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Informationen zur Hyperhidrose und ihre Behandlung
Sehr geehrte liebe Patientin,
sehr geehrter lieber Patient,
das Leiden an übermäßigem Schwitzen und der dieses beschreibende Begriff der Hyperhidrose sind
in der Bevölkerung wenig bekannt. Für die von vermehrtem Schwitzen Betroffenen ergeben sich viele
Fragen, jedoch nur wenige Anlaufstellen um Auskunft zu erhalten. Diese Informationsschrift soll Ihnen
Auskunft über häufig gestellte Fragen geben und Ihnen die Krankheit der Hyperhidrose sowie
Möglichkeiten ihrer Behandlung erläutern.
Häufig gestellte Fragen zur Hyperhidrose:
Was ist Hyperhidrose ?
Schwitzen ist eine für die Regulierung der Körpertemperatur notwendige natürliche Körperfunktion. Die
Schweißabsonderung wird durch einen Teil unseres vegetativen Nervensystems, das sympathische
Nervensystem, gesteuert. Bei manchen Menschen (ungefähr 1% der Bevölkerung) arbeitet dieses
System auf einem zu hohen Niveau, weit höher als nötig, um die Körpertemperatur konstant zu halten.
Diese Störung heißt Hyperhidrose (lateinisch Hyperhidrosis).
An welchen Körperstellen tritt Hyperhidrose auf ?
Jede Zone des Körpers kann betroffen sein. Am häufigsten und schwersten betroffen sind:
Hände:
Übermäßiger Handschweiß ist die weitaus unangenehmste und folgenreichste Form
der Hyperhidrose. Viele Menschen mit diesem Leiden sind in ihrer Berufswahl eingeschränkt, haben Schwierigkeiten bei der Handhabung feuchtigkeitsempfindlicher
Materialien (wie Papier, u. ä.) und scheuen sich, beim Gruß die Hand zu geben. Manche Patienten vermeiden sogar vollends persönlichen Kontakt mit anderen Menschen.
Kopf und Hals: Hier sind vor allem die Stirn bzw. das Gesicht betroffen, was viele Patienten als peinlich empfinden.
Achselhöhle: Große nasse Flecken in der Kleidung oder sogar ringförmige Salzablagerungen sind
sehr unangenehm und störend.
Rumpf:
Die isolierte Hyperhidrose am Rumpf ist seltener.
Füße:
Fußschweiß ist sehr häufig, bei den allermeisten Betroffenen tritt dieses Phänomen
jedoch bei Verwendung gut belüfteten Schuhwerks nur mäßig in Erscheinung.
Was ist die Ursache der Hyperhidrose ?
Unterschieden werden die primäre und die sekundäre Hyperhidrose.
Bei einigen Krankheitsbildern tritt übermäßige Schweißsekretion als Symptom auf. Man spricht von
„sekundärer Hyperhidrose“, z.B. infolge
• Schilddrüsenüberfunktion und anderer Veränderungen des Hormonhaushalts
• neurologischer Erkrankungen
• Fettsucht
• psychischer Erkrankungen und psychiatrischer Leiden
• medikamentös bedingter Hyperhidrose bei Einnahme von Hormonen, Kortikoiden, Salicylsäure u.a.
Informationen zur Hyperhidrose und ihre Behandlung
Von „primärer Hyperhidrose“ spricht man immer dann, wenn eine eigentliche Ursache nicht bekannt ist.
Es handelt sich dabei um die weit häufigere Form. Die Hyperhidrose beginnt im allgemeinen in der Pubertät und hält häufig das ganze Leben lang an. Geringfügige körperliche Anstrengung aber auch
Nervosität und Aufregung sind oft auslösende Faktoren.
Wie kann man Hyperhidrose behandeln ?
