eine Ersatzwahl für Bernhard Rauh, BadenDättwil, vorzunehmen. Das Büro beantragt dem Grossen Rat, in stiller Wahl gemäss § 62a der Geschäftsordnung Esther Erne Feusi, geb. 1956, Aarau, zu wählen.
Keine Wortmeldungen.
Abstimmung
Der Antrag wird mit 133 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Beschluss
Als Mitglied des Erziehungsrats wird für den Rest der Legislaturperiode 2009/13 in stiller Wahl gemäss § 62a der Geschäftsordnung gewählt:
 Esther Erne Feusi, geb. 1956, von Böttstein AG und Freienbach SZ, wohnhaft in Aarau.
4982
30. Oktober 2012
Art. 2170-2171
2170 Handelsgericht; Wahl von Rolf Meyer, Biberstein, als Handelsrichter für den Rest der Legislaturperiode 2009/13
Der Rat behandelt den Antrag des Büros vom 18. Oktober 2012. Demnach ist für den Rest der Legislaturperiode 2009/13 als Handelsrichter Dr. Armin Zimmermann, Zufikon, zu ersetzen. Gestützt auf
den Wahlantrag der aargauischen Handelskammer und des aargauischen Gewerbeverbandes und
den Bericht der vorprüfenden Kommission für Justiz beantragt das Büro dem Grossen Rat, in stiller
Wahl gemäss § 62a der Geschäftsordnung, Rolf Meyer, Biberstein, zu wählen.
Keine Wortmeldungen.
Abstimmung
Der Antrag wird mit 132 gegen 1 Stimmen gutgeheissen.
Beschluss
Als Handelsrichter wird für den Rest der Legislaturperiode 2009/13 in stiller Wahl gemäss § 62a der
Geschäftsordnung gewählt:
 Rolf Meyer, geb. 1961, wohnhaft in Biberstein.
2171 Spezialverwaltungsgericht; Wahl von bisherigen haupt- und nebenamtlichen Richterinnen
und Richtern ab 1. Januar 2013
Der Rat behandelt den Antrag des Büros vom 18. Oktober 2012. Demnach sind mit Wirkung ab 1.
Januar 2013 die haupt- und nebenamtlichen Richterinnen und Richter der nachstehenden Spezialverwaltungsgerichte neu zu wählen. Das bisherige Steuerrekursgericht sowie die Schätzungskommission nach Baugesetz werden in das neue Spezialverwaltungsgericht, Abteilung Kausalabgaben und
Enteignungen sowie Abteilung Steuern überführt.
Gestützt auf die Anträge des Obergerichts und den Bericht der vorprüfenden Kommission für Justiz
beantragt das Büro dem Grossen Rat, mit Wirkung ab
1. Januar 2013 in stiller Wahl gemäss § 62a der Geschäftsordnung die folgenden Richterinnen und
Richter zu wählen:
1. Wahl als hauptamtliche Richter:
 Eduard Hauller, Ennetbaden, als Präsident der Abteilung Kausalabgaben und Enteignungen
 Dieter Heuscher, Unterkulm, als Präsident der Abteilung Steuern
 Thomas Fischer, Staufen, als Präsident der Abteilung Steuern
2. Wahl als nebenamtliche Richter:
Fachrichter Abteilung Kausalabgaben und Enteignungen









Paul Andreatta, Klingnau
Alfred Baumgartner, Schinznach-Bad
Herbert Flury, Seengen
Peter Hohn, Baden
Anita Karbacher, Aarau
Jürg Kaufmann, Beinwil
Philipp Kühne, Uezwil
Kurt Josef Müller, Baden
Werner Schib, Aarau.
4983
Art. 2172
30. Oktober 2012
Fachrichter Abteilung Steuern







Marcello Biondo, Zofingen
Hans Ulrich Herzog, Wittnau
Heinz Hess, Oftringen
Dieter Lämmli, Aarau
Jörg Schatzmann, Seengen
Andreas Schorno, Würenlos
Barbara Sramek, Ehrendingen
Keine Wortmeldungen.
Abstimmung
Antrag 1 wird mit 128 gegen 1 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 2 wird mit 129 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Beschluss
1. Mit Wirkung ab 1. Januar 2013 werden als hauptamtliche Richter am Spezialverwaltungsgericht in
stiller Wahl gemäss § 62a der Geschäftsordnung gewählt:
 Eduard Hauller, Ennetbaden, als Präsident der Abteilung Kausalabgaben und Enteignungen,
 Dieter Heuscher, Unterkulm, als Präsident der Abteilung Steuern,
 Thomas Fischer, Staufen, als Präsident der Abteilung Steuern.
2. Mit Wirkung ab 1. Januar 2013 werden als nebenamtliche Richterinnen und Richter am Spezialverwaltungsgericht in stiller Wahl gemäss § 62a der Geschäftsordnung gewählt:
Fachrichter Abteilung Kausalabgaben und Enteignungen









Paul Andreatta, Klingnau
Alfred Baumgartner, Schinznach-Bad
Herbert Flury, Seengen
Peter Hohn, Baden
Anita Karbacher, Aarau
Jürg Kaufmann, Beinwil
Philipp Kühne, Uezwil
Kurt Josef Müller, Baden
Werner Schib, Aarau.
Fachrichter Abteilung Steuern







Marcello Biondo, Zofingen
Hans Ulrich Herzog, Wittnau
Heinz Hess, Oftringen
Dieter Lämmli, Aarau
Jörg Schatzmann, Seengen
Andreas Schorno, Würenlos
Barbara Sramek, Ehrendingen
2172 Bezirksgericht Aarau; Wahl und Inpflichtnahme von Bettina Keller-Alder, Aarau, als ausserordentliche Stellvertreterin der Gerichtspräsidentin III für die Dauer von 22 Wochen
Der Rat behandelt den Antrag des Büros vom 18. Oktober 2012. Demnach ist für die Zeit der Abwesenheit von Patricia Berger-Waller, Gerichtspräsidentin III am Bezirksgericht Aarau, ab Oktober 2012
bis ca. Ende März 2013 mit einer Stellvertretung die Aufrechterhaltung des ordentlichen Betriebs des
4984
30. Oktober 2012
Art. 2173
Bezirksgerichts Aarau sicherzustellen. Gestützt auf den Antrag der Inspektionskommission des Obergerichts und den Bericht der vorprüfenden Kommission für Justiz beantragt das Büro dem Grossen
Rat, als ausserordentliche Stellvertreterin der Gerichtspräsidentin III am Bezirksgericht Aarau für die
Dauer von 22 Wochen Bettina Keller-Alder, geb. 1979, Aarau, zu wählen. Es wird die Durchführung
einer stillen Wahl gemäss § 62a der Geschäftsordnung beantragt.
Keine Wortmeldungen.
Abstimmung
Der Antrag wird mit 128 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Beschluss
Bettina Keller-Alder, geb. 1979, wohnhaft in Aarau, wird als ausserordentliche Stellvertreterin der Gerichtspräsidentin III am Bezirksgericht Aarau für die Dauer von 22 Wochen gewählt.
Vom Grossen Rat wird an der heutigen Sitzung in Pflicht genommen:
 Bettina Keller-Alder, Aarau
2173 Budget 2012; Zusatzfinanzierungen und Zielanpassungen 2012, II. Teil; Neue Kleinkredite;
Beschlussfassung
Erster Teil der Vorlage des Regierungsrats vom 22. August 2012 samt der Synopse mit den abweichenden Anträgen der Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen (KAPF) vom 10. September
2012, denen der Regierungsrat teilweise zustimmt. Die Vorlage wird auf Antrag der KAPF und mit
Zustimmung des Büros in zwei Teilen beraten.
Dubach Manfred, SP, Zofingen, Vizepräsident der Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen
(KAPF): Die Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen hat die erste Tranche des II. Teils der
Zusatzfinanzierungen für das Budgetjahr 2012 und die neuen Kleinkredite anlässlich ihrer Sitzung
vom 10. September 2012 behandelt.
Da die Vorsteher der Departemente Gesundheit und Soziales sowie Bau, Verkehr und Umwelt bei
dieser Sitzung nicht präsent sein konnten, hat die KAPF beschlossen, die Geschäfte aus diesen Departementen zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam mit dem Aufgaben- und Finanzplan 2013 –
2016 zu behandeln. Deshalb wird das Geschäft 12.210 auch im Grossen Rat in zwei Sitzungen beraten, wie dies das Büro beschlossen hat.
Die bereits behandelten Geschäfte wurden von den jeweiligen Departementsvorstehern und deren
Chefbeamten vorgestellt. Die gestellten Fragen konnten von den zuständigen Instanzen zufriedenstellend beantwortet werden.
Die Kommission stimmte den sechs neuen Kleinkrediten mit einmaligem Nettoaufwand, die besprochen wurden, einem Kleinkredit mit einem wiederkehrenden Nettoaufwand und zwei Zusatzkleinkrediten zu, wobei bei drei Krediten eine Budgetkürzung beantragt wurde. Die Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen beantragt dem Grossen Rat demnach Ausgaben in der Gesamthöhe von einmalig 13,6 Millionen Franken und wiederkehrend 0,3 Millionen Franken.
Die Kommission beantragt, den Kredit 1.1.4 für die Sanierung des Bildungszentrums Zofingen um
400’000 Franken auf 3,2 Millionen Franken zu kürzen, da die Realisierung der Photovoltaikanlage der
Gemeinde Zofingen beziehungsweise den Städtischen Werken Zofingen überlassen werden soll.
Weiter beantragt die KAPF dem Grossen Rat, den Zusatzkleinkredit 1.3.1 für die Weiterführung des
Projekts ‘Vote électronique für Auslandschweizer’ um 120’000 Franken auf 718’000 Franken zu kürzen. Damit wäre anstelle einer 100 Prozent-Stelle nur eine 80 Prozent-Stelle möglich.
Der letzte Kürzungsantrag betrifft den Zusatzkleinkredit 1.3.2, mit dem die Zusammenarbeit mit der
Universität Basel im Bereich Archäologie finanziert werden soll. Hier beantragt die Kommission eine
zeitliche Verkürzung des Projekts. Die Kosten würden damit um 775’000 Franken auf noch 275’000
Franken gesenkt.
Alle diese Kleinkredite beeinflussen die Rechnung 2012 nicht und werden in den AFP 2013 – 2016
4985
Art. 2173
30. Oktober 2012
aufgenommen.
Den vier beantragten Zusatzglobalbudgets im Umfang von 23,9 Millionen Franken stimmte die KAPF
einstimmig zu. Auch die Erhöhung der Jahrestranche des Globalkredits für das Informatikprojekt
PULS stiess auf keinen Widerstand.
Nicht einverstanden war die KAPF mit der durch den Regierungsrat beantragten Senkung des Indikators 3 "Aufklärungsquote Einbruchdiebstahl" im Ziel 210ZI0023. Sie beantragt dem Grossen Rat, diesen Indikator auf der alten Höhe zu belassen.
Eintreten
Biffiger Gregor, SVP, Berikon: Bezüglich Zusatzfinanzierungen folgt die SVP mit einer Ausnahme den
Anträgen der KAPF. Beim unter Antrag 4 subsumierten Zusatzkleinkredit betreffend Zusammenarbeit
mit der Universität Basel in Sachen Vindonissa-Assistenzprofessur folgt die SVP-Fraktion dem Antrag
der Kommission BKS, welcher seinerseits auf einer plausiblen nachgereichten Aktennotiz des Departements BKS basiert. Die laufende Vereinbarung soll damit bis 31.12.2015 verlängert werden, bevor
der Entscheid über die definitive Etablierung der Vindonissa-Professur erfolgt.
Den Antrag der Kommission BKS in Sachen Photovoltaikanlage Bildungszentrum Zofingen lehnt die
SVP-Fraktion ausdrücklich ab. Denn es macht technisch und finanziell keinen Sinn, die Photovoltaikanlage zu erstellen und erst dann einem geeigneten Contracting-Partner zu übergeben.
Wir bitten Sie, auf das Geschäft einzutreten. Wir werden uns bei der Detailberatung nicht mehr zu
Wort melden, sondern die Anträge im Sinne des soeben Gesagten befürworten beziehungsweise
ablehnen.
Schöni Heinrich, SP, Oftringen: Ich mache es kurz: Die SP-Fraktion wird alle Anträge der KAPF – mit
einer Ausnahme – unterstützen. Bei 1.3, Antrag 4, 1.3.2, Aufgabenbereich 340 Kultur wird die SP den
Antrag des Regierungsrats respektive der Kommission BKS unterstützen.
Nebel Franz, FDP, Bad Zurzach: Ich kann mich den Vorworten anschliessen. Die FDP hat genau
gleich entschieden. Wir treten auf das Geschäft ein und werden die Anträge der KAPF unterstützen –
eben auch mit der einen Ausnahme, wie das vorhin schon gesagt wurde: Beim Geschäft 4, 1.3.2 folgen wir ebenfalls dem Regierungsrat mit dem Betrag von 525’000 Franken.
Ich bitte Sie, dasselbe zu tun. Zu einzelnen Punkten werde ich mich lediglich bei Bedarf noch melden.
Richner Sämi, EVP, Auenstein: Auch ich spreche nur zu den Zusatzfinanzierungen, die zu Diskussionen Anlass gegeben haben. Die Umbauten am Bildungszentrum in Zofingen sind unbestritten. Eigentlich ist es auch unbestritten, dass man eine Photovoltaikanlage auf dem Schulgebäude bauen will. Im
Grunde ist nur umstritten, wie dies geschehen soll, wer diese realisiert und finanziert. Dies ist durch
die IMAG etwas unglücklich aufgegleist worden. Es wäre jetzt sinnvoll, wenn ein Antrag vorliegen
würde, indem beispielsweise die Städtischen Werke Zofingen diese Kosten übernehmen würden.
Aber im Moment liegt noch kein solcher Antrag vor. Ich hoffe, dass ein solcher noch gestellt wird.
Zum Projekt Vote électronique: Wir denken, dies ist für die Auslandschweizerinnen und -schweizer ein
gutes Programm. Wenn sich hingegen in der Folge der ganze Aargau auf Vote électronique umstellen
muss, scheint uns diese Variante etwas unsicher. Und wenn wir dieses Programm absolut sicher machen, wird es zu teuer. Wir können dieser beantragten Kürzung also gut und gern zustimmen. Wir
stellen somit sicher, dass die Auslandschweizer in einfacher Weise elektronisch abstimmen können.
Zur Vindonissa-Assistenzprofessur mit der Zusammenarbeit der Uni Basel: Wir finden, es soll so weitergeführt werden, wie dies die BKS-Kommission vorgeschlagen hat.
Scheier Ruth Jo., GLP, Wettingen: Ich will Sie nicht langweilen und fasse mich kurz: Die GLP wird
genau gleich abstimmen, wie es sämtliche Vorredner schon erwähnt haben.
Burgherr Patrick, CVP, Rheinfelden: Die CVP tritt auf das Geschäft ein. Sie wird auch den Stellungnahmen des Regierungsrats folgen und mit der bereits von meinen Vorrednern und Vorrednerinnen
festgestellten Ausnahme bei 1.3.2, Universität Vindonissa-Assistenzprofessur, dem Antrag der Kommission BKS folgen.
Schweri Kim Lara, Grüne, Untersiggenthal: Die zu behandelnden Zusatzfinanzierungen sind nicht nur
gut begründet, sondern teilweise auch zwingend notwendig. Obwohl wir nicht in allen Punkten zustimmen, tritt die grüne Fraktion auf dieses Geschäft ein.
Zur Photovoltaikanlage werden wir aber in der Detailberatung noch Stellung nehmen.
4986
30. Oktober 2012
Art. 2173
Brogli Roland, Regierungsrat, CVP: Mit der vorliegenden Zusatzfinanzierungsbotschaft, II. Teil und
dem I. Teil der Zusatzfinanzierungen 2012 vom letzten Frühling wird das Budget 2012 um insgesamt
rund 35 Millionen Franken verschlechtert. Auf Seite 45 der Botschaft sehen Sie, dass sich damit die
Zusatzfinanzierungen in diesem Jahr auf ähnlichem Niveau wie in den Vorjahren bewegen.
Wie immer an dieser Stelle möchte ich Ihnen noch einen kurzen Ausblick auf den Jahresabschluss
2012 machen: Bei den Steuereinnahmen besteht noch eine gewisse Unsicherheit wegen der Verrechnungssteuer, dem Anteil an den Verrechnungssteuereinnahmen. Wir rechnen aber damit, dass
wir bei den Steuereinnahmen auf Kurs sind. In den Vorjahren konnten wir um diese Zeit jeweils feststellen, dass wir gegenüber dem Budget auf Überkurs waren. Und das wird diesmal nicht mehr so
sein. Jetzt ist also mehr oder weniger eine Punktlandung zu erwarten.
Bei den Ergänzungsleistungen werden wir voraussichtlich eine Budgetüberschreitung von knapp 20
Millionen Franken ausweisen müssen. Dafür fallen die Ausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank höher aus als budgetiert. Unter Berücksichtigung der per Ende September durchgeführten
Endjahresprognose und der beantragten Zusatzfinanzierungen rechnen wir in etwa mit einer ausgeglichenen Rechnung für das Jahr 2012.
Mit Blick auf die in vielen anderen Kantonen erwarteten oder sogar budgetierten Defizite wäre das ein
gutes Resultat.
Vorsitzende: Eintreten ist unbestritten.
Detailberatung
Antrag 1: Ziffern 1.1.1 und 1.1.2
Antrag 1 wird mit 128 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 2: Ziffer 1.1.4
Die KAPF beantragt, die Worte "inklusive Photovoltaik-Anlage (PVA)" zu streichen und den Betrag auf
3'200'000 Franken (anstatt 3'600'000 Franken) festzusetzen. Der Regierungsrat stimmt der Änderung
zu.
Dubach Manfred, SP, Zofingen, Vizepräsident der Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen
(KAPF): Die Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen stimmte dem reduzierten Kredit von 3,2
Millionen Franken mit 11 gegen 2 Stimmen zu.
Lepori-Scherrer Theres, CVP, Berikon, Präsidentin der Kommission Bildung, Kultur und Sport (BKS):
In der Kommission Bildung, Kultur und Sport nahmen wir von KAPF-Mitglied Franz Nebel Kenntnis
vom Vorschlag zu diesem Antrag. Wir stimmen dem Anliegen im Grundsatz zu. Der Bau der Photovoltaikanlage darf aber nicht untergehen oder fünf Jahre verschoben werden. Aus diesem Grund soll
unseres Erachtens der Kanton Aargau die Zügel für die Realisierung der Anlage in den Händen halten. Sobald ein geeigneter Contracting-Partner gefunden wird, soll die Photovoltaikanlage übergeben
werden. Laut diverser fachkundiger Aussagen stünden für die Realisierung dieser grossen Anlage
mehrere Firmen zur Verfügung. Dies, weil der Markt boomt. Die Kommission BKS stellt daher folgenden Zusatzantrag: "Der Regierungsrat wird beauftragt, die Photovoltaikanlage an die Stadt Zofingen
oder einen Dritten zu übergeben."
Nebel Franz, FDP, Bad Zurzach: Ich denke, es ist in aller Sinne, dass diese Photovoltaikanlage wirklich realisiert wird. Aber es ist schlicht und einfach nicht Aufgabe des Kantons, dafür zu sorgen. Dafür
sind private Institutionen oder eben die Stadt Zofingen zuständig. Die würden die Ausführung auch
sehr gern übernehmen. Ich lege aber wirklich Wert darauf, dass die Photovoltaikanlage innert einer
vernünftigen Frist realisiert wird. Weiter muss man bei den bevorstehenden Sanierungen in der Höhe
von total 3,2 Millionen Franken darauf achten, dass man die Voraussetzungen schafft, dass diese
Photovoltaikanlage dann auch gebaut werden kann.
