NSTRATneu

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NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
NSTRATneu
I) Einleitung
1) Allgemeine Überlegungen

Auftrag
Der Ministerrat verabschiedete am 14. Juli 2010 die Österreichische Strategie Nachhaltige
Entwicklung (ÖSTRAT) als Handlungsrahmen für Bund und Länder. Gleichzeitig wurde das
BKA gemeinsam mit dem BMLFUW beauftragt, unter Einbindung der betroffenen Ressorts
sowie der Länder rechtzeitig neben einem Arbeitsprogramm eine mittelfristige Strategie für
nachhaltige Entwicklung vorzulegen. Wie im Beschluss des Ministerrats vom 30. August
2011 festgehalten, wird als Weiterentwicklung der bisher gültigen NSTRAT 2002 die
erneuerte Strategie der Bundesregierung für nachhaltige Entwicklung (NSTRATneu) den
Bereich des Bundes im Rahmen dieses Auftrags abdecken.

Zielsetzungen und Grundlagen
Diese mittelfristige Strategie soll auf den Zielsetzungen der ÖSTRAT aufbauen, welche Bund
und Ländern als gemeinsamer Orientierungs- und Umsetzungsrahmen auf dem Weg zu
einem Nachhaltigen Österreich dient. Diese Zielsetzung wird in der ÖSTRAT
folgendermaßen formuliert:
„Bund und Länder bekennen sich zu dem Leitgedanken: ein Österreich zu schaffen und
erhalten, das langfristig eine intakte Umwelt, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und sozialen
Zusammenhalt garantiert, ohne dabei die Generationengerechtigkeit zu verletzen oder sich
der globalen Verantwortung zu entziehen“
Eine wesentliche Grundlage der ÖSTRAT bildet die Nachhaltigkeitspolitik auf EU-Ebene, die
in Art. 3, Abs, 3 des EU-Vertrages in der Fassung von Lissabon (Selbstverpflichtung der EU
zur nachhaltigen Entwicklung Europas) und Art. 11 des AEUV (Einbeziehung der
Erfordernisse des Umweltschutzes in die Unionspolitiken) ihre Begründung findet.
Die Definition der Nachhaltigkeit in der ÖSTRAT bezieht sich auf jene des Berichts der UN
World Commission on Environment and Development („Brundtland-Kommission“) aus dem
Jahr 1987. Danach ist eine Entwicklung nachhaltig, wenn sie gewährleistet, dass die
Bedürfnisse der heute lebenden Generationen befriedigt werden, ohne die Möglichkeiten
künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu beeinträchtigen
Dabei kommt auf Grundlage der 1992 von der Staatengemeinschaft in Rio verabschiedeten
„Agenda 21“einer genaueren Definition und Eingrenzung von NE ein großer Stellenwert zu.
Zu vermeiden sind sowohl ein zu enger Zugang (Beschränkung von NE nur auf die Erhaltung
der Lebensgrundlagen) als auch Beliebigkeit (Nachhaltigkeit als Allerweltsbegriff). Zentral ist
dabei das Identifizieren von Trends, die langfristig problematische Auswirkungen auf
Menschen, Umwelt und Wirtschaft anzeigen und daher umgekehrt oder zumindest gestoppt
werden müssen. Dies betrifft sowohl die ökologische als auch die soziale und ökonomische
Dimension, für die zu diesem Zweck Leitplanken formuliert wurden.
Für die Umsetzung der o.z. Zielsetzungen in einer mittelfristigen Strategie bedarf es eines
ganzheitlichen Konzepts. In der NSTRATneu ist in diesem Sinne ein Modell mit drei
Leitplanken ausgewählt und beschrieben worden. Es umfasst die ökologische, soziale und
ökonomische Dimension menschlichen Handelns und politischen Gestaltens. Diese gehören
als gleichwertig und voneinander abhängig begriffen, und es muss versucht werden, sie
ineinander zu integrieren. Eine zentrale Aufgabe von NSTRATneu ist es, die möglichen
negativen Wechselwirkungen zwischen den Leitplanken der drei Dimension zu minimieren
und die Verstärkungspotentiale gezielt zu nutzen. Unter dieser Prämisse erfolgte die
Formulierung der dimensionenübergreifenden konkreten Handlungsfelder im Abschnitt II) der
NSTRATneu. Gemeinsamen Rahmen dieser Handlungsfelder bildet die Erhaltung der
Lebensgrundlagen, der Lebensqualität, der Gesundheit und der Gerechtigkeit, sowohl
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innerhalb einer als auch zwischen mehreren Generationen und die Sicherung einer
nachhaltigen und zugleich leistungsfähigen Volkwirtschaft, weiters die Kohärenz zwischen
allen Politikfeldern einschließlich der jeweiligen externen und globalen Aspekte. Dabei ist die
Rolle der quantitativen und qualitativen wirtschaftlichen Entwicklung beim Übergang zu einer
wissensbasierten, ressourceneffizienten, kohlenstoffarmen Wirtschaft und einer sozial
gerechten Gesellschaft von zentraler Bedeutung.

Operationalisierung von NE
Besondere Bedeutung bei der Eingrenzung von NE kommt auch ihrer geeigneten
Operationalisierung zu, um auf verschiedenen Ebenen den multidisziplinären, dynamischen
sowie zeit- und raumübergreifenden Charakter der Strategie herauszuarbeiten. Gerade bei
NE geht es nicht nur um das „Was?“, sondern ebensosehr auch um das „Wie?“. Ihre
Umsetzung in praktische Politik bedarf nicht nur eines breiten, pluralistischen und dialogbasierten politischen Diskurses, sondern sie braucht neues politisches Denken. Gesellschaft
und Natur müssen durch die Nachhaltigkeitslinse wahrgenommen werden, damit nachhaltig
gehandelt werden kann. Dies betrifft verschiedene Ebenen:
1. Zeitebene: Langfristige und generationenübergreifende Perspektive der Politiken
2. Raumebene: Kohärenz der Politiken über Verwaltungsgrenzen hinweg
3. Sachebene: Horizontale Integration sektoraler Politiken.
4. Partizipationsebene: Stärkung der Multi-Stakeholder Ansätze
5.
Ethische Ebene: Forcierung der gesellschaftlichen Verantwortung

Mehrwert
Die drei Leitplanken der NSTRATneu und die darauf aufbauenden Handlungsfelder mit ihren
Zielsetzungen sowie die umsetzungsorientierten Strategie- und Governanceansätze sollen
nach Auslaufen des aktuellen Arbeitsprogramms als Grundlage für die Formulierung eines
neuen auf Höhe der politischen und wissenschaftlichen Diskussion dienen.

Zeithorizont
Die NSTRATneu ist eine mittelfristige Strategie, die einen Orientierungsrahmen bis zum Jahr
2020 bildet.

Adressaten der Strategie
Die NSTRATneu richtet sich primär an Politik und Verwaltung auf Bundesebene und stützt
sich dabei auf den Dialog mit den Sozialpartnern. Ihre Leitplanken und die operationalisierten
Handlungsfelder sollen als Grundlage für die Umsetzung von nachhaltiger Politik auf
Bundesebene dienen. Sie soll weiters als Input des Bundes in die Gespräche mit den
Vertretern der Bundesländer zur Erarbeitung der vom o.z. MRV beauftragten gemeinsamen
mittelfristigen Strategie für nachhaltige Entwicklung dienen.

Überlegungen zum Verhältnis zu anderen Strategien
1.
Österreichische Strategieprozesse
Die NSTRATneu und andere österreichische Strategieprozesse wie die KlimawandelAnpassungsstrategie, Energiestrategie, ÖREK (Österreichisches Raumordnungskonzept),
die Österreichische Strategie zur Bildung für nachhaltige Entwicklung, die FORNE
(Forschung für nachhaltige Entwicklung) sowie die Strategie der Bundesregierung für
Forschung, Technologie und Innovation (FTI-Strategie) , die Gender Mainstreaming
Strategie, die verfassungsrechtlich verankerte Gender Budgeting Strategie, das
Österreichische Reformprogramm im Rahmen von Europa 2020
und der NAP
Armutsbekämpfung ergänzen einander. In ihrem Beitrag zum übergeordneten Ziel der
nachhaltigen Entwicklung konzentrieren sie sich in erster Linie auf die in ihren jeweiligen
Bereich notwendigen Aktionen und Maßnahmen. Die NSTRATneu bildet dafür den
umfassenden Rahmen, innerhalb dessen die anderen Strategien in ihren jeweiligen Rollen in
kohärenter Weise fungieren.
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Mit allen Strategien wird bestätigt, dass sich wirtschaftliche, soziale und ökologische Ziele
gegenseitig und langfristig verstärken können und diese daher gemeinsam vorangebracht
werden sollen.
Die Identifizierung und Konkretisierung der Schnittstellen mit den einzelnen Strategien und
die Formulierung von Governance-Prinzipien zu ihrem Management ist eine der Aufgaben
von NSTRATneu.
2.
EU-Ebene
Die 2006 vom Europäischen Rat beschlosse EU-Nachhaltigkeitsstrategie stellt einen
verbindlichen und prozeduralen Rahmen der europäischen Nachhaltigkeitspolitik dar. Sie
benennt als Hauptziele Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftlichen Wohlstand und
internationale Verantwortung. Sie definiert die politischen Leitprinzipien zur Umsetzung der
Nachhaltigkeitsziele in der Europäischen Union sowie die wichtigsten Herausforderungen,
allgemeinen Ziele und konkrete Umsetzungsziele zur Bekämpfung nicht nachhaltiger
gesellschaftlichen Trends und zur Förderung nachhaltiger Entwicklung. Der Europäische Rat
überprüft zweijährlich
die Fortschritte und Prioritäten in der Umsetzung der EU
Nachhaltigkeitsstrategie und stellt allgemeine Ausrichtungen über Politiken, Strategien und
Instrumente für nachhaltige Entwicklung bereit.
Die Europäische Strategie für Wachstum und Beschäftigung (Europa 2020), die ein
intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum anstrebt und Ressourceneffizienz als
eine ihrer sieben Leitinitiativen beschreibt kann nicht als Nachhaltigkeitsstrategie angesehen
werden, da sie quantitatives Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit als primäre
Ziele formuliert. In ihrem Lichte wird die EU entscheiden, ob ihre Nachhaltigkeitsstrategie
unverändert bestehen bleibt oder angepasst wird, um dem Auftrag des Europäischen Rates
vom Dezember 2009 gerecht zu werden, weiterhin eine langfristige Vision zu bieten und den
übergreifenden politischen Rahmen für alle Unionspolitiken und -strategien zu bilden.
Ressourcenschonendes Europa als eine der Leitinitiativen innerhalb Europa 2020
konzentriert sich auf die Aspekte Ressourcensicherheit und Vermeidung des Klimawandels
und stellt sie in den Dienst der übergeordneten Ziele Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.
3.
OECD -Ebene
Die 2011 vom OECD Ministerrat verabschiedete Green Growth-Strategie versteht sich als
„Unteraspekt““ von NE. Sie entwickelt Konzepte zur langfrstigen Belebung von
Wirtschaftswachstum und dessen umwelt- und klimaverträglicher Gestaltung mittels
geeigneter Lenkung der Investitionsströme. Dabei werden auch beschäftigungspolitische und
soziale Bereiche analysiert. Die Förderung der Innovationsfähigkeit wird als grundlegend
angesehen. Einen zentralen Aspekt bildet die (Weiter-)Entwicklung eines Indikatorensets
zur Beobachtung der Fortschritte auf dem Weg zu umweltverträglichem Wachstum.
Marktbasierte Instrumente stehen dabei im Vordergrund. Regulierungen, Förderungen und
Selbstverpflichtungen werden als Ergänzungsmaßnahmen betrachtet. Ihre Erkenntnisse
werden in die zukünftige Analysearbeit der OECD (Länderprüfungen, vergleichende Studien)
einfließen. Auch die GG-Strategie zeigt die Möglichkeit zur gegenseitigen Vereinbarkeit und
Verstärkung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Zielsetzungen. Im Unterschied
zu horizontalen NSTRATneu liegt ihr Focus jedoch im ökonomischen Bereich.
4.
UN-Ebene
Deklaration des Weltgipfels von Rio de Janeiro 1992 und Rio +10 Konferenz 2002 (Aktualierung nach
Rio+20) )
Die NSTRATneu bezieht sich auch auf die beim Weltgipfel von Rio de Janeiro
beschlossenen Ergebnisse. Darin wurde auch auf die Verantwortung von Kommunen und
Regionen für eine nachhaltige Entwicklung, die wiederum integralen Bestandteil der
ÖSTRAT bildet, verwiesen. Darüber hinaus bieten auch die Beschlüsse der Rio+10Konferenz von Johannesburg 2002 eine Basis. Anlässlich dieser Konferenz würde als
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österreichischer Umsetzungsbeitrag die Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes – kurz
„NSTRAT“ vorgelegt.
Global Green New Deal und Green Economy Initiative von UNEP
Der 2008 von UNEP initiierte Global Green New Deal hat als Ausgangspunkt die
Wiederbelebung des in der Finanz- und Wirtschaftskrise reduzierten weltweiten
Wirtschaftswachstums,
die
Schaffung
neuer
Beschäftigungsmöglichkeiten
und
Schutzmaßnahmen für sozial Schwache. Damit wird die Verringerung der Abhängigkeit von
fossilen Brennstoffen, die weltweite Stärkung der Ökosysteme und die Bekämpfung
Wasserknappheit angestrebt. Zusätzlich hat er die weitere Umsetzung der Millenium
Development Goals zum Ziel. Die Green Economy Initiative strebt die Förderung einer
„grünen“ Wirtschaft durch Reform der öffentlichen Finanzen und Steuerpolitik an. Beide
Projekte haben vergleichbare Zugänge, Bezugspunkte und Zielsetzungen und damit ein
ähnliches Verhältnis zu NSTRATneu wie die OECD-GG-Strategie.
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2) Die Dimensionen der Strategie und ihre Leitplanken
Leitplanken der ökologischen Dimension

Schutz der Ökosysteme
Basis ist ein weitgefasstes Konzept der Erhaltung der Lebensgrundlagen, das über einen
rein anthropozentrischen Ansatz hinausgeht und auch den Eigenwert funktionierender
Ökosysteme anerkennt. Notwendige Voraussetzung und Grundlage für eine zukunftsfähige
Wirtschafts- und Lebensweise inklusive Nutzung der Naturgüter ist der Schutz der
Ökosysteme samt der weitest möglichen Erhaltung der Artenvielfalt. Neben ihren wichtigen
ökologischen Funktionen bilden Natur- und Kulturlandschaften auch Geschichten von
menschlichen Gesellschaften ab. Ihre Erhaltung ist eine wesentliche Voraussetzung für
ökologische Nachhaltigkeit und Sicherung von Lebensqualität und Gesundheit, letztlich auch
eine Frage menschlicher Identität. Ein rein auf monetäre Kategorien beschränkter Ansatz,
der sie als Teil einer Kapitalbilanz begreift und nur ihren wirtschaftlichen Wert bestimmt, wird
dem nicht gerecht.

Sparsamer Umgang mit Ressourcen
Das Leitplanke Ökologie enthält als unmittelbare Ziele eine effiziente, schonende und
verbesserte Ressourcennutzung, eine hohe ökologisch verträgliche Lebensqualität sowie im
globalen Kontext eine gerechte Verteilung der Ressourcen zwischen Industrie-, Schwellenund Entwicklungsländern.
Die Inanspruchnahme erneuerbarer Ressourcen ist so zu gestalten, dass die Nutzungsrate
die natürliche Regenerationsrate nicht übersteigt. Der Verbrauch und die Entnahme an nicht
erneuerbaren Ressourcen sollen langfristig durch die Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen
Ressourcenproduktivität und die Nutzung von Effizienzpotentialen reduziert und damit ihre
anzustrebende absolute Entkoppelung vom Wirtschaftswachstum erreicht werden. Bei der
Belastung der Umwelt durch Abfälle und Emissionen ist soweit wie möglich sicherzustellen,
dass die Verschmutzungsrate unter der Absorptionsrate der Umwelt liegt.

Vorsorge-, Vorbeuge- und Verursacherprinzip
Eine nachhaltige Umweltpolitik beruht auf dem Vorsorge- und Vorbeugegedanken, der als
integrales Politikprinzip für alle Dimensionen und Bereiche gilt: Auf dem Grundsatz,
Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu vermeiden, auf
Technikfolgenabschätzung sowie auf dem Verursacherprinzip. Emissionen dürfen die
Resorptionsfähigkeit der Ökosysteme nicht unterlaufen und keine dauerhafte Gefährdung
der Gesundheit der Menschen darstellen. Unfallrisiken sind nur so weit zulässig, als sie auch
beim größtmöglichen Schadensereignis keine dauerhaften Schäden über eine Generation an
Menschen oder Ökosystemen verursachen können.
Leitplanken der sozialen Dimension

Sozialer Zusammenhalt als Ziel von und Voraussetzung für NE
Sozialer Zusammenhalt bildet eine der notwendigen Grundlagen für die Verwirklichung der
Ziele von NE. Seine Grundvoraussetzungen sind intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit
und Solidarität im nationalen wie globalen Maßstab sowie die Förderung und Bewahrung
kultureller Vielfalt. Neben der Verteilungsgerechtigkeit innerhalb einer Generation gehört die
Forderung nach generationenübergreifendem Lastenausgleich zum Kerngedanken des
Konzepts der NE.
Grundlage der intragenerationalen Gerechtigkeit ist der soziale Ausgleich - als Gebot der
Solidarität und auch, um langfristig durch Erhaltung des sozialen Zusammenhalts die
gesellschaftliche Stabilität auf allen Ebenen zu gewährleisten. Zudem ist der soziale
Ausgleich einer der wesentlichen Einflussfaktoren auf die Gesundheit der Bevölkerung.
Intergenerationelle Solidarität bedeutet, die Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten
nachfolgender Generationen nicht einzuengen.
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Grundlagen des sozialen Zusammenhalts
Eine ausreichende und gesicherte Existenzgrundlage für alle Teile der Bevölkerung stellt die
beste Basis des gesellschaftlichen Zusammenhalts dar. Dies bedeutet Existenzsicherung
primär durch gerecht entlohnte und besteuerte sowie menschenwürdige und qualitätsvolle
Arbeit, die durch Förderung der Vollbeschäftigung und Gewährleistung von Erwerbschancen
ermöglicht wird, aber auch Verhinderung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie die
Sicherung des Lebensstandards im Alter durch die Gesellschaft.
Menschliche Arbeit tritt in immer vielfältigeren Formen und Verhältnissen auf. Durch
entsprechende Rahmenbedingungen werden deren gesellschaftliche Anerkennung und
soziale Absicherung gewährleistet, Übergänge zwischen wie die Vereinbarkeit von
verschiedenen Arbeitsformen werden ermöglicht.
Darüber hinaus bilden familiäre Bindungen sowie soziale Beziehungen und Netzwerke eine
Grundvoraussetzung für die Stabilisierung und Weiterentwicklung des sozialen
Zusammenhalts.

Sozialer Zusammenhalt durch Chancengleichheit, Bildung und Partizipation
Strukturelle und systematische Benachteiligung einzelner Bevölkerungsgruppen ist mit den
Zielen von NE unvereinbar. Verschiedenheit ist eine Bereicherung für unsere Gesellschaft.
Daher wird Chancengleichheit unabhängig von Geschlecht, (ethnischer) Herkunft, Religion
oder Weltanschauung, Alter, Behinderung oder sexueller Identität gewährleistet, ein
fruchtbringender und wertschätzender Dialog zwischen allen und besonders die Integration
benachteiligter Bevölkerungsgruppen angestrebt.
Bildung, Aus- Fort-und Weiterbildung sind entscheidend für die Biographie. Sie stellen eine
wesentliche Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und Armutsbekämpfung dar und
sind eine notwendige Grundlage für eine leistungsfähige Volkswirtschaft. Ein hohes Niveau
an Kompetenzen ist eine wichtige Ressource, um Entwicklungsprozesse nachhaltig zu
gestalten. Dies bedingt sowohl die Sicherstellung gleichen Zugangs zu qualitätsvoller
Bildung im Sinne eines lebenslangen Lernens wie auch Bildung für NE.
Qualitätsvolle Öffentlichkeitsbeteiligung ist wesentlich, damit sich alle Interessen in
politischen Entscheidungsprozessen entsprechend artikulieren können und Berücksichtigung
finden. Zivilgesellschaftliches Engagement wird gefördert und ernstgenommen. Dabei ist
besonders auch auf die Einbindung spezieller Gruppen zu achten, die keine oder keine laute
Interessensvertretung haben, wie beispielsweise der Kinder und Jugendlichen.

Geschlechtergleichstellung in allen Dimensionen
Die geschlechtergerechte Verteilung aller gesellschaftlich verfügbaren Ressourcen sowie
Gleichstellung in sämtlichen Möglichkeiten an deren Partizipation ist eine zentrale
gesellschaftliche Achse für sozialen und wirtschaftlichen Ausgleich, für gesellschaftlichen
Frieden und damit für nachhaltige Entwicklung. Die Gleichstellung von Frauen und Männern
ist somit ein grundsätzliches Anliegen in allen Politikfeldern, besonders im Zusammenhang
mit der gerechten Entlohnung von Frauen und Männern, im gesellschaftlichen Umgang mit
älteren und behinderten Menschen, mit Minderheiten sowie in den Bereichen
Armutsbekämpfung, Beschäftigung, Ausbildung und Gesundheit.

Gesundheit in allen Politikbereichen
Gesundheit ist nicht nur die Abwesenheit von Krankheiten. Sie umfasst die körperliche,
psychische und soziale Gesundheit und wird in allen Politikfeldern mit beeinflusst. Es ist
daher von größter Bedeutung, dass die gesundheitlichen Auswirkungen politischer
Entscheidungen auch in allen Politikfeldern mit bedacht und berücksichtigt werden. Im
Anbetracht der „modernen Krankheitslast“ gewinnen Prävention und integrierte Versorgung
zunehmend an Bedeutung. Gleichwertiger und geschlechtergerechter Zugang zu
Gesundheitsversorgung und Prävention, die als integrales Politikprinzip anzusehen ist, bildet
eine unabdingbare Vorrausetzung für sozialen Zusammenhalt.
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Leitplanken der ökonomischen Dimension

Nachhaltiger Lebensstandard und Erhöhung der Lebensqualität
Primärziel nachhaltigen Wirtschaftens in hochentwickelten Industriestaaten wie Österreich ist
die Sicherung eines nachhaltigen Lebensstandards sowie die Schaffung von ausreichenden
und qualitätsvollen Beschäftigungsmöglichkeiten. Rein quantitatives Wachstum, vor allem
der stofflichen Produktion, kann nicht Priorität nachhaltiger Wirtschaftspolitik sein. Das BIP
und sein Wachstum als Maßstab für wirtschaftliches Handeln sind unzureichend für die
Beurteilung der Lebensqualität der Bevölkerung. .Deren Erhöhung für alle Menschen ist
oberste Priorität.
Dies hat im Einklang mit den Leitplanken der ökologischen und sozialen Dimension zu
stehen und durch die (Weiter-)Entwicklung entsprechender Indikatoren auch statistisch
erfassbar zu sein. Die Bewältigung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufgaben
(etwa Vollbeschäftigung oder der Abbau der Staatsverschuldung), für die quantitatives
Wirtschaftswachstum nach gängigen Vorstellungen als notwendig erscheint, wird in einer
nachhaltigen Wirtschaft durch alternative Lösungsansätze angestrebt.

