Spannende Spannungsfelder in den unterschiedlichen

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Drei Thesen und ein Desiderat zu „Spannende
Spannungsfelder in den unterschiedlichen Fachdidaktiken“
Stefan Götz, Andrea Lehner-Hartmann, Robert Tanzmeister, Katharina Vorderwinkler,
Gerald Weigl
Jänner 2012
1. Institutionalisierung
Die Fachdidaktik ist eine sehr junge Wissenschaft. Dies bedingt im Allgemeinen ein
wesentlich schwächeres Standing als jenes der entsprechenden Fachwissenschaft. Die
Emanzipation der Fachdidaktik vor allem vom Fach, aber auch von der Bildungswissenschaft,
muss durch die Einrichtung spezifischer Organisationseinheiten (fachdidaktische Zentren oder
zentrale Institutionen wie beispielsweise eine Fakultät für Lehrer(innen)bildung) an den
Universitäten unterstützt und weiterentwickelt werden. Dabei muss beachtet werden, dass der
Grad der institutionellen Etablierung der Fachdidaktik stark von Fach zu Fach variiert. Dies
hat in manchen Fächern eine prekäre berufliche Situation jener Fachdidaktiker(innen), die nur
mit reinem Lehrauftrag versehen werden, zur Folge.
Die Positionsbestimmungsdiskussion, im Sinne einer Abgrenzung vom Fach, nimmt in vielen
Fachdidaktiken – auf Kosten genuin fachdidaktischer Theoriebildung – breiten Raum ein.
Ohne Fachdidaktik ist keine wissenschaftliche Lehrer(innen)ausbildung an Universitäten zu
gewährleisten! Sie ist dafür ein Charakteristikum.
2. Theorie – Praxis
Theorie und Praxis stehen in einem zirkulären Verhältnis zueinander. Aus der Praxis gilt es
Themen für die theoretische Reflexion und Forschung zu generieren (eventuell unter
Einbindung lehrender PraktikerInnen) und wieder in die Praxis zurückzuspielen.
Die Vortrags- und Publikationstätigkeit eines/r Fachdidaktikers/in muss ein weites Spektrum
umfassen. Von praxisnahen Unterrichtsvorschlägen und -mitteln (Schulbücher, Arbeitsblätter,
Anregungen zum selbstreflektierten entdeckenden Lernen, Formulierung von
Arbeitsaufträgen an Schüler(innen) etc.) über theoretische Konzeptentwicklungen und interpretationen (Konkretisierungen) und ihre empirischen Evaluierungen bis zur normativen
curricularen Definition von Inhalten, Handlungen und Komplexitätsstufen und ihren
Begründungen (inklusive Offenlegung von Absichten, Zielen) sollen Beiträge geleistet
werden. Das bedingt auch ein sehr unterschiedliches Zielpublikum, mit dem der/die
Fachdidaktiker(in) umgehen (lernen) muss.
Dies alles drückt sich in einer fragilen Balance zwischen erkenntnis- und nutzenorientierten
Forschungsansätzen aus.
In Distanz zur „Rezeptologie“ klassisch pädagogischer Kasuistik (oft von Studierenden
eingefordert) und unter Berücksichtigung des systemtheoretischen Einwands, wonach Theorie
und Praxis als zwei voneinander getrennte Systeme zu denken seien, soll Fachdidaktik aber
gar nicht als „Einführung in die Praxis“ verstanden werden, sondern Theorien und Methoden
anbieten, um Praxis (in all ihren Dilemmata, Antinomien und Paradoxien) reflektierbar und
begründbar machen zu können.
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3. Brückenfunktion
Die Vermittlungsaufgabe der Fachdidaktik umfasst verschiedene Ebenen: die klassische
Ausformung ist die Analyse spezieller Unterrichtsthemen auf ihre Schwierigkeiten,
Erkenntnispotentiale, Methodenanforderungen, Vernetzungen mit anderen Themen, Fächern
etc. hin. Sie muss weiters das korrespondierende Fach genau beobachten und auf für die
Schule relevante (in wie fern?) Neuerungen prüfen.
So relevant diese Aufgabe auch ist, so sehr bedarf es in einer Wissensgesellschaft auch der
Vermittlung zwischen Fachwissenschaft und Öffentlichkeit. Diese ist in erster Linie eine
gesellschaftliche Verantwortung der Fachwissenschaft, der allerdings zusehens eine ob ihrer
Komplexität hilflose Öffentlichkeit gegenübersteht. Daher ist die Fachwissenschaft auf
fachdidaktische Theorien und Konzepte angewiesen, nicht zuletzt um irrationale Sichtweisen
in der Gesellschaft zurück zu drängen.
Ganz allgemein ist das Verhältnis der Fachdidaktik zu ihren viel älteren
Bezugswissenschaften (korrespondierendes Fach, Pädagogik, Psychologie, …) ein
asymmetrisches. Obwohl sich die Fachdidaktik auch als Verbundwissenschaft versteht, hat
dies die Gefahr einer latenten Überforderung der Fachdidaktik zur Folge. Wer nur Brücken
baut, erschöpft sich irgendwann darin. Brücken müssen daher von allen Beteiligten gebaut
und beschritten werden.
Gesellschaftliche Ansprüche an Schule ganz allgemein und an das Fach im Speziellen,
Beziehungen zu anderen Fächern (z. B. Chancen und Risken fächerübergreifenden
Unterrichts und Möglichkeiten seiner Realisierung) zu formulieren und zu analysieren, eine
tragfähige, sich nicht widersprechende Verbindung zwischen fachlichen und pädagogischen
Voraussetzungen und Zielen zu schaffen, dafür ist die Fachdidaktik zuständig.
Desiderat
Der Austausch im Rahmen der Forschungsplattform hat gezeigt, dass einerseits verschiedene
Begriffe in unterschiedlichen Fachdidaktiken das Selbe meinen können, andererseits aber,
dass gleiche Begriffe in unterschiedlichen Fachdidaktiken stark differieren. Inhaltlich vertiefte
interdisziplinäre Zusammenarbeit wäre daher notwendig (Entwicklung einer gemeinsamen
Sprache). Diese hätte zur Folge, dass Spezifika der eigenen Fachdidaktik genauer definiert
und Gemeinsamkeiten aller Fachdidaktiken identifiziert werden können.
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