Elastizitäten Wir haben bisher nur allgemein über die Abhängigkeiten der Nachfrage gesprochen. Im Detail gehört zu den Einflussgrößen jeweils eine Richtung und Intensität. Die Intensität der Reaktion heißt Elastizität. Die Elastizität gibt an, wie stark die Nachfrage nach einem Gut auf Änderungen der Marktdaten reagiert. Allgemein gibt die Elastizität eine Messgröße zwischen Ursache und Wirkung an, wobei die Ursache stets im Nenner steht. Elastizitä t Wirkung Ursache Für die algebraische Beschreibung bezeichnen wir die Ursache mit x und die Wirkung mit y. In vielen einfachen Datenkonstellationen der Ökonomie ist die Betrachtung von relativen Änderungen in vergleichsweise grobem Maßstab eine angebrachte Methode. Diese Relation wird mit dem Differenzenquotienten beschrieben. In dem Intervall zwischen x und Δx schreibt man die Änderung in der Mitte des x Bereiches: . Die resultierende Wirkung y ist in der Mitte des Bereiches wie x ( x x) 2 y folgt zu beobachten: . Setzt man beide Quotienten gemäß der obigen y ( y y ) 2 Definition für die Elastizität zueinander in Beziehung und formt sie vereinfachend um, erhält man folgende durchschnittliche Elastizität (oder Bogenelastizität) (ε): x x y 2 y x y 2 In Worten beschreibt die Bogenelastizität um wie viel Prozent sich die Wirkung (y) ändert, wenn sich die Ursache (x) um 1 % ändert. Wir konkretisieren die allgemeine Gleichung nun in Bezug auf die ökonomischen Begriffe. Die Ökonomen bezeichnen verschiedene Klassen der Reagibilität der Nachfrage nach der Ursache: Elastizität PPT Wie in anderem Zusammenhang schon kennen gelernt, gibt es zu der Bogenelastizität für infinitesimal kleine Änderungen (Δx→0) die Punktelastizität. Für dy x differenzierbare Funktionen schreibt man: yx . dx y VWL 2. Version Mikroökonomie SS 2006 Seite 1 Die grafische Darstellung der Tangente an die Indifferenzkurve für zwei Faktoren folgt der Winkelfunktion tan(180 ) oder tan . Sie sehen, dass die Elastizität in dem Fall eine negative Steigung hat. Das entspricht auch tatsächlich einer Vielzahl ökonomischer Anwendungen. Veränderungen der Nachfrage aufgrund von Preisvariationen sind so ein Beispiel. Eine Preiserhöhung führt in aller Regel zu einer Nachfragesenkung (et vice versa). Sofern die Ökonomen zur Vereinfachung der Erklärung den Absolutbetrag der Elastizität verwenden, kann das irreführend sein, es sei denn, aus dem Gesamtzusammenhang ist eindeutig klar, welche Richtung der Reagibilität gemeint ist. Preiselastizität Interpretieren wir die allgemeine Funktion der Nachfrage konkret auf die Preiswirkungen, so betrachten wir speziell die Elastizität der Nachfrage in Bezug auf dp p den Preis (oder die Preiselastizität der Nachfrage): qp . dp q Die tatsächliche Nachfrage ist von einer Fülle von Faktoren abhängig und an dieser Stelle müssen wir uns ganz besonders die Einschränkungen der ceteris paribus Klausel vor Augen halten. Geben Sie Beispiele für Einflussfaktoren: ...? ( Soziale Komponenten, wie Erziehung, Alter und Weltanschauung, Konsum der Nachbarn, Geltungsbedürfnis, Wetter, persönliche Erfahrungen, Werbung, Testberichte, usw.) Die direkte (Preis-)Elastizität kann man auf die Nachfrage- oder die Angebotsseite beziehen, aber das sind praktisch nur zwei Seiten einer Medaille. Die Wirkungen haben jeweils ein anderes Vorzeichen. Berechnet man die Elastizität auf der Nachfragekurve stellt man fest, dass die Elastizität unterschiedliche Werte annimmt. Berechnung in Excel Marktdiagramm Vereinfachen wir