8. IZZ-presseforum, Freitag, 5. Juli 2002, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg Welche Bedeutung hat die Zunahme allgemeinmedizinischer Erkrankungen der älteren Menschen für die zahnmedizinische Behandlung? (Es gilt das gesprochene Wort) Dr. Dr. Ralf Schön Assistenzarzt Der Zahnarzt wird durch die zunehmende Alterung der Bevölkerung vermehrt mit Patienten konfrontiert, die teilweise schwerwiegende allgemeinmedizinische Erkrankungen aufzeigen. Insbesondere Patienten nach langjähriger Exposition von Risikofaktoren wie z.B. Alkohol, Nikotin und einer ungünstigen Diät präsentieren gehäuft allgemeinmedizinische Erkrankungen. Für die Entstehung derartiger Erkrankungen wird den erwähnten Risikofaktoren teilweise mehr Bedeutung beigemessen als dem Lebensalter. Fortschritte in der apparativen Medizin und moderne chirurgische Techniken wie z.B. die Transplantationschirurgie oder onkologische Therapien sind weitere Faktoren die diese Entwicklung mit begründen. Allgemeinmedizinischen Erkrankungen muss bei einer zahnmedizinischen Behandlung besonders Rechnung getragen werden. Aufgrund der Häufigkeit stehen kardiovaskuläre Erkrankungen, die auch als Todesursache Nummer 1 in der westlichen Welt beschrieben werden, im Vordergrund. Zur Vermeidung von Behandlungskomplikationen, insbesondere bei einer zahnärztlich chirurgischen Therapie, ist das Erkennen von 8. IZZ-presseforum, 5. Juli 2002, Zahnklinik Freiburg derartigen Risikopatienten entscheidend Therapieplanung notwendig. 2 und eine sorgfältige Bei Patienten mit stark reduziertem Allgemeinzustand z.B. nach Organtransplantation mit Immunsuppression, Chemotherapie, Strahlentherapie, Diabetes mellitus oder schwerwiegenden kardiovaskulären Erkrankungen ist eine Entscheidung zu fällen, ob eine Behandlung sinnvoll ambulant in der Praxis durchführbar ist. Häufig steht die Allgemeinerkrankung im Vordergrund und bereits umschriebene zahnärztlich chirurgische Eingriffe können eine vitale Gefährdung darstellen. Eine interdisziplinäre, ggf. stationäre Behandlung in einer Fachklinik für ausgewählte Patienten kann empfehlenswert sein. Für die Planung zahnärztlichchirurgischer Eingriffe ist weiterhin die Frage zu klären, ob eine Behandlung in Lokalanästhesie ambulant durchführbar ist, oder ob der Patient zur Reduktion der psychischen Belastung bei einer chirurgischen Therapie von einer Vollnarkose profitieren würde. Die Narkosefähigkeit ist präoperativ von einem Anästhesisten zu überprüfen. Auch die größer werdende Gruppe der Patienten, die im Rahmen der Therapie von kardiovaskulären Erkrankungen oder postoperativ bei z.B. Zustand nach Herzklappenersatz oder Gefäßprothesen, die langfristig antikoaguliert, d.h. mit blutverdünnenden Mitteln behandelt werden, muss besondere Berücksichtigung in der zahnärztlichen Praxis finden. Diese Patienten sind über ein mögliches Blutungsrisiko informiert und häufig unter einer großen inneren Anspannung vor chirurgischen Eingriffen. Insbesondere für ältere Patienten die alleine leben und teilweise nur unter großen Anstrengungen die Aufgaben des täglichen Lebens bewältigen können, können derartige psychische Belastungen Schwierigkeiten bedeuten. Aufgrund der Alterung der Bevölkerung und der Fortschritte in der modernen medizinischen Versorgung ist von einer Zunahme von Allgemeinerkrankungen in der Bevölkerung auszugehen. Das Erkennen von Risikopatienten ist eine wichtige Voraussetzung für eine adäquate