Institut für Verhaltenswissenschaft Redoxreaktionen Ein Leitprogramm in Chemie Verfasst von Michael Altdorfer, Suzana Atanasoski Heinrich Berger, Walter Caprez Johanna Feusi Kalunder, Manfred Giger Felix Joho, Max Maurer Corinne Meier Herausgeber: Walter Caprez Überarbeitet von Markus Lerchi & Amadeus Bärtsch im Jan. 2012 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Inhalt Seite Inhaltsverzeichnis 2 Arbeitsanleitung 3 Der Stärkere siegt - oder: Was sind 5 Redoxreaktionen? 2 Wer schnappt sich die Elektronen? Spontane Redoxreaktionen und die Redoxreihe. 11 3 Und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt! 25 Elektrolyse 4 Aluminium 35 5 Der Kampf um die Elektronen geht weiter! Die Moleküle kommen. 48 ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 2 Leitprogramm "Redoxreaktionen" Arbeitsanleitung Arbeitsanleitung Chemieunterricht einmal anders. Wie man sieht ohne Lehrperson!?! Sie arbeiten in diesem Programm selbständig. Nach jedem Kapitel legen Sie eine kurze Prüfung ab, so dass Sie kontrollieren können, ob Sie das Gelernte auch verstanden haben. Ein Kapiteltest darf wiederholt werden; alle andern können nur einmal absolviert werden. Das Mittel von fünf Kapiteltests zählt wie eine halbe ordentliche Prüfung. In diesem Semester entsteht Ihre Note also folgendermassen: Zeugnis = (2 . Prüfung 1 + 2 . Prüfung 2 + Mittel der Kapiteltests) : 5 Zeitrahmen Für das Leitprogramm stehen Ihnen 11 Lektionen zur Verfügung. Sie haben pro Kapitel also etwa zwei Lektionen Zeit. Erfahrungsgemäss genügt dies. Aber nur, wenn Sie tatsächlich die Lektionen ausnützen. Kapiteltests, die Sie bis zum Ende der Lektion vom werden mit der Note 1 bewertet. ..................... nicht gemacht haben, Nur Lesen wäre langweilig Das Programm bietet den Vorteil, dass Sie das Gelernte durch verschiedene Aktivitäten festigen. Es erscheinen deshalb öfters Bilder mit entsprechenden Anweisungen. Sie lösen eine Aufgabe Sie kontrollieren selbst, ob Sie das soeben Gelernte auch verstanden haben. Die Lösungen finden Sie am Ende des Leitprogramms ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 3 Leitprogramm "Redoxreaktionen" Arbeitsanleitung Sie experimentieren zu zweit. Finden Sie jemanden, der gleich weit ist wie Sie. Führen Sie das Experiment vorne auf dem Korpus aus. Das Material wird von der Lehrperson herausgegeben. Manchmal steht das Wichtigste in einem Buch Sie bekommen also Information direkt, ohne Lehrer-Filter. Holen Sie vorne das Buch und lesen Sie den entsprechenden Text. Filme sehen Sie mit einem Laptop in der ChemieSammlung 28b. Drei Laptops stehen auf dem Wagen zu Ihrer Verfügung. Sie sehen, in diesem Leitprogramm ist für Abwechslung gesorgt. Doch trotz der Hilfsmittel geht es nicht ohne Köpfchen! Dieses Bildchen bezeichnet sogenannte Merksätze, also Sätze, welche Sie sich unbedingt einprägen sollten. Alles klar? Also, worauf warten Sie noch, beginnen Sie mit dem Kapitel 1! ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 4 Leitprogramm "Redoxreaktionen" 1. Was sind Redoxreaktionen? 