für die Interpretation jeweils, indem wir die Absolutwerte betrachten. Eine Reaktion heißt elastisch, wenn der Absolutwert des Quotienten eine Größe zwischen 1 und hat. Das ist im oberen Teil der Kurve der Fall. Am Punkt der Einheitselastizität (ε= 1) haben Preis- und Mengeneffekte die gleiche quantitative Wirkung. Im Ergebnis heben Sie sich auf. Das Budget des Haushaltes bleibt also unverändert, weil er die Nachfrage in dem gleichen Maße (um den gleichen Prozentsatz) einschränkt, wie der Preis zunimmt. Für ε= 0 spricht man von einer vollkommen unelastischen oder starren Nachfrage, für ε = gilt die Nachfrage als vollkommen elastisch. VWL 2. Version Mikroökonomie SS 2006 Seite 2 Beide Werte sind wenig realistisch, selbst wenn man die aggregierte Nachfrage über Nachfragegruppen betrachtet. Ein Gut wir niemals völlig frei sein (p=0), das heißt, die Nachfragekurve wird die Abszisse nicht schneiden. Andererseits gibt es im Markt keinen unendlichen Preis, das heißt, die Nachfragekurve wird nie die Ordinate schneiden. Wir werden bei der Aggregation der Nachfragekurven auf diesen Punkt nochmals zurückkommen und ihn dort auch grafisch erläutern. Zwischen 0 und 1 nennt man eine Nachfrage unelastisch. Eine spezielle Variante der Preiselastizität ist die Kreuzpreiselastizität. Sie ermittelt die Abhängigkeit der Mengennachfrage eines Gutes von der Preisänderung eines anderen Gutes. Ähnlich der Eigenpreiselastizität unterscheidet man auch in diesem Zusammenhang zwischen drei prinzipiellen Formen der Substituierbarkeit. Je nach der Wertschätzung in den Augen der Nachfrager sind ähnliche Güter leicht austauschbar, z. B. PCs der Marken A oder B. Eine geringe Preisdifferenz zwischen nahezu vollständig substituierbaren Gütern ergibt einen sehr hohen Wert der Elastizität. Das trifft auf einen großen Teil der Konsumgüter zu, aber vor allem auf Dienstleistungen. Versicherungen, Bankdienste, Kapitalanlagen, Werbevermittler, Internetdienste und Werkstattpreise sind in den Augen der Nachfrager intransparent und erscheinen deshalb weitgehend austauschbar. Für den Anbieter ist das unerwünscht. Das andere Extrem einer Kreuzpreiselastizität von nahe Null beschreibt die Relation komplementärer Güter. Computer und Tastatur, Auto und Felgen, iPod und iTunes oder Ärzte und Kranke bedingen einander. Die Steigerung der Nachfrage von Gut 1 führt zu einer Zunahme bei Gut 2. Einkommenselastizität In der Volkswirtschaftslehre ist neben dem Preis eine weitere Einflussgröße akzeptiert. Wir haben sie schon angesprochen...? Einkommen. Wir haben also nicht nur eine Preiselastizität, sondern auch eine ...? Einkommenselastizität. Die Formel für die Einkommenselastizität unterscheidet sich strukturell nicht von der Eigenpreiselastizität, nur das hier das Einkommen (Y) im Nenner steht. Einkommenselastizität PPT Die Interpretation wird mit folgenden Begriffen belegt: Bei superioren Gütern (normale) ist die Einkommenselastizität positiv und größer 0. Das Gut ist bis zu einer realistischen Einkommenshöhe kein Sättigungsgut. Wir betrachten nur als Standardfall die durchschnittliche Einkommenshöhe und die Werte im Quartilsabstand um den Median. Viele Konsumgüter sind superiore Güter, nicht jedoch Investitionsgüter oder minderwertige Güter. Für diese Gruppen werden die Entscheidungskriterien anders bestimmt. VWL 2. Version Mikroökonomie SS 2006 Seite 3 Inferiore Güter (minderwertige) werden weniger konsumiert, wenn das Einkommen steigt. Beispiele: ...? Kartoffeln, billiger