Therapieplanung, um unnötige teilweise lebensbedrohliche Behandlungskomplikationen zu vermeiden. Bei schwerwiegenden Allgemeinerkrankungen kann auch bei umschriebenen zahnmedizinischen Eingriffen die Betreuung in einer Fachklinik sinnvoll sein. D:\75945697.doc 8. IZZ-presseforum, Freitag, 5. Juli 2002, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg Die Bedeutung der Gewebealterung für chirurgische Eingriffe im Kiefer-Gesichtsbereich unter besonderer Berücksichtigung lebensbedrohlicher Erkrankungen, Zahnverlust und Ästhetik (Es gilt das gesprochene Wort) Professor Dr. med. Dr. med. dent. Rainer Schmelzeisen Ärztlicher Direktor Dem Gesicht als Spiegel der Seele kommt seit Jahrhunderten eine große Bedeutung, insbesondere in der darstellenden Kunst zu. In der Medizin sind Erkrankungen im Gesichtsbereich besonders gravierend, da sie sich nicht verbergen lassen und die Kommunikation mit der Umgebung oft im besonderem Maße beeinträchtigen. Parallel mit den Fortschritten der Chirurgie haben sich heute auch die Möglichkeiten der chirurgischen Veränderungen des Gesichtsbereiches sprunghaft weiterentwickelt. Während die Versorgung von Unfall- und Tumorpatienten insbesondere ein Bewahren bzw. Wiederherstellen des Gesichtes zum Ziel hat, stellen sich in zunehmendem Maß Patienten mit dem Wunsch einer Gesichtsveränderung aus ästhetischen Gründen vor. Patienten mit Dysgnathien, also Fehlstellungen der Kiefer und des Gesichtsschädels profitieren bei den chirurgischen Eingriffen durch die Verbesserungen der Kau- und Sprechfunktion und auch durch positive Korrekturen des Äußeren. Auch ist die Nachfrage nach ausschließlich kosmetisch-chirurgischen Eingriffen stark zunehmend. Hier ist es dem Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen möglich, der in der Regel die Zusatzbezeichnung „Plastische Chirurgie“ führt, neben der reinen zahnmedizinischen Ästhetik auch ästhetische Aspekte des ganzen Gesichtes zu würdigen und Patienten entsprechend zu beraten. 8. IZZ-presseforum, 5. Juli 2002, Zahnklinik Freiburg 2 So ist es häufig für den Patienten vorteilhaft, ein ästhetisches Gesamtkonzept anzubieten, das von einer funktionellen und ästhetischen Verbesserung der Zähne auch ästhetische Maßnahmen beinhaltet, die von der Faltenunterspritzung bis zum vollständigen z. B. biologischen Facelift reichen. Große Fortschritte in der Implantologie, der ästhetischen Chirurgie wie auch in der gesamten Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie werden von dem sogenannten Tissue-Engineering-Verfahren erwartet. Dieses Verfahren ermöglicht es, patienteneigenes Gewebe wie Schleimhaut, Haut oder neuerdings Knochen zu züchten, zu vermehren und so bei dem Patienten einzusetzen. Durch Parodontose, Unfälle, Tumoren oder andere Erkrankungen liegen in der Mündhöhle häufig ungünstige Schleimhautverhältnisse vor, die eine Verpflanzung von Mundschleimhaut erforderlich machen. Mundschleimhaut kann mit einem speziellen Gerät (Mukotom) oder einem scharfen Skalpell von der Gaumeninnenseite entnommen werden. Die Entnahme von größeren Schleimhautanteilen ist jedoch ausgenommen schmerzhaft, da die Wundfläche frei liegt. Hierbei entsteht das Gefühl, als hätte man sich an einer zu heißen Speise nachhaltig verbrannt. Alternativ dazu kann neuerdings eine kleine Probe Mundschleimhaut nach dem Tissue-Engineering-Verfahren vermehrt und gezüchtet werden. Nach der Kultivierung kann diese gezüchtete Schleimhaut in