Pädagogische Ziele – Curriculumtheorie Welche pädagogischen Ziele soll ein guter Sportunterricht verfolgen? Wie können Ziele für Erziehung und Bildung durch Bewegung, Spiel und Sport wissenschaftlich begründet werden? Allgemeines zur Theorie des Lehrplans Definition Lehrplan Lehrpläne sind durch Richtlinien verbindlich vorgegebene und sinnvoll strukturierte Zusammenstellungen und zeitliche Verteilungen der Lehraufgaben (Lehrinhalte und Lehrziele) für die Unterrichtsfächer in bestimmten Schularten und Schülerjahrgängen (vgl. Weber 1999, 465). Wer bestimmt über Ziele und Inhalte der Schule und einzelner Fächer? Ziele und Inhalte der Lehrpläne sind nur aus dem jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Kontext verstehbar. Heute werden Lehrpläne durch von der Regierung berufene Lehrplankommissionen im Diskurs mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen erstellt. Was sind Erziehungsziele, was Bildungsziele? Pragmatische Definition: Erziehungsziele sind gerichtet auf: Veränderungen im Selbststeuerungsbereich der Person (Motivation, Wille usw.) und Veränderungen im Bereich sozialer Kompetenzen Bildungsziele: Kompetenzerwerb im Zusammenhang mit Bildungsinhalten unserer Kultur (z. B. Lesekompetenz, mathematische Kompetenz, ästhetische Kompetenz, motorische Kompetenz usw.) Was versteht man unter Didaktik? 1. Didaktik als Theorie des Unterrichts (=Didaktik im weiteren Sinne, beschäftigt sich mit allen Faktoren, die Unterricht. bestimmen) 2. Didaktik als Theorie des Lehrplans (= Didaktik im engeren Sinne, beschäftigt sich v. a. mit der Auswahl von Zielen und Inhalten eines Faches) Was versteht man unter Inhalten des Erziehungs- und Bildungsprozesses? „Unterrichtsgegenstände“, auch „Unterrichtsinhalte“ oder „Sachen“ genannt (z. B. Goethes „Faust“, „Satz des Pythagoras“, „Hip Hop“- als jugendkulturelle Tanzform, der „Schlagwurf im Handball“ usw.) Was sind Ziele des Erziehungs- und Bildungsprozesses? Ziele gibt es auf verschiedenen Abstraktionsebenen: - allgemeine, überfachliche Ziele - spezielle, fachliche Ziele: d.h. es erfolgt eine inhaltliche Konkretisierung der überfachlichen, allgemeinen Ziele auf Fachebene Was versteht man unter Kompetenzen? Kompetenzen lassen sich als ein ganz konkretes, anwendungsbezogenes Wissen oder Können, Verstehen, Handeln oder eine bestimmte Motivation beschreiben. Beispiel für den Sportunterricht am Ende des 2. Schuljahrs: „Die Regeln eines einfachen Bewegungsspiels kennen, verstehen, anwenden können und in Kooperation mit anderen Kindern auch wieder abändern können“ Welche theoretischen Modelle gibt es zur Erstellung eines Lehrplans? Theorien des Lehrplans bzw. der Curriculumentwicklung Einfaches Modell der Faktoren didaktischer Entscheidung: Didaktisches Dreieck: Kind Gesellschaft Sache Die Geisteswissenschaftliche Lehrplantheorie E. Weniger, Lehrplantheoretiker, (ca. 1930) sah im Prozess der Erstellung des Lehrplans einen „Kampf gesellschaftlicher Mächte“. Aber: „Was“ und „wer“ ist die Gesellschaft? Weniger entwickelte erstmals ein Prozessmodell für eine demokratische Lehrplanentwicklung! Die wissenschaftliche Pädagogik sah er dabei in der Rolle der „ehrlichen Maklerin“ im Kampf zwischen den gesellschaftlichen Mächten. Die Curriculumthorie (vgl. Robinsohn 1967) Curriculum (lat.: Lauf, Lebenslauf =Ablauf von Lehr- und Lernprozessen) Die Curriculumtheorie kritisierte Ende der sechziger Jahre die bisherigen Lehrpläne in Deutschland und Österreich als veraltet, nicht zukunftsgerichtet. Und: die Verfahren bei der Erstellung der Lehrpläne seien nicht demokratisch (vgl. Robinsohn 1967) Absichten der Curriculumtheorie: - Modernisierung der Inhalte der Schule durch Erstellung von Zukunftsszenarien - Evaluierung der Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler - Vor allem aber: Demokratisierung der Verfahrenslegitimierung bei der Erstellung der Curricula Aber: die Verfahren waren zu komplex und zeitaufwändig. TROTZDEM: Verdienst der Curriculumtheorie: viele ihrer Erkenntnisse sind in die heutige Lehrplanarbeit eingegangen. Hauptverdienst der Curriculumtheorie war: Prozess der Lehrplanerstellung wurde transparenter; gesellschaftliche Gruppen wurden frühzeitig gehört, mussten ihre Interessen offenlegen, so konnte öffentlich darüber diskutiert werden. Welche gesellschaftlichen Gruppen könnten ein Interesse daran haben, mitzubestimmen, was im Schulsport vermittelt wird? Z.B. staatliche Bildungsverwaltung, Elternverbände, Schülerverbände, Sportlehrerverbände, Sportverbände, Sportwissenschaft/Fachdidaktiker, Sportartikelindustrie, kommerzielle Sportanbieter, politische Parteien, Mediziner, Krankenkassen, Medienindustrie, Arbeitgeberverbände usw. Wie funktionieren Lehrplankommissionen? Lehrplankommissionen werden von der Regierung (Schulministerium) berufen Welche Rolle spielt dabei die Sportpädagogik als Wissenschaft? Vor allem die Fachdidaktik ist gefordert: a) als Wissenschaft vom Lehrplan (Theorie der Bildungsinhalte und des Lehrplans) b) als Wissenschaft vom Unterricht Vorgegeben ist der allgemeine Bildungsauftrag der Schule laut Landesverfassung (föderales System der Bildung in Deutschland!) 3.2. Welche wissenschaftlichen Theorien können als Grundlage fachdidaktischer Ziel-/ Inhaltsentscheidungen für den Lehrplan Sport benutzt werden? z. B. anthropologische Theorien, psychologische Theorien, sozialwissenschaftliche Theorien, gesundheitswissenschaftliche Theorien, sportpädagogische Theorien, die die „Struktur“ der Inhalte des Sportunterrichts, beschreiben und analysieren, wie z.B.: Theorien des Bewegungsspiels Theorien des sozialen Lernens Theorien der ästhetischen Erziehung Theorien der Wagnis- und Abenteuererziehung Theorien der Leistung und Leistungsmotivation Formale Gestaltung eines Lehrplans: zwei unterschiedlichen Typen von LP: a) Lehrplan, der genaue Vorschriften enthält b) Lehrplan, der nur e. grobe Orientierung vorgibt Der LP „Bewegung und Sport“ in Österreich nimmt hier eine Mittelposition ein Ist die Einhaltung des Lehrplans verpflichtend? Ja, aber empirische Untersuchungen zeigen, dass Lehrer offenbar die Lehrpläne kaum zur Kenntnis nehmen (vgl. Rauin/Tillmann/ Vollstädt u.a. 1996). - Lehrpläne werden stets schulstufenspezifisch gemacht, also für die Grundschule, für Sekundarstufe I, für Sekundarstufe II.