Mathematik für Informatiker Prof. Dr. Martin Henk, Dr. Michael Höding, Janine Bastian, Matthias Henze, Eva Linke Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Math4Inf 1 / 567 Math4Inf 2 / 567 Teil I Mathematik I Math4Inf 2 / 567 • Informationen zu der Vorlesung, Folien und Skript der Vorlesung, Übungszettel etc. nden sich unter http://www.math.uni-magdeburg.de/~henk/lectures/ math4inf Spielregeln Math4Inf 3 / 567 Bemerkung 0.1. Für reelle Zahlen x , y , z gilt: i) x ≤y ii) x ≤ y, iii) x ≤y und z iv) x ≤ y, dann v) 0 Schulsto und y ≤ z, dann x < x ≤ y, dann x ≤ z. ± z ≤ y ± z. ≥ 0, dann x · z ≤ y · z. −x ≥ −y . dann 1 1 x ≥ y > 0. Math4Inf 4 / 567 Notation 0.2 [Betrag]. Für eine reelle Zahl x heiÿt ( |x | = x, falls x −x , falls x ≥ 0, ≤ 0. der Betrag von x . Bemerkung 0.3. Für reelle Zahlen x , y gilt: i) ii) iii) Schulsto |x | ≥ 0 mit Gleichheit nur für x = 0. |x · y | = |x | · |y |. |x + y | ≤ |x | + |y | (Dreiecksungleichung). Math4Inf 5 / 567 ! sin α α cos α Abbildung: Sinus, Cosinus am Einheitskreis Bemerkung 0.4. i) sin(α + 2π) ii) sin(−α) 2 iii) sin = sin α, = − sin α, 2 cos(α + 2π) = cos α, cos(−α) α + cos α = 1, = cos α, (Phytagoras) 1 iv) sin(α + β) = sin α cos β + cos α sin β und cos(α + β) = cos α cos β − sin α sin β . (Additionstheoreme) Schulsto 1 Pythagoras von Samos, 582507 Math4Inf 6 / 567 Notation 0.5. Zur Abkürzung längerer Summen oder Produkte schreibt man n X i =1 n Y i =1 ai = a1 + a2 + . . . + an , ai = a1 · a2 · . . . · an . Bemerkung 0.6. Seien ai j Zahlen für 1 ≤ i ≤ n, n X m X i =1 j =1 Schulsto ai 1 ≤ j ≤ m. j= m X n X j =1 i =1 Math4Inf Dann ist ai j. 7 / 567 Notation 0.7. Sei a eine reelle Zahl, und n eine nicht-negative ganze Zahl. i) an ii) a iii) = a · a · ... · a (n-mal), 0 = 1, −n = 1 , a a n a 6= 0. Notation 0.8. Sei a eine nicht-negative reelle Zahl und n eine positive ganze Zahl. Dann gibt es genau eine nicht-negative reelle Zahl x mit x wird mit √ n a bezeichnet. Für n Ist n ungerade und a <0 =2 schreibt man auch nur so ist auch √ n a √ = − −a n n = a; √ x a. deniert. Notation 0.9. Für eine nicht-negative reelle Zahl a und positive ganze Zahlen m , n deniert man a a Schulsto m n m −n = = √ n am 1 a m , = a √ m n a , 6= 0. n Math4Inf 8 / 567 Bemerkung 0.10. Für reelle Zahlen x , y und rationale Zahlen p , q gilt i) x p ii) iii) iv) v) · x q = x p +q , x p−q , x 6= 0, x =x p p p x · y = (x · y ) , p x x y = y , y 6= 0, (x p )q = x p·q . p q p p Diese Regeln gelten auch für beliebige reelle Exponenten p , q. Schulsto Math4Inf 9 / 567 Notation 0.11 [Logarithmus]. Seien a, b positive reelle Zahlen, b b x =a 6= 1. Die eindeutige Zahl x mit heiÿt Logarithmus von a zur Basis b und wird logb a bezeichnet. 2 Ist die Basis gegeben durch die Eulersche Zahl e = 2, 71828182..., dann heiÿt ln a = loge a natürlicher Logarithmus. Schulsto 2 Leonhard Euler, 1707 1783 Math4Inf 10 / 567 Bemerkung 0.12. i) b logb a = a, logb b ii) logb (a · c ) iii) iv) = 1, logb 1 = logb a + logb c , log a logc a = , log c n logb (a ) = n · logb a, = 0, logb a c = logb a − logb c . b b v) logb a · loga b vi) a Schulsto logb = 1, c = c log a . b Math4Inf 11 / 567 Vereinbarung 1.1 [Aussagen ]. 3 Eine Aussage ist ein sprachliches Gebilde, von dem es sinnvoll ist zu sagen, es sei wahr (w ) oder falsch (f ). Eine Aussage also ist ein Satz, der entweder wahr oder falsch ist, aber nie beides zugleich. w und f heiÿen Wahrheitswerte der Aussage A. • 12 ist durch 6 teilbar ist eine wahre Aussage. • Jede gerade Zahl ≥4 ist Summer zweier Primzahlen ist eine Aussage. Wahrheitswert unbekannt (Goldbachsche 4 Vermutung ). • Dieser Satz ist falsch ist keine Aussage. 3 Aristoteles, 384 322 4 Christian Goldbach, 1690 1764 Aussagen und Mengen Math4Inf 12 / 567 • Aus gegebenen Aussagen gewinnt man durch Verknüpfungen (Junktionen) neue Aussagen, sogenannte Aussageformen. Denition 1.2 [Negation, Konjunktion, Disjunktion]. Seien A und B Aussagen. Aussageform Symbol Sprechweise Negation von A A nicht A Konjunktion von A und B A ∧B A∨B A und B Disjunktion von A und B • A oder B . Die Wahrheitswerte einer Aussageform werden in Wahrheitstafeln angegeben: A A A B ∧B A B w f w w w w w f w w f f w f w f w f f w w f f f f f f Aussagen und Mengen A Math4Inf A ∨B w 13 / 567 • Weitere Aussageverbindungen, die insbesondere in der Mathematik verwendet werden, sind Implikationen. Denition 1.3 [Implikation]. Seien A und B Aussagen. Die Aussage wenn A gilt, dann gilt B wird Implikation (oder logische Folgerung) genannt und mit A ⇒B bezeichnet. Ihre Wahrheitswerte sind gegeben durch A ⇒B A B w w w w f f f w w f f w . Weitere Sprechweisen: aus A folgt B , A impliziert B , A ist hinreichend für B , oder B ist notwendig für A . Aussagen und Mengen Math4Inf 14 / 567 Denition 1.4 [Äquivalenz]. Seien A und B Aussagen. Die Aussageform (A ⇒ B ) ∧ (B ⇒ A) heiÿt Äquivalenz und wird mit A ⇔B bezeichnet. Sprechweisen: A ist gleichwertig mit B , A gilt genau dann, wenn B gilt , A gilt dann und nur dann, wenn B gilt , A ist äquivalent zu B oder A ist notwendig und hinreichend für B . • Aussagen und Mengen A ⇔B A B w w w w f f f w f f f w Math4Inf 15 / 567 Bemerkung 1.5. Für Aussagen A und B gilt, d.h. die folgenden Aussagen sind wahr: i) iii) (A ∧ B ) ⇔ (A ∨ B ), ii) (A ⇒ B ) ⇔ (B ⇒ A) ⇔ A ∧ B , iv) (A ∨ B ) ⇔ (A ∧ B ), (A ⇔ B ) ⇔ (A ⇔ B ). Bemerkung 1.6. Für Aussagen A, B und C gilt: Aussagen und Mengen i) ((A ⇒ B ) ∧ (B ⇒ C )) ⇒ (A ⇒ C ), ii) ((A ⇔ B ) ∧ (B ⇔ C )) ⇒ (A ⇔ C ). Math4Inf 16 / 567 Logische Schlüsse sind Aussageformen, die ausgehend von wahren Aussagen (Voraussetzungen) wieder wahre Aussagen liefern. Sie sind die Grundlage für alle mathematischen Beweise. Die gebräuchlichsten Beweismethoden in der Mathematik sind: 1. Direkter Beweis einer Implikation A ⇒ B: Aus der Voraussetzung (Prämisse) A wird die Behauptung (Konklusion) B abgeleitet, indem gezeigt wird, dass die Implikation A ⇒B wahr ist. 2. Indirekter Beweis oder Widerspruchsbeweis einer Implikation A ⇒ B: Anstatt der Implikation A B ⇒A ⇒B kann man auch die Implikation nachweisen, oder zeigen, dass die Konjunktion A ∧B falsch ist, d.h. zu einem Widerspruch führt (vgl. Bemerkung 1.5 iii)). 3. Beweis einer Äquivalenz A ⇔ B: Man beweist die Aussageformen A Aussagen und Mengen ⇒B Math4Inf und B ⇒ A. 17 / 567 Vereinbarung 1.7 [Mengen ]. 5 Eine Menge ist eine Zusammenfassung von verschiedenen Objekten zu einer Gesamtheit. Die Objekte in einer Menge heiÿen Elemente der Menge. Weiterhin fordern wir, dass für jedes nur vorstellbare Objekt eindeutig entschieden werden kann, ob es ein Element der Menge ist oder nicht. Notation 1.8. Die Aussage x ist ein Element der Menge M wird mit x bezeichnet, die Negation mit x ∈ / M, ∈M d.h. x ist kein Element der Menge M . 5 Georg Cantor, 18451918 Aussagen und Mengen Math4Inf 18 / 567 Notation 1.9 [Beschreibung von Mengen]. • Aufzählung der Elemente, z.B., M = {1, 2, 3, 4, 5}, • N = {1 , 2 , 3 , 4 , 5 , . . . } M = {◦, , ?}. ist die Menge der natürlichen Zahlen • Z = {. . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . . } ist die Menge der ganzen Zahlen • Beschreibung von Eigenschaften, z.B., M = {alle geraden positiven natürlichen Zahlen} = {n ∈ N : n ist Vielfaches von 2} = {2 n : n ∈ N} • Q = { qp : p ∈ Z, q ∈ N} • R ist die Menge der rationalen Zahlen bezeichnet die Menge der reellen Zahlen • ∅ = {} Aussagen und Mengen bezeichnet die leere Menge Math4Inf 19 / 567 • 6 Russellsche Antinomie . Sei M die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst enthalten, d.h., M = {X : X ∈ / X }. ∈ M? Ist M ∈ M, dann muss M die Bedingung M ∈ / M erfüllen! Ist M ∈ / M, dann gilt nach Denition von M aber M ∈ M! Ist M I I Im Sinne unserer Vereinbarung ist M keine Menge! 6 Bertrand Russell, 18721970 Aussagen und Mengen Math4Inf 20 / 567 Denition 1.10 [Allquantor und Existenzquantor]. Sei M eine nichtleere Menge und für jedes x ∈M sei A(x ) eine Aussage. ∈ M gilt A(x ) wird mit : A(x ) bezeichnet; ∀ heiÿt Allquantor. i) Die Aussage für alle x ∀x ∈ M ii) Die Aussage es gibt ein x ∃x ∈ M : A(x ) bezeichnet; ∈ M , für das A(x ) gilt wird ∃ heiÿt Existenzquantor. mit Bemerkung 1.11. Seien A(x ), x ∈ M, Aussagen. Es gilt: ∀x : A(x ) ⇔ ∃ x : A(x ) Aussagen und Mengen und ∃ x : A(x ) ⇔ ∀x : A(x ). Math4Inf 21 / 567 Erklärung 1.12 [Vollständige Induktion]. = {k , k + 1, k + 2, . . . }, wobei k eine ganze Zahl ist, und seien A(n ), n ∈ M , Aussagen. Zum Beweis der Aussage ∀n ∈ M : A(n) verwendet man häug das Prinzip der vollständigen Sei M Induktion: i) Induktionsanfang: Man zeigt, dass die Aussage für n =k gilt, also A(k ). ii) Induktionsschritt: Man zeigt die Implikation A(n) ⇒ A(n + 1). In Worten: Wir zeigen zunächst, dass für die kleinste Zahl in M die Aussage gilt, d.h., A(k ). Dann beweisen wir für jedes n, dass aus A(n ) die Aussage A(n Aussagen und Mengen + 1) folgt. Math4Inf 22 / 567 Satz 1.13 [Geometrische Reihe]. Sei x ∈ R, x 6= 1, n X i =0 Beweis. Für n und sei n ∈N ∈ N. x i= Dann gilt 1 − x n +1 . 1−x (1.1) sei A(n ) die Aussage (1.1). i) (Induktionsanfang) Wir zeigen, dass A(1) wahr ist, denn 1 X i =0 x i = x 0 + x 1 = 1 + x = (1 + x ) 1 − x = 1−x − x2 . 1−x 1 ii) (Induktionsschritt) Wir folgern A(n + 1) aus A(n): ! n n +1 X i + x n +1 = 1 − x i x x = + x n +1 1−x A (n ) i =0 i =0 n+1 + x n+1 (1 − x ) n +2 1−x 1−x = = . 1−x 1−x n +1 X Aussagen und Mengen Math4Inf 23 / 567 Beispiel 1.14. Für n ∈N sei A(n ) die Aussage, dass in jeder Gruppe von n Studenten, in der einer Mathematik studiert, alle Mathematik studieren. • Induktionsanfang: A(1) ist sicherlich wahr. • Induktionsschritt: Sei M eine Gruppe von n +1 Studenten, die wir mit s1 , . . . , sn+1 bezeichnen. Sei s2 ein Mathematikstudent. A(n ) angewendet auf die Gruppe {s2 , . . . , sn+1 } {s1 , . . . , sn } und zeigt, dass s1 , . . . , sn und s2 , . . . , sn+1 Mathematik studieren; also alle und somit gilt A(n + 1). Also gilt A(n )? Aussagen und Mengen Math4Inf 24 / 567 Denition 1.15 [Teilmenge]. i) Eine Menge B heiÿt Teilmenge einer Menge A (Schreibweise: B ⊆ A), wenn jedes Element von B auch Element von A ist, d.h., B ⊆ A ⇔ ∀b ∈ B : b ∈ A. ii) Zwei Mengen A und B heiÿen gleich (Schreibweise: B ⊆ A und A 6= B . falls B man A ⊆ B. = A), Sind A und B nicht gleich, so schreibt iii) Eine Menge B heiÿt echte Teilmenge einer Menge A (Schreibweise: B ⊂ A), wenn B ⊆A und B 6= A. Bemerkung 1.16. Die leere Menge ist Teilmenge einer jeden Menge. Aussagen und Mengen Math4Inf 25 / 567 Denition 1.17 [Durchschnitt, Vereinigung, Dierenz]. Seien A, B Mengen. i) A ∩ B = {x : x ∈ A ∧ x ∈ B } heiÿt Durchschnitt von A und B . Ist A ∩ B = ∅, so heiÿen A und B disjunkt. ii) A ∪ B = {x : x ∈ A ∨ x ∈ B } heiÿt Vereinigung von A und B . iii) A \ B = {x : x ∈ A ∧ x ∈ / B} heiÿt Dierenz von A und B . iv) Ist B ⊆ U, so heiÿt die Dierenz U \B auch Komplementärmenge von B in der Grundmenge U und wird mit B bezeichnet. Aussagen und Mengen Math4Inf 26 / 567 Satz 1.18 [Verknüpfungsregeln für Mengen]. Seien A, B Teilmengen einer Grundmenge U , also A, B ⊆ U. i) Kommutativität: A ∩ B = B ∩ A, A ∪ B = B ∪ A. ii) Assoziativität: (A ∩ B ) ∩ C = A ∩ (B ∩ C ), (A ∪ B ) ∪ C = A ∪ (B ∪ C ). iii) Distributivität: A ∩(B ∪C ) = (A∩B )∪(A∩C ), A ∪(B ∩C ) = (A∪B )∩(A∪C ). iv) Idempotenz: A Aussagen und Mengen ∩ A = A, A ∪ A = A. Math4Inf 27 / 567 v) Absorption: (A ∪ B ) ∩ A = A, vi) Neutralität von A ∩ ∅ = ∅, ∅ (A ∩ B ) ∪ A = A. und U : A ∪ ∅ = A, A ∪ U = U, A ∩ U = A. vii) Komplementregeln: A ∩ A = ∅, A ∪ A = U, A = A. viii) De Morgan'sche Regeln7 : A ∪ B = A ∩ B, 7 Augustus De Morgan, 18061871 Aussagen und Mengen A ∩ B = A ∪ B. Math4Inf 28 / 567 Denition 1.19 [Boolesche Algebra ]. 8 Eine Menge, in der drei Operationen, z.B. (∩, ∪, −) oder (∧, ∨, −), deniert sind, die den Eigenschaften i)-vii) aus Satz 1.18 genügen, wird als Boolesche Algebra bezeichnet. 8 George Boole, 18151864 Aussagen und Mengen Math4Inf 29 / 567 Denition 1.20 [Kartesisches Produkt ]. 9 i) Das kartesische Produkt X ×Y (Sprechweise: X kreuz Y ) zweier Mengen X,Y ist deniert als × Y = {(x , y ) : x ∈ X , X (x , y ) ∈ X × Y y heiÿt geordnetes Paar. ii) Allgemein ist das kartesische Produkt X1 n-Mengen X1 , . . . , Xn deniert als X1 ∈ Y }. × X2 × · · · × Xn × X2 × · · · × Xn = {(x1 , x2 , . . . , xn ) : xi ∈ Xi , 1 von ≤ i ≤ n}. (x1 , x2 , . . . , xn ) ∈ X1 × X2 × · · · × Xn heiÿt geordnetes n-Tupel. Für das kartesische Produk X × X × · · · × X (n-mal) schreibt n man auch X . Bemerkung 1.21. Für (x1 , . . . , xn ), (x10 , . . . , xn0 ) ∈ X1 × · · · × Xn 0 Aussagen und Mengen 0 gilt 0 (x1 , . . . , xn ) = (x1 , . . . , xn ) ⇔ xi = xi , Math4Inf 1 ≤ i ≤ n. 30 / 567 Denition 1.22 [Mächtigkeit endlicher Mengen]. Eine Menge A heiÿt endlich, wenn sie endlich viele Elemente enthält. Die Anzahl der Elemente von A heiÿt Mächtigkeit von A und wird mit |A| bezeichnet. Bemerkung 1.23. Seien A, B endliche Mengen. Dann gilt i) ii) |A ∪ B | = |A| + |B | − |A ∩ B |, |A × B | = |A| · |B | Denition 1.24 [Potenzmenge]. Sei A Menge. Die Menge P (A) = {X : X ⊆ A} aller Teilmengen von A heiÿt Potenzmenge von A. Lemma 1.25. Sei A eine endliche Menge. Dann gilt |P (A)| = 2|A| . Aussagen und Mengen Math4Inf 31 / 567 Denition 2.1 [Relationen]. i) Eine binäre Relation R zwischen den beiden Mengen A1 und A2 ist eine Teilmenge von A1 Für (x , y ) ∈ R × A2 , also R ⊆ A1 × A2 . sagt man, x und y stehen in Relation R und schreibt dafür auch xRy . Im Falle A1 = A2 = A heiÿt R Relation auf A. ii) Eine n-stellige Relation auf den n-Mengen A1 , . . . , An ist eine Teilmenge von A1 Relationen und Abbildungen × A2 × · · · × An . Math4Inf 32 / 567 Denition 2.2 [Verkettung (Komposition) von Relationen]. Sei R eine Relation zwischen den beiden Mengen A1 , A2 , und sei S eine Relation zwischen den Mengen A2 und A3 . Unter der Verkettung (Komposition) S ◦R von S nach R versteht man die Relation zwischen A1 und A3 gegeben durch S ◦R = {(x , z ) ∈ A1 × A3 : ∃ y ∈ A2 mit (x , y ) ∈ R und (y , z ) ∈ S } Denition 2.3 [Inverse Relation]. Sei R ⊆ A1 × A2 R eine binäre Relation. Dann heiÿt −1 = {(y , x ) ∈ A2 × A1 : (x , y ) ∈ R } die zu R inverse Relation. Relationen und Abbildungen Math4Inf 33 / 567 Bemerkung 2.4. Seien A1 , A2 , A3 Mengen und R R Relationen und Abbildungen = (R −1 )−1 und ⊆ A1 × A2 , S ⊆ A2 × A3 . Dann gilt (S ◦ R )−1 = R −1 ◦ S −1 . Math4Inf 34 / 567 Denition 2.5 [Äquivalenzrelation]. i) Sei R eine Relation auf der Menge A. a) b) c) ii) R heiÿt reexiv, falls für alle x ∈ A gilt: (x , x ) ∈ R, R heiÿt symmetrisch, falls für alle (x , y ) ∈ R gilt: (y , x ) ∈ R, R heiÿt transitiv, falls für alle (x , y ), (y , z ) ∈ R gilt: (x , z ) ∈ R. Eine binäre Relation R auf A, die reexiv, symmetrisch und transitiv ist, heiÿt Äquivalenzrelation auf A. In diesem Fall sagt man für (x , y ) ∈ R auch x ist äquivalent zu y . Denition 2.6 [Äquivalenzklasse]. Sei R eine Äquivalenzrelation auf A. Für x ∈A heiÿt [x ]R = {y ∈ A : (x , y ) ∈ R } die Äquivalenzklasse von x bzgl. R . Relationen und Abbildungen Math4Inf 35 / 567 Satz 2.7. Sei R eine Äquivalenzrelation auf A. Dann gilt: i) A = ii) Für x ∈A [x ]R , x , y ∈ A gilt S entweder [x ]R = [y ]R oder [x ]R ∩ [y ]R = ∅. In Worten: A ist die Vereinigung seiner Äquivalenzklassen, und zwei verschiedene Äquivalenzklassen sind disjunkt. Satz 2.8. Sei A eine nicht-leere Menge. Seien A1 , . . . , An A = Sn i =1 Ai und Ai ∩ Aj = ∅ für i 6= j . ⊆ A, Ai 6= ∅, mit ⊆ A×A Sei die Relation R gegeben durch R = {(x , y ) : x und y liegen in der derselben Teilmenge Ai }. Dann ist R eine Äquivalenzrelation auf A mit den Äquivalenzklassen Ai . Relationen und Abbildungen Math4Inf 36 / 567 Beispiel 2.9 [Restklassen]. Sei m ∈N und sei Rm die Relation auf Rm • = {(x , y ) ∈ Z × Z : x − y Z gegeben durch ist durch m teilbar}. Dann ist Rm eine Äquivalenzrelation, und Z ist die disjunkte Vereinigung der paarweise verschiedenen Äquivalenzklassen [0]R , [1]R , . . . , [m − 1]R m • Für k m ∈ { 0, . . . , m − 1} m . besteht [k ]Rm aus allen Zahlen, die bei Division durch m den Rest k lassen. Daher nennt man [k ]Rm auch Restklasse, und man bezeichnet sie einfach mit [k ]m . Relationen und Abbildungen Math4Inf 37 / 567 Denition 2.10 [Totale, partielle, Ordnung(srelation)]. Sei R eine Relation auf der Menge A. i) R heiÿt antisymmetrisch, falls für alle x , y und ii) (y , x ) ∈ R gilt: x ∈A mit (x , y ) ∈ R = y. Eine Relation R auf A, die reexiv, antisymmetrisch und transitiv ist, heiÿt Ordnung(srelation) auf A. iii) Ein Ordnung(srelation) R auf A mit der Eigenschaft (x , y ) ∈ R oder (y , x ) ∈ R für alle x , y ∈A heiÿt totale Ordnung. Andernfalls heiÿt R eine partielle Ordnung. Beispiel 2.11. • ≤ ist eine totale Ordnung auf • ⊆ ist eine partielle Ordnung auf einer Menge von Mengen. Relationen und Abbildungen R. Math4Inf 38 / 567 Denition 2.12 [Abbildung(Funktion)]. Eine Abbildung (Funktion) f von einer Menge X in eine Menge Y ist eine Vorschrift, die jedem x ∈X genau ein Element f (x ) ∈Y zuordnet. Man schreibt dafür: f :X →Y mit x 7→ f (x ). Man sagt: x wird auf f (x ) abgebildet, bzw. f (x ) ist das Bild oder der Funktionswert von x . Die Menge X heiÿt Denitionsbereich und die Menge Y heiÿt Wertebereich der Abbildung f . Denition 2.13 [Graph]. Sei f :X →Y mit x 7→ f (x ) eine Abbildung. Die Relation Γf = {(x , f (x )) : x ∈ X } ⊆ X × Y heiÿt der Graph der Abbildung. Relationen und Abbildungen Math4Inf 39 / 567 Denition 2.14 [Bildmenge, Urbildmenge]. Sei f :X →Y mit x 7→ f (x ) f (A) −1 ⊆X ⊆Y heiÿt (B ) = {x ∈ X : f (x ) ∈ B } Urbildmenge von B . Für einelementige Mengen B , also B y ∈ Y, schreibt man auch einfach f Relationen und Abbildungen heiÿt = {f (x ) : x ∈ A} Bildmenge von A, und für B f eine Abbildung. Für A = {y }, −1 (y ). Math4Inf 40 / 567 Beispiel 2.15. :R→R Sei f • mit x 7→ x 2 , d.h., f (x ) = x 2. Denitions- und Wertebereich sind die reellen Zahlen. Γf = {(x , x 2 ) : x ∈ R}. 8 6 4 2 –3 –2 –1 1 2 3 Abbildung: Der Graph Γf x • f (R) = R≥0 = {x ∈ R : x ≥ 0}, also die nicht-negativen reellen Zahlen. • f ({0, −1, 1}) = {0, 1} • f −1 ({−1}) Relationen und Abbildungen und f −1 ({2, 4}) √ = {± 2, ±2}. = f −1 (−1) = ∅. Math4Inf 41 / 567 Denition 2.16 [Injektiv, surjektiv, bijektiv]. Sei f :X →Y eine Abbildung. i) f heiÿt injektiv, wenn ∀x1 , x2 ∈ X : x1 6= x2 ⇒ f (x1 ) 6= f (x2 ), d.h., verschiedene Elemente aus X werden auf verschiedene Elemente in Y abgebildet. ii) f heiÿt surjektiv, wenn f (X ) = Y, d.h., jedes Element aus Y ist das Bild eines Elementes aus X . iii) f heiÿt bijektiv, oder eins-zu-eins Abbildung bzw. eineindeutige Abbildung, wenn f injektiv und surjektiv ist. Relationen und Abbildungen Math4Inf 41 / 567 Beispiel 2.17. • • : R → R mit f (x ) = x 2 . f (1) = f (−1), noch surjektiv, Sei f Sei f : R → R≥ 0 mit f (x ) =x f ist weder injektiv, da da f 2 (R) = R≥0 6= R. . Dann ist f surjektiv, aber immer noch nicht injektiv. • Sei f : R≥ 0 → R≥ 0 Relationen und Abbildungen mit f (x ) = x 2. Dann ist f bijektiv. Math4Inf 42 / 567 Denition 2.18 [Verkettung (Komposition) von Abbildungen]. Seien f :X →Y und g : X0 → Y0 Abbildungen mit f (X ) ⊆ X 0. Die Verkettung (Komposition) von g nach f ist die Abbildung g ◦f : X → Y0 • mit x 7→ (g ◦ f )(x ) = g (f (x )). Die Verkettung von Abbildungen entspricht der Verkettung von Relationen: Relationen und Abbildungen Γg ◦f = Γg ◦ Γf . Math4Inf 43 / 567 Lemma 2.19. Seien f :X →Y und g :Y →Z Abbildungen. i) Sind f und g injektiv, dann auch g ◦ f : X → Z. ii) Sind f und g surjektiv, dann auch g iii) Sind f und g bijektiv, dann auch g Lemma 2.20. : X → Y , g : Y 0 → Z und 0 0 0 f (X ) ⊆ Y und g (Y ) ⊆ Z . Dann Seien f h ◦ f : X → Z. ◦ f : X → Z. : Z0 → W Abbildungen mit gilt (h ◦ g ) ◦ f = h ◦ (g ◦ f ), d.h. die Komposition von Abbildungen ist assoziativ. Relationen und Abbildungen Math4Inf 44 / 567 Denition 2.21 [Identische Abbildung]. Sei X Menge. Die Abbildung idX :X →X mit x 7→ x heiÿt identische Abbildung auf X . Denition 2.22 [Inverse Abbildung]. :X →Y Sei f y ∈Y : Y → X , die jedem mit y = f (x ) zuordnet, bijektiv. Die Abbildung g das eindeutig bestimmte x ∈X heiÿt inverse Abbildung, und man schreibt für g auch f • −1 . Die inverse Abbildung entspricht der inversen Relation: 1 Γf −1 = Γ− f . Lemma 2.23. Sei f :X →Y i) f ii) f Sei g −1 bijektiv. Dann gilt: ◦ f = idX , d.h. (f −1 ◦ f )(x ) = x , für alle x ∈ X, ◦ f −1 = idY , d.h. (f ◦ f −1 )(y ) = y , für alle y ∈ Y. :Y →Z eine weitere bijektive Abbildung. Für die Umkehrfunktion von g Relationen und Abbildungen ◦f :X →Z gilt: (g ◦ f )−1 = f −1 ◦ g −1 . Math4Inf 45 / 567 Denition 2.24 [Gleichmächtigkeit von Mengen]. Zwei Mengen A, B heiÿen gleichmächtig oder von gleicher Kardinalität wenn es eine bijektive Abbildung von A nach B (und somit auch von B nach A) gibt. Man schreibt dann auch |A| = |B |. Beispiel 2.25. • Zwei endliche Mengen A, B mit |A| = |B | sind stets gleichmächtig. • N und N0 = N ∪ {0} • N und Z • sind gleichmächtig. sind gleichmächtig. Man kann auch zeigen, dass R und {x ∈ R : 0 < x < 1} gleichmächtig sind. Relationen und Abbildungen Math4Inf 46 / 567 Denition 2.26 [Abzählbarkeit, Überabzählbarkeit]. Sei M eine unendliche Menge. i) M heiÿt abzählbar unendlich oder kurz abzählbar wenn es eine bijektive Abbildung von gleicher Mächtigkeit N nach wie N. M gibt, d.h. M ist von ii) Ist M nicht abzählbar unendlich, dann heiÿt M überabzählbar unendlich oder kurz überabzählbar. Satz 2.27. i) Q ist abzählbar. ii) R ist überabzählbar. iii) Die Vereinigung von abzählbar vielen abzählbaren Mengen ist abzählbar. Relationen und Abbildungen Math4Inf 47 / 567 Denition 3.1 [Permutationen]. Für n ∈N sei Sn = {σ : {1, . . . , n} → {1, . . . , n} : σ die Menge aller bijektiven Abbildungen von selbst. σ ∈ Sn bijektiv {1 , . . . , n } } auf sich heiÿt Permutation. Denition 3.2 [Fakultät]. Für n ∈N heiÿt n! = n Y i = 1 · 2 · 3 · . . . · (n − 1) · n i =1 Fakultät (sprich: n-Fakultät). Man vereinbart zudem 0! Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf = 1. 48 / 567 Lemma 3.3. Für n ∈N ist |Sn | = n !. Bemerkung 3.4 [Stirling -Formel]. 10 n! ≈ √ 2π n n n e , d.h. für groÿe n entspricht n ! etwa dem Ausdruck auf der rechten Seite. 10 James Stirling, 16921770 Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 49 / 567 Bemerkung 3.5. Die Fakultätsfunktion g : N0 → N mit g (n ) = n! lässt sich auch rekursiv denieren: ( g (n ) = 1, = 0, n · g (n − 1), n ≥ 1. n Satz 3.6 [Rekursionssatz ]. 11 Es sei z0 ∈ Z, Z≥z0 = {z ∈ Z : z ≥ z0 } und M eine beliebige, nicht : Z≥z0 × M → M eine Abbildung und leere Menge. Weiter sei f m ∈ M. Dann liefert die folgende rekursive Vorschrift eine : Z≥z0 → M . ( m, g (n ) = f (n , g (n − 1)), eindeutige Abbildung g 11 Richard Dedekind, 18311916 Elementares Zählen und komplexe Zahlen = z0 , n ≥ z0 + 1. n Math4Inf 50 / 567 Beispiel 3.7. • Sei z0 =0 und f : Z≥0 × N0 → N0 mit f (n , m ) = n + m. Dann ist ( g (n ) • = 0, f (n , g (n − 1)), n ≥ 1, n X (n + 1) n i = = . 2 i =0 = 0, (Verallgemeinerung) Fibonacci n 12 -Zahlen: Sei F 0, F (n ) = 1, F (n − 1) + F (n − 2), 12 Leonardo Pisano, 1170(80)-1250 Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf : N0 → N0 mit = 0, n = 1, n ≥ 2. n 51 / 567 Bemerkung 3.8. • Sei a = (1 + √ √ = (√ 1− 5)/2. n n F (n ) = (1/ 5)(a − b ). 5)/2 (goldener Schnitt) und b Für die n-te Fibonacci-Zahl F (n ) gilt • Think recursively! • Türme von Hanoi, siehe http: // en. wikipedia. org/ wiki/ Tower_ of_ Hanoi Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 52 / 567 Denition 3.9 [Binomialkoezient]. Für n ∈ N0 und k Zudem vereinbart man n über k. ∈ {0, . . . , n} heiÿt n n! = k k !(n − k )! n man k = 0 falls k < 0 oder k > n. kn liest Satz 3.10. i) ii) n n−1 n −1 k = k + k −1 n n k = n −k . für n ≥ 1. Satz 3.11. Die Anzahl der k -elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge beträgt n . k Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 53 / 567 Beispiel 3.12. • • 4 0 = 1, Sei M 4 1 = 4, 4 2 = 6, 4 3 = 2, 4 4 = 1. = {1, 2, 3, 4}. 0-elem. Teilmengen: 1-elem. Teilmengen: 2-elem. Teilmengen: 3-elem. Teilmengen: 4-elem. Teilmengen: Elementares Zählen und komplexe Zahlen ∅ {1}, {2}, {3}, {4} {1, 2}, {1, 3}, {1, 4}, {2, 3}, {2, 4}, {3, 4} {2, 3, 4}, {1, 3, 4}, {1, 2, 4}, {1, 2, 3} {1, 2, 3, 4} Math4Inf 54 / 567 Satz 3.13 [Binomischer Lehrsatz]. Für n ∈ N0 und x , y ∈R gilt: (x + y )n = n X n k =0 k x n −k y k . Korollar 3.14. n X n k =0 Elementares Zählen und komplexe Zahlen k = 2n . Math4Inf 55 / 567 Denition 3.15 [Primzahl]. Eine natürliche Zahl p >1 heiÿt Primzahl, wenn sie nur durch sich selbst und 1 teilbar ist. Die Menge aller Primzahlen wird mit P bezeichnet. Satz 3.16 [Primfaktorzerlegung]. Jede natürliche Zahl gröÿer als 1 lässt sich eindeutig (bis auf die Reihenfolge) als Produkt von Primzahlen schreiben. Satz 3.17 [Euklid ]. 13 Es gibt unendlich viele Primzahlen. Bemerkung 3.18. Der Primzahlsatz 14 sagt aus, dass |{p ∈ P : p ≤ n}| ≈ n ln n . 13 Euklid, ca. 300 v.Chr. 14 Jacques Hadamard, 1865 1963; Charles de la Vallée Poussin, 18661962 Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 56 / 567 Notation 3.19. Für Zahlen a, b d.h. falls es ein ∈ Z schreibt man a|b, falls m ∈ Z gibt mit b = m · a. Bemerkung 3.20. Für p ∈P und k ∈ { 1, . . . , p − 1} Denition 3.21 [ggT]. Für a, b ∈ Z, a 6= 0, a ein Teiler von b ist, p k . ist p heiÿt die gröÿte natürliche Zahl n ∈N mit n |a und n |b der gröÿte gemeinsame Teiler von a und b. Er wird mit ggT(a, b ) bezeichnet. Lemma 3.22. Seien a, b ∈Z i) ggT(a, b ) und m ∈ N. = ggT(b, a) = ggT(−a, b) = ggT(a, −b) = ggT(−a, −b ). ii) ggT(a, b ) = ggT(a ± m · b, b) = ggT(a, b ± m · a). Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 57 / 567 Lemma 3.23 [Division mit Rest]. ∈ Z und b ∈ N. Dann ∈ {0, . . . , b − 1} mit Sei a r a gibt es eindeutige q ∈Z und = q · b + r. r heiÿt der Rest von a bei Division durch b und wird mit a mod b bezeichnet (gesprochen a modulo b oder einfach a mod b). • Insbesondere gilt ggT(a, b ) Elementares Zählen und komplexe Zahlen = ggT(a mod b, b). Math4Inf 58 / 567 Satz 3.24 [Euklidischer Algorithmus]. ∈N Seien a, b und sei a ≥ b. Das folgende Verfahren, der sogenannte Euklidische Algorithmus, berechnet (rekursiv) ggT(a, b ). (1) Berechne r (2) Ist r = 0, =a mod b. dann ggT(a, b ) =b (3) Rufe das Verfahren auf für a und STOP. =b und b = r, d.h. berechne ggT(b , a mod b ). Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 59 / 567 Beispiel 3.25. Berechnen von ggT(29393, 2805). Aufruf von ggT(a, b ) r = a mod b ggT(29393, 2805) 1343 ggT(2805, 1343) 119 ggT(1343, 119) 34 ggT(119, 34) 17 ggT(34, 17) 0 = 10 · 2805 + 1343 (3.1) 2805 = 2 · 1343 + 119 (3.2) 1343 = 11 · 119 + 34 (3.3) = 3 · 34 + 17 (3.4) 29393 119 34 ggT(29393, 2805) = 2 · 17 + 0 = 17 Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 60 / 567 Lemma 3.26 [Lemma von Bézout ]. 15 Seien a, b ∈ Z. Dann gibt es x , y ggT(a, b ) ∈ Z, so dass = x · a + y · b. Bemerkung 3.27. Diese Zahlen x , y lassen sich leicht aus dem Euklidischen Algorithmus berechnen, wenn man in jedem Schritt bei der Berechnung von r a =m·b+r = a mod b auch die Zahl m ∈N mit abspeichert. 15 Étienne Bézout; 1730 1783 Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 61 / 567 Beispiel 3.28 [ggT(29393, 2805) (fortgesetzt)]. Aus (3.4) folgt 17 = 119 − 3 · 34. Mit (3.3) erhält man 17 = 119 − 3 · (1343 − 11 · 119) = 34 · 119 − 3 · 1343. Mit (3.2) erhält man 17 = 34 · (2805 − 2 · 1343) − 3 · 1343 = 34 · 2805 − 71 · 1343. Und abschlieÿend mit (3.1) 17 = 34 ∗ 2805 − 71 · (29393 − 10 · 2805) = −71 · 29393 + 744 · 2805. Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 62 / 567 Denition 3.29 [Kongruente Zahlen]. Seien a, b ∈Z und m ∈ N. a und b heiÿen kongruent modulo m, falls sie bei Division durch m den gleichen Rest lassen, d.h. falls a mod m =b mod m. Man schreibt dafür a ≡b mod m, gesprochen a kongruent b mod(ulo) m. • Mit der Notation aus Beispiel 2.9 gilt also: a ≡b mod m genau dann, wenn a, b in der gleichen Restklasse Rm enthalten sind. Satz 3.30. Sei a ≡b mod m und c a mod m. Dann gilt + c ≡ (b + d ) mod m, a Elementares Zählen und komplexe Zahlen ≡d · c ≡ (b · d ) mod m. Math4Inf 63 / 567 Notation 3.31. Sei m ∈ N, m ≥ 2. i) Sei Zm = {[0]m , [1]m , . . . , [m − 1]m } die Menge der Restklassen bei Division durch m (siehe Beispiel 2.9). Zm wird nun eine Addition ⊕ wie folgt deniert: ii) Auf der Menge Multiplikation [a]m ⊕ [b]m = [a + b]m und [a]m und [b]m = [a · b]m Bemerkung 3.32. Aufgrund von Satz 3.30 sind [c ]m = [a]m , [d ]m = [b]m ⊕ wohldeniert, d.h. für gilt [a]m ⊕ [b]m = [c ]m ⊕ [d ]m Elementares Zählen und komplexe Zahlen und und [a]m [b]m = [c ]m [d ]m . Math4Inf 64 / 567 Beispiel 3.33 [Verknüpfungstafeln für m = 4]. ⊕ [0]4 [1]4 [2]4 [3]4 [0]4 [0]4 [1]4 [2]4 [3]4 [1]4 [1]4 [2]4 [3]4 [0]4 [2]4 [2]4 [3]4 [0]4 [1]4 [3]4 [3]4 [0]4 [1]4 [2]4 [0]4 [1]4 [2]4 [3]4 [0]4 [0]4 [0]4 [0]4 [0]4 [1]4 [0]4 [1]4 [2]4 [3]4 [2]4 [0]4 [2]4 [0]4 [2]4 [3]4 [0]4 [3]4 [2]4 [1]4 Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 65 / 567 Beispiel 3.34 [Verknüpfungstafeln für m = 5]. ⊕ [0]5 [1]5 [2]5 [3]5 [4]5 [0]5 [0]5 [1]5 [2]5 [3]5 [4]5 [1]5 [1]5 [2]5 [3]5 [4]5 [0]5 [2]5 [2]5 [3]5 [4]5 [0]5 [1]5 [3]5 [3]5 [4]5 [0]5 [1]5 [2]5 [4]5 [4]5 [0]5 [1]5 [2]5 [3]5 [0]5 [1]5 [2]5 [3]5 [4]5 [0]5 [0]5 [0]5 [0]5 [0]5 [0]5 [1]5 [0]5 [1]5 [2]5 [3]5 [4]5 [2]5 [0]5 [2]5 [4]5 [1]5 [3]5 [3]5 [0]5 [3]5 [1]5 [4]5 [2]5 [4]5 [0]5 [4]5 [3]5 [2]5 [1]5 Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 66 / 567 Bemerkung 3.35. i) Sowohl bei (Z4 , ⊕) als auch bei (Z5 , ⊕) gilt [a]m ⊕ [0]m = [a]m , und für jedes [a]m ∈ Zm existiert ein [a 0] m ∈ Zm mit [a]m ⊕ [a0 ]m = [0]m . ii) Für (Z4 , ) und (Z5 , ) gilt analog [a]m [1]m = [a]m , Z4 mit [2]4 · [a0 ]4 = [1]4 . jedes [a]m ∈ Zm \ {[0]m } ein aber für [2]4 gibt es kein Element in Für m = 5 gibt [a0 ]m ∈ Zm mit es hingegen für Elementares Zählen und komplexe Zahlen [a]m [a0 ]m = [1]m . Math4Inf 67 / 567 Denition 3.36 [Gruppe]. ⊗:G ×G →G Sei G eine nichtleere Menge, und sei (x , y ) 7→ x ⊗ y eine Abbildung (G , ⊗) heiÿt Gruppe, wenn die mit (Verknüpfung). folgenden Bedingungen 1.3. erfüllt sind: 1. Für alle x , y , z ∈G gilt: (x ⊗ y ) ⊗ z = x ⊗ (y ⊗ z ) (Assoziativgesetz). 2. Es gibt ein neutrales Element e gilt: e 3. Zu jedem x x • ⊗ ∈ G, so dass für alle x ∈G ⊗ x = x ⊗ e = x. 0 x = 0 x ∈ G gibt es ein inverses Element x 0 ∈ G , so ⊗ x = e . x 0 wird auch mit x −1 bezeichnet. Gilt zusätzlich x (G , ⊗) ⊗y =y ⊗x für alle x , y 16 kommutative (abelsche 16 Niels Abel, 18021829 Elementares Zählen und komplexe Zahlen ∈ G, dass dann heiÿt ) Gruppe. Math4Inf 68 / 567 Beispiel 3.37. • (Z, +) ist kommutative Gruppe mit neutralem Element für a ∈ Z ist −a das inverse Element. Ebenso sind (Q, +), (R, +) kommutative Gruppen. 0, und • (Q \ {0}, ·) ist kommutative Gruppe mit neutralem Element und für a ∈ Q \ {0} ist 1/a das inverse Element. Ebenso ist (R \ {0}, ·) kommutative Gruppe. • (Sn , ◦) 1, ist Gruppe mit neutralem Element id{1,...,n} , und das inverse Element von σ ∈ Sn ist durch die Umkehrabbildung gegeben. Sn ist nicht kommutativ für n • (Zm , ⊕) ≥ 3. ist kommutative Gruppe mit neutralem Element [0]m , und für [a]m ∈ Zm • (Z4 \ {0}, ) ist [−a]m = [m − a]m ist keine Gruppe, aber das inverse Element. (Z5 \ {0}, ) ist kommutative Gruppe. Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 69 / 567 Denition 3.38 [Körper]. K eine nichtleere Mengen, und seien +, · : K × K → K mit (x , y ) 7→ x + y (Addition), bzw. (x , y ) 7→ x · y (Multiplikation) Abbildungen. (K, +, ·) heiÿt Körper, wenn die folgenden Sei Bedingungen 1.3. erfüllt sind: 1. (K, +) ist kommutative Gruppe. Das neutrale Element von 2. (K \ {0}, ·) (K, +) wird mit 0 bezeichnet. ist kommutative Gruppe. Das neutrale Element von (K \ {0}, ·) wird mit 1 bezeichnet und Einselement genannt. 3. Für alle x , y , z ∈K gilt: x · y + x · z = x · (y + z ) (Distributivgesetz). Beispiel 3.39. • (Q, +, ·), (R, +, ·) • (Z, +, ·) sind Körper. ist kein Körper. Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 70 / 567 Satz 3.40. (Zm , ⊕, ) ist genau dann ein Körper, wenn m Primzahl ist. Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 71 / 567 Denition 3.41 [Komplexe Zahlen]. Die Menge C = {x + y · i : x , y ∈ R} heiÿt Menge der komplexen Zahlen. Dabei ist i i 2 ∈C deniert durch = i · i = −1 und heiÿt imaginäre Einheit. Für z =x +y · i∈C heiÿt x Realteil von z und wird mit Re(z ) bezeichnet. y heiÿt Imaginärteil von z und wird mit Im(z ) bezeichnet. = x + y i und z 0 = x 0 + y 0 i 0 0 dann, wenn x = x und y = y . Zwei komplexe Zahlen z d.h. z = 0 z , genau Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf sind gleich, 72 / 567 • • Es ist N ⊂ Z ⊂ Q ⊂ R ⊂ C. Betrachtet man die imaginäre Einheit als eine Variable mit der Eigenschaft i 2 = −1, dann ergeben sich Addition und Multiplikation von komplexen Zahlen unmittelbar aus den entsprechenden Operationen für reelle Zahlen. Seien z z = x + y i, z 0 = x 0 + y 0 i ∈ C : + z 0 = (x + y i) + (x 0 + y 0 i) = (x + x 0 ) + (y + y 0) i. z · z 0 = (x + y i) · (x 0 + y 0 i) = x · x 0 + x · y 0 i + y i · x 0 + y i · y 0 i = x x 0 + y y 0 i2 + x y 0 i + y x 0 i = x x 0 − y y 0 + (x y 0 + y x 0 ) i. • Weiterhin ist für z z −1 Elementares Zählen und komplexe Zahlen = = x + y i 6= 0 (= 0 + 0 i) 1 x +yi = x x 2 +y 2 − y x 2 Math4Inf + y2 i. 73 / 567 Satz 3.42. (C, +, ·) ist ein Körper mit neutralem Element 0 Einselement 1 (= 0 + 0 i) und (= 1 + 0 i). Notation 3.43 [Gauÿsche Zahlenebene]. 