Folgendes würde mich noch interessieren – vielleicht kann mir jemand noch eine Antwort geben: Soviel ich weiss, besteht ein Plan für eine Gesamtsanierung der Gebäude. Auf welchen Zeitpunkt findet
diese statt? Haben wir nicht ein Problem, wenn wir jetzt eine Photovoltaikanlage bauen, dass wir sie
dann zum Beispiel in 10 Jahren wieder abreissen müssen?
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Hottiger Hans-Ruedi, Parteilos, Zofingen: Ich glaube, ich kann hier einiges klären. Zu Sämi Richner:
Als Verwaltungsratspräsident der StWZ Energie AG kann ich hier keinen Antrag stellen. Das ist das
falsche Gremium. Aber wir als StWZ Energie AG haben von Anfang an signalisiert, dass wir bereit
sind, diese Photovoltaikanlage zu realisieren. Es ist nicht die erste in Zofingen. Es ist auch nicht die
erste im Bereich des Bildungszentrums Zofingen (BZZ). Das ist kein Problem. Aber es handelt sich
um ein Gebäude des Kantons Aargau, über das wir hier sprechen, und entsprechend haben wir uns in
vornehmer Zurückhaltung geübt. Dies, weil wir zuerst dachten – so hat das die IMAG aufgegleist –
dass diese Anlage eben vom Kanton realisiert werden soll. Wir sind aber selbstverständlich bereit,
diese Anlage zu realisieren, wie wir bereits schon mehrere – unter anderem auch eine im BZZ – in
Betrieb haben.
Zu Franz Nebel bezüglich der Frage der Sanierung: Wir sind im Moment daran, zwei Hauptvarianten
zu prüfen: Soll es eine vollumfängliche Sanierung sein, die dann das Gebäude für vielleicht 30 bis 40
Jahre wieder fit macht? Die Kosten würden sich auf rund 100 Millionen Franken belaufen. Von dieser
Variante sieht man im Moment ab. Wir prüfen jetzt, ob diese Sanierung auch ein bisschen günstiger
realisiert werden kann oder ob man einen anderen Weg einschlagen will. Die Stadt Zofingen bevorzugt eine Variante, bei der man an den Gebäuden nur das Nötigste saniert, um sie wieder für etwa 15
bis maximal 20 Jahre tauglich zu machen. Anschliessend könnte dann eine neue Strategie gewählt
werden. Aber so oder so wird dies diese Photovoltaikanlage nicht betreffen. Solange die Gebäude in
Betrieb sind, wird dies auch für die Photovoltaikanlage ausreichen.
Schweri Kim Lara, Grüne, Untersiggenthal: Das Bildungszentrum Zofingen muss saniert werden, daran besteht kein Zweifel. Die KAPF heisst denn auch den Antrag für die Zusatzfinanzierung gut – allerdings unter der Prämisse, dass der Gesamtbetrag von 3,6 Millionen Franken um 400’000 Franken –
oder anders gesagt um die geplante Photovoltaikanlage – gekürzt wird. Die Argumente gegen die
Photovoltaikanlage mögen auf den ersten Blick überzeugen. Bei genauerem Hinsehen muss dieser
Entscheid dennoch kritisiert werden. Im Rahmen der Projektplanung wurde es leider versäumt, von
Anfang an zu prüfen, ob die Photovoltaikanlage von Dritten realisiert werden könnte. Man hätte die
Fläche beispielsweise im Contracting-Verfahren zur Offertstellung anbieten können. Nun kann man
dies als Fehler der Projektleitung abtun. Dieser Fehler in der Planung ist aber ein Stück weit nachvollziehbar. Hätte nämlich der Kanton Aargau von Anfang an klar gesagt, dass er diese Photovoltaikanlage nicht bauen will, hätte dies der Stadt Zofingen wie auch der StWZ Energie AG ermöglicht, zu prüfen, ob sie dieses Projekt selber realisieren oder Dritten anbieten möchte. Unter diesen Umständen
jedoch musste man davon ausgehen, dass die Anlage vom Kanton realisiert wird.
Das gesamte Vorhaben ist das Resultat von Verhandlungen. Greift man hier ein, ist ungewiss, ob die
Photovoltaikanlage gebaut wird. Gewiss ist hingegen, dass es mindestens zu einer starken Verzögerung beim Bau der Photovoltaikanlage kommt.
Geschätzte Anwesende, eine schlechte Planung ist das eine, wenn sie aber von der Umwelt ausgebadet werden muss, ist das etwas ganz anderes. Der Kanton Aargau hat eine grosse Verantwortung
gegenüber den Bürgern und Bürgerinnen des Kantons und nicht zuletzt eine wichtige Vorbildfunktion.
Der Verzicht auf eine Investition in erneuerbare Energien setzt hier ein fatales Zeichen.
Ich bitte Sie deshalb, die beantragte Kürzung abzulehnen und stelle den Antrag, auf diese Streichung
zu verzichten. Es wird Ihnen nicht nur Frau Leuthard, sondern es werden Ihnen auch die künftigen
Generationen dafür danken.
Bhend Martin, FDP, Oftringen: Sie haben es vom Stadtammann und Präsident der StWZ Energie AG,
Hans-Ruedi Hottiger, gehört: Die Anlage wird auf jeden Fall realisiert. Die Frage ist nur, wer sie realisiert. Ich bin der Meinung, dass dies nicht die Aufgabe des Kantons ist. Wir haben dies auch in der
FDP so diskutiert. Franz Nebel hat es hier auch so vorgetragen. Es ist nicht Aufgabe des Kantons,
eine Photovoltaikanlage zu bauen und diese zu betreiben – das ist die Aufgabe der Energieversorger.
Wir haben einen starken Energieversorger vor Ort, der die Anlage bauen will. Ich bin der Meinung,
dass wir jetzt da nicht quer eingreifen sollten, notabene hat dann auch die StWZ Energie AG die Erträge einzustreichen. Ich bitte Sie, diesen Antrag der KAPF zu unterstützen.
Hürzeler Alex, Landstatthalter, SVP: Diese Thematik wurde in der Kommission BKS weiter vertieft,
nachdem die KAPF bereits darüber beraten hatte. Anwesend war auch der Leiter der Immobilien Aargau, Herr Chapuis. Aufgrund der Vorkenntnisse der KAPF konnte bestätigt werden, dass diese beiden
Projekte – also die nun dringend notwendige Sanierung, welche der Kanton zu tätigen hat, und diese
Photovoltaikanlage – baulich entkoppelt werden können. Dies ist vom Projekt her so geplant. Es ist
nicht zwingend, dass derjenige, welcher die Gebäudehülle saniert, gleichzeitig auch diese Photovoltaikanlage betreibt. Aufgrund dessen hat sich nun auch der Regierungsrat dem Antrag der KAPF an-
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geschlossen und entkoppelt diese beiden Projekte. Diesbezüglich sind bereits während der Beratung
in der BKS-Kommission die ersten Gespräche gelaufen. Sie haben dies soeben vom Herrn Stadtammann Hottiger gehört. Es ist aber auch so, dass es durchaus denkbar ist, dass sogar ein dritter Anbieter ins Rennen kommen könnte. Da es sich hier im nationalen Kontext schlussendlich um eine eher
kleine Anlage handelt, wird es sicher keine grosse Offertausschreibung geben.
Die Vorgespräche sind gelaufen. Diese Photovoltaikanlage wird realisiert, wenn Sie dem Antrag der
KAPF zustimmen. Diesem kann sich auch der Regierungsrat anschliessen. Die Realisierung erfolgt
dann durch Dritte, insbesondere eben durch die Städtischen Werke Zofingen. Ich bitte Sie um Zustimmung.
Als Ergänzung zur Frage von Grossrat Franz Nebel in Bezug auf die Dächer und die grosse anstehende Sanierung: Die Dächer, auf denen die Photovoltaikanlage zu stehen kommen würde und wird,
sind bereits saniert. Es ist auch in einem künftigen grossen Projekt nicht geplant, dieses Gebäude an
dieser Stelle aufzustocken. Aufgrund dessen spricht bautechnisch und vom Programm her nichts gegen diese Entkoppelung.
Abstimmung
Dem Ergänzungsantrag der Kommission BKS wird mit 110 gegen 14 Stimmen zugestimmt.
Hürzeler Alex, Landstatthalter, SVP: Nachdem nun dieser Antrag obsiegte, noch eine kleine Präzisierung: Der Antrag der Kommission BKS, welcher nicht allen vorliegt – also der ursprüngliche Antrag
des Regierungsrats – enthält ebenfalls die 3,6 Millionen Franken sowie folgenden Zusatzantrag: "Der
Regierungsrat wird beauftragt, die Photovoltaikanlage an die Stadt Zofingen oder an einen Dritten zu
übergeben." Die Differenz zur KAPF sind die 3,2 Millionen Franken beziehungsweise die 3,6 Millionen
Franken. Dies war aufgrund der Äusserungen, geschätzte Frau Präsidentin, meines Erachtens nicht
ganz klar.
Abstimmung
Bei der Ausmehrung zwischen dem Antrag der KAPF und Regierungsrat gegenüber dem Antrag der
Kommission BKS obsiegt der Antrag von KAPF und Regierungsrat mit 95 gegen 31 Stimmen.
Antrag 2: Ziffern 1.1.5, 1.1.6 und 1.1.7
Die Anträge werden mit 128 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 3: Ziffer 1.2.1
Der Antrag wird mit 127 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 4: Ziffer 1.3.1
Der Antrag wird mit 126 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 4: Ziffer 1.3.2
Die KAPF beantragt eine Kürzung des Zusatzkleinkredits um 775'000 Franken auf 275'000 Franken.
Dubach Manfred, SP, Zofingen, Vizepräsident der Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen
(KAPF): In der KAPF wurde dem Kürzungsantrag um 775’000 Franken auf 275’000 Franken mit 8
gegen 4 Stimmen zugestimmt. Der Antrag der Kommission BKS lag bei der KAPF-Sitzung noch nicht
vor.
Lepori-Scherrer Theres, CVP, Berikon, Präsidentin der Kommission Bildung, Kultur und Sport (BKS):
Hier lautet der Antrag der Kommission BKS auf eine Kürzung von 525’000 Franken. Die Kommission
BKS erachtet ein weiteres Provisorium für drei Jahre als unnötig. Das Parlament soll entscheiden, ob
die Vindonissa-Assistenzprofessur definitiv wird oder ob das Projekt abgebrochen werden soll. Aufgrund der Kündigungsfristen, die eingehalten werden müssen, wird dem Antrag der KAPF nicht zuge-
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stimmt, sondern es wird eine Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2015 beantragt.
Der Regierungsrat stimmt der Fassung der Kommission BKS zu.
Abstimmung
Bei der Ausmehrung zwischen den Anträgen der Kommission BKS und der KAPF obsiegt der Antrag
der Kommission BKS mit 113 gegen 17 Stimmen.
Antrag 5: Ziffern 2.1.1, 2.1.2, 2.1.3 und 2.1.4
Die Anträge werden mit 128 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 6: Ziffer 2.3.1
Der Antrag wird mit 125 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 8: Änderung Entwicklungsschwerpunkt 1.1.6 (Kleinkredite)
Der Antrag wird mit 125 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 9: Änderung Zielanpassungen 2.1.1 und 2.1.2
Der Antrag von KAPF und Regierungsrat wird mit 126 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Beschluss
Kleinkredite
1. Es werden folgende Kleinkredite für Vorhaben mit einem einmaligen Nettoaufwand im Steuerungsbereich des Leitungsorgans der Gerichte beschlossen:
 1.1.1 Aufgabenbereich 710 Rechtsprechung
Arbeitsplatz 2012 (Windows 7, Office 2010 (Seite 6)
Fr.
100'000.–
 1.1.2 Aufgabenbereich 710 Rechtsprechung
Justizbehörden Informatik; Juris JALA (Upgrade
Fachanwendung Juris) (Seite 7)
Fr.
300'000.–
2. Es werden folgende Kleinkredite für Vorhaben mit einem einmaligen Nettoaufwand im Steuerungsbereich des Regierungsrats beschlossen:
 1.1.4 Aufgabenbereich 320 Berufsbildung und Mittelschule
Diverse bautechnische Sanierungen am Bildungszentrum Zofingen
(BZZ) (Schweizer Baupreisindex SBI, Nordwestschweiz Renovation
Bürogebäude, Stand vom 1. April 2011, Indexstand 101,2 Punkte)
Der Kleinkredit passt sich um die indexbedingten Mehr- oder
Minderaufwendungen an. (Seite 10)
Fr. 3'200'000.–
 1.1.5 Aufgabenbereich 420 Personal
Informatikprojekt PULSplus 2013, Zentrale Systemunterstützung
HR-Management (Seite 12)
 1.1.6 Aufgabenbereich 435 Informatik
Umsetzung Geoinformationsgesetzgebung, GeoIG, KGeoIG
(Seite 15)
Fr.
2'380'000.–
Fr.
4'852'000.–
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 1.1.7 Aufgabenbereich 435 Informatik
Erneuerung Exchange 2010 (E-Mail-Infrastruktur) (Seite 17)
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Fr.
1'752'000.–
3. Es wird folgender Kleinkredit für ein Vorhaben mit einem jährlich wiederkehrenden Nettoaufwand im
Steuerungsbereich des Regierungsrats beschlossen:
 1.2.1 Aufgabenbereich 320 Berufsbildung und Mittelschule
Überführung des Projekts Ausbildung zur Assistentin/zum
Assistenten Gesundheit und Soziales an der Berufsfachschule
Gesundheit und Soziales (BFGS) in die Regelstruktur (Seite 23)
Fr.
302'000.–
4. Es werden folgende Zusatzkleinkredite für Vorhaben mit einem einmaligen Nettoaufwand im Steuerungsbereich des Regierungsrats beschlossen:
 1.3.1 Aufgabenbereich 120 Zentrale Stabsleistungen
Weiterführung Vote électronique für stimmberechtigte Auslandschweizer des Kantons Aargau (Seite 24)
 1.3.2 Aufgabenbereich 340 Kultur
Zusammenarbeit mit der Universität Basel – VindonissaAssistenzprofessur
(Landesindex der Konsumentenpreise, Stand Januar 2012,
Indexstand 98,9 Punkte)
Der Zusatzkleinkredit passt sich um die indexbedingten Mehroder Minderaufwendungen an. (Seite 26)
Fr.
718'000.–
Fr.
525'000.–
Budget 2012
5. Es werden folgende Zusatzglobalbudgets im Steuerungsbereich des Regierungsrats beschlossen:
 2.1.1 Aufgabenbereich 210 Polizeiliche Sicherheit
Erhöhter Personalaufwand und Ertragsrückgang aus Strassenrechnung (Seite 29)
 2.1.2 Aufgabenbereich 250 Strafverfolgung
Ertragsrückgang bei Strafbefehlsgebühren (Seite 34)
 2.1.3 Aufgabenbereich 310 Volksschule
Personalaufwand Lehrpersonen und Gemeindebeiträge (Seite 36)
 2.1.4 Aufgabenbereich 315 Sonderschulung, Heime und Werkstätten
Restkosten Sonderschulung, Heime und Werkstätten (Seite 37)
Fr.
5'050'000.–
Fr.
2'250'000.–
Fr. 10'215'000.–
Fr.
6'400'000.–
6. Es wird folgende Erhöhung der Jahrestranche für Globalkredite im Steuerungsbereich des Regierungsrats beschlossen:
 2.3.1 Aufgabenbereich 420 Personal
Informatikprojekt PULSplus 2013, Zentrale Systemunterstützung
HR-Management (Seite 41)
Fr.
973'000.–
Entwicklungsschwerpunkte
8. Die in der Botschaft unter der Ziffer 1.1.6 (Kleinkredite) aufgezeigte Änderung beim Entwicklungsschwerpunkt wird beschlossen.
Ziele
9. Die in der Botschaft unter den Ziffern 2.1.1 und 2.1.2 (Zusatzfinanzierungen) aufgezeigten Änderungen bei den Zielen werden wie aus den Beratungen der KAPF hervorgegangen beschlossen.
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2174 Motion Andreas Villiger, CVP, Sins, vom 3. Juli 2012 betreffend Besteuerung der land- und
forstwirtschaftlichen Grundstücke nach bisheriger Praxis; Ablehnung
(vgl. Art. 1995)
Mit Datum vom 19. September 2012 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung abzulehnen:
Vor dem Entscheid des Bundesgerichts vom 2. Dezember 2011 wurden sämtliche Gewinne aus dem
Verkauf oder der Überführung von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken privilegiert
besteuert. Die Gewinne wurden bis zur Höhe der Anlagekosten mit der Einkommenssteuer und im
darüber hinausgehenden Bereich mit der Grundstückgewinnsteuer erfasst. Dabei spielte es keine
Rolle, ob es sich um in der Landwirtschaftszone oder in der Baulandzone gelegene Grundstücke handelte.
Das aargauische Verwaltungsgericht gelangte mit Entscheid vom 1. November 2010 zum Schluss,
dass die Definition des landwirtschaftlichen Grundstücks gemäss Bundesgesetz über das bäuerliche
Bodenrecht (BGBB) auch im Steuerrecht gilt. Deshalb könne ein Baulandgrundstück nicht als landwirtschaftliches Grundstück gelten und es dürfe bei einem Verkauf oder einer Überführung eines Baulandgrundstücks keine privilegierte Besteuerung erfolgen.
Das Bundesgericht hat dies im Urteil vom 2. Dezember 2011 bestätigt und weiter präzisiert. Danach
kann nur dann von einem steuerlich privilegierten land- oder forstwirtschaftlichen Grundstück gemäss
Art. 18 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) respektive Art. 8 Abs. 1 des
Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG)
gesprochen werden, wenn die für die Anwendung des BGBB gültigen Voraussetzungen erfüllt sind.
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich um einzelne oder zu einem landwirtschaftlichen
Gewerbe gehörende Grundstücke handelt, die ausserhalb einer Bauzone liegen und für die eine
landwirtschaftliche Nutzung zulässig ist. Zudem ist eine privilegierte Besteuerung für vier weitere, in
Art. 2 Abs. 2 BGBB genannte Fälle möglich: Erstens für Grundstücke und Grundstückteile mit landwirtschaftlichen Gebäuden und Anlagen, einschliesslich angemessenem Umschwung, die in einer
Bauzone liegen und zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehören.
Zweitens für Waldgrundstücke, die zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehören. Drittens für
Grundstücke, die teilweise innerhalb einer Bauzone liegen, solange sie nicht entsprechend den Nutzungszonen aufgeteilt sind. Und viertens für Grundstücke mit gemischter Nutzung, die nicht in einen
landwirtschaftlichen und einen nichtlandwirtschaftlichen Teil aufgeteilt sind. In allen anderen Fällen
darf nach dem Bundesgericht bei Verkäufen von landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Grundstücken keine privilegierte Besteuerung mehr erfolgen – insbesondere auch nicht bei einem Verkauf
von bisher landwirtschaftlich genutztem Bauland.
Das Bundesgerichtsurteil betrifft einen Fall im Kanton Aargau und ist in Kenntnis und Würdigung des
aargauischen Steuerrechts sowie der Regelungen des StHG erlassen worden. Es ist deshalb für die
aargauischen Steuerbehörden verbindlich.
Die aargauische Regelung in § 27 Abs. 4 des Steuergesetzes (StG) setzt die Vorgabe von Art. 8 Abs.