Schaumwein, Sozialleistungen. Der Anteil dieser Gütergruppen am gesamten Konsum nimmt also ab. Einkommenselastizitäten größer als 1 kennzeichnen eine Überreaktion. Eine Einkommenssteigerung motiviert zu einer kräftigeren Ausweitung der Nachfrage zum Beispiel nach Luxusgütern. Die Zunahme des Einkommens um einen bestimmten Prozentsatz führt zu einer prozentual stärkeren Zunahme der Nachfrage nach diesen Gütern. Der ökonomische Begriff dafür ist die progressive Einkommenselastizität oder der Snobeffekt. Bandwagon-Effekt ... ? Mode ist die Abhängigkeit von der Nachfrage, nicht vom Preis. In erster Linie entfaltet die Nachfrage der anderen Marktteilnehmer eine Art Sogwirkung. Die Nachfrage wird angeregt und erzeugt selbstverstärkende Effekte. Der Mitläufereffekt der Mode ist nur möglich, wenn viele sie tragen. Oder anders herum: der Wert der Modeartikel steigt mit der Akzeptanz. Das ist ein positiver externer Effekt. Die Ökonomie kennt solche Effekte in Netzwerken. Der Wert eines Netzwerkes steigt mit den Verbindungen, nicht mit den Teilnehmern. Die Verbindungen nehmen entlang einer arithmetischen Reihe 2. Ordnung zu. Dementsprechend investiert der gewiefte Unternehmer in das Wachstum der Verbindungen. Sein Business steigt dann überproportional und ermöglicht zusätzliche Ertragssteigerungen (steigende Grenzerträge). Substitutionselastizitäten Substitutionselastizitäten sind eine spezielle Form der Kreuzpreiselastizitäten. Wir haben sie bei den unterschiedlichen Produktionsfunktionen schon einmal besprochen. Dazu nehmen wir uns nochmals die Substitutionsrelationen {5} vor. Der Auslöser für Substitutionen sind die Faktorpreise, auf die wir in der nächsten Einheit beim Produktionsplan des Unternehmens detailliert eingehen. Die Substitutionselastizität misst die prozentuale Änderung des Faktoreinsatzverhältnisses bei einer Variation der relativen Faktorpreise (- die ähnliche Formulierung für den Konsum und die Güterpreise) Bei Verwendung der Cobb-Douglas Funktion wird die Substitutionselastizität auf den Wert 1 gesetzt, d.h. das Faktoreinsatzverhältnis reagiert im gleichen Verhältnis, wie die Veränderung der relativen Faktorpreise. Das lässt noch keinen Rückschluss auf die Reaktionsmöglichkeit (oder Geschwindigkeit) zu, denn die ist zusätzlich abhängig von den Produktivitäten der Einsatzfaktoren. Ein produktiver Faktor wird bei Änderungen der Faktorpreise schneller einen anderen Faktor ersetzen können. Alle anderen Produktionsfunktionen (neben der Cobb-Douglas Funktion) haben von 1 verschiedene und unter Umständen variierende Substitutionselastizitäten. VWL 2. Version Mikroökonomie SS 2006 Seite 4 Speziell für die Cobb-Douglas Funktion werden die Grenzprodukte durch die Ableitung der Funktion nach den jeweiligen Inputs bestimmt. Die Funktion sieht wie folgt aus: Y L C mit L = Arbeit und C = Kapital Das ist die allgemeine Form, die Sie schon mal gesehen haben sollten, denn sie kommt später nochmals vor. Die Wahl der Produktionsfaktoren folgt einer Konvention. Wir werden in späteren Semestern noch feststellen, dass sehr wohl andere Produktionsfaktoren geeignet sind den Stand der Technik, d. h. der Produktionsmöglichkeiten zu beschreiben – mein Vorschlag ist in dem Zusammenhang Arbeit und Know How. Die Grenzrate der Substitution entspricht für jede Produktionsfunktion, die bestimmte Bedingungen (Stetigkeit, Monotonie, usw. erfüllt) dem umgekehrten Verhältnis der Faktorpreise. VWL 2. Version Mikroökonomie SS 2006 Seite 5