Bei sekundärer Hyperhidrose muß die Grunderkrankung behandelt werden. Bei der primären Hyperhidrose werden konservative und chirurgische Verfahren unterschieden.
konservative Therapie:
Tragen luftiger Kleidung, Rasur der Achseln, Deodorants, Antitranspirantien, Ionophorese (auch Iontophorese genannt, eine Gleichstrombehandlung z.B. der Hände), Medikamente, BotulinumtoxinInjektionen: hierbei wird eine die Nerven blockierende Substanz in vielen Einzelinjektionen unter die
Haut gespritzt.
chirurgische Therapie:
• lokale Schweißdrüsenexzision (in der Achsel): über einen oder mehrere Schnitte werden die
Schweißdrüsen herausgeschnitten. Häufig bleiben große Narben, Schwitzen in der Achsel tritt nicht
mehr auf.
• subkutane Schweißdrüsensaugkürettage (in der Achsel): ähnlich der Fettabsaugung wird Unterhautfettgewebe über kleine Hautschnittzugänge abgesaugt; zweifelhafte Methode, da sich die Schweißdrüsen nicht einfach absaugen lassen und es zu Schädigungen der Haut kommen kann.
• offene Sympathektomie: im Rahmen eines großen chirurgischen Eingriffes werden über einen den
Brustraum eröffnenden Schnitt die "Schweißnerven" aufgesucht und durchtrennt.
• Minimal invasive Sympathektomie: in sogenannter "Schlüssellochtechnik“ erfolgt im Rahmen einer
Spiegelung der Brusthöhle (Thorakoskopie) die Teilentfernung der „Schweißnerven". Dieser Eingriff
heißt endoskopische transthorakale Sympathektomie (ETS).
Häufig gestellte Fragen zur Operation, der ETS (endoskopische transthorakale Sympathektomie)
Das sympathische Nervensystem, ein Teil unseres vegetativen Nervensystems, sendet u.a. Impulse an
die Schweißdrüsen. Die Durchtrennung dieser Nerven kann die Hyperhidrose, das übermäßige Schwitzen z.B. der Hände, heilen. Mußte früher aufgrund der verborgenen Lage der Nerven der Brustkorb
durch große Operationsschnitte eröffnet werden, ist dies heute mittels einer Brusthöhlenspiegelung
möglich. Der Eingriff wird als endoskopische transthorakale Sympathektomie (ETS) bezeichnet.
Wie sind die anatomischen Gegebenheiten ?
Die Nervenfasern des Sympathikus bilden mit ihren Ganglien, den Nervenverschaltknoten, einen
strickleiterähnlichen Strang, welcher beiderseits der Wirbelsäule an der Körperrückwand verläuft. Die
Ganglien stehen über Äste und Verbindungen untereinander in Kontakt. Durch sie verlaufen die
Nervenfasern zu den Schweißdrüsen der jeweiligen Körperseite.
Wann wird operiert ?
Die Indikation zur operativen Entfernung der sympathischen Nervenfasern im Brustbereich, das heißt
den Grund für den als endoskopische transthorakale Sympathektomie bezeichneten chirurgischen Eingriff, stellt die primäre Hyperhidrose mit ausgeprägtem Leidensdruck des Patienten dar. Hierbei gibt es
bislang keine Testverfahren, die eine Hyperhidrose zweifelsfrei belegen. Die Krankheit liegt im Wesentlichen im Empfinden des Betroffenen. So ist eine eingehende Anamneseerhebung bzw. Befragung der
Patienten wichtig. Die letzte Entscheidung, ob eine Operation durchgeführt wird, trifft der behandelnde
Operateur gemeinsam mit seinem Patienten.
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Wie wird die Operation der ETS durchgeführt ?
Die Operationstechnik greift auf das erprobte Verfahren der Brusthöhlenspiegelung (Thorakoskopie)
zurück. Hierbei werden in tiefer Narkose des Patienten, meist über kleine Hautschnitte an der seitlichen
Brustwand unterhalb der Achsel, eine Kameraoptik und Instrumente in den Brustraum eingeführt.