beliebiger Größe mit einer resorbierbaren d. h. sich auflösenden Folie in den betreffenden Bereich eingepflanzt werden. Dabei entsteht für den Patienten keine zusätzliche Belastung an der Entnahmestelle. Die gezüchtete Mundschleimhaut findet bis jetzt bei folgenden Indikationen Anwendung: Bei Patienten mit künstlichen Zahnwurzeln – sogenannten Implantaten – besteht häufig eine zu bewegliche Schleimhaut in der Umgebung der Implantate. In diesem Bereich können Entzündungen auftreten, die wiederum eine Lockerung der Implantate begünstigen. Hier kann gezüchtete Schleimhaut verpflanzt werden, um einen sicheren Halt der neuen Weichgewebe auf der darunter liegenden Knochenhaut wie auch an den eingegliederten TitanImplantaten zu ermöglichen. Bei Tumorpatienten, bei denen größere Schleimhautanteile mit der darunter liegenden Muskulatur entfernt werden, kann die Mundschleimhaut auf entlegene Spenderregionen z. B. des Unterarmes aufgetragen werden. Ist sie dort angewachsen, kann sie D:\75945697.doc 8. IZZ-presseforum, 5. Juli 2002, Zahnklinik Freiburg 3 mit diesem unterliegenden Gewebebereich in die Mundhöhle zurückverpflanzt werden. Die eigentliche Haut des Patienten am Unterarm bleibt dabei erhalten. Bei Parodontose-Defekten mit einer schlechten Weichgewebesituation in der Mundhöhle kann ebenfalls in Zukunft die gezüchtete Schleimhaut verwendet werden. Viele Patienten stellen sich eine implantatagetragene d. h. in der Regel festsitzende prothetische Versorgung vor. Bei diesen Patienten besteht häufig ein so fortgeschrittener Knochenschwund, dass keine Titan-Schrauben im Kiefer verankert werden können. Hierbei ist es erforderlich, von der Beckenschaufel einen Knochenblock oder im Idealfall eine Kochenstanze zu entnehmen. Obwohl dieser Eingriff über einen kleinen, 3 cm messenden Hautschnitt erfolgt, sind die Beschwerden beim Gehen für den Patienten oft nicht unerheblich, da an der Beckenschaufel viele Muskeln ansetzen. Häufig ist die Entnahme des Knochens für den Patienten die eigentlich schmerzhafte Angelegenheit, während im Bereich der Mundhöhle keine Beschwerden auftreten. Neuerdings kann bei Patienten z. B. bei einer Zahnextraktion eine kleine Knochenprobe gewonnen werden. Auch diese Knochenzellen lassen sich züchten und mit einem geeigneten Träger – also einem Kochenersatzmaterial – vereinigen. Dieses Material kann dann z. B. in den betroffenen Kieferabschnitt eingelagert werden. Nach dem Aushärten des Materials – also nach ca. 4 bis 5 Monaten – können auch hier Titan-Schrauben eingegliedert werden, um eine Versorgung mit festsitzendem Zahnersatz zu ermöglichen. Diese Methode findet insbesondere im hinteren Oberkiefer Anwendung, wo sehr häufig bei Patienten ein starker Knochenschwund vorliegt, der zu einer Ausdünnung des ehemals zahntragenden Oberkieferanteiles auf eine Dicke von nur bis zu 1 mm führen kann. Durch das neue Verfahren kann auf den zweiten Eingriff zur Entnahme des Knochens an der Beckenschaufel völlig verzichtet werden. Das Verfahren befindet sich z. Z. in der klinischen Erprobung. D:\75945697.doc 8. IZZ-presseforum, Freitag, 5. Juli 2002, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg Besonderheiten der Unfallversorgung beim alten Menschen (Es gilt das gesprochene Wort) Dr. Dr. Ralf Gutwald Oberarzt Mit Zunahme älterer Menschen an der Gesamtpopulation nimmt auch die Zahl der Unfallpatienten in dieser Bevölkerungsgruppe zu. Die erhöhte Freizeitaktivität auch im