17 Im( z + z0 x z 0 z) z y 0 y 0 x Re( z) Abbildung: Addition von komplexen Zahlen in der Gauÿsche Zahlenebene 17 Carl Friedrich Gauÿ (Gauss) 17771855 Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 74 / 567 Denition 3.44 [Konjugierte Zahl, Betrag]. Sei z = x + y i ∈ C. =x −yi∈C p |z | = x 2 + y 2 i) z ii) heiÿt die zu z konjugierte (komplexe) Zahl. heiÿt der Betrag der komplexen Zahl z . Satz 3.45. Seien z , z i) z ii) z iii) + 0 z0 =z ∈ C. = z + z0 und z · z 0 = z · z 0. genau dann, wenn z ∈ R. 2 |z | = z · z . iv) z −1 = z /|z |2 , z Elementares Zählen und komplexe Zahlen 6= 0. Math4Inf 75 / 567 Im(z ) z y |z | Re(z ) x −y z Abbildung: Konjugierte komplexe Zahl und Betrag von komplexen Zahlen in der Gauÿsche Zahlenebene Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 76 / 567 Denition 3.46 [Polardarstellung]. = x + y i ∈ C, Jede komplexe Zahl z 6= 0, z lässt sich eindeutig in der Form = r (cos φ + z = |z |, darstellen. Dabei ist r und φ i sin φ) (3.5) ist der Winkel zwischen z und der reellen Achse, also cos φ = x |z | und sin φ = y |z | (r , φ) (3.5) heiÿt Polardarstellung von z , und . nennt man Polarkoordinaten von z . Bemerkung 3.47. Für z = r (cos φ + i sin φ), z 0 = r 0 (cos φ0 + i sin φ0 ) ∈C ist (siehe Bemerkung 0.4). z · z 0 = r (cos φ + =rr Elementares Zählen und komplexe Zahlen 0 0 0 i sin φ) · r (cos φ + 0 i sin φ ) 0 0 cos(φ + φ ) + i sin(φ + φ ) . Math4Inf 77 / 567 Im(z ) z z0 r r0 φ + φ0 φ0 φ Re(z ) r ·r 0 z · z0 Abbildung: Multiplikation von komplexen Zahlen in Polardarstellung Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 78 / 567 Lemma 3.48 [Formel von Moivre ]. 18 Für z = r (cos φ + z i sin φ) und n ∈N gilt: n = r n (cos(n · φ) + i sin(n · φ)). Denition 3.49 [Einheitswurzeln]. Für n ∈N heiÿen ωkn = cos 2k π n + i sin 2k n π , k = 0, . . . , n − 1, n-te Einheitswurzeln. • Es ist (ωkn )n = 1 für k = 0, . . . , n − 1. 18 Abraham de Moivre, 16671754 Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 79 / 567 Beispiel 3.50. • n = 1: ω01 = 1. • n = 2: ω02 = 1, ω12 = −1. • n = 3: ω03 = 1, ω13 = − 12 + • n 4 0 4 1 = 4: ω = 1, ω = Bemerkung 3.51. Die n-ten Einheitswurzeln i, 4 2 √ 3 2 i, ω23 = − 12 − √ 3 2 i. 4 3 ω = −1, ω = − i. {ωkn : k = 0, . . . , n − 1} bilden mit der Multiplikation eine Gruppe. Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 80 / 567 Bemerkung 3.52. Sei z = r (cos φ + i sin φ) ∈ C und n ∈ N. √ φ φ + i sin r cos · ωkn , wk = n n gilt (wk )n = z . wk , k Notation 3.53. Sei z = r (cos φ + √ Zeichen n = 0, . . . , n − 1, Für k = 0, . . . , n − 1, sind die n-ten Wurzeln von z . i sin φ). Als (Quadrat)-Wurzel von z , im z , versteht man √ z = √ r cos φ 2 + i sin φ 2 . Beispiel 3.54. • • √ −1 = Für x i, √ ∈ R, i x = √1 ≤ 0, Elementares Zählen und komplexe Zahlen + √12 i. p √ ist x = |x | i. 2 Math4Inf 81 / 567 Satz 3.55 [Fundamentalsatz der Algebra]. Jede Polynomfunktion f mit an der Form f (z ) = an z n + an − 1 z n − 1 + . . . + a1 z + a0 , 6= 0 besitzt eine Darstellung f (z ) mit ci :C→C ∈ C, 1 ai ∈ C, = an (z − c1 ) · (z − c2 ) · . . . · (z − cn ), ≤ i ≤ n. Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 82 / 567 Beispiel 3.56. • = z 2 + a1 z + a0 . Mit r a1 2 a1 =− + − a0 , Sei f (z ) c1 ist f (z ) 2 2 c2 =− a1 2 − r a1 2 2 − a0 = (z − c1 )(z − c2 ). + 1 = (z − i)(z + i), z 4 − 1 = (z − 1)(z − i)(z + 1)(z + i). Q 1 n • z n − 1 = nk − =0 (z − ωk ). • z 2 Elementares Zählen und komplexe Zahlen Math4Inf 83 / 567 Satz 3.57. : C → C mit f (x ) = an x n + an−1 x n−1 + . . . + a1 x + a0 , wobei ai ∈ R und an 6= 0. • Ist z ∈ C mit f (z ) = 0, dann ist auch f (z ) = 0. Sei f • Ist n ungerade, dann gibt es ein x Elementares Zählen und komplexe Zahlen ? ∈R mit f (x Math4Inf ?) = 0. 84 / 567 Notation 4.1. (K, +, ·) ein Körper von K heiÿen Skalare. Im Folgenden sei Die Elemente (z.B. Q, R, C, Z2 , Z3 , etc.). Denition 4.2 [Lineares Gleichungssystem]. Ein lineares Gleichungssystem (über dem Körper K) aus m Gleichungen mit n Unbekannten x1 , . . . , xn hat die Form a1 1 x1 + a1 2 x2 + · · · + a1 n xn = b1 a2 1 x1 + a2 2 x2 + · · · + a2 n xn = b2 . . . . . . am 1 x1 ≤ i ≤ m, L aus K. . = .. (4.1) + am 2 x2 + · · · + am n xn = bm . Dabei sind alle Koezienten ai j , 1 1 . . . ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n, und bi , Die Menge = {(x1 , . . . , xn ) ∈ Kn : x1 , . . . , xn heiÿt Lösungsmenge des Gleichungssystems. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen erfüllen (4.1)} Math4Inf 85 / 567 Beispiel 4.3. • Das lineare Gleichungssystem über Q 2 x1 + 3 x2 = 0 2 x1 + 3 x2 = 1 besitzt keine Lösung. • Das lineare Gleichungssystem über x1 + x2 = 0 x1 − x2 = 0 besitzt genau eine Lösung Lineare Gleichungssysteme und Matrizen R (x1 , x2 ) = (0, 0). Math4Inf 86 / 567 • Das lineare Gleichungssystem über x1 x1 2 x1 + + + 2 x2 2 x2 + 2 x3 4 x2 3 x3 R + + + + x4 3 x4 3 x4 2 x4 = = = = 1 5 5 3 (x1 , x2 , x3 , x4 ) = (−2, 0, −1, 3) (x1 , x2 , x3 , x4 ) = (0, −1, −1, 3). besitzt etwa die Lösung Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf oder 87 / 567 Lemma 4.4. Die Lösungsmenge eines linearen Gleichungssystems über K (4.1) ändert sich nicht, wenn man i) zwei Gleichungen vertauscht, ii) das λ-fache einer Gleichung zu einer anderen addiert, iii) eine Gleichung mit • λ ∈ K \ { 0} λ ∈ K, multipliziert. Der Gauÿ'sche Algorithmus (auch Gauÿ'sches Eliminationsverfahren genannt) benutzt die Regeln aus Lemma 4.4 sukzessive, um ein gegebenes lineares Gleichungssystem in ein anderes zu überführen, bei dem man die Lösungsmnenge direkt ablesen kann. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 88 / 567 Beispiel 4.5. • Gegeben sei folgendes Gleichungssystem über x1 + 2 x2 + x1 + 2 x2 + 2 x3 +3 x4 = 5 + 4 x2 +3 x4 = 5 2 x1 3 x3 • R x4 =1 + 2 x4 = 3 (−1)-fachen der 1.ten Gleichung zur 2.ten und des (−2)-fachen der 1.ten Gleichung zur Addition des Gleichung, 3.ten führt zu x1 + 2 x2 + 2 x3 x4 + 2 x4 = 4 x4 3 x3 Lineare Gleichungssysteme und Matrizen =1 =3 + 2 x4 = 3 Math4Inf 89 / 567 • Addition des (−3/2)-fachen der 2.ten Gleichung zur 4.ten Gleichung führt zu x1 + 2 x2 + 2 x3 x4 =1 + 2 x4 = 4 x4 =3 −x4 = −3 • Addition der 3.ten Gleichung zur 4.ten Gleichung führt zu x1 + 2 x2 + 2 x3 Lineare Gleichungssysteme und Matrizen x4 =1 + 2 x4 = 4 x4 =3 0 =0 Math4Inf 90 / 567 Hieraus lassen sich die Lösungen sofort ablesen: • Die 3.te Gleichung besagt x4 • Diesen Wert von x4 eingesetzt in die 2.te Gleichung ergibt x3 • = −1. Setzt man nun die Werte für x3 und x4 in die 1.te Gleichung ein, so erhält man x1 • = 3. + 2 x2 = −2. Also ist L = {(x1 , x2 , −1, 3) : x1 + 2 x2 = −2} = {(−2 − 2 x2 , x2 , −1, 3) : x2 ∈ R}. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 91 / 567 Denition 4.6 [Matrix]. • Eine Anordnung von Skalaren ai j ∈K in m Zeilen und n Spalten der Form A a1 n . . . .. . . . am 2 ··· am n oder (m, n)-Matrix a1 2 a2 1 = . .. a2 2 am 1 wird m ··· ··· a1 1 × n-Matrix . a2 n , kurz A ,n = (ai j )m i ,j = 1 genannt. ai j oder A = (ai j ), heiÿen die Elemente oder Koezienten der Matrix. Der erste Index, i , gibt die Zeilennummer (Zeilenindex), der zweite die Spaltennummer (den Spaltenindex) an, in der ai • Die Menge aller m mit • Km×n × n-Matrizen j steht. mit Koezienten aus K wird bezeichnet. Sind alle Koezienten von A gleich 0, dann heiÿt A Nullmatrix und wird mit 0 Lineare Gleichungssysteme und Matrizen bezeichnet. Math4Inf 92 / 567 Denition 4.7 [Koezientenmatrix eines linearen Gleichungssystems]. Für ein lineares Gleichungssystem a1 1 x1 + a1 2 x2 + · · · + a1 n xn = b1 a2 1 x1 + a2 2 x2 + · · · + a2 n xn = b2 . . . . . . am 1 x1 über K . . . . = .. (4.2) + am 2 x2 + · · · + am n xn = bm heiÿt ··· ··· a1 n . . . .. . . . am 2 ··· a1 1 a1 2 a2 1 A = . .. a2 2 am 1 . a2 n am n ∈ Km×n die Koezientenmatrix des Gleichungssystems. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 93 / 567 Die Matrix ··· ··· a1 n . . . .. . . . am 2 ··· a1 1 a1 2 a2 1 (A, b) = . .. a2 2 am 1 . b1 a2 n b2 am n bm . . . ∈ Km×(n+1) heiÿt erweiterte Matrix des Gleichungssystems. Beispiel 4.8. Für das lineare Gleichungssystem aus Beispiel 4.5 ergeben sich die Koezientenmatrix und erweiterte Matrix A 1 2 0 1 1 = 2 2 3 2 4 0 ∈ R4×4 , 3 0 0 3 2 Lineare Gleichungssysteme und Matrizen 1 2 0 1 1 1 (A, b) = 2 2 3 5 2 4 0 3 5 0 0 3 2 3 Math4Inf ∈ R4×5 . 94 / 567 Denition 4.9 [Elementare Zeilenumformungen einer Matrix]. Sei A ∈ Km×n . Unter elementaren Zeilenumformungen versteht man die folgenden drei Operationen: i) Vk ,l : Das Vertauschen der k -ten mit der l -ten Zeile aus A. ii) Ak ,l (λ): Addition des l -ten Zeile von A, λ-fachen λ ∈ K, der k -ten Zeile von A zu der iii) Mk (λ): Multiplikation der k -ten Zeile von A mit • λ ∈ K \ {0}. Mittels elementarer Zeilenumformungen kann jede Matrix in die sogenannte Stufenform überführt werden. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 95 / 567 Beispiel 4.10. Überträgt man die Umformungen aus Beispiel 4.5 auf die zugehörige erweiterte Matrix des Gleichungssystems (siehe Beispiel 4.8), dann ergeben sich die folgenden elementaren Zeilenumformungen: 1 2 0 1 1 1 2 2 2 3 5 4 0 3 5 0 0 3 2 3 2 0 1 1 0 2 2 4 0 0 1 3 0 0 1 A2,4 (−3/2) 0 → 0 0 Lineare Gleichungssysteme und Matrizen 1 A1,2 (−1),A1,3 (−2) 0 → 0 0 1 A3,4 (1),M2 (1/2) 0 → 0 −1 −3 0 Math4Inf 2 0 1 1 0 2 2 4 0 0 1 3 0 3 2 3 2 0 1 1 0 1 1 2 0 0 1 3 0 0 0 0 96 / 567 Denition 4.11 [(Zeilen)Stufenform]. Eine Matrix A ∈ Km×n hat (Zeilen)Stufenform wenn sie die folgende Darstellung hat: 0 A = 0 0 0 .. . .. . Hierbei sind 1 0 0 0 .. . 0 0 0 0 .. . ... ... ... ... ∗ ∗ ... ... ... .. . ... 0 0 0 .. . ∗ ∗ ∗ ... ... 1 0 0 .. . .. . ∗ ∗ ... ... 0 0 .. . ∗ ∗ ∗ ... 1 0 .. . irgendwelche Elemente aus .. . K. In Worten : A ist in (Zeilen)Stufenform wenn A ∈ {1, . . . , m} und eine 1 ≤ k1 < k2 < . . . < kr ≤ n ein r i) Für i ii) Für 1 > r, 1 ≤ j ≤ n, ≤i ≤r ist ai 0 .. . ∗ ∗ ∗ 1 .. . = 0, ∗ ∗ ∗ ∗ .. . ... ... ... ... .. . ∗ ∗ ∗ ∗ .. . . oder es gibt Folge von Zahlen mit folgenden Eigenschaften: ist ai k =1 i ... ... ... j = 0, und ai j = 0 für j < ki . k1 , . . . , kr sind (heiÿen) die Spaltenindizes der Stufen. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 97 / 567 Bemerkung 4.12. i) Ist A 6= 0 in Stufenform und ist i ≤ r, dann steht das erste von Null verschiedene Element (eine 1) der i -ten Zeile der Matrix in der ki -ten Spalte. Mit wachsendem i wandern diese ersten von Null verschiedenen Glieder wegen ki ii) Ist A 6= 0 < ki +1 nach rechts. in Stufenform, dann hat A genau r Zeilen, in der nicht nur Nullen stehen. Satz 4.13. Jede Matrix A ∈ Km×n kann durch elementare Zeilenumformungen in Stufenform gebracht werden. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 98 / 567 Bemerkung 4.14 [Gauÿ-Algorithmus]. Mittels elementarer Zeilenumformungen kann die erweiterte Matrix (A, b) ∈ Km×(n+1) eines linearen Gleichungssystems n und (A0 , b0 ) überführt werden. Sei A0 = (ai0 j )im,j,= 1 0 0 0 0 0 b = (b1 , . . . , bm ). Dann hat (A , b ) die Gestalt 0 . . . 0 1 ∗ . . . . . . . . . . . . . . . 0 0 0 0 0 (A , b ) = 0 0 0 0 0 0 Dabei ist br +1 in Stufenform ∗ ... ... ... ... ... ... ... ... 1 ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... 0 0 ... 0 1 . . . . . . 1 0 0 . . . 0 ... 0 10 2 b b . . . 0 r 0 r +1 0 . . . b b . . . 0 ∈ { 0 , 1 }. 0 0 Das zu (A , b ) zugehörige Gleichungssystem hat die gleiche Lösungsmenge wie das gegebene Gleichungssystem (siehe Lemma 4.4). Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 99 / 567 • 0 Ist br +1 = 1, dann lautet die Gleichungssystems (r + 1)-te Gleichung des (A0 , b0 ) 0 x1 + 0 x2 + · · · + 0 xn = 1. Also hat das Gleichungssystem keine Lösung. • 0 Sei br +1 =0 und seien 1 ≤ k1 < k2 < · · · < kr ≤ n die Spaltenindizes der Stufen. Dann ist das Gleichungssystem (A0 , b0 ) gegeben durch xk1 + xk2 + n X j =k1 +1 n X j =k2 +1 0 = b10 , 0 = b20 , a1 j xj a2 j xj . . . xkr Lineare Gleichungssysteme und Matrizen + n X j =k r . . . 0 ar 0 j xj = br . +1 Math4Inf 100 / 567 In diesem Fall sind alle xj , auÿer xk1 , . . . , xkr frei wählbar; aus der Wahl von xj , j ∈ / {k1 , . . . , kr }, lassen sich dann die restlichen xk1 , . . . , xkr rückwärts berechnen: xkr 0 = br − n X j =k r xkr −1 = br0 −1 − 0 a1 j xj , +1 n X 0 j =k −1 +1 ar −1 j xj , r . . . xk1 Lineare Gleichungssysteme und Matrizen . . . 0 = b1 − n X j =k1 +1 0 a1 j xj . Math4Inf 101 / 567 Satz 4.15. Mit der obigen Notation gilt: i) Ist br0 +1 =1 dann ist das Gleichungssystem nicht lösbar. ii) Ist br0 +1 = 0 dann ist das Gleichungssystem lösbar. a) Ist r = n, dann ist das Gleichungssystem eindeutig b) Ist r < n, dann gibt es mehrere Lösungen. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf lösbar. 102 / 567 Denition 4.16 [Addition von Matrizen]. Seien A, B ∈ Km×n mit A = (ai j ) und B Addition von A und B , geschrieben A A A +B • +B + b1 1 a2 1 + b2 1 = . . . am 1 + bm 1 a1 1 ist wieder eine m = (bi j ). + B, deniert als + b1 2 a2 2 + b2 2 ··· ··· . . . .. a1 2 am 2 . + bm 2 · · · × n-Matrix, d.h. A Dann ist die + b1 n a2 n + b2 n . . . am n + bm n a1 n + B ∈ Km×n . ∈ Km×n , A = (ai j ), B = (bi j ) sind gleich, = B , wenn sie die gleichen Koezienten haben, ai j = bi j , für 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n. Zwei Matrizen A, B geschrieben A d.h. wenn Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 103 / 567 Denition 4.17 [Multiplikation mit einem Skalar]. ∈ Km×n und λ ∈ K. Die Multiplikation von A mit λ, geschrieben λ · A (bzw. λA), ist deniert als λ a1 1 λ a1 2 · · · λ a1 n λ a2 1 λ a2 2 · · · λ a2 n λ·A= . . . . .. . . . . . . . λ am 1 λ am 2 · · · λ am n Sei A λ·A ist wieder eine m Lineare Gleichungssysteme und Matrizen × n-Matrix, d.h. λ · A ∈ Km×n . Math4Inf 104 / 567 Satz 4.18. Seien A, B , C ∈ Km×n , λ, µ ∈ K. i) A + B =B ii) A + (B iii) A + 0 iv) + A, Dann gilt (Kommutativität), + C ) = (A + B ) + C , =A und A (Assoziativität), + (−A) = 0, λ(µ A) = (λ µ) A, v) 1 A = A, vi) λ (A + B ) = λ A + λ B und (λ + µ)A = λ A + µ A. m×n , +) eine kommutative Gruppe mit Insbesondere ist (K m×n ist −A das inverse neutralem Element 0, und für A ∈ K Element. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 105 / 567 Denition 4.19 [Transponierte einer Matrix]. Sei A ∈ Km×n . | Die transponierte Matrix von A, bezeichnet mit A (gesprochen A transponiert), ist deniert als die (n × m)-Matrix, deren Spalten gleich den Zeilen von A, und deren Zeilen gleich den Spalten von A sind, d.h. | A = (ai|j )ni ,,jm=1 | mit ai j = aj i , 1 ≤ i ≤ n, 1 ≤ j ≤ m. Bemerkung 4.20. Seien A, B i) (A + ∈ Km×n | B) ii) (λ A)| iii) (A| )| = = und | A + λ ∈ K. Dann gilt | B , λ A| , = A. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 106 / 567 Denition 4.21 [Quadratische Matrizen]. = (ai j ) heiÿt quadratisch. ≤ i ≤ n, heiÿen Diagonalelemente i) Eine (n, n)-Matrix A Die Elemente ai i , 1 von A. ii) Eine quadratische Matrix, bei der alle Elemente auÿer den Diagonalelementen Null sind, heiÿt Diagonalmatrix. iii) Die Diagonalmatrix, bei der alle Diagonalelemente 1 sind, heiÿt Einheitsmatrix. Bezeichnung: In . iv) Eine quadratische Matrix A = (ai j ), bei der alle Elemente unterhalb (oberhalb) der Diagonalen Null sind, d.h. für die ai j =0 für 1 ≤j <i ≤n ai j =0 für 1 ≤i <j ≤n gilt, heiÿt obere (untere) Dreiecksmatrix. v) Eine quadratische (n, n)Matrix A alle 1 ≤ i, j ≤ n = (ai j ) mit ai j = aj i für heiÿt symmetrisch. Bemerkung 4.22. Ist A ∈ Kn×n symmetrisch, dann gilt also A Lineare Gleichungssysteme und Matrizen | = A. Math4Inf 107 / 567 Denition 4.23 [Produkt (Multiplikation) von Matrizen]. Sei A ∈ Km×n und sei B ∈ Kn×r . Das Produkt von A und B , geschrieben A · B (bzw. A B ), ist die m × r -Matrix C = (ci j ), deren Koezienten deniert sind als ci j für 1 = n X k =1 ≤ i ≤ m, 1 ai k bk j = ai 1 b1 j + ai 2 b2 j + · · · + ai n bn j , ≤ j ≤ r. Man beachte: Das Produkt A ·B ist nur deniert, wenn die Anzahl der Spalten von A gleich der Anzahl der Zeilen von B ist! m Lineare Gleichungssysteme und Matrizen ×n mal n ×r ergibt m × r . Math4Inf 108 / 567 Satz 4.24. i) A(B C ) = (A B )C , für A ∈ Km×n , ∈ Kn×r , B C ∈ Kr ×q (Assoziativität), ii) (A + B ) C = A C + B C für A, B ∈ Km×n , C ∈ Kn×r , m×n , B , C ∈ Kn×r A(B + C ) = A B + A C für A ∈ K (Distributivität) iii) iv) • (λ A)B = λ(A B ) = A(λ B ), für A ∈ Km×n , (A B )| = B | A| für A ∈ Km×n , B ∈ Kn×r . B bzw. ∈ Kn×r , λ ∈ K, Im Allgemeinen ist die Matrixmultiplikation nicht kommutativ: 1 1 −1 −1 · 1 1 Lineare Gleichungssysteme und Matrizen 1 −1 = 0 0 2 2 6= 2 0 −2 0 = Math4Inf 1 1 1 −1 · 1 1 −1 −1 109 / 567 • Für A ∈ Kn×n und In ∈ Kn×n A • Ist A ∈ Kn×n ist · In = In · A = A. eine quadratische Matrix, so ist A · A, A ·A·A usw. immer deniert und man schreibt abkürzend 1 A = A, 2 A 0 Zudem setzt man A Lineare Gleichungssysteme und Matrizen = A A, . . . , An = AAn−1 , n ∈ N. = In . Math4Inf 110 / 567 • Sei A ∈ Km×n , A = (ai j ), und sei x die n × 1-Matrix mit den Unbekannten x1 , . . . , xn , d.h. x1 x x2 = . . .. xn Dann ist Ax Pn a x a1 1 x1 + a1 2 x2 + · · · + a1 n xn Pnj =1 1 j j j =1 a2 j xj a2 1 x1 + a2 2 x2 + · · · + a2 n xn = = . . . . . Pn . am 1 x1 + am 2 x2 + · · · + am n xn j =1 am j xj Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 111 / 567 • Ist nun b ∈ Km×1 mit b b1 b2 = . , .. bm dann lässt sich das lineare Gleichungssystem (4.1) schreiben als Ax Lineare Gleichungssysteme und Matrizen = b. Math4Inf 112 / 567 Denition 4.25 [(In)homogenes Gleichungssystem]. Sei A ∈ Km×n und b ∈ Km×1 . Ist b inhomogenes Gleichungssystem und 6= 0, dann heiÿt A x = b A x = 0 heiÿt (das zugehörige) homogene Gleichungssystem. Satz 4.26. Sei A ∈ Km×n und b ∈ Km×1 . i) Sind v , w Lösungen von A x = b, zugehörigen homogenen Gleichungssystems ii) Ist v Lösung von A x v +z iii) A x = b und = b. − w Lösung A x = 0. dann ist v z Lösung von A x = 0, des dann ist Lösung von A x =b ist eindeutig lösbar, genau dann wenn das zugehörige homogene Gleichungssystem A x d.h. x1 = x2 = · · · = xn = 0, Lineare Gleichungssysteme und Matrizen =0 nur die triviale Lösung, hat. Math4Inf 113 / 567 Denition 4.27 [Inverse Matrix]. ∈ Kn×n eine ∈ Kn×n mit Sei A B quadratische Matrix. Gibt es eine Matrix A · B = B · A = In , dann heiÿt die Matrix A invertierbar oder reguläre Matrix. Die −1 bezeichnet und die zu A inverse Matrix Matrix B wird mit A genannt. Bemerkung 4.28. Zum Bestimmen der inversen Matrix A −1 reicht es eine Matrix B zu bestimmen, so dass eine der beiden Forderungen A B · A = In · B = In oder erfüllt. Die jeweils andere ist automatisch mit erfüllt. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 114 / 567 Beispiel 4.29. • 4 b1 1 b1,2 . Gesucht ist eine Matrix B = −1 3 b2 1 b2 2 A B = I2 , d.h. 2 b1 1 + 4 b2 1 2 b1 2 + 4 b2 2 1 0 AB = , = −b1 1 + 3 b2,1 −b1 2 + 3 b2 2 0 1 Sei A mit 2 = bzw. 2 b1 1 + 4 b2 1 = 1, −b1 1 + 3 b2,1 = 0, • 2 b1 2 + 4 b2 2 = 0, −b1 2 + 3 b2 2 = 1. Für jede Spalte der Matrix B erhält man also ein lineares Gleichungssystem. Lösen der Gleichungssysteme führt zu b1 1 = 3/10, b2 1 = 1/10, ist −1 A Lineare Gleichungssysteme und Matrizen = −2/5 und 1 3 −4 = . b1 2 10 1 b2 2 = 1/5. Somit 2 Math4Inf 115 / 567 Satz 4.30. Sei A ∈ Kn×n und seien ei 1 e1 0 = 0 , .. . ∈ Kn×1 mit 0 e2 0 1 0 = 0 , . . . , en = ... , .. . 0 0 0 1 die Spalten der Einheitsmatrix In . Zum Bestimmen der inversen −1 (falls sie existiert) müssen n lineare Gleichungssysteme −1 ist die in n Unbekannten gelöst werden. Die j -te Spalte von A Matrix A Lösung des System Ax = ej . Satz 4.31. Sei A ∈ Kn×n regulär. Das Gleichungssystem A x =b hat die −1 b. eindeutige Lösung A Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Math4Inf 116 / 567 Satz 4.32. Seien A, B ∈ Kn×n regulär. i) Dann ist A B regulär und es gilt (A B )−1 ii) = B −1 A−1 , (A−1 )| = (A| )−1 , iii) (A−1 )−1 = A, iv) (λA)−1 = 1 −1 λA , Lineare Gleichungssysteme und Matrizen λ ∈ K \ {0}. Math4Inf 117 / 567 Vektorräume Denition 5.1 [Vektorraum]. Sei (K, ⊕, ) ein Körper mit Einselement 1. Ein K-Vektorraum ist eine nicht-leere Menge V mit zwei Verknüpfungen + : V × V → V, · : K × V → V, (v, w) 7→ v + w (λ, v) 7→ λ · v (Vektoraddition), (Skalarmultiplikation) so dass gilt: i) (V , +) ist kommutative Gruppe mit neutralem Element 0, für a ∈ V wird das inverse Element mit −a bezeichnet, ii) 1 · v iii) iv) v) =v und v ∈ V, (λ µ) · v = λ · (µ · v) für alle λ, µ ∈ K und v ∈ V , (λ ⊕ µ) · v = λ · v + µ · v für alle λ, µ ∈ K und v ∈ V , λ · (v + w) = λ · v + λ · w für alle λ ∈ K und v, w ∈ V . für alle Die Elemente von V heiÿen Vektoren. Vektorräume Math4Inf 118 / 567 Bemerkung 5.2. Aufgrund der Eigenschaften ii)-v), und da die entsprechenden Verknüpfungen immer aus dem Zusammenhang ersichtlich sind, λ v statt λ · v, (λµ) v (λ ⊕ µ) · v. schreibt man auch einfach und Vektorräume (λ + µ) v statt Math4Inf statt (λ µ) · v 119 / 567 Beispiel 5.3. i) ii) Kn×m , aus K, × m-Matrizen mit Koezienten K-Vektorraum (siehe Satz 4.18). n n×1 . Die Ist in i) m = 1, dann schreibt man K anstatt K n Koezienten von x ∈ K werden mit x1 , . . . , xn bezeichnet, d.h. d.h. die Menge aller n bilden einen x1 x2 x= .. = (x1 , x2 , . . . , xn )| . . xn Die Vektoraddition und Skalarmultiplikation sind in diesem Fall y1 x1 x1 + y1 x1 λ x1 x2 y2 x2 + y2 x λ x + . = . , λ x = λ .2 = . 2 . x+y = . .. .. .. .. .. xn Vektorräume yn xn + yn Math4Inf xn λ xn 120 / 567 iii) Für n = 2 kann man sich den Vektorraum R2 als Ebene mit der bekannten Vektoraddition und Skalarmultiplikation vorstellen. x+y y 2 y (−1/2) x 1 x x iv) 1 y 2 x Abbildung: Vektoraddition und Skalarmultiplikation im R2 3 Analog kann man den R mit dem drei-dimensionalen Anschauungsraum identizieren. Vektorräume Math4Inf 121 / 567 v) Sei M eine Menge und (K, +, ·) ein Körper. Die Menge aller K, bezeichnet mit KM , ist ein Abbildungen von M nach K-Vektorraum mit den Verknüpfungen + : KM × KM → KM , (f , g ) 7→ f + g mit (f + g )(x ) = f (x ) + g (x ) · : K × KM → KM , (λ, f ) 7→ λ · f mit (λ · f )(x ) = λ · f (x ). : K → K der Form = an x n + an−1 x n−1 + · · · + a1 x + a0 , ai ∈ K, heiÿt Polynom über K vom Grad ≤ n. Die Menge aller Polynome über K vom Grad ≤ n bilden einen K-Vektorraum mit den vi) Eine Funktion f f (x ) obigen Verknüpfungen. Aber auch die Menge aller Polynome bildet einen Vektorräume K-Vektorraum. Math4Inf 122 / 567 Bemerkung 5.4. Ist V ein K-Vektorraum, 0 für alle λ ∈ K, a ∈ V . Weiterhin ist Vektorräume a = 0, dann gilt insbesondere λ 0 = 0, (−λ) a = −(λ a), Hierbei ist 0 das neutrale Element von λv = 0 ⇔ λ = 0 oder Math4Inf K. v = 0. 123 / 567 Denition 5.5 [Teilraum]. Sei V ein K-Vektorraum. Eine nicht-leere Teilmenge U ⊆V heiÿt Teilraum oder Untervektorraum von V , falls U selbst ein K-Vektorraum im Sinne der Denition 5.1 ist. Satz 5.6 [Unterraumkriterium]. Sei V ein K-Vektorraum und U ⊆V eine nicht-leere Teilmenge. U ist genau dann ein Teilraum von V , wenn gilt i) ii) 0 ∈ U, λv + w ∈ U für alle v, w ∈ U und λ ∈ K. Beispiel 5.7. i) {0 } und V sind triviale Teilräume eines Vektorraums V . ii) Jede Gerade im des R 2 R2 , die den Nullpunkt enthält, ist ein Teilraum . Geraden, die nicht den Nullpunkt enthalten, sind keine Teilräume. Vektorräume Math4Inf 124 / 567 Satz 5.8. Sei A ∈ Km×n . Die Lösungsmenge des homogenen x = 0, = {x ∈ Kn : A x = 0} ist Gleichungssystems A d.h. die Menge U ein Teilraum von Kn . Bemerkung 5.9. Für a = (a1 , . . . , an )| ∈ Rn \ {0}, α ∈ R, heiÿt H (a, α) = ∈ Rn : a1 x1 + a2 x2 + · · · + an xn = α} Hyperebene . Die 0 enthaltenen Hyperebenen, d.h. H (a, 0), sind Teilräume, und für α 6= 0 ist H (a, α) kein Teilraum. {(x1 , . . . , xn )| Denition 5.10 [Summe von Teilräumen]. Sei V ein K-Vektorraum, und seien U , U 0 Teilräume von V . Unter + U 0 , versteht man die 0 der Summe von U und U , geschrieben U Menge U Lemma 5.11. + U 0 = {u + u0 : u ∈ U , u0 ∈ U 0 }. K-Vektorraum, und seien U , U 0 ⊆ V 0 0 sind auch U ∩ U und U + U Teilräume Sei V ein Dann Vektorräume Math4Inf Teilräume von V . von V . 125 / 567 Denition 5.12 [Linearkombination]. Sei V ein K-Vektorraum, der Form m X i =1 und seien v1 , . . . , vm ∈ V . Ein Ausdruck λ i vi = λ 1 v1 + λ 2 v2 + · · · + λ m vm heiÿt Linearkombination von v1 , . . . , vm . Denition 5.13 [Lineare Hülle]. Sei V ein K-Vektorraum, und sei M ⊆V eine nicht-leere Teilmenge von V . Dann heiÿt lin M = ( m X i =1 ) λi vi : m ∈ N, λi ∈ K, vi ∈ M , 1 ≤i ≤m die lineare Hülle von M . In Worten: lin M ist die Menge aller endlichen Linearkombinationen von Elementen aus M . Vektorräume Math4Inf 126 / 567 Lemma 5.14. Sei V ein K-Vektorraum, und sei M ⊆V eine nicht-leere Teilmenge von V . Dann ist lin M Teilraum von V . Bemerkung 5.15. Sei V ein K-Vektorraum, lin {v1 , . . . , vk } = und seien ( k X i =1 v1 , . . . , vk ∈ V . Dann ist ) λi vi : λi ∈ K, 1 ≤i ≤k . Beispiel 5.16. , 01 } = R2 . 2 2 1 lin { −1 , 1 , −3 } = R2 . −3 1 lin { −1 , 3 } = {(x1 , x2 )| ∈ R2 : x1 = −x2 }. i) lin { ii) iii) Vektorräume 1 0 Math4Inf 127 / 567 Denition 5.17 [Erzeugendensystem]. Sei V ein K-Vektorraum und M ⊆ V, M 6= ∅. Ist lin M = V, dann heiÿt M ein Erzeugendensystem von V . Man vereinbart, dass die leere Menge ein Erzeugendensystem des trivialen Vektorraumes {0 } ist. Beispiel 5.18. i) ii) iii) Vektorräume 1 , 01 ist ein Erzeugendensystem von R2 . 2 2 1 2 −1 , 1 , −3 ist ein Erzeugendensystem von R . −3 1 2 −1 , 3 ist kein Erzeugendensystem von R . 0 Math4Inf 128 / 567 Denition 5.19 [Linear (un)abhängig]. Sei V ein K-Vektorraum, v1 , . . . , vm und seien m X i =1 mit v1 , . . . , vm ∈ V . Die Vektoren heiÿen linear unabhängig, wenn aus λi ∈ K, stets folgt λ i vi = 0 , (5.1) λ1 = λ2 = · · · = λm = 0. Sind die Vektoren nicht linear unabhängig, dann heiÿen sie linear abhängig. Bemerkung 5.20. i) v1 , . . . , vm sind also genau dann linear unabhängig, wenn die einzige Möglichkeit den Nullvektor Vektoren v1 , . . . , vm 0 als Linearkombination der zu schreiben, die triviale ist, d.h. alle Skalare sind 0. ii) v1 , . . . , vm Skalare Vektorräume sind also genau dann linear abhängig, wenn es λ1 , . . . , λ m erfüllt ist. gibt, die nicht alle 0 sind, so dass (5.1) Math4Inf 129 / 567 Beispiel 5.21. i) ii) iii) iv) 1 , 01 ∈ R2 sind linear unabhängig. 2 2 1 −1 , 1 , −3 sind linear abhängig. −3 1 −1 , 3 sind linear abhängig. 0 0 ist linear abhängig. Lemma 5.22. Sei V ein K-Vektorraum und seien v1 , . . . , vm ∈ V . Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent: i) v1 , . . . , vm ii) Es gibt ein sind linear abhängig. v j ∈ { v 1 , . . . , v m }, das sich als Linearkombination der übrigen Vektoren darstellen lässt, d.h. vj ∈ lin {v1 , . . . , vj −1 , vj +1 , . . . , vm }. Vektorräume Math4Inf 130 / 567 Denition 5.23. Die Vektoren ei ∈ Kn mit 1 0 e1 = 0 , .. . 0 0 1 0 . e2 = 0 , . . . , en = .. , .. . 0 0 0 1 d.h. die Spalten der Einheitsmatrix In , heiÿen Einheitsvektoren. Bemerkung 5.24. Die Einheitsvektoren e1 , . . . , en ∈ Kn bilden ein Erzeugendensystem von Vektorräume sind linear unabhängig und Kn , Math4Inf d.h. lin { e1 , . . . , en } = Kn . 131 / 567 Notation 5.25. Ein Erzeugendensystem M eines Vektorraums V heiÿt minimales Erzeugendensystem, wenn für alle v∈M gilt, dass M \ {v } kein Erzeugendensystem mehr ist. Satz 5.26. {v1 , . . . , vm } ein Erzeugendensystem eines Vektorraums V . Dann ist {v1 , . . . , vm } ein minimales Erzeugendensystem genau dann wenn v1 , . . . , vm linear unabhängig. Sei Denition 5.27 [Basis]. Ein minimales Erzeugendensystem M eines K-Vektorraums heiÿt Basis. Denition 5.28 [Dimension]. Sei V ein K-Vektorraum mit Basis M ⊆ V. Dann heiÿt die Mächtigkeit von M die Dimension von V und wird mit dimK (V ) (oder einfach dim(V )) bezeichnet. Ist dimK (V ) endlich, dann heiÿt V endlichdimensionaler Vektorraum; ansonsten unendlichdimensionaler Vektorraum. Vektorräume Math4Inf 132 / 567 Beispiel 5.29. i) dimK (Kn ) ii) iii) = n. m × n ) = m · n. dimK (K dimC (C) = 1, aber betrachtet dann ist dimR (C) = 2. man C als Vektorraum über R, iv) Der Vektorraum aller Polynome über einem Körper ist nicht endlichdimensional. • Im folgenden betrachten wir nur endlichdimensionale Vektorräume! Vektorräume Math4Inf 133 / 567 Notation 5.30. Ein Menge {v1 , . . . , vn } von linear unabhängigen Vektoren eines K-Vektorraums V heiÿt maximal, wenn für jedes v ∈ V v1 , . . . , vn , v linear abhängig sind. die Vektoren Lemma 5.31. Sei V ein K-Vektorraum, vi ∈ V , 1 ≤ i ≤ n. {v1 , . . . , vn } {v1 , . . . , vn } eine Menge von und seien ist Basis von V genau dann, wenn maximal linear unabhängige Vektoren in V ist. • Minimale Erzeugendensysteme sind also maximale Mengen von linear unabhängigen Vektoren. Satz 5.32. Sei V ein K-Vektorraum mit Basis {v 1 , . . . , v n }. Jeder Vektor v ∈ V lässt sich eindeutig als Linearkombination der Vektoren v1 , . . . , vn darstellen, d.h. für jedes v ∈ V gibt es eindeutig bestimmte λ1 , . . . , λ n ∈ K mit v= Vektorräume n X λ i vi . i =1 Math4Inf 134 / 567 Satz 5.33. Sei V ein K-Vektorraum mit dimK (V ) = n. Dann ist jede Menge von n linear unabhängigen Vektoren eine Basis von V , und jede Basis besteht aus genau n Vektoren. Desweiteren kann jede Menge von linear unabhängigen Vektoren zu einer Basis ergänzt werden. Bemerkung 5.34. Da jeder Teilraum U eines K-Vektorraumes V selbst ein Vektorraum ist, sind auch für Teilräume Begrie wie Basis, Dimension etc. wohldeniert. Insbesondere ist dimK { 0} = 0. Beispiel 5.35. i) Die den Nullpunkt enthaltenen Geraden im R2 oder R3 haben die Dimension 1. ii) Die Ebenen im R3 , die den Nullpunkt enthalten, haben Dimension 2. Vektorräume Math4Inf 135 / 567 Bemerkung 5.36. Für a = (a1 , . . . , an )| ∈ Rn \ {0} a, 0) H( gleich n − 1, ist die Dimension der Hyperebne a, 0)) = n − 1 also dimR (H ( (siehe Bemerkung 5.9). Satz 5.37. Seien U , U 0 Teilräume eines dimK (U Vektorräume K-Vektorraumes V . Dann gilt + U 0 ) = dimK (U ) + dimK (U 0 ) − dimK (U ∩ U 0 ). Math4Inf 136 / 567 Lineare Abbildungen und Matrizen Denition 6.1 [Lineare Abbildung]. Seien V , W zwei K-Vektorräume. Eine Abbildung f :V →W heiÿt lineare Abbildung, wenn gilt: i) f (x + y) ii) f (λ x) = f (x) + f (y) = λ f (x) für alle für alle x∈V x, y ∈ V , und λ ∈ K. Bemerkung 6.2. Insbesondere gilt für eine lineare Abbildung f (0) = 0. Beispiel 6.3. i) f : R2 → R2 mit f (x) = −x ist eine lineare Abbildung (Spiegelung am Ursprung) . ii) f : R2 → R2 mit f ((x1 , x2 )| ) = (x2 , x1 )| ist eine lineare Abbildung (Spiegelung an der 45 Grad-Achse). Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 137 / 567 iii) f Abbildung iv) f ((x1 , x2 , x3 )| ) = (x1 , x2 )| ist eine lineare (Orthogonale Projektion auf die (x1 , x2 )-Ebene) . : R3 → R2 ((x1 , x2 )| ) = (x1 , x2 , 0)| 2 3 (Einbettung des R im R ). : R2 → R3 Abbildung mit f mit f ist eine lineare a ∈ R2 , a 6= 0. Die Abbildung Ta : R2 → R2 mit Ta (x) = x + a ist keine lineare Abbildung (Translation v) Sei Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf um a). 138 / 567 Bemerkung 6.4. Seien V , W zwei Abbildung. Seien Dann gilt K-Vektorräume, und sei f : V → W eine lineare v1 , . . . , vm ∈ V und λ1 , . . . , λm ∈ K, m ∈ N. ! m m X X λi f (vi ). f λ i vi = i =1 i =1 Satz 6.5. Eine Abbildung f Matrix m ×n A ∈ K : Kn → Km ist genau dann linear, wenn es eine gibt mit f (x) = A x für alle a1 , . . . , an ∈ Km der Matrix n Einheitsvektoren e1 , . . . , en ∈ K , d.h. Die Spalten ai = f (ei ), Lineare Abbildungen und Matrizen 1 x ∈ Kn . A sind die Bilder der ≤ i ≤ n. Math4Inf 139 / 567 Beispiel 6.6. i) f : R2 → R2 mit f (x) = −x: −1 A = 0 −1 0 ii) f : R2 → R2 mit f : R3 → R2 mit f 0 ((x1 , x2 , x3 )| ) = (x1 , x2 )| : 1 0 0 A = . 0 Lineare Abbildungen und Matrizen . ((x1 , x2 )| ) = (x2 , x1 )| : 0 1 A = . 1 iii) f 1 0 Math4Inf 140 / 567 iv) f : R2 → R3 mit f ((x1 , x2 )| ) = (x1 , x2 , 0)| : 1 A = 0 0 0 1 . 0 : R2 → R4 mit | | f ((x1 , x2 ) ) = (2 x1 − 3 x2 , x2 , x1 − x2 , −5 x1 ) : 2 −3 0 1 A = 1 −1 . −5 0 v) f Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 141 / 567 Satz 6.7. Seien V , W zwei von V . Seien K-Vektorräume, w1 , . . . , wn ∈ W . bestimmte lineare Abbildung f f und sei {v1 , . . . , vn } eine Basis Dann gibt es eine eindeutig :V →W (vi ) = wi , 1 mit ≤ i ≤ n. Also: Lineare Abbildungen sind eindeutig durch die Bilder einer Basis festgelegt. Denition 6.8 [Ane Abbildung]. ∈ Km×n und a ∈ Km . Die Abbildung f : Kn → Km n f (x) = A x + a für alle x ∈ K heiÿt ane Abbildung. Sei A Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf mit 142 / 567 Denition 6.9 [Drehung im R ]. 