Fähigkeit zu Strukturwandel, Effizienz und Innovation und Bestehen im Wettbewerb
Im Rahmen des Postulats der Ressourcenschonung leistet die Wirtschaft ihren Beitrag durch
effiziente und sparsame Verarbeitung der vorhandenen Rohstoffe. Dies auch, um im
globalen Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können. Die Fähigkeit und Bereitschaft zu
technologischer und struktureller Innovation muss daher erhalten und weiterentwickelt
werden. Dazu gehört unter anderem die Bewältigung des Übergangs von der Industrie- zur
Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft.

Ressourcenschonende Produktions- und Konsummuster
Der Beitrag der Wirtschaft zur Ressourcenschonung besteht auch durch ein Produktangebot
mit möglichst geringer Intensität an Energie und problematischen Stoffen in der Herstellung
und hohem Anteil an wiederverwertbaren Komponenten. Güter- und Dienstleistungsangebot
ermöglichen ressourcensparenden Konsum. Dieses Angebot wird von den KonsumentInnen
auch nachgefragt.

Krisenfestigkeit, Stabilität und solide öffentliche Finanzen
NH benötigt wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die langfristig einer stabilen und
ausgeglichenen Entwicklung förderlich sind sowie solide öffentliche Finanzen, die untragbare
finanzielle Belastungen für kommende Generationen vermeiden. Dazu gehört auch, sich in
geeigneter Weise auf die Auswirkungen demografischer Veränderungen vorzubereiten.
Maßnahmen, die Konjunkturüberhitzungen und Blasenbildungen hervorrufen, sind nicht nur
wegen ihrer Gefährdung der Stabilität zu vermeiden, sondern führen auch durch
Überakkumulation von Kapital und dessen späterer Vernichtung zu
Ressourcenverschwendung. In einer nachhaltig orientierten Wirtschaft sind die Finanzmärkte
auf ihre eigentliche Rolle – die der effizienten Kapitalallokation für die Realwirtschaft –
beschränkt. Ein verselbständigter Finanzsektor, der auf die Wirtschaft Druck zur gesteigerten
Ressourcenausbeutung erzeugt und diese gleichzeitig destabilisiert, läuft ihren
Zielsetzungen zuwider.

Globale Entwicklungschancen
Die zwischenstaatlichen und globalen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen sind in einer
nachhaltigen Wirtschaft nicht nur formal nichtdiskriminierend gestaltet und auf globale
Wettbewerbsbedingungen ausgerichtet, die nachhaltiges Wirtschaften unterstützen. Dabei
wird besonders darauf geachtet, Entwicklungs- und Schwellenländern Möglichkeiten für
eigenständige wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Einklang mit den Zielsetzungen der
ökologischen und sozialen Dimension zu bieten. Spezielles Augenmerk wird darauf gelegt,
die ökonomischen Voraussetzungen für die Bekämpfung von unmittelbarer Not (etwa
Hunger, Wasserknappheit und hohe Kindersterblichkeit in weiten Teilen der Welt) zu
schaffen.
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II) Die Handlungsfelder der NSTRATneu –
ihre Herausforderungen und Chancen, Zielsetzungen und Handlungsansätze
Handlungsfeld 1) „Nachhaltiges Denken und Handeln“
Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung verlangt ein Umdenken der
EntscheidungsträgerInnen in Politik und Verwaltung. Es erfordert ebenso die Änderung der
bestehenden Denkmuster in Richtung nachhaltiger Entwicklung in Wirtschaft, Medien und im
Alltag jedes Einzelnen. Dabei gilt: der erste Schritt zum nachhaltigen Handeln besteht darin,
nachhaltig zu denken und für nachhaltige Entwicklung zu sensibilisieren. Ziel ist es daher,
die bestehenden Denkmuster im Alltag zu hinterfragen und in Richtung Nachhaltigkeit zu
verändern.
Die wachsende Komplexität der politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen und
die Grenzen des menschlichen Verstehens zwingen Politik und Verwaltung, die Wirtschaft
und den Einzelnen auf Basis von stark vereinfachten Darstellungen und Modellen zu
agieren. Diese beeinflussen maßgeblich deren Entscheidungen, Verhalten und Handeln.
Egal wie mannigfaltig, führen sie zum Ausblenden von wichtigen Aspekten für nachhaltige
Entwicklung.
Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung stellt insbesondere ein sektorales, rein profitorientiertes und kurzfristiges Denken in Frage. Auch national- und staatszentrierte sowie
monokausale Ansätze werden kritisch hinterfragt. Im Gegensatz dazu ruft es zum
vernetzten, langfristigen, globalen und ganzheitlichen Denken in allen Bereichen auf. Der
Wandel in Richtung Nachhaltigkeit braucht darüber hinaus ein proaktiveres Verständnis der
Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen und des zivilgesellschaftliches Engagements in
politischen Prozessen. Er verlangt auch ein Hinterfragen von Denkmustern, die
gesellschaftliche Entwicklung als vorherbestimmten Prozess wahrnehmen, und des Modells
eines linearen Wirtschaftswachstums, das dessen naturgesetzliche und soziale Grenzen
ausblendet.
Die Überwindung dieser Denkmuster und das Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit
bedürfen gezielter Handlungsansätze in Bereichen der Bildungs-, Forschungs-,
Beteiligungs,-, Konsum-, Produkt- und Kommunikationspolitik. Hier ist die Hebelwirkung am
größten. Nachhaltigkeit sollte auch die Sinne ansprechen und Sinn vermitteln. Die
Einbindung der kulturellen Dimension und eine neue alltagskulturelle Praxis sind
Voraussetzungen für das Gelingen nachhaltiger Entwicklung. Die Einbeziehung der
angewandten Kunst kann zur breiteren Akzeptanz und Attraktivität der Nachhaltigkeit
beizutragen.
1. Bildung für nachhaltige Entwicklung
Bildung und Ausbildung sind wesentliche Säulen zur Förderung des nachhaltigen Denkens
und Handelns. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist notwendige Voraussetzung dafür,
dass die Menschen Globalisierungsprozesse, die fortschreitende weltweite Vernetzung und
Internationalisierung des Lebens sowie die Veränderungen von Mensch und Natur erkennen
und im Sinne nachhaltiger Entwicklung mit gestalten können. Sie ist immer auch
Werteerziehung im Sinne eines reflektierten Bewusstseins über die eigene Verantwortung
und die Auswirkungen des persönlichen Handelns auf die Gesamtgesellschaft. Außerdem
unterstützt sie die Bereitschaft, seinen Lebensstil entsprechend zu verändern, wie die
Fähigkeit zum Ausbau der eigenen Lebensqualität in sozialer und ökologischer Hinsicht.. Die
Basis dafür bilden humanistische Bildungsideale und eine kritische Reflexion der
Lebenswirklichkeiten und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Bildung für nachhaltige
Entwicklung ist eine Auseinandersetzung mit Werten unter Einbeziehung demokratischer
und partizipativer Elemente und trägt zur Erweiterung individueller Handlungskompetenzen
bei.
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Bildung für nachhaltige Entwicklung steht dabei im schulischen wie nichtschulischen Bereich
vor einer Reihe von Herausforderungen. Auf der Ebene der pädagogisch-/didaktischen
Prinzipien muss deren Umsetzung über eine reine Vermittlung von Faktenwissen nach dem
Reiz-Reaktionsschema wie auch von Prozessen und Verfahren zur Lösung vordefinierter
Aufgaben hinausgehen. Dies deckt sich mit der in Gang gesetzten Neuorientierung des
österreichischen Bildungssystems in Richtung Kompetenzorientierung.
Auf inhaltlicher Ebene stehen die Nutzung der Anbindungsmöglichkeiten an konkrete
Lehrpläne bzw. anwendungsorientierte Umsetzungsmöglichkeiten für den Unterricht im
Rahmen der Lehrpläne, die Weiterbildungsmöglichkeiten der LehrerInnen und die Zugänge
zu Quellenmaterialien und fachspezifischen Organisationen im Vordergrund.
Auf der Governance Ebene sind verbesserte Rahmenbedingungen zu schaffen. Hier gilt es
insbesondere, die Synergie-Effekte zwischen den bestehenden Strategien und Initiativen für
Bildung für nachhaltige Entwicklung in den Schulen und den Universitäten sowie auf der
Gemeinde-, Länder-, nationalen und globalen Ebene intensiver zu nutzen. Darüber hinaus ist
deren Kohärenz mit der gesamten Bildungspolitik zu stärken.
Zielsetzung:

Stärkung der Bildung für nachhaltige Entwicklung als Hebel für Bewusstseinswandel und
Gestaltungskompetenzen in Richtung Nachhaltigkeit
Handlungsansätze:
- Stärkere Einbeziehung von Aspekten der Nachhaltigkeit in das gesamte
Bildungssystem (formal, non-formal und informell) und insbesondere Betonung der
Bedeutung von Bildungsarbeit im non-formalen Bereich, auch im Sinn des Life Long
Learning Ansatzes
- Schaffung von Rahmenbedingungen zur Umsetzung der relevanten Initiativen zur
Bildung für nachhaltige Entwicklung, insbesondere der Österreichischen Strategie zur
Bildung für nachhaltige Entwicklung
- Bildungsaktivitäten für nachhaltige Entwicklung im Rahmen der Aus- und Fortbildung
des Bundes
2. Schnittstelle Politik und Forschung für nachhaltige Entwicklung
Ein unverzichtbarer Innovationsmotor für nachhaltige Entwicklung ist Forschung, die sowohl
Fragen für rasche Entscheidungshilfen aufgreift, als auch das erforderliche Wissen für
längerfristige politische Strategieprozesse entwickelt. Naturwissenschaftliche, technische,
geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung bildet ein wesentliches Element zur
frühzeitigen Erkennung nicht nachhaltiger Entwicklungen durch die Bereitstellung von
Technologien, Daten, Methoden und Modellen für ein kontinuierliches Monitoring.
Idealtypisch sollte Forschung den Fokus der Entscheidungsträger schärfen und die kritischen
Fragen sowie Alternativen für öffentliches Handeln identifizieren. Sie sollte für belastbarere
Trendaussagen und Bewertungen sorgen, die Folgen voraussagen, anwendbare und
zielgerichtete Lösungsoptionen zur Verfügung stellen und Instrumente und Methoden zur
Entscheidungsfindung erarbeiten.
Um die wissensbasierte Integration nachhaltiger Entwicklung in die politischen Prozesse zu
stärken ist eine Verbesserung der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik
notwendig. Dazu sind zwei Faktoren entscheidend:
Einerseits bedarf es gezielter Refokussierung der Forschungsprioritäten und Erweiterung
bestehender theoretischer, methodologischer und methodischer Forschungsgrenzen u.a.
durch transdisziplinäre, kritische, ex-ante und partizipative Ansätze. Mode 2 Wissenschaft
kann gesellschaftlich robustes Wissen hervorbringen und damit den verschiedenen Akteuren
alternative Wege für die zukunftsfähige Gestaltung der Beziehungen von Umwelt und
Gesellschaft aufzeigen.
Andererseits gilt es das strategische Interesse von Politik und Verwaltung zu stärken.
Entscheidend ist insbesondere intensivere Einbindung von Politik und Verwaltung in die
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Nachhaltigkeitsforschung und die entsprechende Anpassung der bestehenden
forschungspolitischen Priorisierung. Dabei sollte insbesondere der Bedarf an Wissen für
nachhaltiges Denken und Handeln konkreter formuliert und kommuniziert werden. Ein
Zielsetzungen:
Stärkere Anerkennung und Förderung der Nachhaltigkeitsforschung
Handlungsansätze:

Förderung, insbesondere inter- und transdisziplinärer Forschung für NE unter
Einbindung der Natur-, Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften und der Technik,
z.B. Mode2 Wissenschaft
Stärkung der ex-ante Forschungsansätze wie integrierte Folgenabschätzung und
Foresight
Förderung von internationalen Forschungsnetzwerken und Partnerkooperationen zur
Umsetzung nachhaltiger Entwicklung
Verstärkte Berücksichtigung und Implementierung der Forschung für Nachhaltigkeit in
Politik und Verwaltung
Handlungsansätze:
- Verbesserung der Bedingungen für Forschung für Nachhaltigkeit durch die
Refokussierung der forschungspolitischen Prioritäten und der Ressourcenallokation
(z.B. Schaffung von Forschungsförderschwerpunkten)
- Schaffung von Rahmenbedingungen zur Stärkung des Dialogs zwischen Forschung
und Politik/Verwaltung im Bereich nachhaltiger Entwicklung
- Intensivierung des Wissenstransfers für nachhaltige Entwicklung innerhalb und
zwischen den Ressorts u.a. durch die Forschungsabteilungen bzw. die
forschungsverantwortlichen Akteure im Bund
- Stärkere Abstimmung und Verknüpfung der Forschungsaktivitäten der Ressorts im
Bereich nachhaltige Entwicklung
- Entwicklung von Strategien für „Braingain“ und
für grenzüberschreitende
Lernpartnerschaften für nachhaltige Entwicklung
3. Gewandeltes Verhältnis zwischen Staat und Zivilgesellschaft
Unser politisches System ist einem Wandel unterworfen. Zum einen fühlen sich viele
Menschen von den traditionellen Formen und Einrichtungen der repräsentativen Demokratie
nicht mehr ausreichend gehört und vertreten. Zum anderen zeigen immer mehr BürgerInnen
verstärkte Bereitschaft zu gesellschaftlicher Verantwortung und Engagement, gerade für
Anliegen der NE. Dabei werden unmittelbarere Formen der Beteiligung bevorzugt und
elektronische Kommunikationstechnologien und Netzwerke stärker beansprucht.
Bisherige Erfahrungen zeigen das enorme Potenzial, aber auch die Barrieren von
Beteiligung. Es ist die Aufgabe von Politik und Verwaltung, die Teilnahmemöglichkeiten zu
schaffen und zur Beteiligung einzuladen. Die „Weisheit der Vielen“ sollte in politische
Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Dabei ist besonders zu beachten, welche Form
der Beteiligung für welche Fragestellungen angemessen ist.
Zielsetzung:

Stärkung individueller Verantwortung und Erweiterung der Teilnahmemöglichkeiten
Handlungsansätze:
- Sicherung von ausreichenden Kapazitäten und Kompetenzen in Politik und
Verwaltung zur Initiierung und Begleitung von qualitätsvollen Beteiligungsprozessen
- Stärkung der Bereitschaft in Politik und Verwaltung, die Ergebnisse von Beteiligung
entsprechend ernst zu nehmen
- Schaffung von Rahmenbedingungen für„Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung“
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Entwicklung gemeinsam vereinbarter Spielregeln für die Kooperation zwischen
Politik/Verwaltung und Zivilgesellschaft (organisierte Zivilgesellschaft)
Wahrnehmung der Verschiedenheit unter Menschen in den Beteiligungsverfahren,
Entscheidungsbildungs- und Nachhaltigkeitsprozessen durch konkrete Maßnahmen
in Form gender- und diversity-spezifischer Aktivitäten und Interventionen
4. Nachhaltige gesellschaftliche und individuelle Konsummuster
Lebensqualität wird oft über materiellen und energieintensiven Konsum propagiert und
definiert. Dieser Lebensstil hat nicht nur einen enormen Ressourcen- und Energieverbrauch
zur Folge, sondern wirkt sich auch auf die Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen
in weiten Teilen der Welt aus, insbesondere dort, wo Arbeitsschutz, Mindestlöhne und
soziale Absicherung nicht oder ungenügend geregelt sind. „Nachhaltiger Konsum“ und seine
Propagierung rücken daher zunehmend als Interventionsfeld in den Blickpunkt von Umweltund Medienpolitik. Die erwünschte Stärkung der Nachfrage nach nachhaltigen Produkten
setzt Bewusstsein und Kenntnis von umweltgerechten und sozial verträglichen
Entscheidungsoptionen und ihren Vorteilen (z.B. für die Gesundheit) voraus.
Bildung und Wissen allein führen jedoch nicht zwangsläufig zu Verhaltensänderung.
Nachhaltiger Konsum bedarf auch eines förderlichen gesellschaftlichen Klimas und
entsprechender Rahmenbedingungen. Er muss grundsätzlich zumutbar wie leistbar sein und
darf im Bereich der Grundbedürfnisse nicht mit individuellen Nachteilen (finanzieller Art,
höherer Zeitaufwand usw.) verbunden sein, auch wenn er von den KonsumentInnen den
Vorrang von (oft teurerer) Qualität vor Quantität verlangt.
In den letzten Jahren wird ein verstärktes Interesse an nachhaltigem Konsum verzeichnet.
So wächst die Zahl von VerbraucherInnen, die Konsum nachhaltig gestalten wollen. Dadurch
wird vor allem der Bedarf an Information, Transparenz und Orientierung stärker. Auch die
öffentliche Verwaltung, mit ihrem jährlichen Beschaffungsvolumen von rd. 40 Mrd. Euro der
größte Individualkonsument, ist dem nachhaltigen Konsum verstärkt verpflichtet. Den
Orientierungsrahmen dazu stellt seit 2010 der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen
Beschaffung dar.
Zielsetzung:

Stärkung gesellschaftlicher und individueller Konsummuster in Richtung nachhaltiger
Entwicklung
Handlungsansätze:
- Bewusstmachen von nicht-nachhaltigen Konsummustern und Aufzeigen von
alternativen Handlungsmöglichkeiten („Gut leben statt viel haben“, Zeitwohlstand,
„Nutzen statt Besitzen“) und des Nutzens eines nachhaltigen Lebensstils durch
Bildungsarbeit für NE
- Gezielter Einsatz der Kommunikationsinstrumente der öffentlichen Hand und der
öffentlich-rechtlichen Medien zur Propagierung nachhaltiger Konsummuster
- Verstärktes Bildungsangebot an Schulen und Universitäten als Basis für einen
erfolgreichen Paradigmenwechsel vom „mehr“ zum „besser“
- Förderung sozialer Normen, die nachhaltiges Handeln als erwünscht erscheinen
lassen (normbildende Initiativen, soziale Anerkennung für Verzicht auf Statussymbole
etc.)
- Stärkung monetärer und nichtmonetärer Anreize zur Förderung nachhaltigen
Konsums
- Verlässliche, glaubwürdige, verständliche und transparente Verbraucherinformation
(Nachhaltigkeitsberichte, Produktdeklarationen, Labels, Auszeichnungen)
- Stärkung der Zusammenarbeit von ProduzentInnen und Handel als „Mittler“
zwischen Produktion und Konsumation
- Stärkung der Vorreiterrolle der öffentlichen Hand im Bereich nachhaltige öffentliche
Beschaffung und systematische Integration von Umwelt- und Sozialstandards
11
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
5. Nachhaltige Produktionsmuster, Produkte und Dienstleistungen
Bei Förderung gesellschaftlich und individuell nachhaltiger Produktionsmuster, Produkte und
Dienstleistungen nimmt die „Integrierte Produktpolitik“ eine Schlüsselstellung ein. Sie stellt
einen Ansatz dar, einzelne Maßnahmen der produktbezogenen Umwelt- und Sozialpolitik in
ein umfassendes konzeptionelles Gerüst einzubetten. Ziel ist es, die ökologischen, sozialen
und gesundheitlichen Belastungen durch Produkte in ihrer Gesamtheit zu verringern. Dabei
spielen alle Schritte im Lebensweg des Produktes von der Gewinnung der Rohstoffe über
ihre Verarbeitung bis hin zur Entsorgung des Produkts eine Rolle. Sie sollten unter möglichst
umweltfreundlichen und sozial gerechten Bedingungen erzeugt und vertrieben werden. Auch
der fortschreitenden Verkürzung der Lebenszyklen der meisten Konsumgüter sollte gezielt
entgegengewirkt werden.
Zielsetzung:

Förderung gesellschaftlich und individuell nachhaltiger Produktionsmuster, Produkte und
Dienstleistungen
Handlungsansätze:





Stärkung der Anreize und Produktanforderungen als Impulse für eine nachhaltigere
Produktion und für nachhaltigere Produkte insbesondere in Richtung Verlängerung
der Produktlebensdauer
Stärkung der Bedeutung vom nachhaltigen Produktdesign durch Aufnahme in den
Ausbildungs- und Forschungsbereich und Förderung von Kunst und Kultur
Förderung des Zusammenwirkens der Akteure auf dem Produktlebensweg
Forcierung der Kreislaufwirtschaft und Recycling und stärkere Nutzung von
Möglichkeiten zur Abfallvermeidung und-verwertung sowie Förderung von
Reparaturnetzwerken
Entwicklung von Roadmaps zur Forcierung der nachhaltigeren Produkte, Produktion
und Dienstleistungen in einzelnen Branchen
6. Nachhaltigkeitskommunikation und die Informations- und Kommunikationstechnologien
(IKT)
Strategische und transparente Nachhaltigkeitskommunikation als Verständigungsprozess
über künftige anzustrebende gesellschaftliche Entwicklung ist von entscheidender
Bedeutung für das Umdenken in Richtung nachhaltige Entwicklung. Sie stellt die Stakeholder
in den Mittelpunkt des auf Mitgestaltung durch Beteiligung und Vernetzung abzielenden
Kommunikationsansatzes. Dabei geht es nicht nur um Ursachenforschung und
Problemwahrnehmung, sondern auch um die Diskussion der Werte und Normen sowie um
die Kommunikation über die individuellen und gesellschaftlichen Gestaltungs- und
Handlungsmöglichkeiten.
Die Kommunikation über Nachhaltigkeit findet auf verschiedenen Ebenen statt: zwischen
Individuen, zwischen Individuum und Institutionen, zwischen Institutionen und innerhalb von
Institutionen, in Schulen und Hochschulen, in den Medien, in der Politik, in der Wirtschaft, in
den Kommunen, regional, national und international. Hier gilt es insbesondere das Potenzial
der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (wie Social Media), aber auch der
Public Relations für eine nachhaltige Gesellschaftsentwicklung gezielt zu nutzen, ohne die
Vielfalt der etablierten IKT zu vernachlässigen.
Zielsetzung:
Optimierung der strategischen Nachhaltigkeitskommunikation und -vernetzung durch Einsatz
von IKT
Handlungsgansätze:
12
NSTRATneu
-
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Forcierung von IKT-Produkten und -Dienstleistungen zur Förderung des
nachhaltigen Denkens und Handelns
Nutzung von Social Media in der Politik und Verwaltung zur Förderung der
Beteiligung, Vernetzung und des Bewusstseinswandels in Richtung
Nachhaltigkeit
Sichtbarmachen des Potentials der Nachhaltigkeitskommunikation für eine
nachhaltige Unternehmensentwicklung und für den öffentlichen Sektor und
Bereitstellung von Kapazitäten für Nachhaltigkeitskommunikation
Stärkung der Rolle der Medienbildung als Vehikel zur Förderung von nachhaltigen
Denken und Handeln
13
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Handlungsfeld 2) „Stabilität, Krisenfestigkeit, Innovationsfähigkeit“
1. Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen
Die Entwicklung der österreichischen Volkswirtschaft ist, gemessen an den Indikatoren
Wachstum, Beschäftigung, Geldwertstabilität und außenwirtschaftliches Gleichgewicht, lange
Zeit stabil und ausgeglichen verlaufen. Von der Rezession im Gefolge der von den
Finanzmärkten verursachten weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise hat sie sich nicht
zuletzt aufgrund der staatlichen Gegensteuerung und des Einsatzes der heimischen
Wirtschaftsakteure relativ rasch erholt. Allerdings ist das internationale Umfeld nach wie vor
instabil, und die Unsicherheit über die mittel- bis längerfristige Entwicklung ist größer
geworden.
Die Regulierungsanstrengungen auf globaler und europäischer Ebene haben zu keiner
entscheidenden Änderung der Funktionsmechanismen der Finanzmärkte geführt. Diese sind
nach wie vor instabil und von spekulativen Elementen getrieben. Die Bedrohungen für die
Realwirtschaft (Stichworte: Kreditklemme, Preisschwankungen auf Rohstoff- und
Nahrungsmittelmärkten) existieren weiter. Spezifisch österreichisch sind die Risiken, die aus
dem Engagement österreichischer Banken in Ost- und Südost-Europa entstanden sind.
Verschärfend gegenüber der Situation im Jahr 2008 kommt die destabilisierende Rolle hinzu,
die der Druck der Finanzmärkte gegenwärtig auf Währungen und Staatsfinanzen erzeugt.
Zielsetzungen:
 Stabilität der österreichischen Volkswirtschaft stärken
Handlungsansätze:
Langfristiger und geordneter Staatsschuldenabbau durch ausgaben- und
einnahmenseitige Maßnahmen im Rahmen von österreichischem
Stabilitätsprogramm und europäischem Fiskalpaktmittels der
langfristigen Budgetprognose
 Gleichzeitig aktiver Beitrag der öffentlichen Haushalte zur kurz- und
mittelfristigen Konjunkturstabilisierung im Einklang mit Zielen der NE
 Sicherung der Binnennachfrage auch durch Erhaltung der privaten
Kaufkraft
 Wirksamkeit der automatischen Stabilisatoren garantieren
 Kreditklemmen vorbeugen
 Wahrung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts
 Wahrung der Geldwertstabilität
 Rückführung der Finanzmärkte und ihrer Institutionen auf ihre Funktion der
Kapitalallokation für die Realwirtschaft (Handlungsansätze s. HF3)

2.
Wohlfahrtsstaat und Zukunftsinvestitionen, öffentliche Verwaltung
Die wirtschaftlichen und sozialen Erfolge Österreichs beruhen zu einem guten Teil auf seiner
hervorragenden staatlichen Infrastruktur und seinem ausgebauten sozialen Netz. Für eine
nachhaltige Entwicklung unseres Landes werden der Wohlfahrtsstaat und die Fähigkeit der
öffentlichen Hand zu Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur weiterhin
notwendiger Bestandteil sein. Die aktuellen Konsolidierungsanforderungen an die
öffentlichen Haushalte stellen die Finanzierung dieser Aufgaben vor zusätzliche
Herausforderungen. Zu diesen gehört auch die Wahrung des sozialen Zusammenhalts durch
eine ausgewogene Verteilung daraus resultierender Belastungen:
Die öffentliche Verwaltung hat sich in der Vergangenheit als wichtiger Faktor für die
Wohlfahrtsentwicklung in Österreich bewährt. Nicht zuletzt aufgrund der aktuellen
Veränderungen bei den wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie der
14
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
organisatorischen Herausforderungen ist es erforderlich, die Verwaltungs- und
Staatsorganisation auf Effizienz und Kostenverträglichkeit hin zu überprüfen, wobei
gleichzeitig auch eine langfristige Aufrechterhaltung und weitere Verbesserung der hohen
Qualität der Aufgabenerfüllung im öffentlichen Bereich sicherzustellen ist.
Zielsetzungen:
 Öffentliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Innovation und
Funktionsfähigkeit sowie Finanzierung des Wohlfahrtstaates langfristig sichern
und im nachhaltigen Sinn ausrichten
Handlungsansätze:

Langfristige budgetäre Garantie für Zukunftsinvestitionen der
öffentlichen Hand
 Langfristige Sicherung der notwendigen Einnahmenbasis auch durch
Abschöpfung von Spekulationstransaktionen
 Erhöhung der Erwerbs- und Beschäftigungsquote
 Möglichst weitgehende Einbindung aller Beschäftigungsverhältnisse in
die Finanzierung der Sozialsysteme
 Sozial ausgewogene Ökologisierung des Steuersystems und
Entlastung des Faktors Arbeit
 Intragenerationeller Lastenausgleich zwischen den sozialen Schichten und
auch zwischen den Geschlechtern
Handlungsansätze:


Soziale Ausgewogenheit aller ausgabenseitigen Maßnahmen
Ausgewogene Belastung von Vermögen, Arbeit und Kapital bei
einnahmenseitigen Maßnahmen
 Entschärfung der Einkommenssteuerprogression im unteren und
mittleren Bereich
 Gender Budgeting Strategie
 Gender- und diversityspezifische Gleichstellungs- und
Integrationspolitik
 Bekämpfung von Armut und daraus resultierender
gesellschaftlicher Ausgrenzung (siehe HF5)
 Die Gestaltungsfähigkeit der Gebietskörperschaften auf allen Ebenen und die
finanziellen Voraussetzungen für die Sicherung der Daseinsvorsorge zu
erhalten.
Handlungsansätze:





Gesicherte Finanzierungsgrundlagen aller Gebietskörperschaften im
Wege des Finanzausgleichs
Organisations- und Aufgabenreform auf allen bundesstaatlichen Ebenen
Effizienzgewinne durch Erhöhung der Kohärenz (im Sinne von NE) der
verschiedenen Verwaltungsebenen
Wirkungsorientierte Budgeterstellung
Dialog Verwaltung – Zivilgesellschaft
3. Demografische Entwicklung, intergenerationelle Lastenverteilung
Aufgrund der demografischen Entwicklung wird die österreichische Bevölkerung bis 2020 um
300.000 auf 8,7 Millionen ansteigen, dies fast zur Gänze durch Migration. Der Anteil der
15
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Über-60-Jährigen wird auf 26% wachsen, jener der 15-64-Jährigen auf unter 60%
zurückgehen1. Dadurch sind folgende Entwicklungen zu erwarten:
 Nach den Prognosen der EK wird der Anteil der öffentlichen Pensionsaufwendungen
am BIP in Österreich im Zeitraum 2007-20 um 0,3 Prozentpunkte wachsen.
 Der Anteil der über 45-jährigen Erwerbspersonen wird bis 2030 um 5 Prozentpunkte
auf 39,4 % steigen.
 Durch den zunehmenden Anteil älterer und hochbetagter Menschen an der
Gesamtbevölkerung wird das Krankheitsspektrum hin zu chronischen Erkrankungen
verändert und neue Versorgungsbedarfe entstehen. Für die zukünftige
Ausgabenentwicklung ist entscheidend, ob die gewonnenen Lebensjahre in guter
Gesundheit zurückgelegt werden können und neben.der nachhaltigen Finanzierung
der Langzeitpflege auch Kompetenzbereinigung und Verwaltungsvereinfachung
erreicht werden können.
Zielsetzungen:
 Sicherung des öffentlichen, umlagefinanzierten Pensionssystems im
Zusammenhang mit den demografischen Veränderungen bei gleichzeitigem
intergenerationellen Lastenausgleich zwischen Erwerbstätigen und
PensionistInnen
Handlungsansätze:
Erhöhung der Beschäftigungsquote (Nationaler Reformplan)
 Anhebung des faktischen Pensionseintrittsalters
 Beitrag von gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsgewinnen zum steigenden
Finanzierungsbedarf der Umlagefinanzierung
 Bessere Ausschöpfung des Beschäftigungspotentials insgesamt, und hier vor
allem der Frauen, als auch Schaffung der entsprechenden Bedingungen,
damit ältere ArbeitnehmerInnen möglichst lange aktiv am Arbeitsmarkt
teilnehmen können

Handlungsansätze:
Weiterer Ausbau von alters-, alterns- und geschlechtergerechten
Arbeitswelten
 Früherkennung und –vermeidung des krankheitsbedingten Verlustes der
Arbeitsfähigkeit, Rehabilitation und Integration verstärken
 Unterstützung der betrieblichen Gesundheitsvorsorge und der
Wiedereingliederung gesundheitlich beeinträchtigter Personen in den
Arbeitsprozess
 Rahmenbedingungen für höhere Frauenbeschäftigung verbessern
 Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit
 Förderung der Zuwanderung und Integration qualifizierter MigrantInnen
NAP Integration
 Nachhaltige Finanzierung des öffentlichen Gesundheitssystems, das gleichen
Zugang für alle gewährleistet, wie auch jener für Pflege und Betreuung

Handlungsansätze:



1
Optimierung der Krankenbehandlung durch strukturierte und koordinierte
Behandlung von chronisch Erkrankten wie beispielsweise durch Disease
Management Programme oder Casemanagement
Nutzung vom Optimierungspotentialen sowie Wirkungs- und
PatientInnenorientierung in der Gesundheitsversorgung
Konsolidierung des Spitalswesen: Einführung eines bundesweit
einheitlichen Krankenanstaltengesetzes und Schaffung einer
Datenquelle, wenn nicht anders angegeben: Statistik Austria
16
NSTRATneu
Konsolidierter Text




Stand: 5.6.2012
überregionalen Spitalsplanung des Bundes sowie Ausbau von Synergien
zwischen den Anstalten als Basis für eine patienten- und
bedarfsorientierten Versorgung
Ausbau der Gesundheitsförderung sowie der Verhältnis- und
Verhaltensprävention
Einfachere und transparentere Mittelflüsse orientiert an Zielen
Eindeutige und dauerhafte Klärung der Kompetenzen
Beschluss der Landesfinanzreferentenkonferenz 15. 2. 2012 zum
Pflegefonds
4. Innovation als Antrieb der NE - NE als Antrieb für Innovation
Innovation ist die Grundlage für die Weiterentwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft. Sie
schafft Neues und sorgt so dafür, dass z.B. Technologien, Produkte, Verfahren,
Dienstleistungen, aber auch organisatorische Konzepte (Business-Modelle), Institutionen,
rechtliche Rahmenbedingungen und insgesamt die Lebensgrundlagen, verbessert werden
können. Innovation ist daher auf allen Ebenen erforderlich und muss sowohl technologischer
wie nicht technologischer Natur sein. Dadurch kann einerseits der mit ihr verbundene Nutzen
besser erfasst werden, andererseits die ökologische und soziale Ausgewogenheit garantiert
werden. Innovation und Nachhaltigkeit bilden die Basis für Wettbewerbsfähigkeit der
österreichischen Unternehmen wie auch für die dauerhafte Beschäftigung hochqualifizierter
ArbeitnehmerInnen. Deshalb sind Innovation und Nachhaltigkeit zwei sich gegenseitig
beeinflussende und stimulierende Gefäße.
Nachhaltige Innovation bzw. Innovation zur Sicherung von Nachhaltigkeit muss die
Kernherausforderungen unserer Gesellschaft interdisziplinär und Synergieeffekte nutzend
adressieren. Dies betrifft z.B. Sicherung der Lebens- und Ernährungsqualität für alle
Bevölkerungsschichten, nachhaltige Ressourcennutzung, Umweltschutz und Klimawandel.
Es umfasst die Entwicklung neuer Technologien und Verfahren und nicht-technologischer
Innovationen (im Lichte der Nachhaltigkeit), Maßnahmen zur Förderung von Märkten und
Wettbewerbsfähigkeit, die Zusammenarbeit der Akteure und die Einbindung der Gesellschaft
(als "sustainable consumer and citizen")
Dies kann in vielen Fällen nur dann erfolgreich implementiert, durchgeführt und nutzbar
gemacht werden, wenn ihre Überprüfung auf ökologische und soziale Effekte sowie gezielte
Überlegungen angestellt werden (können), wo Nachhaltigkeit als Forderung in das
Innovationssystem getragen werden kann. Es erfordert nicht nur Einflussmöglichkeiten der
Zivilgesellschaft auf die Forschungs- und Innovationspolitik, sondern auch individuelles
Engagement in diesem Kontext.
Die Rolle und Aufgaben der Forschung an der Schnittstelle zur Politik wurden im HF 1
beschrieben. Die Komplexität der großen Herausforderungen unserer heutigen Zeit (v. a.
Klimawandel, Ressourcenverknappung, demografischer Wandel und sozialer Ausgleich) und
die Erfüllung der Postulate der NE setzen umfassende regional differenzierte Kenntnisse der
naturräumlichen, ökologischen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen
voraus. Diese müssen in interdisziplinär orientierter Grundlagenforschung gewonnen
werden. Forschung und Entwicklung ist auch die Basis für Technologien und
Ablaufoptimierungen, die einen substantiellen Beitrag für den sparsameren Umgang mit
knappen Ressourcen leisten. Der Rebound-Effekt demonstriert jedoch, dass eine rein auf
Effizienzsteigerungen beschränkte Innovation allein nicht nachhaltig ist, sondern in ein
Gesamtkonzept sozialer und institutioneller Veränderungen eingebettet gehört.
Öffentliche (angebots- und nachfrageseitige wie innovationsfördernde öffentliche
Beschaffung, Standards, Regulierung etc.) Forschungs- und Innovationsförderung ist so zu
gestalten, dass sie eine stimulierende Wirkung auf unternehmerische und gesellschaftliche
Aktivitäten im Sinne von NE erzielt. Vom Bund wurden dazu bereits etliche
Forschungsprogramme mit nachhaltiger Ausrichtung - sowohl thematisch als auch in den
17
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Auswahlkriterien – aufgelegt. So konnte beispielsweise durch eine konsequente
jahrzehntelange öffentliche Förderung von F&E zu Erneuerbaren Energieträgern eine
Vorreiterrolle zahlreicher österreichischer Unternehmen auf dem Weltmarkt und gleichzeitig
der Anteil der Nutzung Erneuerbarer Energie in Österreich von mehr als 30% im
Endverbrauch erreicht werden.
Um systematisch den ökologischen und demografischen Herausforderungen, dem
zunehmenden globalen Wettbewerb und dem Strukturwandel in Wirtschaft und Gesellschaft
begegnen zu können hat die Bundesregierung die FTI-Strategie des Bundes entwickelt. Sie
bildet zusammen mit der Nachhaltigkeitsstrategie den Rahmen für die Entfaltung des
innovativen Potentials der österreichischen Gesellschaft und ihrer Volkswirtschaft und deren
nachhaltiger Entwicklung. Durch die FTI-Strategie sollen die Maßnahmen verschiedener
Akteure im österreichischen Innovationssystem Forschung besser aufeinander abgestimmt
werden.
Danach liegen die Aufgaben des Staates in der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen,
in der Verbesserung der Humanressourcen, dem Ausbau der Grundlagenforschung, im
Beschleunigen des Strukturwandels, der Verbesserung der FTI-Kapazitäten und der
Innovationskraft der Unternehmen sowie in der Stimulierung von (nachhaltigkeitswirksamen)
FTI-Aktivitäten durch die Bereitstellung öffentlicher Mittel für eine nachhaltigkeitsorientierte
Forschung und durch ein geändertes Nachfrageverhalten in der öffentlichen Beschaffung.
Zielsetzungen:
 Durch technologische und soziale Innovation Antworten auf gesellschaftliche
Herausforderungen geben (können)
Handlungsansätze:
 Einrichtung von ressortübergreifenden FTI-Schwerpunkten besonders
in den Bereichen Klimawandel und Umgang mit knappen Ressourcen,
Sicherung der Lebensqualität und demografischer Wandel
 Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft
Handlungsansätze:
 Förderung der Innovationskraft österreichischer Unternehmen und
Forschungsinstitutionen
 Weiterentwicklung der nachhaltigkeitsrelevanten nationalen
Forschungsförderprogramme in allen Disziplinen
 Erhöhung der Forschungsquote auf 3,76 % bis 2020 (FTI Strategie)
 Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für öffentliche und private
Forschung
 Impulse durch öffentliches Beschaffungswesen (durch
innovationsfördernde öffentliche Beschaffung - IÖB)
 Nachhaltigkeitsaffine Ausrichtung von Forschung und Entwicklung garantieren
Handlungsansätze:



Stärkere Einbettung von Forschung und Entwicklung in soziale
Prozesse durch den Ausbau von Partizipations- und
Informationsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft2
Technologiefolgenabschätzung und Bewertung der Vereinbarkeit mit
Zielen der NE verbessern
NH-spezifische Impulse des öffentlichen Beschaffungswesens
2
Erläuterung (nicht im Endtext): Z.B. durch Technologiebeiräte nach Art des dänischen Teknologi
Radet
18
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
5. Aus- und Weiterbildung als Innovationsmotor im Sinne von Nachhaltigkeit
Eine Grundvoraussetzung für eine innovative Volkswirtschaft bilden Arbeitskräfte, die
gelernt haben, Notwendigkeiten/Bedarfe zu erkennen, zu analysieren, kreative kompetente
Lösungen zu finden und die fähig und bereit sind, diese mit anderen zusammen umzusetzen.
Insgesamt ist in Gesellschaften mit geringeren Bildungsunterschieden auch die gesamte
Lebenserwartung höher. Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen sind sowohl die
Voraussetzung für eine Erfüllung dieser Forderung als auch für eine Teilnahme am
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben und der Möglichkeit seinen Teil zu einer
nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Funktionaler Analphabetismus, von dem laut PISAStudie bis zu 20% jedes Altersjahrgangs gefährdet sind, vorzeitige Ausbildungsabbrüche
stellen ein grundlegendes Hindernis dafür dar.
Ausbildung im Sinne von Nachhaltigkeit muss daher den Erwerb von Kompetenzen in den
Vordergrund stellen, die die SchülerInnen dazu befähigen, Inhalte zu erfassen, und sie mit
Methoden vertraut machen, die dazu befähigen, den Wert von Information zu beurteilen und
entsprechende Handlungen zu setzen. Dies erfordert Fachwissen und soziale Fähigkeiten.
Menschen, die diese Kompetenzen erworben haben, können auch die Notwendigkeiten
nachhaltiger Politik besser nachzuvollziehen und eigene Aktivitäten entwickeln.
Darüber hinaus muss das Bildungssystem Möglichkeiten zur lebensbegleitenden
(beruflichen) Weiterbildung bereitstellen. Lebenslanges Lernen (Strategie zum
lebensbegleitenden Lernen in Österreich, LLL:2020) - parallel zur wie auch in
Zwischenphasen der beruflichen Tätigkeit und von der frühkindlichen Erziehung und
Förderung bis zur Bildung in der nachberuflichen Lebensphase - muss Praxis werden. Für
den Einzelnen wie für Staat und Gesellschaft ist Bildung die entscheidende und
renditestärkste Investition in die Zukunft.
Zielsetzungen:
 Erhaltung und Ausbau eines Ausbildungssystems, das Arbeitskräfte, die den
Anforderungen einer innovativen, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen
Wirtschaft entsprechen, ausbildet und europäische Schlüsselkompetenzen
vermittelt.
Handlungsansätze:
Spezifische Maßnahmen gegen funktionalen Analphabetismus
 Bad Ischler Sozialpartner Dialog 2011
 Senkung der SchulabbrecherInnenquote
 Duale Lehrlingsausbildung stärken
 Ausbau der Möglichkeiten zur lebenslangen beruflichen Weiterbildung.