hohen Alter mit entsprechenden Unfallrisiken (z.B. Fahrradfahren, Wandern) spielt neben Stürzen, Verkehrsunfällen und Rohheitsdelikten eine zunehmende Rolle. Dabei ist der Kopfbereich neben den Extremitäten die häufigste Lokalistion für Weichteilverletzungen und Knochenbrüche. Die veränderte Anatomie und Biologie älterer Patienten (Knochenatrophie, Osteoporose, periphere Durchblutungsstörungen) stellen hohe Anforderungen an die Therapie. Während früher einer eher zurückhaltenden und konservativen Versorgung der Vorzug gegeben wurde, werden heutzutage kaum noch Unterschiede zwischen der Therapie von jungen und älteren Patienten gemacht. Die mittlerweile hohen Standards und die damit verbundene Sicherheit der heutigen Anästhesie machen auch bei älteren Patienten, bei denen in den meisten Fällen bereits Herz-KreislaufErkrankungen oder andere chronische Erkrankungen vorliegen, (Risikopatienten) eine Versorgung in Vollnarkose möglich. Aber auch die Fortschritte und Entwicklungen auf dem Gebiet der Knochenbruchversorgung und Fixation (Osteosynthese) haben sich in den letzten Jahren stark gewandelt und sich speziell an die biologische und biodynamische Situation der Knochenstrukturen älterer Patienten angepasst. In Zusammenarbeit mit dem namhaften AO(Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen)-Development- 8. IZZ-presseforum, 5. Juli 2002, Zahnklinik Freiburg 2 Institut in Davos/Schweiz wurden neue Schrauben und Plattensysteme entwickelt, die speziell der Heilung des alternden Knochens gerecht werden. Bei diesen Plattensystemen handelt es sich um sogenannte Locking-Platten. Diese Platten besitzen in ihren Schraubenlöchern ein Innengewinde, in das sich ein korrespondierendes Gewinde der Schraubenköpfe verblocken lässt. Dadurch wird, wie sich auch in zahlreichen vorklinischen Studien gezeigt hat, eine höhere Stabilität der Knochenfixation erzielt. Die Platten liegen dabei nicht direkt dem Knochen auf, so dass einer Durchblutungsstörung der oberen Knochenschicht entgegen gewirkt wird. Durch die Verblockung der Schraubenköpfe in der Platte wird eine Schraubenlockerung verhindert, wie es bei herkömmlichen Platten gerade bei schlechter Knochenqualität immer wieder der Fall ist. Zusätzlich sind Gewindeform, Spitze und Einbringmechanismus (selbstschneidend, selbstbohrend) der Osteosyntheseschrauben, die sich ihr eigenes Gewindebett im Knochen formen können, auf spezielle Knochenstrukturen abgestimmt worden. Auch die Neuerungen in der minimal invasiven Chirurgie kommen gerade dem älteren Patienten zugute. So können heute mit endoskopischen Techniken Knochenbrüche über intraorale Zugänge reponiert und mit kleinen Platten und Schrauben fixiert werden. Ein extraoraler Zugang mit hoher Gefährdung von Nervstrukturen und Blutgefässen kann dadurch vermieden und eine schnellere und komplikationslosere Heilung erzielt werden. D:\75945697.doc 8. IZZ-presseforum, Freitag, 5. Juli 2002, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg Ethische Aspekte der Versorgung und Behandlung älterer Menschen (Es gilt das gesprochene Wort) Prof. Dr. med. Dr. h. c. F. J. G. H. Hanjörg Just Vorsitzender der Ethik-Kommission der Albert-Ludwigs-Universität 8. IZZ-presseforum, Freitag, 5. Juli 2002, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg Krebs beim älteren Patienten: Behandlungsmöglichkeiten und Grenzen (Es gilt das gesprochene Wort) Prof. Dr. Dr. Nils-Claudius Gellrich Leitender Oberarzt