2 Unter der Drehung (Rotation) im Winkel θ R2 0 um den Ursprung ( ) mit 2 : R → R mit x1 x1 cos θ − sin θ . rotθ = sin θ cos θ x2 x2 versteht man die Abbildung rotθ Denition 6.10 [Translationen]. Sei a ∈ Rn . 2 Die Abbildung Ta : Rn → Rn Translation (Verschiebung) um a. Bemerkung 6.11. Die Drehung im R2 um den Punkt v x) = x + a mit Ta ( mit Winkel θ heiÿt ist gegeben = Tv ◦ rotθ ◦ T−v , d.h. cos θ − sin θ f (x) = v + · (x − v). sin θ cos θ durch die Abbildung f Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 143 / 567 Satz 6.12. : Kn → Km und g : Km → Kr lineare Abbildungen mit m×n , B ∈ Kr ×m . Dann ist f (x) = A x und g (y) = B y mit A ∈ K n r g ◦ f : K → K wieder eine lineare Abbildung mit Seien f (g ◦ f )(x) = (B A) x. Satz 6.13. Eine lineare Abbildung f : Kn → Kn mit f (x) = A x ist bijektiv genau dann, wenn A regulär ist. Die zugehörige Umkehrabbildung f −1 : Kn → Kn ist dann gegeben durch f Lineare Abbildungen und Matrizen −1 (y) Math4Inf = A−1 y. 144 / 567 Denition 6.14 [Rotation(en) im R ]. 3 Unter der Rotation im R3 um die Koordinaten-Achsen lin {e3 }, lin {e2 } oder lin {e1 } mit Winkel i) x3 -Achse; rote3 ,θ 3 :R →R 3 θ versteht man die Abbildung(en) mit x1 cos θ − sin θ 0 cos θ 0 · x2 , rote3 ,θ (x) = sin θ 0 0 1 x3 ii) x2 -Achse; rote2 ,θ : R3 → R3 mit cos θ 0 − sin θ x1 0 1 0 · x2 , rote2 ,θ (x) = sin θ 0 cos θ x3 iii) x1 -Achse; rote1 ,θ : R3 → R3 mit 1 0 0 x1 rote1 ,θ (x) = 0 cos θ − sin θ · x2 . 0 sin θ cos θ x3 Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 145 / 567 Denition 6.15 [Isomorphe Vektorräume]. Zwei K-Vektorräume V , W heiÿen isomorph zueinander, falls es eine bijektive lineare Abbildung f :V →W gibt. Satz 6.16. Je zwei endlich dimensionale K-Vektorräume der gleichen Dimension n sind zueinander isomorph. Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 146 / 567 Denition 6.17. : V → W eine lineare Abbildung K-Vektorräumen V , W . Die Menge Sei f Kern(f ) zwischen zwei = {v ∈ V : f (v) = 0} ⊆ V heiÿt Kern der Abbildung f , und die Menge Bild(f ) = f (V ) ⊆ W heiÿt Bild der Abbildung f . Bemerkung 6.18. Kern(f ) ist Teilraum von V , und Bild(f ) ist Teilraum von W . Satz 6.19. Eine lineare Abbildung ist genau dann injektiv, wenn Kern(f ) = {0 }. Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 147 / 567 Satz 6.20 [Dimensionsformel]. Sei f : V → W eine lineare Abbildung zwischen zwei K-Vektorräumen V , W , und sei V endlich-dimensional. dim V Dann gilt: = dim Bild(f ) + dim Kern(f ). Denition 6.21 [Rang einer Matrix]. Sei A ∈ Km×n . Die maximale Anzahl von linear unabhängigen Spalten in A heiÿt Rang der Matrix, und wird mit rg(A) bezeichnet. Satz 6.22. Sei A ∈ Km×n . Dann gilt rg(A) = rg(A| ), d.h. die maximale Anzahl linear unabhängiger Spalten einer Matrix ist gleich der maximalen Anzahl linear unabhängiger Zeilen. Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 148 / 567 Satz 6.23. : Kn → Km mit f (x) = A x, rg(A) = dimK Bild(f ), und es ist Sei f Kern(f ) Satz 6.24. Sei A ∈ Km×n , und sei L ∈ Km×n . Dann ist = {x ∈ Kn : A x = 0}. = {x ∈ Kn : A x = 0}. dimK L Lineare Abbildungen und Matrizen A Dann ist = n − rg(A). Math4Inf 149 / 567 Denition 6.25 [Skalarprodukt]. Sei V ein K-Vektorraum h·, ·i : V × V → K heiÿt und λ, µ ∈ K gilt i) ii) iii) hx, xi > 0 falls hx, yi = hy, xi mit K ⊆ C. Eine Abbildung Skalarprodukt, falls für alle x 6= 0 x, y , v ∈ V (Positivität), (Symmetrie), hλ x + µ y, vi = λ hx, vi + µ hy, vi (Linearität im ersten Argument). Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 150 / 567 Denition 6.26. i) Unter dem Standardskalarprodukt im hx, yi = x| y = für n X i =1 versteht man xi yi , x = (x1 , . . . , xn )| , y = (y1 , . . . , yn )| ∈ Rn . ii) Unter dem Standardskalarprodukt im hx, yi = x| y = für Rn Cn n X i =1 versteht man xi yi , x = (x1 , . . . , xn )| , y = (y1 , . . . , yn )| ∈ Cn . Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 151 / 567 Bemerkung 6.27. Im Rn ist das Skalarprodukt auch linear im zweiten Argument, d.h. es gilt hx, λ y + µ vi = λ hx, yi + µ hx, vi, Hingegen gilt im x, y, v ∈ Rn , λ, µ ∈ R. für alle x, y, v ∈ Cn , λ, µ ∈ C. Cn hx, λ y + µ vi = λ hx, yi + µ hx, vi, Lineare Abbildungen und Matrizen für alle Math4Inf 152 / 567 Denition 6.28 [Norm]. Sei V ein h·, ·i. K-Vektorraum, K = R oder K = C, Die Länge oder die Norm eines Vektors kv k = p mit Skalarprodukt v∈V ist deniert als hv, vi. Satz 6.29. Für v , w ∈ Rn gilt hv, wi = kvk kwk cos φ, wobei φ ∈ [0, π] der von v und w eingeschlossene Winkel ist. Korollar 6.30 [Cauchy -Schwarz -Ungleichung]. 19 Sei V ein h·, ·i K-Vektorraum, K = R k · k. und zugehöriger Norm 20 oder K = C, mit Skalarprodukt Dann gilt |hx, yi| ≤ kxk kyk Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 153 / 567 Bemerkung 6.31. Insbesondere gilt für x1 , . . . , xn , y1 , . . . , yn |x1 y1 + · · · + xn yn | ≤ q ∈ R: q 2 2 x1 + · · · + xn2 y1 + · · · + yn2 mit Gleichheit dann und nur dann, wenn die Vektoren (x1 , . . . , xn )| , (y1 , . . . , yn )| ∈ Rn linear abhängig sind. Bemerkung 6.32. Sei V ein h·, ·i i) und K-Vektorraum, K = R zugehöriger Norm k · k. kxk ≥ 0 oder K = C, mit Skalarprodukt Dann gilt x ∈ V , wobei Gleichheit dann und nur dann x = 0. kλ xk = |λ| kxk für alle x ∈ V , λ ∈ K. kx + yk ≤ kxk + kyk für alle x, y ∈ V (Dreiecksungleichung). für alle gilt, wenn ii) iii) Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 154 / 567 Denition 6.33 [Polarkoordinaten]. i) Jedes x = (x1 , x2 )| ∈ R2 \ {0} als x = kx k mit cos φ = x1 /kxk x= und sin φ (x1 , x2 , x3 )| lässt sich eindeutig darstellen cos φ sin φ = x2 /kxk. 3 ∈ R \ {0} lässt sich eindeutig sin ψ cos φ x = kxk sin ψ sin φ cos ψ q q 2 2 2 2 mit cos φ = x1 / x1 + x2 , sin φ = x2 / x1 + x2 , und cos ψ = x3 /kxk und ψ ∈ [0, π]. ii) Jedes darstellen als Diese Darstellungen eines Vektors nennt man Darstellung in Polarkoordinaten. Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 155 / 567 Beispiel 6.34 [Rotation im R ]. 3 Sei v ∈ R 3 \ { 0} mit sin ψ cos φ v = sin ψ sin φ . cos ψ Die Rotation um die Achse {λ v : λ ∈ R} mit Winkel θ lässt sich durch die folgenden Rotationen beschreiben: i) Man drehe die Rotationsachse so, dass sie mit der x3 -Koordinaten-Achse übereinstimmt, ii) Man wende die Rotation mit Winkel θ um die x3 -Achse an, iii) Man drehe die Rotationsachse wieder zurück in die Ausgangsposition. Man erhält so die Abbildung: (rote3 ,φ ◦ rote2 ,−ψ ) ◦ rote3 ,θ ◦ (rote2 ,ψ ◦ rote3 ,−φ ) . Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 156 / 567 Denition 6.35 [Orthogonale Vektoren]. Sei V ein h·, ·i. K-Vektorraum, K = R oder K = C, mit Skalarprodukt v, w ∈ V heiÿen orthogonal, wenn hv, wi = 0. Zwei Vektoren Bemerkung 6.36. Sei V ein h·, ·i, und K-Vektorraum, K = R oder K = C, sei u ∈ V , u 6= 0. Dann ist U mit Skalarprodukt = {w ∈ V : hu, wi = 0} Teilraum von V . Denition 6.37 [Orthogonale Projektion]. K-Vektorraum, K = R oder K = C, mit Skalarprodukt u ∈ V , u 6= 0. Unter der orthogonalen Projektion auf den Teilraum U = {w ∈ V : hu, wi = 0} versteht man die Abbildung f : V → U mit Sei V ein h·, ·i, und sei f Lineare Abbildungen und Matrizen (v) = v − hv, ui u. kuk2 Math4Inf 157 / 567 Bemerkung 6.38. Orthogonale Projektionen sind lineare Abbildungen mit Matrix In − 1 kuk2 u u| . Bemerkung 6.39. Sei V = Rn , a ∈ V , a 6= 0, und sei α ∈ R. Der Abstand zwischen der Hyperebene a, α) = {x ∈ Rn : ha, xi = α} H( und einem Punkt v∈V ist gleich |ha, vi − α| . kak Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 158 / 567 Denition 6.40 [Orthonormal-system, -basis]. K-Vektorraum, K = R oder K = C, mit Skalarprodukt u1 , . . . , un ∈ V bilden ein Orthonormalsystem, 1 ≤ i, j ≤ n ( 0, i 6= j , hui , uj i = δi ,j , mit δi ,j = 1, i = j . Sei V ein h·, ·i. Die Vektoren falls für δ i ,j heiÿt Kronecker-Symbol. Bilden u1 , . . . , un zudem eine Basis von V , dann heiÿt diese Basis Orthonormalbasis von V . Bemerkung 6.41. i) Vektoren in einem Orthonormalsystem sind linear unabhängig. ii) e1 , . . . , en sind eine Orthonormalbasis in Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf Rn , bzw. Cn . 159 / 567 Satz 6.42 [Gram -Schmidt -Verfahren]. 21 22 K-Vektorraum, K = R oder K = C, mit h·, ·i, und seien a1 , . . . , am ∈ V linear unabhängig. k = 1, . . . , m sei Sei V ein uk = ak − Dann bilden die Vektoren k −1 X huj , ak i j =1 kuj k2 Skalarprodukt Für uj . u1 um ku1 k , . . . , kum k ein Orthonormalsystem, ≤k ≤m uk u1 ,..., = lin {u1 , . . . , uk } ku1 k ku k k = lin {a1 , . . . , ak }. und es gilt für 1 lin 21 Jorgen Pedersen Gram, 18501916 22 Ehrhart Schmidt, 18761959 Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 160 / 567 Denition 6.43 [Orthogonale Matrix/Transformation]. Eine Matrix U ∈ Rn × n heiÿt orthogonale Matrix, falls U | = U −1 , d.h U | U = U U | = In . Die zugehörige lineare Abbildung f :V →V mit f (x) = U x heiÿt orthogonale Transformation. Satz 6.44. Sei U ∈ Rn × n eine orthogonale Matrix. Dann gilt für alle v , w ∈ Rn hU v, U wi = hv, wi. Satz 6.45. Sei U ∈ Rn × n . Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent: i) U orthogonal, ii) U | ist orthogonal, iii) Die Spalten von U (und somit auch die Zeilen) bilden eine Orthonormalbasis des Lineare Abbildungen und Matrizen Rn . Math4Inf 161 / 567 Denition 6.46 [Homogene Koordinaten]. Jedem Punkt x = (x1 , . . . , xn )| ∈ Rn wird der Punkt im x. Beim Rechnen mit Rn + 1 mit | den Koordinaten (x1 , . . . , xn , 1) zugeordnet. Diese Koordinaten heiÿen homogene Koordinaten von homogenen Koordinaten wird jedem Punkt (x1 , . . . , xn , xn+1 )| ∈ Rn+1 , xn+1 6= 0, der Punkt (x1 /xn+1 , . . . , xn /xn+1 )| ∈ Rn zugeordnet. Beispiel 6.47. (−1, 2)| ∈ R2 entspricht in | 3 Punkt (−1, 2, 1) ∈ R , bzw. den Der Punkt homogenen Koordinaten dem Punkten (−λ, 2λ, λ)| ∈ R3 , λ 6= 0. Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 162 / 567 Bemerkung 6.48. a = (a1 , a2 )| ∈ R2 . Die Translation Ta : R2 → R2 um a mit Ta (x) = x + a lässt sich in homogenen Koordinaten i) Sei darstellen als 1 0 0 1 + t1 t2 · x2 = x2 + t2 . 0 0 1 ii) Die Rotation rotθ t1 : R2 → R2 x1 x1 1 1 um den Ursprung mit Winkel θ lässt sich in homogenen Koordinaten darstellen als cos θ sin θ 0 Lineare Abbildungen und Matrizen − sin θ x2 0 · x2 = sin θ x1 + cos θ x2 . − sin θ cos θ 0 0 1 x1 cos θ x1 1 1 Math4Inf 163 / 567 iii) Die Rotation um den Punkt v = (v1 , v2 )| mit Winkel θ lässt sich in homogenen Koordinaten darstellen als cos θ 1 0 v1 0 1 v2 sin θ 0 0 1 − sin θ cos θ 0 0 0 1 0 0 0 1 1 0 0 −v1 x1 −v2 · x2 1 1 cos θ − sin θ − cos θ v1 + sin θ v2 + v1 x1 = sin θ cos θ − sin θ v1 − cos θ v2 + v2 · x2 . 0 0 1 1 a = (a1 , a2 , a3 )| ∈ R3 . Die Translation Ta : R3 → R3 um a mit Ta (x) = x + a lässt sich in homogenen Koordinaten iv) Sei darstellen als 1 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 Lineare Abbildungen und Matrizen + a1 a2 x2 · = x2 + a2 . a3 x3 x3 + a3 a1 1 x1 1 x1 1 Math4Inf 164 / 567 v) Die Rotation um die x3 -Achse mit Winkel θ lässt sich mittels homogenen Koordinaten darstellen als cos θ sin θ 0 − sin θ cos θ 0 0 1 − sin θ x2 0 x2 · = sin θ x1 + cos θ x2 . x3 0 x3 0 0 1 0 0 0 x1 1 cos θ x1 1 Entsprechend lassen sich die Rotationen um die x1 - oder x2 -Achse darstellen. Mittels Verknüpfungen von Rotationen und Translationen lassen sich somit Rotationen um beliebige Achsen durch Matrixmultiplikationen ausdrücken. Lineare Abbildungen und Matrizen Math4Inf 165 / 567 Determinanten und Eigenwerte Notation 7.1. × n-Matrix A ∈ Kn×n und i , j ∈ {1, . . . , n} bezeichnet i j ( n − 1)×(n−1) A ∈ K die (n − 1) × (n − 1) Matrix, die aus A durch Für eine n Streichen der i -ten Zeile und j -ten Spalte entsteht. Denition 7.2 [Determinante, Entwicklungssatz von Laplace ]. 23 = (ai j ) ∈ Kn×n . Die Determinante det(A), ist eine Zahl aus K, die wie folgt Sei A i) Ist n = 1, so ist det(A) von A, bezeichnet mit rekursiv deniert ist: = a1 1 . > 1 und n einen Zeilenindex i ∈ {1, . . . , n} ist X det(A) = (−1)i +j · ai j · det(Ai j ) j =1 = (−1)i +1 ai 1 det(Ai 1 ) + · · · + (−1)i +n ai n ii) Für n i n ). det(A (Entwicklung nach der i -ten Zeile) 23 Pierre-Simon Laplace, 1749-1827 Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 166 / 567 Beispiel 7.3. i) Für A = a1 1 a1 2 a2 1 a2 2 ist det(A) = a1 1 a2 2 − a1 2 a2 1 . Dies entspricht dem (orientierten) Flächeninhalt des von den Spaltenvektoren aufgespannten Parallelogramms. ii) Sei A i 2 1 3 = 4 0 5. Entwicklung nach der 2-ten Zeile (also 7 6 8 = 2) ergibt det(A) = (−1)2+1 4 det(A2 1 ) + (−1)2+2 0 det(A2 2 ) + (−1)2+3 5 det(A2 3 ) 1 3 2 1 = −4 det − 5 det 6 8 7 6 = −4 (8 − 18) − 5 (12 − 7) = 40 − 25 = 15. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 167 / 567 Satz 7.4. ∈ Kn×n = det(A| ). Insbesondere kann det(A) auch durch Entwicklung nach Spalte berechnet werden, d.h. für j ∈ {1, . . . , n } ist Für A ist det(A) det(A) = n X i =1 (−1)i +j ai j der j -ten i j ). det(A Beispiel 7.5. Sei A j 0 1 3 = 1 2 5 . 2 5 13 = 1) Entwicklung nach der 1-ten Spalte (also ergibt det(A) = (−1)1+1 0 det(A1 1 ) + (−1)2+1 1 det(A2 1 ) + (−1)3+1 2 det(A3 1 ) 1 3 1 3 = −1 det + 2 det 5 13 2 5 = − (13 − 15) + 2 (5 − 6) = 0. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 168 / 567 Satz 7.6 [Eigenschaften der Determinante]. i) Die Determinante einer (oberen oder unteren) Dreiecksmatrix ist gleich dem Produkt ihrer Diagonalelemente. Insbesondere ist det(In ) = 1. ii) Die Determinante ist alternierend, d.h. bei Vertauschen zweier Zeilen ändert sich das Vorzeichen der Determinante. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 169 / 567 iii) Die Determinante ist linear in jeder Zeile, d.h. seien a1 , . . . , an ∈ Kn Zeilenvektor, Zeilenvektoren und sei λ ∈ K. a1 v ein weiterer Dann ist a1 an an a1 .. .. .. . . . det ai + v = det ai + det v .. .. .. . . . an und a1 .. . det λ ai = λ .. . an Determinanten und Eigenwerte a1 .. . ai . .. . an Math4Inf 170 / 567 Bemerkung 7.7. Wegen det(A) = det(A| ) gelten die Eigenschaften ii) und iii) aus Satz 7.6 auch, wenn man Zeile durch Spalte ersetzt. Korollar 7.8. Sei A ∈ Kn×n und λ ∈ K. i) Enthält A eine Zeile (Spalte) mit lauter Nullen, dann ist det(A) = 0. ii) Enthält A zwei gleiche Zeilen (Spalten), dann ist det(A) iii) Addition des λ-fachen = 0. einer Zeile (Spalte) zu einer anderen Zeile (Spalte) ändert die Determinante nicht. iv) Sind die Zeilen (Spalten) von A linear abhängig, dann ist det(A) = 0. v) det(λ A) = λn det(A). Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 171 / 567 Bemerkung 7.9. Aufgrund von Satz 7.6 i),ii) und Korollar 7.8 iii) lässt sich die Determinante auch berechnen, indem man die Matrix mit dem Gauÿ-Algorithmus auf Dreiecksform (Zeilenstufenform) bringt. Beispiel 7.10. Sei A 2 1 3 = 4 0 5. 7 6 8 2 1 3 4 0 5 7 6 8 Also det(A) 2 1 3 2 1 3 → 0 −2 −1 → 0 −2 −1 5 − 52 0 0 0 − 15 2 4 = 2 · (−2) · (−15/4) = 15. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 172 / 567 Satz 7.11. Für A ∈ Kn×n sind die folgenden Aussagen äquivalent: i) A ist regulär (invertierbar). ii) Die Zeilen (Spalten) von A sind linear unabhängig. iii) rg(A) = n. iv) det(A) 6= 0. Satz 7.12. Seien A, B ∈ Kn×n . Dann ist det(A · B ) = det(A) · det(B ). Korollar 7.13. ∈ Kn×n regulär. Dann ist det(A−1 ) = det1(A) . n×n orthogonal. Dann ist | det(U )| = 1. U ∈ K i) Sei A ii) Sei Bemerkung 7.14. ∈ Kn×n . Im Allgemeinen det(A + B ) 6= det(A) + det(B ). Seien A, B Determinanten und Eigenwerte ist Math4Inf 173 / 567 Denition 7.15 [Eigenwert, Eigenvektor]. Sei A ∈ Kn×n . λ ∈ K linearen Abbildung A u 6= 0, heiÿt Eigenwert der Matrix A (bzw. der : Kn → Kn ), gibt, so dass A u wenn es einen Vektor u ∈ Kn , u = λ u. heiÿt Eigenvektor zum Eigenwert λ. Beispiel7.16. Sei A = 0 1 1 0 (Spiegelung an der 45-Grad Achse). 1 und −1 sind die Eigenwerte von A. Die Eigenvektoren zum Eigenwert 1 sind alle Vektoren der Form Eigenwert −1 Determinanten und Eigenwerte (α, α)| , α 6= 0. Die Eigenvektoren zum sind alle Vektoren der Form (−α, α)| , α 6= 0. Math4Inf 174 / 567 Bemerkung 7.17. ∈ Kn×n . λ ∈ K u 6= 0 ∈ Kn gibt mit Sei A ist Eigenwert von A genau dann, wenn es (A − λ In ) u = 0, d.h. falls die Spaltenvektoren von A − λ In linear abhängig − λ In ) = 0. sind, was wiederum äquivalent dazu ist, dass det(A Denition 7.18 [Charakteristisches Polynom]. Sei A ∈ Kn×n . Dann ist χA (λ) = det(A − λ In ) ein Polynom vom Grad n in λ. Es heiÿt das charakteristische Polynom von A. Die Nullstellen λ∈K von χA (λ) sind die Eigenwerte von A. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 175 / 567 Beispiel 7.19. i) Sei A = 0 1 1 0 . Dann ist χA (λ) = det(A − λ I2 ) = det −λ 1 1 −λ = λ2 − 1 = (λ + 1)(λ − 1). Die Eigenwerte von A sind 1 und ii) Sei A = In . −1. Dann ist χA (λ) = det(In − λ In ) = (1 − λ)n . Eigenwert von In ist nur 1. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 176 / 567 Satz 7.20. Sei A = (ai j ) ∈ Kn×n und sei χA (λ) = det(A − λ In ) = an λn + an−1 λn−1 + · · · + a1 λ + a0 , ∈ K. Dann ist an = (−1)n , a0 = det(A) = (−1)n−1 (a1 1 + a2 2 + · · · + an n ). mit ai an − 1 und Denition 7.21 [Spur]. Sei A = (ai j ) ∈ Kn×n . Die Summe der Diagonalelemente von A heiÿt Spur der Matrix A und wird mit tr(A) bezeichnet, d.h. tr(A) = n X i =1 ai i. Bemerkung 7.22. A und A | haben das gleiche charakteristische Polynom. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 177 / 567 Bemerkung 7.23. Sei A ∈ Kn×n , λ ∈ K Eigenwert von A. u 6= 0 Eigenwert λ genau dann, wenn und sei Eigenvektor zum ist (A − λ In ) u = 0. Somit ist die Menge aller Eigenvektoren zum Eigenwert λ gegeben durch die von Null verschiedenen Lösungen des homogenen (A − λ In ) x = 0, − λ In ) \ {0} ist. Gleichungssystems Menge Kern(A was wiederum gleich der Denition 7.24 [Eigenraum]. Sei A ∈ Kn×n , und sei λ∈K Eigenwert von A. Kern(A d.h. die Menge aller Eigenvektoren zum Eigenwert Nullvektor), heiÿt Eigenraum zum Eigenwert Determinanten und Eigenwerte Math4Inf λ − λ In ), (plus den λ. 178 / 567 Bemerkung 7.25 [Bestimmen der Eigenwerte und Eigenräume/-vektoren]. Sei A ∈ Kn×n . χA (λ). λ1 , . . . , λk ∈ K von χA (λ). i) Berechne das charakteristische Polynom ii) Bestimme alle Nullstellen iii) Für λ1 , . . . , λ k bestimme man die Eigenräume, d.h. Kern(A − λi In ), 1 Determinanten und Eigenwerte ≤ i ≤ k. Math4Inf 179 / 567 Beispiel7.26. Sei A = 0 1 1 0 λ1 = 1 . A hat die beiden Eigenwerte und λ2 = −1. • λ1 = 1. In diesem Fall ist A − λ 1 I2 = Kern(A − λ1 I2 ) = x∈R : 2 −1 1 1 −1 −1 1 1 −1 , und x=0 = {(α, α)| : α ∈ R}. • λ2 = −1. In diesem Fall ist A Kern(A − λ2 I2 ) = − λ 2 I2 = x∈R : 2 1 1 1 1 1 1 1 1 , und x=0 = {(−α, α)| : α ∈ R}. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 180 / 567 Denition 7.27 [Algebraische und Geometrische Vielfachheit]. ∈ Kn×n , λ1 ∈ K Eigenwert von A. Sei m ∈ N die (λ − λ1 )m ein Teiler von χA (λ) ist. m heiÿt algebraische Vielfachheit von λ1 , und dimK Kern(A − λ1 In ) heiÿt geometrische Vielfachheit von λ1 . Sei A und sei gröÿte Potenz, so dass Beispiel 7.28. i) Sei A = 0 1 1 0 . λ1 = 1 und λ2 = −1 haben jeweils die algebraische und geometrische Vielfachheit 1. ii) Sei A = In . Der einzige Eigenwert λ1 = 1 hat die geometrische und algebraische Vielfachheit n. iii) Sei A = 1 1 0 1 . Dann ist χA (λ) = (1 − λ)2 , und λ1 = 1 ist der einzige Eigenwert mit algebraischer Vielfachheit 2. Die geometrische Vielfachheit ist aber nur 1. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 181 / 567 Denition 7.29 [Ähnliche Matrizen]. Zwei Matrizen A, B Matrix C ∈ Kn×n ∈ Kn×n heiÿen ähnlich, falls es eine reguläre gibt mit B = C −1 A C . Bemerkung 7.30. Seien A, B ∈ Kn×n C reguläre. Dannist für m ∈ Kn×n ähnliche Matrizen und B = C −1 A C mit ∈N m = C −1 Am C . B Satz 7.31. Ähnliche Matrizen haben das gleiche charakteristische Polynom. Denition 7.32 [Diagonalisierbarkeit]. Eine Matrix A ∈ Kn×n heiÿt diagonalisierbar, falls es eine reguläre Matrix C so dass C : Kn → Kn ) ∈ Kn×n gibt, (bzw. eine lineare Abbildung A −1 A C eine Diagonalmatrix ist, d.h. A ist ähnlich zu einer Diagonalmatrix. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 182 / 567 Satz 7.33. Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten sind linear unabhängig. Satz 7.34. Sei A ∈ Kn×n . Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent: i) A ist diagonalisierbar. ii) Es gibt eine Basis des Kn bestehend aus Eigenvektoren von A. χA (λ) zerfällt über K in λ1 , . . . , λk , λi 6= λj für i 6= j , iii) Das charakteristische Polynom Linearfaktoren, d.h. es gibt mi ∈N und mit χA (λ) = (−1)n (λ − λ1 )m1 · (λ − λ2 )m2 · . . . · (λ − λk )m , k und mi = dimK Kern(A − λi In ), 1 ≤ i ≤ k ,d.h. die algebraische Vielfachheit ist gleich der geometrischen Vielfachheit für alle Eigenwerte. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 183 / 567 Bemerkung 7.35. Sei A ∈ Kn×n diagonalisierbar mit Eigenwerten algebraischen Vielfachheiten m1 det(A) tr(A) . . . , mk . λ 1 . . . , λk und Dann ist 1 · λ m2 · . . . · λ m , = λm 1 2 k k = m1 λ1 + m2 λ2 + . . . + mk λk . Bemerkung 7.36. Sei U ∈ Kn×n , K =R oder K gilt für jeden Eigenwert λ = C, eine orthogonale Matrix. Dann von U |λ| = 1. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 184 / 567 Denition 7.37 [Stochastische Matrix, Markov -Matrix]. 24 Eine Matrix A = (ai j ) ∈ Rn×n heiÿt stochastische Matrix oder Markov-Matrix falls i) alle Einträge nichtnegativ sind, d.h. ai j ≥ 0, 1 ≤ i , j ≤ n, und ii) die Summer der Einträge in jeder Spalte gleich eins ist, d.h. Pn i = 1 ai j = 1 für 1 ≤ j ≤ n. Satz 7.38. Sei A eine stochastische Matrix. Alle Eigenwerte von A sind von Betrag kleiner gleich 1, und sie hat immer den Eigenwert 1. Zum Eigenwert 1 gibt es immer einen Eigenvektor mit nichtnegativen Komponenten. 24 Andrej Andrejewitsch Markov, 18561922 Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 185 / 567 Satz 7.39. ∈ Rn × n Jede symmetrische Matrix A gibt sogar eine Orthonormalbasis des ist diagonalisierbar, und es Rn bestehend aus Eigenvektoren von A. Insbesondere gibt es eine orthogonale Matrix U , so dass U | A U eine Diagonalmatrix ist. Denition 7.40 [Positiv (negativ) denit]. Sei A ∈ Rn × n symmetrisch. A heiÿt positiv denit, falls Ist hingegen x| A x > 0 für alle x ∈ Rn \ {0}. x| A x < 0 für alle x ∈ Rn \ {0}, dann heiÿt A negativ denit. Gilt statt > nur ≥ 0, bzw. statt < nur ≤, so heiÿen die Matrizen positiv semi-denit, bzw. negativ semi-denit. Determinanten und Eigenwerte Math4Inf 186 / 567 Satz 7.41. Eine symmetrische Matrix A ist genau dann positiv (negativ) denit, wenn alle Eigenwerte von A positiv (negativ) sind. Satz 7.42 [Hurwitz -Kriterium]. 25 Eine symmetrische n positiv denit, wenn × n-Matrix A = (ai j ) ∈ Rn×n für 1 ≤ m ≤ n gilt: m det (ai j )i ,j =1 > 0. 25 Adolf Hurwitz, 1859-1919 Determinanten und Eigenwerte Math4Inf ist genau dann 187 / 567 Teil II Mathematik II Math4Inf 188 / 567 Gruppen, Ringe, Körper Denition 8.1 [Gruppe (vergl. Def. 3.36)]. ⊗:G ×G →G Sei G eine nichtleere Menge, und sei (x , y ) 7→ x ⊗ y eine Abbildung (G , ⊗) heiÿt Gruppe, wenn die mit (Verknüpfung). folgenden Bedingungen 1.3. erfüllt sind: 1. Für alle x , y , z ∈G gilt: (x ⊗ y ) ⊗ z = x ⊗ (y ⊗ z ) (Assoziativgesetz). 2. Es gibt ein neutrales Element e gilt: e • ⊗ so dass für alle x ∈G ⊗ x = x ⊗ e = x. 3. Zu jedem x x ∈ G, 0 x = 0 x ∈ G gibt es ein inverses Element x 0 ∈ G , so ⊗ x = e . x 0 wird auch mit x −1 bezeichnet. Gilt zusätzlich x (G , ⊗) ⊗y =y ⊗x für alle x , y 26 kommutative (abelsche 26 Niels Abel, 18021829 Gruppen, Ringe, Körper ∈ G, dass dann heiÿt ) Gruppe. Math4Inf 189 / 567 Beispiel 8.2. • (Z, +), (Q, +), (R, +) sind kommutative Gruppen mit neutralem Element 0, und für a ist −a das inverse Element. • (Q \ {0}, ·) ist kommutative Gruppe mit neutralem Element und für a ∈ Q \ {0} ist 1/a das inverse Element. Ebenso ist (R \ {0}, ·) kommutative Gruppe. • (Sn , ◦) ist Gruppe mit neutralem Element id{1,...,n} , und das inverse Element von σ ∈ Sn ist durch die Umkehrabbildung gegeben. Sn ist nicht kommutativ für n • (Zm , ⊕) ∈ Zm • (Z4 \ {[0]4 }, ) ist [−a]m = [m − a]m ist keine Gruppe, aber kommutative Gruppe. • (Kn , +) ≥ 3. ist kommutative Gruppe mit neutralem Element [0]m , und für [a]m (also insbesondere (Rn , +)) • GL(n, R) = {A ∈ Rn×n : det A 6= 0} üblichen Matrizenmultiplikation. Gruppen, Ringe, Körper 1, Math4Inf das inverse Element. (Z5 \ {[0]5 }, ) ist ist eine abelsche Gruppe. ist eine Gruppe mit der 190 / 567 Satz 8.3. Sei (G , ⊗) eine Gruppe, und seien x , y i) Es gibt genau ein g mit h ∈G ∈ G. ⊗g =y mit x und genau ein h ∈G ⊗ x = y. ii) Es gilt (x ⊗ y )−1 = y −1 ⊗ x −1 . Denition 8.4 [Untergruppe]. Sei (G , ⊗) Gruppe. Eine nichtleere Teilmenge U ⊆ G heiÿt ⊗ die Untergruppe von G , falls U mit der Verknüpfung Gruppeneigenschaften erfüllt. (U , ⊗) Gruppe. In diesem Falle schreibt man U ist also selbst wieder eine (U , ⊗) ≤ (G , ⊗), bzw. nur ≤ G. Satz 8.5 [Untergruppenkriterium (vergl. Satz 5.6)]. Sei (G , ⊗) G , falls U Gruppen, Ringe, Körper Gruppe und U 6= ∅ und x ⊗ ⊆ G . U ist genau dann Untergruppe ∈ U für alle x , y ∈ U . von −1 y Math4Inf 191 / 567 Beispiel 8.6. • ∈ N und mZ = {m · z : z ∈ Z}. (mZ, +) ≤ (Z, +). • Jeder lineare Teilraum (Untervektorraum) von Sei m n Untergruppe von (R , +). • SL(n, R) = {A ∈ Rn×n : | det A| = 1} GL(n, R). Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf Dann ist Rn ist eine ist eine Untergruppe von 192 / 567 Notation 8.7. • Sei (G , ⊗) Gruppe mit neutralem Element e , und sei ∈ Z versteht man unter : k ≥ 1, |x ⊗ x ⊗ {z· · · ⊗ x} k −mal k x = e : k = 0, − 1 − 1 − 1 x ⊗ x {z ⊗ · · · ⊗ x } : k ≤ −1. | k −mal x ∈ G. Für k • Für x ∈G sei < x >= {x k : k ∈ Z}. Bemerkung 8.8. Sei (G , ⊗) Gruppen, Ringe, Körper Gruppe und x ∈ G. Dann ist < x >≤ G . Math4Inf 193 / 567 Denition 8.9 [Zyklische Gruppe]. Eine Gruppe G heiÿt zyklisch, falls ein x G =< x >, d.h. es gibt ein Element x ∈G ∈ G, existiert mit welches die Gruppe erzeugt. Beispiel 8.10. • Z =< 1 >, Zm =< [1]m >. • (Z5 \ {[0]5 }, ) =< [2]5 > (vergl. Satz 3.40) • {2k : k ∈ Z} =< 2 > ist eine zyklische Untergruppe von (Q, ·). Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf 194 / 567 Denition 8.11 [(Gruppen)-Homomorphismus]. Seien (G , ⊗) und (H , ) Gruppen. Eine Abbildung φ(x ⊗ y ) = φ(x ) φ(y ) für alle x , y φ:G →H ∈G heiÿt Gruppenhomomorphismus (kurz: Homomorphismus). Ist bijektiv, dann heiÿt φ mit φ Gruppenisomorphismus (kurz: Isomorphismus). In diesem Falle heiÿen G und H isomorph zueinander und man schreibt G ∼ = H. Ist eH das neutrale Element von H , so heiÿt Kern(φ) der Kern von = {x ∈ G : φ(x ) = eH } φ. Beispiel 8.12. Eine lineare Abbildung von Kn → Km ist insbesondere ein Gruppenhomomorphismus bzgl. den Gruppen Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf (Kn , +) und (Km , +). 195 / 567 Satz 8.13. Seien (G , ⊗) (H , ) Gruppen mit neutralen Elementen eG sei φ : G → H ein Gruppenhomomorphismus. und eH . Desweiteren und Dann gilt i) ii) φ(eG ) = eH . φ(x −1 ) = (φ(x ))−1 iii) Ist U auch φ ∈ G. ≤ G , dann ist auch φ(U ) ≤ φ(G ). φ−1 (V ) ≤ G (Urbild von V ). iv) Kern(φ) v) für alle x ≤ H, dann ist ≤ G. ist injektiv genau dann wenn Kern(φ) Gruppen, Ringe, Körper Ist V Math4Inf = {eG }. 196 / 567 Denition 8.14 [Ordnung einer Gruppe / eines Elements]. Sei (G , ⊗) eine Gruppe. Die Anzahl der Elemente von G , bezeichnet mit |G |, heiÿt die Ordnung der Gruppe (unendlich möglich). Für x ∈G heiÿt |<x >| die Ordnung von x . Beispiel 8.15. • |Z| = ∞ • |Zm | = m, und in Z6 ist | < [2]6 > | = 3. Bemerkung 8.16. Sei (G , ⊗) Gruppe mit ∈ G . Dann ist neutralem Element eG . Sei |G | endlich und sei x | < x > | = min{n ∈ N : x n = eG }. Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf 197 / 567 Bemerkung 8.17. i) Jede Gruppe der Ordnung n ist isomorph zu einer Untergruppe von Sn . ii) Sei (G , ⊗) eine zyklische Gruppe. Ist |G | = m, dann ist ∼ (G , ⊗) = (Zm , +), und ist |G | = ∞, dann ist (G , ⊗) ∼ = (Z, +). In Worten: Zm und Z sind die einzigen zyklischen Gruppen. Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf 198 / 567 Denition 8.18 [Nebenklassen]. Sei (G , ⊗) Gruppe, und sei U ≤G Untergruppe von G . Die Relation R auf G mit xRy ⇔ x −1 ⊗ y ∈ U (⇔ y ∈ x U ) ist eine Äquivalenzrelation (vergl. Def. 2.5). Hierbei ist xU = {x ⊗ u : u ∈ U }. Die durch diese Äquivalenzrelation denierten Äquivalenzklassen [x ]R =xU heiÿen (Links-)Nebenklassen von U bzgl. G . Denition 8.19 [Index einer Untergruppe]. Sei (G , ⊗) Gruppe, und sei U ≤G Untergruppe von G . Die Anzahl der Nebenklassen von U bzgl. G heiÿt Index von U in G und wird mit |G : U| Gruppen, Ringe, Körper bezeichnet. Math4Inf 199 / 567 Satz 8.20 [Lagrange ]. 27 Sei G endliche Gruppe, und sei U ≤G Untergruppe von G . Dann ist |G | = |U | · |G : U |. Insbesondere ist die Ordnung einer Untergruppe Teiler der Gruppenordnung. Satz 8.21 [Euler ]. 28 Sei G endliche Gruppe, und sei x ∈ G. Dann ist |<x >| ein Teiler von |G |. Korollar 8.22. Sei G endliche Gruppe mit neutralem Element e, und sei x Dann ist x |G | 27 Joseph-Louis Lagrange, 17361813 28 Leonhard Euler, 17071783 Gruppen, Ringe, Körper ∈ G. = e. Math4Inf 200 / 567 Satz 8.23 [Kleiner Satz von Fermat ]. 29 Sei a ∈ Z, und sei p Primzahl mit ggT(p , a) a = 1. Dann ist p−1 ≡ 1 mod p . Bemerkung 8.24. Der kleine Satz von Fermat wird häug benutzt, um zu entscheiden, ob eine gegebene Zahl n keine Primzahl ist. Dazu sei k eine Zahl mit ggT (k , n ) man k n−1 mod n. = 1, = 2. Anschlieÿend berechnet 6= 1, dann ist nach dem kleinen z.B. k Ist das Ergebnis Satz von Fermat n keine Primzahl. Beispiel 8.25. Sei n = 4199. 4198 Dann ist 2 mod 4199 = 3702. Also ist 4199 keine Primzahl. 29 Pierre de Fermat, 16011665 Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf 201 / 567 Denition 8.26 [Normalteiler]. Sei (G , ⊗) Gruppe. Eine Untergruppe U von G , falls für alle x xU ∈G heiÿt Normalteiler gilt: = U x , d.h. {x ⊗ u : u ∈ U } = {u ⊗ x : u ∈ U }. In diesem Falle schreibt man U Gruppen, Ringe, Körper ≤G E G. Math4Inf 202 / 567 Satz 8.27 [Faktorgruppe]. Sei (G , ⊗) Gruppe mit neutralem Element e, und sei U E G. Die Menge G /U = {g U : g ∈ G } (Menge der Nebenklassen) wird mittels der Verknüpfung (g U ) (h U ) = (g ⊗ h) U eine Gruppe, die sogenannte Faktorgruppe (G /U , ), mit (g U )−1 = g −1 U . neutralem Element e U und inversem Element Beispiel 8.28. Sei m ∈ N. Dann Zm . ist m Z EZ und die Faktorgruppe Z/mZ ist die Gruppe Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf 203 / 567 Satz 8.29 [Chinesischer Restsatz]. Seien m1 , . . . , mn seien ∈ N mit ggT(mi , mj ) = 1 für 1 ≤ i 6= j ≤ n, a1 , . . . , an ∈ Z. Dann gibt es ein x ∈ Z mit x x ist modulo m ≡ ai mod mi , 1 = m1 · m2 · . . . · mn und ≤ i ≤ n. eindeutig bestimmt. Bemerkung 8.30 [Bestimmen einer Lösung]. sei Mk • Für k • Dann ist ggT(Mk , mk ) = 1, . . . , n = m/mk . = 1 und es gibt ein · Mk ≡ 1 mod mk (siehe Lemma 3.26). P • Sei x = ni=1 ai Mi Ni . Nk Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf Nk ∈Z mit 204 / 567 Beispiel 8.31. Gesucht ist eine Zahl x ∈ Z, die bei Division durch 3 den Rest 2 lässt, bei Division durch 5 den Rest 3, und bei Division durch 7 den Rest 2, d.h. gesucht ist x x ∈Z mit x ≡ 2 mod 3, x ≡ 3 mod 5 und ≡ 2 mod 7. • m1 = 3, • M1 = 35, • N1 = 2, • x • Jede Zahl der Form 233 a1 = 2, M2 N2 m2 = 21, = 1, N3 = 5, M3 a2 = 3, m3 = 7, a3 = 2, m = 105. = 15. = 1. = 2 · 35 · 2 + 3 · 21 · 1 + 2 · 15 · 1 = 233. + z · 105, z ∈ Z, ist Lösung; also ist die kleinste positive Lösung 23. Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf 205 / 567 Denition 8.32 [Ring]. +, · : R × R → R mit (x , y ) 7→ x + y (Addition), bzw. (x , y ) 7→ x · y (Multiplikation) Abbildungen. (R , +, ·) heiÿt Ring, wenn die folgenden Bedingungen Sei R eine nichtleere Menge, und seien 1.4. erfüllt sind: 1. (R , +) (R , +) ist kommutative Gruppe. Das neutrale Element von wird mit 0 bezeichnet. 2. Assoziativität bzgl. Multiplikation, d.h. für alle x , y , z ∈R gilt (x · y ) · z = x · (y · z ). 3. Bzgl. der Multiplikation existiert ein Einselement, bezeichnet mit 1, so dass gilt: 1 ·x =x ·1=x 4. Distributivgesetze: Für alle x , y , z x · (y + z ) = x · y + x · z und für alle x ∈R ∈ R. gilt (x + y ) · z = x · z + y · z . 5. R heiÿt kommutativer Ring, wenn zusätzlich x alle x , y Gruppen, Ringe, Körper ∈R gilt. Math4Inf ·y =y ·x für 206 / 567 Beispiel 8.33. • Jeder Körper (vergl. Def. 3.38) ist ein Ring. • (Z, +, ·) ist ein Ring (aber kein Körper). • (Zm , ⊕, ) ist ein Ring (aber i.A. kein Körper, vergl. Satz 3.40). • Z[i] = {a + b i : a, b ∈ Z} ist ein Ring mit der gewöhnlichen Addition und Multiplikation von komplexen Zahlen. Er heiÿt Ring der Gauÿ'schen Zahlen. Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf 207 / 567 Denition 8.34 [Polynomring]. (R , +, ·) ein Ring, und seien a1 , . . . , an ∈ R . Die Abbildung : R → R mit f (x ) = an · x n + an−1 x n−1 + · · · + a1 · x + a0 heiÿt Polynomfunktion oder kurz Polynom. ai heiÿen die Koezienten Sei f des Polynoms. Der gröÿte Index i mit ai 6= 0 heiÿt der Grad von f und wird mit grad(f ) bezeichnet. Die Menge aller Polynome mit Koezienten aus R wird mit R [x ] bezeichnet. Mit den Verknüpfungen (p ⊕ q )(x ) = p (x ) + q (x ) p, q ∈ R [x ] Gruppen, Ringe, Körper ist (R [x ], ⊕, ) und (p q )(x ) = p (x ) · q (x ), ein Ring und heiÿt Polynomring. Math4Inf 208 / 567 Beispiel 8.35. R[x ] ist der Ring aller Polynome mit Koezienten aus p (x ) = 2x 2 − x + 3 und q (x ) R. Sei = x 5 + 3x 3 − 4x 2 + 6x + 2. Dann ist (p ⊕ q )(x ) = (2x 2 − x + 3) + (x 5 + 3x 3 − 4x 2 + 6x + 2) = x 5 + 3x 3 − 2x 2 + 5x + 5, (p q )(x ) = (2x 2 − x + 3) · (x 5 + 3x 3 − 4x 2 + 6x + 2) = 2x 7 − x 6 + 9x 5 − 11x 4 + 25x 3 − 14x 2 + 16x + 6. Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf 209 / 567 Denition 8.36 [Ringhomomorphismus]. Seien (R , +, ·) (S , ⊕, ) Ringe mit Einselementen 1R und 1S . φ : R 7→ S heiÿt Ringhomomorphismus falls gilt und Eine Abbildung 1. φ(x + y ) = φ(x ) ⊕ φ(y ) x, y ∈ R. 2. φ(1R ) = 1S . Ist φ bijektiv, dann heiÿt φ und φ(x · y ) = φ(x ) φ(y ) für alle Ringisomorphismus. Denition 8.37 [Ideale]. Sei (R , +, ·) ein kommutativer Ring. Eine Menge I ⊆R heiÿt Ideal von R , falls 1. (I , +) ist Untergruppe von 2. Für alle x Gruppen, Ringe, Körper ∈R (R , +). und für alle y ∈I gilt: x Math4Inf · y ∈ I. 210 / 567 Beispiel 8.38. • m Z ist ein Ideal in (Z, +, ·). • In jedem Ring R sind • Die Menge aller Polynome in {0} und R Ideale. R[x ] mit Nullstelle 1 bildet ein Ideal I , welches sich beschreiben lässt als I Gruppen, Ringe, Körper Math4Inf = (x − 1)R[x ]. 211 / 567 Bemerkung 8.39. Sei (R , +, ·) Ring. Ist (R \ {0}, ·) eine kommutative Gruppe, dann (R , +, ·) Körper (siehe Def. 3.38). Jeder Körper ist also ein heiÿt Ring, aber nicht umgekehrt. Satz 8.40 [Polynomdivision]. (K , +, ·) Körper und (K[x ], ⊕, ) der zugehörige Polynomring. Für f , g ∈ K[x ], grad(g ) ≥ 1, gibt es q , r ∈ K[x ] mit Sei f Gruppen, Ringe, Körper =qg ⊕r und grad(r ) Math4Inf < grad(g ). 212 / 567 Folgen und Reihen Denition 9.1 [Folgen]. Eine (reelle) Folge ist eine Abbildung a : N0 → R, n 7→ an , auch geschrieben als a0 , a1 , a2 , . . . . Die reellen Zahlen an heiÿen die Glieder der Folge. Die Folge wird auch mit (an )n∈N0 bezeichnet. Beispiel 9.2. 1 1 1 ist die Folge 1, , , . . . . • an = n + 1 2 3 • an = n2 ist die Folge 0, 1, 4, 9, 16, . . . . n ist die Folge 0, 1 , 2 , 3 , . . . . • an = n + 1 2 3 4 Folgen und Reihen Math4Inf 213 / 567 Bemerkung 9.3. Eine Folge muss nicht mit dem Index 0 beginnen; sie kann etwa auch mit 1 oder jeder beliebigen ganzen Zahl k beginnen. Man betrachtet dann Funktionen a schreibt (an )n∈N oder :N→R (an )n∈Z≥ k oder a : Z≥k → R und . Auch kann man als Folgenglieder komplexe Zahlen betrachten. In diesem Fall betrachtet man Funktionen a Folgen und Reihen Math4Inf : N0 → C. 214 / 567 Beispiel 9.4. • Rekursive Folgen: I I I • Sei h0 = 2 und für n ≥ 1 sei hn = 12 (hn−1 + hn2−1 ). Dies ergibt die Folge 2, 1.5, 1.416666 . . . , 1.414215 . . . , 1.414213 . . . , . . . . Sei f0 = 0, f1 = 1 und für n ≥ 2 sei fn = fn−1 + fn−2 . Dies ergibt die Fibonacci-Folge 0, 1, 2, 3, 5, 8, . . . (vergl. Beispiel 3.7). Sei a0 = 1 und für n ≥ 1 sei an = n · an−1 . Dann ist an = n! (vergl. Bemerkung 3.5). Alternierende Folgen, d. h. die Folgenglieder haben abwechslendes Vorzeichen: I an = (−1)n+1 ist die Folge I an = (−1/2)n ist die Folge Folgen und Reihen −1, 1, −1, 1, −1, 1, −1, 1, . . . . 1, − 12 , 14 , − 18 , . . . . Math4Inf 215 / 567 Denition 9.5 [Monotone/beschränkte Folgen]. 1. Eine (reelle) Folge (an )n∈N0 heiÿt monton steigend (bzw. monoton fallend) falls an alle n ∈ N0 . 2. Eine (reelle) Folge es ein C ∈R (an )n∈N0 ≤ an + 1 (bzw. an ≥ an + 1 ) für heiÿt nach oben beschränkt, wenn gibt, so dass an ≤C für alle n ∈ N0 . Entsprechend heiÿt eine Folge nach unten beschränkt, wenn es ein c ∈R gibt, so dass an 3. Eine (reelle) (an )n∈N0 ≥c für alle n ∈ N0 . heiÿt beschränkt, wenn sie nach oben und unten beschränkt ist, d.h. wenn es ein M |an | ≤ M Folgen und Reihen für alle n ∈R gibt, mit ∈ N0 . Math4Inf 216 / 567 Denition 9.6 [Konvergenz von Folgen]. Eine rellee Folge (an )n∈N0 ∈ R, > 0 einen n ≥ n0 in dem heiÿt konvergent gegen eine Zahl a wenn es für jede (noch so kleine) positive reelle Zahl Folgenindex n0 gibt, so dass alle Folgenglieder mit Interval (a − , a + ) liegen, d.h. |an − a| < für alle n ≥ n0 . In diesem Fall schreibt man lim a = a n→∞ n oder an →a für n → ∞. a heiÿt der Grenzwert der Folge, und man sagt Die Folge (an )n∈N0 konvergiert gegen a . Folgen und Reihen Math4Inf 217 / 567 Beispiel 9.7. • Sei an n . = n+ 1 Oensichtlich nähern sich die Folgenglieder immer mehr der Zahl 1. Um zu zeigen, dass 1 (tatsächlich) der Grenzwert dieser Folge ist, muÿ für jedes >0 ein n0 existieren, so dass n − 1 < |an − 1| = n+1 für alle n ≥ n0 . Wegen n −1 n + 1 − 1 = n + 1 = 1 n +1 kann man in diesem Fall für n0 irgendeine positive ganze Zahl > 1/ − 1 Folgen und Reihen wählen. Math4Inf 218 / 567 Bemerkung 9.8. i) Eine Folge (an )n∈N0 konvergiert gegen eine Zahl a genau dann, > 0 nur (a − , a + ) liegen. wenn für jedes von endlich viele Folgenglieder auÿerhalb ii) Der Index n0 hängt i. A. immer von ab; je kleiner desto gröÿer n0 . Denition 9.9 [Teilfolge]. (an )n∈N0 eine Folge und sei M ⊂ N0 mit |M | = ∞. Dann heiÿt (an )n∈M Teilfolge von (an )n∈N0 . Sie besteht also aus allen Folgenglieder an , deren Index in M liegt. Sei die Folge Beispiel 9.10. = (−1)n und sei M ⊂ N0 die Menge aller geraden Zahlen. Dann ist (an )n∈M die Folge 1, 1, 1, 1, 1, 1, 1, 1, 1, . . . . Man kann sie auch beschreiben als (a2 n )n∈N0 . Sei an Folgen und Reihen Math4Inf 219 / 567 Bemerkung 9.11. Ein Folge komplexer Zahlen (an )n∈N0 mit an = xn + i yn heiÿt (xn )n∈N0 (yn )n∈N0 konvergieren, d.h. es gibt x , y ∈ R mit xn → x und yn → y für n → ∞. Der Grenzwert der Folge (an )n∈N0 ist dann x + i y . konvergent, falls die Folgen bestehend aus den Realteilen und den Imaginärteilen Satz 9.12. i) Der Grenzwert einer Folge ist eindeutig bestimmt. Konvergiert eine Folge, so konvergiert auch jede Teilfolge gegen den Grenzwert. ii) Jede konvergente Folge ist beschränkt, bzw. jede unbeschränkte Folge ist nicht konvergent. Folgen und Reihen Math4Inf 220 / 567 Denition 9.13 [Divergente, bestimmt divergente Folgen]. 1. Eine Folge, die nicht konvergiert, heiÿt divergent. (an )n∈N0 heiÿt bestimmt divergent gegen ∞, falls limn→∞ 1/an = 0 und ab einem Index n0 gilt an > 0 für n ≥ n0 . In diesem Fall schreibt man limn→∞ an = ∞. Man sagt auch (an )n∈N0 konvergiert gegen ∞. Analog heiÿt eine Folge (an )n∈N0 heiÿt bestimmt divergent gegen −∞, falls limn→∞ 1/an = 0 und ab einem Index n0 gilt an < 0 für n ≥ n0 . In diesem Fall schreibt man limn→∞ an = −∞. Man sagt dann auch (an )n∈N0 konvergiert gegen −∞. 2. Eine Folge 3. Beispiel 9.14. an = (−1)n oder bn = 2n bestimmt divergent gegen Folgen und Reihen sind divergente Folgen, und ∞. Math4Inf (bn )n∈N0 ist 221 / 567 Satz 9.15 [Rechenregeln für konvergente Folge]. (an )n∈N0 , (bn )n∈N0 konvergente Folgen mit den Grenzwerten α ∈ C. Dann sind auch die Folgen (α an )n∈N0 , (an ± bn )n∈N0 , (an · bn )n∈N0 und (an /bn )n∈N0 ,b 6=0 (falls b 6= 0) Seien a, b, und sei n konvergent mit den Grenzwerten: lim (a ± bn ) = a ± b , n→∞ n a an lim = . lim (a · b ) = a · b , n→∞ n n n→∞ bn b lim n→∞ Folgen und Reihen α an = α a , Math4Inf 222 / 567 Satz 9.16. Sei (an )n∈N0 die rationale Folge an wobei k , m = ∈ N0 αk nk + αk −1 nk −1 + · · · + α1 n + α0 , βm nm + βm−1 nm−1 + · · · + β1 n + β0 und αi , βi ∈ R 0, a /b , k m lim a = n→∞ n ∞, −∞, mit für k für k für k für k αk 6= 0, βm 6= 0. Dann gilt < m, = m, > m und ak /bm > 0, > m und ak /bm < 0. Satz 9.17. Jede beschränkte und monoton wachsende (oder fallende) Folge konvergiert. Folgen und Reihen Math4Inf 223 / 567 Bemerkung 9.18. Sei x > 0. Die Heron'sche Folge hn = 1 2 hn−1 konvergiert für jeden Startwert h0 + x hn−1 >0 gegen √ x. Bemerkung 9.19. (an )n∈N0 mit limn→∞ an = 0 < 1 ist an = q n eine Nullfolge. Eine Folge mit |q | Folgen und Reihen Math4Inf heiÿt Nullfolge . Für q ∈R 224 / 567 Denition 9.20 [Reihe, Partialsummen]. Sei (an )n∈N0 eine Folge reeller oder komplexer Zahlen. Man nennt den (formalen) Ausdruck ∞ X k =0 ak = a 0 + a1 + a2 + · · · eine (unendliche) Reihe. Die Folge sn = n X k =0 ak (sn )n∈N0 mit den Folgegliedern = a0 + a1 + a2 + · · · + an heiÿt Folge der Partialsummen (oder auch Teilsummen) der Reihe. Folgen und Reihen Math4Inf 225 / 567 Denition 9.21 [Konvergenz von Reihen]. Sei P∞ k = 0 ak eine Reihe und Partialsummen. Ist (sn )n∈N0 (sn )n∈N0 die Folge ihrer konvergent mit Grenzwert s , dann heiÿt die Reihe konvergent mit Grenzwert s , und man schreibt s = ∞ X k =0 ak . Andernfalls heiÿt die Reihe divergent. Folgen und Reihen Math4Inf 226 / 567 Beispiel 9.22. • Die Reihe ∞ X k =1 • 1 k heiÿt harmonische Reihe und ist divergent!. Die Reihe ∞ k X 1 2 k =0 ist konvergent mit Grenzwert 2. • Die Reihe ∞ X k =1 ist konvergent mit Grenzwert Folgen und Reihen 1 k2 π 2 /6. Math4Inf 227 / 567 Satz P 9.23. Ist ∞ k =0 ak eine konvergente Reihe, dann ist (an )n∈N0 eine Nullfolge, d.h. limn→∞ an = 0. Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht, siehe z.B. harmonische Reihe. Folgen und Reihen Math4Inf 228 / 567 Satz 9.24 [Geometrische Reihe]. Sei q ∈R oder C. Eine Reihe der Form ∞ X q k k =0 heiÿt geometrische Reihe, wobei der Index k nicht unbedingt bei 0 beginnen muss. Sei gilt für q 6= 1 (sn )n∈N0 sn = die Folge ihrer Partialsummen. Dann n X q k= 1 k =0 − q n +1 . 1−q Die geometrische Reihe ist genau dann konvergent, wenn |q | < 1, und in diesem Fall ist ∞ X k =0 Folgen und Reihen q k= 1 1 −q Math4Inf . 229 / 567 Satz 9.25 [Rechenregeln für konvergente Reihen]. P∞ P∞ k konvergente Reihen, k =0 ak , k =0Pb∞ P∞ und sei α ∈ C. Dann auch die Reihen k =0 (α ak ) und k =0 (ak ± bk ) konvergent, Seien sind und es gilt ∞ X (α ak ) = α ∞ X ak , k =0 k =0 ∞ ∞ ∞ X X X (ak ± bk ) = ak ± bk . k =0 k =0 k =0 Folgen und Reihen Math4Inf 230 / 567 Denition 9.26. P ∞ a eine Reihe. Ist die Reihe k =∞ 0 k P heiÿt k =0 ak absolut konvergent. Sei P∞ k =0 |ak | konvergent, dann Bemerkung 9.27. Jede absolut konvergente Reihe ist konvergent. Bemerkung 9.28. P P Seien ∞ k = 0 ak , ∞ k =0 bk absolut konvergente Reihen. Dann ist auch ihr Cauchy-Produkt ∞ X k =0 ck mit ck = k X i =0 ai bk −i (absolut) konvergent, und es gilt ∞ X k =0 Folgen und Reihen ck = ∞ X k =0 ! ak Math4Inf ∞ X k =0 ! bk . 231 / 567 Denition 9.29 [Alternierende Reihe]. Ist (ak )k ∈N0 eine alternierende Folge, d.h. die Folgenglieder sind abwechselnd nicht-negativ und nicht-positiv, dann heiÿt einen alternierende Reihe. P∞ k = 0 ak Satz 9.30 [Konvergenzkriterium von Leibniz ]. 30 Sei (ak )k ∈N0 eine monoton fallende Nullfolge nicht-negativer Zahlen. Dann konvergiert die alternierende Reihe ∞ X Beispiel 9.31. k =0 (−1)k ak . ∞ X k =1 1 (−1)k k ist konvergent, aber nicht absolut konvergent. 30 Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz, 1646-1716 Folgen und Reihen Math4Inf 232 / 567 Satz 9.32 [Majorantenkriterium]. Sei P∞ k = 0 ak eine Reihe. i) Wenn es eine konvergente Reihe gibt mit ii) P∞ k =0 bk und eine k0 ∈ N0 |ak | ≤ bk für alle k ≥ k0 , P∞ P∞ dann ist die Reihe ak (absolut) konvergent. k = 0 k =0 bk P∞ heiÿt Majorante für k = 0 ak . P ∞ Wenn es eine divergente Reihe k =0 bk und eine k0 ∈ N0 gibt mit |ak | ≥ bk ≥ 0 für alle k ≥ k0 , P∞ dann ist die Reihe dann die k =0 ak divergent. Man nennt P∞ P∞ Reihe b eine (divergente) Minorante für k =0 k k = 0 ak . Folgen und Reihen Math4Inf 233 / 567 Satz 9.33 [Quotientenkriterium]. Sei P∞ k = 0 ak eine Reihe. < 1 und ein k0 ∈ N0 gibt, so ak + 1 a ≤ q für alle k ≥ k0 , k P∞ dann ist die Reihe k =0 ak (absolut) konvergent. Wenn es ein k0 ∈ N0 gibt, so dass ak + 1 a ≥ 1 für alle k ≥ k0 , k P∞ dann ist die Reihe k =0 ak divergent. i) Wenn es eine Zahl q ii) Folgen und Reihen Math4Inf dass 234 / 567 Bemerkung 9.34. P Sei ∞ k =0 ak eine Reihe, und sei ak + 1 bk = a k eine konvergente Folge mit Grenzwert b. Ist b P∞ k = 0 ak (absolut) konvergent. Ist b divergent. Im Falle b =1 > 1, < 1,P dann dann ist ist ∞ k = 0 ak ist keine Aussage möglich, die Reihe kann sowohl konvergent als auch divergent sein. Folgen und Reihen Math4Inf 235 / 567 Stetigkeit von Funktionen Denition 10.1 [(Strenge) Montonie von Funktionen]. Sei D ⊆R und sei f :D→R eine Funktion. 1. f heiÿt streng monoton wachsend, falls f (x ) x, y ∈D mit x ∈D mit x für alle > y. 2. f heiÿt streng monoton fallend, falls f (x ) x, y > f (y ) < f (y ) für alle > y. 3. Gilt lediglich f (x ) ≥ f (y ), bzw. f (x ) ≤ f (y ), dann heiÿt die Funktion nur monoton wachsend, bzw. monoton fallend. Denition 10.2 [Beschränktheit von Funktionen]. Eine Funktion f M >0 gibt mit Stetigkeit von Funktionen : D → R mit D ⊆ R heiÿt beschränkt, |f (x )| ≤ M für alle x ∈ D . Math4Inf falls es ein 236 / 567 Denition 10.3 [Rationale Funktionen]. ∈ R[x ] Polynome. Dann heiÿt die Funktion = p (x )/q (x ) rationale Funktion. Sie ist überall dort das Nennerpolynom q (x ) 6= 0 ist. Seien p , q f (x ) wo deniert, Beispiel 10.4. Sei f (x ) = x Sie ist deniert auf der Menge Stetigkeit von Funktionen 3 + x2 + x + 1 . x2 − 1 R \ {−1, 1}. Math4Inf 237 / 567 Denition 10.5 [Exponentialfunktion]. Sei a > 0. Eine Funktion der Form f :R→R mit f (x ) = ax heiÿt Exponentialfunktion zur Basis a. Ist die Basis die Eulersche Zahl e = 2, 7182818284..., dann heiÿt die Funktion einfach Exponentialfunktion (oder auch e-Funktion. Basis a Stetigkeit von Funktionen = 1/2 Basis e Math4Inf 238 / 567 Satz 10.6 [Eigenschaften der Exponentialfunktion]. Sei f (x ) = ax i) f (0) = 1. ii) f (x ) >0 iii) Ist a Ist a mit a > 0. für alle x Dann gilt: ∈ R. < 1, dann ist f (x ) eine streng monoton fallende Funktion. > 1, dann ist f (x ) eine streng monoton wachsende Funktion. Die Exponentialfunktion ist unbeschränkt. iv) f (x + y ) = f (x ) · f (y ) Stetigkeit von Funktionen für alle x , y ∈ R. Math4Inf 239 / 567 Denition 10.7 [Logarithmusfunktion]. > 0, a 6= 1. Die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion : R → (0, ∞), f (x ) = ax , heiÿt Logarithmusfunktion zur Basis Sei a f a, und wird mit loga : (0, ∞) → R, x 7→ loga (x ), bezeichnet. Ist die Basis e, dann spricht man von dem natürlichen Logarithmus, der mit ln(x ) bezeichnet wird. Basis a Stetigkeit von Funktionen = 1 /2 Basis e Math4Inf 240 / 567 Satz 10.8 [Eigenschaften der Logarithmusfunktion]. Sei a > 0, a i) loga (1) ii) Ist a 6= 1. =0 < 1, und loga (a) = 1. dann ist loga (x ) eine streng monoton fallende Funktion. Ist a > 1, dann ist loga (x ) eine streng monoton wachsende Funktion. Die Logarithmusfunktion ist unbeschränkt. · y ) = loga (x ) + loga (y ) b loga (x ) = b · loga (x ), b ∈ R. iii) loga (x iv) Stetigkeit von Funktionen für x , y Math4Inf ∈ (0, ∞). 241 / 567 Bemerkung 10.9. 6= 1. Dann gilt: x i) loga (a ) = x . ii) ax = b x ·log (a) . x iii) loga ( y ) = loga (x ) − loga (y ). iv) loga (x ) = logb (x )/ logb (a). Weiterhin ist ln(x ) ≤ x − 1 für alle Sei a > 0, a b Stetigkeit von Funktionen x ∈ (0, ∞). Math4Inf 242 / 567 Notation 10.10 [Intervalle]. Seien a, b ∈ R, a ≤ b. [a, b] = {x ∈ R : a ≤ x ≤ b} heiÿt abgeschlossenes Intervall , und (a, b) = {x ∈ R : a < x < b} heiÿt oenes Intervall . Analog deniert man halboene (bzw. halbabgeschlossene) Intervalle, z.B. [a, b) = {x ∈ R : a ≤ x < b}. Unter [a, ∞) (bzw. (a, ∞)) versteht man alle Zahlen ≥a (bzw. > a). Stetigkeit von Funktionen Math4Inf 243 / 567 Denition 10.11 [Hyperbelfunktionen]. Die Funktionen sinh(x ) = ex − e−x 2 und cosh(x ) = ex + e−x 2 heiÿen Sinus hyperbolicus und Cosinus hyperbolicus. sinh Stetigkeit von Funktionen :R→R cosh : R → [1, ∞) Math4Inf 244 / 567 Denition 10.12 [(Un)gerade Funktionen]. Sei D ⊆R :D→R und f 1. f heiÿt gerade, falls f eine Funktion. (−x ) = f (x ) 2. f heiÿt ungerade, falls f für alle x , −x (−x ) = −f (x ) ∈ D. für alle x , −x ∈ D. Satz 10.13 [Eigenschaften der Hyperbelfunktionen]. i) sinh(0) = 0, cosh(0) = 1. ii) sinh ist ungerade, und cosh ist gerade. 2 iii) cosh (x ) − sinh2 (x ) = 1 für alle x ∈ R. iv) Es gelten die Additionstheoreme: Stetigkeit von Funktionen sinh(x + y ) = sinh(x ) cosh(y ) + cosh(x ) sinh(y ), cosh(x + y ) = cosh(x ) cosh(y ) + sinh(x ) sinh(y ). Math4Inf 245 / 567 Denition 10.14 [Periodische Funktionen]. Sei f :R→R falls für alle x eine Funktion. f heiÿt periodisch mit Periode p ∈R > 0, gilt f (p + x ) = f (x ). Beispiel 10.15. sin, cos :R→R sind periodische Funktionen mit Periode 2π . Desweiteren ist sin ungerade, und cos ist eine gerade Funktion. Stetigkeit von Funktionen Math4Inf 246 / 567 Beispiel 10.16. Sei f : R \ { 0} → R Stetigkeit von Funktionen mit f (x ) = sin( x x) . Math4Inf 247 / 567 Denition 10.17 [Grenzwert einer Funktion]. ⊆ R, f : D → R eine Funktion, und sei x ? ∈ R. Wenn es ein ∈ R gibt, so dass für jede Folge (xn )n∈N0 mit xn ∈ D \ {x ? } und Sei D ? y ? lim x = x n→∞ n gilt, dass die Folge der Funktionswerte (f (xn ))n∈N0 gegen y ? konvergiert, also lim f (xn ) n→∞ dann heiÿt y = y ?, ? der Grenzwert von f für x gegen x ? . Man schreibt dafür Hierbei ist auch y ? ? lim f (x ) = y . x →x ? = ±∞ erlaubt (siehe (9.13)) und man spricht dann von bestimmter Divergenz. Stetigkeit von Funktionen Math4Inf 248 / 567 Beispiel 10.18. i) sin(x ) lim x →0 x = 1. ii) lim 1 x →0 |x | = ∞. iii) + 1 = 11. ( 1, x > 0 f (x ) = . −1, x < 0 lim x →5 iv) Sei f : R \ { 0} → R mit 2x Dann existiert limx →0 f (x ) nicht, d.h. f hat keinen Grenzwert für x gegen 0. Stetigkeit von Funktionen Math4Inf 249 / 567 Denition 10.19 [Rechts-Linksseitiger Grenzwert]. ⊆ R, f : D → R eine Funktion, und sei x ? ∈ R. Wenn es ein ∈ R gibt, so dass für jede Folge (xn )n∈N0 mit xn ∈ D \ {x ? }, ? xn > x (!), und ? lim x = x n→∞ n Sei D ? y gilt, dass = y ?, lim f (xn ) n→∞ dann heiÿt y ? der rechtsseitige Grenzwert von f für x gegen x ? . Man schreibt dafür lim x →x ? + f (x ) = y ?. Analog deniert man den linkssseitigen Grenzwert von f für x gegen ? x , indem man nur Folgen und limn→∞ xn = (xn )n∈N0 ∈ D \ {x ? }, xn < x ? (!), ? x betrachet. In diesem Falle schreibt man lim x →x ? − Stetigkeit von Funktionen mit xn f (x ) = y ?. Math4Inf 250 / 567 Beispiel 10.20. ( Sei f : R \ { 0} → R mit f (x ) lim f (x ) x →0+ =1 = und 1, x −1, x >0 . <0 lim f (x ) x →0− Dann gilt = −1. Bemerkung 10.21. Es gilt lim f (x ) x →x ? Stetigkeit von Funktionen = y? ⇔ lim x →x ? + f (x ) = lim x →x ? − Math4Inf f (x ) = y ?. 251 / 567 Satz 10.22 [Rechenregeln für Grenzwerte]. Seien f ,g lim f (x ) Funktionen mit x →x ? gilt i) x →x ? ii) x →x ? iii) x →x ? iv) α f (x ) = α ŷ lim (f (x ) ± g (x )) = ŷ ± ỹ . lim (f (x ) · g (x )) = ŷ · ỹ . f (x ) = ŷ lim ỹ x →x ? g (x ) Stetigkeit von Funktionen falls ỹ und lim g (x ) x →x ? = ỹ . Dann α ∈ R. lim für = ŷ 6= 0. Math4Inf 252 / 567 Denition 10.23 [Asymptotisches Verhalten]. Sei f : R → R eine Funktion. Unter dem asymptotischen Verhalten → ∞ versteht man den Grenzwert (falls existent und von f für x ±∞ sind zugelassen) lim f (x ). x →∞ Analog deniert man das asymptotischen Verhalten von f für x → −∞ als lim x →−∞ f (x ). Beispiel 10.24. i) lim 1 x →∞ x =0 und 1 lim x →−∞ x =0 ii) lim x x →∞ Stetigkeit von Funktionen 3 =∞ und lim x →−∞ Math4Inf x 3 = −∞. 253 / 567 Beispiel 10.25. i) limx →∞ x a ii) iii) iv) v) = ∞ für a > 0. a limx →∞ x = 0 für a < 0. n n limx →−∞ x = (−1) ∞ für n ∈ N. a x = ∞ und limx →−∞ ea x = 0. Für a > 0 ist limx →∞ e limx →∞ ln(x ) = ∞ und limx →0 ln(x ) = −∞. Stetigkeit von Funktionen Math4Inf 254 / 567 Denition 10.26 [Stetigkeit]. Sei D ⊆ R, f :D→R eine Funktion, und sei x ? ∈ D. f heiÿt ∗ stetig im Punkt x , falls lim f (x ) x →x ? = f (x ∗ ), d.h. der Grenzwert limx →x ? f (x ) existiert und ist gleich f (x bedeutet, für jede Folge limn→∞ xn = ? x gilt (xn )n∈N0 , xn ∈ D \ lim f (xn ) n→∞ ? ). Dies {x ? }, mit = f ( lim xn ) = f (x ? ). n→∞ Ist die Funktion f in jedem Punkt ihres Denitionsbereiches D stetig, dann heiÿt f stetig. Stetigkeit von Funktionen Math4Inf 255 / 567 Bemerkung 10.27. Stetigkeit von f :D→R in x ? bedeutet also, dass für x in der ? ? Nähe von x auch f (x ) nahe an f (x ) ist. Genauer: Zu jedem δ>0 existiert ein >0 mit |f (x ) − f (x ? )| < δ Stetigkeit von Funktionen für alle x ∈D Math4Inf mit |x − x ? | < . 256 / 567 Beispiel 10.28. i) Jede konstante Funktion ist stetig. ii) f :R→R mit f (x ) =x ist stetig. : R → R mit f (x ) = bx c ist nicht stetig in z ∈ Z. bx c die gröÿte ganze Zahl kleiner oder gleich x . iii) f iv) f :R→R mit f (x ) = |x | ist stetig. −1, x < 0, f (x ) = 0, x = 0, 1, x > 0 v) f :R→R mit Hierbei ist ist nicht stetig im Punkt 0. Stetigkeit von Funktionen Math4Inf 257 / 567 Bemerkung 10.29. Die Exponentialfunktionen, die Logarithmusfunktionen, die Hyperbelfunktionen, sin(x ), cos(x ), oder auch Satz 10.30. Seien f (x ), g (x ) Funktionen, die in x √ x sind stetig. ? stetig sind. Dann sind auch die Funktionen α f (x ) mit α ∈ R, f (x ) ± g (x ), f (x ) , falls g (x ? ) 6= 0, g (x ) f (x ) · g (x ), ? stetig in x . Ist die Verknüpfung f (g (x )) der beiden Funktionen ? deniert, dann ist auch f (g (x )) stetig in x . Stetigkeit von Funktionen Math4Inf 258 / 567 Beispiel 10.31. i) Jedes Polynom ist stetig. ii) Alle rationalen Funktionen sind in ihrem Denitionsbereich stetig. iii) f : R \ { 0} → R mit f (x ) iv) f :R→R mit f (x ) v) f :R→R mit Stetigkeit von Funktionen = 1 /x ist stetig. 2 = |2 x − x | ist stetig. sin(5 cos (x 2 )+x 3 ) f (x ) = e ist stetig. Math4Inf 259 / 567 Satz 10.32 [Zwischenwertsatz]. : [a, b] → R stetig. Dann nimmt f jeden Wert zwischen f (a) und f (b ) an, d.h. für jedes y ∈ [f (a), f (b )] (bzw. y ∈ [f (b ), f (a)] falls f (b ) < f (a)) gibt es ein x ∈ [a, b ] mit f (x ) = y . Sei f f (b) y f (a) Stetigkeit von Funktionen x Math4Inf 260 / 567 Satz 10.33 [Weierstraÿ ]. 31 Jede auf einem abgeschlossenen Intervall [a, b ] stetige Funktion f : [a, b] → R nimmt auf diesem Intervall ihr Maximum und Minimum an, d.h. es gibt x̃ , x̂ ∈ [a, b] mit f (x̃ ) = max{f (x ) : x ∈ [a, b]}, und f (x̂ ) = min{f (x ) : x ∈ [a, b]}. 31 Karl Theodor Wilhelm Weierstraÿ 1815 - 1897 Stetigkeit von Funktionen Math4Inf 261 / 567 Dierenzierbarkeit I Denition 11.1 [Sekante]. Sei D ⊆R und sei f :D→R eine Funktion. Für x0 , x1 ∈D heiÿt die Gerade s (x ) = f (x0 ) + − f (x0 ) (x − x0 ) x1 − x0 f (x1 ) Sekante von f durch die Punkte (x0 , f (x0 )) und (x1 , f (x1 )). − f (x0 ) x1 − x0 f (x1 ) ist die Steigung der Sekante. Dierenzierbarkeit I Math4Inf 262 / 567 Denition 11.2 [Dierenzierbarkeit]. Sei D ⊆ R, f :D→R eine Funktion, und sei x ? ∈ D. f heiÿt ? dierenzierbar in x , wenn der Grenzwert (der Sekantensteigungen) lim f (x ) x →x ? x − f (x ? ) − x? 0 (x ? ) oder auch ? bezeichnet, und heiÿt Ableitung von f in x . Ist f in jedem ? Punkt x ∈ D dierenzierbar, dann heiÿt f dierenzierbar, und die existiert. In diesem Fall wird der Grenzwert mit f f ? x (x ) d d Funktion f :D→R heiÿt Ableitung von f . Für f bzw. einfach Ist f f x mit x 7→ f 0 (x ) 0 (x ) schreibt man auch d . d f x (x ) d d 0 eine stetige Funktion, dann heiÿt f stetig dierenzierbar. Dierenzierbarkeit I Math4Inf 263 / 567 Bemerkung 11.3. Ist f in x ? dierenzierbar, dann ist t (x ) = f (x ? ) + f 0 (x ? ) (x − x ? ), die Gleichung der Tangente durch x ∈ R, (x ? , f (x ? )). Beispiel 11.4. i) f (x ) ii) f (x ) iii) f (x ) =x =x = ist (stetig) dierenzierbar mit f 2 0 (x ) = 1. 0 ist (stetig) dierenzierbar mit f (x ) |x | ist nicht dierenzierbar in x ? = 2 x. = 0. Satz 11.5. Jede dierenzierbare Funktion ist stetig (aber nicht umgekehrt). Dierenzierbarkeit I Math4Inf 264 / 567 Satz 11.6. ⊆ R, Sei D und seien f ,g : D → R Funktionen, die in x dierenzierbar sind. Dann sind auch αf , f ± g, f ·g ? in x ∈D ? dierenzierbar, und es gilt: i) iii) (α f )0 (x ? ) = α f 0 (x ? ), (f ± g )0 (x ? ) = f 0 (x ? ) ± g 0 (x ? ), (f · g )0 (x ? ) = f 0 (x ? ) · g (x ? ) + f (x ? ) · g 0 (x ? ). Ist g (x ?) 6= 0, 0 f iv) g dann ist auch (x ? ) = f Ist die Verknüpfung f ist f ii) ◦ f g in x ? dierenzierbar mit 0 (x ? ) · g (x ? ) − f (x ? ) · g 0 (x ? ) . g (x ? )2 ◦g (Produktregel) deniert, und ist f in g (x (Quotientenregel) ? ) dibar, dann ? g in x dierenzierbar mit v) Dierenzierbarkeit I (f ◦ g )0 (x ? ) = f 0 (g (x ? )) · g 0 (x ? ). Math4Inf (Kettenregel) 265 / 567 Satz 11.7 [Ableitung elementarer Funktionen I]. Funktion Ableitung c 0 n x e x a , a x , (Konstante) x , n ∈ Z \ { 0 }, > 0, x > 0, a > 0, sin(x ) cos(x ) sin(x ) tan(x ) = cos(x ) Dierenzierbarkeit I a nx ex x a n −1 ln(a) a −1 ax cos(x ) − sin(x ) 1 cos2 ( Math4Inf x) 266 / 567 Bemerkung 11.8. Sei f :D→R dierenzierbar. f ist genau dann monoton steigend (bzw. fallend), falls f 0 f (x ) > 0 (x ) 0 0 (bzw. f (x ) ≥0 < 0) (bzw. f für alle x 0 (x ) ≤ 0) für alle x ∈ D . ∈ D , dann ist f streng Ist monoton steigend (bzw. fallend). Satz 11.9 [Ableitung der Umkehrfunktion]. ⊆ R, f : D → R eine stetige, streng monotone Funktion, und −1 : D̃ → R. Ist sei D̃ = f (D ). Dann existiert die Umkehrfunktion f ? 0 ? − 1 ? ? f in x dierenzierbar mit f (x ) 6= 0, so ist f in y = f (x ) Sei D dierenzierbar, und es gilt f Dierenzierbarkeit I −1 0 (y ? ) = 1 f 0 (x ? ) = Math4Inf 1 f 0 (f −1 (y ? )) 267 / 567 Satz 11.10 [Ableitung elementarer Funktionen II]. Funktion Ableitung ln(x ) x x 1 > 0, a 6= 1 arcsin(x ), x ∈ (−1, 1) arccos(x ), x ∈ (−1, 1) arctan(x ) loga (x ), a 1 ln( 1 a) 1−x 2 − √11−x 2 √ 1 1+ x2 Beispiel 11.11. lim n→∞ Dierenzierbarkeit I 1 + 1 n n = e. Math4Inf 268 / 567 Satz 11.12 [Regel von de l'Hospital ]. 32 Sei D ⊆ R, f , g : D → R dierenzierbar, und sei x ? ∈ D (±∞ zugelassen). Gilt lim f (x ) x →x ? = lim g (x ) x →x ? = 0, oder und existiert lim |f (x )| = lim |g (x )| = ∞, x →x ? x →x ? 0 f (x ) limx →x ? 0 g (x ) (±∞ zugelassen), dann lim f (x ) x →x ? g (x ) = lim x →x ? 32 Guillaume de l'Hospital, 1661-1704 Dierenzierbarkeit I Math4Inf f 0 (x ) g 0 (x ) gilt . 269 / 567 Beispiel 11.13. x ) = lim cos(x ) x →0 1 = 1. 2 2 −x limx →∞ x e = limx →∞ xe = limx →∞ 2e x = limx →∞ ln(x ) limx →0+ x ln(x ) = limx →0+ = limx →0+ −11//xx 2 = 1/x limx →0+ (−x ) = 0. 1. limx →0 2. 3. Dierenzierbarkeit I sin( x x x Math4Inf 2 ex = 0. 270 / 567 Denition 11.14 [Höhere Ableitungen]. Sei D ⊆R Ableitung f : D → R eine dierenzierbare Funktion. Ist : D → R in x ? ∈ D dierenzierbar, dann heiÿt und f 0 die (f 0 )0 (x ? ) ? und wird mit f 00 (x ? ) bezeichnet. ? Analog deniert man rekursiv die 3-te, 4-te usw. Ableitung in x . ? ( n ) ? Allgemein wird n-te Ableitung von f in x mit f (x ) bezeichnet. die zweite Ableitung von f in x Die Funktion selbst wird auch als 0-te Ableitung f Dierenzierbarkeit I Math4Inf (0) bezeichnet. 271 / 567 Denition 11.15 [Konvexe/konkave Funktionen]. Sei D ⊆ R. Eine Funktion f :D→R i) konvex in einem Intervall [a, b ] λ ∈ [0, 1] und alle f heiÿt ⊆ D, falls für alle x0 , x1 ∈ [a, b] gilt ((1 − λ) x0 + λ x1 ) ≤ (1 − λ) f (x0 ) + λ f (x1 ), d.h. die Sekante, die (x0 , f (x0 )) und (x1 , f (x1 )) verbindet, liegt in diesem Bereich oberhalb des Funktionsgraphen. ii) konkav in einem Intervall [a, b ] λ ∈ [0, 1] und alle f ⊆ D, falls für alle x0 , x1 ∈ [a, b] gilt ((1 − λ) x0 + λ x1 ) ≥ (1 − λ) f (x0 ) + λ f (x1 ), d.h. die Sekante, die (x0 , f (x0 )) und (x1 , f (x1 )) verbindet, liegt in diesem Bereich unterhalb des Funktionsgraphen. Dierenzierbarkeit I Math4Inf 272 / 567 Satz 11.16. Sei D ⊆R und f :D→R in [a, b ] ⊆D zweimal dierenzierbar. Dann gilt i) f ist konvex in [a, b ] genau dann, wenn f 00 (x ) x ∈ [a, b], ii) f ist konkav in [a, b ] genau dann, wenn f 00 (x ) x ∈ [a, b], Dierenzierbarkeit I ≥0 für alle d.h. die erste Ableitung ist monoton steigend. ≤0 für alle d.h. die erste Ableitung ist monoton fallend. Math4Inf 273 / 567 Denition 11.17 [lokale/globale Extrema]. Sei D ⊆R und f :D→R eine Funktion. x i) lokales (relatives) Maximum, falls ein f (x ) ≤ f (x ? ) für alle x ≥ f (x ? ) für alle x ∈D >0 heiÿt existiert, so dass ∈ (x ? − , x ? + ) ∩ D . ii) lokales (relatives) Minimum, falls ein f (x ) ? >0 existiert, so dass ∈ (x ? − , x ? + ) ∩ D . iii) globales Maximum, falls f (x ) ≤ f (x ? ) für alle x ∈ D. für alle x ∈ D. iv) globales Minimum, falls f (x ) ≥ f (x ? ) v) Lokale/globale Minima oder Maxima werden als lokale/globale Extrema bzw. Extremwerte der Funktion bezeichnet. Dierenzierbarkeit I Math4Inf 274 / 567 Satz 11.18 [Kriterium für lokale Extrema]. ∈ (a, b). Ist x ? ein 0 ? lokales Minimum oder Maximum, dann gilt f (x ) = 0. ? Sei f : [a, b ] → R zweimal dierenzierbar, und sei x ∈ (a, b ). I Ist f 0 (x ? ) = 0 und f 00 (x ? ) < 0, dann ist x ? ein lokales Maximum. I Ist f 0 (x ? ) = 0 und f 00 (x ? ) > 0, dann ist x ? ein lokales Minimum. i) Sei f ii) : [a, b] → R dierenzierbar, und sei x ? Satz 11.19. Sei f : [a, b] → R n-mal = 0 und f (n) (x ? ) 0 ? f (x ) dierenzierbar, und sei x ? ∈ (a, b). Sei die erste Ableitung, die an der Stelle x (i ) (x ? ) nicht gleich 0 ist, d.h., f (n) (x ? ) 6= 0. f = 0, 1 ≤i ≤n−1 ? und Ist n gerade und i) f (n) (x ? ) ii) f (n) (x ? ) Dierenzierbarkeit I < 0, dann ist x ? ein lokales Maximum. > 0, dann ist x ? ein lokales Minimum. Math4Inf 275 / 567 Denition 11.20 [Wendepunkte, Sattelpunkte]. : [a, b] → R eine Funktion. x ? ∈ (a, b) heiÿt Wendepunkt, ? ? wenn es ein > 0 gibt, so dass f in [x − , x ] konkav und in [x ? , x ? + ] konvex ist (oder umgekehrt). ? 0 ? Ist f in x dierenzierbar, und gilt zudem f (x ) = 0, dann wird Sei f der Wendepunkt auch Sattelpunkt genannt. Dierenzierbarkeit I Math4Inf 276 / 567 Satz 11.21 [Kriterium für Wendepunkte]. i) Sei f : [a, b] → R zweimal dierenzierbar, und sei x ? 00 ? Ist x ein Wendepunkt, dann gilt f (x ) ? ∈ (a, b). = 0. : [a, b] → R dreimal dierenzierbar, und sei x ? ∈ (a, b). 00 ? 000 ? ? f (x ) = 0 und f (x ) 6= 0, dann ist x ein Wendepunkt. ii) Sei f Ist Satz 11.22. : [a, b] → R n-mal 0 ? (n) (x ? ) f (x ) = 0 und f Sei f dierenzierbar, und sei x ∈ (a, b). Sei die erste Ableitung, die an der Stelle x (i ) (x ? ) nicht gleich 0 ist, d.h., f ( n ) ? f (x ) 6= 0. Ist n ungerade, dann ist x Dierenzierbarkeit I ? = 0, 1 ≤i ≤n−1 ? und ? ein Sattelpunkt. Math4Inf 277 / 567 Bemerkung 11.23. Maxima und Minima am Rand eines Intervalls können i.A. nicht mit Hilfe der Dierentialrechnung bestimmt werden. Beispiel 11.24. Sei f : [0, 1] → R mit f (x ) = x. Dann ist das globale Maximum bei 1 und das globale Minimum bei 0, aber in beiden Punkten ist die Ableitung gleich 1. Bemerkung 11.25. Um alle Maxima und Minima einer Funktion zu bestimmen, müssen die Randpunkte und alle Punkte, in denen die Funktion nicht dierenzierbar ist, gesondert untersucht werden. Beispiel 11.26. Sei f : [−1, 1] → R mit( f (x ) Dierenzierbarkeit I = + x, −1 ≤ x ≤ 0, 2 1 − x + x , 0 ≤ x ≤ 1. 1 Math4Inf 278 / 567 Satz 11.27 [Satz von Rolle ]. 33 Sei f : [a, b] → R eine dierenzierbare Funktion, mit f (a) ? Dann gibt es ein x ∈ (a, b) 0 ? mit f (x ) = f (b). = 0. Satz 11.28 [Mittelwertsatz der Dierentialrechnung]. : [a, b] → R ∈ (a, b) mit Sei f ? x eine dierenzierbare Funktion. Dann gibt es ein f 0 (x ? ) = f (b ) b − f (a) . −a Satz 11.29. : [a, b] → R eine dierenzierbare x ∈ (a, b ). Dann ist f konstant. Sei f alle Funktion. mit f 0 (x ) =0 für Satz 11.30. Sei f :R→R eine dierenzierbare Funktion, und für eine Konstante c gelte f c x. f (x ) = f (0)e 0 (x ) = c f (x ) 33 Michel Rolle, 16521719 Dierenzierbarkeit I für alle x Math4Inf ∈ R. Dann ist 279 / 567 Bemerkung 11.31 [Interpolationspolynom]. : [a, b] → R eine Funktion, n ∈ N, und seien xi ∈ [a, b], i = 0, . . . , n, mit a = x0 < x1 < x2 < · · · < xn−1 < xn = b Stützstellen. Dann existiert ein eindeutiges Polynom p (x ) vom Grad ≤ n mit p (xi ) = f (xi ), 0 ≤ i ≤ n. n n−1 + · · · + a1 x + a0 . Aus den Ansatz: Sei p (x ) = an x + an−1 x Bedingungen p (xi ) = f (xi ), 0 ≤ i ≤ n, erhält man n + 1 lineare Gleichungen für die n + 1 Unbekannten a0 , a1 , . . . , an , und somit Sei f ein lineares Gleichungssystem, das z.B. mit dem Gauÿalgorithmus gelöst werden kann. Dierenzierbarkeit I Math4Inf 280 / 567 Beispiel 11.32. Sei f : [−1, 1] → R äquidistanten Stützstellen f (x ) Dierenzierbarkeit I = (1 + 25 x 2 )−1 . Wir betrachten xi = −1 + 2 · k /12, k = 0, . . . , 12. mit f (x ) die Interpolationspolynom Math4Inf 281 / 567 Bemerkung 11.33 [Kubische Splines]. : [a, b] → R eine Funktion, n ∈ N, und seien xi ∈ [a, b], = 0, . . . , n, mit a = x0 < x1 < x2 < · · · < xn−1 < xn = b Stützstellen. Gesucht ist nun auf jedem Intervall [xi , xi +1 ], i = 0, . . . n − 1 ein Polynom pi vom Grad ≤ 3, so dass Sei f i i) pi (xi ) = f (xi ) und pi (xi +1 ) ii) pi0 (xi +1 ) 0 p = i +1 (xi +1 ), iii) pi00 (xi +1 ) = pi00+1 (xi +1 ), 0 = f (xi +1 ), 0 ≤ i ≤ n − 1. ≤ i ≤ n − 2. (gleiche Steigung an den Stützstellen). 