Durch Einleiten von Kohlendioxyd in die Brusthöhle wird der Lungenflügel etwas zusammengedrückt
und der Operateur gewinnt eine gute Übersicht. Die Anästhesisten können den Patienten während
dieser Phase der Operation gegebenenfalls über nur eine Lungenseite ausreichend beatmen. Der
sympathische Grenzstrang liegt, durch den transparenten Brustfellüberzug hindurchschimmernd, gut
sichtbar an der Brusthöhlenrückwand. Je nach betroffener Körperregion wird der Grenzstrang bzw. die
zu und von den Ganglien ziehenden Nerven unterbrochen oder ein Teil des Stranges wird vollständig
entfernt. Alternativ kann ein den Grenzstrang einschnürender Metallclip gesetzt werden. Am Ende der
Operation wird die Luft aus der Brusthöhle abgesaugt, wodurch sich die Lunge wieder entfaltet. Die
Wunden werden fein vernäht oder geklebt. Diese Prozedur muß in beiden Brusthöhlen durchgeführt
werden, da der Grenzstrang getrennt jeweils nur eine Körperseite versorgt. Dies kann im Rahmen
einer Narkose oder durch zwei Eingriffe erfolgen.
Wie sind die Ergebnisse ?
Durch das Verfahren der ETS läßt sich die Hyperhidrose im Bereich der Hände (mit bis zu 98% Erfolgsrate) der Achseln (mit bis zu 90% Erfolgsrate) und des Kopfes (mit bis zu 90% Erfolgsrate) behandeln. Der operative Erfolg kann niemals garantiert werden. So können unvorhergesehene Ereignisse oder Veränderungen nach Entzündungen und früheren Operationen die Operationsdurchführung
vereiteln. Die Mißerfolgsrate nach komplikationslos durchgeführter Operation ist klein. Die Verminderung des Schwitzens ist in der Regel von Dauer, Folgeeingriffe sind nicht erforderlich.
Welches sind mögliche Komplikationen ?
Komplikationen treten bei dem genannten Verfahren selten auf. Eine relevante Menge verbliebener
oder erneut in den Brustraum eingedrungener Luft (Pneumothorax) kann die Einlage eines Saugungsschlauches erforderlich machen (Thoraxdrainage). Gefürchtetste Komplikation ist das sog. "HornerSyndrom", ein Symptomenkomplex aus Engstellung der Pupille, Hängen des Oberlids und ggf. Zurücktreten des Augapfels in der Augenhöhle durch Schädigung von Nerverfasern im Bereich des
Ganglion stellatum, des untersten Halsganglions, welches mit dem ersten Brustganglion verschmolzen
sein kann. Die Häufigkeit eines, wenngleich meist wenig ausgeprägten, Horner-Syndroms liegt um 1%.
Selbstverständlich gelten die allgemeinen Operationsrisiken auch hier: Blutung, Verletzung von Nachbarstrukturen, Infektion, Heilstörung, Thrombose, Embolie. Im Bereich des Brustkorbes kann es in
seltenen Fällen um die Hautschnitte zu Gefühlsstörungen oder Gefühlsmißempfindungen kommen.
Welches sind mögliche Nebenwirkungen ?
Bei über der Hälfte aller Patienten tritt nach ETS ein vermehrtes Schwitzen an anderen Körperstellen
z.B. am Rumpf auf (sog. kompensatorisches Schwitzen). Gelegentlich besteht eine verstärkte
Schweißneigung bei bestimmten Geruchs- und Geschmackswahrnehmungen. Diese Nebeneffekte
werden meist als weniger gravierend als die Ausgangsbeschwerden empfunden, können aber auch
sehr störend sein. Leider kann Lokalisation und ggf. Ausmaß des kompensatorischen Schwitzens vor
einer Operation nicht abgeschätzt oder bestimmt werden. Häufig vermindern sich durch den Eingriff
auch die Neigung zu Erröten und des „Herzschlagens bis zum Halse“. Diese Effekte werden meist positiv beurteilt. Im Bereich der behandelten Körperareale kann infolge der verminderten Schweißproduktion ein vermehrtes Eincremen der Haut erforderlich werden, dies betrifft besonders die Hände.