In Europa sind zwei Prozent aller malignen Tumoren des Menschen Tumoren der Mundhöhle, davon stellen die Plattenepithelkarzinome mit 95% den größten Anteil. Über 85% der Patienten sind älter als 50 Jahre, die Prognose hängt ab von Lokalisation und Dynamik des Tumors und vom Allgemeinzustand des Patienten. Die Entstehung eines Mundhöhlenkarzinomes ist multifaktoriell bedingt: auslösende Faktoren sind insbesondere Nikotin und Alkohol, schlechte Mundhygiene, chronische mechanische Traumen (z.B. durch schlecht passende Prothesen, scharfkantige Füllungen) und ggf. virale Infektionen, kanzerogene Chemikalien, physikalische Prozesse wie UV- und radioaktive Strahlen, ein geschwächtes Immunsystem (z.B. bei Patienten mit HIV). Etwa 80% aller Patienten mit einem Mundhöhlenkarzinom sind stärkste Raucher. In Abhängigkeit von der Menge des Tabakkonsumes ist das Risiko für das Auftreten eines Mundhöhlenkarzinomes bei Tabakkonsumenten gegenüber Nichtrauchern um den Faktor 3-6 erhöht. Das Risiko des Auftretens eines Mundhöhlenkarzinomes bei Rauchern, die gleichzeitig einen Alkohol-abusus aufweisen, ist noch mal um den Faktor 2,5 gegenüber alleinigem Nikotinabusus erhöht. Mehr als 75% aller Patienten mit Mundhöhlenkarzinomen weisen Begleiterkrankungen auf, d.h. es handelt sich um multimorbide Patienten mit HerzKreislauf-, neurologischen Erkrankungen, eingeschränkter Organfunktion (z.B. Nieren, Leber). Ca. 10% aller Patienten mit einem Mundhöhlenkarzinom haben mehr als einen malignen Tumor, zumeist im Bereich des oberen Luft- und Verdauungssystems. Die mittlere 5-Jahres-Überlebensrate der Patienten beträgt ca. 56 %. 8. IZZ-presseforum, 5. Juli 2002, Zahnklinik Freiburg 2 Über 80% der Mundhöhlenkarzinome sind im Bereich der unteren Etage der Mundhöhle lokalisiert (Mundboden (ca. 36%), Zunge (ca. 22% - im fortgeschrittenen Stadium sind Mundboden und Zunge häufig gemeinsam betroffen) und andere Bereiche der Mundschleimhaut (ca. 15%). Nur etwa 5% der Tumoren sind im Bereich des Oberkiefers; bei etwa 10% der Tumoren kann der Ausgangspunkt des Tumors nicht eindeutig identifiziert werden. Die jeweilige Lokalisation des Mundhöhlenkarzinomes ist ein therapierelevanter Aspekt, da einschließlich des zu wahrenden Sicherheitsabstandes wesentliche Funktionsbereiche der Mundhöhle beeinträchtigt sein können. Die o.g. Verteilung zeigt, dass insbesondere die Funktionen Sprechen, Schlucken und Kauen durch den Tumor selbst und die notwendige Therapie schwerstens beeinträchtigt werden können. Ziel jeder Behandlung ist es daher, das Gleichgewicht zwischen nötiger Radikalität und angestrebter Lebensqualität zu erreichen. Die drei Säulen der Behandlung von Mundhöhlenkarzinomen sind die chirurgische Therapie, die Strahlentherapie und die Chemotherapie. Je nach Therapiekonzeption können diese einzeln oder in Kombination angewendet werden. Die individuelle Therapiefestlegung ergibt sich aus der umfassenden und sehr aufwändigen Patientenuntersuchung mit der Wertung des Allgemeinzustandes des Patienten und aller therapierelevanten Befunde. Das Ziel der chirurgischen Therapie des Mundhöhlenkarzinoms ist die vollständige Entfernung des Primärtumors mit sämtlichen Ausläufern unter Wahrung eines dreidimensionalen Sicherheitsabstandes von mindestens 1 cm – d.h. es entstehen große Defekte innerhalb der Mundhöhle, da die meisten Tumoren bereits eine Größe von mindestens 2-4 cm im Durchmesser haben. Innerhalb