1. Kapitel Der Stärkere siegt - oder: Was sind Redoxreaktionen? Übersicht Thema Viele Reaktionen, welche in unserer Umgebung ablaufen, gehören zu den Redoxreaktionen. Das Rosten Ihres Fahrrads ist ein solcher Vorgang. Auch die Gewinnung von Aluminium gehört zu den Redoxreaktionen. In diesem Kapitel erfahren Sie, was bei einer Redoxreaktion geschieht. Sie lernen, was hinter den Begriffen Oxidation und Reduktion steckt. Ablauf Zuerst lesen Sie die Theorie. Zwischen den einzelnen Abschnitten sind kleinere Aufgaben gestellt, die Sie selbst lösen. Nachher bearbeiten Sie weitere Aufgaben im Abschnitt "Lernkontrolle". Die Lösung zu allen Aufgaben finden Sie am Ende des vorliegenden Dossiers. Wenn Sie das Kapitel verstanden haben, melden Sie sich zu einem Test, den Sie in 15 Min. absolvieren. Wenn für den Test zu wenig Zeit bleibt, legen Sie ihn in der folgenden Stunde ab und beginnen unterdessen mit dem Kapitel 2. Lernziele: 1. Sie wissen, was eine Oxidation und was eine Reduktion ist. Sie können diese beiden Begriffe definieren. 2. Sie wissen, was bei einer Redoxreaktion abläuft. 3. Sie können die Reaktionsgleichungen für Reduktion und Oxidation formulieren. ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 5 Leitprogramm "Redoxreaktionen" 1. Was sind Redoxreaktionen? Die Story mit den Hunden In der Chemie werden oft Modelle benutzt. So ist es auch hier! Stellen Sie sich also folgendes bildlich vor: Ein kleiner Spaniel nagt genüsslich an einem grossen Knochen. Doch plötzlich wird er in seiner Ruhe gestört. Er ist von einer grossen Dogge entdeckt worden. Mit mächtigen Sprüngen beginnt die Dogge den lechzenden Spaniel zu jagen, welcher krampfhaft versucht, den Knochen in seinem Maul beim Laufen nicht zu verlieren. Zähne fletschend nähert sich der riesige Hund seinem Opfer. Noch ein letzter Satz und die Hetzjagd ist vorbei. Keuchend wälzen sich die Hunde in einem Knäuel am Boden. Doch nur für wenige Augenblicke, dann ist alles entschieden. Nun hält die Dogge den Knochen in ihrem Maul und stolziert von dannen. Fazit: Der Stärkere hat den Schwächeren besiegt. Doch was hat dies mit Chemie zu tun? – Mehr als Sie denken! In der Chemie verhalten sich Atome, Ionen und Moleküle in gewisser Hinsicht ähnlich wie die Hunde in der eben beschriebenen Geschichte. Anstatt um Knochen wird aber um Elektronen gekämpft, die der Schwächere der beiden Reaktionspartner dem Stärkeren überlassen muss. Lässt man zum Beispiel Chlorgas (Cl2) mit Natrium (Na) reagieren, so beobachtet man, dass ein Salz, NaCl, entsteht. Das Natrium, der schwächere Partner, hat sein Aussenelektron an das Chlor, an den stärkeren Partner, abgegeben. Das Na-Atom wurde dadurch zu einem positiv geladenen Ion (= Kation). In der Fachsprache heisst es: Das Na-Atom wird oxidiert. Die Oxidation wird mit Symbolen beschrieben: Na Na+ + edas bedeutet: ein Natriumatom wird zu einem Natrium-Ion und einem Elektron. Die Elektronenabgabe wird Oxidation genannt. ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 6 Leitprogramm "Redoxreaktionen" 1. Was sind Redoxreaktionen? Das Cl-Atom hat indessen das Elektron vom Na-Atom aufgenommen und ist somit zu einem negativ geladenen Ion (= Anion) geworden. In der Fachsprache heisst es: Das Chlor wurde reduziert. Die Reduktion wird folgendermassen formuliert: Cl + e- Cldas bedeutet: ein Chloratom und ein Elektron werden zu einem Chlorid-Ion. Die Elektronenaufnahme wird Reduktion genannt. Weil Chlor aus Cl2-Molekülen besteht, sind zur Reduktion zwei Elektronen notwendig. Da die Elektronen vom Natrium stammen, braucht es auch zwei NaAtome, um ein Cl2-Molekül zu zwei Cl--Ionen zu reduzieren. Damit ergeben sich folgende Reaktionsgleichungen: Reduktion: Cl2 + 2e- 2 ClOxidation: 2 Na 2 Na+ + 2 eGesamtreaktion: 2 Na + Cl2 2 NaCl Aufgabe 1.1: Kalium (K) wird zu flüssigem Brom (Br2) gegeben. a) Formulieren Sie die Reduktion des Broms. b) Formulieren Sie die Oxidation des Kaliums. c) Formulieren Sie die Gesamtreaktion. Damit es zu einem Streit kommen kann, braucht es bekanntlich immer zwei. So sind, wie beim Kampf um den Knochen, auch an der Elektronenübergabe stets zwei Reaktionspartner beteiligt. Eine Reduktion erfolgt nur, wenn zugleich eine Oxidation stattfindet. Deshalb spricht man von Redoxreaktionen. ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 7 Leitprogramm "Redoxreaktionen" 1. Was sind Redoxreaktionen? Lässt man also Chlor mit Natrium reagieren, so findet eine solche Redoxreaktion statt, und es entstehen Natrium- und Chlorid-Ionen: Redox-Reaktion: 2 Na + Cl2 2 NaCl Ein Redoxvorgang ist ein Elektronenübertragungsprozess. Jede Redoxreaktion setzt sich also aus einer Reduktion und einer Oxidation zusammen. Warum wird Natrium oxidiert und Chlor reduziert? Natrium-Atome besitzen ein Valenzelektron, das sie abgeben um die äusserste Schale zu leeren. Die erste Ionisierungsenergie zeigt, dass wenig Energie nötig ist um ein Elektron aus einem Natriumatom zu entfernen. Überzeugen Sie sich selber: Die Ionisierungsenergien sind im Periodensystem aufgeführt. Natrium weist eine der geringsten ersten Ionisierungsenergien auf. Deshalb wird es oxidiert und es entsteht ein Na+-Ion. Mit 8 Elektronen auf der äussersten Sachale ist Na + im Edelgaszustand und gibt keine weiteren Elektronen mehr ab. Dies ist an der 2. Ionisierungsenergie zu erkennen: Sehr viel Energie wäre nötig um ein 2. Elektron aus Natrium zu entfernen. Bei Chlor ist der Fall umgekehrt: Jedes Chlor-Atom nimmt gern ein Elektron auf und füllt damit die äusserste Schale. Chlor-Atome werden reduziert. Allgemein lässt sich sagen: Metall-Atome besitzen wenig Valenzelektronen und leeren die äusserste Schale. Sie werden oxidiert. Nichtmetallatome werden reduziert, weil sie die äusserste Schale füllen und deshalb Elektronen aufnehmen. ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 8 Leitprogramm "Redoxreaktionen" 1. Was sind Redoxreaktionen? Aufgabe 1.2: Fluor und Lithium reagieren heftig miteinander. a) Warum wird Lithium dabei oxidiert, Fluor dagegen reduziert? b) Wie lauten die chemischen Formeln von Lithium und Fluor? c) Formulieren Sie Oxidation und Reduktion d) Formulieren Sie die Gesamtreaktion Aufgabe 1.3: Welche Reaktionen sind Redoxreaktionen? Begründen Sie jeweils Ihre Antwort ! a) 2 K + Cl2 2 K+ + 2 Clb) NaCl(s) Na+(aq) + Cl-(aq) c) 2 Mg + O2 2 MgO Aufgabe 1.4: Schauen Sie sich den Film „Alkalimetalle“ an. a) Frisch geschnittenes Natrium glänzt, wird aber bald matt, weil es mit Sauerstoff der Luft reagiert. Formulieren Sie Reduktion, Oxidation und Gesamtreaktion, die sich zwischen Natrium und Sauerstoff abspielt. b) Warum reagiert Cäsium heftiger mit Sauerstoff als Natrium und woran ist dies im Film zu erkennen? ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 9 Leitprogramm "Redoxreaktionen" 1. Was sind Redoxreaktionen? Lernkontrolle Die folgenden Aufgaben dienen Ihrer eigenen Wissensprüfung. Sie sollen selbständig testen, ob Sie dieses Kapitel begriffen haben. Aufgabe 1.5: Viele Atome kommen mit und ohne Ladung vor, sie bilden ein Redoxpaar. Von der reduzierten Form spricht man, wenn ein Atom mehr Elektronen aufweist; von der oxidierten Form, wenn es weniger Elektronen besitzt. Einige Beispiele: a) Mg2+/Mg d) Ag+/Ag b) O2/O2c) Cl-/Cl2 e) Cu/Cu2+ f) H2/H+ Unterstreichen Sie bei jedem Redoxpaar die oxidierte Form des Stoffes! Aufgabe 1.6: Füllen Sie die Lücken in den Reaktionsgleichungen aus! Schreiben Sie auf, ob es sich bei der Reaktion um eine Oxidation oder um eine Reduktion handelt. 