Handlungsansätze:



Ausreichende Dotierung des beruflichen Weiterbildungssystems und
Ausweitung des Angebots
Begleitmaßnahmen zur Ermöglichung von Weiterbildung (z.B.
Kinderbetreuungsangebote, Zeit für Weiterbildung))
Umsetzung der Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich,
LLL:2020
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NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Handlungsfeld 3) „Lebensqualität und qualitatives Wachstum und
Ressourcenschonung“
Angesichts multipler Krisen (u.a. Finanz- und Wirtschaftskrise, Klima- und Ressourcenkrise,
zunehmende gesellschaftliche Ungleichheit), vor dem Hintergrund von Globalisierung,
technologischer Entwicklung und strukturellen Veränderungen der Gesellschaft (z.B.
demografische Entwicklung) sind wir heute an einem Punkt angelangt, der es erfordert,
unsere Systeme, Modelle und Denkansätze sowie die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten
und wirtschaften auf den Prüfstand zu stellen. Durch ein stetiges Wachstum an Produktion
konnte vor allem in den Industrieländern ein hohes materielles Wohlstandsniveau erreicht
werden. Doch die vorwiegende Orientierung am quantitativen Wachstumsmodell hat dazu
geführt, die damit einher gehenden negativen Auswirkungen außer Acht zu lassen:
Die negativen Folgewirkungen eines übermäßigen Ressourcenverbrauchs werden immer
offensichtlicher: Natürliche Ressourcen werden knapper, die biologische Vielfalt nimmt ab,
und das Klima wandelt sich. Trotz einer gewissen Entkoppelung vom Wirtschaftswachstum
bei steigendem Ressourcenverbrauch (relative Entkopplung) ist der globale
Ressourcenverbrauch seit 1900 auf das Achtfache gestiegen und wird noch weiter steigen
(Szenario: Anstieg bis zum Dreifachen des heutigen Bedarfs im Jahr 2050 bei Fortsetzung
der derzeitigen Entwicklung)3. (siehe auch HF 10).
Wirtschaftswachstum hat in Entwicklungs- und Schwellenländern zur Bekämpfung der
absoluten Armut beigetragen4. Was die relative Armutsgefährdung betrifft, so ist in der EU
und Österreich im letzten Jahrzehnt jedoch keine signifikante Abnahme festzustellen. Seit
dem Jahr 2000 hat hohes Wirtschaftswachstum in Schwellenländern weltweit auch zu einer
gewissen Angleichung der durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen geführt. An der
ungleichen Verteilung von Vermögen und Einkommen innerhalb der meisten Gesellschaften
hat sich aber wenig geändert5. In Österreich waren darüber hinaus im Zeitraum 1995 bis
2009 Nettoreallohn-Verluste der unteren Einkommensgruppen zu verzeichnen6.
Der in den letzten Jahrzehnten stattgefundene Paradigmenwandel in der Verfasstheit des
Wirtschafts- und Finanzsystems, sprich Rahmenbedingungen, Strukturen, Einstellungen und
Spielregeln, stellt dessen Vereinbarkeit mit den Zielen von nachhaltiger Entwicklung in
Frage. Das „Shareholder-Value“-Denken, wie in zentralen Bereichen der Wirtschaft
vorherrschend geworden, unterminiert das Gebot der „Existenzsicherung primär durch
gerecht entlohnte und besteuerte sowie menschenwürdige Arbeit“ (= Leitplanke der sozialen
Dimension) und steht im Konflikt mit dem Konzept der „guten Arbeit“. (vgl. dazu HF 4). Durch
diese Entwicklungen ist die Gemeinwohlorientierung aus dem Blick geraten.
Angesichts dieser Befunde ist es erforderlich, die Frage nach der Art und Weise des
Wachstums zu stellen und die Qualität des Wachstums in den Vordergrund zu rücken. Eine
große Herausforderung besteht darin, den notwendigen Umbau hin zu einer nachhaltigen,
ressourceneffizienten, CO2-armen, teilhabefördernden Wirtschaft zu bewerkstelligen. Dazu
braucht es die Hinterfragung und Veränderung unserer Denk- und Handlungsweisen und die
Weiterentwicklung unserer Systeme, Institutionen, Modelle sowie Produkte und
Dienstleistungen. Es geht um ein intelligentes Wachstum (u.a. Förderung von Wissen,
Innovation und Bildung sowie der digitalen Gesellschaft), um ein nachhaltiges,
ressourcenschonendes Wachstum (u.a. ressourceneffizientere Produktion bei gleichzeitiger
Steigerung
unserer
Wettbewerbsfähigkeit
und
Beachtung
der
ökologischen
Tragfähigkeitsgrenzen) und ein verteilungsgerechtes, teilhabeförderndes Wachstum (u.a.
Erhöhung der Beschäftigungsquote, Qualifizierung und Bekämpfung von Armut und sozialer
Ausgrenzung). Ein wichtiger Bezugspunkt ist die EU-Nachhaltigkeitsstrategie, die die
Schlüssel-Herausforderungen für eine zukunftsfähige Entwicklung beschreibt.
3
UNEP-Decoupling Report 2011
UN, MDG Report 2011
5 OECD, Shifting Wealth, 2010
6 Statistik Austria, WIFO
4
20
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Ein ebenso wesentlicher Faktor ist die Entwicklung von mehr Widerstandsfähigkeit
(„Resilienz“) im Umgang mit Unsicherheit und Krisen. Gerade angesichts der
demografischen Veränderungen wird es notwendig sein, eine stärkere Vernetzung der
bestehenden
(sozialen)
Infrastruktur
für
bessere
und
bedürfnisorientiertere
Versorgungsangebote bzw. für die Professionalisierung der Erbringung von sozialen
Diensten zu schaffen (u.a. Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen für die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch bessere Kinderbetreuung und Pflegedienste).
Damit kann auch die Regionalwirtschaft belebt werden. Auch das Potential der
Landwirtschaft ist für den Übergang in Richtung nachhaltiges Wirtschaften einzubeziehen
(der Absatz wird im Rahmen der redaktionellen Überarbeitung gekürzt).
Um den notwendigen Übergang hin zu einem anderen, nachhaltigen Wirtschaften zu
erreichen, braucht es ganzheitliche Lösungsansätze (z.B. Schaffung von Green Jobs die zu
einer Umweltverbesserung beitragen und auch dem ILO Konzept der guten Arbeit Rechnung
tragen, Förderung der regionalen Wertschöpfung und der Sozialwirtschaft) und auch
visionäre Konzepte (z.B. das langfristige Saldoziel der Energieautarkie). Ziel ist die Erhöhung
der Lebensqualität bei einer Verringerung des Verbrauchs an natürlichen Ressourcen. Dies
ist auch ein zentrales Anliegen der Österreichischen Rohstoffstrategie.
Die
Nachhaltigkeitsorientierung
der
Unternehmen
sowohl
auf
Ebene
der
Produktionsprozesse und organisatorischen Abläufe als auch hinsichtlich der Produkte und
Dienstleistungen ist ein wichtiger Faktor für diesen Übergangsprozess. Die Bewertung von
Fortschritten hat sich gleichwertig an den Leitplanken aller Dimensionen der Nachhaltigkeit
(Umwelt, Wirtschaft, Soziales) zu orientieren.
Wachsen sollen in der Gesellschaft vor allem die Lebensqualität und immaterielle Werte
sowie jene Bereiche der Wirtschaft, die umwelt- und sozialverträglich agieren. Viele
internationale Untersuchungen zeigen, dass materieller Wohlstand für die persönliche
Zufriedenheit eine wichtige Rolle spielt, dass diese Bedeutung jedoch ab einem gewissen
Wohlstandsniveau nicht mehr steigt. Die Lebensqualität hängt von verschiedenen Faktoren
ab, objektiven und subjektiven. Wie diese wahrgenommen werden und welchen Stellenwert
sie haben, ist für den Einzelnen unterschiedlich. Studien für Österreich7 zeigen ,dass zu den
wichtigsten Faktoren für die Lebensqualität der Gesundheitszustand, die Verfügbarkeit eines
sozialen Netzes, die Wohnsituation und ein regelmäßiges Einkommen bzw. Erwerbstätigkeit
gehören. Bildung ist ein positiver Einflussfaktor für die allgemeine Lebensqualität, die
Arbeitszufriedenheit und das Sicherheitsgefühl. Wesentlich ist die Schaffung von politischen
Rahmenbedingungen, die Entfaltungsmöglichkeiten und Zugangschancen für alle Menschen
ermöglicht. Als weitere wichtige Lebensqualitätsfaktoren gelten darüber guter Sozialer
Zusammenhalt, Geschlechtergerechtigkeit, eine gute Umweltqualität, Chancengleichheit,
sowie die Möglichkeit sich in einem Gemeinwesen mitgestaltend einzubringen und sich im
Leben zu verwirklichen.
Der neue Fokus auf die Qualität des Wachstums soll sich auch in der Messung und
Bewertung von Wohlstand und Lebensqualität widerspiegeln. Seit über 40 Jahren wird das
BIP als Kernziffer für den Wohlstand eines Landes herangezogen, allerdings gibt es über
dessen Verteilung und viele wichtige Faktoren der Lebensqualität keine Auskunft.
(Ergänzungsvorschlag von BMWFJ teilw. aufgenommen). Vor allem durch Diskussionen auf
internationaler Ebene (u.a. EU-Initiative „GDP and Beyond“; Stiglitz-Kommission, Enquete
Kommission im deutschen Bundestag für Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität, OECD
„Measuring Progress of Societies“) hat eine ganzheitliche Betrachtung des
Entwicklungsstandes von Ländern und Gesellschaften neue Impulse bekommen. Die
Initiativen zeigen, dass sich weltweit ein Konsens dahingehend abzeichnet, dass der
Wohlstand unserer Gesellschaft weit über das vom BIP gemessene Materielle (Produkte und
Dienstleistungen) hinaus geht: eine intakte, vielfältige Umwelt, ein guter sozialer
Zusammenhalt, Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit, ein hohes Niveau an
7
vgl. exemplarisch dazu: Studie zum Wohlbefinden der österreichischen Bevölkerung,
Lebensministerium 2010
21
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
gesunder Lebenserwartung, Bildung, Kunst und Kultur sowie Möglichkeiten zur Entfaltung
von Fähigkeiten und Talenten der Menschen sind weitere wichtige Faktoren, die in die
Bewertung von Wohlstand und Lebensqualität einbezogen werden sollen. Mit dem
Indikatorenset für die Beobachtung nachhaltiger Entwicklung in Österreich (MONE) stehen
uns Daten zur Verfügung, die diese Bewertung in erweitertem Sinn beurteilen lassen.
o
Zielsetzungen:
Nachhaltiges Wirtschafts- und Finanzsystem
Handlungsansätze:















Stärkung der Nachhaltigkeit in der Europa2020-Strategie und
im Nationalen Reformprogramm
[Stärkung der gesellschaftlichen Verantwortung von
Unternehmen, u.a. durch Vorlage und Umsetzung eines
nationalen CSR-Aktionsplans] Beibehaltung BKA; BMLFUW für
eigene Zielsetzung „Gesellschaftliche Verantwortung von
Unternehmen“
Erarbeitung von SRI Mindestkriterien für die Veranlagungspolitik
des Bundes (BFAG)
Einhaltung von Mindestnachhaltigkeitskriterien im Bereich der
Pensionskassen
Verbindliche Nachhaltigkeitskriterien bei der Geldanlage von
staatsnahen Unternehmen] BMLFUW für Verschiebung der
HAe zur Zielsetzung „Gesellschaftliche Verantwortung von
Unternehmen“
Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die Erreichung
von Gleichstellungszielen
Ausbau sozialer Dienstleistungen und Infrastrukturen auch zur
Schaffung lokaler und regionaler Beschäftigungsmöglichkeiten
Rückführung der Finanzmärkte und ihrer Institutionen auf ihre
Funktion der Kapitalallokation für die Realwirtschaft (auch HF
2, 10)
Möglichkeiten zur Regulierung auf österreichischer Ebene
schaffen und auf europäischer und globaler Ebene fordern
Ansteckungskanäle von der Finanz- zur Realwirtschaft
trockenlegen
Zurückdrängung spekulativer Anteile in Finanztransaktionen
und Einschränkung hochriskanter Geschäfte (riskante Derivate,
hochspekulative Hedgefonds)
[Forcierung von ethisch-ökologischen Kriterien im Bereich der
Veranlagungspolitik und im Kreditgeschäft der Banken, sowie
im Bereich der Ratingagenturen] BKA für Platzierung hier,
BMLFUW für Verschiebung in Zielsetzung CSR
[Strengere Risikobewertungsvorgaben bzw. Verbesserung der
internen Risikobewertung bei Banken und Verhinderung der
Auslagerung von Risiken (z.B. Schattenfinanzplätze, weitere
Gesellschaften)] BKA für Platzierung hier, BMLFUW für
Verschiebung in Zielsetzung CSR
Forcierung nachhaltiger Lebensmittelproduktion in Österreich
Förderung von regionalen Wertschöpfungsketten durch
Stärkung regionaler Strukturen und Bewusstseinsbildung für
regionale Wirtschaftskreisläufe
22
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
 Kohlenstoffarme und ressourcenschonende Wirtschaft
Handlungsansätze:













o
Umsetzung der Klima- und Energieziele 2020
Sozial ausgewogene Ökologisierung des Steuersystems und
Entlastung des Faktors Arbeit
Abbau von umweltkontraproduktiven Subventionen,
entsprechend auch den Zielvorgaben der EU-2020-Strategie
Saldierte Energieautarkie durch Energieeffizienzsteigerung und
erneuerbare Energien bis 2050
Umsetzung der/des österreichischen Rohstoffstrategie?/
Rohstoffplans? (Säule 1: Raumordnerischer
Interessenausgleich zur Sicherung von heimischen
mineralischen Ressourcen und Säule 3: Substituierung,
Recycling und Ressourceneffizienz)
Absolute Entkoppelung der österreichischen
Wirtschaftsentwicklung vom Ressourcenverbrauch durch
Verdoppelung der Effizienz bei der Nutzung natürlicher
Ressourcen bis 2020 (Basis 2008)
Umsetzung des Nationalen Ressourceneffizienzaktionsplans
(REAP) (Aktionsfelder: Ressourceneffiziente Produktion,
Öffentliche Beschaffung, Kreislaufwirtschaft,
Bewusstseinsbildung)
Umsetzung der EU-Roadmap zur Ressourceneffizienz
Forcierung der Zielsetzung ,,Ressourcenschonung‘‘ im
Rahmen der Gemeinschaftlichen Agrarpolitik
Verminderung des ökologischen- und sozialen ,,Rucksacks‘‘
beim Import von Ressourcen und Produkten
Weitere Reduktion der Abfallmengen unter Berücksichtigung
der dreistufigen Hierarchie der EU Abfallrahmenrichtlinie
Bewusstseinsbildung in Richtung Sparsamer Energie- und
Ressourcenverbrauch
Ressourcenschonung durch verantwortungsbewusste
Ernährung
Entwicklung von alternativen Lösungsansätzen zum bestehenden Paradigma eines
unbegrenzten quantitativen Wachstums
Handlungsansätze:




Hinterfragung von Annahmen des quantitativen
Wachstumsmodells
[Optionen zur Verkürzung der Normalarbeitszeit als eine
mögliche Methode, um bei sinkender Nachfrage nach Arbeit
das Beschäftigungsniveau zu halten] (aus HF4) x ] Ablehnung
BMWFJ, BMLFUW, WKÖ. Befürwortung BKA, BMASK, BAK
Innovative und geschlechtergerechte Arbeitszeitmodelle
Intensivierung des öffentlichen Diskurses zur Qualität des
Wachstums und zu grundlegenden Fragestellungen: Wie
wollen wir in Zukunft wirtschaften, leben und arbeiten? Was soll
wachsen? Was ist endlich?, wie beispielsweise im Rahmen der
Initiative „Wachstum im Wandel“
23
NSTRATneu
Konsolidierter Text


Stand: 5.6.2012
Weiterführung der Forschung zu ökonomischen und sozialen
Aus- und Wechselwirkungen von Wachstum, v.a. auf
Beschäftigung, Einkommens- und Vermögensverteilung
Entwicklung und Erprobung von Ansätzen einer anderen
kulturellen Praxis und Lebenskultur in Richtung Nachhaltigkeit
 Verankerung von Lebensqualität als politische Zielsetzung und Zielgröße von
Wirtschaftspolitik
Handlungsansätze:




Entwicklung und Bewusstmachung von Indikatoren zur
Messung von Wohlbefinden und Lebensqualität, die den
,,klassischen‘‘ Wohlstandsindikator BIP ergänzen
Unterstützung, Abstimmung und Vernetzung mit internationalen
Aktivitäten im Bereich Wohlstand und Lebensqualität und
insbesondere deren Messung
Intensivierung der Lebensqualitätsforschung zur Schaffung von
empirischen Grundlagen sowie Unterstützung von
angewandten Projekten
Gesellschaftliche Aufwertung von immateriellen Werten (EntKommerzialisierung von Lebensbereichen und Natur)
 Stärkung der Gemeinwohlorientierung der österreichischen Volkswirtschaft
und des Stakeholder-Value
Handlungsansätze:





Versorgungs- und Vorsorgeprinzip der Wirtschaft stärken
gemeinwirtschaftliche Güter erhalten und ausbauen
Beteiligungsprozesse über wirtschaftliche
Rahmenbedingungen und Regeln stärken
Kooperation zwischen den Volkswirtschaften in Europa und
darüber hinaus
[Stärkung der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen und der im
öffentlichen Eigentum oder Auftrag tätigen Institutionen]Vorschlag BMLFUW, BKA
gegen eigene Zielsetzung und für Verschiebung der HAe zur Zielsetzung
Nachhaltiges Wirtschaftssystem)
Handlungsansätze:




[Vorlage und Umsetzung eines nationalen CSR Aktionsplans
Erarbeitung von SRI Mindestkriterien für die
Veranlagungspolitik des Bundes (BFAG)
Einhaltung von Mindestnachhaltigkeitskriterien im Bereich der
Pensionskassen
Verbindliche Nachhaltigkeitskriterien bei der Geldanlage von
staatsnahen Unternehmen] BKA für Verschiebung zur
Zielsetzung Nachhaltiges Wirtschaftssystem
24
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Handlungsfeld 4) „Gesicherter Lebensunterhalt und sozialer Zusammenhalt“
1. Arbeitswelt und Existenzsicherung im 21. Jahrhundert
Nachdem jahrzehntelang (Vollzeit-)Normalarbeitsverhältnisse zahlenmäßig stark zunahmen
und den Regelfall der Existenzgrundlage darstellten, sanken in den letzten Jahren die
Zuwachsraten beim Erwerbsarbeitsvolumen. Eine stärkere Pluralisierung der Arbeitswelt
gekoppelt mit einem abnehmenden Grad der eigenständigen Existenzsicherung8 ist
festzustellen. Die Wandlung von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft, die
Pluralisierung von Lebens- und Arbeitsformen wie.auch demographische Veränderungen (in
der Altersstruktur und durch Migration) führen zu einer Transformation der Arbeitswelt und
der Arbeitsverhältnisse.
Gegenüber Vollzeitarbeitslätzen haben Teilzeit, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse,
besonders von Frauen, sowie andere atypische Beschäftigungsverhältnisse größere
Bedeutung erlangt. Dass diese Entwicklungen zum Teil im Interesse der Beschäftigten
liegen, ändert nichts an der Tatsache, dass aufrechte Arbeitsverhältnisse für einen Teil der
Erwerbstätigen keinen Garanten für ausreichendes Auskommen darstellen.
Erwerbsarbeit soll aber auch in Zukunft die primäre Grundlage für individuell gesicherten
Lebensunterhalt und damit eine wesentliche Basis des sozialen Zusammenhalts bilden. Um
dies zu gewährleisten, muss sie für alle Erwerbsfähigen zugänglich und ausreichend bezahlt
sein. Sie muss fair verteilt sein, d.h. es dürfen weder einzelne Gruppen von ihr
ausgeschlossen sein noch anderen übermäßige Belastungen aufgebürdet werden.
Außerdem ist eine (geschlechter-)gerechte Aufteilung zwischen unbezahlten und bezahlten
Tätigkeiten notwendig. Unabhängig von Ausmaß und Form der Erwerbstätigkeit gilt es, eine
ausreichende rechtliche Absicherung der Beschäftigten zu gewährleisten.
Das ILO-Konzept der Guten Arbeit kann dafür eine Handlungsanleitung bilden: „Gute Arbeit
definiert sich über Anerkennung und Respekt, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten ohne
Überbeanspruchung, die Chance auf Mitgestaltung und Lernmöglichkeiten, die Vereinbarkeit
von privaten Lebensumständen und Beruf sowie ein Entgelt, das ein gutes Leben in Würde
ermöglicht.“
Zielsetzungen:
 Faire Verteilung der Erwerbsarbeit und der Erwerbseinkommen
Handlungsansätze:

[Ausgleich zwischen systematisch durch Überstunden
überbelasteten Erwerbstätigen einerseits, Unterbeschäftigten und
Arbeitslosen andererseits] Ablehnung WKÖ. Befürwortung BKA,
BMASK, BAK, BMLFUW: Prüfvorbehalt
 [Heranführung der effektiven an die gesetzliche Normalarbeitszeit
u.a. durch systematische Einschränkung der regelmäßig
geleisteten Überstunden] Ablehnung BMWFJ, WKÖ. Befürwortung
BKA, BMASK, BAK. BAK kann Streichung zustimmen, wenn
vorstehender HA beibehalten bleibt
 Sichere und faire Einkommen in der agrarischen Primärproduktion
in Österreich unter Aufrechterhaltung der kleinstrukturierten
Landwirtschaft
 Gerechte Verteilung der unbezahlten Arbeit insbesonders zwischen den
Geschlechtern
Handlungsansätze:
8
Abzulesen an der kontinuierlichen Zunahme der Sozialhilfeempfänger (s.
http://www.statistik.at/web_de/statistiken/soziales/sozialleistungen_auf_landesebene/sozialhilfe/02014
3.html)
25
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012

Entwicklung von Modellen zur gerechteren Verteilung der
unbezahlten (Betreuungs- und Versorgungs-)Arbeit
 Anwendung des Konzepts der Guten Arbeit auf alle Bereiche der Arbeitswelt
und alle Arbeitsverhältnisse
Handlungsansätze:

Auf- und Ausbau [geförderter] WKÖ, Ablehnung BKA; BMG;BAK
[von] Präventionsstrategien auf betrieblicher Ebene (in den
Bereichen Arbeitsorganisation und Arbeitsbedingungen) und
Entwicklung von entsprechenden freiwilligen Audits als Teil des
innerbetrieblichen Qualititätsmanagements unter Einbeziehung der
innerbetrieblichen Stakeholder
 [Weiterführung der Bedachtnahme auf Arbeitsbedingungen in den
jährlichen Kollektivvertragsverhandlungen] ausdrücklilcher
Vorbehalt WKÖ
 Sicherstellung der sozial- und arbeitsrechtlichen Absicherung unter
Berücksichtigung der verschiedenen Beschäftigungsverhältnisse
(z.B. Pensionsrecht, Arbeitslosenschutz) und Erwerbsverläufe
 Förderung und Unterstützung kontinuierlicher Erwerbsverläufe von
Frauen
 Förderung der [Vollzeit-] Vorbehalt BMWFJ, WKÖ, für
Beibehaltung BKA, BKA F, BAK Beschäftigung von Frauen
 Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in der Arbeitswelt
Handlungsansätze:






Gleiche Entlohnung für gleichwertige Tätigkeiten
Aufwertung des Berufsfeldes Kindergarten im Sinne einer
Bildungseinrichtung
Weiterentwicklung des Berufsfeldes Pflege als qualitätsvoller
Beschäftigungssektor
Ausbau sozialer Dienstleistungen, insbesondere Kinderbetreuung
und Pflege (auch zur Schaffung lokaler
Beschäftigungsmöglichkeiten)
Höherer Frauenanteil in Führungspositionen
Umsetzung der Gender Mainstreaming und Gender Budgeting
Strategie, [und] [der Sozialpartnereinigung zum NAP Gleichstellung
] dagegen BKA F [und des Nationalen Aktionsplans zur
Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt] BKA F,
BMASK, BAK, Ablehnung: BMLFUW, BMWFJ, WKÖ
1.1. Arbeitswelt mit Übergängen – Phasen von Nichterwerbs- und geringerer
Erwerbstätigkeit
Arbeit für alle kann und muss nicht heißen, dass alle zu jeder Zeit und in gleichen
Zeiteinheiten arbeiten. Der lebensphasenspezifische Wechsel zwischen Perioden
unterschiedlich intensiver Erwerbs- und von Nichterwerbstätigkeit sowie die Vereinbarkeit
von Beruf und Familie, ohne auf adäquate [lebensstandardsichernde] BKA, BKA F, BMASK,
BAK, Zustimmung nur, wenn „adaequate“ gestrichen wird: BMLFUW
[mindeststandardsichernde] BMWFJ, WKÖ Elemente zu verzichten, werden an Bedeutung
gewinnen. Längeres Arbeiten im Alter kann damit verbunden sein, in bestimmten
Lebensabschnitten kürzer zu arbeiten. Dies kann im Sinne einer freigestalteten
Lebensplanung sein, aber auch zur Wiederherstellung und Erhaltung von Gesundheit und
Arbeitsfähigkeit beitragen.
Die Herausforderungen bestehen darin, Übergänge im Erwerbsprozess abzusichern und zu
gestalten und die Durchlässigkeit zwischen den Arbeitssphären zu erhöhen. Dazu gehört
26
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
auch die Anerkennung informell und formell erworbener Kompetenzen und Qualifikationen
während Nichterwerbstätigkeit. Die Mitgestaltung der Beschäftigten in dieser veränderten
Arbeitswelt ist [weiterhin] WKÖ, Ablehnung BKA, BAK zu garantieren.
Zielsetzungen:
 Flexiblere Verteilung der Lebensarbeitszeit durch Erhöhung der
Durchlässigkeit zwischen Phasen von unterschiedlich intensiver Erwerbsarbeit
und/oder von Nichterwerbstätigkeit
Handlungsansätze:

Weiterentwicklung der bestehenden Modelle zum Wechsel
zwischen Erwerbstätigkeiten mit unterschiedlichen Zeitausmaßen
bzw. zwischen Erwerbs- und Nichterwerbstätigkeit (z.B.
Bildungskarenz)
 Absicherung von Übergängen (z.B. durch Anerkennung von
Qualifikationen, Kompetenzen)
 Materielle Existenzsicherung in Übergangsphasen
Handlungsansätze:

Optimierung von [mindestsichernden] BMLFUW, BMWFJ, WKO
[lebensstandardsichernden] BKA, BKA F, BMASK, BAK Elementen
in den sozialen Sicherungssystemen
1.2. Strukturwandel am Arbeitsmarkt durch Alterung und Zuwanderung
In den nächsten Jahrzehnten wird es in Österreich durch zunehmende Alterung der
Bevölkerung und Zuwanderung zu einem Strukturwandel der (Erwerbs-)Bevölkerung
kommen9. Für die Gruppe der älteren ArbeitnehmerInnen ist die Erhaltung ihrer
Beschäftigungsfähigkeit und Möglichkeiten zentral. MigrantInnen sind überdurchschnittlich
von Erwerbslosigkeit betroffen, und sie werden oft unter ihrem Qualifikationsniveau
beschäftigt.
Zielsetzungen:
 Erhaltung und Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und Möglichkeiten
älterer ArbeitnehmerInnen
Handlungsansätze:
 Alters- und alternsgerechte Arbeitswelten schaffen
 Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters
 Maßnahmen zum längeren Verbleib im Arbeitsleben
 Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von MigrantInnen
Handlungsansätze:




Zugang zum Arbeitsmarkt für alle legal im Land Lebenden
Maßnahmen zur nachhaltigen Integration der MigrantInnen in den
Arbeitsmarkt (z.B. durch Erleichterung der Anerkennung von
ausländischen Bildungsabschlüssen)
NAP Integration
RWR-Card
1.3. Integration von neueintretenden, arbeitsmarktfernen und in nicht
existenzsichernden Beschäftigungsverhältnissen stehenden Personen
9
Bevölkerungsprognose EUROSTAT/Europäische Kommission
27
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Für junge Menschen ist oft unabhängig von ihrer Ausbildung und Leistungsfähigkeit ein
Eintritt in Arbeitsverhältnisse mit längerfristiger Perspektive, finanzieller und sozialrechtlicher
Absicherung nicht mehr selbstverständlich10.
Eine moderne Arbeitsmarktpolitik muss auch darauf ausgerichtet sein, die individuelle
Arbeitsmarktperspektive von Menschen in nicht existenzsichernden Arbeitsverhältnissen und
von Arbeitslosen nachhaltig zu verbessern. Im besonderen Maß sind gering Qualifizierte
diesen Risiken ausgesetzt. Dabei ist Prävention wichtig. Unabhängig davon benötigt diese
Gruppe adäquate qualitätsvolle Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verbesserung ihrer
Erwerbschancen, wenn notwendig Unterstützung bei der Reintegration in Erwerbstätigkeit.
Nachhaltige Aktivierung sollte so gestaltet werden, dass ArbeitnehmerInnen und
ArbeitgeberInnen davon profitieren.
Zielsetzungen:
 Jungen Menschen den Eintritt in stabile, existenzsichernde und ihrer
Qualifikation entsprechende Arbeitsverhältnisse ermöglichen
Handlungsansätze:



Ausbildungsgarantie
Jugendcoaching
Gezielte Maßnahmen zur (Re-)Integration von Jugendlichen die
weder in Ausbildung noch in Beschäftigung stehen ins
Ausbildungssystem oder in den Arbeitsmarkt
 Stärkung des dualen Ausbildungssystems
 Langfristige Integration von arbeitsmarktfernen, arbeitslosen und in nicht
existenzsichernden Beschäftigungsverhältnissen stehenden Personen in den
Erwerbsprozess
Handlungsansätze:




Spezielle Qualifizierungsmaßnahmen und Programme zur
Absicherung von Übergängen
LLL 2020
[Ausbau des zweiten vorrangig als Übergang in den ersten
Arbeitsmarkt durch die öffentliche Hand] BAK, neutral: BKA,
BMASK, BMG, BMLFUW
[Bereitstellung und Weiterentwicklung des zweiten Arbeitsmarktes,
soweit erforderlich] BMWFJ, WKÖ, neutral: BKA, BMASK, BMG,
BMLFUW
2. Soziale Ungleichheit, Ausgrenzung und Armut
Soziale Polarisierung schadet nicht nur den von Armut und Ausgrenzung direkt Betroffenen,
sondern der ganzen Gesellschaft. Gesellschaften mit größerer Ungleichheit verfügen über
weniger psychosoziale Ressourcen und damit weniger Zusammenhalt: Es gibt weniger
Beteiligung an der Gemeinschaft, weniger Inklusion, das heißt häufiger das Gefühl
ausgeschlossen zu sein, weniger Partizipation, also häufiger das Gefühl, nicht eingreifen zu
können und weniger Reziprozität, also häufiger das Gefühl, sich nicht auf Gegenseitigkeit
verlassen zu können. Zunehmende Ungleichheit schwächt auch die Wirtschaftskraft eines
Landes.
Rund 12% der Bevölkerung gelten durch ein Einkommen unter der Armutsgrenze (60% des
äquivalisierten Median-Pro-Kopf-Haushaltseinkommens) als armutsgefährdet, Frauen haben
dabei ein um rd. ein Fünftel höheres Armutsrisiko als Männer. Armut ist mehrdimensional
und umfasst Lebensstandard, Wohnsituation, Bildung und Gesundheit, aber auch soziale
10
Statistik Austria, Eintritt junger Menschen in den Arbeitsmarkt
28
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Anerkennung und Lebenschancen. Zu ihrer Reduzierung ist daher ein integrierter Ansatz,
der auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen einschließt (s. oben), erforderlich.
Davon sind 6% der Bevölkerung in Österreich manifest arm; diese Personengruppe verfügt
über ein Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle und gibt an, in Hinblick auf
die Leistbarkeit von Gütern und Verhaltensweisen Probleme zu haben. Ein Viertel dieser
Armutsbetroffenen sind Kinder, vornehmlich mit erwerbslosen, alleinerziehenden,
zugewanderten oder „working poor“ Eltern. Die Hälfte aller manifest armen Personen ist
dieser Situation länger als ein Jahr ausgesetzt.
Zielsetzungen:
 Selbstbestimmte Teilhabe und Entwicklungschancen für alle Menschen
sicherstellen
Handlungsansätze:

Ganzheitliche soziale Wirkungsanalysen bestehender Strategien
bzw. Unterstützungsleistungen
 Reduzierung von Armut und Armutsgefährdung
Handlungsansätze:

[Erwerbsarbeit als primäre Grundlage zum existenzsichernden
Lebensunterhalt] WKÖ, BKA als HA dagegen
 Zugang zu existenzsichernder Erwerbsarbeit als Strategie gegen
„arm trotz Arbeit“
 Existenzsicherung für nicht in den Arbeitsmarkt integrierbare
Personen
 Integrierte Strategie zur Bekämpfung von Armut und sozialer
Ausgrenzung (insbesondere i. R. der Strategie „Europa 2020“)
 Optimierung der Voraussetzungen für Mindestsicherung
 Verringerung der Einkommensungleichheit
Handlungsansätze:

2.1.
Steuerliche Maßnahmen (Entlastung vorrangig im Bereich unterer
mittlerer Einkommensgruppen, auch zur Abpufferung der „kalten
Progression“)
Armut – Bildung
Kindern aus armen Familien entstehen oftmals bereits vor dem Eintritt ins Schulsystem
Benachteiligungen, die sich im Laufe der Zeit verfestigen. Darüber hinaus sind
Weiterbildungsangebote nach Abschluss des formalen Bildungswegs armutsgefährdeten
Menschen in vielen Fällen nicht zugänglich.
Zukunftsfähige Bildungssysteme sollten in ihrer Ausrichtung und Wirkung Chancengleichheit
herstellen, gegen soziale Ungleichheit wirken und soziale Mobilität ermöglichen, denn auch
Bildungsarmut ist vererbbar.
Zielsetzungen:
 Teilnahme an (Aus- und Weiter-)Bildung unabhängig von sozialer Herkunft
und ökonomischer Situation
Handlungsansätze:



Ganztägiges Betreuungsangebot in guter Qualität in
Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen auch in den Ferien
Flächendeckender Ausbau der Kinderbetreuung und
Frühförderung, Beseitigung von Kostenbarrieren
Übernahme von Kosten für Mittagessen in ganztägigen
Schulformen für sozial Benachteiligte
29
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012

Durchmischung der Schülerpopulation in allen Schularten in Bezug
auf den sozioökonomischen Hintergrund (Verhinderung von
Segregation)
 Ausbau von Beratungs- und Begleitangeboten für
ausgrenzungsgefährdete Jugendliche an den Schnittstellen (z.B.
das Jugendcoaching des BMASK/Bundessozialamtes:
 Weiterbildungsangebote für armutsgefährdete Menschen
 Förderung der informellen Bildung von Kindern aus armen
Haushalten
 Verstärkte Teilnahme armutsgefährdeter Menschen am kulturellen Leben
Handlungsansätze:

Geförderter Zugang zu kulturellen Einrichtungen/Veranstaltungen
für alle armutsgefährdeten Menschen („Kulturpass“)
2.2 Armut – Gesundheit
Gesellschaften mit größeren Ungleichheiten in Einkommen, Arbeit und Wohnen weisen
einen schlechteren gesundheitlichen Gesamtzustand auf als solche mit ausgewogener
Verteilung von Einkommen und Lebenschancen. Arme haben individuell, Gesellschaften mit
höherer Ungleichheit durchschnittlich eine niedrigere Lebenserwartung.
[Psychosoziale Faktoren wie niedriger sozialer Status und erlebte Diskriminierung wirken
sich dabei negativ auf Gesundheit aus, während funktionstüchtige soziale Beziehungen und
Bildung einen positiven Einfluss haben.] dafür BKA, BMG, BAK, dagegen WKÖ Besonders
Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien haben oft schon im Kindes- und
Jugendalter einen schlechteren Gesundheitszustand und häufiger psychische Probleme als
ihre Altersgenossen aus einkommensstarken und gebildeten Familien. Im Erwachsenenalter
resultieren daraus erhöhte Armutsgefährdung und schlechtere Gesundheit. Es ist daher von
größter Bedeutung, die Bereiche Gesundheitsförderung und Prävention weiter auszubauen
und hier so früh wie möglich anzusetzen.
Zielsetzungen:
 Sicherung eines patienten- und präventionsorientierten Zugangs zum
Gesundheitssystem einschließlich Maßnahmen der Gesundheitsförderung,
Prävention und Vorsorge für alle Menschen
Handlungsansätze

Hebung von Effizienzpotentialen im Gesundheitssystem] WKÖ
BKA: gehört eigentlich ins HF2
 Entwicklung von zielgruppenspezifischen Strategien zur besseren
Erreichbarkeit und Unterstützung von sozial benachteiligten
Menschen
 Bereitstellung qualitätsgesicherter Informationen zu
Gesundheitsthemen zur Steigerung der Gesundheitskompetenz
 Abbau der Zugangsbarrieren zur stationären Versorgung von Kindern und
Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien:
Handlungsansätze:

Abschaffung des Kostenbeitrages (Selbstbehalts) und der Kosten
für Begleitpersonen von Kindern (ausgenommen Essen)
 Erhöhung der Gesundheitskompetenz durch entsprechende
Bildungsmaßnahmen
 Verbesserung der Gesundheitschancen Armutsbetroffener
Handlungsansätze:

Schaffung nachhaltiger Strukturen für Frühe Hilfen
30
NSTRATneu
Konsolidierter Text





Stand: 5.6.2012
Schnittstellenmanagement zwischen intramuralem und
extramuralem Bereich und über Berufsgrenzen hinaus
(Professionenmix), u.a. durch Forcierung von „Disease
Management“ und „Case Management“.
Etablierung der Gesundheitsfolgenabschätzung zur
Berücksichtigung und Optimierung der gesundheitlichen
Auswirkungen politischer Maßnahmen insbesondere in Bezug auf
sozial benachteiligte/armutsbetroffene Gruppen
Zielgruppenorientierte und niederschwellige Strategien zur
Gesundheitsförderung der Betroffenen
Strategien zur Bildung von Gesundheitskompetenz in allen
Gesellschaftsschichten
Evidenzbasierte Evaluierung von Maßnahmen
3. Partizipation, soziale Beziehungen und Netzwerke als eine Grundlage sozialen
Zusammenhalts
Der soziale Zusammenhalt beruht nicht allein auf materiellen Grundlagen. Familiäre
Bindungen soziale Beziehungen und wertschätzender Umgang mit Vielfalt sind sein ideeller
Ausdruck. Freiwilligenarbeit kann nicht nur einen wertvollen Betrag zur Erfüllung
gemeinschaftlicher Aufgaben sondern auch zur Befriedigung des menschlichen Bedürfnisses
nach gesellschaftlicher Anerkennung und Einbindung leisten.
Funktionierender Zusammenhalt bedingt auch die Möglichkeit zur Teilnahme an sozialen
Netzwerken und Initiativen sowie zur Mitsprache. Das heißt, sich an gesellschaftlichen und
politischen Diskursen beteiligen zu können, dabei auch Gehör zu finden und
Entscheidungen, von denen man betroffen ist, mitgestalten zu können. Voraussetzung dafür
ist das Vorhandensein von geeigneten, unentgeltlich nutzbaren öffentlichen Räumen und
ausreichenden Informationsmöglichkeiten. Auch Zeit ist dabei ein wesentlicher Aspekt:
Einerseits sind partizipative Entscheidungsfindungsprozesse zeitintensiv, andererseits
müssen die Lebens- und Arbeitsumstände der Menschen ihnen ermöglichen, die nötige Zeit
für die Pflege von sozialen Beziehungen und für die Teilnahme an demokratischen
Prozessen aufzubringen. Besondere Beachtung sollte den Partizipationsmöglichkeiten von
bislang wenig berücksichtigten Personengruppen, wie MigrantInnen und Kinder, geschenkt
werden.
Zielsetzungen:
 Höhere Qualität und verbesserter Integrationsgrad von sozialen Beziehungen
und Beteiligungsprozessen
Handlungsansätze:

Unentgeltliche Zurverfügungstellung von öffentlichen Räumen für
Beteiligungsprozesse
 Zeit für Partizipation und Zeitwohlstand als sozialpolitische
Zielsetzung verankern
 Erprobung von unterschiedlichen methodischen Ansätzen (z.B.
BürgerInnenräte) zur Erreichung einer höheren Heterogenität
 Förderung des Aufbaus von Fähigkeiten zur Beteiligung bei schwer
mobilisierbareren, schlecht integrierten und/ oder weniger
artikulationsfähigen gesellschaftlichen Gruppen
 Freiwilliges Engagement und zivilgesellschaftliche Initiative stärken
Handlungsansätze:

Unterstützung und Förderung des freiwilligen und
zivilgesellschaftlichen Engagements
31
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Handlungsfeld 5) „Gleiche Lebenschancen für alle“
1.
Vorbemerkungen
Die in der Leitplanke der sozialen Dimension formulierten Ansprüche an gleiche
Lebenschancen müssen vor dem Hintergrund zunehmender Pluralität und Vielfalt, aber auch
einem Auseinanderdriften moderner Gesellschaften und der damit einhergehenden
wachsenden Diskriminierung und Intoleranz verwirklicht werden. Der Staat hat dafür durch
geeignete Institutionen und Rahmenbedingungen die Grundlagen für gleichberechtigte
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu schaffen.
2.
Gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen für alle
Qualitätsvolle und umfassende Bildung stellt eine grundlegende Voraussetzung für
Persönlichkeitsentfaltung und Partizipation am gesellschaftlichen Leben dar, qualifizierte
Aus- und lebensbegleitende Weiterbildung sind die Grundlage für das Wahrnehmen von
persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Das Wesen der Chancengleichheit im Bildungsund Ausbildungswesen besteht in der Gewährleistung gleichen Zugangs und bestmöglicher
Entfaltungsmöglichkeiten im Bezug zum jeweiligen Lebensumfeld nach Maßgabe von
Eignung und Leistung.
Bildungspolitik kann einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und
zu einer chancengerechteren, vielfältigeren Gesellschaft, aber auch zu größerer individueller
Lebenszufriedenheit leisten. Die Bewertung der Qualität von Bildung muss über reinen
Wissenserwerb hinausgehen und auch qualitative Aspekte und Kompetenzen wie soziales
Verhalten, Eigeninitiative, Kreativität, innovatives Denken, Kommunikations- und
Organisationsfähigkeit oder Stressbewältigung enthalten.
Arbeitsmarkt und Bildungswesen bedürfen wechselseitiger Vermittlung. Arbeit setzt Bildung
und Qualifikation voraus. Das Ausbildungswesen muss ein grundsätzliches Verständnis der
Wirtschafts- und Arbeitswelt vermitteln und die Menschen auf die Veränderungen der
Arbeitsweisen und die Dynamik in Wirtschaft und Gesellschaft vorbereiten.
Herkunft und soziale Unterschiede sind nach wie vor entscheidend für Bildungswege und
sozialen Aufstieg11. Familiärer Hintergrund und persönliche Netzwerke wie auch das
Geschlecht spielen nach wie vor eine große Rolle. Immer noch ist eine stark ausgeprägte
geschlechtsspezifische Wahl von Schultypen, Wahlpflichtgegenständen, Studienfächern und
diversen Ausbildungswegen festzustellen, was wiederum Auswirkungen auf die
nachfolgende Berufswahl und damit auf die Lebenschancen hat. Faktoren wie genderstereotype Vorstellungen (bei SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern) und strukturelle
Faktoren haben oft gravierenden Einfluss und machen eine wirklich freie Wahl unmöglich.
Früh eingeschlagene Bildungswege können zur Sackgasse werden.
Funktionaler Analphabetismus, von dem laut PISA-Studie bis zu 20% jedes Altersjahrgangs
gefährdet sind, stellt eine fundamentale Minderung von Lebenschancen dar. Hinzu kommt,
dass jährlich ca. 10.000 Jugendliche nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung
absolvieren, und geringes Qualifikationsniveau und vorzeitige Bildungsabbrüche ein doppelt
so großes Arbeitslosenrisiko mit sich bringen12.
Zielsetzungen:
 Erhaltung und Ausbau eines öffentlichen Bildungs- und Ausbildungssystems,
das der Entwicklung humanistisch geprägter Persönlichkeiten dient,
lebensbegleitend Kenntnisse und Kompetenzen vermittelt wie auch
Begabungen und Talente, Kreativität, Sozialkompetenz, Eigeninitiative,
interkulturelles Verständnis, Toleranz und Demokratieverständnis fördert
Handlungsansätze:
11
12
Bildung in Zahlen 2010/11, Statistik Austria
Statistik Austria, EUROSTAT
32
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Berücksichtigung von qualitativen Aspekten bei der Bewertung von
Bildung wie Eigeninitiative, Eigenverantwortlichkeit, Kommunikationsund Organisationsfähigkeit
 Ausbau der politischen Bildung (im Sekundär- wie Tertiärbereich)
 Spezifische Maßnahmen gegen funktionalen Analphabetismus
 Gleichberechtigte Teilhabe an Bildungs- und Ausbildungsangeboten
unabhängig von familiärer oder kultureller Herkunft und sonstigen Merkmalen

Handlungsansätze:
[Beseitigung der frühen Bildungswegentscheidung durch eine
gemeinsame Schule bis zum Ende der Pflichtschulzeit] Befürwortung
BKA, BAK, Ablehnung BMLFUW, BMWFJ, WKÖ
 Bessere
vertikale
und
horizontale
Durchlässigkeit
und
Chancengerechtigkeit im Bildungssystem
 Verbesserung der Unterrichtsqualität und der Rahmenbedingungen (z.B.
Erhöhung der Betreuungsintensität)
 Ausbau der interkulturellen Kompetenz, stärkere Berücksichtigung der
besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund und
sonstiger sozioökonomischer Benachteiligungen im Bildungssystem
(z.B. Vereinfachung von Nostrifizierung und Berufsanerkennung)
 Stärkere Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Menschen
mit Behinderungen im Bildungssystem
 Stärkere Berücksichtigung gering Qualifizierter
 Ausbau der Frühkindlichen Förderung
 Aufbrechen von Geschlechterstereotypen im Unterricht und bei der
Berufswahl
 Steigerung des Ausbildungsniveaus

Handlungsansätze:





3.
Ausbau professioneller, früh beginnender und prozessbegleitender
Bildungs- und Berufsberatung sowie der Coachingangebote
Senkung der SchulabbrecherInnenquote
Spezielle Motivation und Förderung von Kindern aus bildungsfernen
Schichten
Schließung von Lücken in der vorschulischen Förderung
(Öffnungszeiten, Platzangebot, Standards)
Umsetzung der „PädagogInnenbidlung NEU“
Bestmögliche Gesundheit für alle
„Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen
Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“ (WHO) Das heißt,
die sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und kulturellen Lebensbedingungen ergeben den
Entwicklungsrahmen für die Gesundheit und beeinflussen sie.
Die Gesundheit der Bevölkerung wird bestimmt von allen Politikbereichen, sowie von
individuellem Verhalten, Lebensführung und von körperlichen Faktoren. Besonders im Alltag,
also dort, wo die Menschen spielen, lernen, arbeiten, unterwegs sind und ihre Freizeit
verbringen, wird die Lebensqualität und die Gesundheit der Menschen beeinflusst. Daher ist
es von zentraler Bedeutung, die Lebenswelten der Menschen so zu gestalten, dass die
Lebensbedingungen gesundheitsförderlich sind. Bildung – insbesondere die
Gesundheitskompetenz- ist hierbei einer der zentralen Einflussfaktoren auf die Gesundheit.
33
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Herausforderungen stellen dabei der demographische Wandel, die geringen Geburtenraten
und die steigende Lebenserwartung dar. Dadurch und durch die Änderung der
Lebensbedingungen ergibt sich eine Verschiebung der Krankheitslast hin zu mehr
chronischen und „Lebensstil„- Erkrankungen. Die Zahl der Menschen mit Betreuungs- und
Hilfsbedarf nimmt kontinuierlich zu. Im Zuge der soziologischen Entwicklung wird auch die
derzeit dominierende Pflege durch Angehörige mehr ergänzende
Unterstützungsdienstleistungen benötigen.
Die Menschen sind konfrontiert mit einer sich schnell verändernden Arbeitswelt, und den
damit einhergehenden Belastungen am Arbeitsplatz, aber auch mit Umweltbelastungen und
der Doppelbelastung Familie und Beruf [sowie einer sich vergrößernden Schere zwischen
arm und reich]13, die sich auch in Unterschieden in der individuellen Gesundheit
niederschlägt. Entscheidungen in allen Politikbereichen nehmen Einfluss auf die Gesundheit
der Bevölkerung.
Der Erhalt von guter Gesundheit und Lebensqualität in den durch höhere Lebenserwartung
gewonnenen Jahren stellt die Menschen und das Gesundheitswesen vor ganz neue
Herausforderungen. Ein nachhaltiges Gesundheitswesen setzt auf ein qualitativ
hochwertiges Gesundheitsversorgungssystem mit gleichem Zugang für alle, auf Verhaltensund Verhältnisprävention, betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und fördert die
Eigenverantwortung der BürgerInnen. Verhaltensprävention zielt auf die Beeinflussung
individueller Verhaltensweisen ab, Verhältnisprävention dagegen hat die Veränderung der
Verhältnisse zum Ziel, die Schaffung gesundheitsförderlicher Rahmenbedingungen.
Investitionen im frühkindlichen Bereich zahlen sich dabei am meisten aus.
Zielsetzungen:
 Erhöhung der gesunden und beschwerdefreien Lebensjahre durch mehr
Gewicht auf Prävention, Gesundheitsförderung [und gesundheitliche
Chancengleichheit]14
Handlungsansätze:
An Zielgruppen ausgerichtete Präventionsstrategien (Frauen, Kinder,
Jugendliche, SeniorInnen, Ein-Personen-Unternehmen, MigrantInnen,
sozial benachteiligte Gruppen)
 Bewegung, Ernährung, Lebenskompetenz und Gesundheit verstärkt als
Unterrichtsthemen
 Ausbau der betrieblichen Gesundheitsförderung
 Ausbau der Frühen Hilfen
 Kindergesundheitsstrategie
 Nationale Sucht- und Suizidpräventionsstrategie Sucht- und
Suizidpräventionsstrategie
 Weiterentwicklung
des
qualitativ
hochwertigen
öffentlichen
Gesundheitsversorgungssystems und seiner Strukturen unter Erhaltung
seiner Zugänglichkeit und Leistbarkeit für alle BürgerInnen

Handlungsansätze:
Verbesserung von PatientInnenorientierung, Transparenz und Qualität,
insbesondere Ergebnisqualität
 Planung, Steuerung und Finanzierung in gemeinsamer Verantwortung
auf Basis eines partnerschaftlichen Zielsteuerungssystems
 Ausbau und Weiterentwicklung der integrierten Versorgung (wie zum
Beispiel Diseasemanagement -Programme)
 Weiterentwicklung eines Systems der nachhaltigen Pflege und Betreuung mit
bundesweit einheitlicher Finanzierung und Qualitätsstandards

13
14
Junktimiert mit entsprechenden Passagen zu Armut-Gesundheit in HF4
Junktimiert mit entsprechenden Passagen zu Armut-Gesundheit in HF4
34
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Handlungsansätze:
Umsetzung der Lösungsvorschläge der Arbeitsgruppe „Strukturreform
Pflege“
 Ausbau des Ausbildungssystems im Bereich Pflege und Betreuung
 Unterstützung der pflegenden Angehörigen
 Verstärktes Durchdringen aller Politikbereiche mit Gesundheitsaspekten
(„Health in all Policies“)

Handlungsansätze:


4.
Bewusstseinsbildung zu Health in all policies vorantreiben
Ausbau der Public Health Forschung (vertiefte Erforschung der
Gesundheitsdeterminanten und daraus abgeleitete politische
Empfehlungen)
Gleichstellung und Antidiskriminierung
Die Gleichbehandlungsrechte haben sich im Laufe der Jahre sowohl auf internationaler,
europäischer als auch österreichischer Ebene ständig weiter entwickelt. Dennoch ist mittelund unmittelbare Diskriminierung nach wie vor Teil des täglichen Lebens - sei es durch
ungerechte Entlohnung, eine eingeschränkte Teilhabe am Öffentlichen Leben, den Zugang
zu Ausbildung, Beruf oder Gesundheit oder durch ein bestimmtes soziales Verhalten der
Umgebung. In diesem Zusammenhang ist ein Mangel an gesellschaftlichem Bewusstsein für
die bestehenden Diskriminierungstatbestände wie auch an Solidarität festzustellen.
Der in Vorbereitung befindliche NAP für Menschen mit Behinderungen 2012 - 2020 wird
querschnittsmäßig über zahlreiche Lebensbereiche eine Fülle von konkreten längerfristigen
politischen Zielsetzungen und Maßnahmen des Bundes bis 2020 umfassen.
Der sogenannte Gender Pay Gap - also laut EU-Komission der „relative Unterschied in den
durchschnittlichen Brutto-Stundenlöhnen von Männern und Frauen in der Volkswirtschaft als
Ganzes“ - ist in Österreich im europäischen Vergleich überdurchschnittlich deutlich
ausgeprägt15, was auch daran liegt, dass Frauen überdurchschnittlich in Teilzeit mit
geringem Stundenausmaß arbeiten. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Stellenwert
unbezahlter Arbeit, die ebenfalls zum überwiegenden Teil von Frauen geleistet wird. Die
genderspezifischen Einkommensnachteile und schlechtere Beschäftigungschancen schlagen
sich auch in einem höheren Armutsrisiko nieder.
Zielsetzungen:
 Gleichstellung und Einkommensgerechtigkeit zwischen den Geschlechtern
Handlungsansätze:
Gender Mainstreaming und Gender Budgeting Strategie
 Gerechte Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit
 Spezielle Maßnahmen gegen geschlechterspezifische Armut
 Nationaler Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern am
Arbeitsmarkt
 Diversifizierung von Ausbildungswegen und Berufswahl
 Erhöhung der Erwerbsbeteiligung
 Mehr Frauen in Führungspositionen
 Einkommensschere schließen
 Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderungen

Handlungsansätze:
15
Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015, Europäische Kommission,
Seite 17
35
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Beschluss und Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Menschen
mit Behinderungen 2012 – 2020 (voraussichtlich Sommer 2012 im MR)
 Bewusstseinsbildung in Bezug auf alle Diskriminierungstatbestände und
Vermeidung von Diskriminierung betroffener Bevölkerungsgruppen

Handlungsansätze:


Verstärkte Sensibilisierung/Sichtbarmachung von Diskriminierung
gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen (z. B. Schulen, ORF)
Bewusstseinsbildung für Sport auch als Mittel zur sozialen
IntegrationDiskriminierungsschutz)
36
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Handlungsfeld 6 „Naturraum und Ökosystemleistungen“
Die Natur bildet die Grundlage für das Leben auf der Erde. Über den Eigenwert der Natur
und funktionierender Ökosysteme hinaus erfüllen Naturräume und ihre biologische Vielfalt
wichtige
Funktionen,
und
die
daraus
resultierenden
Leistungen
wie
Nahrungsmittelproduktion, Klimaregulierung und eine vielfältige Kulturlandschaft werden vom
Menschen genutzt. Sie sichern seine Lebensgrundlage und tragen zu seinem Wohlergehen
bei. Somit sind sie wesentliche Elemente einer nachhaltigen Entwicklung.
Vielfältige Nutzungen bzw. Übernutzung beeinflussen die Funktion der Natur- und
Lebensräume. Es ist nicht auszuschließen, dass dadurch zumindest Teile unserer
Lebensgrundlagen zerstört werden. Im Rahmen des UN Millennium Ecosystem Assessment
wurde 2005 ein systematischer Überblick über den globalen Zustand von 24
Ökosystemleistungen erstellt. Es stellte sich heraus, dass sich weltweit 60% der
Ökosystemleistungen in einem Zustand fortgeschrittener und/oder anhaltender Zerstörung
befinden.
Für Österreichs Naturräume zeigen sich durchaus Unterschiede: Beispielsweise ist die
Wasserqualität insgesamt gut, jedoch gibt es etwa bei den Fließgewässern Belastungen
durch strukturelle Eingriffe oder Wanderhindernisse. Regionale Belastungen im
Grundwasser ergeben sich durch diffuse, flächenhafte Nährstoffeinträge, beispielweise aus
intensiver landwirtschaftlicher Nutzung oder punktuellen Belastungen aus Siedlungsgebieten
im Falle von undichten Entsorgungssystemen. Die Emission von einigen Luftschadstoffen
wurde in den letzten Jahren stark reduziert. Bei manchen Luftschadstoffen (z. B. FeinstaubPM 2,5 und PM 10, Ozon und Stickstoffoxide) ist die Belastung jedoch weiterhin zu hoch. Sie
können in Konzentrationen auftreten, die zur Beeinträchtigung der Gesundheit führen und
negative Auswirkungen auf empfindliche Ökosysteme haben. Die Auswirkungen des
Klimawandels können schleichende Veränderungen in den Ökosystemen mit sich bringen,
aber auch klimabezogene Extremereignisse (z. B. Hochwasser) nach sich ziehen. Die
Resilienz der Naturräume gegenüber solchen Veränderungen spielt eine wichtige Rolle.
Österreich verfügt über eine hohe Tier- und Pflanzenvielfalt, die eng verzahnt ist mit der reich
strukturierten Kulturlandschaft. Eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft spielt eine
bedeutende Rolle bei der Erhaltung dieser Arten- und Landschaftsvielfalt.
Der landwirtschaftliche Strukturwandel innerhalb der letzten Jahre (die Anzahl der Betriebe
hat sich seit 1995 um 22% reduziert) hat auch in Österreich zu einer Nutzungsintensivierung
oder Nutzungsaufgabe von landwirtschaftlichen Flächen geführt. Einen wichtigen Beitrag zur
Erhaltung einer extensiven und umweltschonenden Landwirtschaft
leistet das
österreichische Agrarumweltprogramm. Der Zustand der Wälder ist weitestgehend als gut zu
bewerten, nicht standortsgemäße Monokulturen (insbesondere in den Tieflagen) wurden in
den letzten Jahren forciert in Mischwälder umgewandelt. Einzelne Waldökosysteme sind
jedoch durch Fragmentierung gefährdet (Zerschneidung der Lebensräume z.B. durch
Verkehrsinfrastruktur).
Die gesamte Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlung, Verkehr, Gewerbe, Industrie
und Tourismus ist ungebrochen hoch (+ 5,2 % bzw. +26.000 ha zwischen 2008 und 2011).
Die davon täglich für Bau- und Verkehrsflächen neu in Anspruch genommene Fläche liegt
bei ca. 10 ha/Tag. Von allen Bau- und Verkehrsflächen sind fast 60 % versiegelt und nur ca.
40% mit wasserdurchlässigen Oberflächen ausgestattet. Nach wie vor stellt die Zersiedelung
ein großes Problem dar. Viele Menschen wollen naturnah leben und städtischen Einflüssen
wie Lärm, geringem Platzangebot und dem Mangel an Grünräumen entgehen.
Der aus diesen Ansprüchen resultierende Nutzungsdruck belastet die Naturräume und
beeinträchtigt damit ihre Funktionsfähigkeit. Vermutlich ist nur bei einem geringen
Bevölkerungsanteil die Vielfältigkeit der Funktionen der Naturräume, ihre enge Verflechtung,
vor allem aber ihr Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Geschehen im Bewusstsein
37
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
verankert. Zwar benennen 16,3% der Österreicherinnen und Österreicher die „Zerstörung
von Natur und Landschaft“ als eines der vordringlichsten Umweltprobleme. Oftmals machen
aber erst drohende Gefahren die Leistungen der Ökosysteme für die Gesellschaft bewusst.
So können z. B. Landnutzungsänderungen die Gefahr von Überschwemmungen, Muren,
Lawinen oder Erosion nach sich ziehen.
Ökosysteme erfüllen verschiedenste Funktionen: Die Kohlenstoffspeicherfähigkeit der
Wälder, des Bodens und der Feuchtgebiete wurde durch die Klimawandeldiskussion einer
breiteren Öffentlichkeit bewusst. Darüber hinaus erfüllen Wälder und Grünräume aber auch
Funktionen zur Luftreinhaltung, als Lärmschutz, passiver Hochwasserschutz (Auwälder) und
zur Erholung. Besonders in Städten dienen Grünflächen der Erholung und vermindern damit
die „Flucht ins Grüne“ bzw. die Zersiedelung.
Manche Tiergruppen können als Indikatoren für biologische Vielfalt gesehen werden. So
spielen die Insekten, als Indikatoren für die biologische Vielfalt, eine große Rolle bei der
Bestäubung von Wildpflanzen und Feldfruchtkulturen. Der Rückgang an Bienen und anderen
Bestäubern hätte ernste Folgen, insbesondere auch für die Landwirtschaft und die
Ernährungssicherung16.
Zunehmend wird in letzter Zeit das Konzept der „Ökosystemleistungen“ herangezogen, um
die komplexen Leistungen der Ökosysteme für die Menschen darzustellen und ein
Bewusstsein dafür zu schaffen. Das Millennium Ecosystem Assessment gliedert die durch
die Funktion der Naturräume erbrachten Ökosystemleistungen wie folgt:

Versorgende Leistungen (provisioning services), wie das Zurverfügungstellen von
Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Holz, Brennstoffen

Selbstregulierende Leistungen (regulating services), wie Klimaregulierung,
Luftreinigung, Verhinderung von Überschwemmungen (z.B. durch das
Wasserrückhaltevermögen von Boden und Vegetation in Flussauen), Ausgleich bei
Schädlingsbefall

Kulturelle Leistungen (cultural services), wie zum Beispiel Erholung, Erleben und
Bildung in der Natur, Spiritualität, Befriedigung eines ästhetischen Empfindens

Basisleistungen (supporting services), wie Fotosynthese, Stoffkreisläufe,
Bodenbildung
Auch die Leitinitiative „Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa“ (COM (2011)571
final) der Europa Strategie 2020 weist auf die neuen Herausforderungen im Umgang mit
Ressourcen hin, um in Zukunft Wachstum und Wohlstand zu gewährleisten. Zum Thema
Naturkapital und Ökosystemleistungen wird vorgeschlagen, dass diese bis 2020
„…von öffentlichen Behörden und Unternehmen in ihrem tatsächlichen Wert erfasst werden.“
Ebenso fordert die EU-Biodiversitätsstrategie 2020 (COM(2011) 244 final) in einem ihrer
Ziele
„…die
Verbesserung
und
Wiederherstellung
von
Ökosystemen
und
Ökosystemdienstleistungen durch Ausbau der Grünen Infrastruktur17 und Restoration von
mindestens 15 % degradierter Ökosysteme.“
In der von der UNEP initiierten Studie „The Economics of Ecosystems and Biodiversity“
(TEEB) steht die Schätzung des ökonomischen Werts der biologischen Vielfalt und der
Folgekosten bei Zerstörung im Mittelpunkt.
Eine der Schlussfolgerungen der Studie ist, dass die mangelnde Sichtbarkeit zahlreicher
Leistungen der Natur für die Gesellschaft zur Vernachlässigung dieses Naturkapitals führt
16
Der geschätzte Wert der Insektenbestäubung für die EU beträgt 15 Mrd. EUR jährlich.
Unter Grüner Infrastruktur versteht man einerseits u.a. geschützte Gebiete (z.B. Natura 2000),
andererseits Habitate, Landschaftselemente, High Nature Value Farmland, extensives Grünland und
ökologische Korridore (vorläufige Definition DG Environment)
17
38
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
und Entscheidungen gefällt werden, die Ökosystemleistungen schädigen, was hohe soziale
und ökonomische Folgekosten nach sich zieht.
Natur und Ökosystemleistungen sind sowohl hinsichtlich ihres intrinsischen Wertes als auch
im Interesse der Kontinuität des wirtschaftlichen Wohlstands und des Wohls der Menschen
zu erhalten und zu bewerten.
Identifikation der zentralen Herausforderungen:
Mit zunehmendem Druck auf die Umwelt werden die Leistungen, die Ökosysteme erbringen
gefährdet, bzw. können nicht mehr in ihrem vollen Umfang erbracht werden.
Es ist notwendig, diese Leistungen darzustellen und die Kenntnisse über Ökosysteme und
Ökosystemleistungen in Österreich zu verbessern. Dies ergibt sich aus der Europa Strategie
2020 und deren integrativen Bestandteilen sowie aus gemeinsamen Agrarpolitik 2014-2020
und der Verordnung zur Implementierung der Ökosystemleistungen in die
Umweltökonomische Gesamtrechnung (Verordnung (EU) Nr. 691/2011). Um die Funktion
der Naturräume und ihrer Leistungen zu erhalten, ist es notwendig, den Ursachen
entgegenzuwirken. Dazu müssen alle Handlungsfelder, von denen Druck auf die Naturräume
ausgeht in die Betrachtung einbezogen werden (u. a. sind dies die Raumordnung, Landund Forstwirtschaft, Tourismus, Klimapolitik, Konsum- und Freizeitverhalten sowie die
Lebenssituation in den Städten).
Alle Nutzungen sollen zum Schutz der Ökosysteme ressourcenschonend und sozialgerecht
erfolgen.
Für die in Österreich vorkommenden Ökosystemtypen und biogeographisch wichtigen
Regionen sollten Flächen mit bewusster Nichtnutzung auf Basis z.B. Roter Listen und EU
sowie internationaler Vorgaben definiert, gesichert und geschaffen werden.
Die Resilienz und Widerstandsfähigkeit der Naturräume gegenüber Klimaveränderungen ist
zunehmend wichtig, um Extremereignissen entgegenzuwirken. Zur systematischen
Berücksichtigung
von
Anpassungsfragen
und
der
Entwicklung
von
Risikominderungsstrategien gegenüber klimabezogenen Extremereignissen sowie
schleichenden Veränderungen wird ein „Climate Proofing“ empfohlen.
Gleichzeitig ist die Stärkung des Bewusstseins über die Naturraumfunktionen und die von
der Natur erbrachten Leistungen ein wichtiger Faktor, um die Funktionen der Naturräume
und ihre enge Verflechtung aufzuzeigen und deren gesellschaftliche Bedeutung darzustellen.
Zielsetzungen und Handlungsansätze
1. Artenvielfalt und Lebensräume
Zielsetzungen:
♣
Stopp des Verlustes an Artenvielfalt und Lebensräumen in Österreich
(insbesondere gefährdete Arten und Lebensräume)
Handlungsansätze:
 Erhalt einer intakten Umwelt (Boden, Wasser, Luft, Flora und Fauna) und
Bewusstmachung des hohen Stellenwerts einer intakten Umwelt für die
Gesellschaft und die zukünftigen Generationen für eine hohe
Lebensqualität und auch im Sinne einer Daseinsvorsorge

Verbesserung der Kenntnisse über Ökosysteme und deren Leistungen in
Österreich

Umsetzung der nationalen Biodiversitäts-Strategie vor allem auch im
Hinblick auf die in der EU-Biodiversitätsstrategie 2020 festgelegten Ziele
39
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
zur Erhaltung und Wiederherstellung von Arten, Lebensräumen und
Ökosystemleistungen


Erhaltung nutzungsfreier Naturräume zur Erreichung der
Biodiversitätsziele und zur Sicherung noch weitgehend unberührter
Ökosysteme
Vernetzung und Schutz von grünen Infrastrukturen18 und Festlegung von
für die Biodiversität besonders relevanten Arten und Lebensräumen (z. B.
Vorkommen Roter Liste Arten und Biotoptypen, Endemiten)

Umsetzung einer ressourcenschonenden Nutzung von Naturräumen in
Österreich in allen Politikbereichen, die einen Raumbezug haben
(Abstimmung dieser Bereiche im Hinblick auf deren Auswirkungen auf
Naturräume)

Maßnahmen zur Erhaltung genetischer Ressourcen von wildlebenden
Tieren und Pflanzen, sowie gefährdeter Hausstierrassen und Nutzpflanzen

Vermeidung der Einfuhr und zielgerichtetes Management zur Bekämpfung
von gebietsfremden Arten, die die heimische Vielfalt gefährden oder
gesundheitliche Probleme verursachen.