der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Freiburger Universitätskliniken stellt die Tumorchirurgie und die mikrochirurgische Rekonstruktion durch Gewebetransfer von Lappenplastiken aus Arm, Schulter-, Rücken- und Beinregion einen wesentlichen Behandlungsschwerpunkt dar, der große personelle und materielle Ressourcen beansprucht. Funktionell ist der alleinige Wundverschluss durch Adaptation der Wundränder in der Mundhöhle als äußerst ungünstig zu werten. Insbesondere kann das Unterlassen einer primären Weichgewebsrekonstruktion bei nachfolgender Bestrahlungsnotwendigkeit zu schwersten Komplikationen in Form von Unterkieferbrüchen und Fistelungen führen. Zudem ist die Wiederherstellung von Weichgewebe und Knochen essentiell, um in die Bemühungen um die Verbesserung der Lebensqualität auch die Wiederherstellung des Kausystems durch implantatgetragenen Zahnersatz einzubeziehen. In die Freiburger Therapiekonzeption D:\75945697.doc 8. IZZ-presseforum, 5. Juli 2002, Zahnklinik Freiburg 3 gehören neben der engen interdisziplinären Zusammenarbeit, die sich auch in einer aufwändigen Vorbehandlung widerspiegelt, modernste Verfahren der computer-assistierten Planung und Chirurgie und der ggf. sogar intraoperativen Bestrahlung. Der DÖSAK (Deutsch-Österreichisch-Schweizerischer Arbeitskreis für Tumoren im Kiefer- und Gesichtsbereich) widmet sich innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie seit vielen Jahren einer zentralen Datenerfassung aller mund-, kiefer- und gesichtschirurgisch behandelten Patienten mit bösartigen Tumoren des Kiefer- und Gesichtsbereiches. Anhand dieses großen Datenmaterials (mehr als 12000 Patienten sind mittlerweile erfasst) wurden und werden retrospektive und prospektive Studien zur Therapie und Verlauf des Mundhöhlenkarzinomes durchgeführt. Der DÖSAK hat bereits vor 10 Jahren die Notwendigkeit der Einbeziehung der Lebensqualität in die Gesamttherapie von Mundhöhlenkarzinom-Patienten erkannt. Im Verbund mit der Medizinischen Psychologie wurde eine umfassende Studie an 1641 Patienten durchgeführt, die notwendige Verbesserung in der Rehabilitation dieser z.T. schwerstbehinderten Patienten aufgezeigt hat. Die Rehabilitation von Patienten mit einem Mundhöhlenkarzinom reicht von der präoperativen Rehabilitation (Aufklärungsgespräch) über die Therapie inklusive Rekonstruktion bis hin zur postoperativen Rehabilitation (psychosoziale und berufliche Integration). Die intraoperative Rehabilitation zielt vor allem auf eine primär möglichst umfassende organische Wiederherstellung des Funktionsraumes Mundhöhle bei geringer Begleitmorbidität z.B. von Entnahmedefekten. Die postoperative Rehabilitation beinhaltet vor allem eine psychosoziale Stützung neben einer physiotherapeutischen und logopädischen Betreuung. Idealerweise hat sie auch die berufliche Reintegration zum Ziel. Die häufigsten Beeinträchtigungen von Patienten mit einem Mundhöhlenkarzinom in der postoperativen Phase sind an erster Stelle die Behinderung der Nahrungsaufnahme und ein evtl. daraus resultierender Gewichtsverlust, Verschlechterung der Sprache, Schluckbeschwerden und Sensibilitätsverlust vor Problemen der Ästhetik und Schmerzen. Zusätzliche posttherapeutische Probleme sind verminderter Kontakt zu Mitmenschen, Wesensveränderungen im Sinne von Depressivität und Nervosität sowie die Angst vor einem erneuten Tumorauftreten. Daraus resultiert neben dem Problem der erschwerten sozialen Reintergration