1 StHG um und entspricht wörtlich Art. 18 Abs. 4 DBG. Da das Steuerharmonisierungsgesetz für die
Kantone verbindlich ist, darf der Kanton Aargau keine andere, vom StHG abweichende Regelung
treffen. Somit kann das Anliegen der Motion, das aargauische Steuergesetz so anzupassen, damit die
alte Praxis bei der direkten Bundessteuer und bei der Besteuerung im Kanton Aargau und den Gemeinden weiterhin anzuwenden ist, nicht umgesetzt werden. Der Kanton Aargau könnte – wie auch
alle anderen Kantone – die frühere Praxis nur aufrecht erhalten, wenn die Regelungen im StHG und
DBG und/oder im BGBB entsprechend geändert würden.
In der Motion wird schliesslich noch ausgeführt, dass Selbstständigerwerbende, die nicht Landwirte
sind, nichtbetriebsnotwendige Grundstücke im Privatvermögen halten können, welche beim Verkauf
oder der Überführung ins Privatvermögen der Grundstückgewinnsteuer unterliegen. Demgegenüber
hätten Landwirte, die nichtbetriebsnotwendige Grundstücke selber bewirtschaften, dieses Wahlrecht
nicht, womit sie benachteiligt wären. Diese Betrachtungsweise basiert auf einer falschen Vergleichsbasis. Landwirte, die ein Grundstück selber bewirtschaften, nutzen dieses offensichtlich geschäftlich.
Mit dem Grundstück wird ein unmittelbarer Geschäftsertrag erwirtschaftet. Solche Grundstücke können daher kein Privatvermögen darstellen.
Auch bei einem Landwirt konnte und kann ein Baulandgrundstück Privatvermögen sein. Dies beispielsweise dann, wenn ein Landwirt ein Baulandgrundstück aus dem Privatvermögen eines Erblassers erbt und nicht selber bewirtschaftet, oder wenn er ein Baulandgrundstück als Kapitalanlage kauft
und nicht selber bewirtschaftet. Dabei ist indessen zu beachten, dass Baulandgrundstücke im Privat-
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Art. 2174
vermögen bei der Vermögenssteuer nicht zum Ertragswert, sondern zum Mittel aus Verkehrs- und
Ertragswert besteuert werden. Aus diesem Grund waren Landwirte bisher aus steuerlichen Gründen
und weil die Höhe des steuerbaren Vermögens einen Einfluss auf die Bewirtschaftungsbeiträge haben
kann, nicht interessiert, Baulandgrundstücke im Privatvermögen zu halten.
Die Landwirte werden mit dem Bundesgerichtsentscheid gegenüber den anderen Selbstständigen
folglich nicht schlechter gestellt, sondern sie werden jetzt gleich behandelt wie die anderen Selbstständigerwerbenden: Geschäftlich genutzte Grundstücke stellen Geschäftsvermögen dar und unterliegen bei einem Verkauf oder einer Überführung ins Privatvermögen der Einkommenssteuer.
Aus vorstehend dargelegten Gründen und aufgrund der zwingenden Anwendbarkeit des Bundesrechts lehnt der Regierungsrat die Motion ab.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'163.–.
Villiger-Matter Andreas, CVP, Sins: Ich mache mir keine falschen Hoffnungen. Diese Motion hat keine
Chance. Trotzdem möchte ich auf ein paar Sachen hinweisen, die wir in Bezug auf die Umsetzung
dieses Gerichtsentscheids nochmals überdenken müssen.
Bisher wurden die Baulandverkäufe immer über die Grundstückgewinnsteuer abgerechnet; das heisst,
es war keine Einkommenssteuer, bei der auch Sozialleistungen mitbesteuert wurden.
Für mich ist klar, dass es nicht so einfach zu erklären ist, warum Baulandverkäufe also nicht auch die
Soziallasten mittragen müssen. Der Systemwechsel hat im Kanton Aargau eine massive Mehrbelastung von Baulandverkäufen bewirkt.
Es gab einen Fall im Aargau, der an das Bundesgericht weitergezogen wurde. Heute reden wir von
fast 50 Prozent Steuern, mit denen diese Grundstücksverkäufe belastet werden. Das ist die eine Seite. Die andere Seite betrifft das Raumplanungsgesetz. Dort kommt wahrscheinlich nochmals eine
Belastung von plus 25 Prozent hinzu. Wir reden schlussendlich von einer Steuerbelastung von rund
75 Prozent und mehr auf Baulandverkäufen. Das hat sicher auch in den einzelnen Gemeinden einen
grossen Einfluss, ob überhaupt Land in den Zonen, wo wir es gerne haben wollen, noch verkauft werden wird. Das ist das eine. Das andere ist, dass der Bundesgerichtsentscheid rückwirkend gilt. Das
gibt in einigen Betrieben, die Land verkauft und nicht damit gerecht haben, dass dieser Bundesgerichtsentscheid so ausfallen würde, und für die davon betroffenen Steuerpflichtigen grosse Probleme.
Sie haben Probleme, diese unerwartete Steuer zu bezahlen.
Ein weiterer Punkt ist die Überführung aus dem Geschäftsvermögen. Wenn also ein Bauernbetrieb
Landwirtschaftsland besitzt, dann ist dies im Geschäftsvermögen verbucht. Wenn das Land verkauft
wird, geht es über in das Privatvermögen und dies bewirkt die grosse Mehrbelastung. Wenn ein anderer Betrieb – und ich weise hier auf den Sonderfall der Erbengemeinschaft hin – das Land bereits im
Privatvermögen hat, wird diese Belastung nicht so massiv ausfallen.
Es ist mir bewusst, dass es ein Bundesgerichtsentscheid ist. Aber ich mache mir einfach noch ein
paar Gedanken zu diesem Problem. Es sind viele Betroffene auf mich zugekommen, dies zu thematisieren. Ich weiss, dass die Situation rechtlich klar ist. Ich gehe auch davon aus, dass es deshalb keine
Zustimmung zu dieser Motion geben wird.
Aber haben Sie trotzdem ein bisschen Verständnis, dass ich dieses Problem nochmals traktandiert
habe. Wir müssen zusammen mit der Steuerverwaltung nochmals schauen, wie wir es lösen und bei
Härtefällen ein wenig angenehmer umsetzen können.
Erne Hansjörg, SVP, Leuggern: Die SVP empfiehlt grossmehrheitlich die Überweisung dieser Motion.
Zur Begründung: Wie Andreas Villiger bereits erwähnt hat, ist die Besteuerung von Landverkäufen
aufgrund dieses Bundesgerichtsentscheids enorm angestiegen. Das Bundesgericht und das Aargauische Verwaltungsgericht mussten beurteilen, was konkret ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück ist. Dies ist nämlich weder im Aargauer Steuergesetz noch im Steuerharmonisierungsgesetz
und auch nicht bei den Direkten Bundesssteuern genau konkretisiert. Das Gericht hat nun diese Definition gemäss seiner Auffassung vorgenommen.
Jetzt könnten wir den Begriff in unseren Gesetzen genauer definieren, sodass es nämlich nicht so ist,
dass nur diejenigen die Grundstücke, die nur dem Bodenrecht entsprechen, mit der Grundstückgewinnsteuer besteuert werden, sondern eben auch die erwähnten Grundstücke, also unbebautes Bauland ausserhalb des Bundesgesetzes über das Bodenrecht.
Wir möchten einzig und allein diesen Begriff genauer umschreiben. Ich denke nicht, dass dies im W iderspruch mit dem Bundesgesetz steht, da ja auch dort Anstrengungen gemacht und Vorstösse eingereicht wurden, um dies genau so zu ändern.
Im Verhältnis zu anderen Selbstständigerwerbenden ist die vom Bundesgericht beschlossene Vorge-
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hensweise meiner Ansicht nach nicht fair. Ein Landwirt hat keine Möglichkeiten, neu eingezontes,
unbebautes Bauland, dass er selbst bewirtschaftet, im Privatvermögen zu haben. Er muss dies steuerrechtlich im Geschäftsvermögen veranlagen. Andere Selbstständigerwerbende können ein Wohnhaus mit Gewerbeteil inklusive Landparzelle in ihrem Privatvermögen halten. Ein Landwirtschaftsbetrieb hat diese Möglichkeit nicht. Auch bei der erstmaligen Bilanzierung der Landwirtschaftsbetriebe
hat man den Landwirten diese Möglichkeiten nicht gegeben.
Die Probleme aus der jetzigen Situation ergeben sich vor allem bei Hofübergaben. Wird ein Landwirtschaftsbetrieb dem Sohn übergeben und der Vater behält eine einzelne unbebaute Baulandparzelle,
so wird diese Parzelle ins Privatvermögen überführt und damit bei der Einkommenssteuer mit circa
45 Prozent des Verkehrswerts besteuert und dies, obwohl die Parzelle nicht verkauft wurde. Auch
ergeben sich in der Praxis Probleme, wenn beim Verkauf einer Parzelle ein fixes Gewinnanteilsrecht
an Geschwister oder an Eltern übergeben wurde. Der Vertrag wurde vielleicht bereits geschrieben,
das Land verkauft, das Geld verteilt und jetzt kommt das Steueramt und will noch 45 Prozent Steuern
einziehen. Es geht um Geld, das am Schluss der Verkäufer des Landes gar nicht mehr hat, weil er es
schon unter den Geschwistern und Eltern verteilt hat.
Aus diesen Gründen beantragt die SVP-Fraktion grossmehrheitlich die Überweisung dieser Motion.
Portmann-Müller Barbara, GLP, Lenzburg: Die GLP lehnt diese Motion klar ab.
Die Begründung ergibt sich aus der Stossrichtung der grünliberalen Agrarpolitik, welche ich Ihnen hier
in vier kurzen Sätzen erläutern möchte.
1. Die Landwirtschaft produziert Marktgüter über deren Mengen, Preise und Qualität sich die Akteure
entlang der Wertschöpfungskette selbst einigen.
2. Der Staat wirkt nur subsidiär, wo öffentliche Interessen wie Gesundheit, Tierwohl, Biodiversität etc.
betroffen sind und wird diese abgelten.
3. Der Einsatz der öffentlichen Mittel erfolgt wirksam, effizient und transparent. Und gerade dieser
Punkt ist hier ganz wichtig.
4. Höhe und Streuung der Einkommen stellt keine eigentliche politische Zielgrösse dar. Sie ergibt sich.
Damit ergeben sich die landwirtschaftlichen Strukturen und Einkommen eben aus dem marktgerechten Verhalten der Akteure.
In diesem Sinne sind weitere steuerliche Ausnahmen nicht zu begründen. Die Landwirtschaft erhält
heute schon deutliche Steuererleichterungen. Das sollte uns bewusst sein. Zudem macht es Sinn,
dass die Regelungen des bäuerlichen Bodenrechts auch im Steuerrecht übernommen beziehungsweise diese beiden Gesetze harmonisiert werden, so wie es auch im Raumplanungsgesetz und beim
bäuerlichen Bodenrecht schon lange der Fall ist.
An dieser Stelle möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich bereits im Jahr 2009 in einer Interpellation gefragt habe, weshalb man im Kanton Aargau bereits ab 3 Hektaren selbstbewirtschaftetem Land
tiefer besteuern darf? Das liegt weit unter der Schwelle, ab welcher man Direktzahlungen erhält. Des
Weiteren wurden die Betriebe seit 1999 nicht mehr neu geschätzt. Sie versteuern also nach wie vor
nach dem alten Ertragswertschätzungsreglement. Im Jahr 2004 wurde ein neues Reglement in Kraft
gesetzt.
Die Grünliberalen erachten alle diese Bevorteilungen als nicht überall gerechtfertigt gegenüber anderen Gewerbetreibenden. Sollte diese Motion überwiesen werden und sollte es zu einer Anpassung
des Steuergesetzes kommen, werden wir diese Punkte wieder thematisieren.
Köchli Martin, Grüne, Boswil: Liebe Barbara Portmann, ich möchte beliebt machen, dass man Landwirtschaft und Landwirtschaftsbetriebe nicht nur über die Flächen definiert, sondern auch über den
Arbeitsaufwand und die Einkommen, die sie generieren. Man kann auch mit einer Fläche von nur 3
Hektaren etwas Vernünftiges machen.
Villiger-Matter Andreas, CVP, Sins: Eine kleine Entgegnung zur Steuerbevorteilung der Landwirtschaft: Wir müssen hier schon klar festhalten, dass 10’000 Franken Verdienst in der Landwirtschaft
oder bei einem Arzt gleich besteuert werden. Gewisse Differenzen gibt es bei der Bewertung von Liegenschaften, also beispielsweise in Dörfern, wo der Betrieb ausgesiedelt wurde und die Eltern ihn
weiterhin behalten. Dort wird der Betrieb weitergeführt unter dem Begriff Landwirtschaft. Das ist der
einzige grosse Unterschied, der tiefer bewertet wird. Dort kommen wir auch in raumplanerische Hoheiten hinein und hier teile ich zum Teil die Meinung, dass wir dort vielleicht leichten Druck oder eben
keinen Druck ausüben können oder müssen, um dichter zu überbauen. Diese Fragen stellen sich vor
allem in Baugebieten. Dort sind die Gemeinden sehr stark involviert und das Problem ist sehr komplex. Aber einfach generell zu sagen, dass die Landwirtschaft steuerbegünstigt ist, das lasse ich so
nicht stehen. Es sind Fragen, die mit dem Bereich Raumplanung zusammenhängen.
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Art. 2175
Brogli Roland, Regierungsrat, CVP: Das Bundesgericht hat am 2. Dezember 2011 in einem Aargauer
Fall entschieden, dass der Gewinn beim Verkauf eines Baulandgrundstücks aus dem Geschäftsvermögen auch bei einem Landwirt mit der Einkommenssteuer zu besteuern sei. Das ist neu. Bisher
wurden Baulandgrundstücke von Landwirten im Gegensatz zu den übrigen Gewerbetreibenden mit
der Grundstückgewinnsteuer besteuert. Diese Steuern sind ja bekanntlich im Kanton Aargau relativ
tief. Deshalb bewirkt dies jetzt natürlich eine markante Änderung.
Das Bundesgericht hat klar festgehalten, dass diese einseitige Privilegierung sachlich nicht mehr gerechtfertigt sei. Es gibt dazu keine Aargauer Definition oder keine Aargauer Interpretationsmöglichkeit
mehr. Hier ist der Zug abgefahren. Das Bundesgerichtsurteil betrifft sämtliche Kantone und die Direkte
Bundessteuer. Das Urteil muss in der Praxis umgesetzt werden. Wir haben hier gar keinen Handlungsspielraum und auch keine Übergangsfrist. Die Aargauischen Gerichte habe die neue Bundesgerichtspraxis bereits schon in hängigen Verfahren übernommen. Die Steuerbehörden sind an diese
Rechtssprechung gebunden. Eine Änderung könnte höchstens durch das Bundesparlament mit einer
Änderung des Steuerharmonisierungsgesetzes herbeigeführt werden.
Ich möchte zu bedenken geben, dass wir aufgrund dieses Bundesgerichtsurteils jetzt eine Gleichstellung zwischen Landwirten und anderen Gewerbetreibenden haben. Auch Landwirte können im Übrigen bei Verkauf von Bauland Ersatzbeschaffung machen und haben bei altershalber Geschäftsaufgabe die Möglichkeit, steuerlich privilegiert abzurechnen.
Aus all diesen Gründen muss ich Sie bitten, die Motion nicht zu überweisen.
Abstimmung
Die Motion wird mit 69 gegen 44 Stimmen abgelehnt.
2175 Postulat Maya Frey, SVP, Staufen, vom 3. Juli 2012 betreffend Stellungnahme des Kantons Aargau zur Neuregelung der Differenzierung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 2002)
Mit Datum vom 5. September 2012 erklärt sich der Regierungsrat bereit, das Postulat mit folgender
Erklärung entgegenzunehmen:
In den vergangenen Monaten sind in den Medien zahlreiche Berichte und Meinungsäusserungen zu
den neuen internationalen Doppelbesteuerungsabkommen und der damit im Zusammenhang stehenden Amtshilfe und Rechtshilfe sowie zur allgemeinen Thematik des Steuerstrafrechts publiziert worden. Wegen der Vielfalt und Komplexität der Materie – insbesondere betreffend die neuen Doppelbesteuerungsabkommen – sowie der teilweise missverständlichen Berichterstattung ist es für die Bevölkerung schwer, sich ein Bild über die aktuellen Inhalte dieser Themen zu machen. Zum Teil bestehen
unvollständige oder falsche Vorstellungen über die einzelnen Sachverhalte.
Nach der geltenden Amtshilfeverordnung vom 1. September 2010, die demnächst durch ein Amtshilfegesetz ersetzt werden soll, werden im Rahmen der neuen Doppelbesteuerungsabkommen bei konkreten Anfragen Informationen für Steuerbetrugs- und Steuerhinterziehungsverfahren an ausländische
Steuerbehörden geliefert. Im Vordergrund stehen dabei Auskünfte über Bankkonti. In Fällen, wo auch
eine schweizerische Steuerpflicht tangiert ist, dürfen die schweizerischen Steuerbehörden die ans
Ausland weitergeleiteten Informationen nicht für eigene Steuerhinterziehungsverfahren verwerten, weil
diese Informationen nach bisherigem schweizerischem Recht dem Bankgeheimnis unterstehen.
17 Kantone kritisieren diese Ungleichbehandlung und beantragen, den Schweizer Steuerbehörden in
den Amtshilfefällen dieselben Rechte zuzubilligen wie den ausländischen. Dies wie erwähnt für Fälle,
in denen nebst der ausländischen auch eine inländische Steuerpflicht besteht. Diese Forderung wird
aber voraussichtlich auch im Amtshilfegesetz nicht erfüllt.
Im Übrigen ist in letzter Zeit auch eine Diskussion aufgekommen, unabhängig von einem Amtshilfeverfahren bei schweren Steuerhinterziehungen eine Auskunftspflicht gegenüber schweizerischen Behörden einzuführen. Das vorliegende Postulat bezieht sich auf diese Diskussion. Im Hinblick auf die
nächste Revision des Schweizerischen Strafgesetzbuches soll geprüft werden, ob die schweizerischen Behörden künftig auch bei systematischen Steuerhinterziehungen Auskünfte von den Banken
verlangen können. Solche Auskünfte werden bisher lediglich der Abteilung Strafsachen und Untersuchungen (ASU) der Eidgenössischen Steuerverwaltung, welche besonders schwere Steuerhinterziehungen mit interkantonalen oder internationalen Verhältnissen untersucht, sowie den Strafuntersuchungsbehörden bei Steuerbetrugsverfahren erteilt. Die Umschreibung systematische Steuerhinter-
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ziehungen bedeutet, dass die Auskunftspflicht nur bei grossen und langjährigen Steuerhinterziehungen gelten soll. Bei den allermeisten Steuerhinterziehungsverfahren wird die Steuerbehörde von den
Banken somit nach wie vor keine Informationen erhalten.
Die bisherigen Äusserungen des Vorstehers des sachzuständigen Departements Finanzen und Ressourcen haben sich stets auf diese Frage der möglichen Neuregelung der Auskunftspflicht bei systematischen Steuerhinterziehungen bezogen. Für eine solche Auskunftspflicht gibt es sachliche Gründe.
Es ist heute für viele Leute unverständlich, dass das Bankkundengeheimnis einen begüterten Steuerpflichtigen, der systematisch hunderttausende von Franken hinterzieht, schützt, während dies bei einer um einige hundert Franken falsch ausgestellten Lohnabrechnung einer selbstständig erwerbenden
Person nicht der Fall ist. Ausserdem erscheint die vorne erwähnte Schlechterstellung der schweizerischen gegenüber den ausländischen Behörden nicht sachgerecht und wird von den Bürgerinnen und
Bürgern wie auch den Behörden nicht verstanden.