ökologische Bewertung der Nutzung erneuerbarer Ressourcen
2. Flächen- und Landschaftsverbrauch
Zielsetzungen:
♣
Reduktion des Flächen- und Landschaftsverbrauchs durch entsprechende
Raum- und Infrastrukturplanung
Handlungsansätze:
 bevorzugte Förderung von Flächenrevitalisierung (Flächenrecycling)

Reduktion der Versiegelung von Lebensräumen und der
Lebensraumzerschneidung durch unüberwindbare Barrieren (wie etwa
durch Verkehrsinfrastruktur oder bei Fließgewässern durch Querbauwerke)

Berücksichtigung der Sensitivität betroffener Ökosysteme bei der
Bewertung von Neubauprojekten
3. Land- und Forstwirtschaft
Zielsetzungen:
♣
Stärkung einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft
Handlungsansätze:
 Aufrechterhaltung des Agrarumweltprogramms mit zielgerichteten
Maßnahmen zur Förderung von Ökosystemleistungen und
Naturraumfunktionen (Maßnahmen zum Erhalt der Agrobiodiversität,
Reduktion von Nährstoffeinträgen, Erhalt der vielfältigen Kulturlandschaft,
Erosionsschutz, Maßnahmen zur Förderung der Resilienz gegen den
Klimawandel, Förderung des biologischen Landbaus (auch HF 3))
18
Unter Grüner Infrastruktur versteht man einerseits u.a. geschützte Gebiete (z. B. Natura 2000),
andererseits Habitate, Landschaftselemente, High Nature Value Farmland, extensives Grünland und
ökologische Korridore (vorläufige Definition DG Environment)
40
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012

Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in Ö
aufrecht erhalten

Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte bei der Produktion
von Biomasse und Agrartreibstoffproduktion insbesondere im Hinblick auf
Importe

Entwicklung von Waldmanagementinstrumenten sowie
Planungsgrundsätzen zur Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung
der Biodiversität im Wald im Rahmen der Ländlichen Entwicklung

Gewährleistung einer standortangepassten Sicherungsfunktion der Wälder
Eine nachhaltige und multifunktionale Waldwirtschaft soll in Zukunft
vermehrt Klimawandelanpassungsaspekte berücksichtigen, wodurch die
Stabilität der Waldökosysteme gestärkt wird

Nachhaltiger Einsatz von Bioziden und Pflanzenschutzmitteln, sowie
Etablierung eines Marktmonitorings
4. Städte
Zielsetzungen:
♣
Sicherstellung eines lebenswerten Umfeldes in den Städten durch Grünraumund Stadtplanung (Verhinderung der Stadtflucht)
Handlungsansätze:
 Schaffung von naturnahen Grünflächen und verkehrsberuhigten Zonen in
Städten, Anpassung gesetzlicher Vorgaben wie etwa Stellplatzangebote.
Darüber hinaus möglichst geringe Versiegelung

Berücksichtigung der Kosten der Zersiedelung (z. B . Verkehr, Infrastruktur,
Landschaftsverbrauch) in Projekten

Förderung innerstädtischer biologischer Vielfalt ( z. B. durch Rankgerüste,
hängende Gärten, Dachbegrünung)
5. Gewässer
Zielsetzungen:
♣
Erreichung und Sicherung eines guten ökologischen und chemischen
Zustands bei Gewässern und einer Reduktion der regionalen Belastung von
Grund- und Oberflächengewässern.
Handlungsansätze:
 Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, insbesondere des
Verschlechterungsverbots und der Sanierungsprogramme

weitere Anstrengungen zur Verminderung des Eintrags von Nähr- und
Schadstoffen in Grund- und Oberflächengewässer

weitere Anstrengungen zur Reduktion der hydromorphologischen Belastungen
von Oberflächengewässern

Monitoring und Entwicklung von Bewertungskriterien für Arzneimittelwirkstoffe
in der aquatischen Umwelt
6.
Luft
Zielsetzungen:
41
NSTRATneu
♣


Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Verringerung der Belastung der Luft mit Schadstoffen sowie verstärkte
Treibhausgasreduktion
Handlungsansätze:
Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen in jenen Bereichen, wo es
wiederholt zur Überschreitung von Grenz- und Zielwerten (z. B. Feinstaub –
PM 2,5 und PM 10, Ozon, Stickoxide) kommt
Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen im Hinblick auf die
Umsetzung EU- und Internationaler Reduktionsziele (Internationale
Klimaabkommen)
7.
Eigenwert von Naturräumen, Bewertung ihrer Funktionen und der
Ökosystemleistungen
Zielsetzungen:
♣
Anerkennung des Eigenwerts von Naturräumen und Berücksichtigung des
ökonomischen Wertes ihrer Funktionen und von Ökosystemleistungen zur
Erreichung umweltpolitischer Ziele
Handlungsansätze:
 Berücksichtigung des Eigenwerts von Naturräumen in entsprechenden
Gesetzesvorhaben
 Verringerung umweltschädlicher Subventionen durch eine kritische
Überprüfung von Förderungen auf ihre Umweltauswirkung, insbesondere auf
Ökosysteme und deren Leistungen, um diese gegebenenfalls zu adaptieren
 Mitwirkung bei und Prüfung von Initiativen auf nationaler und EU Ebene zur
Ausweisung des ökonomischen Wertes von Natur und Ökosystemleistungen
 Bereitstellung wissenschaftlicher Grundlagen zur Bewertung der tatsächlichen
Leistungen der Natur und Ökosysteme
 Stärkung der Wissensvermittlung zur Bedeutung des intrinsischen und
ökonomischen Wertes von Natur und Ökosystemleistungen
42
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Handlungsfeld 7 „Zukunftsfähige Energiesysteme“
Aktuelle Ausgangslage (globale Situation s. HF 10)19
Seit 1990 sind der Bruttoinlandsverbrauch Österreichs an Energie um 38,5%, der
Endenergieverbrauch um 46% gestiegen. Im selben Zeitraum haben sich die Emissionen an
Treibhausgasen um knapp 10% erhöht. Die Energie-Importabhängigkeit liegt in etwa
zwischen 60 und 70%, wobei es in Abhängigkeit von Niederschlags- und
Witterungsverhältnissen sowie der gesamtwirtschaftlichen Lage jahresweise deutliche
Schwankungen geben kann.
Bezogen auf die Energieträger gab es seit 1990 bei Fernwärme, den Erneuerbaren und bei
Erdgas die stärksten Zuwächse20. Der Anteil erneuerbarer Energieträger gemäß EU-RL
2009/28/EG („Erneuerbaren-RL“) ist 2005-2010 um gut 70 PJ von 24,9% auf 30,8%
gestiegen. Damit hat Österreich eine gute Ausgangslage geschaffen, um den in der RL für
das Jahr 2020 verankerten Mindestzielwert von 34% erreichen oder auch übertreffen zu
können.
Der relative Energieverbrauch als Maß für die Energieeffizienz (also die zur Erzeugung einer
Einheit des BIP notwendige Menge an Gesamtenergie) hat sich im Zeitraum 1990 bis 2010
um knapp 9% verbessert – im Mittel gab es also lediglich eine leichte Entkopplung zwischen
Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch. Österreich verzeichnet
Energieeffizienzverbesserungen im produzierenden Bereich und im Bereich der
Raumheizung der Haushalte. Vor allem im Verkehr und bei Wohngebäuden sowie privaten
und öffentlichen Dienstleistungsgebäuden schlummern noch erhebliche
Energieeffizienzpotenziale.
Laut EU-SILC-Befragung 2010 können rund 313.000 Menschen in Österreich ihre Wohnung
nicht angemessen heizen; davon sind rund 115.000 armutsgefährdet. Ob Personen bzw.
Haushalte von Energiearmut betroffen sind, ist von drei wesentlichen Einflussgrößen und
deren Verhältnis zueinander abhängig: Einkommen, Energieverbrauch und Energiepreise.
Bei gleichbleibendem Energieverbrauch sind aufgrund der stagnierenden Real-Einkommen
und der steigenden Energiepreise somit immer mehr Haushalte in Österreich von
Energiearmut bedroht.
Wesentliche Rahmenbedingungen
Die Entwicklung der europäischen Energiewirtschaft wurde in den vergangenen zwei
Jahrzehnten zunächst v.a. durch die Mitte der 1990er Jahre begonnene Liberalisierung der
Strom- und Gasmärkte geprägt. Mit der Integration der Energiemärkte wurde einerseits die
Wettbewerbsfähigkeit gesteigert, sowie versucht, Anliegen des Umwelt-, Klima- und
Konsumentenschutzes und der Versorgungssicherheit sukzessive mitzuerfassen.
In der Folge wurden mit zwei weiteren Energiebinnenmarkt-Paketen sowie einer Reihe von
Weiß- und Grünbüchern, Mitteilungen, Richtlinien und VO entscheidende
Rahmenbedingungen geschaffen, um in den Bereichen Versorgungssicherheit,
Energieeffizienz, erneuerbare Energieträger, Konsumentenschutz (etwa das Recht auf
Grundversorgung), soziale Akzeptanz von Energiesystemen & nukleare Sicherheit weitere
Fortschritte und Verbesserungen zu ermöglichen.
Von zentraler Bedeutung ist v.a. das im Jahr 2007 von den Staats- und Regierungschefs
vereinbarte Energie- und Klimapaket. Dieses sieht für das Jahr 2020 folgende unionsweite
Ziele vor:
• Reduktion der Treibhausgase um mindestens 20% gegenüber 1990
19 Quellen: World Energy Outlook 2011, IEA; Energiebilanzen 2010 vom 23.11.2011; Statistik Österreich.
20 „Energiestatus Österreich 2010“; BMWFJ
43
NSTRATneu
•
•
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
20% Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch und 10%
Biokraftstoffanteil am gesamten verkehrsbedingten Diesel- und Benzineinsatz21
Einsparung von 20% des EU-Energieverbrauches gemessen an den Prognosen für
2020
Mit der „Energiestrategie Österreich“ wurde 2010 ein umfassendes Konzept an Maßnahmen,
Instrumenten und Politiken vorgelegt und skizziert, wie Österreich seine aus dem Energieund Klimapaket resultierenden Ziele erreichen könnte. Unter den drei strategischen Säulen
der Energiestrategie - Erneuerbare, Energieeffizienz und Versorgungssicherheit - ist die
Stabilisierung des Endenergieverbrauches-2020 auf 1100 PJ (das entspricht dem Niveau
des Jahres 2005) ein zentraler Punkt.
Basierend auf der Energiestrategie wurde der „Nationale Aktionsplan für erneuerbare
Energie für Österreich“ erstellt und im Juni 2010 an die Europäische Kommission übermittelt.
Hinsichtlich der Steigerung der Energieeffizienz definiert die Endenergieeffizienz-RL
(2006/32/EG) erste Zielsetzungen: bis 2016 sollen die Mitgliedstaaten einen EinsparRichtwert von 9 % des in der Periode 2001 - 2005 durchschnittlichen jährlichen
Endenergieverbrauchs erreichen - für Österreich entspricht dies einer Einsparung von 80,4
PJ.
Wie bereits erwähnt hat sich die EU im Rahmen des Energie- und Klimapaketes auch zum
Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 die Energieeffizienz um 20% zu steigern und dieses Ziel zu
einem der fünf vorrangigen Ziele der Strategie Europa 2020 gemacht. Im Juni 2011 wurde
von der Kommission in dem Zusammenhang ein Vorschlag für eine Energieeffizienz-RL
verabschiedet.
Weitere, für Energieeffizienz und -innovation wesentliche Rahmenbedingungen sind die RL
über die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte
(energieeffiziente Produkte), ausgewählte Aspekte des SET Plans (Strategic Energy
Technology) und der Vorschlag für eine EU-Infrastrukturverordnung (u.a. Smart Grids) zu
nennen.
2011 hat die durch ein Meeresbeben/Tsunami naturbestimmte Nuklearkatastrophe in
Fukushima/Japan in einigen Staaten Europas (vorrangig Deutschland) zu einem
Umdenkprozess hinsichtlich der energetischen Nutzung von Kernenergie geführt. Aus
österreichischer Sicht stellt die Kernenergie weder eine nachhaltige Form der
Energieversorgung noch eine tragfähige Option zur Bekämpfung des Klimawandels dar.
Diese Überzeugung impliziert auch das Eintreten gegen jede Art der Förderung der
Kernenergienutzung sowie gegen den Bau neuer Kernkraftwerke generell.
In allen Fällen von kerntechnischen Anlagen, die negative Auswirkungen auf Österreich
haben oder haben könnten, werden weiterhin alle rechtlichen Möglichkeiten zur Wahrung
österreichischer Sicherheitsinteressen genutzt. Dies bedeutet auch, für maximale
Transparenz und Partizipation einzutreten.
Auch innerstaatlich wurden und werden konkrete Schritte gesetzt, um den Import von
Atomstrom zu vermeiden. Nachdem Österreich seit 2002 Nettoimporteur von Strom ist und
im europäischen Erzeugermix (Strombörsenmix) bilanziell Atomstrom enthalten ist, importiert
Österreich mit diesem „Strom unbekannter Herkunft“ (Graustrom) auch Atomstrom.
Mit dem Ökostromgesetz-2012 wurde der Grundstein gelegt, um bis 2015 zusätzlich rund 3
Mrd. Kilowattstunden Strom aus erneuerbaren Energieträger in Österreich zu erzeugen und
damit die gegenwärtige Nettostromimportmenge zu ersetzen. Darüber hinaus wurden auch
die Rechtsvorschriften für die Stromkennzeichnung angepasst und verschärft.
21
In der Erneuerbaren-RL wurden die beiden Ziele hinsichtlich Definition und Berechnungsvorschriften näher
präzisiert und andererseits das 20%-Ziel auf verbindliche Mindestziele für die Mitgliedsstaaten herunter
gebrochen. Österreich muss demnach 2020 zumindest 34% seines Bruttoendenergieverbrauches aus
erneuerbaren Energieträgern abdecken.
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NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Anlässlich des österreichischen Atomstromgipfels am 16ten April 2012 wurde weiters
beschlossen, dass Österreich spätestens ab dem Jahr 2015 atomstromfrei sein soll. Möglich
wird dies durch die freiwillige Vereinbarung, dass dann keine als Atomstrom
gekennzeichnete elektrische Energie mehr an österreichische Haushaltskunden (bereits
Ende 2013) und Industriebetriebe verkauft werden soll. In einer Novelle des ELWOG soll die
verpflichtende vollständige Stromkennzeichnung ab 1. Jänner 2015 geregelt werden.
Identifikation der zentralen Herausforderungen
Um den globalen Temperaturanstieg aufgrund des Klimawandels auf 2°C zu begrenzen,
forderte der Rat der Europäische Union (2009) alle Verhandlungsparteien der
Klimakonferenz in Kopenhagen auf, sich das 2°C Ziel zu eigen zu machen. Die
Industrieländer müssten ihre Treibhausgas-Emissionen um mindestens 80 % bis 95 % bis
2050 gegenüber dem Niveau von 1990 absenken, was de facto bei Verwendung
bestehender Technologien einen weitgehenden Ausstieg aus fossilen Energieträgern
bedeutet. Der Umweltrat hat im Oktober 2011 dieses Reduktionsziel in seinen
Schlussfolgerungen bestätigt.
Dem gegenüber skizzieren die neuen Szenarien der IEA im jüngsten „World Energy Outlook“
alles andere als nachhaltige Zukunftsperspektiven. Der Energieverbrauch wird sich im
Szenario der neuen energiepolitischen Rahmenbedingungen im Zeitraum 2010 - 2035 um
ein Drittel erhöhen. Bis 2035 müssen weltweit Investitionen in die
Energieversorgungsinfrastruktur in Höhe von $38 Billionen (in 2010-Dollar) getätigt werden.
Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen wird weiter steigen, auch wenn deren relativer
Anteil am weltweiten Primärenergieverbrauch leicht auf 75% im Jahr 2035 zurückgehen wird.
Vor diesem Hintergrund besteht verstärkter Handlungsbedarf, den Umstieg auf ein
nachhaltiges Energiesystem einzuleiten und damit auch das Fundament für eine sichere und
nachhaltige „Low Carbon Economy“ zu legen. Die Ereignisse von Fukushima haben diese
Dringlichkeit erhöht.
Sowohl auf globaler Ebene im Rahmen der UN, als auch auf Seiten der EK („Low Carbon
Strategy“ vom Frühjahr dieses Jahres sowie die im Dezember 2011 vorgelegte „Energy
Roadmap 2050“) und in Österreich (z.B. Energiestrategie, Nationaler Aktionsplan für
Erneuerbare Energien, Nationaler Energieeffizienzaktionsplan, diverse Studien22 zu „High
Energy Efficiency“- und „High Renewables“-Szenarien bis 2050“) wurden bereits intensive
Diskussionsprozesse und Analysen in Sachen mittel- und langfristige Perspektiven für das
Energiesystem gestartet und auch erste Umsetzungsschritte gesetzt.
Was den Zeithorizont bis 2020 betrifft, so gibt es dafür bereits eine Reihe von
gemeinschaftlichen oder innerstaatlichen Strategien, Zielen und Vorgaben, die entweder
schon rechtsverbindlich sind oder derzeit in Verhandlung stehen.
Zielsetzungen und Handlungsansätze:
Grundlage und Voraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem ist ein nachhaltiges
Energiesystem. Nachhaltig ist ein Energiesystem, wenn nicht mehr Energie verbraucht wird
als auf lange Sicht sicher verfügbar ist, die Kosten der Energiebeschaffung niemanden von
der Energienutzung ausschließen und die Lebensbedingungen für die Menschen (auch die
nachkommenden Generationen) ebenso wie Ökosystemfunktionen global durch die mit der
Produktion, Bereitstellung und Verwendung von Energieträgern einhergehenden
Umwelteinwirkungen nicht verschlechtert werden23.
22
Zitate betreff. die relevanten Studien werden noch ergänzt
„Herausforderungen in der Energiepolitik“, Weißbuch der österreichischen Sozialpartner, Nr.
82/2009; Zitat ergänzt um die ökologische Dimension
23
45
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Ein nachhaltiges Energiesystem hat die Funktionsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der
heimischen Wirtschaft zu gewährleisten, muss sozial und ökologisch verträglich sein und die
Versorgungssicherheit erhöhen. Die genannten Ziele sind als grundsätzlich gleichrangig zu
betrachten. Es sind Strategien zu entwickeln, in denen mehrere Ziele gleichzeitig erreicht
und damit Win-Win-Situationen erkannt und genützt werden können. Wesentlich ist,
Wirtschaft und Bevölkerung frühzeitig in diesen Prozess einzubinden.
Mehr Energieeffizienz und mehr Erneuerbare sind die Schlüssel zur Umgestaltung und
Neuausrichtung des Energiesystems: mit der konsequenten Steigerung der Energieeffizienz
in allen Sektoren soll der Energiebedarf bis 2020 auf dem Niveau von 2005, stabilisiert
werden. In weiterer Folge ist eine Reduktion des Energiebedarfs anzustreben. Der
verbleibende Energiebedarf soll in zunehmenden Maße durch erneuerbare Energieträger
bedeckt werden. Damit kann die Abhängigkeit von Energieimporten vermindert, nationale
Treibhausgasemissionen reduziert und die Versorgungssicherheit erhöht werden.
Von dieser Strategie gehen auch enorme Impulse für Innovationen, Wachstum und
Beschäftigung aus. Effizienz und Erneuerbare Energieträger müssen in Österreich noch
stärker zu Wachstumsbranchen werden.
Vor dem Hintergrund des gemeinsamen europäischen Energiebinnenmarktes sind die
europäische und nationale Politik gefordert, mit einem ausgewogenen Mix an Instrumenten
und Maßnahmen die Weiterentwicklung des Energiesystems in Richtung mehr
Nachhaltigkeit voranzutreiben und spekulatives Marktverhalten sowie Marktverzerrungen zu
beseitigen. Unternehmen in der Energiewirtschaft sind verstärkt gefordert, die nachgefragten
Energiedienstleistungen nachhaltig auszurichten. Es müssen neue Lösungen gefunden
werden, die den Anforderungen des Wandels zu liberalisierten Märkten mit einer stark
steigenden dezentralen und volatilen Erzeugungsstrukturen Rechnung tragen.
1. Energieeffizienz erhöhen
Zielsetzung
Die globale Verknappung von Primärenergie-Ressourcen in Verbindung mit der stetig
steigenden Nachfrage nach Energiedienstleitungen erfordert einen hocheffizienten
Umgang mit Energie sowie innovative Instrumente und Technologien, um kurz- bis
mittelfristig den Energiebedarf zu stabilisieren und in weiterer Folge zu reduzieren. Die
Verbesserung der Energieeffizienz ist Voraussetzung für eine substantielle Steigerung
des Anteils an erneuerbaren Energieträgern und der Versorgungssicherheit sowie die
Reduktion von Treibhausgasen.
Handlungsansätze:
 Konsequente Steigerung der Energieeffizienz auf allen Stufen der
Bereitstellung, Übertragung und Nutzung von Energie und in allen
wesentlichen Sektoren (Gebäude, Haushalte, Betriebe, Mobilität),
effizienter Primärenergieeinsatz sowie verstärkte Abwärmenutzung als
Schlüssel für die Energie- und Klimapolitik
 Änderung von Konsumgewohnheiten, durch Bewusstseinbildung,
Qualifikation, technische Weiterentwicklungen bei Geräten und
anderes mehr um Energieeffizienzziele zu erreichen (Vermeidung von
Reboundeffekten etc.)
 stärkerer Fokus auf die „Wertigkeit“: Energieträger mit einem hohen
Energiegehalt (z.B. Brennstoffe oder Strom) vorrangig für jene
Anwendungen einsetzen, bei denen ihre hohe Wertigkeit auch
gebraucht wird
 vermehrter Einsatz von KWK-Technologien bei der thermischen
Nutzung von Energie
46
NSTRATneu
Konsolidierter Text



Stand: 5.6.2012
Innovative Gebäudelösungen (Passivhausstandards) und Standards
bei Sanierung und Neubau von Wohn-, Betriebs- sowie öffentlichen
Gebäuden nach dem Stand der Technik
Smart Grids in Verbindung mit Smart Meters als Grundlage einer
ressourcenoptimierten Energieversorgung
Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen (zB
Bundesenergieeffizienzgesetz)
2. Erneuerbare Energieträger stärker nutzen
Zielsetzung
Die volkswirtschaftliche Bedeutung Erneuerbarer Energie geht in Österreich deutlich
über den Aspekt der nationalen Eigenversorgung hinaus. Der verstärkte Einsatz
Erneuerbarer Energieträger ist ein Kernelement einer nachhaltigen und
zukunftsorientierten Energiepolitik. Österreich wird daher auch weiterhin seine
konsequente Politik zur Forcierung Erneuerbarer Energieträger verfolgen.