0 ≤ i ≤ n − 2. (gleiche Krümmung an den Stützstellen). iv) p000 (x0 ) = pn00−1 (xn ) = 0 (Konvention). Zum Berechnen der pi wählt man den Ansatz: pi (x ) = f (xi )+αi (x −xi )+βi (x −xi ) (x −xi +1 )+γi (x −xi )2 (x −xi +1 ), und gewinnt aus den Bedingungen i)-iv) Bedingungen für die αi , βi , γi . Dierenzierbarkeit I Math4Inf 282 / 567 Beispiel 11.34. Sei f : [−1, 1] → R äquidistanten Stützstellen f (x ) Dierenzierbarkeit I = (1 + 25 x 2 )−1 . Wir betrachten xi = −1 + 2 · k /12, k = 0, . . . , 12. mit f (x ) die Kubisches Spline Math4Inf 283 / 567 Bemerkung 11.35 [Regula-Falsi]. ⊆ R und f : D → R eine stetige Funktion. Seien x0 , x1 ∈ D · f (x1 ) < 0, d.h. f (x0 ) und f (x1 ) haben verschiedenes ? ? Vorzeichen. Dann gibt es x ∈ (x0 , x1 ) mit f (x ) = 0. Zum iterativen Bestimmen einer Nullstelle in [x0 , x1 ] Sei D mit f (x0 ) i) betrachtet man die Sekante s (x ) = f (x0 ) + − f (x0 ) (x − x0 ) x1 − x0 f (x1 ) und berechnet ihren Schnittpunkt x2 mit der x x2 = x1 − f (x1 ) · − Achse , also − x0 . f (x1 ) − f (x0 ) x1 ii) Ist f (x2 ) = 0, dann hat man eine Nullstelle gefunden. Ist · f (x0 ) < 0 dann wendet man nun wiederum i) mit x0 , x2 sonst mit x1 , x2 . f (x2 ) an, Dierenzierbarkeit I Math4Inf 284 / 567 Bemerkung 11.36 [Newtonverfahren]. ⊆R ∈ D. Sei D x0 und f :D→R eine dierenzierbare Funktion, und sei Zum iterativen Bestimmen einer Nullstelle von f i) betrachtet nun die Tangente in x0 t (x ) = f (x0 ) + f 0 (x0 ) (x − x0 ) und berechnet ihren Schnittpunkt x1 mit der x x1 ii) Ist f (x1 ) = 0, = x0 − f (x0 ) f 0 (x0 ) − Achse , also (f 0 (x0 ) 6= 0). dann hat man eine Nullstelle gefunden. Ansonsten wendet man i) mit x1 an, also allgemein xn Dierenzierbarkeit I = xn−1 − f (xn−1 ) f 0 (xn−1 ) Math4Inf (f 0 (xn−1 ) 6= 0). 285 / 567 Beispiel 11.37. Sei a >0 und f :R→R mit f (x ) = x2 − a und sei x0 >0 beliebig. Dann ergibt das Newtonverfahren die Folge 2 xn = xn−1 − xn−1 −a 2 xn−1 = 1 2 xn−1 + a xn−1 . Dies ist die Heron'sche Folge (siehe 9.18). Bemerkung 11.38. Im Gegensatz zur Regula-Falsi muss das Newtonverfahren (im Allgemeinen) nicht konvergieren. Dierenzierbarkeit I Math4Inf 286 / 567 Denition 11.39 [Fixpunkt]. Sei D ⊆ R, und sei f Fixpunkt von f , falls Funktion. x ? ∈D eine Funktion. x ? ∈ D ist Fixpunkt − x ist. : D → R eine ? ? f (x ) = x . heiÿt Bemerkung 11.40. Sei D ⊆ R, und sei f :D→R ? genau dann, wenn x Nullstelle der Funktion f (x ) Denition 11.41 [Kontraktion]. : [a, b] → R ∈ [a, b] gilt: Sei f x, y eine Funktion, und sei c < 1, so dass für alle |f (x ) − f (y )| ≤ c |x − y |. Dann heiÿt f eine Kontraktion auf [a, b ]. Bemerkung 11.42. < 1, und sei f : [a, b] → R eine dierenzierbare Funktion mit |f 0 (x )| ≤ c für alle x ∈ [a, b]. Dann ist f eine Kontraktion auf [a, b]. Sei c Dierenzierbarkeit I Math4Inf 287 / 567 Satz 11.43 [Fixpunktsatz von Banach ]. 34 : [a, b] → R eine Kontraktion, und sei x ? ∈ [a, b] ein Fixpunkt. Für jeden Startwert x0 ∈ [a, b ] konvergiert die Folge xn = f (xn−1 ) ? ? gegen x . Zudem ist x der einzige Fixpunkt von f in [a, b ]. Sei f 34 Stefan Banach, 1892-1945 Dierenzierbarkeit I Math4Inf 288 / 567 Taylor- und Potenzreihen Denition 12.1 [Taylorpolynom ]. 35 Sei D ? x ⊆ R, ∈D Tn (x ) und sei f :D→R eine Funktion, die an der Stelle mindestens n-mal dierenzierbar ist. Dann heiÿt = n (k ) ? X (x ) f k =0 k! (x − x ? )k = f (x ? ) + f 0 (x ? ) (x − x ? ) + f 00 (x ? ) 2 (x − x ? )2 + · · · + f (n) (x ? ) n! (x ? das zu f gehörige Taylorpolynom vom Grad n an der Stelle x , ? bzw. mit Entwicklungspunkt x . Man schreibt daher auch ? manchmal Tn (x ; x ). 35 Brook Taylor, 1685-1731 Taylor- und Potenzreihen Math4Inf 289 / 567 Bemerkung 12.2. T1 (x ) ist gerade die Tangente an der Stelle x ? (siehe 11.3). Beispiel 12.3. Sei f (x ) = sin(x ). f (k ) Dann ist ( (−1)k /2 sin(x ) :k (x ) = ( k − 1)/2 (−1) cos(x ) :k gerade ungerade . = 0 ergibt sich somit f (k ) (0) = 0, = (−1)(k −1)/2 für k ungerade. Damit ist ? sin(x ) an der Stelle x = 0 gegeben durch Für den Entwicklungspunkt x ? (k ) (0) falls k gerade und f das Taylorpolynom von Tn (x ) =x− x 3 3! + b(n−1)/2c = X k =0 Taylor- und Potenzreihen x 5 5! − (−1)k · x 7 7! + · · · + (−1)b(n−1)/2c x 2 k +1 (2 k + 1)! Math4Inf x n n! . 290 / 567 Bemerkung 12.4. ⊆ R, und sei f : D → R eine Funktion, die an der Stelle ∈ D mindestens n-mal dierenzierbar ist. Dann ist Tn (x ) das Sei D x ? eindeutig bestimmte Polynom g vom Grad n mit der Eigenschaft, dass g Taylor- und Potenzreihen (k ) (x ? ) = f (k ) (x ? ), k = 0, . . . , n . Math4Inf 291 / 567 Denition 12.5 [Restglied]. ⊆ R, und sei f : D → R eine Funktion, die an der Stelle ∈ D mindestens n-mal dierenzierbar ist. Der Fehler Sei D x ? Rn (x ) = f (x ) − Tn (x ) heiÿt Restglied. Satz 12.6 [Taylor]. Sei D ⊆ R, und sei f :D→R (n + 1)-mal eine stetig dierenzierbare Funktion. Dann gilt: |Rn (x )| = |f (x ) − Tn (x ? ; x )| ≤ wobei M so gewählt ist, dass |f Taylor- und Potenzreihen M (n + 1)! (n+1) (x )| ≤M Math4Inf |x − x ? |n+1 , für alle x ∈ D. 292 / 567 Beispiel 12.7. : R → R mit f (x ) = sin(x ), x ? = 0 und n = 11. Dann (12) (x ) = sin(x ), und somit gilt die Fehlerabschätzung f Sei f |R11 (1/2)| = | sin(1/2) − T11 (0; 1/2)| ≤ Taylor- und Potenzreihen Math4Inf 1 (12)! ist |1/2|12 < 10−12 . 293 / 567 Denition 12.8 [Landausymbole ]. 36 Sei D ⊆ R, seien f , g : D → R, und sei x ? ∈ D. i) f heiÿt von Ordnung groÿ O von g für x gegen x ? falls es Konstanten M > 0, δ > 0 gibt, so dass für x ∈ (x ? − δ, x ? + δ) gilt f (x ) g (x ) < M . Man schreibt dann f = O(g ) für x → x ?. In diesem Fall wächst f höchstens so schnell wie g . Die Bedingung ist | gf ((xx )) | < M gilt. = O(g ) für x → x ? falls f (x ) < M. lim x →x ? g (x ) sicherlich erfüllt, falls limx →x ? dann schreibt man f 36 Edmund Georg Hermann Landau, 1877-1938 Taylor- und Potenzreihen Math4Inf Ist x ? = ±∞, 294 / 567 ii) f heiÿt von Ordnung klein o von g für x gegen x ? falls f (x ) = 0. lim x →x ? g (x ) Man schreibt dann f = o (g ) für x → x ?. In diesem Fall wächst f (echt) langsamer als g . Taylor- und Potenzreihen Math4Inf 295 / 567 Bemerkung 12.9. Mit dieser Notation ist also f (x ) Taylor- und Potenzreihen = Tn (x ) + O((x − x ? )n+1 ). Math4Inf 296 / 567 Denition 12.10 [Taylorreihe]. Sei D ⊆ R, und sei f ? Funktion. Sei x :D→R ∈ D. eine beliebig oft dierenzierbare Die Reihe T∞ (x ) = ∞ (k ) (x ? ) X f k! k =0 (x − x ? )k ? heiÿt Taylorreihe mit Entwicklungspunkt x . Man schreibt auch manchmal T∞ (x ? ; x ). Beispiel 12.11. Sei f (x ) = 1 1− x und es ist f (x ) Taylor- und Potenzreihen und x ? = 0. = T∞ (x ) Dann ist n X T∞ (x ) = für |x | <1 x k, k =0 (siehe 9.24). Math4Inf 297 / 567 Denition 12.12 [Potenzreihen]. (an )n∈N0 eine Folge reeller (bzw. komplexer) Zahlen (bzw. ∈ C). Für x ∈ R (bzw. ∈ C) heiÿt die Reihe Sei ∞ X k =0 ak (x und x ? ∈R − x ? )k ? Potenzreihe mit Entwicklungspunkt x . Bemerkung 12.13. Jede Taylorreihe ist eine Potenzreihe. Lemma 12.14. P∞ ? k k =0 ak (x − x ) für (absolut) für alle x ∈ R mit Konvergiert die Potenzreihe dann konvergiert sie ein x1 ∈ R, |x − x ? | < |x1 − x ? |. Taylor- und Potenzreihen Math4Inf 298 / 567 Denition 12.15 [Supremum/Inmum]. Sei A a ≤u ⊆ R. für alle a A, falls l i) s Ein Element u ≤a ∈R ∈ A. ∈R heiÿt obere Schranke von A, falls Ein Element l für alle a ∈R heiÿt untere Schranke von ∈ A. heiÿt Supremum von A im Zeichen s = sup A, falls s die kleinste obere Schranke von A ist. ii) r ∈R heiÿt Inmum von A im Zeichen r = inf A, falls r die gröÿte untere Schranke von A ist. iii) Falls keine oberen (unteren) Schranken existieren, dann setzt man sup A iv) Ist s =∞ (inf A = sup A < ∞ = −∞). und s ∈ A, dann heiÿt s maximales Element (Maximum) von A, und man schreibt s v) Ist r = inf A > −∞ und r ∈ A, dann heiÿt r minimales Element (Minimum) von A, und man schreibt r Taylor- und Potenzreihen = max A. Math4Inf = min A. 299 / 567 Beispiel 12.16. 1. Sei A = (0, 1). Dann ist sup A =1 und inf A 2. Sei A = [0, 1]. Dann ist max A =1 und min A 3. inf N=1 Taylor- und Potenzreihen und sup N = 0. = 0. = ∞. Math4Inf 300 / 567 Denition 12.17 [Konvergenzbereich, -radius]. ? Folge reeller Zahlen, x ∈ R, und P∞(an )n∈N0 eine ? k k =0 ak (x − x ) die zugehörige Potenzreihe. Sei C = {x ∈ R : ∞ X k =0 ak (x − x ? )k konvergiert } heiÿt Konvergenzbereich der Potenzreihe, und ρ = sup{|x − x ? | : x ∈ C } heiÿt der Konvergenzradius der Potenzreihe. Beispiel 12.18. Für die Potenzreihe C Taylor- und Potenzreihen P∞ k k =0 x (Entwicklungspunkt x = {x ∈ R : |x | < 1} und Math4Inf ? = 0) ist ρ = 1. 301 / 567 SatzP 12.19. Sei ∞ k =0 ak (x − x ? )k eine Potenzreihe mit Konvergenzradius ρ. Dann ist die Reihe i) absolut konvergent für alle x ii) divergent für alle x SatzP 12.20. Sei ∞ k =0 ak (x und es sei ak − x ? )k 6= 0 ∈R ∈R mit |x − mit |x ? x | − x ? | < ρ, und > ρ. eine Potenzreihe mit Konvergenzradius für fast alle k ∈ N0 . ρ, Existiert der Grenzwert limk →∞ |ak /ak +1 | (∞ zugelassen), dann ist ak . ρ = lim k →∞ ak +1 Taylor- und Potenzreihen Math4Inf 302 / 567 Beispiel 12.21. P∞ 1 k k =1 k x , also ak = 1/k , ist ak = lim k + 1 = 1. lim k →∞ ak +1 k →∞ k Für die Potenzreihe ρ = 1, und die Reihe konvergiert {x ∈ R : |x | < 1}. Am Rand dieses Bereiches erhalten wir für = 1 die divergente harmonische Reihe, und für x = −1 die Somit ist der Konvergenzradius für x konvergente alternierende harmonische Reihe (siehe 9.22, 9.31). Also ist der Konvergenzbereich dieser Reihe gegeben durch C Taylor- und Potenzreihen = {x ∈ R : −1 ≤ x < 1}. Math4Inf 303 / 567 SatzP 12.22. Sei ∞ k =0 ak (x − x ? )k eine Potenzreihe mit Konvergenzradius Existiert der Grenzwert limk →∞ ρ= Beispiel 12.23. Für die Potenzreihe k |ak | (∞ 1 limk →∞ Ist der Grenzwert 0, dann ist bestimmte Divergenz), dann p p k |ak | ρ = ∞, und ist ρ = 0. ρ. zugelassen), dann gilt . ist der Grenzwert ∞ (also P∞ k k k k =0 k x , also ak = k , ist p |ak | = lim k = ∞. lim k →∞ k →∞ k Somit ist der Konvergenzradius nur für x ρ = 0, d.h. die Reihe konvergiert = 0. Taylor- und Potenzreihen Math4Inf 304 / 567 Bemerkung 12.24. i) Vorsicht! Auch wenn die Taylorreihe T∞ (x ) einer Funktion f (x ) an einer Stelle x̂ konvergiert, muss nicht unbedingt gelten: T∞ (x̂ ) = f (x̂ ). ii) Die Taylorreihe konvergiert genau für diejenigen x aus dem Konvergenzbereich gegen f (x ), für die das Restglied aus (12.5) gegen 0 konvergiert mit n Taylor- und Potenzreihen → ∞. Math4Inf 305 / 567 Satz 12.25. Einige Taylorreihen und ihr Konvergenzradien i) 1 1 x= iii) e = −x ii) ln(x ) ∞ X = k, x ? k =0 ∞ X (−1)k −1 k =1 ∞ X 1 k =0 iv) sin(x ) = v) cos(x ) = Taylor- und Potenzreihen x k! x k k, ∞ X x ? k =0 = 0, ρ = 1, (x − 1)k , (2 k )! x ? = 1, ρ = 1, x ? = 0, ρ = ∞, = 0, ρ = ∞, (−1)k 2 k +1 x , (2 k + 1)! k =0 ∞ X (−1)k ρ: x 2 k, x ? Math4Inf = 0, ρ = ∞, 306 / 567 Satz 12.26. Eine Potenzreihe g (x ) = P∞ ? k k =0 ak (x − x ) ist innerhalb ihres Konvergenzbereiches beliebig oft stetig dierenzierbar. Die Ableitungen können durch gliedweises Dierenzieren erhalten werden, d.h. g 0 (x ) = ∞ X k =1 k ak (x −x ? )k −1 = und der Konvergenzbereich von g ∞ X k =0 (k + 1) ak +1 (x − x ? )k , 0 (x ) ist gleich dem Konvergenzbereich von g (x ). Taylor- und Potenzreihen Math4Inf 307 / 567 Beispiel 12.27. cos(x ) 0 = (sin(x )) = ∞ X (−1)k 2 k +1 x (2 k + 1)! !0 k =0 ∞ X (−1)k 2k (2 k + 1) = x (2 k + 1)! k =0 ∞ X (−1)k 2 k = x . (2 k )! k =0 Taylor- und Potenzreihen Math4Inf 308 / 567 Integralrechnung I Denition 13.1 [Zerlegung]. ⊂ R ein Intervall. Eine Menge Z = {x0 , x1 , . . . , xn } mit = x0 < x1 < x2 · · · < xn = b heiÿt Zerlegung von [a, b] bzgl. den Stützstellen x0 , x1 , . . . , xn . Sei [a, b ] a Denition 13.2 [Ober-, Untersumme]. : [a, b] → R eine beschränkte Funktion, und sei = {x0 , . . . , xn } eine Zerlegung von [a, b]. Dann heiÿt Pn−1 1. Uf (Z ) = i =0 (xi +1 − xi ) · inf {f (x ) : x ∈ [xi , xi +1 ]} Sei f Z Untersumme von f bzgl. Z . 2. Of (Z ) = Pn−1 i =0 (xi +1 − xi ) · sup{f (x ) : x ∈ [xi , xi +1 ]} Obersumme von f bzgl. Z . Integralrechnung I Math4Inf 309 / 567 Bemerkung 13.3. Sei f : [a, b] → R eine beschränkte Funktion. 1. Für jede Zerlegung Z von [a, b ] gilt Uf (Z ) 2. Sind Z1 , Z2 Zerlegungen von [a, b ] mit Z1 Uf (Z2 ) ≥ Uf (Z1 ) und ≤ Of (Z ). ⊆ Z2 , Of (Z2 ) dann gilt ≤ Of (Z1 ). 3. Für zwei beliebige Zerlegung Z1 , Z2 von [a, b ] gilt Uf (Z1 ) ≤ Of (Z2 ). Bemerkung 13.4. Insbesondere sind Untersummen nach oben beschränkt, und Obersummen nach unten. Integralrechnung I Math4Inf 310 / 567 Denition 13.5 [(Riemann )-Integral]. 37 Sei f : [a, b] → R 1. Uf eine beschränkte Funktion. = sup{Uf (Z ) : Z Zerlegung von [a, b ]} heiÿt (Riemann'sches) Unterintegral von f über [a, b ]. 2. Of = inf {Of (Z ) : Z Zerlegung von [a, b ]} heiÿt (Riemann'sches) Oberintegral von f über [a, b ]. 3. f heiÿt (Riemann-) integrierbar, falls Uf = Of . 4. Ist f (Riemann-) integrierbar, dann heiÿt das Unterintegral Uf (bzw. Oberintegral Of ) das (Riemann-) Integral von f (x ) über [a, b] und wird mit Z b a f (x ) dx bezeichnet. Abkürzend schreibt man auch nur 37 Georg Friedrich Bernhard Riemann, 1826-1866 Integralrechnung I Math4Inf Rb a f. 311 / 567 Notation 13.6. Rb Für ein Integral a f (x ) dx heiÿt die Funktion f der Integrand, x heiÿt die Integrationsvariable und a, b heiÿen die Integrationsgrenzen. Integralrechnung I Math4Inf 312 / 567 Satz 13.7. Seien f , g : [a, b] → R integrierbar über [a, b ], und sei α ∈ R. Dann gilt i) αf und f +g sind integrierbar, und es ist: Z b a ii) f ·g Z b αf = α a Z b f und a Z b (f + g ) = a Z b f + a g. ist integrierbar. Bemerkung 13.8. , g : [a, b] → R integrierbar ∈ [a, b], dann ist Seien f alle x Z b a Insbesondere ist im Falle f (x ) Rb a f ≥ 0. Integralrechnung I f ≤ ≥0 über [a, b ]. Ist f (x ) ≤ g (x ) für Z b a g. für alle x Math4Inf ∈ [a, b], auch 313 / 567 Lemma 13.9. : [a, b] → R Sei f eine beschränkte Funktion, und sei c ∈ [a, b]. Dann ist f über [a, b ] integrierbar, genau dann wenn f sowohl über [a, c ] als auch über [c , b ] integrierbar ist, und es gilt dann: Z b a Z c f = a Z b f + c f . Lemma 13.10. Sei f : [a, b] → R beschränkt. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent: i) f ist integrierbar über [a, b ]. ii) Zu jedem Of (Z ) Integralrechnung I > 0 existiert − Uf (Z ) < . eine Zerlegung Z von [a, b ], so dass Math4Inf 314 / 567 Beispiel 13.11. Nicht jede beschränkte Funktion ist integrierbar. Sei f ( mit f (x ) = ∈Q 0, x 1, sonst . Dann ist Uf =0 und Of : [0, 1] → R = 1. Satz 13.12. Sei f : [a, b] → R eine Funktion. i) Ist f monoton, dann ist f integrierbar. ii) Ist f stetig, dann ist f integrierbar. Integralrechnung I Math4Inf 315 / 567 Satz 13.13 [Mittelwertsatz der Integralrechnung]. Es seien f für alle x , g : [a, b] → R stetige Funktionen, und es ∈ [a, b]. Dann gibt es ein x ? ∈ [a, b] mit Z b a (f · g )(x ) dx = f (x ? ) · Z b a Korollar 13.14. Sei f : [a, b] → R stetig. Dann gibt es ein x Z b a f (x ) dx ? sei g (x ) ≥0 g (x ) dx . ∈ [a, b] mit = f (x ? ) · (b − a). Denition 13.15. Sei f : [a, b] → R Z c Integralrechnung I c integrierbar. Dann setzen wir f (x ) dx Z c =0 und d f (x ) dx Math4Inf =− Z d c f (x ) dx 316 / 567 Denition 13.16 [Stammfunktion]. Seien f 0 F , F : [a, b] → R =f, zwei Funktion. Ist F dierenzierbar mit dann heiÿt F Stammfunktion von f . Satz 13.17 [Hauptsatz der Dierential- und Integralrechnung]. : [a, b] → R eine : [a, b] → R mit Sei f F stetige Funktion. Die Funktion Z x F (x ) = a f (t ) dt ist Stammfunktion von f . Integralrechnung I Math4Inf 317 / 567 Lemma 13.18. : [a, b] → R eine Stammfunktion der Funktion f : [a, b] → R. : [a, b] → R genau dann eine (weitere) Stammfunktion von f , wenn es ein c ∈ R gibt, mit G (x ) = F (x ) + c für alle x ∈ [a, b ]. Sei F Dann ist G Die Stammfunktion ist also nur bis auf eine Konstante eindeutig bestimmt. Korollar 13.19. Sei f : [a, b] → R Dann gilt: stetig, und sei F eine Stammfunktion von f . Z b a Integralrechnung I f (x ) dx = F (b) − F (a). Math4Inf 318 / 567 Notation 13.20. Sei F Stammfunktion von f : [a, b] → R. Dann setzt man b = F (b) − F (a). a F (x ) Integralrechnung I Math4Inf 319 / 567 Denition 13.21 [Bestimmtes und Unbestimmtes Integral]. Sei f : [a, b] → R integrierbar. Eine Stammfunktion F von f heiÿt auch unbestimmtes Integral von f und wird mit Z f (x ) dx (bzw. R f ) bezeichnet. Manchmal versteht man unter dem unbestimmten Integral auch die Menge aller Stammfunktionen, und schreibt (relativ unpräzise) Z f (x ) dx = F (x ) + C , wobei F eine Stammfunktion ist, und C deutet die Menge aller Konstanten an. Hingegen nennt man das Integral Rb a f (x ) dx mit gegebenen Integrationsgrenzen a, b auch bestimmtes Integral. Integralrechnung I Math4Inf 320 / 567 Beispiel 13.22. Für n ∈ N0 ist Z x Integralrechnung I n dx = x n +1 n +1 Math4Inf (+C ). 321 / 567 Satz 13.23. P Sei f (x ) = ∞ k =0 ak (x Konvergenzradius ρ. − x ? )k eine Potenzreihe mit Dann ist auch die Funktion F (x ) die durch gliedweises Integrieren der Potenzreihe entsteht, d.h. F (x ) = ∞ X k =0 konvergent in ak k +1 (x − x ? )k +1 , {x ∈ R : |x − x ? | < ρ}, und F (x ) ist Stammfunktion von f (x ). Integralrechnung I Math4Inf 322 / 567 Satz 13.24 [Einige Stammfunktionen]. Funktion Stammfunktion ∈R ∈ R, a 6= −1 x 6= 0 c , wobei c a x , a x −1 , ex x a , ∈ R, sin(x ) cos(x ) Integralrechnung I a a >0 ·x x +1 a +1 ln(|x |) ex a ln(a) − cos(x ) sin(x ) c a x Math4Inf 323 / 567 Satz 13.25 [Substitutionsregel]. Sei g : [a, b] → R stetig dierenzierbar, und f stetige Funktion mit Stammfunktion F . Dann Stammfunktion von (f ◦ g ) · g 0 (x ) Z b f (g (x )) a Hier wurde y = g (x ) 0 : g ([a, b]) → R ist F ◦ g eine und es gilt · g (x ) dx = Z g (b ) g (a ) f (y ) dy . substituiert, und mit der informellen Schreibweise dy dx = dg dx = g 0 (x ) bzw. dy = g 0 (x )dx kann man sich auch (für das unbestimmte Integral) merken Z f (g (x )) Integralrechnung I · g 0 (x ) dx = Math4Inf Z f (y ) dy . 324 / 567 Beispiele 13.26. R 2/π − sin(x12/x ) dx . : [1/π, 2/π] → R mit g (x ) = 1/x . Dann ist 0 2 g stetig dierenzierbar mit Ableitung g (x ) = −1/x . Die Funktion f (x ) = sin x ist auf [π/2, π] = g ([1/π, 2/π]) stetig mit Stammfunktion − cos x . Somit ist Z 2/π Z 2/π sin(1/x ) 0 − f (g (x )) · g (x ) dx dx = 2 1/π 1/π Sei g x 1/π Z g (2/π) = Z f (y ) dy = π/2 sin y dy π g (1/π) Z π π sin y dy = cos(y ) =− π/2 π/2 = cos(π) − cos(π/2) = −1. Integralrechnung I Math4Inf 325 / 567 Bemerkung 13.27. Z f 0 (x ) f (x ) = ln(|f (x )|) + C . Beispiel 13.28. Z b a Integralrechnung I tan x dx Z b = a sin x cos x dx b = − ln(| cos x |) . a Math4Inf 326 / 567 Satz 13.29 [Partielle Integration]. Es sei g : [a, b] → R stetig dierenzierbar und f mit Stammfunktion F . Dann ist F f · g + F · g0 Z b a f (x ) ·g : [a, b] → R stetig Stammfunktion von und es gilt b Z b 0 · g (x ) dx = (F (x ) · g (x )) − F (x ) · g (x ) dx . a a Bzw. man kann sich diese Regel auch merken als Z u Integralrechnung I 0 ·v Z = (u · v ) − Math4Inf u · v 0. 327 / 567 Beispiel 13.30. Rb a cos(x ) · x dx . Mit g (x ) = x , f (x ) = cos(x ) 0 g (x ) = 1, F (x ) = sin(x ) erhalten wir 1. Wir betrachten und so Z b a cos(x ) · x dx = Z b a f (x ) · g (x ) dx b Z b 0 = (F (x ) · g (x )) − F (x ) · g (x ) dx a a b Z b sin(x ) dx = (sin(x ) · x ) − a a = (sin(b) b − sin(a) a) − (− cos(b) + cos(a)) = sin(b) b − sin(a) a + cos(b) − cos(a). Insbesondere ist sin(x ) x + cos(x ) (eine) Stammfunktion von cos(x ) x . Integralrechnung I Math4Inf 328 / 567 Rb a ln(x ) dx . Mit g (x ) = ln(x ), f (x ) = 1 0 g (x ) = 1/x , F (x ) = x erhalten wir 2. Wir betrachten so Z b a ln(x ) dx Z b = a · g (x ) dx b Z b 0 = (F (x ) · g (x )) − F (x ) · g (x ) dx a a b Z b 1 x · = (x ln(x )) − dx x a a = (b ln(b) − a ln(a)) − (b − a). Insbesondere ist x ln(x ) Integralrechnung I f (x ) und −x (eine) Stammfunktion von ln(x ). Math4Inf 329 / 567 Denition 13.31 [Uneigentliche Integrale]. ∈ R ∪ {−∞}, b ∈ R ∪ {∞} : (a, b) → R eine Funktion. Sei a f und c 1. Ist f auf jedem Teilintervall [c , d ] ∈ (a, b). ⊂ [c , b), Weiterhin sei also c ≤ d < b, also a < d ≤ c, integrierbar und existiert der Grenzwert Z d 2. lim f (x ) dx d →b c Rb so bezeichnet man ihn mit c f (x ) dx . Ist f auf jedem Teilintervall [d , c ] ⊂ (a, c ], integrierbar und existiert der Grenzwert Z c so bezeichnet man ihn Integralrechnung I lim f (x ) dx d →a d Rc mit a f (x ) dx . Math4Inf 330 / 567 3. Existieren die Grenzwerte Z c lim d →a d f (x ) dx und Z d lim d →b c f (x ) dx so setzt man Z b a Integralrechnung I f (x ) dx Z c = a f (x ) dx Math4Inf Z b + c f (x ) dx . 331 / 567 Beispiel 13.32. 1. Für s >1 Z d 1 1 dx xs R∞ 1 x dx . Für d ∈ [1, ∞) ist d 1 1 1 1 = − 1 . = 1 − s x s −1 1−s d s −1 betrachten wir s 1 1 Wegen 1 lim d s −1 d →∞ 1 − s ist Z 1 Für 0 Integralrechnung I ≤s≤1 ∞ 1 1 xs dx −1 = Z d = lim d →∞ 1 1 1 −s 1 xs · (−1) = dx = 1 s −1 1 s −1 . existiert der obige Grenzwert nicht. Math4Inf 332 / 567 2. Für 0 ≤s≤1 1 Z d 1 xs betrachten wir dx R1 0 1 x s 1 = = 1 − s x s −1 d 1 dx . Für d 1 1 1 ∈ (0, 1] 1 −s 1 ist − s −1 d . Wegen 1 lim d →0 1 − s ist Z 0 Für 1 Integralrechnung I <s 1 1 xs 1 1 − s −1 d = Z dx = lim d →0 1 1 1 1 d xs −s dx · (1) = = 1 1 −s 1 1 −s . existiert der obige Grenzwert nicht. Math4Inf 333 / 567 Satz 13.33 [Konvergenzkriterium für Integrale]. : (a, b) → R mit g (x ) ≥ 0. Existiert das Integral Rb a g (x ) dx undR ist |f (x )| ≤ g (x ) für alle x ∈ (a, b), dann b existiert auch a f (x ) dx . Man sagt, das g eine (konvergente) i) Sei g Majorante von f ist. : (a, b) → R mit g (x ) ≥ 0. Existiert das Integral Rb und ist f (x ) ≥ g (x ) für alle x ∈ (a, b ), a g (x ) dx nicht Rb existiert auch a f (x ) dx nicht. Man sagt, das g eine ii) Sei g dann (divergente) Minorante von f ist. Integralrechnung I Math4Inf 334 / 567 Satz 13.34 [Integralvergleichskriterium für Reihen]. Sei f :N→ PR≥0 Die Reihe existiert. eine nicht-negative monoton fallende Funktion. ∞ n=1 f (n) konvergiert genau dann, wenn R∞ 1 f (x ) dx Beispiel 13.35. Die Reihe Integralrechnung I P∞ 1 n =1 n s konvergiert genau dann, wenn s Math4Inf > 1. 335 / 567 Satz 13.36 [Einfache numerische Integrationsmethoden]. a ∈ N. Sei xi = a + b− n · i, i = 0, . . . , n die äquidistante Unterteilung [a, b ] in n + 1 Rb Stützstellen. Als Näherung für a f (x ) dx wird betrachtet Sei f [a, b ] →R integrierbar, und sei n 1. Rechteckregel: T0 (f , n) = 2. Trapezregel: T1 (f 38 3. Simpsonregel T2 (f , n) = , n) = : n n −1 X b−a n −1 X b−a n i =0 ≥2 (n−2)/2 X i =0 b n i =0 · · f (xi ) f (xi ) + f (xi +1 ) 2 gerade −a n 38 Thomas Simpson, 1710-1761 Integralrechnung I · f (x2 i ) + 4 f (x2 i +1 ) + f (x2 i +2 ) 3 Math4Inf 336 / 567 Bemerkung 13.37. Diese Integrationsmethoden entstehen dadurch, dass 1. bei der Rechteckregel f auf jedem Intervall [xi , xi +1 ] durch die konstante Funktion g (x ) = f (xi ) approximiert wird, also durch ein Polynom vom Grad 0, 2. bei der Trapezregel f auf jedem Intervall [xi , xi +1 ] durch die Gerade (Sekante) g (x ) = f (xi ) + f (xi +1 ) − f (xi ) (x − xi ) xi +1 − xi approximiert wird. Dies ist gerade das Interpolationspolynom aus (11.31) vom Grad 1 an den Stützstellen xi und xi +1 . Integralrechnung I Math4Inf 337 / 567 3. bei der Simpsonregel f auf jedem Intervall [x2 i , x2 i +1 , x2 i +2 ] durch das Polynom 2.ten Grades g (x ) (x − x2i +1 )(x − x2i +2 ) f (x2i ) (x2i − x2i +1 )(x2i − x2i +2 ) (x − x2i )(x − x2i +2 ) + f (x2i +1 ) (x2i +1 − x2i )(x2i +1 − x2i +2 ) (x − x2i )(x − x2i +1 ) f (x2i +2 ) + (x2i +2 − x2i )(x2i +2 − x2i +1 ) = approximiert wird. Dies ist gerade das Interpolationspolynom aus (11.31) vom Grad 2 an den Stützstellen x2i , x2i +1 , x2i +2 . Integralrechnung I Math4Inf 338 / 567 Bemerkung 13.38. Betrachtet man zur Approximation Polynome vom Grad n, so führt dies zu den sogenannten Newton-Cotes 39 Isaac Newton, 1643-1727 40 Roger Cotes, 1682-1716 Integralrechnung I Math4Inf 39 40 Formel n-ten Grades. 339 / 567 Denition 13.39 [Kurve (parameterisierte)]. Eine (parameterisierte) Kurve im c : [a, b] → Rn Rn ist eine Abbildung der Form t c1 (t ) c2 (t ) 7→ . .. cn (t ) ci (t ) heiÿen die Komponentenfunktionen. Beispiel 13.40. i) c : [−1, 1] → R2 mit c (t ) = ii) c : [0, 2π] → R2 mit c (t ) = iii) c : [a, b] → R 3 mit c (t ) = √ −t . 1−t 2 a cos(t ) , a, b b sin(t ) > 0. (Ellipse) (r cos(t ), r sin(t ), t )| , r > 0. (Schraubenlinie) Integralrechnung I Math4Inf 340 / 567 Denition 13.41 [Tangentialvektor, Länge einer Kurve]. Sei c : [a, b] → Rn , und seien die Komponentenfunktionen ci (t ) stetig dierenzierbar. Dann heiÿt 0 c1 (t ) c 0 (t ) 2 ċ (t ) = . .. 0 cn (t ) Tangentialvektor (Geschwindigkeitsvektor), und Z b a kċ (t )k dt = Z bq a (c10 (t ))2 + (c20 (t ))2 + · · · + (cn0 (t ))2 dt 0 die Länge der Kurve c (t ). Oft wird auch für ci (t ) die Bezeichnung ċi (t ) verwendet. Integralrechnung I Math4Inf 341 / 567 Fourierreihen Denition 14.1 [Trigonometrisches Polynom]. Sei T >0 und Tn (x ) ω = 2π/T . = a0 2 + n X k =1 Eine Funktion Tn (ak mit a0 , a1 , . . . , an , b1 , . . . , bn cos(k ∈R :R→R ω x ) + bk sin(k der Form ω x )) heiÿt trigonometrisches Polynom vom Grad n. Bemerkung 14.2. Tn ist periodisch mit Periode T , d.h. Tn (x + T ) = Tn (x ) für alle x ∈ R. Es genügt daher solch ein Polynom auf dem Intervall [− T2 , T2 ] (oder auch [0, T ]) zu untersuchen. Fourierreihen Math4Inf 342 / 567 Beispiel 14.3. T3 (x ) = 1 4 − 2 π 2 cos(2 π x ) − 2 9π 2 cos(6π x ) ist ein trigonometrisches Polynom vom Grad 3 mit a0 a1 = − π22 , a2 = 0, a3 = − 9π2 2 und b1 = b2 = b3 = 0. = 1 , 2 Die Periode beträgt 1. T3 (x ) Fourierreihen Math4Inf 343 / 567 Denition 14.4 [Fourierpolynom , Fourierkoezienten]. 41 > 0 und sei n ∈ N. Sei T und ak bk = = f 2 T 2 T : [−T /2, T /2] → R Z T /2 − T /2 f (t ) cos(k ω t ) dt , k = 0, . . . , n f (t ) sin(k ω t ) dt , k = 1, . . . , n Z T /2 − T /2 eine integrierbare Funktion, heiÿen die Fourierkoezienten von f , und Fn (x ) = a0 2 + n X k =1 (ak cos(k ω x ) + bk sin(k ω x )) heiÿt das Fourierpolynom n-ten Grades von f . Hierbei ist wieder ω = 2π/T . 41 Jean Baptiste Joseph Fourier, 1768-1830 Fourierreihen Math4Inf 344 / 567 Satz 14.5. Seien k , l ∈ N, T >0 und Z T /2 − T /2 cos(k ω x) cos(l ω = 2π/T . ω x ) dx = Dann gilt: Z T /2 − T /2 ( = Z T /2 − T /2 Fourierreihen cos(k ω x ) dx = sin(k T /2 k 0 k Math4Inf sin(l ω x ) dx =l , 6= l Z T /2 − T /2 ω x) sin(k ω x ) dx = 0. 345 / 567 Satz 14.6. Ist f (x ) eine gerade Funktion, so ist bk f (x ) eine ungerade Funktion so ist ak = 0, k = 1, . . . , n, = 0, k = 0, . . . , n. und ist Beispiel 14.7. Das Fourierpolynom 3-ten Grades der Funktion f : [−1/2, 1/2] → R F3 (x ) = mit f (x ) 1 4 − 2 π2 = |x | ist das Polynom (siehe (14.3)) cos(2 π x ) − 2 9π 2 cos(6π x ). F3 (x ) Fourierreihen Math4Inf 346 / 567 Denition 14.8 [Fourierreihe]. Sei T > 0, ω = 2π/T , und sei f : [−T /2, T /2] → R eine integrierbare Funktion mit Fourierkoezienten ak , bk . Dann heiÿt F∞ (x ) = a0 2 + ∞ X k =1 (ak cos(k ω x ) + bk sin(k ω x )) die Fourierreihe von f . Fourierreihen Math4Inf 347 / 567 Beispiel 14.9. Sei f : [−π, π] → R mit f (t ) Dann ist F∞ (x ) = 1 2 + =1 für t ∞ k X 1 − (−1) k =1 k F5 (x ) Fourierreihen >1 π und f (t ) =0 für t ≤ 0. sin(k x ). F25 (x ) Math4Inf 348 / 567 Denition 14.10 [Skalarprodukt und Norm von Funktionen]. Sei C [a, b ] der Vektorraum der stetigen Funktionen auf dem Intervall [a, b ] ⊂ R. hf , g i = Für f Z b a , g ∈ C [a, b] sei f (x ) g (x ) dx , und kf k = p hf , f i. Bemerkung 14.11. hf , g i ist ein Skalarprodukt auf C [a, b ] (siehe (6.25)) und kf k eine Norm (siehe (6.28)). Fourierreihen Math4Inf 349 / 567 Satz 14.12. Die Funktionen 1 √ 2π , cos(k x ) √ π , sin(k x ) √ π , ∈N k bilden ein Orthonormalsystem (siehe (6.40) und Satz 14.5) in C [−π, π]. Insbesondere gilt für g (x ) P = c20 + nk =1 (ck 2 cos(k x ) kg k = π Fourierreihen + dk 2 c0 2 + sin(k x )) n X k =1 Math4Inf ! 2 ck 2 + dk . 350 / 567 Satz 14.13 [Approximation durch Fourierpolynome]. Sei f ∈ C [−π, π] mit Fourierpolynom Fn , und sei Tn ein beliebiges trigonometrisches Polynom vom Grad n. Dann gilt i) kf − Fn k ≤ kf − Tn k. ii) kf − Fn k2 = kf k2 − π iii) limn→∞ kf a02 2 + Pn 2 2 a + b k =1 k k . 2 − Fn k = 0 (Konvergenz der Fourierreihe im quadratischen Mittel gegen f ). iv) Ist f in x ? dierenzierbar, dann gilt F∞ (x ? ) 2 P a ∞ 2 2 v) kf k2 = π 20 + ( a + b ) k =1 k k = f (x ? ). (Parsevalsche Gleichung). Fourierreihen Math4Inf 351 / 567 Teil III Mathematik III Math4Inf 352 / 567 Dierenzierbarkeit II Denition 15.1 [Reellwertige Funktion mehrerer Variablen]. Eine (reellwertige) Funktion von mehreren Variablen ist eine Abbildung f : D ⊆ Rn → R, (x1 , . . . , xn ) 7→ f (x1 , . . . , xn ), wobei D eine Teilmenge des x geschrieben, und so f (x) Rn (x1 , . . . , xn ) f (x1 , . . . , xn ). ist. Statt anstelle von wird auch oft Bemerkung 15.2. Für eine Funktion f : D ⊆ R2 → R ist der Graph {(x, f (x)) : x ∈ D } ein 3-dimensionales Gebilde (Gebirge). I.A. für f (n + 1)-dimensionales Dierenzierbarkeit II : D ⊆ Rn → R ein Gebilde. Math4Inf 353 / 567 Beispiel 15.3. i) f : R2 → R mit f (x) = f (x1 , x2 ) = 2 − x12 − x22 . ii) f : R2 → R mit f (x) = f (x1 , x2 ) = 1 − min{|x1 |, |x2 |}. Dierenzierbarkeit II Math4Inf 354 / 567 Denition 15.4 [Grenzwert einer Folge von Vektoren]. Eine Folge bezeichnet x? (xk )k ∈N0 , xk ∈ Rn , heiÿt konvergent gegen x? ∈ Rn , ? als limk →∞ xk = x , falls der Abstand zwischen xk und kxk − x? k = q (xk ,1 − x?1 )2 + (xk ,2 − x?2 )2 + · · · + (xk ,n − x?n )2 gegen 0 konvergiert, d.h. ? ? lim x = x ⇔ lim kxk − x k = 0. k →∞ k k →∞ Man schreibt auch xk → x? . Bemerkung 15.5. xk = x? ist also gleichbedeutend damit, dass jede ? Koordinate xk ,i gegen xi konvergiert, 0 ≤ i ≤ n. Insbesondere limk →∞ übertragen sich die Eigenschaften von Folgen reeller Zahlen aus Kapitel ?? in kanonischer Weise auf Folgen von Vektoren (s. z.B. Satz 9.12, Satz 9.15). Dierenzierbarkeit II Math4Inf 355 / 567 Denition 15.6 [Grenzwert einer Funktion]. ⊆ Rn , f : D → R eine Funktion, und sei x? ∈ Rn . Wenn es ? ? y ∈ R gibt, so dass für jede Folge (xk )k ∈N0 mit xk ∈ D \ {x } Sei D ein und gilt, dass die Folge der ? lim x = x k →∞ k Funktionswerte (f (xk ))k ∈N0 konvergiert, also lim f k →∞ dann heiÿt y lim f x→x? Hierbei ist auch y ? = ±∞ ? (xk ) = y ? , ? der Grenzwert von f für dafür gegen y x gegen x? . Man schreibt (x) = y ? . erlaubt, und man spricht dann von bestimmter Divergenz (vgl. Def. 10.17). Dierenzierbarkeit II Math4Inf 356 / 567 Denition 15.7 [Stetigkeit]. Sei D ⊆ Rn , f :D→R eine Funktion, und sei ∗ stetig im Punkt (an der Stelle) x , falls lim f x→x? x? ∈ D . f heiÿt (x) = f (x∗ ), (x) existiert und ist gleich f (x? ). (xk )k ∈N0 , xk ∈ D \ {x? }, mit d.h. der Grenzwert limx→x? f bedeutet, für jede Folge limk →∞ xk = x? Dies gilt lim f k →∞ (xk ) = f ( lim xk ) = f (x? ). k →∞ Ist die Funktion f in jedem Punkt ihres Denitionsbereiches D stetig, dann heiÿt f stetig (vgl. Def. 10.26). Dierenzierbarkeit II Math4Inf 357 / 567 Bemerkung 15.8. Auch bei den Denitionen 15.6 und 15.7 für eine Funktion mehrerer Variablen lassen sich die bekannten Eigenschaften von Grenzwerten und Stetigkeit einer Funktion einer Veränderlichen (s. z.B. Satz 10.22 oder Satz 10.26) in kanonischer Weise verallgemeinern. Satz 15.9. Seien f , g : D ⊆ Rn → R Funktionen, die in x? ∈ R n stetig sind. Dann sind auch die Funktionen α f (x) mit α ∈ R, f (x) ± g (x), f (x) , falls g (x? ) 6= 0, g (x) stetig in Dierenzierbarkeit II f (x) · g (x), x? . Math4Inf 358 / 567 Denition 15.10 [Vektorwertige Funktion]. Sei D ⊂ Rn . versteht man die Abbildung fi : D → R, f : D → Rm x 7→ (f1 (x), f2 (x), . . . , fm (x)), wobei Unter einer (vektorwertigen) Funktion 1 ≤ i ≤ m, reellwertige Funktionen sind. Bemerkung 15.11. i) Eine Matrix A Rn → Rm ii) Im Falle n ∈ Rm × n beschreibt eine lineare Abbildung von (vgl. Satz 6.5). =1 erhält man gerade (parameterisierte) Kurven (vgl. Def. 13.39). Dierenzierbarkeit II Math4Inf 359 / 567 Denition 15.12 [Grenzwert einer Funktion]. ⊆ Rn , f : D → Rm eine Funktion, und sei x? ∈ Rn . ∈ Rm gibt, so dass für jede Folge (xk )k ∈N0 mit xk ∈ D \ {x? } und ? lim x = x k →∞ k Sei D ? ein y gilt, dass die Folge der Funktionswerte konvergiert, also lim k →∞ dann heiÿt y? lim x→x? Mit anderen Worten: y? f für x ≤i ≤m Dierenzierbarkeit II y? gegen x? . Man schreibt f (x) = y? . ist der Grenzwert von ? genau dann, wenn yi der Grenzwert von 1 gegen f (xk ) = y? , der Grenzwert von dafür (f (xk ))k ∈N0 Wenn es fi für f für x gegen x? x gegen x? und für ist (vgl. Def. 15.6). Math4Inf 360 / 567 Denition 15.13 [Stetigkeit]. Sei D ⊆ Rn , f : D → Rm eine Funktion, und sei ∗ stetig im Punkt (an der Stelle) x , falls lim x→x? d.h. der Grenzwert limx→x? bedeutet, für jede Folge limk →∞ xk = x? lim f stetig, dann heiÿt x? heiÿt f (x) = f (x∗ ), f (x) existiert und ist gleich (xk )k ∈N0 , xk ∈ D \ {x? }, f (x? ). Dies mit gilt k →∞ Ist die Funktion x? ∈ D . f f (xk ) = f ( ? lim x ) = f (x ). k →∞ k in jedem Punkt ihres Denitionsbereiches D f stetig. Mit anderen Worten: stetig, wenn jede Funktion fi : D → R, 1 f ist genau dann in ≤ i ≤ n, in x? stetig ist (vgl. Def. 15.7). Dierenzierbarkeit II Math4Inf 361 / 567 Denition 15.14 [ε-Umgebung, oene Menge]. i) Für ii) x? ∈ R n und ε>0 B (x ? heiÿt , ε) = {x ∈ Rn : kx − x? k < ε} ε-Umgebung von x? . Geometrisch ist dies die oene Kugel ? mit Radius ε und Mittelpunkt x . n ? Eine Menge D ⊆ R heiÿt oen, falls es für alle x ∈ D ein ε>0 gibt mit B (x ? , ε) ⊆ D. Bemerkung 15.15. Um nun (zunächst) für Funktionen f : D ⊆ Rn → R einen Ableitungsbegri zu denieren, greifen wir die geometrische Interpretation im Falle n =1 (s. Bem. 11.3) auf. Anstatt die Funktion (bzw. ihren Graphen) durch eine Tangente zu approximieren, möchten wir nun f an einer Stelle x? durch eine Hyperebene approximieren (s. Bem. 5.9). Dierenzierbarkeit II Math4Inf 362 / 567 Denition 15.16 [Partielle Ableitung(en)]. Sei f : D ⊆ Rn → R, D oen, eine Funktion und ∂f x? ∈ D . i) Unter der partiellen Ableitung ∂ x (x? ) von f nach xi in einem i Punkt x? versteht man die Ableitung von f nach der Variablen xi , während die übrigen Variablen als Konstante betrachtet werden. Formell bedeutet dies, dass der Grenzwert ? ? f (x + h ei ) − f (x ) ∂f ? (x ) = lim ∂ xi h h→0 existieren muss, wobei ei = (0, . . . , 0, 1, 0, . . . , 0)| den i -ten Einheitsvektor bezeichnet (s. Def. 5.23). Dierenzierbarkeit II Math4Inf 363 / 567 ii) Ist f in jedem Punkt x? ∈ D partiell nach xi dierenzierbar, dann heiÿt f partiell nach xi dierenzierbar, und die Funktion ∂f :D→R ∂ xi mit x 7→ ∂f (x) ∂ xi heiÿt partielle Ableitung von f nach xi . iii) Ist f partiell nach xi dierenzierbar für 1 ≤ i ≤ n, dann heiÿt f partiell dierenzierbar. iv) f heiÿt stetig partiell dierenzierbar, falls zusätzlich alle partiellen Ableitungen ∂f ∂ xi stetig sind. Bemerkung 15.17. Im Gegensatz zu Satz 11.5 sind partiell dierenzierbare Funktionen nicht notwendigerweise stetig. Dierenzierbarkeit II Math4Inf 364 / 567 Denition 15.18 [Gradient]. Sei f : D ⊆ Rn → R, D oen, eine partiell dierenzierbare Funktion. Dann heiÿt der Vektor grad f (x) = Gradient von f im Punkt x. ∂f ∂f (x), . . . , (x) ∂ x1 ∂ xn Bemerkung 15.19. Seien f , g : D ⊆ Rn → R, D oen, partiell dierenzierbare Funktionen. Dann gilt die Produktregel (vgl. Satz 11.6 iii)) grad (f Dierenzierbarkeit II · g )(x) = g (x) · grad f (x) + f (x) · grad g (x). Math4Inf 365 / 567 Denition 15.20 [Höhere partielle Ableitungen]. Sei f : D ⊂ Rn → R, D oen, eine partiell dierenzierbare Funktion. Sind alle partiellen Ableitungen ∂f ∂ xi :D→R selbst wieder partiell dierenzierbar, so heiÿt f zweimal partiell dierenzierbar, und man schreibt statt ∂ ∂∂xf ∂ xj i ∂2f ∂ xj ∂ xi für die partielle Ableitung nach xj der partielle Ableitung nach xi . Entsprechend sind höhere (k -te) partielle Ableitung deniert ∂k f ∂ xi ∂ xi k Dierenzierbarkeit II 1 k− . . . ∂ xi1 Math4Inf . 