Bei der bisherigen Diskussion über die Verfahrensfragen bei Steuerbetrug und Steuerhinterziehung
geht es nicht darum, die Differenzierung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung neu zu regeln. Auch nicht um eine Aufhebung der Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, so dass die Steuerhinterziehungen künftig als Steuerbetrug qualifiziert würden. Eine Steuerhinterziehung ist eine vorsätzliche oder fahrlässige Nichtdeklaration von Einkommens- oder Vermögensteilen. Dabei geht es nicht um ein blosses Vergessen oder um eine von der Steuerbehörde abweichende Auffassung. Strafrechtlich handelt es sich um eine Übertretung, die durch die Steuerbehörde
untersucht und geahndet wird. Als Sanktion kommt eine Busse in Betracht. Ein Steuerbetrug ist eine
Steuerhinterziehung mittels gefälschter Urkunden, wie beispielsweise einer gefälschten Abrechnung
für eine erbrachte Leistung. Strafrechtlich handelt es sich dabei um ein Vergehen, das durch die ordentliche Strafuntersuchungsbehörde untersucht und durch ein Gericht geahndet wird. Als Sanktion
kommen eine Busse oder Gefängnis in Betracht. Wie erwähnt soll gemäss heutigem Stand der Diskussionen an diesen grundsätzlichen Qualifikationen nichts geändert werden.
Damit kann der Regierungsrat die Anliegen des Postulats unterstützen: Er wird sich bei der kommenden Revision des Schweizerischen Strafgesetzbuches nicht für eine Aufgabe der Unterscheidung
zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug aussprechen, sofern eine solche wider Erwarten
doch noch zur Diskussion gestellt wird. Der Regierungsrat will die heute geltenden Definitionen von
Steuerhinterziehung und Steuerbetrug weiterhin beibehalten. Offen steht er derzeit jedoch zur Frage,
ob bei systematischen Steuerhinterziehungen die Banken und Versicherungen den schweizerischen
Behörden künftig Auskünfte erteilen müssen, wie dies in analogen Fällen im Zusammenhang mit den
ausländischen Amtshilfeverfahren an die ausländischen Behörden der Fall ist.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 927.–.
Egli Dieter, SP, Windisch: Die SP-Fraktion bestreitet die Entgegennahme des vorliegenden Postulats
und ich bitte Sie, es nicht zu überweisen. Dafür haben wir einen formalen und einen inhaltlichen
Grund.
Zum Formalen: Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum der Grosse Rat dem Regierungsrat eine
Vorgabe machen muss, wie er zu Rechtsänderungen auf Bundesebene Stellung zu nehmen hat. Zumal diese Vorgabe ja nicht bindend ist, sondern – wie es auch das Postulat formuliert – nur einer Einladung gleichkommt. Solche Stellungnahmen soll der Regierungsrat in eigener Verantwortung wahrnehmen. Das kann er und dafür haben wir ihn am vorletzten Sonntag wiedergewählt.
Zum Inhaltlichen: Sie ahnen, was jetzt kommt. Deshalb drücke ich es so klar wie möglich aus. Die
Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug ist nicht erklärbar. Mehr noch, sie ist
für uns obszön. Sie impliziert nämlich, dass der Staat zwar eine Regelung für die Bezahlung von
Steuern aufstellt, dem einzelnen Bürger aber einen Freiraum lässt, den Staat wieder zu hintergehen,
indem er nämlich bewusst etwas zu deklarieren vergessen darf. Es ist schon ziemlich zynisch, wenn
die Postulantin von einem Grundvertrauen zwischen Bürger und Staat spricht. Denn offenbar ist dieses Vertrauen nur einseitig gedacht. Der Staat soll dem Bürger vertrauen. Hier stimme ich zu. Umgekehrt wird es aber offenbar nicht verlangt. Dabei ist der Staat nicht irgendein technokratisches Etwas
oder eine etatistische Wolke, wie es sich bürgerliche Köpfe immer so gerne zurechtlegen. Nein, der
Staat sind wir alle. Es sind all jene, das sind wir alle, die auf Leistungen der Allgemeinheit eben auch
angewiesen sind. Deshalb ist Steuerhinterziehung, die bisher eine Übertretung darstellt, eben nicht so
harmlos wie andere Übertretungen, wie zum Beispiel die Verkehrsordnung brechen. Hier geht es um
Gerechtigkeit. Es geht darum, dass die Ressourcen und deren Einsatz gerecht auf alle verteilt werden. Steuerhinterziehung ist unsolidarisch und schadet der Gesellschaft. Sie soll daher bestraft werden. Dass dabei nach wie vor zwischen schweren und leichten Fällen sowie zwischen Vorsatz und
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Unachtsamkeit unterschieden werden soll, das versteht sich natürlich von selbst. In diesem Zusammenhang ist es auch unverfroren, wenn die Postulantin von Bürokratieausbau spricht. Hier geht es um
die Pflichten des Rechtsstaats. Eine Aussage über deren Effektivität steht uns als Vertreterinnen und
Vertreter der Legislative schon aus Gründen der Gewaltentrennung gar nicht zu.
Zum Bankgeheimnis: Natürlich wird auf das Ende des Bankgeheimnisses hingearbeitet. Wer aber
glaubt, dass dafür linke – vermeintlich wirtschaftsfeindliche – Kräfte zuständig seien, der macht es
sich zu einfach. Wer das Bankgeheimnis mit dem Hinweis auf ein bisher erfolgreiches Geschäftsmodell zu verteidigen versucht, handelt aus unserer Sicht unmoralisch, auch wenn er im Sold einer
Grossbank steht.
Der Regierungsrat legt mit seinem richtigen Hinweis auf das Amtshilfeverfahren ja selbst dar, dass
das Bankgeheimnis zumindest in Teilen schon aufgehoben ist. Der Grund dafür ist immer noch derselbe, von dem ich eigentlich schon vor 20 Jahren glaubte, dass ihn alle begriffen hätten: Die Schweiz
ist keine Insel! Den finanziellen Druck, den andere Staaten nach allerlei Abbauübungen spüren, geben
sie an die Schweiz weiter, wo offenbar noch etwas zu holen ist. Ob das richtig ist oder nicht, weiss ich
nicht. Darüber können wir uns empören. Wir können darüber diskutieren, ob es richtig oder falsch ist.
Verhindern können wir es aber nicht. Der Kanton Aargau kann das schon gar nicht, auch wenn sich
der Grosse Rat noch so als neoliberaler Musterschüler wichtig zu machen versucht.
Für uns ist der Druck auf die Schweiz hin zur Abschaffung des Bankgeheimnisses also folgerichtig. Er
ist zwar nicht angenehm, aber er ist folgerichtig. Darüber können wir uns nicht empören. Empört sind
wir aber, dass der Regierungsrat der Unterscheidung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug im
Strafrecht in seiner Erklärung einfach blindlings einen Persilschein ausstellt und dass er sich dies vom
Grossen Rat sogar noch freiwillig vorschreiben lassen will.
Ich bitte Sie, die Überweisung dieses Postulats abzulehnen.
Studer Lilian, EVP, Wettingen: Die Haltung des Regierungsrats bezüglich Neuregelung der Auskunftspflicht bei systematischer Steuerhinterziehung kann die EVP klar unterstützen. Unverständlich
ist der Antrag für die Überweisung des Postulats von Maja Frey. Falls wir dieses Postulat heute einfach so – wie es im Sinne des Regierungsrats wäre – überweisen, sehen wir morgen schon die
Schlagzeile: "Der Grosse Rat ist für die Beibehaltung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung!"
Erstens haben wir diesbezüglich momentan nichts zu sagen, da der Bund handeln und entscheiden
muss. Zweitens haben wir bezüglich Vorgehen des Regierungsrats zum Thema systematischer Steuerhinterziehung hoffentlich einen Konsens diverser Parteien, den wir so als kantonales Parlament
stehen lassen sollten.
Mit der Überweisung ändert sich nicht viel am Vorgehen des Regierungsrats. Doch das Signal wäre
klar falsch und es liegt auch nicht in unserer Kompetenz. Aus diesen Gründen bitte ich Sie, das Postulat klar abzuweisen.
Dr. Stüssi-Lauterburg Jürg, SVP, Windisch: Zu Dieter Egli: Wenn ein alternder Mensch, beispielsweise
in einem Alters- und Pflegeheim, bei seiner Steuererklärung etwas vergisst, dann ist das doch nicht
dasselbe, wie wenn jemand eine Urkunde fälscht. Bleiben wir bei der sachlichen Würdigung der Dinge!
Gewiss sind wir zusammen, alle zusammen, der Staat, die res publica. Dieser Staat hat gewisse Aufgaben, die wir zusammen erfüllen wollen und für die in der Regel dann eben die Bürokratie zuständig
ist. Die Bürokratie hat die Tendenz, die Macht an sich zu ziehen. Aber der Staat, die res publica, hat
Grenzen. Es gibt die res privata, es gibt den Bürger, es gibt die Freiheit. Der Staat ist nicht alles. Daneben gibt es die Freiheit des Menschen. So viel zu den Begriffen und zu den Grundsätzen.
Zum internationalen Druck: Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Natürlich können wir sagen, Peer
Steinbrück, der SPD-Kanzlerkandidat, sieht das anders. Das heisst aber nicht, dass wir es dann auch
gleich anders sehen müssen. Wir können bei bewährten Modellen bleiben, die ihre ethische und moralische Grundlage durchaus haben. Es ist sinnvoll und zweckmässig, die Bürokratie nicht allmächtig
zu machen, denn Macht korrumpiert. Sie korrumpiert absolut, wenn sie absolut wird. Das gilt für die
Bürokratie wie auch für den einzelnen Menschen. Es ist nicht notwendig, dass wir vorauseilend gehorchen. Es ist nicht einmal notwendig, dass wir nacheilend gehorchen. Wir sind ein unabhängiger
und souveräner Staat und wollen es hoffentlich auch bleiben!
Zu Lilian Studer: Wenn Sie die Aargauer Verfassung wieder einmal lesen, dann werden Sie feststellen, dass sich dort der Kanton ganz klar darauf verpflichtet, an der Erweiterung, an der Stärkung der
Schweizerischen Eidgenossenschaft mitzuarbeiten.
Zu Dieter Egli: Dann auch noch eine Kollegin aufgrund ihres Arbeitgebers anzugreifen, das ist unwürdig und ich weise dies hier, ohne irgendwelches Mandat dafür von ihr zu haben, in aller Form zurück!
Überweisen Sie den vernünftigen, massvollen Vorstoss. Nehmen Sie die Antwort des Regierungsrats
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so, wie sie gegeben wurde. Als eine ganz vernünftige, realistische Einschätzung unserer Lage und
unserer Interessen, für die auch wir hier einstehen dürfen.
Scholl Herbert H., FDP, Zofingen: Zusammen mit meiner Fraktion unterstütze ich die Überweisung
dieses Postulats.
Um was geht es? Strafrecht und auch Steuerstrafrecht müssen Tatbestände, die eine Strafe zur Folge
haben, genau umschreiben. Man kann nicht einfach generell ein Handeln unter Strafe stellen. Hier
haben wir eine klare Unterscheidung: Eine Steuerhinterziehung ist ein Vergessen, ein Verschweigen.
Ein Steuerbetrug ist eine aktive Fälschung eines Dokuments, einer Urkunde. Das sind also zwei verschiedene Handlungsweisen, die unterschieden werden müssen.
Worüber man diskutieren könnte, ist über die Höhe der Beträge, die durch eine Steuerhinterziehung
oder durch einen Steuerbetrug dem Staat vorenthalten werden. Aber bei diesem Postulatstext geht es
nicht um die Höhe, sondern um die Unterscheidung zwischen zwei klar unterscheidbaren Tatbeständen. Hier ist der Regierungsrat auf dem richtigen Weg und deshalb unterstützen wir ihn bei seiner
Haltung.
Brun Christoph Friedrich, Grüne, Brugg: Wir von den Grünen wollen nicht mitmachen in diesem ganzen Sumpf des maroden Geschäftsmodells im Finanzbereich, das auf Fluchtgeldern und dem Bankgeheimnis basiert, auf dem scheinheiligen Unterschied zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung. Dieses Modell stärkt nicht die Eidgenossenschaft. Dieses Modell schwächt langfristig die Eidgenossenschaft. Wir sehen es ja täglich, wie die Entwicklung läuft. In einzelnen Positionen mussten
wir bereits den Kopf einziehen. Bei anderen Positionen wird es mit garantierter Sicherheit noch folgen.
Dieses Geschäftsmodell auf Kosten der Ehrlichkeit zulasten der Steuermoral ist ein Auslaufmodell.
Die Grünen sind überzeugt, dass die Gerechtigkeit siegen wird. Wir kämpfen dafür, indem wir dieses
Postulat ablehnen.
Frey Maya Staufen: Während der Regierungsrat in seiner Antwort vom 5. September 2012 noch nicht
glaubte, dass die Aufhebung der Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug zur
Diskussion stehe, wurden meine Befürchtungen in der Zwischenzeit bereits erhärtet. Ich erlaube mir
daher, den wichtigsten Abschnitt aus der Medienmitteilung des Bundesrats vom 21. September 2012
kurz zu zitieren: "Durch eine Vereinheitlichung der Verfahren und der Straftatbestände im Steuerstrafrecht will der Bundesrat die Rechtssicherheit stärken. Ein Sachverhalt soll für sämtliche davon betroffenen Steuern strafrechtlich gleich verfolgt und beurteilt werden. Im Hinterziehungsverfahren sollen
zudem auch die kantonalen Steuerbehörden Zugang zu Bankdaten erhalten. Der Bundesrat hat an
seiner heutigen Sitzung das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, gemeinsam mit
den Kantonen eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten."
Auch wenn es nur durch die Blume formuliert wurde, aber was anderes als die Aufweichung oder sogar die Aufhebung der Differenzierung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung und die Lockerung des Bankkundengeheimnisses kann dies wohl bedeuten?
In der Medienmitteilung ist keine Rede davon, dass sich die Fälle, in denen die Behörden Zugriff auf
Bankdaten erhalten, wie vom Regierungsrat vermutet, entweder auf Fälle beschränken, in denen die
Schweiz Amtshilfe ans Ausland geleistet hat oder auf systematische Steuerhinterziehungsfälle. Abgesehen davon würde ich eine Aufweichung der Differenzierung auch in diesen beiden Fällen als nicht
richtig finden.
Insofern bin ich der SP direkt dankbar, dass sie die Entgegennahme des Postulats bestreitet. Vielen
Dank, denn so – nämlich mit der zusätzlichen Unterstützung des Grossen Rats – bekommt die Stimme aus dem Aargau noch mehr Gewicht. Bern soll wissen, dass wir nicht bereit sind, eine Aufweichung des Bankkundengeheimnisses und die Aufhebung des Schutzes der Privatsphäre von unbescholtenen Bürgern hinzunehmen. Nichts anderes wäre nämlich eine Revision in diese Richtung.
Es kann ja nicht sein, dass eine Person, die in der Steuererklärung etwas vergessen hat zu deklarieren, auf die gleiche Stufe wie ein Urkundenfälscher gestellt wird. Der unbescholtene Bürger würde
kriminalisiert. Ein Paradigmenwechsel von der Vermutung des Guten hin zu der Voraussetzung des
Schlechten wäre die Folge.
Nur damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich bin auch dafür, dass Steuerhinterzieher bestraft werden. Dies ist aber bereits mit der jetzt geltenden gesetzlichen Regelung in genügendem Umfang und
mit schlanken Verfahren möglich und wird auch so umgesetzt.
Zum Schluss möchte ich noch explizit erwähnen, dass ich mir vorbehalte, ein weiteres Postulat zum
Thema "Systematische Steuerhinterziehung" einzureichen. Denn hier hat sich der Regierungsrat ja
noch nicht festgelegt, wie er dazu steht, falls Banken und Versicherungen den Schweizerischen Behörden in diesen Fällen künftig Auskünfte erteilen müssten.
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Ich bitte Sie, mit mir ein eindeutiges Zeichen nach Bern zu senden und dieses Postulat zu überweisen.
Egli Dieter, SP, Windisch: Ich kann schon versuchen, zur Sachlichkeit weiter beizutragen, obwohl ich
der Meinung bin, dass ich es vorhin sehr sachlich ausgeführt habe. Ich muss einen Satz wiederholen,
den ich in meinem Votum bereits gesagt habe. Ich habe gesagt: " Steuerhinterziehung soll bestraft
werden." Ich habe aber auch gesagt, dass dabei nach wie vor zwischen schweren und leichten Fällen
sowie zwischen Vorsatz und Unachtsamkeit unterschieden werden soll. Das versteht sich von selbst.
Also auch Personen, die im Altersheim leben und vielleicht etwas vergessen oder wir alle, die etwas
vergessen, sollen nicht gleich angepackt werden wie jemand, der willentlich eine Urkunde fälscht.
Dies ist meine Entgegnung zum im Raum stehenden Vorwurf der Unsachlichkeit.
Zu Jürg Stüssi und dem Druck von aussen: Ich habe nicht gesagt, dass ich den Druck von aussen gut
finde oder Herrn Steinbrück gut finde. Das würde ich niemals so sagen. Es geht aber auch nicht darum. Sondern es geht darum, dass dieser Druck vorhanden ist. Wir können nun sagen, dass wir uns
gar nicht bewegen oder wir gehen irgendwie mit diesem bestehenden Druck um. Es geht darum, dass
wir damit irgendwie kreativ umgehen. Was dabei herauskommt, das können wir natürlich diskutieren.
Zum Angriff: Ich wollte ganz sicher niemanden angreifen. Wenn ich jemand angreifen wollte, dann
wollte ich "Sie alle" angreifen.
Dr. Stüssi-Lauterburg Jürg, SVP, Windisch: Zu Dieter Egli und zum Angriff: Ich erwidere nur: Viel
Feind, viel Ehr! Wenn Sie uns alle gemeint haben, willkommen.
Zur Sachlichkeit: Ich denke, das Wort "obszön" und andere Worte – man lese es im Protokoll nach
oder erinnere sich heute – genügen eigentlich, um zu erklären, was ich gemeint habe.
Zum Druck: Hier zitiere ich ein Wort, das in Ihren Kreisen bei anderer Gelegenheit verbreitet war und
das ich 100-prozentig unterschreibe und hier zur Anwendung bringe: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!
Gautschy Renate, FDP, Gontenschwil: Es dünkt mich an der Zeit, zu sagen, dass wir aufhören müssen, grundsätzlich davon zu sprechen, dass wir von einem Unrecht ausgehen. Wir handeln grundsätzlich im Recht und darum überweisen Sie bitte dieses Postulat!
Brogli Roland, Regierungsrat, CVP: Es geht nicht um ein marodes Geschäftsmodell. Man muss eben
differenzieren. Der Beantwortung des Regierungsrats können Sie entnehmen, dass bei der Thematik
der internationalen Amts- und Rechtshilfe, respektive der Strafverfahren im Schweizerischen Recht,
die Problematik besteht, dass die ausländischen Behörden mehr Auskünfte als die schweizerischen
Stellen erhalten. Hier wollen die Kantone schon lange, dass die schweizerischen Behörden gleich
lange Spiesse haben und die gleichen Informationen erhalten wie die ausländischen Stellen: Zumindest bei systematischen und schweren Steuerhinterziehungen. Es geht aber nicht darum, heutige
Steuerhinterziehungen zu Steuerbetrugsdelikten umzuqualifizieren. Eine solche Umqualifizierung will
der Regierungsrat nicht. Die Unterscheidung zwischen dem administrativen Strafverfahren für die
Steuerhinterziehung durch Steuerbehörden und dem ordentlichen Strafverfahren für den Steuerbetrug
durch die Strafbehörden soll beibehalten werden.