das Problem der Reintegration in den Berufsalltag. Generell kann man sagen, dass die meisten Patienten nach der Behandlung eines Mundhöhlenkarzinoms nicht mehr in den Berufsalltag zurückkehren. Dies bedeutet für den einzelnen oftmals erhebliche finanzielle Einbußen. Nur ca. 68% der D:\75945697.doc 8. IZZ-presseforum, 5. Juli 2002, Zahnklinik Freiburg 4 Patienten, die in der DÖSAK-Rehabilitationsstudie erfasst wurden, stellten einen Antrag auf eine Festsetzung des Grades der Behinderung (GdB). Dies lässt auch auf eine mangelnde Information über die Ansprüche gegenüber den gesetzlichen Leistungsträgern schließen. Zur Rehabilitation gehören natürlich auch die Früherkennung mit Erkennung von Mundhöhlenkarzinom-Vorstadien (Primär- und Sekundärprävention) und die Tumornachsorge (Tertiärprävention). Die Bedeutung der Vorsorgeuntersuchung scheint in Deutschland nicht immer richtig eingeschätzt zu werden. Im Gegensatz zu anderen medizinischen Disziplinen (z.B. Gynäkologie und Urologie) gibt es für den Mundhöhlenkrebs in Deutschland keine gesetzlich verankerte Vorsorgeuntersuchung. Nur bei etwa der Hälfte aller Patienten mit einem Mundhöhlenkarzinom, die mindestens einmal jährlich einen Zahnarzt aufsuchten, wurde der Tumor vom Zahnarzt entdeckt. Allerdings ist auch die Einbeziehung der Hausärzte in die Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen wichtig, weil diese häufiger mit tumorgefährdeten Patienten in Kontakt kommen. D:\75945697.doc 8. IZZ-presseforum, 5. Juli 2002, Zahnklinik Freiburg Anmerkung: Herr Dr. Dr. Alexander Schramm hielt den Vortrag „Krebs beim älteren Patienten: Behandlungsmöglichkeiten und Grenzen“ und vertrat damit Herrn Professor Dr. Dr. Nils-Claudius Gellrich. D:\75945697.doc 5 Am 8. IZZ-presseforum nehmen Vertreter der zahnärztlichen Organisationen in Baden-Württemberg teil. Sie stehen ihnen gerne – auch zu gesundheitspolitischen Fragen - Rede und Antwort. Dr. Udo Lenke Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg und Vorstandsvorsitzender des IZZ-Verwaltungsrats Dr. Dr. Heinrich Schneider Landesvorsitzender des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte, Landesverband Baden-Württemberg und Mitglied des IZZVerwaltungsrats Dr. Hans Hugo Wilms Vorstandsmitglied der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Freiburg und Mitglied des IZZ-Verwaltungsrats Dr. Wilfried Forschner Vorsitzender der Bezirkszahnärztekammer Tübingen Dr. Helmut Weller Mitglied im Vorstand der Landeszahnärztekammer BadenWürttemberg Bei Rückfragen: Johannes Clausen Leiter des IZZ 0711 / 222 966 - 10 Handy 0171 / 460 29 94 Fax 0711 / 222 966 - 20 Inhalt der Pressemappe Programm 8. IZZ-presseforum Ihre Gesprächspartner Statement (Abstract) Dr. Dr. Ralf Schön, Assistenzarzt Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg „Welche Bedeutung hat die Zunahme allgemeinmedizinischer Erkrankungen der älteren Menschen für die zahnmedizinische Behandlung?