Da Gefühl und Bewegung über andere Nervenbahnen vermittelt werden, kommt es zu keinerlei
Störung der Sensibilität oder der Muskelsteuerung. Die unter Umständen entstehende Trockenheit der
Hände kann regelmäßiges Eincremen mit Hautpflegemitteln erforderlich machen.
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Weitere Fragen zum Ablauf der Behandlung
Ist vorab eine ambulante Vorstellung erforderlich ?
Diese ist für die meisten Patienten nicht erforderlich, da am Aufnahmetag genügend Zeit für Gespräch
und Untersuchungen bleibt. Auf Wunsch hin ist eine ambulante Vorstellung jedoch immer möglich.
Einen Termin vereinbaren Sie bitte mit Frau Uebelgünn, Tel. 0201 / 805 – 1841, Mo-Fr. 9-16.00 Uhr.
Müssen vor einem Eingriff Voruntersuchungen durchgeführt werden ? Ja.
Wie vor jedem operativen Eingriff sind die Narkosefähigkeit zu prüfen und aktuelle Laborwerte zu
bestimmen. Auch sollte eine höhergradige Lungenveränderung ausgeschlossen werden. Erforderlich
sind daher in der Regel: Blutbild, Blutgerinnung, Schilddrüsenhormonwerte, Lungenfunktionsprüfung,
Brustkorbröntgenbild und EKG. Diese Untersuchungen können gerne vom Hausarzt vorab
durchgeführt werden. Da Schilddrüsenwerte nicht innerhalb kurzer Zeit bestimmt werden können,
sollten sie in jedem Fall vorab untersucht werden. Liegen chronische Erkrankungen oder
Veränderungen vor, sollten die Betroffenen ggf. einem Spezialisten vorgestellt werden.
Wie lange dauert der stationäre Aufenthalt ?
Je nach Umfang noch erforderlicher Untersuchungen und Tests und in Abhängigkeit des Behandlungsverlaufs dauert der stationäre Aufenthalt in der Regel drei Tage bis eine Woche.
Wie lange dauert die Arbeitsunfähigkeit und wie lange bestehen Beschwerden ?
Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach dem Ausmaß der Beschwerden nach der Operation
und nach den ausgeübten Tätigkeiten. Sie ist über den stationären Aufenthalt hinaus selten, allenfalls
für wenige Tage erforderlich. Die Beschwerden nach der Operation werden individuell unterschiedlich
angegeben und sind am ehesten mit denen eines Muskelkaters vergleichbar. Sie können drei Wochen
bestehen bleiben. Eingeschränkt sind Über-Kopf-Arbeiten und Schlagsportarten wie z.B. Squash.
Übernimmt die Krankenkasse die entstehenden Kosten ?
Diese Entscheidung obliegt selbstverständlich der jeweiligen Krankenkasse. Bisher wurde die Behandlung jedoch stets durch die Krankenkassen und Beihilfestellen übernommen. Da Erkrankung und Behandlung mittels ETS oft wenig bekannt sind, empfehlen wir unseren Patienten, vor einer geplanten
Operation die entsprechenden Sachbearbeiter zu informieren und sich die Kostenübernahme zusichern zu lassen. Für die Bearbeitung können die hier relevanten Verschlüsselungs-Codes hilfreich
sein:
Hyperhidrose: ICD 780.8
Thorakoskopie: ICPM 1-691.0
ETS: ICPM 5-043.1
Aus Zeitgründen können schriftliche Anfragen der Krankenkassen in der Regel nicht beantwortet
werden, eine telephonische Auskunft ist meist möglich und ausreichend.
Ich habe weitere Fragen, wie können diese beantwortet werden ?
Bitte senden Sie uns Ihre Fragen zu, damit wir die Antworten in diese Liste aufnehmen können.
Prof. Dr. med. Johannes Schmidt, Chefarzt der Chirurgischen Klinik I
Evangelisches Krankenhaus Lutherhaus gGmbH, Hellweg 100, 45276 Essen
Tel: 0201 / 805 – 1841, Fax: 0201 / 805 - 2184
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