Zu Maya Frey: Es tut mir leid, aber eine Absicht für eine Umqualifizierung erkenne ich in der Information des Bundesrats von Ende September 2012 nicht. Das, was ich von Ihnen gehört habe, steht nicht
drin. Man will die bestehenden, von mir genannten, heutigen Schwächen beseitigen. Damals hat der
Bundesrat seine Absicht kundgetan, mit einer Revision des Steuerstrafrechts einheitliche Straftatbestände, aber nicht die Aufhebung eines Straftatbestandes, im Steuerharmonisierungsgesetz unter
neue Regeln zu stellen. Damit sind die Mehrwertssteuer, die Verrechnungssteuer und die Stempelabgaben gemeint und nicht eine Umqualifizierung von Steuerhinterziehung zu Steuerbetrug.
Das Postulat verlangt, dass der Kanton Aargau die Beibehaltung der Definition von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug beibehält. Dieses Anliegen kann der Regierungsrat unterstützen und ist deshalb bereit, das Postulat entgegenzunehmen.
Abstimmung
Das Postulat wird mit 80 gegen 42 Stimmen an den Regierungsrat überwiesen.
2176 Interpellation Thierry Burkart, FDP, Baden (Sprecher), und Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, vom 3. Juli 2012 betreffend finanzielle Lage und Sanierung der Aargauischen Pensionskasse (APK); Beantwortung und Erledigung
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(vgl. Art. 2011)
Mit Datum vom 5. September 2012 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Das Pensionskassendekret legt die Basis für die Tätigkeit der Aargauischen Pensionskasse (APK) als
Vorsorgeeinrichtung in der Form einer selbstständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt mit eigener
Rechtspersönlichkeit. § 3 hält unter dem Titel "Selbstständigkeitsbereich" fest, dass die APK im Rahmen des Dekrets und der damit verbundenen finanziellen Vorgaben und der bundesrechtlichen Bestimmungen in der Gestaltung ihrer Leistungen und deren Finanzierung wie auch in ihrer Organisation
frei ist. Der Vorstand ist das strategische Organ der Kasse und entsprechend den Bestimmungen des
Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) für die Führung der APK zuständig. Der Regierungsrat wählt die fünf Arbeitgebervertreter für vier Jahre und erhält jährlich den Jahresbericht zur Kenntnisnahme. Die Delegiertenversammlung vertritt die Versicherten sowie die Rentnerinnen und Rentner und setzt sich aus 60–100 Delegierten zusammen. Alle der
APK angeschlossenen Arbeitgebergruppen (Kanton, Lehrpersonen, Gemeinden, usw.) sind in der
Delegiertenversammlung vertreten. Diese ist unter anderem zuständig für den Erlass und die Änderung des Vorsorge- und des Organisationsreglements. In die Kompetenz des Grossen Rats fallen
Beschlüsse zum APK-Dekret sowie die Genehmigung des Vorsorgereglements. Die nachstehenden
Antworten zu den einzelnen Fragen wurden mit der APK abgestimmt.
Zur Frage 1: "Welche sind die wesentlichsten Änderungen bei der Umstellung der technischen Grundlagen von EVK 2000 (Eidgenössische Versicherungskasse) auf VZ 2010 (Datenmaterial von
21 Kassen öffentlichrechtlicher Arbeitgeber: Bund, Kantone, Gemeinden)?"
Die technischen Grundlagen sind demografische Grundlagen, das heisst Tabellenwerke, die insbesondere detaillierte Angaben über die Wahrscheinlichkeit, zu sterben, enthalten.
Die Eidgenössische Versicherungskasse (EVK) 2000 bildet die beobachtete Sterblichkeit aus den
Jahren 1993–1998 ab. Diese sind bei der APK seit 2005 im Einsatz.
Die Nachfolgeorganisation der EVK, PUBLICA, führt die technischen Grundlagen der EVK nicht weiter, weshalb die APK sich für die Grundlagen der Versicherungskasse der Stadt Zürich (VZ) entschieden hat.
Die VZ 2010 beruht auf den Beobachtungen der letzten zehn Jahre und den entsprechenden Daten
von Pensionskassen, deren Bestände mit denjenigen der APK vergleichbar sind. Die Lebenserwartung ist in VZ 2010 nochmals deutlich gestiegen. Beispielsweise war die Lebenserwartung nach EVK
2000 für einen 65-jährigen Mann 17,56 Jahre und ist mit VZ 2010 auf 20,14 Jahre angestiegen. Die
neuen demografischen Grundlagen werden verwendet für die Ermittlung:
 des Vorsorgekapitals des Rentnerbestands,
 des Umwandlungssatzes für die Berechnung der Altersrente (§ 8 Abs. 1 Pensionskassendekret)
und für
 die Beiträge.
Die höhere Lebenserwartung hat Auswirkungen auf die Berechnung des Vorsorgekapitals des Rentnerbestands und den Umwandlungssatz für die Berechnung der Altersrente.
Zur Frage 2: "Welche voraussichtlichen Auswirkungen haben diese Änderungen in Prozentpunkten
auf den Deckungsgrad?"
Es ist davon auszugehen, dass dies keine Auswirkungen haben wird, da die APK vorausschauend für
den Grundlagenwechsel der Rentnerinnen und Rentner Rückstellungen gebildet hat.
Zur Frage 3: "Welche Auswirkung hat eine Reduktion von 0.1 Prozentpunkten des Umwandlungssatzes in Prozentpunkten auf die notwendige Rendite?"
Es besteht kein direkter Zusammenhang. Die notwendige (Ziel-)Rendite setzt sich zusammen aus
dem jeweiligen Anteil für die Verzinsung der Vorsorgekapitalien der Rentnerinnen und Rentner, für die
Verzinsung der Vorsorgekapitalien der Aktiven (Annahme für die Erreichung des Leistungsziels), für
die Rückstellungen und für die Deckung der Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten.
Von der Zielrendite unterscheidet sich die tiefere Sollrendite (Renditeannahme unter Berücksichtung
der tatsächlich für das jeweilige Jahr festgelegten Sparzinsen), bei welcher für die Verzinsung der
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Vorsorgekapitalien der Aktiven nur der vom Vorstand jährlich festgelegte Sparzins (vgl. dazu Ausführungen zur Frage 6) verwendet wird.
Zur Frage 4: "Welche Auswirkung hat eine Reduktion von 0.5 Prozentpunkten des technischen Zinssatzes in Prozentpunkten auf das notwendige Deckungskapital der Rentner?"
Die generelle Regel lautet, dass eine Reduktion des technischen Zinses um 0,5 % zu einer Erhöhung
des Vorsorgekapitals der Rentnerinnen und Rentner von ca. 5 % führt.
Zur Frage 5: "Wie beurteilt der Regierungsrat die Notwendigkeit einer Wertschwankungsreserve und
welche Höhe sollte diese haben?"
Die Höhe der Wertschwankungsreserve der APK ist durch den Vorstand festzulegen. Die Wertschwankungsreserven dienen der Absicherung von Wertverlusten auf den Anlagen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie hoch diese Wertschwankungsreserve sein muss.
Art. 50 Abs. 2 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV
2)1 hält fest:
"Die Vorsorgeeinrichtung muss bei der Anlage des Vermögens in erster Linie darauf achten, dass die Sicherheit
der Erfüllung der Vorsorgezwecke gewährleistet ist. Die Beurteilung der Sicherheit erfolgt insbesondere in Würdigung der gesamten Aktiven und Passiven nach Massgabe der tatsächlichen finanziellen Lage sowie der Struktur
und der zu erwartenden Entwicklung des Versichertenbestandes."
Die Höhe der notwendigen Wertschwankungsreserve bestimmt sich bei der APK anhand folgender
Faktoren aus finanzökonomischer Sicht: Ertrags- / Risikokennzahlen der Anlagekategorien, Anlagehorizont, Sicherheitsniveau und minimale Zielrendite.
Während die letzteren Faktoren über mehrere Jahre relativ konstant bleiben, verändern sich die Ertrags-/Risikokennzahlen der Anlagekategorien von Jahr zu Jahr. Entsprechend kann die Berechnung
der notwendigen Wertschwankungsreserve für die gleiche Anlagestrategie von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausfallen. Die APK hat den Zielwert aufgrund der Beurteilung vorstehender Faktoren seit
2008 auf 15 % des bestehenden Anlagevermögens festgelegt.
Zur Frage 6: "Wäre es nicht dringend, den Zins für die Verzinsung der Sparkapitalien sofort aufs gesetzliche Minimum zu reduzieren?"
Der Vorstand der APK hat im Dezember 2008, als die Unterdeckung per Abschluss 2008 abzusehen
war, erstmals entschieden, den Sparzins unter dem gesetzlichen Mindestzinssatz festzulegen, der nur
für den obligatorischen Teil der Vorsorgekapitalien gilt:
2009
2010
2011
2012
APK-Sparzins
1,25 %
1,75 %
1,75 %
1,0 %
BVG-Mindestzinssatz
2,0 %
2,0 %
2,0 %
1,5 %
Die APK hat 2012 den BVG-Mindestzinssatz unterschritten. Dies ist zulässig. Die APK ist eine umhüllende Kasse, das heisst sie erbringt nicht nur die Mindestleistungen gemäss BVG, sondern auch
überobligatorische Zusatzleistungen.
Zur Frage 7: "Welche Sanierungsmassnahmen, und in welchem Umfang, erachtet der Regierungsrat
als notwendig?"
Sanierungsmassnahmen müssen gemäss BVG getroffen werden bei einer erheblichen Unterdeckung.
Davon wird ausgegangen, wenn der Deckungsgrad unter 90 % liegt. Per 30. Juni 2012 weist die APK
einen Deckungsgrad von knapp 94 % aus. Je nach Struktur der Einrichtung (zum Beispiel bezüglich
Rentnerinnen- beziehungsweise Rentneranteil), kann eine erhebliche Unterdeckung im Sinne des
Gesetzes auch bei einem Deckungsgrad über 90 % vorliegen. Der Experte für berufliche Vorsorge
äussert sich hierzu in seinem Bericht. Dieser Fall liegt bei der APK nicht vor. Solange der Deckungs1
SR 831.441.1.
5001
Art. 2176
30. Oktober 2012
grad nicht unter 90 % sinkt, wird die APK aus heutiger Sicht keine weiteren Sanierungsmassnahmen
ergreifen. Denn für die Versicherten laufen die Sanierungsmassnahmen durch die bei der Antwort zur
Frage 6 dargestellte Senkung des Sparzinses bereits seit 2009.
Die Senkung der Verzinsung ist eine sehr wirksame Sanierungsmassnahme. Um den gleichen Effekt
auf den Deckungsgrad zu erzielen müssten die Beiträge der Arbeitgeber und Mitarbeitenden um rund
2,9 % erhöht werden. Müssten wider Erwarten weitere Sanierungsmassnahmen ergriffen werden stehen die Erhöhung der Beiträge oder die Kürzung der Leistungen im Vordergrund. Für die Erhöhung
des Deckungsgrades um 1 % wären rund 5,4 % an Beiträgen notwendig. Aus heutiger Sicht sind keine weiteren Sanierungsbeiträge notwendig.
Zur Frage 8: "Welche prozentuale Aufteilung der totalen Sanierungskosten zwischen Arbeitgebern,
Versicherten und Rentnern beurteilt der Regierungsrat als zweckmässig?"
Die Rentnerinnen und Rentner können nach Bundesrecht nicht respektive nur unter ganz bestimmten
Voraussetzungen, welche für die APK nicht zutreffen, zu einem Sanierungsbeitrag herangezogen
werden.
Seit 2009 leisten nur die aktiv Versicherten einen Beitrag an die Verbesserung der finanziellen Situation der APK. Bei einem Deckungsgrad von unter 90 % müssten die Versicherten und die Arbeitgeber
Sanierungsbeiträge leisten oder die Leistungen müssten gekürzt werden. Gemäss BVG muss bei
einer Erhöhung der Beiträge der Anteil des Arbeitgebers mindestens 50 % betragen. Die im Fall der
APK für die Arbeitnehmer günstigere Festlegung der Beiträge im gleichen Verhältnis wie die ordentlichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge ist zulässig.
Zur Frage 9: "Wie nimmt der Regierungsrat seine Interessen bei Sanierungsmassnahmen wahr?"
Sanierungsbeiträge der APK können nur in Zusammenarbeit und in Absprache mit den Arbeitgebern
erhoben werden. Eine Vertretung des Regierungsrats trifft sich jährlich mit dem Präsidenten und der
Geschäftsführerin der APK. Da die Budgethoheit beim Grossen Rat liegt, müssten Sanierungsbeiträge
des Arbeitgebers dem Grossen Rat zum Entscheid unterbreitet werden.
Zur Frage 10: "Nach welchen Kriterien wählt der Regierungsrat die Arbeitgebervertreter für den Vorstand der APK aus?"
Der Vorstand der APK ist nach Art. 51 ff. BVG für die Vorsorgeeinrichtung verantwortlich. Ihre volle
Autonomie und Verantwortung ist durch das PK-Dekret (Grossratskompetenz) beziehungsweise das
Organisationsreglement (Genehmigung des Vorsorgereglements durch den Grossen Rat) begrenzt.
Grundlage für die Wahl der Arbeitgebervertreter im Vorstand der APK bildet die Eigentümerstrategie
des Kantons. Für die Wahl sind strategische, fachliche und persönliche Kompetenz sowie absolute
Integrität und Loyalität Voraussetzung. Drei der fünf Arbeitgebervertreter sind selbstständig berufstätig
und zwei beim Kanton angestellt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'225.–.
Burkart Thierry, FDP, Baden: Mit dieser Interpellation wollten mein Kollege Dr. Daniel Heller und ich
sowohl die Aargauische Pensionskasse (APK) wie auch den Regierungsrat und das Parlament aufwecken. Wir dürfen bei der APK nicht, wie dies jahrzehntelang vor der für die Steuerzahler sehr teuren
Sanierung per 2008 der Fall war, den Kopf in den Sand stecken und erst reagieren, wenn es bereits
zu spät ist.
Der derzeitige Zustand der APK ist besorgniserregend. Die Steuerzahler haben die APK mit
650 Millionen Schweizer Franken auf 100 Prozent ausfinanziert. Darüber hinaus wurde die APK mit
einer Wertschwankungsreserve von einer Milliarde Schweizer Franken ausgestattet. Mit der in Form
eines zinslosen Darlehens zur Verfügung gestellten Wertschwankungsreserve war die Absicht verbunden, sie dank selbst erarbeiteten Mitteln innert 20 Jahren in eine freie Arbeitgeberbeitragsreserve
des Kantons zu überführen. Dieses Ziel ist in eine praktisch unerreichbare Ferne gerückt. Der Deckungsgrad der APK ohne Forderungsverzicht betrug zum Zeitpunkt der Vorstosseinreichung 80,4
Prozent. Ich erinnere daran, dass bei einem Deckungsgrad unter 80 Prozent die Kasse als Sanie-
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Art. 2177
rungsfall gilt. Die Deckungslücke betrug damit rund 1,62 Milliarden Franken. Nur dank Forderungsverzicht schafft es die APK auf eine Deckung von knapp über 90 Prozent.
Während die Antwort des Regierungsrats auf die Interpellation abwiegelnd und beschwichtigend ausfiel, hat gestern offenbar die APK gehandelt. Vielleicht ist der Zeitpunkt einen Tag vor der Beratung
dieses Geschäfts im Grossen Rat reiner Zufall. Wie dem auch sei, wir sind froh, dass die APK unsere
Anliegen nun offenbar doch ernst nimmt. Die APK hat gehandelt, obwohl in der regierungsrätlichen
Antwort noch ausgeführt wurde, dass – solange der Deckungsgrad nicht unter 90 Prozent falle – keine
Massnahmen ergriffen werden. Offenbar ist man seit der Beantwortung zur Vernunft gekommen. Immerhin entsprechen die gestern medial mitgeteilten Massnahmen im Grundsatz den von uns eingebrachten Vorschlägen: Einerseits wird der Umwandlungssatz gesenkt und zudem der technische Zins
auf 3 Prozent angepasst.
Sorge bereitet allerdings, dass die Massnahmen nicht genügend weit gehen. Eigentlich müsste der
technische Zins analog der Bernischen Pensionskasse auf 2,5 Prozent angepasst werden. Dadurch
entstünde aber eine Unterdeckung von unter 90 Prozent – trotz Forderungsverzicht. Davor fürchtet
sich die APK offensichtlich. Entsprechend ist die Senkung des Umwandlungssatzes ebenfalls zu gering ausgefallen.
Noch ein Wort zur Wertschwankungsreserve: Wir müssen uns bewusst sein, dass die APK ohne
Wertschwankungsreserve nicht risikofähig ist und damit nur ungenügende Renditen erzielt werden
können. Damit wird das Problem verschärft.
Fazit: Die Interpellationsantwort verdeutlichte die Haltung des Regierungsrats und der APK, nach dem
Prinzip Hoffnung weitermachen zu wollen. Die gestern bekanntgegebenen Massnahmen offenbaren
zumindest, dass Handlungsbedarf erkannt wurde, wenn auch zu wenig mutig gehandelt wird. Es wird
demgemäss Aufgabe des Parlaments sein, die weiteren Entwicklungen der APK äusserst kritisch zu
begleiten. Immerhin wollen wir verhindern, dass der Steuerzahler dereinst wieder zur Kasse gebeten
werden muss. Dies hat Herr Regierungsrat Roland Brogli seinerzeit versprochen. Dieses Versprechen
kann aber nicht eingehalten werden, wenn die Zeichen der Zeit zwar mittlerweile erkannt werden, die
Massnahmen aber aus politischen Gründen nicht konsequent genug ausfallen. Die Interpellanten zeigen sich aufgrund der gestrigen Massnahmen als teilweise befriedigt.
Vorsitzende: Namens der Interpellanten erklärt sich Thierry Burkart, FDP, Baden, von der Antwort
teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
2177 Umsetzung Schweizerisches Strafprozessrecht; Unterbringung der Staatsanwaltschaft
Rheinfelden-Laufenburg und Kantonspolizei Rheinfelden auf dem Werkhofareal Rheinfelden;
Grosskredit; Beschlussfassung; Fakultatives Referendum; Abschreibung Postulat 10.28 vom
19. Januar 2010
(Vorlage des Regierungsrats vom 27. Juni 2012)
Lüscher Brunette, SVP, Magden, Präsidentin der Kommission für öffentliche Sicherheit (SIK): Im September 2012 hat sich die Kommission für öffentliche Sicherheit (SIK) vor Ort vom Projekt Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg und Kantonspolizei Rheinfelden überzeugen lassen. Eine Orientierung der Delegation der Stadt Rheinfelden und eine anschliessende Besichtigung des Areals waren
aufschlussreich. Das Grundstück ist im Besitz der Ortsbürgergemeinde und ist zweigeteilt, einerseits
in die Zone für öffentliche, andererseits in die ordentliche Bauzone. Der Unterschied bemisst sich vor
allem im Landwert. In die Überlegungen zu einem Angebot wurden nebst der Staatsanwaltschaft auch
die geplante Aufstockung der Kantonspolizei wie der Ausbau der Regionalpolizei einbezogen. Das
vorgeschlagene Projekt wird eine starke Zusammenarbeit zwischen diesen Nutzern erlauben. Zudem
sind weitere Landreserven, zum Beispiel für das Bezirksgericht, vorhanden. Das Areal liegt nahe der
Autobahn, ist gut erschlossen und die Erreichbarkeit durch öffentliche Verkehrsmittel ist gewährleistet.