1. Mg Mg2+ + ___ 2. F2 + 2e- __ ___ 3. Ca ___ + 2e 2 O 2- 4. O2 + ___ 5. ___ + 2eAufgabe 1.7: 2 Br- Calcium reagiert mit Chlor. Was ist an den folgenden Reaktionsgleichungen auszusetzen? Reduktion: Cl2 + 2 e- Cl2Oxidation: Ca + 2 e- Ca2+ Redox-Reaktion: 2 Ca + Cl2 2 CaCl Wenn Sie alle Aufgaben gelöst haben und sich sicher fühlen, melden Sie sich zu Beginn der nächsten Lektion zum Kapiteltest und bearbeiten unterdessen das nächste Kapitel. Haben Sie eine oder mehrere Aufgaben falsch gelöst, so lesen Sie den Theorieteil nochmals sorgfältig durch, bis Sie die Grundlagen erarbeitet haben. ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 10 Leitprogramm "Redoxreaktionen" Reflexion Kapiteltests Zu jedem Kapitel gibt es 4 Tests zur Auswahl. Ein Beiepiel: Test 1.1: a) Erklären Sie den Begriff Reduktion! Ein Satz reicht. (1 P) b) Formulieren Sie die Gleichungen für die Reaktion von Iod mit Natrium. (3 P) Reduktion: Oxidation: Gesamtreaktion: c) Betrachten Sie folgende Reaktion und beantworten Sie die beiden Fragen: 2 Cu + O2 2 CuO Wie viele Elektronen werden ausgetauscht? (1 P) Welche Atome nehmen Elektronen auf? (1P) Reflexion Leitprogramme in der Praxis 1. Das Leitprogramm muss gut sein. In einem guten Leitprogramm wird der Stoff in kleinen Schritten entwickelt und leicht verständlich erklärt. Es enthält geschickt gewählte Aufgaben und sorgt mit kleinen Experimenten, Filmen und Animationen für Abwechslung. 2. Es ist schwierig, Prozesse zu beschreiben und das Vorgehen beim Lösen von Aufgaben zu beschreiben. Mündlich lässt sich besser erklären. 3. Die Schüler können in Ihrem Tempo lernen. Manchmal schneiden Schüler, die im Frontalunterricht in keiner Weise auffallen besonders gut ab. 4. Der Lehrerin ist Lernbegleiterin und hat Zeit auf individuelle Schwierigkeiten einzugehen. 5. Viele Schüler haben Mühe, die Zeit einzuteilen. Sie müssen sich selber motivieren und tragen die Verantwortung für den Lernerfolg. Sie sind sich gewohnt, dass der Lehrer führt, etwas von ihnen fordert und eine Arbeitsatmosphäre schafft. 6. Der Lärmpegel ist schnell hoch. Die Lehrerin sollte intervenieren, wenn die Schüler laut und hektisch sind und ein konzentriertes Arbeiten erschweren. Ich biete diesen Schülern einen anderen Raum an. ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 11 Leitprogramm "Redoxreaktionen" Reflexion Leitprogramme zu verschiedensten Themen des Chemieunterrichts sind im Internet zugänglich: http://www.swisseduc.ch/chemie/leitprogramme http://www.educ.ethz.ch/unt/um/che/chem_meth ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 12 Leitprogramm "Redoxreaktionen" Reflexion Das 2. Kapitel befasst sich mit der Redoxreihe F2 + 2 e- 2F- Pt2+ + 2 e- Pt Cl2 + 2 e- 2 Cl - Au3+ + 3 e- Au Br2 + 2 e- 2 Br - Hg2+ + 2 e- Hg Ag+ + e- Ag Fe3+ + e- Fe2+ I2 + 2 e- 2 I- Cu2+ + 2 e- Cu 2 H3O+ + 2 e- 2 H2O + H2 (g) Pb2+ + 2 e- Pb Ni2+ + 2 e- Ni Fe2+ + 2 e- Fe S (s) + 2 e- S2- Cr3+ + 3 e- Cr Zn2+ + 2 e- Zn Al3+ + 3 e- Al Mg2+ + 2 e- Mg Na+ + e- Na Ca2+ + 2 e- Ca K+ + e- K Li+ + e- Li ETH Institut für Verhaltenswissenschaft 13 Leitprogramm "Redoxreaktionen"