366 / 567 Satz 15.21 [Schwarz ]. 42 : D ⊆ Rn → R, D oen, dann gilt für 1 ≤ i , j ≤ n Ist f zweimal stetig partiell dierenzierbar, ∂2f ∂2f = . ∂ xj ∂ xi ∂ xi ∂ xj Entsprechende Aussagen gelten für höhere (k -te) partielle Ableitungen, wenn f eine k -mal stetig partiell dierenzierbare Funktion ist. 42 Hermann Amandus Schwarz, 1843-1921 Dierenzierbarkeit II Math4Inf 367 / 567 Denition 15.22 [(totale) Dierenzierbarkeit]. Sei f : D ⊆ Rn → Rm , D oen, eine Abbildung. ? (total) dierenzierbar, falls es eine Matrix A(x ) dass lim x→x? x? ) heiÿt in ∈ Rm × n x? ∈ D gibt, so f (x) = f (x? ) + A(x? ) (x − x? ) + r (x) mit A( f x) = 0. kx − x ? k r( heiÿt die Ableitung oder Dierential von Dierenzierbarkeit II Math4Inf f in x? . 368 / 567 Denition 15.23 [Jacobi -Matrix]. 43 Sei f : D ⊆ Rn → Rm , D oen, eine partiell dierenzierbare fi sind partiell (m × n)-Matrix ∂f ? ∂ f1 ? 1 ∂ x1 (x ) . . . ∂ x (x ) ∂f ? 2 (x ) . . . ∂ f2 (x? ) ∂x ∂ x1 ? Jf (x ) = . . ... ... . ∂f ∂f ? ? ∂ x1 (x ) . . . ∂ x (x ) Abbildung, d.h. alle Koordinaten-Funktionen x? ∈ D . dierenzierbar, und sei Die n n m m n heiÿt Jacobi-Matrix oder auch Funktional-Matrix. Bemerkung 15.24. Ist m = 1, x? ) = grad f (x? ). dann ist Jf ( 43 Carl Gustav Jacob Jacobi, 1804-1851 Dierenzierbarkeit II Math4Inf 369 / 567 Satz 15.25. f : D ⊆ Rn → Rm , D oen, und sei x? ∈ D . i) Ist f in x? dierenzierbar mit Ableitung A(x? ). Dann ist f in x? ? ? stetig und es ist Jf (x ) = A(x ). ii) Ist fi in x? stetig partiell dierenzierbar für 1 ≤ i ≤ m, dann ist f in x? dierenzierbar. Sei Korollar 15.26. Ist f : D ⊆ Rn → R, D oen, stetig partiell dierenzierbar, dann ist f stetig. Satz 15.27 [Kettenregel (vgl. Satz 11.6 v))]. Sei g : C ⊆ Rn → Rm , f:D ⊆ Rm → Rk , C oen, in x ? ∈C dierenzierbar, und sei g(C ) ⊆ D , und es sei f in g(x? ) k ? Verknüpfung f ◦ g : C → R in x D oen, mit dierenzierbar. Dann ist die dierenzierbar, und es gilt: x? ) = Jf (g(x? )) · Jg (x? ). Jf ◦g ( Dierenzierbarkeit II Math4Inf 370 / 567 Denition 15.28 [Lokale Extrema (vgl. Def. 11.17)]. Sei D ⊆ Rn und f :D→R eine Funktion. i) lokales Maximum, falls ein f (x) ≤ f (x? ) für alle ii) lokales Minimum, falls ein f (x) ≥ f (x? ) >0 >0 für alle x? ∈ D heiÿt existiert, so dass x ∈ B (x? , ) ∩ D . existiert, so dass x ∈ B (x? , ) ∩ D . iii) globales Maximum, falls f (x) ≤ f (x? ) für alle x ∈ D. für alle x ∈ D. iv) globales Minimum, falls f (x) ≥ f (x? ) v) Lokale/globale Minima oder Maxima werden als lokale/globale Extrema bzw. Extremwerte der Funktion bezeichnet. Dierenzierbarkeit II Math4Inf 371 / 567 Denition 15.29 [Abgeschlossene, kompakte Menge]. i) X ii) X ⊆ Rn ⊆ Rn heiÿt abgeschlossen, falls Rn \ {X } oen ist. heiÿt kompakt, falls X abgeschlossen und beschränkt (d.h. es gibt ein M >0 mit kx k ≤ M für alle x ∈ X) ist. Bemerkung 15.30. Für n =1 kann man sich kompakte Mengen als die Vereinigung von endlich viele abgeschossenen Intervallen vorstellen. Satz 15.31 [vgl. Satz 10.33]. Jede stetige Funktion f ⊆ D ihr x̃, x̂ ∈ [a, b] mit Menge M : D ⊆ Rn → R nimmt auf einer kompakten Maximum und Minimum an, d.h. es gibt (x̃) = max{f (x) : x ∈ M }, und f (x̂) = min{f (x) : x ∈ M }. f Dierenzierbarkeit II Math4Inf 372 / 567 Satz 15.32 [vgl. Satz 11.18]. Sei D ⊆ Rn Besitzt f in oen, und sei f x? ∈ D :D→R partiell dierenzierbar. ein lokales Extremum, dann ist grad f (x? ) = 0. Denition 15.33 [Hesse -Matrix]. 44 Sei D ⊆ Rn oen, und sei f :D→R x? ∈ D dierenzierbare Funktion. Für eine 2-mal stetig partiell heiÿt die symmetrische (n × n)-Matrix ∂2f ? ∂ x1 ∂ x1 (x ) ∂2f ? ∂ x1 ∂ x2 (x ) Hf (x? ) = . . . ∂2f ? ∂ x1 ∂ xn (x ) Hesse-Matrix von f in ∂2f ? ∂ x2 ∂ x1 (x ) ∂2f ? ∂ x2 ∂ x2 (x ) ... ... . . . ... ∂2f ? ∂ x2 ∂ xn (x ) ... ∂2f ? ∂ xn ∂ x1 (x ) ∂2f ? ∂ xn ∂ x2 (x ) . . . ∂2f ? ∂ x ∂ x (x ) n n x? . 44 Otto Hesse, 1811-1874 Dierenzierbarkeit II Math4Inf 373 / 567 Satz 15.34 [(vgl. Satz 11.18 ii), iii) und Satz 7.42)]. Sei D ⊂ Rn : D → R eine 2-mal stetig partiell ? ? Sei x ∈ D mit grad f (x ) = 0. oen, und sei f dierenzierbare Funktion. i) Ist Hf (x? ) positiv denit, dann ist ii) Ist Hf (x? ) negativ denit, dann x? ein lokales Minimum. ? ist x ein lokales Maximum. iii) Ist Hf (x? ) weder positiv noch negativ semi-denit (d.h. indenit), dann ist Dierenzierbarkeit II x? kein lokales Extremum. Math4Inf 374 / 567 Satz 15.35 [Lokale Extrema unter Nebenbedingungen]. Sei D ⊆ Rn dierenzierbare Funktionen. x? ∈ M , g : D → R stetig partiell n Sei M = {x ∈ R : g (x ) = 0} oen, und seien f x? ) 6= 0. mit grad g ( Ferner sei x? x) = 0, (Minimum) von f unter der Nebenbedingung g ( ein f > 0, und sei ein lokales Maximum d.h. es gibt so dass gilt (x) ≤ f (x? ) (bzw. f (x) ≥ f (x? )) Dann gibt es ein λ∈R λ x ∈ B (x? , ) ∩ D ∩ M . mit grad f (x Man nennt für alle ? einen Lagrange ) = λ grad g (x? ). 45 -Multiplikator. 45 Joseph-Louis Lagrange, 1736-1813 Dierenzierbarkeit II Math4Inf 375 / 567 Integralrechnung II Denition 16.1 [Quader]. Für n Q ∈N und ai , bi ∈ R, ai ≤ bi , 1 ≤ i ≤ n, heiÿt Q ⊂ Rn mit = [a1 , b1 ]×[a2 , b2 ]×· · ·×[an , bn ] = {x ∈ Rn : ai ≤ xi ≤ b1 , Quader (mit Kantenlängen bi − ai , 1 ≤ i ≤ n). 1 ≤ i ≤ n}. Das Volumen vol(Q ) des Quaders ist gegeben durch vol(Q ) = (b1 − a1 ) · (b2 − a2 ) · . . . · (bn − an ). Bemerkung 16.2. i) Ist n = 1, ii) Für n =2 so ist ein Quader ein abgeschlossenes Intervall. ist ein Quader Q ein Rechteck, und vol(Q ) ist der Flächeninhalt von Q . Integralrechnung II Math4Inf 376 / 567 Denition 16.3 [Zerlegung im Rn ]. ⊂ Rn ein Quader. Eine Menge Z = {Q1 , . . . , Qm } Quadern Qi ⊆ Q heiÿt Zerlegung von Q , falls Sei Q Q = m [ i =1 von Qi , und je zwei verschiedene Quader Qi , Qj überlappen sich nicht (vgl. Def. 13.1). Denition 16.4 [Ober-, Untersumme im Rn ]. ⊂ Rn : Q → R eine beschränkte = {Q1 , . . . , Qm } eine Zerlegung von Q . Dann heiÿt Pm Uf (Z ) = i =1 vol(Qi ) · inf {f (x ) : x ∈ Qi } Untersumme von Sei Q ein Quader, und sei f Funktion. Sei i) bzgl. Z . ii) Of (Z ) = bzgl. Z . Pm i =1 vol(Qi ) · sup{f (x ) : x ∈ Qi } f Obersumme von f (vgl. Def. 13.2) Integralrechnung II Math4Inf 377 / 567 Denition 16.5 [(Riemann )-Integral im Rn ]. 46 Sei Q ⊂ Rn ein Quader, und sei f :Q→R eine beschränkte Funktion. i) Uf = sup{Uf (Z ) : Z Zerlegung von Q } heiÿt (Riemann'sches) Unterintegral von f über Q . ii) Of = inf {Of (Z ) : Z Zerlegung von Q } heiÿt (Riemann'sches) Oberintegral von f über Q . iii) f heiÿt (Riemann-) integrierbar, falls Uf = Of . iv) Ist f (Riemann-) integrierbar, dann heiÿt das Unterintegral Uf (bzw. Oberintegral Of ) das (Riemann-) Integral von f Q und wird mit Z Q f (x) über (x) dx bezeichnet. Abkürzend schreibt man auch nur (vgl. Def. 13.5). 46 Georg Friedrich Bernhard Riemann, 1826-1866 Integralrechnung II Math4Inf R Qf 378 / 567 Bemerkung 16.6. : D ⊂ Rn → R n Menge D ⊂ R . Im allgemeinen Fall geht man wie folgt vor: Sei f eine beschränkte Funktion auf der beschränkten ⊆ Q und betrachte ( f (x) : x ∈ D, f˜(x) = 0 : x ∈ Q \ D. Wähle einen Quader Q mit D f˜ :Q→R Dann setzt man mit Z D f (x) dx = Z Q x) d x, f˜( falls die rechte Seite existiert. Bemerkung 16.7. Auch für diese Riemann-Integrale im Rn gelten die üblichen Eigenschaften in kanonischer Weise (vgl. Satz 13.7, Bem. 13.8, Lem. 13.9). Integralrechnung II Math4Inf 379 / 567 Denition 16.8 [Volumen einer Menge im Rn ]. Sei D ⊂ Rn beschränkt. Dann heiÿt (falls existent) Z vol(D ) = D 1d x das Volumen der Menge D . Man integriert also die konstante Funktion über den Bereich. Satz 16.9. Jede stetige Funktion ist integrierbar auf kompakten Mengen, die ein Volumen besitzen (z.B. Quader). Integralrechnung II Math4Inf 380 / 567 Satz 16.10 [Fubini ]. 47 i) n = 2: Sei Q = [a1 , b1 ] × [a2 , b2 ] und f :Q→R integrierbar. Dann gilt Z Q f (x) dx = = 47 Guido Fubini, 1879-1943 Integralrechnung II Z b2 Z b1 a2 Z b1 a1 Z b2 a1 a2 Math4Inf ! f (x1 , x2 ) dx1 dx2 ! f (x1 , x2 ) dx2 dx1 . 381 / 567 ≥ 2: ii) n Q = [a1 , b1 ] × · · · × [an , bn ] und f :Q→R integrierbar. Dann gilt Z Q f (x) dx Z b Z b a a n = n 1 n− ··· 1 n− Z b1 a1 ! f (x1 , x2 , . . . , xn )dx1 ! ··· ! dxn−1 dxn , wobei man auf der rechten Seite auch jede andere Reihenfolge beim Integrieren verwenden darf. Integralrechnung II Math4Inf 382 / 567 Beispiel 16.11. Sei f : Q = [0, 1] × [0, 2] → R mit f (x1 , x2 ) = (2 − x1 x2 + x2 ) Z Z 1 Z 2 f (x1 , x2 ) dx2 dx1 f (x) dx = 0 0 Q Z 1 Z 2 = (2 − x1 x2 + x2 ) dx2 dx1 0 0 Z 1 1 2 2 1 2 x2 = 2 x2 − x1 x2 + dx1 2 2 0 0 Z 1 1 (6 − 2 x1 ) dx1 = 6 x1 − x12 = 5. = 0 0 Integralrechnung II Math4Inf 383 / 567 Denition 16.12 [Normalbereich]. Ein (2-dimensionaler) Normalbereich (bzgl. der x -Achse) ist eine ⊂ R2 der Form x1 2 ∈ R : a ≤ x1 ≤ b, α1 (x1 ) ≤ x2 ≤ β1 (x1 ) ; = Menge D D x2 dabei seien a <b und α1 , β1 : [a, b] → R stetige Funktionen. Entsprechend deniert man einen Normalbereich bzgl. der y -Achse, bzw. Normalbereiche in Dimensionen D ≥ 3. Z.B. ist n = (x1 , x2 , x3 )| ∈ R3 : a ≤ x1 ≤ b, α1 (x1 ) ≤ x2 ≤ β1 (x1 ), o α2 (x1 , x2 ) ≤ x3 ≤ β2 (x1 , x2 ) R3 . Hierbei sind zusätzlich ⊆ R → R stetige Funktionen. ein Normalbereich in α2 , β2 : U Integralrechnung II 2 Math4Inf 384 / 567 Satz 16.13. Sei D ⊂ R2 ein Normalbereich, und sei f :D→R eine integrierbare Funktion auf D . Dann gilt: Z D f (x) d x = Z b a β 1 ( x1 ) Z α 1 ( x1 ) ! f (x1 , x2 ) d x2 d x1 . ≥ 3. : D ⊂ R3 → R: ! ! Eine analoge Aussage gilt für Normalbereiche in Dimension Mit der Notation aus Denition 16.12 gilt z.B. für f Z D f (x) d x = Integralrechnung II Z b a Z β 1 ( x1 ) α 1 ( x1 ) Z β 2 ( x1 , x2 ) α 2 ( x1 , x2 ) Math4Inf f (x1 , x2 , x3 ) d x3 d x2 d x1 . 385 / 567 Beispiel 16.14. Sei T f :T = {(x1 , x2 ) ∈ R2 : 0 ≤ x1 ≤ 1, → R mit f (x) = 2 − x12 − x22 . Z T f (x) dx = 1 Z 0 0 1 Z 1− Z 1− Z x1 f (x1 , x2 ) dx2 x1 2 = 2 x2 − 0 1 Z − 0 1 Z ≤ x2 ≤ 1 − x1 }, 2 x2 x1 2 x1 − − 1 3 dx1 2 x2 3 x2 2 (1 = 3 0 = Integralrechnung II 5 3 5 x1 − 1 2 2 x1 − 2 3 3 x1 + 4 3 3 Math4Inf 3 2 x1 1 3 − (1 − x1 ) 3 dx1 x1 1 dx1 0 − x1 ) − (1 − x1 ) − x1 − 2 x12 + dx2 1−x1 dx1 0 Z 1 = und sei = 0 0 4 x1 dx1 1 5 = . 0 6 386 / 567 Satz 16.15. : D → Rn integrierbar. Sei A ∈ Rn×n mit det A 6= 0, und sei e ⊂ Rn mit D = A D e + t = {A x + t : x ∈ D e }. Dann ∈ Rn . Sei D Sei f t gilt Z D Insbesondere ist (x) dx = | det A| · Korollar 16.16. e Sei D ⊂ Rn Z f (A x + t ) dx. De e ). vol(D ) = | det A| vol(D f beschränkt, λ ∈ R, t ∈ Rn und e + t = {λ x + t : x ∈ D e }. λD Dann gilt e vol(λ D Integralrechnung II e ). + t ) = |λ|n vol(D Math4Inf 387 / 567 Satz 16.17 [Transformationssatz]. Sei f : D → Rn Riemann-integrierbar. Sei e ⊂ Rn D Abbildung von einer Menge e →D T:D eine bijektive nach D , die stetig partiell dierenzierbar und deren Umkehrabbildung ebenfalls stetig partiell dierenzierbar ist. Dann gilt Z D f (x) dx = Z De f ( T(x) ) · | det JT (x)| dx. Bemerkung 16.18. i) Für n =1 ist dies (im wesentlichen) die Substitutionsregel aus Satz 13.25. ii) Ist T(x) eine ane Abbildung, dann erhält man gerade Satz 16.15. Integralrechnung II Math4Inf 388 / 567 Beispiel 16.19. = B (0, 1) = {x ∈ R3 : kx k ≤ 1}. e = [0, 1] × [0, 2π) × [0, π] und T : D e → B (0, 1) mit D r cos φ sin ϑ T(r , φ, ϑ) = r sin φ sin ϑ . r cos ϑ Volumen der Kugel D Sei | det JT (x)| = r 2 cos ϑ, und so Z Z vol(B (0, 1)) = 1 dx = 1 | det JT (x)| dx B (0,1) De Z = |r 2 cos ϑ| dx De Z 1 Z 2π Z π 2 = |r cos ϑ| d ϑ d φ Dann ist 0 Integralrechnung II 0 d r. 0 Math4Inf 389 / 567 Z 1 Z 1 Z 2π = 0 Z 0 = 0 = Integralrechnung II 4 3 2π π 2 2 r sin ϑ dφ dr 0 Z 1 2 2 2r dφ dr = 4πr 2 0 dr 0 1 4 π r 3 = π. 0 3 Math4Inf 390 / 567 Denition 16.20 [Vektorwertige Integrale]. Sei f : D ⊂ Rn → Rm , und es sei jede einzelne Koordinatenfunktion fi : D → R ≤ i ≤ m. Riemann-integrierbar, 1 Dann ist D f1 (x) dx R Z f2 (x) dx D . f (x) dx = . . D . R D fm (x) dx R Denition 16.21 [Schwerpunkt]. Sei D ⊂ Rn mit vol(D ) > 0. Dann heiÿt der Punkt 1 vol(D ) Z D x dx der Schwerpunkt von D . Integralrechnung II Math4Inf 391 / 567 Beispiel 16.22. = {(x1 , x2 ) ∈ R2 : 0 ≤ x1 ≤ 1, 0 ≤ x2 ≤ 1 − x1 }. Dann ist vol(T ) = 1/2, und für die erste Koordinate des Schwerpunktes (x1? , x2? ) ergibt sich Sei T ? x1 = 1 Z 1 2 T Z x1 d x=2 Z 1 1− Z 0 x1 x1 dx2 1 (x1 (1 − x1 )) dx1 = 2 1 2 1 3 1 1 =2 x1 − x1 = . 0 3 0 1 Z x1 − 0 2 x1 ) dx1 3 ? Ebenso ndet man für die 2.te Koordinate x2 Integralrechnung II dx1 0 =2 2 Math4Inf = 1 . 3 392 / 567 Lineare Optimierung Denition 17.1 [Konvexe Menge]. Eine Menge X alle λ ∈ [0, 1] ⊆ Rn heiÿt konvex, wenn für alle gilt x, y ∈ X und für λx + (1 − λ) y ∈ X , d.h. mit je zwei Punkten x, y ist auch jeweils die Strecke zwischen den zwei Punkten in X . Lemma 17.2. Seien Xi ⊆ Rm , 1 ≤ i ≤ m, konvex. Dann ist auch Tm i =1 Xi konvex. Lemma 17.3. n n ⊆ Rn konvex. P Sei c ∈ R , d ∈ R, und sei f : R → R n f (x) = hc, xi + d = i =1 ci xi + d . Dann ist jedes lokale Extremum von f : X → R ein globales Extremum. Sei X Lineare Optimierung Math4Inf mit 393 / 567 Denition 17.4 [Lineare Ungleichung, Halbraum]. Sei a = (a1 , a2 , . . . , an )| ∈ Rn \ {0} ha, xi ≤ b, d.h. a1 x1 und b ∈ R. + a2 x2 + · · · + an xn ≤ b heiÿt lineare Ungleichung. Geometrisch beschreibt H − (a, b) = {x ∈ Rn : ha, xi ≤ b} einen Halbraum, der von der Hyperebene a, b) = {x ∈ Rn : ha, xi = b} begrenzt wird. Der andere durch + H (a, b ) induzierte Halbraum wird mit H (a, b ) bezeichnet, d.h. H( H Lineare Optimierung + (a, b) = {x ∈ Rn : ha, xi ≥ b}. Math4Inf 394 / 567 Bemerkung 17.5. i) ha, xi ≥ b ist ebenfalls eine lineare Ungleichung, da ha, xi ≥ b ⇔ h−a, xi ≤ −b bzw. H + (a, b ) = H − (−a, −b). ii) Eine lineare Gleichung ha, xi = b lässt durch zwei lineare Ungleichungen beschreiben, nämlich mittels ha, xi ≥ b. ha, xi ≤ b und Oder anders dargestellt a, b) = H − (a, b) ∩ H + (a, b) = H − (a, b) ∩ H − (−a, −b). H( Bemerkung 17.6. a, b), H( Lineare Optimierung H + (a, b ) und H − (a, b ) sind konvex. Math4Inf 395 / 567 Denition 17.7 [Ungleichungssystem, Polyeder]. Seien ai ∈ Rn und bi Ungleichungen ∈ R, 1 ≤ i ≤ m. hai , xi ≤ bi , heiÿt Ungleichungssystem. Sei und sei b ∈ Rm Das System von linearen ≤ i ≤ m, m×n die Matrix A ∈ R (?) 1 der Vektor mit Einträgen bi , 1 mit Zeilen ≤ i ≤ m. Dann a|i , schreibt man statt (?) auch abkürzend A x ≤ b. Geometrisch beschreibt P (A, b) = {x ∈ Rn : A x ≤ b} ein Polyeder. Lineare Optimierung Math4Inf 396 / 567 Bemerkung 17.8. Es ist P (A, und daher ist ein Polyeder m \ (ai , bi ), i =1 P (A, b) insbesondere b) = H − eine konvexe Menge. Lineare Optimierung Math4Inf 397 / 567 Denition 17.9 [Lineares Optimierungsproblem]. Sei A ∈ Rm × n , b ∈ Rm , und sei c ∈ Rn . Ein lineares Optimierungsproblem (LOP) ist die Aufgabe, die Kostenfunktion (Zielfunktion) hc, xi zu maximieren unter der Bedingung A x ≤ b, d.h., max {hc, xi : A x ≤ b} max {hc, xi : x ∈ P (A, b)} . Bzw. es ist zu entscheiden, dass solch ein Maximum nicht existiert, weil i) P (A, b) ii) hc, xi = ∅, oder unbeschränkt über P (A, b) ist. c, xi) Geometrisch ist ein LOP die Aufgabe, eine lineare Funktion (h über einem Polyeder (P (A, Lineare Optimierung b)) zu maximieren. Math4Inf 398 / 567 Bemerkung 17.10. i) Auch entsprechende Minimierungsprobleme lassen sich als Maximierungsprobleme formulieren, da min {hc, xi : x ∈ P (A, b)} = − max {h−c, xi : x ∈ P (A, b)} . hc, xi kann man als Zielfunktion Form hc, xi + d (für ein d ∈ R) ii) Anstatt der linearen Funktion auch ane Funktionen der betrachten, da max Lineare Optimierung {hc, xi + d : x ∈ P (A, b)} = max {hc, xi : x ∈ P (A, b)}+d . Math4Inf 399 / 567 iii) Auch das Maximieren einer Funktion hc, xi bzgl. einem Ungleichungssystem der allgemeinen Form hai , xi ≤ bi , hai , xi ≥ bi , hai , xi = bi , 1 ≤ i ≤ m1 , m1 + 1 ≤ i ≤ m2 , m2 +1≤i ≤m lässt sich gemäÿ Bemerkung 17.5 als LOP formulieren. Lineare Optimierung Math4Inf 400 / 567 Denition 17.11 [Ecke]. b) ⊂ R n ∈ P (A, b) sei Sei P (A, x? ein Polyeder, und seien a|i die Zeilen von A. Für x? ) = {ai : hai , x? i = bi } I( x? ) die Menge der aktiven Bedingungen. Enthält I ( n linear ? unabhängige Vektoren, dann heiÿt x Ecke des Polyeders P (A, b). Satz 17.12. ∈ Rm×n , rg(A) = n, b ∈ Rm , und sei c ∈ Rn . Existiert ? max {hc, xi : A x ≤ b}, d.h. gibt es ein x ∈ P (A, b) mit Sei A hc, x? i = max {hc, xi : x ∈ P (A, b)} , dann wird das Maximum (auch) an einer Ecke angenommen, d.h. es gibt eine Ecke v ∈ P (A, b) mit hc, vi = max {hc, xi : x ∈ P (A, b)} . Lineare Optimierung Math4Inf 401 / 567 Bemerkung 17.13. Ein Polyeder P (A, b), A ∈ Rm × n , m n Ecken, aber es kann ungefähr m hat nicht mehr als (≤ mn ) n /2 Ecken haben. Das Auisten aller Ecken ist also zu aufwendig! Lineare Optimierung Math4Inf 402 / 567 Bemerkung 17.14 [Geometrische Strategie zum Lösen von LOP]. i) Finde eine (Start)-Ecke von P (A, b). ii) Solange es möglich ist, laufe über Kanten von einer Ecke zu einer benachbarten Ecke mit einem besseren (nicht kleineren) Zielfunktionswert. iii) Ist dies nicht mehr möglich, dann hat man eine optimale Ecke/Lösung erreicht. Lineare Optimierung Math4Inf 403 / 567 Denition 17.15 [Standardform]. Sei A ∈ Rm × n , b ∈ Rm . Ein LOP der Form c, xi : A x ≤ b, x ≥ 0} max {h heiÿt LOP in Standardform. Hierbei steht Ungleichungen xi ≥ 0, 1 ≤ i ≤ n. x≥0 für die n Die Ungleichungen x≥0 heiÿen auch Nicht-Negativitätsbedingungen. Lemma 17.16. Jedes LOP mit rg(A) =n lässt sich in ein LOP in Standardform formulieren. Lineare Optimierung Math4Inf 404 / 567 Beispiel 17.17 [LOP in Standardform]. max − 4 x1 − 3 x2 : x1 + x2 ≤ 20; −x1 − x2 ≤ −10; −2 x1 + x2 ≤ 0; x1 ≥ 0; x2 ≥ 0 Bemerkung 17.18 [Schlupfvariablen]. Als nächstes überführen wir unsere LOP in eine Normalform, d.h. aus jeder Ungleichung, die keine Nicht-Negativitätsbedingung ist, machen wir eine Gleichung durch die Addition einer nicht-negativen Variablen (genannt Schlupfvariable): {x ∈ Rn : ha, xi ≤ b} = {x ∈ Rn : ha, xi + y = b, Lineare Optimierung Math4Inf y ≥ 0}. 405 / 567 Beispiel 17.19 [Fortsetzung]. max − 4 x1 − 3 x2 : x1 + x2 + x3 = 20 −x1 − x2 + x4 = −10 −2 x1 + x2 + x5 = 0 x1 , x2 , x3 , x4 , x5 ≥0 Schlupfvariablen sind hier x3 , x4 , x5 . Lineare Optimierung Math4Inf 406 / 567 Bemerkung 17.20 [Normalform]. Bezeichnet Im die m × m-Einheitsmatrix, dann haben wir jetzt das LOP auf die Form gebracht x1 .. . n xn . max hc, .. i : (A, Im ) xn+1 = b, xi ≥ 0, xn .. . x1 1 o ≤i ≤n+m . xn+m Nach geeignetem Ändern der Bezeichnungen sind wir so bei der Normalform eines LOP angelangt: max n o hc, xi : A x = b, x ≥ 0 , wobei insbesondere rg(A) Lineare Optimierung =m und m <n Math4Inf anzunehmen ist. 407 / 567 Lemma 17.21. Sei v eine Ecke des Polyeders m ×n , A ∈ R i) rg(A) = m, m {x ∈ Rn : A x = b, x ≥ 0} < n. mit Dann gilt: v ≥ 0. ii) Es gibt m linear unabhängige Spalten m X i =1 Lineare Optimierung vji aj = b i und vj =0 aj1 , . . . , aj für j Math4Inf m , so dass gilt ∈ / {j1 , . . . , jm }. 408 / 567 Denition 17.22 [Basislösung]. Für eine Auswahl von m linear unabhängigen Spalten aus A heiÿt der (eindeutig bestimmte) Vektor m X i =1 wji aj = b i Basislösung mit Basis heiÿt w und wj =0 aj1 , . . . , aj m für j w ∈ Rn aj1 , . . . , aj m mit ∈ / {j1 , . . . , jm }. . Ist zusätzliche w ≥ 0, dann zulässige Basislösung (Ecke). Die Variablen wj1 , . . . , wjm nennt man Basisvariablen, die übrigen Nicht-Basisvariablen. Nicht-Basisvariablen sind immer Null. Bemerkung 17.23. Ein LOP ist also die Aufgabe, eine bestmögliche zulässige Basislösung zu nden! Lineare Optimierung Math4Inf 409 / 567 Beispiel 17.24 [Fortsetzung]. max n 1 1 − 4 x1 − 3 x2 : −1 −1 −2 1 1 0 0 0 1 0 0 0 1 20 x = −10 , x ≥ 0 o 0 a) Die Auswahl der letzten drei (linear unabhängigen) Spalten führt zu der (nicht zulässigen) Basislösung (0, 0, 20, −10, 0). b) Wählen wir hingegen die Spalten 1,3 und 5, dann erhalten wir die zulässige Basislösung (Ecke) Lineare Optimierung (10, 0, 10, 0, 20). Math4Inf 410 / 567 Bemerkung 17.25. Um von einer zulässigen Basislösung zur nächsten zu gelangen, verwenden wir den Simplexalgorithmus, der in dem sogenannten Simplextableau ausgeführt wird. Dazu bringen wir unser System in eine Form, an der wir sofort zulässige Basislösungen ablesen können. Sei v eine zulässige Basislösung mit Basis (linear unabhängigen Spalten) aj1 , . . . , aj m , und sei Aj1 ,...,jm die m × m-Matrix mit diesen −1 Spalten. Durch Multiplikation mit Aj ,...,j erhalten wir die folgende m 1 Beschreibung des LOP: max n 1 hc, xi : A− j1 ,...,j m A o 1 x = A− j1 ,...,j b, x ≥ 0 . m −1 In den Spalten j1 , . . . jm von Aj ,...,j A steht nun die Einheitsmatrix, m 1 −1 und da vji die i -te Komponente von Aj ,...,j m 1 −1 (die rechte Seite) Aj ,...,j m 1 b b ist, ist der Vektor nicht negativ. In dieser Darstellung lässt sich also sofort die zugehörige zulässige Basislösung ablesen. Lineare Optimierung Math4Inf 411 / 567 Beispiel 17.26 [Fortsetzung]. Es ist A1,3,5 1 = −1 −2 1 0 0 0 , 0 1 −1 A1,3,5 0 = 1 0 −1 1 −2 0 0 , 1 und so o n 1 −1 b , x ≥ 0 = A x = A hc, xi : A− 1,3,5 1,3,5 1 1 0 −1 0 10 n o max − 4 x1 − 3 x2 : 0 0 1 1 0 x = 10 , x ≥ 0 0 3 0 −2 1 20 max mit zulässiger Basislösung Lineare Optimierung v = (10, 0, 10, 0, 20). Math4Inf 412 / 567 Bemerkung 17.27 [Pivotieren]. i) Zwei zulässige Basislösungen aj1 , . . . , aj m und ak1 , . . . , ak m v und w mit zugehörigen Basen heiÿen benachbart, wenn sie sich in genau einem Index unterscheiden. Um also zu einer benachbarten zulässigen Basislösung von v zugelangen, muss ∈ {j1 , . . . , jm } gegen eine k ∈ {1, . . . , n } \ {j1 , . . . , jm } eine Basisvariable ji ∗ Nicht-Basisvariable ausgetauscht werden. Diesen Vorgang nennt man Pivotieren. Lineare Optimierung Math4Inf 413 / 567 ii) Nach Denition einer Basislösung m X i =1 Sei nun k vji v ist aj = b. i ∈ {1, . . . , n} \ {j1 , . . . , jm }. Da Basis bilden, gibt es eindeutige Skalare m X i =1 Somit ist für jedes m X i =1 Lineare Optimierung aj1 , . . . , aj αk ,i ∈ R m eine mit αk ,i aj = ak . i θ∈R vji − θ αk ,i aj + θ ak = b. i Math4Inf 414 / 567 Um eine (neue) benachbarte zulässige Basislösung erhalten, die i) iii) ak θ≥0 vji vji und ii) − θ αk ,i = 0 θ= ∗ − θ αk ,i ≥ 0, für ein i Also Ist i w zu enthält, muss gelten ∈ { 1, . . . , m } min 1≤ i ≤m vji αk ,i 1 ≤ i ≤ m, und ∈ {1, . . . , m}. : αk ,i > 0 . ein Index für den das obige Minimum angenommen wird, dann ist die neue Basis dadurch gegeben, dass i aj ∗ i durch ak ersetzt wird. Man nennt k die Pivotspalte, ∗ die Pivotzeile und αk ,i ∗ das Pivotelement. iii) Im wesentlichen beschreibt das Pivotieren genau das Laufen von einer Ecke zu einer benachbarten Ecke des Polyeders P (A, Lineare Optimierung b). Math4Inf 415 / 567 Beispiel 17.28 [Fortsetzung]. Für max n 1 1 − 4 x1 − 3 x2 : −1 −1 −2 1 führt die Auswahl der Basisspalten Basislösung Spalte a2 v = (10, 0, 10, 0, 20). 1 0 0 0 1 0 0 0 1 20 = −10 , x ≥ 0 o 0 {a1 , a3 , a5 } zu der zulässigen Wir möchten nun die zweite in die Basis aufnehmen. Die Skalare α2,i lassen sich sofort aus der Darstellung n o 1 −1 hc, xi : A− A x = A b , x ≥ 0 = 1,3,5 1,3,5 1 1 0 −1 0 10 n o max − 4 x1 − 3 x2 : 0 0 1 1 0 x = 10 , x ≥ 0 0 3 0 −2 1 20 max ablesen; sie bilden gerade die 2.te Spalte der Matrix. Lineare Optimierung Math4Inf 416 / 567 Somit erhalten wir θ = min 10, 20 3 = 20 3 Die neue Basis besteht aus den Spalten und i ∗ = 3. a1 , a3 , a2 ; 2 ist die Pivotspalte, 3 die Pivotzeile und 3 ist das Pivotelement. Lineare Optimierung Math4Inf 417 / 567 Die Darstellung max n o 1 −1 hc, xi : A− A x = A b , x ≥ 0 1,3,2 1,3,2 bzgl. der neuen Basisspalten a1 , a3 , a2 lässt sich einfach aus der vorhergehenden Darstellung max o n −1 1 hc, xi : A− A x = A b , x ≥ 0 1,3,5 1,3,5 ∗ ableiten. Dazu dividiert man die i -te Zeile (einschlieÿlich rechter αk ,i ∗ , und addiert anschlieÿend geeignete Vielfache der ∗ i -te Zeile (einschlieÿlich rechter Seite) zu den übrigen Zeilen, so ∗ dass die k -Spalte der i -te Einheitsvektor wird. Seite) durch Lineare Optimierung Math4Inf 418 / 567 n o 1 −1 hc, xi : A− A x = A b , x ≥ 0 = 1,3,2 1,3,2 1 0 0 −1/3 −1/3 10/3 o n 1 0 x = 10 , x ≥ 0 max − 4 x1 − 3 x2 : 0 0 1 0 1 0 −2/3 1/3 20/3 max Somit sind wir zu der benachbarten zulässigen Basislösung (10/3, 20/3, 10, 0, 0) Lineare Optimierung gelangt. Math4Inf 419 / 567 Bemerkung 17.29 [Relative Kosten]. i) Um zu entscheiden, welche Spalte in die Basislösung aufgenommen werden soll, benutzen wir die Kostenfunktion (Zielfunktion) hc, xi, die wir maximieren möchten. Die Kosten (der Zielfunktionswert) der zulässigen Basislösung aj1 , . . . , aj m zv Lineare Optimierung v mit Basis sind gegeben durch = m X i =1 cji vji . Math4Inf 420 / 567 Wir betrachten nun wieder den Ansatz m X i =1 Für ein geeignetes θ≥0 m X i =1 vji zw Lineare Optimierung = zv − θ i =1 cji i sei w die benachbarte Basislösung mit − θ αk ,i aj + θ ak = b. Dann sind die Kosten von m X αk ,i aj = ak . i w αk ,i + θck = zv + θ Math4Inf ck − m X i =1 ! cji αk ,i . 421 / 567 ii) e ck = ck − m X i =1 cji αk ,i heiÿen die relativen Kosten der Spalte k bzgl. der Basis aj1 , . . . , aj m . Die Kosten werden durch die Aufnahme der k -ten Spalte in die Basis genau dann erhöht, wenn e ck > 0. iii) Die relativen Kosten der Basisvariablen sind 0. Lineare Optimierung Math4Inf 422 / 567 Beispiel 17.30 [Fortsetzung]. Wir berechnen die relativen Kosten bzgl. der Basis a1 , a3 , a5 , die sich sofort aus der Darstellung n o 1 −1 hc, xi : A− A x = A b , x ≥ 0 = 1,3,5 1,3,5 10 1 1 0 −1 0 o n max − 4 x1 − 3 x2 : 0 0 1 1 0 x = 10 , x ≥ 0 20 0 3 0 −2 1 max ablesen lassen. Es ist e c2 = −3 − (−4 · 1 + 0 · 0 + 0 · 3) = 1 e c4 = 0 − (−4 · (−1) + 0 · 1 + 0 · −2) = −4 Somit erhöht (verbessert) nur die Aufnahme der 2.ten Spalte in die Basis die Kosten. Lineare Optimierung Math4Inf 423 / 567 Bemerkung 17.31 [Simplexalgorithmus/Simplextableau]. i) Für eine zulässige Basislösung Aj1 ,...,jm , Kosten zv = hc, vi v mit zugehöriger Basis(matrix) und relativen Kostenvektor e c besteht das Simplextableau aus den Einträgen e c -zv −1 Aj ,...,j A m 1 Beispiel (Fortsetzung): Basis Lineare Optimierung −1 Aj ,...,j b m 1 a1 , a3 , a5 0 1 0 -4 0 40 1 1 0 -1 0 10 0 0 1 1 0 10 0 3 0 -2 1 20 Math4Inf 424 / 567 ii) Pivotschritt: a) b) Auswahl einer Pivotspalte k mit positiven relativen Kosten e ck > 0. Auswahl einer Pivotzeile i ∗ , so dass vji ∗ αk ,i ∗ = min 1≤i ≤m Beispiel (Fortsetzung): Basis vji αk ,i 1 0 -4 1 1 0 0 0 1 0 3 : αk ,i > 0 . a1 , a3 , a5 0 0 0 40 -1 0 10 1 0 10 -2 1 20 Pivotspalte 2, Pivotzeile 3 und Pivotelement 3. Lineare Optimierung Math4Inf 425 / 567 iii) Simplextableau updaten auf die neue Basis: Dividieren der Pivotzeile (im Tableau) durch αk ,i ∗ . Addieren von geeigneten Vielfachen der Pivotzeile (im Tableau) zu den übrigen (einschlieÿlich der relativen Kostenzeile), so dass aus der k-ten Spalte der i ∗ -te Einheitsvektor wird (relative Kosten der k-ten Spalte sind anschlieÿend 0). Beispiel (Fortsetzung): Basis a1 , a3 , a2 a) b) 0 0 0 -10/3 -1/3 100/3 1 0 0 -1/3 -1/3 10/3 0 0 1 1 0 10 0 1 0 -2/3 1/3 20/3 Zulässige Basislösung (10/3, 20/3, 10, 0, 0) mit Kosten −100/3. iv) Gehe zu i). Lineare Optimierung Math4Inf 426 / 567 Satz 17.32. i) Sind in einem Simplextableau alle relativen Kosten nicht positiv, dann ist die momentane zulässige Basislösung eine optimale Lösung des LOP. ii) Sind in einer Pivotspalte k mit e ck >0 alle Einträge αk ,i nicht positiv, dann existiert kein Maximum des LOP, da die Kosten >0 hc, wi ≥ M beliebig groÿ werden können, d.h. für jedes M Vektoren w mit A w = b, w ≥ 0, und gibt es (vgl. Denition 17.9). Bemerkung 17.33 [Anti-Zykel-Regel]. In dieser Form kann es passieren, dass der Algorithmus nicht endet und Zykel auftreten. Dies kann daran liegen, dass die Auswahl der Pivotzeile nicht eindeutig ist. Eine Pivotregel, die solche Zykel vermeidet (durchbricht), ist Bland's Anti-Zykel-Regel: i) Wähle als Pivotspalte immer die mit dem kleinsten Index. ii) Wähle als Pivotzeile i ? immer die, so dass ji ? minimal ist. Lineare Optimierung Math4Inf 427 / 567 Bemerkung 17.34 [Phase-I]. Es bleibt die Frage zu klären, wie ndet man eine zulässige Basislösung, damit der Algorithmus beginnen kann. Die Idee ist, ein Hilfs-LOP aufzustellen, dessen optimale Lösung einfach in eine zulässige Basislösung des ursprünglichen LOP's umzuwandeln ist. Das Bestimmen einer zulässigen Basislösung nennt man auch Phase-I. Sei dazu unser LOP in Standardform gegeben c, xi : A x ≤ b, x ≥ 0} , max {h A ∈ Rn × m . Wir führen nun eine neue Variable xn+1 ein und betrachten das Phase-I-LOP max {xn+1 : A x − b xn+1 ≤ 0, x ≥ 0, xn+1 ≥ 0, xn+1 ≤ 1} . Lemma 17.35. Der optimale Wert des Phase-I-LOP ist genau dann 1, wenn es ein x ∈ Rn Lineare Optimierung gibt mit A x≤b und x ≥ 0. Math4Inf 428 / 567 Bemerkung 17.36. Das Phase-I-LOP in Normalform hat die Gestalt xn+1 max : A 0 Der Vektor −b 1 Im + 1 x= 0 1 n +m +2 ,x∈R ,x≥0 . v = (0, . . . , 0, 0 . . . , 0, 1)| | {z } | {z } m n +1 ist eine zulässige Basislösung von diesem LOP bzgl. der Basis mit dem Spaltenindizes ? Sei x ∈ Rn + m + 2 {n + 2 , . . . , n + m + 2 }. eine optimale Basislösung des Problems mit {j1 , . . . , jm+1 } die zugehörigen Basisspalten. = 1, ist n + 1 ∈ {j1 , . . . , jm+1 }, und die Spalten der (A, −b, Im ) mit den Indizes {j1 , . . . , jm+1 } \ {n + 1} Kosten 1, und seien ? Wegen xn+1 Matrix bestimmen eine zulässige Basislösung des ursprünglichen Problems. Lineare Optimierung Math4Inf 429 / 567 Beispiel 17.37 [Fortsetzung]. Ausgangs-LOP: max − 4 x1 − 3 x2 : x1 + x2 ≤ 20; −x1 − x2 ≤ −10; −2 x1 + x2 ≤ 0; x1 ≥ 0; x2 ≥ 0 Phase-I-LOP in Normalform: max x3 : x1 + x2 − 20 x3 + x4 = 0, −x1 − x2 + 10 x3 + x5 = 0, −2 x1 + x2 + x6 = 0, + x7 = 1, x1 , . . . , x7 ≥ 0 . x3 Lineare Optimierung Math4Inf 430 / 567 Simplextableaus Phase-I 0 1 0 0 0 0 0 1 1 -20 1 0 0 0 0 -1 -1 0 1 0 0 0 0 10 -2 1 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 1 1 Pivotspalte 3, Pivotzeile 2, Pivotelement 10. 