Für die Stadt Rheinfelden ist ausgeschlossen, mitten aus einem bereits teilweise überbauten Areal mit
öffentlicher Nutzung eine oder zwei Etagen eines Gebäudes zu verkaufen oder im Baurecht abzugeben. Das Gebäude müsste auf mehrere Vertragspartner aufgeteilt werden, was die Sache verkomplizieren würde. Die Konditionen wurden auf 20 Jahre fest geregelt, dies mit einem fixen Vertrag auf 10
Jahre und einer Verlängerung von zwei mal fünf Jahren. Der Wehrmutstropfen "Miete statt Kauf"
bleibt, insgesamt handelt es sich aber um ein faires Angebot.
Erstmals lag für die Behandlung in der Kommission nebst dem Bericht der IMAG auch ein Mitbericht
der AVW vor, welche im Vorfeld unserer Sitzung die Standards beurteilt hatte. Eintreten war unbestritten. Die Kombination der Staatsanwaltschaft mit der Kapo und der Repol ist sinnvoll. Aus regionalpoli-
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Art. 2177
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tischer Sicht ist der Standort ziemlich austariert. Das Synergiepotenzial wurde genutzt, eine grosse
Flexibilität ist gewährleistet. Dies, der Preisvergleich und die Einwohnerstruktur waren schliesslich
ausschlaggebend für die Standortwahl.
Die Enttäuschung über den Standortentscheid wurde aus dem Bezirk Laufenburg nochmals klargelegt, doch könne man sich mit diesem Projekt einverstanden erklären. Künftig sollen den Strukturen
nebst einer guten Zusammenarbeit der Repol und der Kapo auch im Bezirk Laufenburg besondere
Beachtung zukommen.
In der Detailberatung wurde dargelegt, dass die Einteilung nach den Bedürfnissen der Mieter ausgeführt und das definitive Raumprogramm nach dem Entscheid erstellt wird. Ausser bei gebäudespezifischen Situationen, wie zum Beispiel in Muri im Klostergebäude, wird an allen Standorten der Staatsanwaltschaften der gleiche Sicherheitslevel angewandt. Bei den Polizeiposten wurde ein Standardkonzept erarbeitet, sowohl bezüglich der Räume, die nur durch die Polizei zugänglich sein sollen, wie
auch der öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten.
Die Flächenwerte wurden hinterfragt, insbesondere die Verkehrsflächen, welche im Vergleich zum
Facility-Management-Monitor recht hoch sind. Diese können vielfältig genutzt werden, indem Kopiergeräte und Verpflegungsecken integriert sind. Die Einsparungen von über 300’000 Franken bei der
Ausstattung sind mit wieder verwertbarem Mobiliar zu erklären. Die notwendigen Reserven für den
künftigen Aufbau der Kapo und der Staatsanwaltschaft wurden in die Überlegungen einbezogen. Gegenüber den bisherigen kleinräumigen Strukturen ist ein Grossraumbüro von 120 m2 Fläche geplant.
Diese Lösung soll eine grösstmögliche Flexibilität bewirken.
Der Energiestandard Minergie-P-Eco bringt jährliche Mehrkosten mit sich. Eco kann nicht mit Zahlen
definiert werden, handelt es sich doch vielmehr um einen Beitrag der Ökologie. Für die Beratung weiterer Projekte wird mehr Transparenz in Bezug auf eine gesamtheitliche Betrachtung und eine Gesamtenergiebilanz gewünscht. Auch beratene Projekte anderer Kommissionen sollten zum Vergleich
herangezogen werden.
Die Mietzinsberechnung zeigt für Rheinfelden einen um einiges günstigeren Vergleichswert pro m2 als
zum Beispiel bei der Staatsanwaltschaft Lenzburg, wo es sich um eine private Immobilienvermietung
handelt – und dies trotz der Erhöhung durch Minergie P-Eco. Begrüssenswert wäre, wenn solche Vergleiche jeweils in den IMAG-Unterlagen aufgezeigt würden.
Den beiden Anträgen wurde schliesslich mit 12 gegen 0 Stimmen, bei 1 Enthaltung, zugestimmt.
Eintreten
Vorsitzende: Stillschweigend treten die Fraktionen der EVP und der Grünen auf die Vorlage ein.
Vulliamy Daniel, SVP, Rheinfelden: Ja, die Stadt Rheinfelden ist meine Heimat. Ich bin dort seit Geburt zu Hause. Ich verleugne nicht, dass mich der regierungsrätliche Entscheid gefreut hat, die
Staatsanwaltschaft in Rheinfelden zu bauen. Aber hier und jetzt sind Emotionen und Gefühle nicht
gefragt. Für die Beurteilung einer derart wichtigen Frage zählen Fakten, die aus Sicht des Kantons
Aargau und des gesamten Fricktals bei der Beurteilung herangezogen werden müssen. Also lassen
wir die Emotionen einige Momente auf der Seite und wenden uns den Fakten zu. Viel wurde vorhin
von Brunette Lüscher, Kommissionspräsidentin SIK, schon gesagt und wird von Herrn Regierungsrat
Hofmann anschliessend noch vertieft. Nebst all diesen Fakten sprechen aus Sicht der SVP zusammengefasst folgende vier Gründe im Wesentlichen dafür, dem regierungsrätlichen Antrag zuzustimmen:
1. Rheinfelden ist für die Unterbringung der Staatsanwaltschaft im Fricktal der richtige Standort,
- weil mit den beiden grössten Gemeinden Möhlin und Rheinfelden ein deutlich höherer Anteil der
Bevölkerung im unteren Fricktal wohnt,
- weil die deutlich höhere Anzahl Fälle, wo polizeiliche Interventionen notwendig werden, im unteren
Fricktal passieren und
- weil der nach wie vor festzustellende Wachstumsschub in aller erster Linie zwischen SteinSäckingen und Kaiseraugst im unteren Fricktal festzustellen ist.
2. Der vorgeschlagene Standort in Rheinfelden ist unter den zahlreich mitgeprüften Standorten der
wirtschaftlich günstigste,
- weil der Standort auf Landpreisen von öffentlichen Bauten basiert und deshalb eine Miete offeriert
werden kann, die sonst gar nicht möglich wäre und
- weil jede geprüfte Kaufvariante teurer gewesen wäre und weil im Rahmen des Anhörungsverfahrens
beim Aufwand für den Mieterausbau bei den Reserven und bei der Ausstattung einmalige Einsparungen von 446’522 Franken erzielt werden konnten – es aber unschön ist, dass diese Einsparungen erst
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auf Druck von Parteien und Verbänden zustande gekommen sind – und
- weil die Vermieterin nicht ein renditeoptimierter Investor ist, sondern eben die Ortsbürgergemeinde
Rheinfelden.
3. Beim Standort Rheinfelden können Synergien und Raumreserven sinnvoll realisiert werden: Mit der
Verbindung von Feuerwehr- und Werkhofbetrieb, der Regionalpolizei, die mit Raumreserven ausgestattet wird, damit mittelfristig ein Ausbau von 12 auf 15 Arbeitsplätze möglich ist sowie das Bezirksgericht Rheinfelden, welches auf dem künftigen Areal der Staatsanwaltschaft mittel- oder langfristig angesiedelt werden könnte. Diese Möglichkeit ist konzeptionell angedacht.
4. Für den Standort Rheinfelden macht die Miete aufgrund der bestehenden Situation Sinn, weil die
Ortsbürgergemeinde Rheinfelden als Landeigentümerin rund um das Areal der künftigen Staatsanwaltschaft aus durchaus nachvollziehbaren Gründen einem Verkauf eines Grundstückes aus dieser
Gesamtfläche nicht zustimmen würde und deshalb die vorgeschlagene Variante Miete im konkreten
Fall beim Standort Rheinfelden gegenüber der Variante Kauf Sinn macht und richtig ist.
Die SVP zieht bei solchen Geschäften generell die Variante Kauf vor, ist jedoch hier in diesem Fall
aufgrund der erwähnten speziellen Begebenheiten und Konditionen, die seitens der Ortsbürgergemeinde Rheinfelden angeboten werden, mit der Variante Miete einverstanden.
Geschätzte Damen und Herren, mit der Standortwahl der Staatsanwaltschaft in Rheinfelden realisieren wir die für das gesamte Fricktal beste Lösung. Ich bin mir sicher, dass inzwischen auch viele Leute aus dem Bezirk Laufenburg diese Haltung vertreten. Es geht hier nicht um Geschenke, es geht um
das Thema Sicherheit im Nordwestzipfel unseres Kantons – mit der Schengen-Aussengrenze zu
Deutschland sowie der Nähe zu Frankreich und Basel. Wäre die aufgezeigte Faktenlage eine andere,
wäre ich der erste, der einer Lösung im oberen Fricktal zugestimmt hätte.
Im Namen der grossmehrheitlichen SVP bitte ich Sie, mit mir dem regierungsrätlichen Antrag zuzustimmen. Es wäre ein weiterer Meilenstein für das Fricktal. Das Fricktal, das als eigentliche Perle des
Kantons Aargau gilt, wie von Regierungsrat Urs Hofmann kürzlich zu hören war.
Rüetschi-Hartmann Beat, FDP, Suhr: Für die FDP ist die vorliegende Botschaft eine gute Vorlage, die
unsere Unterstützung verdient. Wir danken dem Regierungsrat, der IMAG und der Kommission AVW
für ihre Arbeit. Das Suchen und Auswählen des Standortes in Rheinfelden hat zwar länger gedauert,
hat sich aber unseres Erachtens gelohnt: Es wurde das bestgeeignete Objekt vorgeschlagen. Die
Kommission AVW hat in ihrem Mitbericht die Hochbauvorlage beurteilt und ist auch zu einem insgesamt positiven Urteil gekommen. Auch in der Kommission AVW wurde die Lösung "Miete statt Kauf"
hinterfragt. Obwohl es gegen die Leitsätze des Kantons verstösst, sind auch wir zum Schluss gekommen, dass die Miete mit einem langfristigen Vertrag mit der Ortsbürgergemeinde Rheinfelden der richtige Weg ist. Auch der Mietpreis ist fair und vermag dem Vergleich mit anderen Objekten standhalten.
Es ist insgesamt eine wirtschaftlich gute Lösung.
Betreffend den Energiestandard muss der höchste angestrebt werden, der noch praxiserprobt ist. Die
Einsparung an Energie, was die Kosten angeht, ist noch zu wenig transparent. Für uns ist die Gesamtenergiebilanz wichtig. Sie muss stimmen. Welches Energielabel es letztendlich ist, spielt keine wesentliche Rolle.
Die Kombination der Staatsanwaltschaft mit der Kapo und der Repol ist sinnvoll. Aus regionalpolitischer Sicht ist der Standort austariert. Das Synergiepotenzial ist für die FDP planerisch optimiert und
ausgenutzt. Die nötigen Reserven sind eingerechnet. Es muss aber sichergestellt sein, dass das Potenzial auch umgesetzt und die geplante Wirkung eintritt. Für die FDP ist es wichtig, dass zum Beispiel unsere gut ausgebildeten Polizisten auch für die Sicherheit eingesetzt und nicht in der Bürokratie
verheizt werden. Die Abläufe müssen so optimiert werden, dass möglichst wenig Büroraum für die
Polizeikräfte benötigt werden. Die Standards der KAPO verlangen 33 Prozent sichtbare Präsenz für
die Bevölkerung. Wir müssen vermeiden, dass 67 Prozent der Zeit als Bürokratie vernichtet wird. Die
Abläufe mit den Staatsanwaltschaften müssen optimiert werden. Auch die Staatsanwaltschaften Laufenburg und Rheinfelden unter sich haben die einmalige Chance, ihre Arbeit zugunsten des Steuerzahlers des Kantons Aargau optimal zu organisieren. Die Verhältnisse für alle Organisationen werden
sehr gut sein. Wir gehen davon aus, dass es auf die Motivation der Mitarbeiter einen starken Einfluss
haben wird.
Die FDP wird den Anträgen zustimmen und bittet Sie, das Gleiche zu tun.
Portmann-Müller Barbara, GLP, Lenzburg: Die Grünliberalen stimmen dem Grosskredit zu. Wir beurteilen dies eigentlich gleich wie die Vorredner. Ich muss da nicht viel wiederholen.
Einen negativen Punkt haben wir gefunden: Wir finden, dass der Mieterausbau relativ teuer ist.
Insgesamt noch eine Bemerkung zum Verfahren mit den Mitberichten der Kommission AVW: Wir begrüssen dies im Grundsatz und merken aber, dass wir diese Verfahren noch standardisieren müssen,
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30. Oktober 2012
damit wir möglichst wenig Doppelspurigkeiten bewirken. Des Weiteren ist es eine gute Chance, wenn
dann die neue Legislatur beginnt, dass wir bei der Besetzung der AVW, bei der Auswahl der Kommissionsmitglieder, darauf schauen und versuchen, einige Baufachleute in die Kommission zu wählen.
Damit wir da bei künftigen Bauvorhaben wirklich den gewünschten Nutzen durch diese Mitberichte
erreichen können. Im Moment scheint die AVW dies noch nicht zu erfüllen.
Huonder-Aschwanden Trudi, CVP, Egliswil: Im April hat der Regierungsrat die Standorte der regionalen Staatsanwaltschaften mit Ausnahme der Staatsanwaltschaft für die Bezirke Laufenburg und
Rheinfelden festgelegt. Durch die Zusammenführung der Staatsanwaltschaft werden zusätzliche Büroflächen benötigt, weil an den beiden Standorten Laufenburg und Rheinfelden diese nicht ausreichend vorhanden sind. Die IMAG hat mit externen Partnern nach einem geeigneten Standort gesucht.
Die Stadtbehörden von Laufenburg und Rheinfelden waren bei der Objektsuche einbezogen. Insgesamt wurden 13 Objekte geprüft, von denen wiederum fünf Objekte auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht wurden. Schliesslich blieben die drei folgenden Objekte zur definitiven Prüfung: Neubau Areal
Werkhof in Rheinfelden, Businesspark Weiherfeld in Rheinfelden und Annexbau Roter Löwen in Laufenburg. Das Areal Werkhof in Rheinfelden weist im Kostenvergleich die beste Wirtschaftlichkeit auf.
Bei beiden Optionen, sowohl bei den einmaligen als auch bei den wiederkehrenden Aufwendungen,
liegt das Objekt an erster Stelle. Die jährlichen Aufwendungen beinhalten den Mietzins, der aufgrund
der bereits sehr guten Mietzinsangebote nicht tiefer angesetzt werden kann. Das gesamte Areal ist
jedoch im Besitze der Ortsbürgergemeinde Rheinfelden, die einen Verkauf der Liegenschaft konsequent ablehnt. Das Projekt stellt eine gute wirtschaftliche Lösung mit optimaler Lage zu den wichtigsten Verkehrsachsen in Richtung Basel, Zürich und Rheinfelden Innenstadt dar. Zudem ist die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet. Mit der Unterbringung der Staatsanwaltschaft
und der Kantonspolizei Rheinfelden auf dem Areal Werkhof in Rheinfelden würden Synergien optimal
genutzt.
Koller Peter, SP, Rheinfelden: Wenn der Regierungsrat dem Grossen Rat eine Vorlage in der Höhe
von 3 Millionen Franken mit jährlich wiederkehrenden Kosten von 300’000 Franken vorbereitet – das
sind ungefähre Zahlen – ist unsere Aufgabe klar: Wir müssen sorgfältig prüfen, ob die "servierte Suppe" schmeckt, ob sie mundet und ob sie gut bekommt. Sie haben jetzt die Suppe in papierener Form
gelesen, wir haben die Suppe in Rheinfelden selbst angeschaut, meine Vorredner haben Ihnen die
Suppe in mündlicher Form serviert. Ich kann nichts Neues servieren. Alles, was es zu sagen gibt, ist
an sich schon gesagt worden. Was ich noch machen kann, ist: Ich kann Ihnen das Testurteil zur Suppe der SP bekannt geben: Wir stehen hinter dieser Vorlage. Wir wissen, dass es zwei, drei Haare in
der Suppe hat. Diese sind erwähnt worden: "Miete statt Kauf". Darüber kann man diskutieren. Dann
der in der jetzigen Entwicklung etwas heikle Entscheid, dass die Räumlichkeiten für die Staatsanwaltschaft in Rheinfelden gebaut werden und nicht in Laufenburg. Dies, weil der obere Bezirk im Fricktal
im Moment turbulentere Zeiten durchmacht und ein Zeichen in diese Richtung vielleicht gut wäre.
Trotzdem steht die SP voll hinter dieser Vorlage. Sie wird sie überweisen und bittet Sie auch, das
Gleiche zu tun.
Dr. Hofmann Urs, Regierungsrat, SP: Ich danke Ihnen für die positive Aufnahme dieser Vorlage. Der
Regierungsrat hat sich den Standortentscheid zwischen Laufenburg und Rheinfelden nicht einfach
gemacht. Deshalb hat die ganze Angelegenheit auch etwas länger gedauert, als wir uns dies zu Beginn dieses Prozesses selbst vorgestellt hatten. Am Schluss waren aber die Angebote in räumlicher
Hinsicht, die seitens der Stadt Laufenburg und seitens der Stadt Rheinfelden vorgetragen wurden,
derart eindeutig, dass der Entscheid für Rheinfelden getroffen werden musste, nicht nur aufgrund der
Örtlichkeiten und der Verteilung der Strafverfahren, sondern eben vor allem auch aufgrund des konkreten baulichen Angebots, das in Rheinfelden seitens der Ortsbürgergemeinde dem Kanton unterbreitet wurde.
In der weiteren Phase haben wir auch die baulichen Detailfragen, den Mieterausbau, einlässlich geklärt und in einer weiteren Runde noch Einsparungen in der Grössenordnung von 400’000 bis 500’000
Franken generieren können. Dass der Mieterausbau heute dennoch als eher teuer umschrieben wurde, liegt darin, dass gerade bei einer Staatsanwaltschaft und bei der polizeilichen Nutzung sehr viele
Applikationen im Bereich der Sicherheit eingebaut werden müssen, die mit entsprechenden Kosten
verbunden sind; das zeigt auch der Vergleich mit Zofingen oder Muri. Die Ausbaukosten liegen erheblich höher, als dies bei konventionellen Büroräumlichkeiten der Fall ist.
Ich bitte Sie, auf die Vorlage einzutreten und sie gutzuheissen.
Vorsitzende: Eintreten ist unbestritten.
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Art. 2178
Detailberatung
Keine Wortmeldungen.
Abstimmung
Antrag 1 wird mit 122 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 2 wird mit 127 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Beschluss
1. Für den Mieterausbau und den Mietzins für die Unterbringung der Staatsanwaltschaft RheinfeldenLaufenburg und der Kantonspolizei auf dem Areal Werkhof in Rheinfelden wird ein Grosskredit für
einen einmaligen Nettoaufwand von Fr. 3'141'000.– (Schweizerischer Baupreisindex, Nordwestschweiz, Bürogebäude; Indexstand 1. Oktober 2010) und für einen jährlich wiederkehrenden Nettoaufwand von Fr. 297'000.– beschlossen. Der einmalige Kreditanteil passt sich um die indexbedingten Mehr- oder Minderaufwendungen an.
2. Der folgende parlamentarische Vorstoss wird abgeschrieben:
(10.28) Postulat Adrian Ackermann, FDP, Kaisten, Elisabeth Burgener, SP, Gipf-Oberfrick, Roger
Fricker, SVP, Oberhof, Gertrud Häseli, Grüne, Wittnau, Rudolf Lüscher, CVP, Laufenburg (Sprecher), Christoph Riner, SVP, Zeihen, Martin Steinacher, CVP, Gansingen, vom 19. Januar 2010
betreffend Standort der Staatsanwaltschaft Fricktal.
Fakultatives Referendum
Der Beschluss gemäss Ziffer 1 untersteht dem fakultativen Referendum gemäss § 63 Abs. 1 lit. d der
Kantonsverfassung. Die Staatskanzlei wird mit der Publikation im Amtsblatt beauftragt.