“ Statement (Abstract) Universitätsprofessor Dr. med. Dr. med. dent. Rainer Schmelzeisen, Ärztlicher Direktor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg „Die Bedeutung der Gewebealterung für chirurgische Eingriffe im KieferGesichtsbereich unter besonderer Berücksichtigung lebensbedrohlicher Erkrankungen, Zahnverlust und Ästhetik“ Statement (Abstract) Dr. Dr. Ralf Gutwald, Oberarzt Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg „Besonderheiten der Unfallversorgung beim alten Menschen“ Statement (Abstract) Prof. Dr. med. Dr. h. c. F. J. G. H. Hanjörg Just, Vorsitzender der EthikKommission der Albert-Ludwigs-Universität Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg „Ethische Aspekte der Versorgung und Behandlung älterer Menschen“ Statement (Abstract) Professor Dr. Dr. Nils-Claudius Gellrich, Leitender Oberarzt Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg „Krebs beim älteren Patienten: Behandlungsmöglichkeiten und Grenzen“ 8. IZZ-presseforum, 5. Juli 2002, Zahnklinik Freiburg 2 Programm 8. -presseforum: Thema „Der multimorbide ältere Patient – Möglichkeiten und Grenzen der zahnmedizinischen Behandlung“ Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg, Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg Ärztlicher Direktor: Universitätsprofessor Schmelzeisen, 0761 270-4940 Dr. med. Dr. med. dent. Rainer Donnerstag, 04.07.2002 ab 19h30 Anreise Freiburg Colombi Hotel, Am Colombi-Park, 79098 Freiburg, 0761 / 21 06 Gemütliches Einkehren im Schwabentörle, Oberlinden 23, Freiburg, 0761 / 34 0 Freitag, 05.07.2002 Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Fr Hörsaal (Seminarraum, 2. OG) 09h00 – 09h15 Begrüßung: Johannes Clausen, Leiter des IZZ Einführung: Dr. Udo Lenke, Präsident der Landeszahnärztekammer B-W 09h15 – 09h45 Welche Bedeutung hat die Zunahme allgemeinmedizinischer Erkrankungen der älteren Menschen für die zahnmedizinische Behandlung? Dr. Dr. Ralf Schön 09h45 – 10h00 Diskussion 10h00 – 10h45 Die Bedeutung der Gewebealterung für chirurgische Eingriffe im Kiefer-Gesichtsb besonderer Berücksichtigung von lebensbedrohlicher Erkrankungen, Zahnverlust und Ästh Prof. Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen 10h45 – 11h00 Diskussion 11h00 – 11h45 DEMONSTRATION ZUR IMPLANTATINSERTION BEI ÄLTEREN PATIENTEN Prof. Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen/Dr. Andres Stricker 11h45 – 12h00 Diskussion 12h00 – 13h30 GEMEINSAMES MITTAGESSEN Zusatzangebot: Interessierte Teilnehmer können auf Wunsch von Mitarbeiterinnen Mitarbeitern der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde während der Mittagspause ei Führung durch die Klinik und insbesondere die Forschungsräume erhalten. Das in der Farbdoppler-Ultraschall und das Tissue Engineering werden demonstriert. D:\75945697.doc 8. IZZ-presseforum, 5. Juli 2002, Zahnklinik Freiburg 3 Programm 8. -presseforum: Thema „Der multimorbide ältere Patient – Möglichkeiten und Grenzen der zahnmedizinischen Behandlung“ Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Freiburg, Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg Ärztlicher Direktor: Universitätsprofessor Schmelzeisen, 0761 270-4940 Dr. med. Dr. med. dent. Rainer 13h30 – 14h15 BESONDERHEITEN DER UNFALLVERSORGUNG BEIM ALTEN MENSCHEN Dr. Dr. Ralf Gutwald 14h15 – 14h30 DISKUSSION 14h30 – 15h30 ETHISCHE ASPEKTE DER VERSORGUNG UND BEHANDLUNG ÄLTERER MENSCHEN Prof. Dr. Hansjörg Just, Vorsitzender der Ethik-Kommission 16h00 – 16h30 KREBS BEIM ÄLTEREN PATIENTEN: BEHANDLUNGSMÖGLICHKEI TEN UND GRENZEN OA PD Dr. Dr. Nils-Claudius Gellrich ab 19h30 G E M E I N S A M E S A B E N D E S S E N I M C O L O MB I H O TE L , A M C O L O MB I - P A R K , 79098 F R E Samstag, 06.07.2002 A B R E I S E N A C H D E M F R Ü H S T Ü C K O D E R T E I L N A H ME A N A U S G E S U C H TE N P R O G R A MM I N T E R N A T I O N A L E N A L U M N I -M E E T I N G S A N D E R U N I V E R S I T Ä T F R E I B U R G D:\75945697.doc