1/10 1/10 0 0 -1/10 0 0 0 -1 -1 0 1 2 0 0 0 -1/10 -1/10 1 0 1/10 0 0 0 -2 1 0 0 0 1 0 0 1/10 0 0 -1/10 0 1 1 1/10 Pivotspalte 1, Pivotzeile 4, Pivotelement 1/10. Lineare Optimierung Math4Inf 431 / 567 0 0 0 0 0 0 -1 -1 0 0 0 1 1 0 10 10 0 0 1 0 0 0 1 1 0 3 0 0 -2 1 20 20 1 1 0 0 -1 0 10 10 x? = (10, 0, 1, 10, 0, 20, 0) erreicht mit {1, 3, 4, 6}. Somit ist v = (10, 0, 10, 0, 20) zulässige Optimale Lösung Basisspalten Basislösung von max n 1 − 4 x1 − 3 x2 : −1 −1 −2 1 mit den Basisspalten Lineare Optimierung 1 {1, 3, 5} 1 0 0 0 1 0 0 0 1 20 = −10 , x ≥ 0 o 0 (siehe Beispiel 17.24). Math4Inf 432 / 567 Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Denition 18.1 [Zufallsexperiment]. Ein Zufallsexperiment ist ein Vorgang, der beliebig oft unter den gleichen Bedingungen wiederholt werden kann und dessen Ergebnis nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann. Die Menge aller möglichen (und sich gegenseitig ausschlieÿenden) Ergebnisse des Zufallsexperiments heiÿt Ereignisraum (Ergebnisraum) und wird mit Ω bezeichnet. Beispiel 18.2. i) Würfeln: Ω = {1 , 2 , 3 , 4 , 5 , 6 }. ii) Lotto: Ω=Menge {1, . . . , 49}. iii) Münzwurf: der 6-elementigen Teilmengen aus Ω = {(K)opf, (Z)ahl}. Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf 433 / 567 Denition 18.3 [Ereignis]. i) Ein Ereignis A eines Zufallsexperiment ist eine Teilmenge des Ereignisraums Ω, also A ⊆ Ω. Man sagt, dass A eingetreten ist, wenn das Ergebnis des Experiments ein Element von A ist. ii) Ist |A| iii) A =Ω iv) A =∅ = 1, dann heiÿt A Elementarereignis. heiÿt sicheres Ereignis. heiÿt unmögliches Ereignis. Beispiel 18.4. i) Würfeln einer Primzahl: A = {2 , 3 , 5 }. ii) Mindestens einmal Kopf beim zweimaligen Wurf einer Münze: Ω = {KK , KZ , ZK , ZZ } Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung und A = {KK , KZ , ZK }. Math4Inf 434 / 567 Denition 18.5. Seien A, B Ereignisse eines Zufallsexperiments mit Ereignisraum Ω. i) Das Ereignis A und B entspricht dem Durchschnitt A ∩ B . ii) Das Ereignis A oder B entspricht der Vereinigung A ∪ B . iii) Das Gegenereignis A von A entspricht dem Komplement von A bzgl. Ω, d.h. A iv) Ist A ∩ B = ∅, = Ω \ A. dann heiÿen A und B disjunkt. Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf 435 / 567 Denition 18.6 [Laplace -Experiment]. 48 Ein Zufallsexperiment heiÿt Laplace-Experiment, falls es nur endlich viele mögliche Elementarereignisse gibt (also |Ω| < ∞), und falls jedes Elementarereignis gleich wahrscheinlich ist. Satz 18.7. Die Wahrscheinlichkeit P (A) eines Ereignisses A bei einem Laplace-Experiment mit Ereignisraum P (A) = |A| = |Ω| Ω ist gleich Anzahl der für A günstigen Elementarereignisse Anzahl aller Elementarereignisse 48 Pierre-Simon Laplace, 1749-1827 Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf . 436 / 567 Denition 18.8 [Wahrscheinlichkeit(saxiome), Kolmogorov ]. 49 Die Wahrscheinlichkeit P (A) eines Ereignisses A eines Zufallsexperiments mit Ereignisraum Ω muss folgende Eigenschaften erfüllen: i) 0 ≤ P (A) ≤ 1. ii) P (Ω) = 1. iii) Ist A ∩ B iv) Ω = ∅, dann ist P (A ∪ B ) = P (A) + P (B ). zusammen mit einer Wahrscheinlichkeit P heiÿt Wahrscheinlichkeitsraum und wird mit 49 Andrey Kolmogorov, 1903-1987 Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung (Ω, P ) Math4Inf bezeichnet. 437 / 567 Satz 18.9. i) P (A) = 1 − P (A), ii) P (A ∪ B ) insbesondere ist P (∅) = P (A) + P (B ) − P (A ∩ B ) iii) Sind Ai , 1 Ai (Additionsregel). ≤ i ≤ m, paarweise disjunkte ∩ Aj = ∅ für i 6= j , dann ist P (A1 iv) Ist A ⊆ B, = 0. Ereignisse, d.h. es gilt ∪ A2 ∪ A3 ∪ . . . ∪ Am ) = dann ist P (A) ≤ P (B ) m X i =1 P (Ai ). (Monotonität). Bemerkung 18.10. Sei (Ω, P ) Ω = {ω1 , . . . , ωn } A ⊆ Ω Wahrscheinlichkeitsraum, und sei Elementarereignissen ωi . Dann gilt für P (A) = X ωi ∈A Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung mit P (ωi ). Math4Inf 438 / 567 Denition 18.11 [Bedingte Wahrscheinlichkeit]. Seien A, B Ereignisse eines Zufallsexperiments mit P (A) 6= 0. Die Wahrscheinlichkeit von B unter der Bedingung, dass A eingetreten ist, ist deniert als P (B |A) = ∩ B) , P (A) P (A und heiÿt bedingte Wahrscheinlichkeit. Satz 18.12 [Multiplikationssatz]. Seien A, B Ereignisse eines Zufallsexperiments mit P (A), P (B ) 6= 0. Dann gilt P (A ∩ B ) = P (A) P (B |A) = P (B ) P (A|B ). Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf 439 / 567 Satz 18.13 [Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit]. (Ω, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, und seien Ai ⊆ Ω, ≤ i ≤ m, paarweise disjunkte Ereignisse mit Ω = ∪m i =1 Ai . gilt für B ⊆ Ω m X P (Ai ) · P (B |Ai ) P (B ) = i =1 Sei 1 Dann Satz 18.14 [Formel von Bayes ]. 50 (Ω, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, und seien Ai ⊆ Ω, m 1 ≤ i ≤ m, paarweise disjunkte Ereignisse mit Ω = ∪i =1 Ai . gilt für B ⊆ Ω Sei P (Ai |B ) = P (Ai )P (B |Ai ) P (B ) 50 Thomas Bayes, 1702-1761 Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Dann P (Ai )P (B |Ai ) = Pm . i =1 P (Ai ) · P (B |Ai ) Math4Inf 440 / 567 Denition 18.15 [Unabhängige Ereignisse]. Zwei Ereignisse A, B eines Zufallsexperiments heiÿen unabhängig, falls P (A ∩ B ) = P (A) · P (B ). Denition 18.16 [Zufallsvariable]. Sei Ω ein Ereignisraum. Eine Abbildung, die jedem Elementarereignis eine reelle Zahl zuordnet, d.h. X ω 7→ X (ω), heiÿt Zufallsvariable. {X (ω) : ω ∈ Ω} :Ω→R mit werden Realisierungen der Zufallsvariable genannt. Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf 441 / 567 Denition 18.17 [Verteilung]. Sei (Ω, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, und sei X :Ω→R eine Zufallsvariable. Die Abbildung V : X (Ω) → [0, 1], x 7→ P ({ω ∈ Ω : X (ω) = x }) heiÿt die Verteilung der Zufallsvariablen X . Bemerkung 18.18. Im folgenden werden wir die abkürzenden Schreibweisen verwenden: y X =x beschreibt die Menge {ω ∈ Ω : X (ω) = x } X ≤x beschreibt die Menge {ω ∈ Ω : X (ω) ≤ x } ≤X ≤x beschreibt die Menge {ω ∈ Ω : y ≤ X (ω) ≤ x } Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf 442 / 567 Denition 18.19 [Verteilungsfunktion]. Sei (Ω, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, und sei X :Ω→R eine Zufallsvariable. Die Abbildung F : R → [0, 1], x 7→ P (X ≤ x ) heiÿt die Verteilungsfunktion von X . Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf 443 / 567 Satz 18.20. Sei F : R → [0, 1] die Verteilungsfunktion einer Zufallsvariablen X . Dann gilt: i) F ist monoton steigend, und es gilt lim x →−∞ F (x ) = 0, lim F (x ) x →∞ = 1. ii) F ist rechtsseitig stetig, und in jedem Punkt existieren rechtsseitiger und linksseitiger Grenzwert: = F (x ? ) = P (X ≤ x ? ), lim F (x ) lim F (x )− x →x ? + lim x →x ? − F (x ) = P (X < x ? ). iii) x →x ? + lim x →x ? − Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung F (x ) = P (X ≤ x ? )−P (X < x ? ) = P (X = x ? ). Math4Inf 444 / 567 Denition 18.21 [Diskrete Zufallsvariable]. Sei (Ω, P ) : Ω → R eine {X (ω) : ω ∈ Ω} endlich oder ein Wahrscheinlichkeitsraum, und sei X Zufallsvariable. Ist der Wertebereich abzählbar unendlich, dann heiÿt X diskrete Zufallsvariable. Bemerkung 18.22. Ist X eine diskrete Zufallsvariable mit Wertebereich {xi : i ∈ N}, dann ist F (x ) = P (X ≤ x ) = X x ≤x P (X = xi ). i In diesem Falle ist die Verteilungsfunktion immer eine Treppenfunktion. Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf 445 / 567 Denition 18.23 [Stetige Zufallsvariable, Dichtefunktion]. Sei (Ω, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, und sei X :Ω→R eine Zufallsvariable mit Verteilungsfunktion F (x ). Gibt es eine integrierbare, nicht negative reelle Funktion w , so dass F (x ) = P (X ≤ x ) = Z x w (t ) dt , −∞ dann heiÿt X stetige Zufallsvariable, und w heiÿt Dichte(funktion) der Zufallsvariablen X . Bemerkung 18.24. Ist X eine stetige Zufallsvariable mit Verteilungsfunktion F und Dichte w . Dann ist F stetig, und es gilt F P (a 0 (x ) ≤ X ≤ b) = F (b) − F (a) = = w (x ). Weiterhin ist Z b a w (t ) dt , d.h. der Flächeninhalt unter dem Graphen von w zwischen a und b. Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf 446 / 567 Satz 18.25. Sei (Ω, P ) Zufallsvariable. X ist stetig genau dann, wenn alle x : Ω → R eine P (X = x ) = 0 für ein Wahrscheinlichkeitsraum, und sei X ∈ R. Denition 18.26 [Unabhängige Zufallsvariablen]. Sei (Ω, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, und seien Xi Zufallsvariablen, 1 P ≤ i ≤ n. ((X1 ≤ x1 ) ∩ (X2 ≤ x2 ) ∩ · · · ∩ (Xn ≤ xn )) = Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung :Ω→R X1 , . . . , Xn heiÿen unabhängig, falls Math4Inf n Y i =1 P (Xi ≤ xi ). 447 / 567 Denition 18.27 [Erwartungswert]. Sei (Ω, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, und sei X :Ω→R eine Zufallsvariable. Der Erwartungswert E(X ) der Zufallsvariablen X ist deniert als: i) ist X diskret, dann E(X ) = X x · P (X = x ). x ∈X (Ω) ii) ist X stetig, dann Z E(X ) ∞ x w (x ) dx . = −∞ Oft wird der Erwartungswert auch mit Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung µ bezeichnet. Math4Inf 448 / 567 Satz 18.28. Ist die Dichtefunktion w einer stetigen Zufallsvariablen X symmetrisch um einen Wert c , d.h. w (c x ∈ R, dann ist E(X ) − x ) = w (c + x ) für alle = c. Satz 18.29 [Linearität des Erwartungswerts]. Seien X , Y Zufallsvariablen und sei E(X α ∈ R. Dann gilt + α Y ) = E(X ) + α E(Y ). Satz 18.30. Seien X , Y unabhängige Zufallsvariablen. Dann gilt E(X Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung · Y ) = E(X ) · E(Y ). Math4Inf 449 / 567 Denition 18.31 [Varianz, Standardabweichung]. Sei (Ω, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, und sei X :Ω→R eine Zufallsvariable. Var(X ) = E (X − E(X ))2 heiÿt die Varianz der Zufallsvariablen X . Die Wurzel aus der Varianz, also p Var(X ) heiÿt Standardabweichung von X . Oft wird die Varianz auch mit die Standardabweichung mit Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung σ σ2 bzw. bezeichnet. Math4Inf 450 / 567 Bemerkung 18.32. i) Ist X diskret, dann gilt Var(X ) X = (x − E(X ))2 · P (X = x ). x ∈X (Ω) ii) Ist X stetig, dann gilt Z Var(X ) ∞ = (x − E(X ))2 w (x ) dx . −∞ iii) Var(X ) = E(X 2 ) − ( E(X ) )2 . iv) Sind X1 , . . . , Xn unabhängige Zufallsvariablen, dann gilt Var(X1 + X2 + · · · + Xn ) Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung = Var(X1 ) + Var(X2 ) + · · · + Var(Xn ). Math4Inf 451 / 567 Denition 18.33 [Standardisierte Zufallsvariable]. Ist X Zufallsvariable mit Erwartungswert heiÿt X ? = X µ und Varianz Dann −µ σ die standardisierte (Zufallsvariable) von X . Es gilt E(X Var(X ? ) σ2. ?) =0 und = 1. Satz 18.34 [Ungleichung von Tschebysche ]. 51 Sei (Ω, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, X Zufallsvariable, und sei c P (|X > 0. :Ω→R eine Dann gilt − E(X )| ≥ c ) ≤ Var(X ) c2 . In Worten: Die Wahrscheinlichkeit, dass X um mehr als c vom 2 Erwartungswert abweicht, ist nicht gröÿer als Var(X )/c . 51 Pafnuti Lwowitsch Tschebyschow, 18211894 Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf 452 / 567 Satz 18.35 [(Schwaches) Gesetz der groÿen Zahlen]. Seien X1 , . . . , Xn unabhängige und identisch verteilte Zufallsvariablen mit Erwartungswert µ und Varianz σ2. Dann ist auch das arithmetische Mittel e X = 1 n n X i =1 Xi eine Zufallsvariable mit Erwartungswert >0 µ und Varianz σ 2 /n. Für gilt e lim P (|X n→∞ Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung − µ| < ) = 1. Math4Inf 453 / 567 • Diskrete Verteilungen Denition 18.36 [Gleichverteilung]. Ω der endliche Ereignisraum eines Laplace-Experiments, P (ω) = 1/|Ω| für ω ∈ Ω. Die zugehörige Verteilung einer Sei und sei (diskreten) Zufallsvariable X heiÿt Gleichverteilung, und es gilt E(X ) = 1 |Ω| X X (ω), Var(X ) ω∈Ω Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung = 1 |Ω| ! 2 −E(X ) + X 2 X (ω) ω∈Ω Math4Inf 454 / 567 Denition 18.37 [Hypergeometrische Verteilung]. Gegeben sei eine Grundmenge N , von denen M Elemente eine bestimmte Eigenschaft haben. Man entnimmt nun eine Stichprobe vom Umfang n ohne Zurücklegen. Sei X die Zufallsvariable X = Anzahl der Elemente in der Stichprobe mit der bestimmten Eigenschaft. Dann gilt P (X M N −M = k ) = k Nn−k . n Weiterhin gilt E(X ) =n M N Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung , Var(X ) =n M N 1 − M Math4Inf N −n . N −1 N 455 / 567 Denition 18.38 [Binomialverteilung]. 52 Ein Bernoulli -Experiment ist ein Zufallsexperiment, bei dem es nur zwei Ausgänge gibt: Ereignis A tritt ein oder nicht. Sei p die Wahrscheinlichkeit, mit der A eintritt. Wiederholt man ein Bernoulli-Experiment n-mal, so spricht man von einem Bernoulli-Experiment der Länge n. Für ein Bernoulli-Experiment der Länge n, sei X die (diskrete) Zufallsvariable, die angibt, wie oft das Ereignis A eingetreten ist. Dann ist X binomialverteilt und es gilt für k ∈ { 0, . . . , n } P (X = k) = n k p k (1 − p )n−k . Weiterhin gilt E(X ) = n p, 52 Daniel Bernoulli, 1700 1782 Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Var(X ) = n p (1 − p ). Math4Inf 456 / 567 Denition 18.39 [Poisson -Verteilung]. 53 Sei λ > 0. Eine (diskrete) Zufallsvariable ∈ N0 mit der Wahrscheinlichkeit X , die jede natürliche Zahl k P (X = k) = λk −λ e k! annimmt, heiÿt poissonverteilt. Es gilt E(X ) Var(X ) = λ, = λ. Bemerkung 18.40. Sei Xt die Anzahl gewisser Vorkommnisse im Zeitraum [0, t ]. Die Menge von Zufallsvariablen Xt , t Intensität λ, ≥ 0, heiÿt Poisson-Prozess mit falls P (Xt = k) = 53 Siméon-Denis Poisson, 17811840 Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung (t λ)k −t λ e . k! Math4Inf 457 / 567 Satz 18.41. Sei X binomialverteilt bzgl. den Parametern n und p. Für n und p → 0, so dass λ = np lim n→∞, p→0 (Faustregel: für n ≥ 50 P (X und p = k) = ≤ 0.1 λk −λ e . k! kann die Binomialverteilung gut durch die Poisson-Verteilung mit Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung →∞ konstant ist, gilt λ = np Math4Inf genähert werden. 458 / 567 Denition 18.42 [(Stetige) Gleichverteilung (Rechteckverteilung)]. Eine (stetige) Zufallsvariable X heiÿt gleichverteilt auf dem Intervall [a, b], wenn sie die Dichtefunktion ( w (x ) 1 b −a , 0, = x ∈ (a, b), sonst besitzt. Es gilt E(X ) Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung = a +b 2 , Var(X ) = (b − a)2 Math4Inf 12 . 459 / 567 Denition 18.43 [Exponentialverteilung]. Sei λ > 0. Eine (stetige) Zufallsvariable X heiÿt exponentialverteilt, wenn sie die Dichtefunktion ( λ e−λ x , w (x ) = 0, x > 0, sonst besitzt. Es gilt E(X ) Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung = 1 λ , Var(X ) = 1 λ2 Math4Inf . 460 / 567 Denition 18.44 [Normalverteilung (Gauÿverteilung)]. Eine (stetige) Zufallsvariable X heiÿt normalverteilt mit den Parametern µ, σ > 0, wenn sie die Dichtefunktion w (x ) 1 1 x −µ = √ e− 2 ( σ 2π besitzt. Kurzschreibweise X ∼ N (µ; σ 2 ). σ 2 ) Der Graph der Dichtefunktion heiÿt Gauÿ'sche Glockenkurve. Es ist E(X ) Speziell für µ = 0, σ = 1 = µ, Var(X ) heiÿt N (0; 1) Standardnormalverteilung. Hier schreibt man für die Dichtfunktion Verteilungsfunktion = σ2. ϕ und für die Φ. Bemerkung 18.45. Es ist Φ(−x ) = 1 − Φ(x ). Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf 461 / 567 Bemerkung 18.46. Ist X nach N (µ; σ 2 ) verteilt, dann ist die Zufallsvariable Z = X −µ σ standardnormalverteilt. Ist F (x ) die Verteilungsfunktion und w (x ) die Dichtefunktion von X , dann gilt F (x ) = Φ((x − µ)/σ) Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung und w (x ) = 1 σ ϕ((x − µ)/σ). Math4Inf 462 / 567 Satz 18.47. Seien Xi , i = 1, 2, Erwartungswerten unabhängige normalverteilte Zufallsvariablen mit µi σi2 . Dann ist X1 + X2 ebenfalls µ1 + µ2 und Varianz σ12 + σ22 . und Varianzen normalverteilt mit Erwartungswert Satz 18.48 [Zentraler Grenzwertsatz]. Seien X1 , . . . , Xn unabhängige und identisch verteilte Zufallsvariablen mit Erwartungswert sei e= X 1 n µ n X i =1 und Varianz nach N (µ; σ Weiterhin Xi das arithmetische Mittel der Zufallsvariablen. Für n 2 σ2. /n) verteilt. Genauer: Die e − µ)/(σ/√n) ist für (X Zufallsvariable →∞ e ist X standardisierte n →∞ standardnormalverteilt, d.h. lim P n→∞ Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung −µ √ ≤z σ/ n e X ! = Φ(z ). Math4Inf 463 / 567 Bemerkung 18.49. i) Sei X binomialverteilt mit den Parametern n und p, und Verteilungsfunktion FB . Sei n p und n (1 n p (1 − p ) ≥ 9). − p) groÿ (Faustregel: Dann ist FB (x ) ≈Φ + 1/2 − n p p n p (1 − p ) x ! ii) Sei X poissonverteilt mit den Parametern λ und λ groÿ (Faustregel: λ ≥ 9). x + 1/2 − λ √ FP (x ) ≈ Φ λ Verteilungsfunktion FP . Sei ist Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung Math4Inf Dann 464 / 567 Statistik I Denition 19.1 [p-Quantile, Median]. Sei X eine Zufallsvariable mit Verteilungsfunktion F . Für p heiÿt xp ∈R F (xp ) p-Quantil von X . Ein Quantil zu p Statistik I ∈ (0, 1) mit =p = 1 /2 Math4Inf heiÿt Median. 465 / 567 Denition 19.2 [Zufallsstichprobe]. Eine Zufallsstichprobe vom Umfang n ist eine Folge X1 , . . . , Xn von unabhängigen, identisch verteilten Zufallsvariablen. Die Xi heiÿen auch Stichprobenvariablen. Beispiel 19.3. X =Abfüllgewicht einer Tafel Schokolade; In einer Stichprobe vom Umfang 10, könnten X1 , . . . , X10 etwa die Werte annehmen: 100, 97, 95, 103, 101, 105, 98, 99, 99, 91. Bemerkung 19.4. Im allgemeinen werden Stichproben ohne Zurücklegen gezogen. Wir nehmen aber an, dass das Ziehen eines einzelnen Elementes die Grundmenge nur geringfügig verändert, d.h. wir können annehmen, dass die Xi unabhängig voneinander sind. Statistik I Math4Inf 466 / 567 Bemerkung 19.5 [Schätzungen]. Oft möchte man von einer gegebenen Grundmenge (z.B. Menge aller an einem Tag produzierten Schokoladen) einen gewissen Parameter (Gröÿe) Θ wissen (z.B. durchschnittliche Abfüllgewicht, also E (X )). Da die genaue Bestimmung zu aufwendig ist, versuchen wir Θ mit Hilfe einer Stichprobe zu schätzen (z.B. arithmetisches Mittel einer Stichprobe). Denition 19.6 [Schätzfunktion]. Eine Funktion T (X1 , . . . , Xn ) der Stichprobenvariablen heiÿt Stichprobenfunktion , und ist selbst eine Zufallsvariable. Wird sie zum Schätzen eines Parameters Θ verwendet, nennt man sie Schätzfunktion (oder Schätzer). Statistik I Math4Inf 467 / 567 Beispiel 19.7. i) ii) Θ = Erwartungswert eines Merkmales X ; Schätzfunktion: Pn 1 X arithmetisches Mittel einer Stichprobe X = i n i =1 Θ = Varianz eines Merkmales X ; Schätzfunktion: Pn 2 1 2 S = n−1 i =1 (Xi − X ) Varianz einer Stichprobe (empirische Varianz). iii) Θ= Anteil eines Merkmales X ; Schätzfunktion: P = Anteil des Merkmales in einer Stichprobe (empirischer Anteil). Statistik I Math4Inf 468 / 567 • Prüfverteilungen Denition 19.8 [χ -Verteilung]. 2 Seien Z1 , . . . , Zm unabhängige und standardnormalverteilte Zufallsvariablen. Dann heiÿt die Verteilung der Zufallsvariablen X χ2 -Verteilung mit Es ist E (X ) = m, = Z12 + Z22 + · · · + Zm2 m Freiheitsgraden. Var(X ) = 2 m, und die Dichtefunktion ist gegeben durch w (x ) 1 x = m /2 2 Γ(m/2) 2 −1 e−x /2 . m Bemerkung 19.9. Die Gammafunktion Statistik I Γ : R>0 → R ist deniert Z ∞ x −1 e−t dt . Γ(x ) = t Math4Inf 0 als 469 / 567 Satz 19.10. Sei X das arithmetische Mittel einer zufälligen Stichprobe X1 , . . . , Xn vom Umfang n eines normalverteilten Merkmals X mit Standardabweichung S eine Statistik I 2 = 1 n −1 χ2 -verteilte σ. n X i =1 Dann ist die empirische Varianz Xi −X 2 = Zufallsvariable mit n Math4Inf n X 1 n −1 −1 i =1 2 Xi −X 2 Freiheitsgraden. 470 / 567 Denition 19.11 [t -Verteilung]. Seien X , Z zwei unabhängige Zufallsvariablen, wobei X χ2 -verteilt sei mit m Freiheitsgraden und Z sei standardnormalverteilt. Dann heiÿt die Verteilung der Zufallsvariablen T =p Z X /m t -Verteilung oder auch Student-Verteilung mit m Freiheitsgraden. Es ist E (X ) =0 (m > 1), Var(X ) = m/(m − 2) (m > 2), und die Dichtefunktion ist gegeben durch Γ((m + 1)/2) w (x ) = √ m πΓ(m /2) Statistik I Math4Inf 1 + x 2 m − m+ 2 1 . 471 / 567 Satz 19.12. Sei S die Standardabweichung und X das arithmetische Mittel einer zufälligen Stichprobe X1 , . . . , Xn vom Umfang n eines normalverteilten Merkmals X mit Erwartungswert µ = E(X ). Dann besitzt die Zufallsvariable T = −µ √ S/ n X eine t -Verteilung Zufallsvariable mit n Statistik I Math4Inf −1 Freiheitsgraden. 472 / 567 • Punktschätzungen Denition 19.13 [Erwartungstreu]. Sei T eine Schätzfunktion des Parameter i) T heiÿt erwartungstreu, falls E (T ) Θ. = Θ. ii) T heiÿt konsistent, falls limn→∞ P (|T beliebiges − Θ| < ) = 1 für > 0. iii) T heiÿt konsistent im quadratischen Mittel, wenn limn→∞ E ((T − Θ)2 ) = 0. Satz 19.14. Ist eine Schätzfunktion konsistent im quadratischen Mittel, so ist sie auch konsistent. Statistik I Math4Inf 473 / 567 Bemerkung 19.15. X (arithmetisches Mittel) und P (empirischer Anteil) sind erwartungstreu und konsistent im quadratischen Mittel. S 2 (empirische Varianz) ist erwartungstreu und konsistent. Statistik I Math4Inf 474 / 567 • Intervallschätzungen Denition 19.16 [Kondenzintervall]. Seien gu (X1 , . . . , Xn ) und go (X1 , . . . , XN ) Stichprobenfunktionen mit gu (X1 , . . . , Xn ) P ≤ go (X1 , . . . , XN ), und sei α ∈ [0, 1]. Ist (Θ ∈ [gu (X1 , . . . , Xn ), go (X1 , . . . , XN )]) = 1 − α, dann heiÿt [gu (X1 , . . . , Xn ), go (X1 , . . . , XN )] Kondenzintervall (Vertrauensintervall) zum (Kondenz)niveau (Vertrauensniveau, Sicherheit) 1 − α. Der Wert α heiÿt auch Irrtumswahrscheinlichkeit. α Werte wie z.B. 0.1, 0.05, 0.01. Bemerkung 19.17. Üblicherweise wählt man für Statistik I Math4Inf 475 / 567 Satz 19.18 [Kondenzintervall für E (X ) eines normal verteilten Merkmals X bei bekanntem σ]. i) Wähle eine Kondenzniveau 1 − α (z.B. 0.90, 0.95 oder 0.99). ii) Ziehe eine Stichprobe vom Umfang n und berechne x (arithmetisches Mittel der Stichprobe). iii) Bestimme das 1 − α/2-Quantil z der Standardnormalverteilung. iv) Das Kondenzintervall zum Niveau 1 − α ist gegeben durch x Statistik I σ σ − z√ ,x + z√ n Math4Inf n . 476 / 567 Satz 19.19 [Kondenzintervall für σ eines normal verteilten Merkmals X ]. 2 i) Wähle eine Kondenzniveau 1 − α (z.B. 0.90, 0.95 oder 0.99). ii) Ziehe eine Stichprobe vom Umfang n und berechne s 2 (Varianz der Stichprobe bzgl. x ). iii) Bestimme das 1 − α/2 und 2 χ -Verteilung mit n −1 α/2-Quantil zu , zo der Freiheitsgraden. iv) Das Kondenzintervall zum Niveau 1 − α ist gegeben durch (n − 1)s 2 (n − 1)s 2 , . zu zo v) Das Kondenzintervall der Standardabweichung 1 −α zum Niveau ist gegeben durch s Statistik I σ (n − 1)s zu s 2 , Math4Inf 2 (n − 1)s . zo 477 / 567 Satz 19.20 [Kondenzintervall für einen Anteilswert p bei groÿem Stichprobenumfang n ≥ 20]. i) Wähle eine Kondenzniveau 1 − α (z.B. 0.90, 0.95 oder 0.99). ii) Ziehe eine Stichprobe vom Umfang n und berechne den empirischen Anteil p. iii) Bestimme das 1 − α/2-Quantil z der Standardnormalverteilung. iv) Sei g± = n n + z2 p z + r 2 2n ± z p (1 − p) n Dann ist das Kondenzintervall zum Niveau 1 durch [g− , g+ ]. Für np (1 durch " r p Statistik I −z p (1 − p) ≥ 9 − p) n 4 n2 −α ! . ist gegeben kann dies ersetzt werden r ,p + z Math4Inf + z2 p (1 − p) n # . 478 / 567 • Hypothesentest Denition 19.21 [Hypothesen, Test]. i) Ein statistisches Testproblem besteht aus einer Nullhypothese H0 und einer Alternativhypothese H1 , die sich gegenseitig ausschlieÿen. ii) Enthalten die Hypothesen Aussagen über einen Parameter Θ, so spricht man von einem parametrischen Test. iii) Eine Hypothese heiÿt einfach, wenn sie nur aus einem Parameterwert besteht, z.B. zusammengesetzt, z.B. Θ = 100. Ansonsten heiÿt sie Θ 6= 100. iv) Der Test basiert auf einer Zufallsstichprobe und einer Stichprobenfunktion T (X1 , . . . , Xn ), deren Verteilung unter Annahme der Nullhypothese bekannt ist. Statistik I Math4Inf 479 / 567 v) Der Ablehnungsbereich (oder Verwerfungsbereich) umfasst jene Werte von T (X1 , . . . , Xn ), die für die Alternative H1 sprechen und mit einer Wahrscheinlichkeit kleiner oder gleich vi) α auftreten. α heiÿt Signikanzniveau des Tests. Typische Werte sind 0.1, 0.05, 0.01. vii) Wenn T (X1 , . . . , Xn ) in den Ablehnungsbereich fällt, dann lautest die Testentscheidung H0 zugunsten von H1 verwerfen, ansonsten H0 beibehalten. Statistik I Math4Inf 480 / 567 Beispiel 19.22. i) Bei der Produktion von Schokoladentafeln möchten wir durch Stichproben feststellen, ob das erwartete Gewicht µ einer produzierten Tafel dem Sollwert von 100 Gramm entspricht. ii) Unsere Nullhypothese H0 ist: µ = 100. Unsere : µ 6= 0. H0 ist einfach Alternativhypothese lautet H1 und H1 ist zusammengesetzt. iii) Wir ziehen nun eine Stichprobe von 10 Schokoladentafeln und erhalten ein arithmetisches Mittel von 98.9 Gramm. Sollen wir aufgrund der Stichprobe H0 zugunsten von H1 verwerfen oder H0 beibehalten? Statistik I Math4Inf 481 / 567 iv) Dazu bestimmen wir, wie groÿ die Abweichung c von 100 sein muss, damit es extrem unwahrscheinlich ist, dass das Stichprobenmittel unter der Annahme der Gültigkeit von H0 zustande gekommen ist. v) Extrem unwahrscheinlich wird mit dem Signikanzniveau (hier α = 0, 05) α gemessen, und c ergibt sich dann aus P X − µ > c = α. vi) Wir nehmen an, dass hier X (Gewicht einer Schokolade) normalverteilt ist mit Standardabweichung normalverteilt mit Standardabweichung P Statistik I X − µ > c = α ⇔ P √ n σ Math4Inf σ/ σ. √ Somit ist X n , und es ist √ X −µ ≤ n σ c = 1−α/2. 482 / 567 √ n vii) Nun ist σ X −µ das entsprechende 1 viii) In dem Beispiel mit c standardnormalverteilt, und wir können − α/2-Quantil σ=2 aus einer Tabelle ablesen. ergibt sich σ 2 = 1.96 · √ = 1.96 · √ n 10 = 1.24. ix) Wenn also ein Stichprobenmittel x mit x < µ − c = 98.8 oder x > µ + c = 101.24 gezogen wird, dann verwerfen wir H0 zugunsten von H1 . Ansonsten behalten wir H0 . x) Hier ist x Statistik I = 98.9 und wir behalten H0 . Math4Inf 483 / 567 Satz 19.23 [Test für E (X ) eines normalverteilten Merkmals bei bekannten σ (Gauÿ-Test)]. i) Formuliere die Hypothesen (µ a) b) c) = E (X )): H0 : µ = µ0 gegen H1 : µ 6= µ0 H0 : µ ≥ µ0 gegen H1 : µ < µ0 H0 : µ ≤ µ0 gegen H1 : µ > µ0 ii) Wähle das Signikanzniveau α. iii) Ziehe eine Stichprobe vom Umfang n, berechne x und den standardisierten Prüfwert √ z = n σ (x − µ) . iv) Bzgl. der Standardnormalverteilung berechne die Quantile z1−α/2 und z1−α . Statistik I Math4Inf 484 / 567 v) Entscheidung: a) b) c) H0 ist zu verwerfen, falls |z | > z1−α/2 . H0 ist zu verwerfen, falls z < −z1−α . H0 ist zu verwerfen, falls z > z1−α . Bemerkung 19.24. Der Gauÿ-Test entspricht dem Vorgehen beim Berechnen von Kondenzintervallen 19.18. Analog können die Ergebnisse über Kondenzintervalle in den Sätzen 19.18 und 19.19 in Form von Hypothesentests formuliert werden. Statistik I Math4Inf 485 / 567 Teil IV Mathematik IV Math4Inf 486 / 567 Kurven und Flächen Denition 20.1 [Kurven (siehe auch Denition 13.39)]. Eine Abbildung c : [a, b] → Rn der Form t c1 (t ) c2 (t ) 7→ . .. cn (t ) heiÿt parameterisierte Kurve. Die Funktionen ci : [a, b] → R heiÿen die Komponentenfunktionen. Sind alle Komponentenfunktionen Polynome, dann wird die Kurve als Polynomkurve bezeichnet. Bemerkung 20.2. R2 ist die = {(x , y ) ∈ R : f (x , y ) = 0}, Eine andere Darstellungsform für eine Kurve c im sogenannte implizite Darstellung c wobei f (x , y ), : R2 → R 2 eine Abbildung ist. Ist dabei f ein Polynom in dann heiÿt c eine algebraische Kurve. Kurven und Flächen Math4Inf 487 / 567 Beispiel 20.3. Seien a, b > 0. Die Ellipse c mit Achsen auf den Koordinatenachsen und den Achsen-Schnittpunkten ±(a, 0)| , ±(0, b)| besitzt (etwa) die Darstellungen c = Kurven und Flächen a cos t b sin t : t ∈ [0, 2π] = (x , y ) ∈ R2 : Math4Inf x 2 a2 + y 2 b2 −1=0 . 488 / 567 Denition 20.4 [Tangentialvektor (siehe auch Denition 13.41)]. Sei c : [a, b] → Rn eine Kurve mit dierenzierbaren Komponentenfunktionen. Dann heiÿt 0 c1 (t ) c 0 (t ) 2 ċ (t ) = . .. 0 cn (t ) Tangentialvektor (Geschwindigkeitsvektor) der Kurve in c (t ). Bemerkung 20.5. Sei c : [a, b] → R2 eine Kurve mit dierenzierbaren ? ∈ [a, b] −c20 (t ? ) 0 ? c1 (t ) Komponentenfunktionen, und es sei t Vektor nc (t ? )= 1 kċ (t ? )k mit ċ (t heiÿt Normalen(einheits)vektor der Kurve in c (t Kurven und Flächen Math4Inf ?) 6= 0. Der ? ). 489 / 567 Bemerkung 20.6. i) Der Normalenvektor ist senkrecht zum Tangentialvektor, der eine Tangentialgerade an die Kurve erzeugt. nc (t ) ċ (t ) c (t ) = {(x , y ) ∈ R2 : f (x , y ) = 0} eine implizite Darstellung 2 einer Kurve, wobei f : R → R partiell dierenzierbar ist, und ? ? es sei grad f (x , y ) 6= 0. Dann ist bis auf das Vorzeichen ? ? der Normalen(einheits)vektor in (x , y ) gegeben durch ii) Sei c 1 kgrad f (x ? , y ? )k Kurven und Flächen grad f (x Math4Inf ? , y ? ). 490 / 567 Denition 20.7 [Länge einer Kurve (siehe auch Denition 13.41)]. Sei c : [a, b] → Rn eine Kurve mit stetig dierenzierbaren Komponentenfunktionen. Dann heiÿt v Z bu Z b n uX 0 2 t kċ (t )k dt L(c ) = [ci (t )] dt = a a i =1 Länge der Kurve c von a nach b. Die Funktion Lc Lc (l ) Z l = a : [a, b] → R mit kċ (t )k dt heiÿt Längenfunktion der Kurve C . Kurven und Flächen Math4Inf 491 / 567 Denition 20.8 [Reparameterisierung]. : [a, b] → Rn eine Kurve, und sei [â, b̂] ⊂ R. Sei weiterhin h : [â, b̂ ] → [a, b ] eine bijektive, dierenzierbare Funktion mit 0 0 h (t ) > 0 (bzw. h (t ) < 0) für alle t ∈ [a, b ].. Dann heiÿt die Kurve n d : [â, b̂ ] → R mit d (t ) = c (h (t )) eine Reparameterisierung von c . Seien c Ist c stetig dierenzierbar mit ċ (t ) 6= 0 für alle t ∈ [a, b], dann heiÿt die Reparameterisierung e c : [0, L(c )] → [a, b ] mit e c (s ) =c −1 Lc (s ) −1 die nach der Kurvenlänge reparameterisierte Kurve. Hierbei ist Lc die Umkehrabbildung der Längenfunktion. Kurven und Flächen Math4Inf 492 / 567 Satz 20.9. : [a, b] → Rn eine stetig dierenzierbare Kurve mit ċ (t ) 6= 0 für alle t ∈ [a, b ]. Dann gilt für die nach der Kurvenlänge n reparameterisierte Kurve e c : [0, L(c )] → R Sei c ke c˙ (s )k = 1. Insbesondere ist für Le c (s ) Kurven und Flächen =s für alle s Math4Inf ∈ [0, L(c )]. 493 / 567 Denition 20.10 [Bernsteinpolynome ]. 54 Für 0 ≤i ≤m bi ,m (t ) heiÿt das Polynom bi ,m = m i (1 − t )m−i t i = :R→R m! (m − i )! i ! mit (1 − t )m−i t i i -tes Bernsteinpolynom vom Grad m. Beispiel 20.11. = (1 − t )m , b1,m = m (1 − t )m−1 t , m b m −1 . bm,m = t , m−1,m = m (1 − t )t b0,m 54 Sergei Natanowitsch Bernstein, 18801968 Kurven und Flächen Math4Inf 494 / 567 Satz 20.12 [Eigenschaften von Bernsteinpolynomen]. Für i < m, i < 0 oder m <0 setzen wir bi ,m (t ) = 0. i) bi ,m (t ) ii) iii) ≥ 0 für t ∈ [0, 1], Pm i =0 bi ,m (t ) = 1, bi ,m (t ) = (1 − t ) · bi ,m−1 (t ) + t · bi −1,m−1 (t ), iv) bi0,m (t ) v) = m (bi −1,m−1 (t ) − bi ,m−1 (t )), Pm bi ,m (α t ) = j =0 bi ,j (α) bj ,m (t ) für α ∈ R. Kurven und Flächen Math4Inf 498 / 567 Denition 20.13 [Bézierkurven ]. 55 Seien c0 , . . . , cm ∈ Rn . Die Bézierkurve B : [0, 1] → R von Grad m bzgl. den Kontrollpunkten c0 , . . . , cm ist deniert durch B (t ) = m X i =0 bi ,m (t ) ci , wobei bi ,m (t ) die Bersteinpolynome sind. Im Falle n =2 heiÿt der Polygonzug c0 , c1 , . . . , cm auch Kontrollpolygonzug. 55 Pierre Étienne Bézier, 1910 1999 Kurven und Flächen Math4Inf 499 / 567 Beispiel 20.14. • Lineare Bézierkurve (Grad 1) mit zwei Kontrollpunkten c0 und c1 ist die Strecke B (t ) = (1 − t ) c0 + t c1 , Kontrollpunkte c0 Kurven und Flächen t ∈ [0, 1]. = (−1, 1)| , c1 = (0, −1)| Math4Inf 500 / 567 • Quadratische Bézierkurve (Grad 2) mit drei Kontrollpunkten c0 , c1 und c2 ist die Kurve B (t ) = (1 − t )2 c0 + 2 (1 − t ) t c1 + t 2 c2 , Kontrollpunkte c0 Kurven und Flächen t ∈ [0, 1]. = (−1, 1)| , c1 = (0, 0)| , c2 = (1, 1)| Math4Inf 501 / 567 • Kubische Bézierkurve (Grad 3) mit vier Kontrollpunkten c0 , c1 , c2 und c3 ist die Kurve B (t ) = (1−t )3 c0 +3 (1−t )2 t c1 +3 (1−t ) t 2 c2 +t 3 c3 , Kontrollpunkte c0 Kurven und Flächen t ∈ [0, 1]. = (−1, 1)| , c1 = (0, 0)| , c2 = (1, 1)| , c3 = (3, −1)| Math4Inf 502 / 567 • weitere Beispiele Kurven und Flächen Math4Inf 503 / 567 Satz 20.15. Jede Polynomkurve c (t ), t ∈ [0, 1], vom Grad m lässt sich als Bézierkurve vom Grad m darstellen, d.h., sei c (t ) = m X i =0 ai t i, n ∈ Rn , dannP gibt es Kontrollpunkte ci ∈ R , m dass c (t ) = i =0 bi ,m (t ) ci . Für die Kontrollpunkte für geeignete ai 0 ≤ i ≤ m, so ci gilt dabei Kurven und Flächen i i X j ci = m aj . j =0 j Math4Inf 504 / 567 Satz 20.16 [Eigenschaften von Bézierkurven]. Sei B (t ) eine Bézierkurve vom Grad m. Dann gilt i) B (0) ii) Ḃ (0) = c0 , = cm , B (1) = m · (c1 − c0 ), Ḃ (1) ( m X m X = m (cm − cm−1 ), iii) B (t ) ∈ λi ci : i =0 i =0 ) λ i = 1, λi ≥ 0 , t ∈ [0, 1], d.h. das Bild der Bézierkurve liegt in der konvexen Hülle der Kontrollpunkte. Dies ist die kleinste konvexe Menge, die die Kontrollpunkte enthält. iv) Sei T : Rn → Rn eine ane Abbildung (siehe Denition 6.8). Dann gilt T (B (t )) = m X i =0 Kurven und Flächen bi ,m (t ) T (ci ). Math4Inf 505 / 567 Satz 20.17 [De Casteljau - Algorithmus]. 