2178 Postulat Theres Lepori, CVP, Berikon, vom 5. Juni 2012 betreffend Massnahmen zur Rekrutierung von Polizistinnen und Polizisten sowie künftigen Polizeiaspirantinnen und Polizeiaspiranten; Überweisung an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
(vgl. Art. 1919)
Mit Datum vom 29. August 2012 erklärt sich der Regierungsrat bereit, das Postulat entgegenzunehmen und beantragt mit folgender Begründung die gleichzeitige Abschreibung:
1.
Bestehende Ausgangslage betreffend Aufwuchs
Das Gesetz über die Gewährung der öffentlichen Sicherheit (Polizeigesetz, PolG) legt in § 13 fest,
dass sich der Mindestbestand des Kantonspolizeikorps nach der jeweiligen Anzahl der Kantonsbevölkerung richtet. Pro 700 Kantonseinwohnerinnen und Kantonseinwohnern ist mindestens eine Polizistin
beziehungsweise ein Polizist erforderlich. Für die Errechnung der Verhältniszahl mitgerechnet werden
dürfen die Polizistinnen und Polizisten der Stadt- und Regionalpolizeien, sofern sie über eine anerkannte Berufsausbildung verfügen. In § 65 PolG wird ergänzt, dass diese Verhältniszahl innert zehn
Jahren nach Inkrafttreten des Polizeigesetzes, also bis 2017 erreicht werden müsse.
Das Ziel des Regierungsrats ist es, den geforderten Personalaufbau zusammen mit den Polizeikräften
der Gemeinden zu erreichen. Dabei wird die relative Quote der Polizeibestände per 2010 berücksichtigt. Das heisst, die Kantonspolizei hat 2/3 und die Polizeikräfte der Gemeinden haben 1/3 zum Aufbau beizutragen.
Mit Regierungsratsbeschluss Nr. 2010-000188 vom 27. Januar 2010 ermächtigte der Regierungsrat
das Departement Volkswirtschaft und Inneres, die für die Kantonspolizei erforderlichen Personalaufbauschritte im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) abzubilden.
2.
Rekrutierung
Die geplante Personalaufstockung bei der Kantonspolizei bis ins Jahr 2017 ist bisher vollumfänglich
eingehalten worden. Dies soll auch weiterhin der Fall sein. Trotz der zu erwartenden schwierigen Finanzjahre sind die für die Personalaufstockung nötigen Stellen und Finanzen im AFP 2013–16 enthalten.
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Art. 2179
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Die Rekrutierung von Polizeiaspirantinnen und Polizeiaspiranten findet derzeit in einem schwierigen
Umfeld statt. Junge leistungsfähige Berufsleute sind in allen Wirtschaftssparten sehr gefragt. Auch die
Polizeikräfte der Gemeinden, unsere Nachbar-Polizeikorps und das Grenzwachtkorps sind teilweise
am Aufbauen und suchen intensiv neues Personal. Sie werben dabei auch in unserem Kanton.
Damit die Kantonspolizei ihr Aufbauvorhaben zeitgerecht erreichen kann, hat sie verschiedene Zusatzmassnahmen getroffen. Unter anderem wurden das Werbebudget verdoppelt und der Personalund Ausbildungsdienst personell verstärkt.
Im Bereich der Mitarbeitendenerhaltung führte die Kantonspolizei per Juli 2012 ein breit abgestütztes
und fortschrittliches Konzept für Teilzeitarbeit ein. Durch die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf
und Familie sowie von Beruf und externen Weiterbildungen konnte die Attraktivität der Arbeitgeberin
Kantonspolizei gerade für junge Berufsleute ein weiteres Mal verbessert werden.
Da der personelle Aufbau auch infrastrukturelle Konsequenzen für die Polizeigebäude hat, sind zusammen mit dem Departement Finanzen und Ressourcen (Abteilung Immobilien Aargau [IMAG]) bereits umfangreiche Projektarbeiten zur Sicherstellung des Raumbedarfs in Angriff genommen worden.
Mit all diesen Massnahmen will die Kantonspolizei, trotz schwierigem Umfeld, auch weiterhin genügend und guten Nachwuchs rekrutieren, damit der Personal-aufwuchs bis 2017 tatsächlich realisiert
werden kann.
3.
Steigende Zahl der Einbruch- und Einschleichediebstähle
Im Zehnjahresvergleich hat die Zahl der Einbruch- und Einschleichediebstähle abgenommen, von
rund 3'500 auf 2'919 Fälle. Werden jedoch die letzten beiden vollständigen Statistikjahre 2010 und
2011 miteinander verglichen, musste eine leichte Zunahme von 2 % verzeichnet werden. Dies liegt
noch im Rahmen der jährlichen Schwankungsbreite. Beim Vergleich des 1. Halbjahrs 2012 mit der
Vergleichsperiode 2011 ist jedoch ein Anstieg von 30 % zu verzeichnen. Im gleichen Zeitraum haben
auch andere Vermögensdelikte wie Fahrzeugaufbrüche, Taschen- und Trickdiebstähle zugenommen.
Gleichzeitig zeigen die Gewaltdelikte eine gegenläufige Entwicklung, indem sie im gleichen Zeitraum
um ca. 10 % abgenommen haben.
Um dieser Situation zu begegnen, haben der Vorsteher des Departements Volkswirtschaft und Inneres sowie die Vorsteherin des Departements Gesundheit und Soziales anfangs Juli 2012 gemeinsam
die Taskforce "Crime Stop" eingesetzt. Darin sind departementsübergreifend verschiedene Abteilungen involviert. Mit der Umsetzung kurz-, mittel- und langfristiger Massnahmen sollen sowohl die Zahl
der Straftaten sowie Belästigungen reduziert als auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erhöht werden.
Generell kann aber festgehalten werden, dass die allgemeine Lage der inneren Sicherheit im öffentlichen Raum im Mehrjahresvergleich weiterhin stabil ist. Ferner ist die Kriminalitätslage im Kanton Aargau vergleichbar mit derjenigen in anderen Kantonen, dies trotz der geringsten Polizeidichte im Kanton Aargau.
Zusammenfassend hält der Regierungsrat fest, dass der gesetzlich vorgeschriebene polizeiliche Aufwuchs, trotz schwierigem Umfeld, bis anhin ordnungsgemäss vorangeschritten ist, auch dank verschiedener Massnahmen, die gezielt dafür getroffen worden sind. Er wird den weiteren Fortschritt
beobachten und sich dafür einsetzen, dass das verankerte Ziel von
einem Polizeiangehörigem pro 700 Einwohnerinnen und Einwohner bis im Jahr 2017 erreicht sein
wird. Ein darüber hinausgehender Aufwuchs erscheint ihm dagegen nicht angezeigt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'281.–.
Vorsitzende: Die Überweisung des Postulats sowie dessen gleichzeitige Abschreibung bleiben unbestritten. Das Postulat wird stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen und gleichzeitig von der
Kontrolle abgeschrieben.
2179 Postulat Dr. Dragan J. Najman, SD, Baden, vom 5. Juni 2012 betreffend “Rigorose Massnahmen gegen kriminelle Asylanten”; Ablehnung
(vgl. Art. 1920)
Mit Datum vom 29. August 2012 beantragt der Regierungsrat, das Postulat mit folgender Begründung
abzulehnen:
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Formelles
Das vorliegende Postulat bezieht sich auf Massnahmen im alleinigen Zuständigkeitsbereich des Regierungsrats. Die im Geschäftsverkehrsgesetz festgelegte Zuständigkeitsordnung sieht vor, dass Postulate nur für Gegenstände eingereicht werden können, welche in die Zuständigkeit des Grossen Rats
fallen. Das Postulat kann deshalb bereits aus formellen Gründen nicht entgegengenommen werden.
Materielles
Materiell nimmt der Regierungsrat gleichwohl wie folgt Stellung.
Infolge der in den ersten fünf Monaten dieses Jahrs gestiegenen Anzahl von Einbruchdiebstählen in
Fahrzeugen fordert das Postulat vom Regierungsrat die Ergreifung von Massnahmen gegen kriminelle
Asylsuchende, explizit deren sofortige Ausschaffung in das nächstgelegene Nachbarland. Das Postulat geht davon aus, dass eine solche sofortige Ausschaffung im Rahmen des Schengen-DublinAbkommens zulässig ist. Im Weiteren moniert der Postulant, dass die ungenügende Gesetzeslage
dazu führt, dass kriminelle Asylsuchende innert weniger Stunden wieder auf freiem Fuss sind und
weiter delinquieren können.
In der Beantwortung der (11.379) Interpellation René Kunz, SD, Reinach (Sprecher) und Dr. Dragan
Najman, SD, Baden, vom 13. Dezember 2011 betreffend Wert der Schengen-Dublin-Verträge hat der
Regierungsrat Ausführungen zur rechtlichen Ausgestaltung und zum Vollzug des Dublin Assoziierungsabkommens in der Praxis gemacht. Mit der Beantwortung des (11.75) Postulats René Kunz, SD,
Reinach, vom 15. März 2011 betreffend öffentliche Zusammenrottung im Kanton Aargau weilender
Ausländer (Illegale, Asylbewerber usw.) hat der Regierungsrat aufgezeigt, welche Schwierigkeiten
sich beim Vollzug von Wegweisungen in der Praxis ergeben. Die Ausführungen in den beiden Beantwortungen sind nach wie vor zutreffend, weshalb für weitere Details darauf verwiesen wird. Zusammenfassend kann Folgendes festgehalten werden:
Die Gesetzgebung im Bereich des Ausländer- und Asylrechts (Art. 121 Bundesverfassung, BV) sowie
im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten (Art. 54 BV) ist Sache des Bundes. Für Entscheide über
Gewährung und Verweigerung von Asyl ist gemäss Art. 6a des Asylgesetzes (AsylG) das Bundesamt
für Migration (BFM) zuständig. Asylsuchenden kommt nach Art. 42 AsylG bis zum Abschluss des
Asylverfahrens ein gesetzliches Anwesenheitsrecht zu. Solange die Bundesbehörden noch nicht endgültig über das Asylgesuch entschieden haben, ist somit eine (sofortige) Ausschaffung nicht zulässig.
Ein allfälliges deliktisches Verhalten lässt diesen Anspruch nicht untergehen. Liegt ein vollziehbarer
Wegweisungsentscheid vor, setzt das Amt für Migration und Integration Kanton Aargau (MIKA) alles
daran, die Rückführung in das Herkunftsland umgehend zu vollziehen. Allerdings sind der Durchsetzungsfähigkeit aus tatsächlichen, von der Behörde nicht beeinflussbaren Gründen Grenzen gesetzt.
Schwierigkeiten bestehen bei der Identifizierung weggewiesener Personen sowie der Beschaffung
gültiger Reisedokumente. Das mangelnde Interesse oder die fehlende Möglichkeit gewisser Herkunftsstaaten, den Schweizer Behörden dabei rasch und effizient Hand zu bieten, kann teilweise auch
zu längeren Verzögerungen im Wegweisungsvollzug führen. Die Ausschaffung von Weggewiesenen,
deren Identität und/oder Staatsangehörigkeit nicht mit den notwendigen Identitäts- beziehungsweise
Reisepapieren nachgewiesen werden kann, verstösst gegen internationales und schweizerisches
Recht (rechtswidrige Ausreise beziehungsweise deren Förderung, Art. 115 und 116 Bundesgesetz
über die Ausländerinnen und Ausländer [Ausländergesetz, AuG]).
Das Dublin-Assoziierungsabkommen regelt, dass derjenige Staat für das Asylverfahren (inklusive
Rückführung in das Herkunftsland) zuständig ist, in dem erstmalig um Asyl ersucht worden ist (sogenanntes Erstasylland). Eine Rückführung aus einem anderen Dublin-Staat in das Erstasylland setzt
dessen Zuständigkeit und Zustimmung zur Rückübernahme voraus. Eine sofortige Ausschaffung in
das nächstgelegene Nachbarland ohne Beachtung dieser Regelung widerspricht dem DublinAssoziierungsabkommen. Eine Ausschaffung in das nächstgelegene Nachbarland dürfte aber auch
unabhängig davon nicht im Interesse der Schweiz liegen, wenn sich alle unsere Nachbarstaaten auf
Gegenrecht berufen und ihrerseits alle kriminellen Asylsuchenden in die Schweiz abschieben würden.
Aufgrund des Anstiegs der Vermögensdelikte in den ersten Monaten dieses Jahrs, unter anderem
hervorgerufen durch deliktisches Verhalten von Asylsuchenden aus Nordafrika, haben der Vorsteher
des Departements Volkswirtschaft und Inneres sowie die Vorsteherin des Departements Gesundheit
und Soziales anfangs Juli 2012 gemeinsam die Taskforce "Crime Stop" eingesetzt. Diese hat in der
Folge ein Paket von Sofortmassmahnen erarbeitet, die seit dem 20. Juli 2012 umgesetzt werden. Zu
den wichtigsten Sofortmassnahmen gehören erhöhte Polizeipräsenz und Polizeikontrollen (insbesondere in Quartieren oder an Örtlichkeiten mit einer Häufung von Problempersonen und Delikten), inten-
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sivere Überwachung von Asylunterkünften durch das Personal des Kantonalen Sozialdiensts sowie
private Sicherheitsdienste, Sonderstaatsanwältinnen und Sonderstaatsanwälte, spezialisierte Ermittlungstruppen der Kantonspolizei sowie engere Rayonbeschränkungen von Asylsuchenden, die die
öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden. Dieses Massnahmenpaket wirkt einerseits präventiv als
auch repressiv der gestiegenen Kriminalität entgegen und trägt entscheidend zur Verbesserung der
Sicherheit der Aargauer Bevölkerung bei. Weitere Massnahmen, die mittel- bis langfristig umgesetzt
werden, sind im Rahmen der weiteren Arbeiten der Taskforce in Planung.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es für Asylsuchende kein "Sonderstrafrecht" gibt und diese im
Strafverfahren deshalb nicht anders als andere Straffällige behandelt werden dürfen. Auch für Asylsuchende gilt der Grundsatz, dass eine strafprozessuale Inhaftierung nur zulässig ist, wenn ein Haftgrund nach Art. 221 der Schweizerischen Strafprozessordnung (Strafprozessordnung, StPO) besteht
und die Haft vom zuständigen Zwangsmassnahmengericht angeordnet worden ist. Die vom Postulant
angesprochenen Asylsuchenden begehen üblicherweise Straftaten, die strafrechtlich gesehen im Einzelfall nicht so schwer wiegen, dass ein Haftgrund rechtsgenüglich nachgewiesen werden kann. Vielfach kann erst bei Mehrfachtätern eine Untersuchungshaft gestützt auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr begründet werden.
Um die Erkennung von Mehrfachtätern zu verbessern und eine effizientere und wirkungsvollere Vorgehensweise sicherzustellen, hat das Departement Volkswirtschaft und Inneres anlässlich einer Strategietagung vom 29. Mai 2012 Massnahmen beschlossen, die Zusammenarbeit zwischen der Kantonspolizei und den Staatsanwaltschaften zu intensivieren und den Datenaustausch auszubauen. So
werden insbesondere auch bei Straftaten im Bereich der Kleinkriminalität die Geschäftskontrolle der
Kantonspolizei konsequent auf jegliche Vorgänge in den letzten sechs Monaten konsultiert und die
Staatsanwaltschaft umgehend beziehungsweise im Rahmen der Anzeige informiert. Damit wird sichergestellt, dass der Handlungsspielraum für die Anordnung von strafprozessualen Inhaftierungen
ausgeschöpft wird.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'163.–.
Dr. Najman Dragan, SD, Baden: Einleitend möchte ich Folgendes sagen: Der Regierungsrat hat gegenüber den meisten Grossratsmitgliedern den grossen Vorteil, dass er sich hinter einer Unzahl von
Paragrafen, Artikeln usw. usf. von allen möglichen Verfassungsartikeln, Gesetzen, Verordnungen usw.
usf. verschanzen kann, die für 99,95 Prozent der Normalbürger unverständlich sind. Vor allem die
Nennung von Nummern dieser Gesetze usw. ist besonders geeignet, um die Antworten des Regierungsrats noch unverständlicher zu machen. Ich habe versucht, dieses Juristendeutsch soweit wie
möglich auf normales Deutsch zu übersetzen.
Hier folgt meine Übersetzung, wobei ich auf die Wiederholung der jeweils genannten Artikel verzichte,
in der Annahme, dass diese den anwesenden Grossrätinnen und Grossräten, selbst wenn Sie Juristen sind, kaum etwas sagen werden. Soweit ich die komplizierten Antworten des Regierungsrats verstanden habe, kann man während der Asylverfahren nichts gegen kriminelle Asylbewerber unternehmen, weil sie gesetzlich geschützt sind. Nach dem Verfahrensabschluss kann man aber leider ebenso
wenig unternehmen. Ich gebe hier folgenden Satz des Regierungsrats wieder: "Allerdings sind der
Durchsetzungsfähigkeit (gemeint sind vollziehbare Wegweisungsentscheide) aus tatsächlichen, von
der Behörde nicht beeinflussbaren Gründen Grenzen gesetzt."
Also wie gesagt, so oder so können alle Leute, denen es gelingt, die Schweizer Grenze zu überschreiten – und das ist bekanntlich bei den offenen Grenzen um die Schweiz nicht allzu schwer – bis zum
St. Nimmerleinstag hierbleiben. Offenbar dienen alle vom Bundesrat erlassenen und allenfalls vom
Parlament in Bern genehmigten Gesetze betreffend Ausländer lediglich diesen und nicht denjenigen,
für die diese Gesetze eigentlich gemacht sein sollten, nämlich für die einheimische Bevölkerung.
Ich frage mich, ob es eine weitere Demokratie auf unserem Planten gibt, in der die Gesetze vor allem
die Ausländer schützen, insbesondere wenn sie illegal anwesend sind. Gesamthaft betrachtet, scheint
mir die Antwort des Regierungsrats ein verzweifelter Versuch zu sein, dessen totale Hilflosigkeit und
natürlich auch die des Gesamtbundesrats in Sachen Asylunwesen, hinter unverständlichen Paragrafen und Artikeln zu verstecken.
Auf Seite 2 unten und auf Seite 3 oben macht der Regierungsrat in Besänftigung, indem er die anfangs Juli 2012 eingesetzte Taskforce "Crime Stop" erwähnt. Wenigstens tönen die Namen gut:
Taskforce und Crime Stop. Hauptsache es ist Englisch, dann muss es ja gut sein.
Ich verzichte hier auf die Wiederholung der genannten wichtigsten Sofortmassnahmen, denn diese
werden ebenso wenig nützen, wie diejenigen der letzten paar Jahrzehnte. Unsere Regierenden machen leider immer wieder denselben Fehler: Sie halten nämlich die Asylanten und ihre Schlepper für
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so dumm und glauben, dass diese nicht immer wieder neue Möglichkeiten finden können, um ins
Schlaraffenland Schweiz zu gelangen. Wohlwissend, dass sie, wenn sie einmal hier sind, nicht mehr
ausgeschafft werden können. Sollte einmal tatsächlich ein Wegweisungsentscheid gegen einen illegal
eingereisten Ausländer erlassen werden, gibt es immer noch sogenannte Hilfsorganisationen, die
Betonung liegt auf sogenannte, wie Caritas, HEKS, Brot für alle usw., die den Entscheid durch unzählige Rekurse, Widererwägungsgesuche usw. usf. zunichte machen. Es ist ja logisch, denn es ist ja
Sinn und Zweck dieser Hilfsorganisationen, dafür zu sorgen, dass möglichst vielen ihrer Mitglieder die
Arbeit nie ausgeht.
Zum Schluss möchte ich folgende Frage an den Regierungsrat richten: Glauben Sie wirklich an folgenden Satz, siehe 1. Absatz auf Seite 3: "Dieses Massnahmenpaket (gemeint ist die Taskforce "Crime Stop") wirkt einerseits präventiv als auch repressiv der gestiegenen Kriminalität entgegen und trägt
entscheidend zur Verbesserung der Sicherheit der Aargauer Bevölkerung bei."
Wenn Sie an diese Aussage glauben – und dies gerade mal knapp zwei Monate nach der Einsetzung
der erwähnen Taskforce "Crime Stop", ich kann diesen wunderschönen Namen nicht oft genug nennen, denn wenigstens der Name klingt gut – kann ich dem Regierungsrat nur sagen, träumen Sie
schön weiter, nur das Erwachen wird wohl weniger schön sein! Der allergrösste Teil der Schweizer
Bevölkerung hält von solchen Träumen schon lange nichts mehr. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen im Grossen Rat, nicht mit dem Regierungsrat zu träumen, sondern meinem Postulat zuzustimmen
und so zumindest den Versuch zu starten, aus dem Asylunwesen wieder ein Asylwesen zu machen.
Dr. Hofmann Urs, Regierungsrat, SP: Hinsichtlich der Rechtslage – und die ist bei uns in Paragrafen
und Artikeln gefasst – verweise ich auf die Ausführungen des Regierungsrats. Offenbar wurden diese
Paragrafen auch nachgelesen und waren deshalb auch für den Postulanten verständlich.
Was die Anzahl der weggewiesenen Asylbewerber und der Ausschaffungen betrifft, verweise ich auf
den Aufgaben- und Finanzplan, worin diese Zahlen alljährlich aufgeführt sind und nachgelesen werden können. Herr Dr. Dragan Najman wird sehen, dass es sich dabei nicht um Null-Ziffern handelt,
sondern um eine erhebliche Anzahl von Personen.
Zur Bemerkung auf Seite 3 oben: Ich weise darauf hin, dass zurzeit mehrere Dutzend Personen, die
sich in einem Asylverfahren befinden, in Haft gesetzt sind – sei es Untersuchungshaft, sei es der Vollzug von Freiheitsstrafen. Deshalb können sie ihrem kriminellen Treiben nicht mehr nachgehen. Dies
ist unter anderem auch eine Folge der Mitte Jahr ergriffenen zusätzlichen Massnahmen.
Ich bitte Sie, das Postulat in dieser Form und mit dieser Ausrichtung abzulehnen.
Abstimmung
Das Postulat wird mit 116 gegen 4 Stimmen abgelehnt.
2180 Interpellation Theres Lepori, CVP, Berikon, vom 12. Juni 2012 betreffend Einrichtung der
verkehrsmedizinischen Kontrollstelle am Kantonsspital Aarau (KSA); Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1952)
Mit Datum vom 29. August 2012 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
1.
Grundsätzliches
Das Strassenverkehrsamt muss bei Vorliegen einer die Fahreignung ausschliessenden Sucht den
Führerausweis entziehen, das heisst, einen sogenannten vorsorglichen Sicherungsentzug anordnen
(vgl. Art. 14 Abs. 2 Bst. c und Art. 16 Abs. 1 des Strassenverkehrsgesetzes [SVG] vom 19. Dezember
1958). Gleichzeitig ist eine verkehrsmedizinische Begutachtung anzuordnen.
Der Führerausweis ist eine sogenannte Polizeibewilligung. Die Bewerberinnen beziehungsweise Bewerber für den Führerausweis haben nachzuweisen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind, und sie
haben die Kosten zu tragen, die bei der Beschaffung der Entscheidgrundlagen anfallen. Dazu gehören
auch die Kosten der Abstinenzkontrollen. Eine gesetzliche Grundlage, dass allenfalls das Strassenverkehrsamt die Kosten ganz oder teilweise übernimmt, besteht nicht.
2.
Abstinenzenkontrolle durch das Kantonsspital Aarau (KSA)
Das Kantonsspital Aarau (KSA) führt seit April 2012 an seinem Standort Bahnhofplatz 3c in Aarau die
verkehrsmedizinischen Kontrollen betreffend Abstinenzen durch.
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Sowohl das KSA als auch das Strassenverkehrsamt verfolgen ein aktives Qualitätsmanagement, welches alle Bereiche systematisch analysiert und standardisiert; dies analog zu den Prozessen, wie sie
in anderen europäischen Ländern rechtmässig vorgeschrieben sind und auch durchgeführt werden.
Referenzlaboratorien sind in der Schweiz und auch international nach Normen akkreditiert (unter anderem ISO 15189, ISO 17025, ISO 17021). Dies beinhaltet nicht nur die reine Analytik, sondern auch
die Prä- und die Postanalytik. Es umfasst unter anderem die eindeutige Identifikation der Probanden,
des Probenmaterials, des Zustands der Proben (Temperatur, Farbe, Beschriftung, Schaum, etc.), der
Dichtigkeit der Gefässe und des gesicherten Transports der Proben zum Labor. Dort erfolgt die Analyse aus dem Primärröhrchen und Doppelbestimmungen mit auf eine internationale Norm kalibrierten
Geräten mit entsprechenden internen und externen Qualitätskontrollen. Alle Lotnummern sind inklusive Verfalldaten festgehalten. Mess- und Kontrollresultate sind nach entsprechenden strengen Vorgaben dokumentiert, ansonsten nicht gemessen werden kann. Die Proben aller Probanden werden mit
denselben Geräten, Reagenzien und Methoden gemessen, was eine Vergleichbarkeit garantiert, inklusive Cut-offs zwischen normalem und pathologischem Befund. Back-up-Systeme erlauben zusätzliche Kontrollen bei Problemen oder Unstimmigkeiten. Es ist jederzeit ersichtlich (rückführbar), wer
welche Probe wann auf welchem Gerät mit welchen Kontrollen und Kalibratoren unter welchen Umständen gemessen hat. Dazu gehören auch Untersuchungen, die eine Manipulation des Probenmaterials entdecken.
Alle Resultate unterstehen einer technischen, genau beschriebenen und geschulten Validation durch
eine diplomierte Laborantin oder einen diplomierten Laboranten (BMA HF). Die Beurteilung wird
schriftlich festgehalten. Danach geht das Resultat in die "medizinische" Validation durch einen Facharzt-Titelträger oder eine Facharzt-Titelträgerin Klinische Chemie (FAMH) (im KSA Prof. Dr. Andreas
Huber und dipl. pharm. Roberto Herklotz), und schliesslich wird die Analytik als System durch einen
akademischen Fachspezialisten oder eine akademische Fachspezialistin mit Titel Toxikologie (SGRM)
(im KSA Prof. Dr. Thomas Keller) freigegeben. Zweifelsfälle werden von ihm speziell abgeklärt. Unklare Resultate werden an einem anderen Referenzzentrum (zurzeit Universitätsspital Zürich, Institut für
Klinische Chemie) mit einem komplett anderen Messverfahren nachgemessen respektive überprüft.
Die Laboratorien am KSA sind nur mit Batch betretbar. Eine Ein- und Ausgangskontrolle findet immer
statt und wird dokumentiert. Einträge am Informatiksystem sind benutzerabhängig und werden fortlaufend festgehalten. Es ist bekannt, wer wann welchen Eintrag gemacht hat.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass im Sinne einer gerechten, klar strukturierten Abstinenzkontrolle mit ziemlichem Aufwand sichergestellt wird, dass die Befunde korrekt sind und ein
allfälliger Missbrauch auf ein Minimum reduziert wird. Beides garantiert eine rechtsgleiche Behandlung.
Gespräche des Strassenverkehrsamts mit den Hausärztinnen und Hausärzten haben gezeigt, dass es
nicht möglich gewesen wäre, gemeinsam ein Verfahren wie beschrieben einzuführen. Der Aufwand ist
im Kontext einer Praxistätigkeit viel zu gross und droht das Personal zu überfordern. Auch können
solche Abläufe niemals standardisiert in ca. 300 Arztpraxen durchgeführt werden. Selbst falls die Kontrollen auf 25 Praxen reduziert würden, wäre der Koordinations- und Schulungsaufwand für die Sicherstellung einer einheitlichen Durchführung immens.
Es ist festzuhalten, dass nur dank der Zusammenarbeit mit dem KSA Gewähr besteht, dass jedes
einzelne Verfahren den Anforderungen an die Verkehrssicherheit genügt und die Betroffenen rechtsgleich behandelt werden.
Das KSA prüft die Möglichkeit der Errichtung von Zweigstellen. Dabei müssen aber die gleichen Qualitätsanforderungen erreicht werden. Leider ist das Labor des Kantonsspitals Baden nicht akkreditiert
und deshalb für diese Aufgabe nicht qualifiziert.
3.
Kosten
Die Rechnungen der einzelnen Kontrollen sind abhängig davon, ob Blut und/oder Urin zu analysieren
ist respektive sind. Die Kosten einer venösen Blutentnahme gemäss Tarmed, inklusive 8 % MwSt.,
betragen Fr. 23.65, die Kosten für eine überwachte Urinabgabe gemäss Tarmed, inklusive 8 % MwSt.,
Fr. 31.50. Weiter spielt es eine Rolle, nach welchen Stoffen zu analysieren ist. Hinzu kommt in allen
Fällen ein Kostenanteil für den administrativen Aufwand, der bei der zu kontrollierenden Kundschaft
erheblich ist.
So betragen heute die Rechnungen einer einzelnen umfassenden Alkoholabstinenzkontrolle
Fr. 210.05, für eine Kontrolle der Abstinenz einzig auf Tethrahydrocannabinol Fr. 112.– und für eine
umfassende, mehrere Suchtstoffe umfassende Drogenabstinenzkontrolle Fr. 277.30. Die Preise entsprechen der Eidgenössischen Analysenliste (AL) und gelten in der ganzen Schweiz für Spitäler, Privat-Laboratorien wie auch Arztpraxen. Billigere Angebote sind zwar bekannt, aber illegal. Zudem dür-
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fen die Gebühren für Abstinenzkontrollen nicht den Krankenkassen verrechnet werden, was immer
wieder geschieht.
4.
Weitere Bemerkungen
In der Begründung der Interpellation wird erwähnt, dass die Kontrollen bis anhin unangemeldet, das
heisst sehr kurzfristig, und unter Berücksichtigung der Arbeitszeiten, angesetzt werden mussten. Dies
trifft nicht vollumfänglich zu. Auf die Arbeitszeiten der Probanden durfte nur in zweiter Linie Rücksicht
genommen werden. Nur dank den kundenfreundlichen Öffnungszeiten des KSA (07.15 Uhr bis 19.45
Uhr) besteht nun für die Probanden die optimale Möglichkeit, die Kontrolltermine ausserhalb ihrer
Arbeitszeit wahrzunehmen.
Die Möglichkeit einer "unerwarteten" Kontrolle stellt ein wichtiger Faktor zur Einhaltung der Abstinenz
dar. Am KSA wurde ein spezielles Computerverfahren entwickelt, welches erlaubt, die Probanden
tatsächlich willkürlich aufzubieten.
Die Bemerkung, dass die Probanden die Kosten aller Kontrollen (zum Beispiel Fr. 3'200.–) im Voraus
überweisen müssten, ist ebenfalls nicht ganz zutreffend. Die Probanden müssen die Kosten einer
einzelnen Kontrolle im Voraus bezahlen. Der monatlich zu bezahlende Betrag schwankt also in der
Regel um wenige Hundert Franken.
Zur Frage 1: "Womit rechtfertigt sich die ausgelöste Kostensteigerung bei demselben Endprodukt und
wie werden die WZW-Kriterien umgesetzt (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit)?"
Dank der Kontrollen durch das KSA besteht Gewähr, dass alle WZW-Kriterien rechtsgleich erfüllt werden. Eine Kostensteigerung wurde nicht ausgelöst.
Soweit neu für einzelne Betroffene die Kontrollkosten – ohne Berücksichtigung von Reisespesen –
höher ausfallen sollten, so kann das nur daran liegen, dass die Kontrollen bisher nicht korrekt durchgeführt wurden oder dass die oder der bisher Kontrollierende auf eine Vollkostenrechnung verzichtete
oder dass Dritte wie Krankenversicherungen auf Kosten ihrer übrigen Versicherten Leistungen übernahmen. Zudem zeigt sich, dass für genau gleiche Kontrollen völlig unterschiedliche Kosten in Rechnung gestellt wurden. Die Kosten am KSA richten sich nach offiziellen Ansätzen wie Tarmed und eidgenössische Analysenliste. Einheitliche Kosten müssen das Ziel sein.
Zur Frage 2: "Wird das Zustimmungsprinzip praktiziert und wenn nein, wer übernimmt allenfalls die
Kosten bei Insolvenz des Probanden?"
Das Strassenverkehrsamt hält die Kontrollen und die Kontrollstelle in einer Verfügung fest. Diese
kann, wenn die oder der Betroffene nicht einverstanden ist, auf dem Rechtsweg angefochten werden.
Weder das Strassenverkehrsrecht des Bundes noch die einschlägigen kantonalen Ausführungsbestimmungen bieten die Möglichkeit zur Unterstützung von insolventen Personen bei Bezahlung von für Erteilung oder Belassung des Führerausweises unerlässlichen Drittleistungen.
Zur Frage 3: "Worin besteht der zusätzliche Nutzen dieser zentralen Kontrollstelle im KSA, nachdem
man in verschiedenen Gesundheitsbereichen zurück in die Regionen geht?"
Nur dank der Kontrollstelle im KSA besteht die Gewähr, dass die Auflagen im Zusammenhang mit
Suchterkrankungen in allen Fällen den heutigen Anforderungen an die Verkehrssicherheit entsprechend kontrolliert werden. Es ist eindeutig, dass bislang ganz unterschiedliche Verfahren (Prozess
und Analytik) angewandt wurden, die nicht den internationalen Gepflogenheiten entsprechen, nicht
rückführbar, nicht standardisiert und letztlich ungerecht waren.
Die Option einer besseren regionalen Versorgung wird geprüft.
Zur Frage 4: "Wäre nicht genau diese Kontrolle eine wertvolle und im Vertrauen unterlegte Tätigkeit
für den Hausarzt, um den Krankheitsverlauf zu begleiten und allenfalls sonstige soziale Probleme
aufzufangen?"
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Nein. Die Kontrollen sind im Interesse der Verkehrssicherheit unerlässlich. Die Verdienste der Hausärztinnen und Hausärzte bei der Begleitung eines Krankheitsverlaufs und beim Auffangen sonstiger
sozialer Probleme sind unbestritten. Gerade Abstinenzkontrollen belasten die Beziehung zwischen
Hausarzt und Proband, da Ersterer ja Letzteren und dessen Familie oft bestens kennt. Es ist viel besser, Hausärztinnen und Hausärzte von ihren "polizeilichen" Aufgaben wie Abstinenzkontrollen zu entlasten, damit sie sich mehr den psychologischen, psychiatrischen und sozialen Aufgaben widmen
können. Zudem würde es auch den Interessen der Verkehrssicherheit, dem Verhältnismässigkeitsprinzip, dem Gebot der rechtsgleichen Behandlung und den WZW-Kriterien zuwiderlaufen, wenn im
vermeintlichen individuellen Interesse Kranker Kontrollen zwar billiger, aber nicht korrekt und nicht
rechtsgleich durchgeführt würden.
Zur Frage 5: "Wie werden die Datenschutzbestimmungen eingehalten, nachdem hier nun verschiedenste Exponenten in den Prozess involviert werden."
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KSA unterliegen, genau gleich wie die Hausärztinnen und
Hausärzte und deren Mitarbeitende, den Datenschutzbestimmungen. Im Rahmen der Akkreditierung
des Labors des KSA gelten zusätzliche Datenschutzbestimmungen, die in Arztpraxen kaum Anwendung finden können. Die Konzentration auf eine Untersuchungsstelle kann also keine negativen Auswirkungen auf den Datenschutz haben. Im Gegenteil, die verschiedenen Mitarbeitenden kennen nur
einen Teilaspekt des Prozesses und machen ihren Part. Zudem sind die Mitarbeitenden viel weniger
in das Umfeld der Probanden eingebunden als Hausärztinnen und Hausärzte oder Praxisassistentinnen und Praxisassistenten in der unmittelbaren Umgebung, in einem Dorf oder in einer Kleinstadt. Ein
Routineprozess fern von zu Hause unterstützt eine Anonymisierung und schützt die Probandin beziehungsweise den Probanden vor Stigmatisierung, die im Umfeld geschehen kann.
Zur Frage 6: "Sind weitere Kontrollstellen geplant?"
Beim KSA sind Überlegungen im Gang, nebst der Kontrollstelle im Bahnhof Aarau weitere Kontrollstellen einzurichten. Wann und wo solche realisiert werden können, steht noch offen. Primär müssten
solche den gleichen Qualitätskriterien wie oben aufgeführt Genüge tun. Das KSA ist interessiert daran, eine solche Stelle zu evaluieren.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'989.–.
Lepori-Scherrer Theres, CVP, Berikon: Die Beantwortung meiner Interpellation betreffend Einrichtung
der verkehrsmedizinischen Kontrollstelle am Kantonsspital Aarau (KSA) mit Standortpraxis Bahnhofplatz erweckt den Eindruck einer schwallartigen Rechtfertigung. Es ist eine Rechtfertigung dieser Disziplin, welche seit April 2012 am KSA angesiedelt ist, weil den Hausärzten im Aargau diese Kompetenz entzogen wurde.
Es ist beruhigend zu hören, dass das KSA wie auch das Strassenverkehrsamt bei diesen Untersuchungen ein aktives Qualitätsmanagement verfolgen, welches alle Bereiche systematisch analysiert
und standardisiert, analog den Prozessen in anderen europäischen Ländern. Der Beschrieb der reinen Analytik, der Prä- und Postanalytik, wozu es Fachärzte, Titelträger, braucht in klinischer Chemie
sowie akademische Fachspezialisten mit dem Titel Toxikologie, erstaunen. Sie erstaunen, weil eben
bis anhin die Hausärzte und Bezirksärzte diesem Qualitätsanspruch nachkamen, zudem die Laboruntersuchungen schon immer am KSA, wie in der Gerichtsmedizin Zürich und Bern ausgewertet wurden.
Ich bin davon überzeugt, dass aus den Gesprächen mit den Hausärzten, erwähnt in der Beantwortung, eine ganz andere Qualität dieser Arbeit zum Vorschein kam. Es ist nämlich die Qualität des Behandelns einer Sucht oder eventuell das Erkennen und Auffangen einer Suchtgefahr.
Diese sozialmedizinische Sichtweise wurde in keiner Weise aufgenommen. Man spricht sogar allenfalls von einer belastenden Beziehung Arzt/Patient. Diese Aussage in der Interpellation zeigt, wie realitätsfremd die Arbeit des Hausarztes wahrgenommen wird und ist für mich daher selbstdeklarierend.
Noch nie hat eine Interpellation ein derart hohes Echo ausgelöst, gar über die Kantonsgrenze hinaus.
Probanten haben sich bei mir gemeldet, wie auch Hausärzte, welche die hohen Kosten 1 zu 1 kennen
und mit eigenen Augen die Zahlungsaufforderung gesehen haben. Ein Facharzt für Verkehrsmedizin
aus dem Raum Zürich hat mir sehr differenzierte Antworten gegeben und sieht die Kosten lediglich in
der Grössenordnung von 1’100 bis 1’300 Franken pro Jahr als gerechtfertigt an.
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Zusammengefasst halte ich fest, dass ich mit der Beantwortung nicht oder nur teilweise zufrieden bin,
weil auf die zentrale Frage eigentlich nicht eingegangen wurde.
Vorsitzende: Die Interpellantin erklärt sich von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
(Schluss der Sitzung um 12.31 Uhr)
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