56 Sei B (t ) eine Bézierkurve vom Grad m bzgl. den Kontrollpunkten c0 , . . . , cm . Sei t 1 ≤j ≤m (j ) ci sei ? (0) ∈ [0, 1], ci (j −1) = (1 − t ? ) · ci ci Insbesondere ist B (t ?) = 56 Paul de Casteljau, 1930 Kurven und Flächen j X k =0 (m ) = c0 für 0 (j −1) + t ? · ci +1 , Dann gilt: (j ) = ci bk ,j (t ? ≤ i ≤ m, für 0 und für ≤ i ≤ m − j. ) ci +k . . Math4Inf 506 / 567 Satz 20.18 [Unterteilung von Bézierkurven]. Sei B (t ) eine Bézierkurve vom Grad m bzgl. den Kontrollpunkten ∈ Rn . Sei α ∈ [0, 1] und sei Bl (t ) = B (t ) für Br (t ) = B (t ) für t ∈ [α, 1]. Bl (t ) und Br (t ) sind c0 , . . . , cm und t ∈ [0, α] Polynomkurven vom Grad m und daher als Bézierkurven über dem Intervall [0, 1] darstellbar. (j ) Sind ci die Punkte des de Casteljau Algorithmus von B (t ) für ? = α, so ist Bl (t ) die Bézierkurve vom Grad m bzgl. den (j ) Kontrollpunkten c0 , j = 0, . . . , m, und Br (t ) ist die Bézierkurve (m − j ) vom Grad m bzgl. den Kontrollpunkten cj , j = 0, . . . , m. den Wert t Kurven und Flächen Math4Inf 507 / 567 Bemerkung 20.19. Eine Anwendung von Bézierkurven ist das Rendering von Kurven, um sie auszugeben (Drucker, Bildschirm, etc.). Da sich lineare Kurven (Strecken) einfach ausgeben lassen und die Auösung des Ausgabemediums nicht beliebig fein sein kann, wird zunächst festgelegt, wann eine Bézierkurve B (t ) vom Grad m mit Kontrollpunkten c0 , . . . , cm fast linear ist: Dazu gebe man eine Toleranz >0 vor und berechne den maximalen Abstand eines Punktes ci , i Geraden durch die beiden Endpunkte = 0, . . . , m, von der c0 und cm . Ist dieser Abstand nicht gröÿer als die vorgegebene Toleranz, dann ist die Kurve fast linear. c3 c1 c4 c0 Kurven und Flächen c2 Math4Inf 508 / 567 : [a, b] → R2 eine Polynomkurve vom Grad m. Zum Plotten von c (t ) bietet sich folgendes rekursives Verfahren Sei c (t ) an: (0) Stelle c (t ) als Bézierkurve B (t ) vom Grad m über [0, 1] dar. Ist B (t ) fast linear, gehe zu (3). (1) Unterteile B (t ) in zwei Bézierkurven Bl (t ), Br (t ) bzgl. dem Wert α = 1/2. (2) I I Ist Bl (t ) fast linear gehe zu (3), sonst wende (1) auf Bl (t ) an. Ist Br (t ) fast linear gehe zu (3), sonst wende (1) auf Br (t ) an. (3) Man gebe die Strecke zwischen den Kontrollpunkten c0 und cm aus. Kurven und Flächen Math4Inf 509 / 567 Denition 20.20 [(2-)Fläche]. Sei U ⊂ R2 . : U → R3 der x1 (s , t ) S (s , t ) = x2 (s , t ) x3 (s , t ) Eine Abbildung S heiÿt 2-Fläche . Die Funktionen xi :U→R Form heiÿen die Komponentenfunktionen. Sind alle Komponentenfunktionen Polynome, dann wird die Fläche als Polynomäche bezeichnet. Bemerkung 20.21. Eine andere (und üblichere) Darstellungsform für eine Fläche c im R3 ist auch hier die implizite Darstellung 3 3 S = {(x1 , x2 , x3 ) ∈ R : f (x1 , x2 , x3 ) = 0}, wobei f : R → R eine Abbildung ist. Ist dabei f ein Polynom in (x1 , x2 , x3 ), dann heiÿt S eine algebraische Fäche. Kurven und Flächen Math4Inf 510 / 567 Beispiel 20.22. Seien a, b , c > 0. Das Ellipsoid S mit Achsen auf den Koordinatenachsen und den Achsen-Schnittpunkten ±(0, b, 0)| , S (s , t ) = {(a sin s cos t , b sin s sin t , c cos s )| : s ∈ [0, π], t ∈ [0, 2π]} 2 2 2 y z x 3 = (x , y , z ) ∈ R : 2 + 2 + 2 − 1 = 0 . a Kurven und Flächen ±(a, 0, 0)| , ±(0, 0, c )| besitzt (etwa) die Darstellungen b c Math4Inf 511 / 567 Zylinder: S (s , t ) = (cos(s ), sin(s ), t )| , Propeller: S (s , t ) Kurven und Flächen = (s 2 t , s t 2 , s t )| , Math4Inf s s ∈ [0, 2π], t ∈ [−1, 1]. ∈ [−1, 1], t ∈ [−1, 1]. 512 / 567 Denition 20.23 [Tangentialebene]. ⊂ R2 , eine Fläche. Für (s ? , t ? ) ∈ U betrachten ? ? wir die beiden Kurven Ss ? (t ) = S (s , t ) und St ? (s ) = S (s , t ). ? ? Sind die beiden Tangentialvektoren S˙s ? (t ) und S˙t ? (s ) linear Sei S : U → R3 , U unabhängig, dann heiÿt S (s ? , t ? ) + lin {S˙s ? (t ? ), S˙t ? (s ? )} Tangentialebene von S in S (s nS (s ? , t ?) = ? , t ? ). Der Vektor S˙s ? (t × S˙t ? (s ? ) kS˙s ? (t ? ) × S˙t ? (s ? )k ?) Normalen(einheits)vektor der Fläche S in S (s Kurven und Flächen Math4Inf ? , t ? ). 513 / 567 Bemerkung 20.24. = {(x1 , x2 , x3 ) ∈ R3 : f (x1 , x2 , x3 ) = 0} eine implizite 3 Darstellung einer Fläche, wobei f : R → R partiell dierenzierbar ? ? ? ist, und es sei grad f (x1 , x2 , x3 ) 6= 0. Dann ist bis auf das ? ? ? Vorzeichen der Normalen(einheits)vektor in (x1 , x2 , x3 ) gegeben Sei S durch 1 ? kgrad f (x1? , x2? , x3? )k ? ? grad f (x1 , x2 , x3 ). Denition 20.25 [Bézierächen]. Seien ci ,j , i = 0, . . . , m, j = 0, . . . , p, (Kontrollpunkte) im R3 . Dann heiÿt S (s , t ) = p m X X i =0 j =0 Bézieräche. Die bi ,m (s )bj ,p (t )ci ,j , (m + 1)(p + 1) (s , t ) ∈ [0, 1] × [0, 1], Kontrollpunkte bilden ein Kontrollpunktpolytop. Kurven und Flächen Math4Inf 514 / 567 Beispiel 20.26. = p = 1, und c0,0 = (0, 0, 0)| , = (0, 1, 0)| , c1,1 = (1, 1, 1)| . Sei m c1,0 c0,1 = (1, 0, 0)| , 1 0.8 0.6 0.4 1 0.2 0.8 0 0 0.6 0.2 0.4 0.4 0.6 0.2 0.8 1 Kurven und Flächen 0 Math4Inf 515 / 567 Satz 20.27 [Eigenschaften von Bézierächen]. Sei S (s , t ) eine Bézieräche mit Kontrollpunkten ci ,j i = 0, . . . , m, j = 0, . . . , p. i) S (s , t ) ∈ R3 , Dann gilt: ∈ conv{c0,0 , . . . , cm,p } für s , t ∈ [0, 1], d.h. S (s , t ) ist enthalten in dem Polytop, welches von den Kontrollpunkten erzeugt wird. = c0,0 , S (1, 0) = cm,0 , S (0, 1) = c0,p S (1, 1) = cm,p . ii) S (0, 0) iii) Sei T : R3 → R3 eine ane Transformation. Dann gilt T (S (s , t )) = p m X X i =0 j =0 Kurven und Flächen und bi ,m (s )bj ,p (t )T (ci ,j ). Math4Inf 516 / 567 Numerische Mathematik Satz 21.1. Zu (n + 1) gibt es genau ein Polynom p p (xi ) = yi , (xi , yi ), 0 ≤ i ≤ n, xi 6= xj , i = 6 j, : R → R vom Grad ≤ n mit beliebigen Stützstellen ≤ i ≤ n. p heiÿt Interpolationspolynom bzgl. den (xi , yi ), 0 ≤ i ≤ n (siehe auch Bemerkung 11.31). 0 Stützstellen Satz 21.2 [Langrange'sches Interpolationspolynom]. 57 Das Interpolationspolynom in der Lagrangschen Form bzgl. den Stützstellen (xi , yi ), 0 ≤ i ≤ n, p (x ) = n X i =0 ist gegeben durch yi 57 Joseph-Louis Lagrange, 17361813 Numerische Mathematik n Y j =0,j 6=i − xj . xi − xj x Math4Inf 517 / 567 Satz 21.3 [Neville-Algorithmus]. Seien (xi , yi ), 0 ≤ i ≤ n, Stützstellen, und sei pi ,j (x ) das Interpolationspolynom vom Grad höchstens j bzgl. den Stützstellen (xk , yk ), = i − j , . . . , i , 0 ≤ j ≤ i ≤ n. Für x ∈ R gilt dann yi , j = 0, pi ,j (x ) = (x −x − ) p , −1 (x )−(x −x ) p −1, −1 (x ) , 1 ≤ j ≤ i . x −x − k i j i j i i Numerische Mathematik i i j j Math4Inf 518 / 567 Satz 21.4 [Newton'sches Interpolationspolynom]. 58 Das Interpolationspolynom in der Newtonschen Form bzgl. den Stützstellen p (x ) (xi , yi ), 0 ≤ i ≤ n, ist gegeben durch = a0 + a1 (x − x0 ) + a2 (x − x0 ) (x − x1 ) + · · · + an (x − x0 ) (x − x1 ) · . . . · (x − xn−1 ) i −1 n Y X (x − xj ) ai = i =0 j =0 für geeignete ai ∈ R. Zur Bestimmung der ai , i yi , αi ,j = α , −1 −α −1, −1 , x −x − i j i i Dann gilt ai i j j = 0, . . . , n, j = 0, 1 ≤ j ≤ i. sei = αi ,i , i = 0, . . . , n. 58 Isaac Newton, 1643-1727 Numerische Mathematik Math4Inf 519 / 567 Satz 21.5 [Horner -Schema]. 59 Sei f (x ) ein Polynom in der Form f (x ) = Pn i i = 0 ai x . Zum ? Auswerten von f (x ) eignet sich die Beobachtung: + an − 2 ) x ? + · · · ) x ? + a0 . Q i −1 Pn Ist das Polynom in der Form f (x ) = i =0 ai j =0 (x − xj ) dann: ? ? ? ? f (x ) = . . . an x −xn−1 +an−1 x −xn−2 +· · ·+a1 x −x0 +a0 . f (x ? ) = (. . . ((an x ? + an−1 ) 59 William George Horner, 1786-1837 Numerische Mathematik x ? Math4Inf 520 / 567 Satz 21.6. : [a, b] → R eine (n + 1)-mal stetig dierenzierbare Funktion f , und seien xi ∈ [a, b ], 0 ≤ i ≤ n, n + 1 verschiedene Werte. Sei p das Interpolationspolynom bzgl. den Stützstellen (xi , f (xi )). Dann ? existiert für alle x ∈ [a, b ] ein ξ ∈ [a, b ] mit Sei f n Y f (x ) − p (x ) = (x ? − xi ) . (n + 1)! i =0 ? Numerische Mathematik ? f (n+1) (ξ) Math4Inf 521 / 567 Satz 21.7. Sei {x0 , . . . , xn } die äquidistante Unterteilung des Intervalls [a, b ] in n Teilintervalle, d.h. xi =a+i b −a n , i = 0, . . . , n . Sei pn das Interpolationspolynom vom Höchstgrad n bzgl. den Stützstellen (xi , yi ), Z b a 0 ≤ i ≤ n. pn (x ) dx mit αi = Numerische Mathematik Dann gilt = b −a n Z n Y n 0 X n i =0 t j =0, j 6=i i −j −j Math4Inf αi yi , dt . 522 / 567 Denition 21.8. Sei f : [a, b] → R eine integrierbare Funktion, sei {x0 , . . . , xn } die äquidistante Unterteilung des Intervalls [a, b ] in n Teilintervalle. Die Formel b −a n mit αi = X n i =0 Z n Y n 0 αi f (xi ) t j =0, j 6=i i −j −j dt , heiÿt Newton-Cotes Integrationsformel vom Grad n für Satz 21.9. Sei f Rb a f (x ) dx . : [a, b] → R eine (n + 1)-mal stetig dierenzierbare Funktion, = (b − a)/n. Dann gilt Z X n b b−a f (x ) dx − αi f (xi ) = O(hn+2 ). a n i =0 und sei h Numerische Mathematik Math4Inf 523 / 567 Bemerkung 21.10. i) Man sagt, dass die Netwon-Cotes Integrationsformel ein Verfahren der Ordnung n +2 ist. ii) Da die Güte der Netwon-Cotes Integrationsformel n-Grades von der Intervalllänge h = (b − a)/n abhängt, unterteilt man ein gegebenes Intervall zunächst in kleine Teilintervalle und wendet dort jeweils die Netwon-Cotes Integrationsformel vom Grad n an. Für n =1 erhält man so die Trapezregel, für n die Simpsonregel und bei n =3 =2 die 3/8- Regel (siehe Satz 13.36 und Bemerkungen 13.37, 13.38). iii) Für n ≥7 treten negative Gewichte αi , so dass die Formeln instabil werden. Numerische Mathematik Math4Inf 524 / 567 Beispiel 21.11. = 1: Trapezregel; sei f : [a, b] → R, N > 0, h = (b − a)/N und = a + i h, i = 0, . . . , N . Auf jedem Teilintervall [xi , xi +1 ] wenden wir die Newton-Cotes Integrationsfomel mit n = 1 und erhalten n xi dort den Näherungswert Ii = h 2 (f (xi ) + f (xi +1 )) Z x +1 i für x f (x ) d x . i Insgesamt erhalten wir so als Näherungswert von S (h ) = NX −1 h i =0 Numerische Mathematik 2 Rb a f (x ) dx (f (xi ) + f (xi +1 )) . Math4Inf 525 / 567 2 Man kann nun zeigen, dass S (h ) ein Polynom in h ist, mit Rb S (0) = a f (x ) dx . Die Idee ist nun S (h ) durch ein Interpolationspolynom vom Grad r bzgl. Stützstellen (hi2 , S (hi )) zu approximieren, und dann Näherungen für S (0) zu erhalten. Die Wahl der Stützstellen führt dann zu verschiedenen Integrationsverfahren. Numerische Mathematik Math4Inf 526 / 567 Denition 21.12 [Verträgliche/submultiplikative Matrixnorm (siehe Def. 6.28)]. |·| Rn × n . Sei i) eine Norm auf dem Vektorraum der reellen n |·| heiÿt submultiplikativ, falls für alle A, B ×n ∈ Rn × n Matrizen gilt |A B | ≤ |A| |B |. ii) Sei | · |∗ Rn . Dann heiÿt | · | n×n und x ∈ Rn A ∈ R eine (Vektor-) Norm auf verträglich mit | · |∗ falls für alle gilt: |A x|∗ ≤ |A| |x|∗ . Beispiel 21.13. P |A|1 = P ni,j =1 |ai ,j | |x|1 = ni=1 |xi |. Numerische Mathematik ist submultiplikativ und verträglich mit Math4Inf 527 / 567 Notation 21.14. Im folgenden sei k·k die Matrixnorm kAk = max x∈Rn \{0} kA xk . kxk Diese Norm ist submultiplikativ und verträglich mit der kxk, x ∈ Rn . Desweiteren p kAk = λn (A| A), Euklidischen (Vektor-) Norm wobei λn (A| A) ist | der maximale Eigenwert von A A ist. Denition 21.15 [Kondition]. Für A ∈ Rn × n , A regulär, heiÿt cond(A) = kAkkA−1 k die Kondition der Matrix A. Numerische Mathematik Math4Inf 528 / 567 Bemerkung 21.16. Sei U = (ui ,j )1≤i ,j ≤n eine obere Dreiecksmatrix. Dann lässt sich das Gleichungssystem U x = b, b ∈ Rn , durch Rückwärtseinsetzen, d.h. beginnend mit der letzten Koordinate xn , lösen (falls es überhaupt lösbar ist). Analog lässt sich ein Gleichungssystem L x = b, b ∈ Rn , wobei L eine untere Dreiecksmatrix ist, durch Vorwärtseinsetzen, d.h. beginnend mit der ersten Koordinate x1 , lösen (falls es überhaupt lösbar ist). Das Inverse einer oberen (unteren) Dreiecksmatrix ist wiederum eine obere (untere) Dreiecksmatrix. Numerische Mathematik Math4Inf 529 / 567 Satz 21.17 [LU-Faktorisierung]. Sei A ∈ Rn × n . Das folgende Verfahren (Gauss-Algorithmus) bestimmt eine untere Dreiecksmatrix L mit Einsen auf der Diagonalen, eine obere Dreiecksmatrix U und eine Permutationsmatrix P (entsteht aus Einheitsmatrix durch Spaltenvertauschungen), so dass A i) Setze P0 = L0 = In und U0 = P L U: = A, und k = 1. ii) Im k -ten Schritt werden durch Addition geeigneter αk ,l -Vielfache der k -ten Zeile von Uk −1 zu den l = k + 1, . . . , n-ten Zeilen von Uk −1 alle Einträge in der k -ten Spalte von Uk −1 unterhalb der Diagonalen zu 0 gemacht., und man erhält Uk . Die Einträge von Lk in der k -ten Spalte unterhalb der Diagonalen sind −αk ,l . Ist zum Ausführen eine Zeilenvertauschung k ↔ m, k < m, notwendig, dann werden zunächst die entsprechenden Zeilen von Uk −1 , und die entsprechenden Spalten von Pk −1 vertauscht. Bei Lk −1 werden die ersten k − 1 Einträge der Zeilen k und m ausgetauscht. Numerische Mathematik Math4Inf 530 / 567 Bemerkung 21.18. i) Aus Stabilitätsgründen wird oft das betragsmäÿig gröÿte Elemente der k -ten Spalte von Uk −1 in die k -Zeile getauscht. ii) Zum Bestimmen der LU-Faktorisierung benötigt man O(n3 ) Operationen. Das Lösen eines Gleichungssystem der Form P LU x =b kostet O(n2 ) Operationen. iii) Um bei Computerberechnungen Ungenauigkeiten auszugleichen, kann man beim Lösen eines Gleichungssystems A x=b wie folgt vorgehen: Die erhaltene (erste) Lösung (0) = führt zu einem (möglichen) Defekt d ( 0) ( 0) einer Defektgleichung A y = d . Setze x(0) b − A x(0) und zu x(1) = x(0) + y(0) usw. Diesen Prozess nennt man auch Nachiteration. Numerische Mathematik Math4Inf 531 / 567 Satz 21.19 [Cholesky -Zerlegung]. 60 Zu jeder symmetrischen positiv deniten Matrix A eine untere Dreiecksmatrix G j = (gi ,j ) mit A ∈ Rn × n = G G |. gibt es Dabei gilt für = 1, . . . , n: gj , j v u u = ta gi , j = 1 gj , j j ,j − j −1 X g 2 j ,k , k =1 ! j −1 X ai , j − gi , k gj , k , k =1 60 André-Louis Cholesky, 1875-1918 Numerische Mathematik Math4Inf i = j + 1, . . . , n . 532 / 567 Satz 21.20 [QR-Faktorisierung]. Sei A ∈ Rm × n ≥n mit m = n. Seien a1 , . . . , an ∈ Rm seien u1 , . . . , un die zugehörigen und rg(A) die Spaltenvektoren von A, und Gram-Schmidt orthogonalisierten Vektoren (siehe Satz 6.42), d.h. ui = ai − Sei qi = ui /kui k, und sei R ri ,j ∈ Rn × n Q ∈ Rm × n j =1 ku j k2 uj . die Matrix mit Spalten q1 , . . . , qn , die oberer Dreiecksmatrix mit = hui , aj i/kui k, 1 ≤ i ≤ j ≤ n. A Numerische Mathematik i −1 X huj , ai i Dann gilt = Q R. Math4Inf 533 / 567 Bemerkung 21.21. Sei A ∈ Rm × n mit m ≥n und rg(A) = n. Zum Bestimmen der (möglichen) Lösung des überbestimmten Systems A x=b kann man wie folgt vorgehen: i) Man bestimme eine QR-Faktorisierung von A, also A = Q R. Dann gilt x = b ⇒ Q R x = b ⇒ Q | Q R x = Q | b ⇒ R x = Q | b. | ? Man löse R x = Q b und überprüfe, ob die Lösung x auch Lösung von A x = b ist. A ii) Satz 21.22. Sei A A ∈ Rm × n =QR mit m ≥ n, rg(A) = n, und sei b ∈ Rm . eine Q R -Faktorisierung von A, und sei Lösung von R x = Q | b. Dann ist Ausgleichsproblems : min x ∈R Numerische Mathematik n x? x? Sei die eindeutige die Lösung des linearen kA x − bk. Math4Inf 534 / 567 Bemerkung 21.23. Sei A ∈ Rm × n | A | Q R eine Q R -Faktorisierung von A , und sei R = = b. |y Numerische Mathematik mit m Dann ist Q ≤ n, y rg(A) = m, Lösung von A und sei b x = b. Math4Inf ∈ Rm . Sei y ∈ Rm mit 535 / 567 Satz 21.24 [Jacobi -Verfahren]. 61 Sei A ∈ Rn × n , und sei A = L + D + U. Hierbei sei D die invertierbare Diagonalmatrix mit Elementen ai ,i , und L (U ) ist die entsprechende untere (obere) Dreiecksmatrix mit Elementen aus A und Nullen auf der Diagonalen. Das Jacobi-Verfahren ist das folgende iterative Verfahren zum Lösen A i) Sei x(0) ii) x(k +1) ∈ Rn . = iii) Setze k −1 D Setze k = 1. b − (L + U ) x(k ) = k + 1. Gehe zu ii), − x(k ) k/kx(k ) k) (k +1) auch kx x = b: . solange kA x(k ) − bk (oder/und nicht klein genug ist. 61 Carl Gustav Jacob Jacobi, 1804-1851 Numerische Mathematik Math4Inf 536 / 567 Denition 21.25 [Strikt diagonaldominant]. Eine Matrix A ∈ Rn × n heiÿt strikt diagonaldominant, falls für alle Diagonalelemente gilt: |ai ,i | > n X j =1,j 6=i |ai ,j |. Satz 21.26. Das Jacobi-Verfahren konvergiert für strikt diagonaldominant Matrizen A gegen eine Lösung des Gleichungssystems A Numerische Mathematik Math4Inf x = b. 537 / 567 Satz 21.27 [Gauss-Seidel Verfahren]. 62 Sei A ∈ Rn × n , und sei A = L + D + U. Hierbei sei D die invertierbare Diagonalmatrix mit Elementen ai ,i , und L (U ) ist die entsprechende untere (obere) Dreiecksmatrix mit Elementen aus A und Nullen auf der Diagonalen. Das Gauss-Seidel-Verfahren ist das folgende iterative Verfahren zum Lösen A i) Sei x(0) ii) x(k +1) ∈ Rn . = (D + iii) Setze k auch Setze k −1 L) x = b: = 1. b − U x( k ) = k + 1. Gehe zu ii), ( kx k +1) − x(k ) k/kx(k ) k) . solange kA x(k ) − bk (oder/und nicht klein genug ist. Satz 21.28. Das Gauss-Seidel-Verfahren konvergiert für strikt diagonaldominant Matrizen A gegen eine Lösung des Gleichungssystems A 62 Philipp Ludwig Ritter von Seidel, 1821-1896 Numerische Mathematik Math4Inf x = b. 538 / 567 Beispiel 21.29. Sei A 2 −1 11 − 1 −1 10 0 3 −1 10 −1 = Die exakte Lösung ist 2 3 0 −1 b = 6 25 . −11 15 8 (1, 2, −1, 1)| . Die folgende Tabelle gibt die auf fünf Nachkommastellen gerundeten Ergebnisse des Jacobi- und des Gauÿ-Seidel Verfahrens wieder: k x1(k ) 0 0 1 0.6 2 1.0473 3 0.93264 4 1.0152 5 0.98899 6 1.0032 Numerische Mathematik Jacobi-Verfahren x2(k ) x3(k ) 0 0 2.2727 -1.1 1.7159 -0.80523 2.0533 -1.0493 1.9537 -0.96811 2.0114 -1.0103 1.9922 -0.99452 x4(k ) 0 1.875 0.88523 1.1309 0.97384 1.0214 0.99443 Math4Inf x1(k ) 0 0.6 1.0302 1.0066 1.0009 1.0001 1 Gauÿ-Seidel-Verfahren x2(k ) x3(k ) x 0 0 0 2.3273 -0.98727 0 2.0369 -1.0145 0 2.0036 -1.0025 0 2.0003 -1.0003 0 2 -1 0 2 -1 539 / 5671 Satz 21.30 [Konvergenz des Newtonverfahrens (siehe Bemerkung 11.36)]. : [a, b] eine 2-mal stetig dierenzierbare Funktion, und seien > 0 mit |f 0 (x )| ≥ m und |f 00 (x )| ≤ M für alle x ∈ [a, b]. Sei ? ? x ∈ [a, b ] eine Nullstelle von f , d.h. f (x ) = 0, und sei ( 0) x ∈ [a, b]. Für k ≥ 0 sei Sei f m, M x (k +1) = x (k ) − f (x (k ) ) f 0 (x (k ) ) ∈ [a, b]. Dann gilt |x (k +1) − x ? | ≤ M 2m |x (k ) − x ? |2 , d.h. unter diesen Voraussetzungen konvergiert das Newton-Verfahren quadratisch gegen die Nullstelle. Numerische Mathematik Math4Inf 540 / 567 Satz 21.31 [Konvergenz des Sekantenverfahrens (vergl. Bemerkung 11.35)]. : [a, b] eine 2-mal stetig dierenzierbare Funktion, und seien 0 00 m , M > 0 mit |f (x )| ≥ m und |f (x )| ≤ M für alle x ∈ [a, b ]. Sei ? ? x ∈ [a, b ] eine Nullstelle von f , d.h. f (x ) = 0, und seien (0) , x (1) ∈ [a, b ]. Für k ≥ 1 sei x Sei f x (k +1) = x (k ) − f (x (k ) ) k − x k −1 ∈ [a, b]. f (x (k ) ) − f (x k −1 ) x Dann gilt |x wobei (k +1) τ = (1 + √ ? −x |≤ 5)/2 = 1.618 M τ − 1 2m |x (k ) − x ? |τ , der goldene Schnitt ist. Unter den gegebenen Voraussetzungen konvergiert das Sekantenverfahren superlinear gegen die Nullstelle. Numerische Mathematik Math4Inf 541 / 567 Beispiel 21.32. Für x >0 betrachten wir f (x ) = x + ln x . Die folgende Tabelle enthält die auf acht Nachkommastellen gerundeten Ergebnisse des Newton- und Sekantenverfahrens: Numerische Mathematik k Newton Sekanten 0 0.5 0.5 1 0.56438239 0.6 2 0.56713899 0.5684139 3 0.56714329 0.56712028 4 0.56714331 5 0.56714329 Math4Inf 542 / 567 Gewöhnliche Dierentialgleichung Denition 22.1 [Gewöhnliche Dierentialgleichung]. Eine Gleichung F (x , y (x ), y die eine reelle Funktion y Ableitungen y 0 (x ), . . . , y (n) (x )) = 0, : D → R, D ⊆ R, x 7→ y (x ), mit ihren 0 , y 00 , . . . , y (n) bis zur n-ten Ordnung verknüpft, heiÿt gewöhnliche Dierentialgleichung (DG) n-ter Ordnung in impliziter Form. Hierbei ist F irgendeine stetige Funktion. Lässt sich diese Gleichung nach der höchsten Ableitung auösen, also y (n ) (x ) = G (x , y (x ), y 0 (x ), . . . , y (n−1) (x )) so spricht man von einer gewöhnlichen Dierentialgleichung n-ter Ordnung in expliziter Form. Hängt G dabei nicht von x ab, so heiÿt die Dierentialgleichung autonom. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 543 / 567 Bemerkung 22.2. i) Die Lösung einer Dierentialgleichung ist eine mindestens : D → R, die = 0 für alle x ∈ D erfüllt. 0 (n) (x )) = 0 schreibt man Statt F (x , y (x ), y (x ), . . . , y 0 ( n ) ) = 0. abkürzend F (x , y , y , . . . , y n-mal dierenzierbare Funktion y F (x , y (x ), y ii) 0 (x ), . . . , y (n) (x )) iii) Sucht man nach Funktionen y (x1 , x2 , . . . , xn ) die gewisse Gleichungen der partiellen Ableitungen ∂y ∂ xi ∂ xj erfüllen, so spricht man von partiellen Dierentialgleichungen. Zum Beispiel beschreibt die Wellengleichung ∂2y (x , t ) − ∂x 2 ∂2y (x , t ) = 0 c 2 ∂t 2 1 die Ausbreitung von (etwa) Schallwellen. y (x , t ) ist dabei die Auslenkung am Ort x zum Zeitpunkt t , und c ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 544 / 567 Denition 22.3 [Anfangswertproblem]. Sind für die gesuchte Lösung y :D→R einer Dierentialgleichung n-ter Ordnung zusätzliche n Forderungen der Form y (a) = y0 , y 0 (a) = y1 , . . . , y (n−1) (a) = yn−1 zu erfüllen, so heiÿt dies Anfangswertproblem. Hierbei ist a (etwa der Anfang eines Intervalls D ) und yi Gewöhnliche Dierentialgleichung ∈ R, Math4Inf 0 ∈D ≤ i ≤ n. 545 / 567 Satz 22.4 [Separation der Variablen]. Eine allgemeine Lösung einer trennbaren (separierbaren) Dierentialgleichung der Form y wobei f ,g 0 = f (y ) g (x ) geeignete Funktionen sind, kann durch Auösen von Z dy f (y ) Z = g (x ) dx nach y erhalten werden. Sucht man eine spezielle Lösung für die Anfangswertbedingung y (x0 ) = y0 dann erhält man dies durch Spezialisierung der allgemeinen Lösungen, oder durch Auösen von Z y (x ) y0 dz f (z ) Z x = x0 g (s ) ds nach y . Man bezeichnet diesen Ansatz auch als Trennung der Variablen. Ist f (y0 ) Gewöhnliche Dierentialgleichung = 0, dann ist y (x ) = y0 Math4Inf (auch) eine Lösung. 546 / 567 Satz 22.5 [Picard -Lindelöf ]. 63 64 Sei F eine stetig dierenzierbare Funktion. Dann hat das Anfangswertproblem y (n ) = F (x , y 0 , . . . , y (n−1) ) mit den n Anfangsbedingungen y (a) = y0 , y 0 (a) = y1 , . . . , y (n−1) (a) = yn−1 für jede Wahl der Anfangswerte y0 , . . . , yn−1 eine eindeutige Lösung, die in einem oenen Intervall um a deniert ist, d.h. die lokale Existenz und Eindeutigkeit ist gesichert. 63 Charles Émile Picard, 1856-1941 64 Ernst Leonard Lindelöf, 1870-1946 Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 547 / 567 Satz 22.6. Gegeben sei die autonome Dierentialgleichung erster Ordnung y 0 = f (y ) mit der Anfangsbedingung y (x0 ) = y0 . Sie ist in einem oenen Intervall um x0 eindeutig lösbar, und es gilt i) Ist f (y0 ) = 0, so ist die konstante Funktion y (x ) Lösung für alle x ii) Ist f (y0 ) < 0, > 0, −∞ falls sie nicht existiert. so konvergiert y (x ) (auf dem Intervall) gegen die erste Nullstelle rechts von y0 bzw. Gewöhnliche Dierentialgleichung die so konvergiert y (x ) (auf dem Intervall) gegen die erste Nullstelle links von y0 bzw. iii) Ist f (y0 ) = y0 ∈ R. ∞ falls sie nicht existiert. Math4Inf 548 / 567 Denition 22.7 [Gleichgewichtslagen]. Gegeben sei die autonome Dierentialgleichung erster Ordnung y 0 = f (y ). Die Nullstellen der Funktion f (t ) heiÿen Gleichgewichtslagen oder Fixpunkte der Dierentialgleichung. Ein Fixpunkt y0 heiÿt asymptotisch stabil, falls es ein oenes Intervall um y0 gibt, so dass alle Lösungen, die hier starten, gegen y0 konvergieren. Beispiel 22.8. Für die logistische Wachstumsgleichung y 0 = µ (1 − y (x )) y (x ) − h ∈ (0, µ/4), ist die linke Nullstelle − hp /µ nicht asymptotisch stabil, und die = 1/2 + 1/4 − h/µ ist asymptotisch stabil. mit Erntemenge h, h y1 = 1 /2 − p Nullstelle y2 1/4 Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf rechte 549 / 567 Satz 22.9. Eine Gleichgewichtslage y0 ist asymptotisch stabil, falls f 0 Ist f (y0 ) > 0, 0 (y 0 ) < 0. dann ist y0 nicht asymptotisch stabil. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 550 / 567 Denition 22.10 [Lineare Dierentialgleichung]. Eine Dierentialgleichung der Form y (n ) (x ) = an−1 (x ) y (n−1) (x ) + an−2 (x ) y (n−2) (x ) + · · · + a1 (x ) y 0(x ) + a0 (x ) y (x ) + b(x ) heiÿt lineare Dierentialgleichung n-ter Ordnung. b (x ) heiÿt auch Störfunktion. Ist b (x ) =0 für alle x , so nennt man die Dierentialgleichung homogen, ansonsten inhomogen. Hängen die Koezienten ai (x ), 0 ≤i ≤n−1 und b (x ) nicht von x ab (sind also Konstanten), dann spricht von einer linearer Dierentialgleichung mit konstanten Koezienten. Bemerkung 22.11. Eine lineare Dierentialgleichung ist genau dann autonom, wenn sie konstante Koezienten besitzt. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 551 / 567 Satz 22.12. Sei I ai , b a ∈I ⊂ R ein abgeschlossenes Intervall, und seien die Funktionen : I → R stetig, 0 ≤ i ≤ n − 1. Dann hat für jede Wahl von und Anfangsbedingungen y (a) = y0 , y 0 (a) = y1 , . . . , y (n−1) (a) = yn−1 , die lineare Dierentialgleichung y (n ) (x ) = an−1 (x ) y (n−1) (x ) + · · · + a0 (x ) y (x ) + b(x ) eine eindeutige Lösung y : I → R, d.h. die globale Existenz und Eindeutigkeit ist gesichert. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 552 / 567 Satz 22.13. Die Lösungen einer homogenen linearen Dierentialgleichungen y (n ) (x ) = an−1 (x ) y (n−1) (x ) + · · · + a0 (x ) y (x ) (hlDG) bilden einen n-dimensionalen Vektorraum. Insbesondere gilt für zwei Lösungen y1 , y2 von hlDG und α, β ∈ R der DG, dass α y1 + β y2 auch eine Lösung von hlDG ist. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 553 / 567 Denition 22.14 [Wronski -Determinante]. 65 Seien y1 , . . . , yn hinreichend oft dierenzierbare Funktionen. Die Determinante W (x ) = det y1 y2 0 y2 0 y1 . . . (n−1) y1 ··· ··· . . . (n−1) y2 ··· yn . . . 0 yn (n−1) yn heiÿt Wronski-Determinante. Satz 22.15. Seien yi : I → R, Funktionen. Gibt ≤ i ≤ n, hinreichend oft dierenzierbare es ein x0 ∈ I mit W (x0 ) 6= 0, dann sind die 1 Funktionen linear unabhängig. 65 Josef Hoené-Wro«ski , 1776-1853 Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 554 / 567 Satz 22.16 [vgl. Satz 4.26]. Gegeben sei die inhomogene lineare Dierentialgleichung y (n ) (x ) = an−1 (x ) y (n−1) (x ) + · · · + a0 (x ) y (x ) + b(x ), (ilDG) und es sei yp eine feste (partikuläre) Lösung von ilDG. Dann ist ȳ eine weitere Lösung von ilDG genau dann, wenn yp − ȳ eine Lösung der zugehörigen homogenen Dierentialgleichung y (n ) (x ) = an−1 (x ) y (n−1) (x ) + · · · + a0 (x ) y (x ) (zhlDG) ist. Insbesondere sind alle Lösungen von ilDG gegeben durch {yp + yh : yh Gewöhnliche Dierentialgleichung Lösung von zhlDG } . Math4Inf 555 / 567 Satz 22.17. Die lineare homogene Dierentialgleichung 1.ter Ordnung y 0 (x ) = a0 (x ) y (x ) hat die allgemeine Lösung y (x ) = c e a0 ( x ) d x . R Beispiel 22.18. Für y 0 = −2 x y erhält man y Gewöhnliche Dierentialgleichung R =ce −2 x d x = c e−x . 2 Math4Inf 556 / 567 Bemerkung 22.19 [Variation der Konstanten]. Gegeben sei die inhomogene lineare Dierentialgleichung 1.ter Ordnung y 0 (x ) = a0 (x ) y (x ) + b(x ). Zum Bestimmen einer partikulären Lösung yp verwendet man die Methode der Variation der Konstanten, d.h., man macht den Ansatz yp (x ) = c (x ) yh (x ), wobei yh eine Lösung der zugehörigen homogenen DG ist, d.h. man variiert die Konstante c (x ). Einsetzen in die DG führt zu c 0(x ) yh (x ) = b(x ) und so Z c (x ) Gewöhnliche Dierentialgleichung = bzw. c 0(x ) − b (x ) e R = b (x ) yh (x ) , a0 ( x ) d x d x . Math4Inf 557 / 567 Satz 22.20. Die allgemeine Lösung der inhomogenen linearen Dierentialgleichung 1.ter Ordnung y 0 (x ) = a0 (x ) y (x ) + b(x ) ist gegeben durch y Z a (x )d x 0 =ce + Z R = e a0 ( x ) d x c + R Gewöhnliche Dierentialgleichung − R a0 ( x ) d x d x − R a0 ( x ) d x d x , b (x ) e b (x ) e Math4Inf R e a0 ( x ) d x c ∈ R. 558 / 567 Satz 22.21. Seien y1 , y2 zwei lineare unabhängige Lösung einer homogenen linearen Dierentialgleichung 2.ter Ordnung y 00 (x ) = a1 (x ) y 0 (x ) + a0 (x ) y (x ). (hlDG2) Dann gilt für ihre Wronski-Determinante W (x ) = y1 y20 − y10 y2 = c e a1 (x ) d x , R wobei c eine Konstante ist. Bemerkung 22.22. Kennt man eine (von Null verschiedene) Lösung der DG hlDG2, so kann man die obige Beziehung ausnutzen um eine zweite, dazu linear unabhängige Lösung zu bestimmen. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 559 / 567 Bemerkung 22.23. Gegeben sei die inhomogene lineare Dierentialgleichung 2.ter Ordnung y 00 (x ) = a1 (x ) y 0 (x ) + a0 (x ) y (x ) + b(x ), (ilDG2) und seien y1 , y2 zwei linear unabhängige Lösungen der zugehörigen homogenen linearen DG. Zum Bestimmen einer partikulären Lösung yp von ilDG2 verwendet man wieder den Ansatz der Variation der Konstanten yp (x ) liefert zusammen = c1 (x ) y1 (x ) + c2 (x ) y2 (x ). Einsetzen in ilDG2 0 0 mit der Bedingung c1 y1 + c2 y2 = 0 das System 0 c1 y1 0 0 c1 y1 + c20 y2 = 0 + c20 y20 = b(x ). Die Koezientendeterminante dieses Systems ist gleich der Wronski-Determinante, also ungleich Null, d.h. das Gleichungssystem ist eindeutig lösbar. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 560 / 567 Satz 22.24. Gegeben sei die inhomogene lineare Dierentialgleichung 2.ter Ordnung y 00 (x ) = a1 (x ) y 0 (x ) + a0 (x ) y (x ) + b(x ), (ilDG2) und seien y1 , y2 zwei linear unabhängige Lösungen der zugehörigen homogenen linearen DG. Dann ist yp (x ) Z =− y2 (x ) b (x ) W (x ) dx Z y1 (x ) + y1 (x ) b (x ) W (x ) dx y2 (x ) eine partikuläre Lösung. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 561 / 567 Denition 22.25 [Charakteristisches Polynom]. Für eine lineare homogene Dierentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koezienten y (n ) (x ) = an−1 y (n−1) (x ) + an−2 y (n−2) (x ) + · · · + ao y (x ) heiÿt das Polynom τ (λ) = λn − an−1 λn−1 − an−2 λn−2 − · · · − ao charakteristisches Polynom der Dierentialgleichung. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 562 / 567 Satz 22.26 [Lineare homogene Dierentialgleichung mit konstanten Koezienten]. Gegeben sei eine lineare homogene Dierentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koezienten y (n ) (x ) = an−1 y (n−1) (x ) + an−2 y (n−2) (x ) + · · · + ao y (x ). (lDGk) i) Man bestimme alle verschiedenen Nullstellen des charakteristisches Polynoms τ (λ) von lDGk einschlieÿlich der algebraischen Vielfachheit, d.h. wie oft sie als Nullstelle auftreten. ii) Zu jeder k -fachen Nullstelle αx e α sind , x eα x , . . . , x k −1 eα x linear unabhängige Lösungen von lDGk. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 563 / 567 I Ist α = β + γ i komplex, dann ersetze man für α und α die Lösungsmenge durch e βx cos γ x , x eβ x cos γ x , . . . , x k −1 eβ x cos γ x , e βx sin γ x , x eβ x sin γ x , . . . , x k −1 eβ x sin γ x . Die durch dieses Vorgehen bestimmten Lösungen sind n linear unabhängige Lösungen von lDGk. Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 564 / 567 Satz 22.27. Gegeben sei eine lineare inhomogene Dierentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koezienten y (n ) (x ) = an−1 y (n−1) (x ) + an−2 y (n−2) (x ) + · · · + ao y (x ) + b(x ), (liDGk) und sei τ (λ) das charakteristische Polynom der zugehörigen homogenen Dierentialgleichung. i) Sei b (x ) = pm (x ) eα x für ein Polynom pm (x ) vom Grad m und α ∈ R. I Ist τ (α) 6= 0, dann setzte m X yp (x ) = ! bi x i e αx . i =0 I Ist τ (α) = 0 mit algebraischer Vielfachheit k, dann setzte yp (x ) = x k m X ! bi x i e αx . i =0 Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 565 / 567 = pm (x ) eβ x cos γ x oder b(x ) = pm (x ) eβ x für ein Polynom pm (x ) vom Grad m und β, γ ∈ R. I Ist τ (β + i γ) 6= 0, dann setzte ii) Sei b (x ) m X yp (x ) = sin γx ! bi x i e βx (µ1 cos γ x + µ2 sin γ x ) . i =0 I Ist τ (β + i γ) = 0 mit algebraischer Vielfachheit k, dann setzte yp (x ) = x k m X ! bi x i e βx (µ1 cos γ x + µ2 sin γ x ) . i =0 Die unbekannten Koezienten bi , µi können durch Einsetzen von yp in liDGk und durch Koezientenvergleich bestimmt werden. Die so bestimmten yp sind partikuläre Lösungen von liDGk Gewöhnliche Dierentialgleichung Math4Inf 566 / 567 Satz 22.28. 1 2 Sind yp und yp Lösungen der linearen Dierentialgleichungen y (n ) (x ) = n −1 X i =0 1 dann ist yp ai (x ) y + yp2 y (n ) (i ) (x )+b1 (x ) (x ) = n −1 X i =0 ai (x ) y (i ) (x )+b2 (x ), Lösung der Dierentialgleichung (x ) = n −1 X i =0 Gewöhnliche Dierentialgleichung und y (n ) ai (x ) y (i ) (x ) + b1 (x ) + b2 (x ). Math4Inf 567 / 567