Handlungsansätze:
Erschließung vorhandener Potenziale an erneuerbaren Energieträgern
unter Berücksichtigung, ökologischer und sozialer
Verträglichkeitsgrenzen sowie ökonomisch optimiert
Schrittweise Substitution von fossilen durch umweltverträgliche,
erneuerbare Energieträger und damit wesentlicher Beitrag zur
Reduktion der Treibhausgas-Emissionen
Raumwärme soll auf Basis von regionalen Konzepten der
Energieraumplanung und entsprechend der regionalen Stärken
entweder aus Fernwärme (Abwärme, Kraft-Wärme-Kopplung (KWK),
Biomasse) oder durch Einzelheizungen (langfristiger Umstieg auf
Solarthermie, Biomasse, Umgebungswärme) optimiert bereitgestellt
werden. Im Verkehrsbereich: Erfüllung der EU-Richtlinie 10 Prozent
Erneuerbare Energie durch Biotreibstoffe (unter Berücksichtigung der
Nachhaltigkeitskriterien) und E-Mobilität
3. Energiearmut
Zielsetzung
♣
Eine angemessene Versorgung mit Energiedienstleistungen zu leistbaren
Preisen ist auch für einkommensschwache Personen weiterhin zu
gewährleisten und der „Energiearmut“ nachhaltig zu begegnen.
Handlungsansätze:
 eine anerkannte Definition von Energiearmut etablieren, um durch
entsprechende Datenerhebungen das Problem der Energiearmut
empirisch zu analysieren und effektiver begegnen zu können.
 Energiepolitische Maßnahmen gegen steigende Energiearmut,
insbesondere die dauerhafte Senkung der Energiekosten (insbes. durch
Effizienzmaßnahmen) von armutsgefährdeten und manifest armen
Haushalten, ohne den Energienutzen für diese Haushalte einzuschränken.
4. Versorgungssicherheit
Zielsetzungen
♣
Die Sicherheit der Energieversorgung ist im österreichischen und
europäischen Kontext zu gewährleisten – eine sichere und leistbare
47
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Versorgung mit Energie ist Voraussetzung zur Erhaltung der nationalen und
internationalen Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Betriebe.
Handlungsansätze:
 Energieversorgung langfristig sicherstellen, indem der Energieverbrauch
verringert wird, die eigenen Energieressourcen sorgsam genützt und
ausgebaut, die Energieimporte durch Diversifikation gesichert und
ausreichende Infrastrukturen für Transport und Energiespeicher zur
Verfügung gestellt werden.
 Einbindung von Energie- und Verkehrskonzepten in die Raumplanung zur
Sicherstellung einer kompakten, funktionsdurchmischten Siedlungs- und
Gewerbestruktur – eine effiziente Raumplanung trägt zur
Versorgungssicherheit bei
 Handlungsbedarf zur Integration neuer Erzeugungs- und
Speichereinheiten und damit zusammenhängend der weitere Ausbau der
Infrastrukturen
 Auf europäischer Ebene weitere Integration der Energiemärkte und
Stärkung der externen Dimension der Energiepolitik zur Sicherstellung
wettbewerbsfähiger Preise und Verbesserung der Versorgungssicherheit
5. Forschung, Entwicklung und Innovation für ein nachhaltiges Energiesystem
Zielsetzungen:
♣
Eine Verstärkung der Anstrengungen im Bereich der Energieforschung ist
unabdingbar, um den zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen wie
Klimawandel, Ressourcenknappheit und einer leistbaren Energieversorgung
zu meistern24. Um von der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern nicht in
die verschärfte Abhängigkeit der kritischen Rohstoffe zu gelangen
(Hauptexporteur für seltene Erden ist China), müssen Wege gefunden
werden, die Verwendung von kritischen Rohstoffen in der Produktion
effizienter zu gestalten bzw. zu substituieren25. Der Ausbau der Erneuerbaren
Energie, erweitert um die Forschungsbereiche der hocheffizienten Gebäude,
der E-Mobilität, der Speichertechnologien und intelligenter Netze ist dabei die
Basis für eine Technologieführerschaft Österreichs26 27.
Handlungsansätze:
 Substitution: Dazu sollen innovative Forschungs- und
Entwicklungsprojekte gefördert werden, welche eine Substitution kritischer
Rohstoffe zur Herstellung von Produkten vergleichbarer oder besserer
Funktionalität und/oder Wirtschaftlichkeit ermöglichen. Die Abhängigkeit
der heimischen Industrie vom Import von jenen Rohstoffen soll damit
verringert werden.
 Effizienzsteigerung und andere technologische Verbesserungen: bei
Solarthermie, Photovoltaik und Speichertechnologien
 Integration: von innovativen Energieträgern in die Infrastruktur wie Netze
(Smart Grids: Wärme- und Stromnetze) und Gebäude
 Handlungsbedarf zur Integration einer stark steigenden Anzahl zentraler
wie dezentraler Erzeugungseinheiten und damit zusammenhängend der
weitere Ausbau der Infrastrukturen
24
vgl. FTI Strategie des Bundes
vgl. Materials Roadmap Enabling Low Carbon Energy Technologies SEC(2011) 1609 final
26 vgl. Biermayr et al. Innovative Energietechnologien in Österreich – Marktentwicklung 2010
27 vgl. Energieforschungserhebung 2010
25
48
NSTRATneu
Konsolidierter Text

6. .
Stand: 5.6.2012
Ein synergetisches Zusammenwirken der nationalen FTD-Anstrengungen
auf europäischer Ebene muss - insbesondere im Rahmen des SET-Plans forciert werden. Auf die Bedürfnisse der Unternehmen und
Forschungsinstitutionen ist dabei Rücksicht zu nehmen
Österreichische Nuklearpolitik
Zielsetzungen:
♣
Die Sicherheit heutiger und künftiger (v.a. grenznaher) Atomkraftwerke ist
weiter zu steigern. Oberste Maxime ist der optimale Schutz der
österreichischen Bevölkerung und der Umwelt. In diesem Sinne bleibt die
Schaffung hoher und verbindlicher Sicherheitsstandards für Nuklearanlagen
ein wesentliches Ziel der österreichischen Nuklearpolitik.
Handlungsansätze:
 Auf EU-Ebene tritt Österreich für die Stärkung und den Ausbau der
Sicherheitsbestimmungen zum Gesundheitsschutz ein. Österreich setzt
auch seine Bemühungen im Hinblick auf eine Reform des EuratomVertrages fort, insbesondere um den Förderzweck zu eliminieren, den
Schutzzweck auszubauen, einen fairen Wettbewerb der Energieträger
(u.a. Internalisierung der Kosten) herzustellen und die
Entscheidungsprozesse zu demokratisieren.
7. Sonstige Maßnahmen
Zielsetzungen:
♣
Neben ordnungsrechtlichen und finanziellen Instrumenten braucht es eine
Reihe ergänzender Instrumente und Maßnahmen wie Bewusstseinsbildung,
Aus- und Weiterbildung, Qualitätssicherung etc., um ein nachhaltiges
Energiesystem realisieren zu können.
Handlungsansätze:
 Verstärkte Aktivitäten zur Bewusstseinsbildung für KonsumentInnen sowie
Aus- und Weiterbildung sowie Qualitätssicherung für Dienstleister
 Kundenfreundliche technische Hilfsmittel für Erfassung des
Energieverbrauches (z.B. Stromverbrauchsmessgeräte, Smart Meters)
 bewusstseinsbildende Maßnahmen für einen energiesparenden Lebensstil
und ressourcenschonende Produkte: eine gesamtheitliche Betrachtung
und damit steigende Ressourceneffizienz verringert ökologische
Auswirkungen und ist gleichzeitig ein Kosten- und Wettbewerbsfaktor
 durch innovative öffentliche Beschaffung sollen vorbildwirksam
erneuerbare Energieträger und Effizienztechnologien im öffentlichen
Sektor integriert werden und damit einen kosteneffizienten Betrieb
ermöglichen („Österreichischer Aktionsplan für nachhaltige öffentliche
Beschaffung“)
 Prozess der österreichischen Energiestrategie voranbringen
 Lebenszyklusanalysen als Instrument zur objektiven Bewertung von
Energietechnologien und Energieträgern sollen verstärkt zum Einsatz
kommen, wobei neben physischen Ressourcen- und Energieflüssen auch
die monetäre Kosten-Nutzen Analyse einbezogen werden soll
49
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Handlungsfeld 8) „Zukunftsfähige Mobilität“
Problemlage
Eine gute Erreichbarkeit von Personen, Gütern und Dienstleistungen ist ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor und für das Funktionieren moderner Gesellschaften wesentlich.
Massenmotorisierung, relativ billiger Kraftstoff und Infrastrukturausbau bieten heute
leichten Zugang zu individueller motorisierter Mobilität, daran haben sich
Raumstrukturen und Mobilitätsverhalten und in Folge auch Wirtschafts- und
Sozialstrukturen stark angepasst. Negative Erscheinungen, wie die Zunahme von
Zersiedelung und Mobilitätszwängen und damit zusammenhängend soziale Kosten,
hohe Gesundheits- und Umweltbelastungen durch Luftverschmutzung und Lärm,
sowie stark angestiegene THG Emissionen und die hohe Abhängigkeit vom fossilen
Erdöl sind die Folge. Dazu kommen Flächenverbrauch und Zerschneidung. Damit
verbunden sind auch hohe externe Kosten infolge von Unfällen, Klimaänderung,
Umweltbelastungen und Gesundheitsrisiken. Die Infrastrukturdominanz des
Kraftfahrzeugverkehrs behindert umweltfreundliche, die Bewegung fördernde
Mobilität wie Radfahren und Zufußgehen, insbesondere von Kindern und
Jugendlichen und führt über Bewegungsmangel zu langfristigen Gesundheitsrisiken.
Die einseitige Abhängigkeit des Verkehrs vom fossilen Erdöl (über 90%,
überwiegend aus unsicheren Weltregionen importiert) und die damit verbundenen
Kosten unterstreichen die Notwendigkeit einer Trendwende zur Nachhaltigkeit.
Die EU-weite Verschärfung der Abgasvorschriften, die Forcierung von nachhaltig
produzierten biogenen Kraftstoffen und erneuerbarer Energieträger sowie die neuen
Regelungen zur CO2-Reduktion bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen wirken
langfristig positiv. In Österreich wurden bereits Maßnahmen zur Hebung der
Verkehrssicherheit und Reduktion der Umweltbelastungen wie steuerliche Anreize für
alternative und CO2-ärmere Pkw im Rahmen der NOVA, der Einsatz nachhaltig
produzierter biogener Kraftstoffe und die Förderung alternativer Fahrzeuge und
Elektromobilität insbes. mit erneuerbaren Energien ebenso wie
Förderungsprogramme für Mobilitätsmanagement, der Masterplan Radfahren und
der Ausbau von Bahn und Öffentlichen Verkehr (ÖV) gestartet. Erste Erfolge sind der
Rückgang der bei Verkehrsunfällen Getöteten und die Abnahme einzelner
Luftschadstoffe. Die seit 1990 nahezu eingetretene Verdoppelung der THGEmissionen des Verkehrs konnte 2005 erstmals eingedämmt werden. Seit 2010
steigen die Emissionen jedoch wieder an, Prognosen gehen von einem weiteren
Ansteigen des Verkehrs aus. Die Trends im Verkehr sind weiter nicht nachhaltig. Die
Herausforderungen und der Handlungsbedarf für umweltverträgliche, sozial faire und
wirtschaftlich effiziente Mobilität sind weiterhin groß. Erfolge von Good Practice
Beispielen machen aber Mut, weiter Maßnahmen zu umzusetzen.
Zentrale Herausforderungen für eine zukunftsfähige Mobilität
Der weiteren Zunahme des Verkehrs muss entgegengewirkt werden.
Transportdistanzen, Mobilitätszwänge und unnötige Fahrten müssen verringert
werden, ohne die Lebensqualität der Menschen zu beeinträchtigen. Das „Konzept
der kurzen Wege“ und die forcierte Nutzungsmischung sollen die Erreichbarkeit von
wirtschaftlichen und sozialen Funktionen wie Arbeit, Einkäufe oder Naherholung
auch ohne Auto ermöglichen.
50
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Es ist sicherzustellen, dass umweltverträgliche, ressourcenschonende,
energieeffiziente, sichere sowie leistbare Verkehrsmittel forciert werden.
Insbesondere soll der Umstieg auf den öffentlichen Verkehr (ÖV), auf Zufußgehen,
Radverkehr und im Güterverkehr auf die Schiff und Schiene unterstützt werden.
Wichtig ist, dass zur Gewährleistung der hohen Lebensqualität in Österreich ein
sozial gerechter, leistbarer Zugang zu Mobilitätsangeboten (z.B. ÖV-Angebot zu
fairen und sozialen Preisen) ermöglicht wird und die externen Kosten durch
Anwendung des Verursacherprinzips („Polluter-Pays-Principle“) verringert werden.
Grundlage einer zukunftsfähigen Mobilität soll die Umsetzung eines nachhaltigen
Verkehrssystems sein, wie es von der OECD in den Guidelines for Environmentally
Sustainable Transport (EST) definiert wurde und im Rahmen von österreichischen
Studien konkretisiert wurde. Mobilitätsbedürfnisse und die Nachfrage nach
Gütertransport sind so zu decken, dass dies mit dem Gesundheits-, Klima- und
Ökosystemschutz in Einklang steht, soziale Gerechtigkeit, Partizipation und
Beschäftigung auch für künftige Generationen fördert, sowie aufgrund der
verringerten externen Kosten gesamtwirtschaftlich effizient und wettbewerbsfähig ist.
Insbesondere soll die Nutzung von Ressourcen umweltschonend erfolgen, die
Umwelt- und Gesundheitsbelastungen die Belastungsgrenzen der Gesundheit der
Menschen und der Ökosysteme nicht übersteigen und irreversible Schäden
vermeiden.
Die ökologischen, ökonomischen und sozialen Leitplanken der Nachhaltigkeit
müssen auch im Verkehr verstärkt Einzug halten. Impulse und Anreize für
nachhaltige Siedlungs- und Mobilitätsstile, für einen technologischen und
strukturellen Wandel in der Industrie, für multimodale Mobilitätsangebote und
erneuerbare Energien sind zu setzen. Dabei sind demographische
Rahmenbedingungen wie die steigende Zahl alter Menschen und sich verändernde
Bedürfnisse junger Menschen einzubeziehen. Die Bedarfsgerechtigkeit von
Verkehrsangeboten für soziale Gruppen hinsichtlich Leistbarkeit, Qualität,
Zugänglichkeit und Zuverlässigkeit ist zu verbessern. Soziale Nachhaltigkeit im
Verkehr umfasst auch den ArbeitnehmerInnenschutz, die Verhinderung von Lohnund Sozialdumping und die Harmonisierung von Sozialstandards.
Im Umweltbereich stellen die Beiträge zu den globalen Klimaschutzzielen sowie zur
Verbesserung der regionalen Luftqualität (Feinstaub und NOx Reduktion) sowie der
Schutz der Menschen vor Lärm besondere Herausforderungen an einen
nachhaltigen Verkehr. Die Low Carbon 2050 Economy Roadmap und das Weißbuch
Verkehr der EK gehen von einer langfristigen Reduktionserfordernis der THGEmissionen des Verkehrs um rd 60% bis 2050 aus. Im Weißbuch Verkehr werden für
2030 Zwischenziele für CO2-freien Verkehr in Städten und zur Verlagerung des
schweren Güterverkehrs auf die Schiene definiert. Die für 2020 im EU Klima- und
Energiepaket beschlossenen Ziele zur THG-Reduktion, für erneuerbare Energie, zur
Energieeffizienz (nicht verbindlich) und für einen 10% Anteil erneuerbarer Energie im
Verkehrsbereich sind wichtige Meilensteine. Die heutige Abhängigkeit des Verkehrs
vom fossilem Erdöl muss durch verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger (z.B.
beim Ausbau der E-Mobilität) und die Substitution von fossilen durch nachhaltig
produzierte biogene Kraftstoffe, sowie durch energieeffizientere Fahrzeuge und die
Forcierung spritsparender Fahrweise reduziert werden.
Eine große Herausforderung ist es, Maßnahmenbündel zu schnüren, die Synergien
bringen und kontraproduktive Effekte wie Kompensationseffekte zwischen
technologischen Verbesserungen und Verhaltensänderungen vermeiden. Die
Maßnahmenbündel für nachhaltige Mobilität müssen daher sowohl Maßnahmen zur
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NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Beeinflussung der Verkehrsnachfrage wie Mobilitätsmanagement, Raumplanung der
kurzen Wege und Ausbau umweltfreundlicher Mobilität enthalten, als auch
Maßnahmen für umweltfreundliche Verkehrstechnologien, alternative Antriebe und
Kraftstoffe beinhalten.
Strukturelle Rahmenbedingungen sind in Richtung nachhaltigen Verkehr zu
orientieren. In der Ordnungspolitik, wie bei Investitionen und finanziellen Anreizen
sind klare Prioritäten für den Ausbau nachhaltiger Mobilität zu setzen und die
Maßnahmenträger zu koordinieren.
In wirtschaftlicher Hinsicht sichert der Umbau des Verkehrssystems in Richtung
nachhaltiger Verkehr die Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen
Volkswirtschaft. Er bietet durch innovative Technologien und
Infrastrukturinvestitionen, neue intelligente multimodale Mobilitätsdienstleistungen
und Mobilitätsmanagement sowie Effizienzsteigerungen und
Transportrationalisierung neue wirtschaftliche Chancen für österreichische
Unternehmen und Impulse zur Beschäftigung sowie für neue Berufsbilder.
1. MOBILITÄT ZUKUNFTSFÄHIG GESTALTEN
Prioritäres Ziel ist es, die Erreichbarkeit von Personen, Gütern und Dienstleistungen
durch ein nachhaltiges, zukunftsfähiges Verkehrssystem in Österreich zu
gewährleisten, das umweltfreundlich, klimaschonend, sozial und gendergerecht
sowie energie- und ressourceneffizient ist, wirtschaftlich und beschäftigungspolitisch
Nutzen bringt, auf erneuerbaren Energieträgern basiert und externe Kosten
minimiert.
Ein nachhaltiges Verkehrssystem soll eine ausgewogene Regional- und
Stadtentwicklung und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen,
Innovationsimpulse für neue Technologien und Dienstleistungen setzen, neue
Ausbildungs- und Berufsbilder schaffen und zum hohen Beschäftigungsgrad
beitragen. Gesundheit- und Umweltbelastungen sollen verringert und der
Gesamtenergieverbrauch des Verkehrs reduziert werden. Die Umweltfreundlichkeit
der Verkehrsmittel ist zu verbessern. Neben der Steigerung der Energieeffizienz
sollen im Verkehrsbereich erneuerbare Energie und nachhaltig produzierte biogene
Kraftstoffe forciert und fossile Energieträger dadurch langfristig substituiert werden.
Eine Verhaltensänderung in Richtung multimodaler Mobilitätskulturen,
energiesparender Fahrweisen und umweltfreundlicher Mobilität ist zu unterstützen.
Ziel: Reduktion des Verkehrsaufkommens durch den Abbau von
Mobilitätszwängen
Handlungsansätze:
 Erarbeitung eines sektorenübergreifenden Masterplans für nachhaltige
Mobilität in Österreich unter Einbeziehung von Verkehr und Technologie,
Umwelt und Klimaschutz, Sozial- und Gesundheitsfragen, Wirtschaft, Stadtund Regionalentwicklung
 Ausrichtung der Verkehrskonzepte sowie verkehrsrelevanten Zielkataloge
und Infrastrukturpläne der Gebietskörperschaften und Unternehmen auf
Nachhaltigkeitsziele
 Umsetzung des „Konzepts der kurzen Wege“, Förderung durchmischter
Strukturen und Hintanhaltung weiterer Zersiedelung im Wege einer
integrierten Verkehrs-, Siedlungs- und Flächenwidmung, Regionalplanung
52
NSTRATneu


Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
und Betriebsstandortepolitk mit Orientierung an guter Erreichbarkeit durch
umweltverträgliche Verkehrsarten (entsprechend der Zielsetzungen des ÖREK
2011, siehe HF 9)
Forcierung rationalisierter Wirtschaftskreisläufe und Wertschöpfungsketten
Förderung von klimaschonendem und bewegungsförderndem
Mobilitätsmanagement für Betriebe, Unternehmen, Gemeinden, Verbände und
im Tourismusbereich
Ziel: Verlagerung des Verkehrs auf ökologisch und sozial nachhaltigere,
sichere und weniger gesundheitsbelastende Verkehrsmittel
Handlungsansätze:
 Forcierung umweltfreundlicher Mobilitätsformen und Verkehrssysteme (im
Personenverkehr öffentlicher Verkehr, Fußgänger- und Radverkehr, im
Güterverkehr Schifffahrt und Schiene)
 Forcierung der Parkraumbewirtschaftung und Reform der
Stellplatzverordnungen
 Mobilitätsmanagement
 Forcierter Einsatz fiskalischer und anderer Anreizsysteme zur Reduktion der
externen Kosten des Verkehrs und verstärkten Nutzung umweltfreundlicher
Verkehrsmittel
Ziel: Umweltverträgliche Abwicklung und Verbesserung der Ökoeffizienz des
motorisierten Individual- und Güterverkehrs
Handlungsansätze:
 Substitution fossiler Energieträger durch Forcierung erneuerbarer Energie,
insbesondere von E-Mobilität und anderen alternativen Antrieben sowie dem
Einsatz nachhaltig produzierter biogener Kraftstoffe und durch
energieeffizientere, umweltfreundlichere Personen- und Nutzfahrzeuge und
innovative multimodale Mobilitätstechnologien
 Fokussierung der bestehenden Forschungs- und Technologieförderungen auf
die oben genannten Anwendungsbereiche
 Forcierung von Carsharing
 Breite Umsetzung von Maßnahmen zur sicheren und umweltverträglichen
Verkehrsabwicklung (z.B. Verkehrsberuhigung, Tempo 30 u.v.a)
 Verbreitung treibstoffsparender Fahrweisen im Personen und Güterverkehr
(Spritspartrainings, etc.)
 Maßnahmen zu Lärmschutz und Lärmvermeidung im Rahmen der
Lärmaktionspläne des Bundesumgebungslärmschutz-Gesetzes
 Verbesserte Auslastung der Verkehrsmittel und Infrastrukturen durch
Informations- und Kommunikationstechnologien
2. NACHHALTIGER PERSONENVERKEHR
Der Personenverkehr wird bestimmt durch zahlreiche Mobilitätszwänge im privaten
und im Arbeitsalltag der Menschen und durch eine Dominanz der individuellen
motorisierten Fortbewegung. Daher muss bei seiner Umgestaltung in Richtung NH
53
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
einerseits die umwelt- und gesundheitsrelevante Orientierung an Konzepten für
kompakte Städte und Dörfer, die kurze Wege im Alltag ermöglichen, d.h. die
Erreichbarkeit von Arbeit, Schule, Geschäften, und Freizeiteinrichtungen ohne die
Zurücklegung großer Distanzen, im Vordergrund stehen. Dies muss Hand in Hand
mit einer Orientierung der Siedlungs- und Raumplanung und einer Verbesserung und
Aufwertung des bewegungsfördernden Verkehrs (Rad- und Fußgängerverkehr), des
öffentlichen Verkehrsnetzes mit Bahn und Bus mit dem Ausbau und der Integration
bedarfsorientierter Systeme wie Anrufsammeltaxis und Rufbusse gehen, um sowohl
in Städten als auch ländlichen Regionen ein österreichweit gutes ÖV-Angebot als
Alternative zum PKW zur Verfügung bereitstellen zu können.
Eine multimodale Mobilitätskultur ist zu entwickeln, die auf die spezifischen
Bedürfnisse aller sozialen Gruppen und auf deren Veränderung durch den
demografischen Wandel und sowie auf Erfordernisse der unterschiedlichen
Siedlungstypen (großstädtische Ballungsräume bis zu ländlichen Streusiedlungen)
ausgeichtet ist. Öffentliche Förderungen sollen Projekte, die diese Konzepte befolgen
und sich an ÖV-Erreichbarkeit orientieren, unterstützen. Letztlich soll nachhaltiger
Personenverkehr nicht nur zur Verminderung von Umweltbelastungen,
Flächenverbrauch und anderer Externalitäten führen, sondern konkrete Vorteile für
die VerkehrsteilnehmerInnen durch Zeit- und Kosteneinsparungen, höhere
Verkehrssicherheit und positive Gesundheitswirkungen mit sich bringen
Ziel: Flächendeckende Verbesserung der Infrastruktur und des
Leistungsangebotes im ÖV
Handlungsansätze:
 Ausbau und Förderung abgestimmter, im Taktverkehr und tariflich vernetzter
ÖV-Angebote in Stadt und Land und Integration mit bedarfsorientierten
flexiblen Rufbus-, Gemeindebus- und Taxisystemen
 Ausbau und Verbesserung der Bahn- und Busnetze unter besonderer
Berücksichtigung regionaler ebenso wie grenzüberschreitender Verbindungen
und der Einbindung in das europäische Hochleistungsschienennetz
 Aufwertung und Unterstützung des Umweltverbunds durch Verbesserungen
im Bereich der Infrastrukturen und der Verkehrsorganisation
Ziel: Verbesserung der Bedingungen für bewegungsfördernden Verkehr
Handlungsansätze:
 Förderung des Rad- und Fußgängerverkehrs durch Ausrichtung der
Siedlungsplanung und Regionalentwicklung auf kompakte Städte und Dörfer
und durch Neu- und Ausbau der Radinfrastruktur
 Gemeinsame Umsetzung und Weiterentwicklung des Masterplans Radfahren
und Weiterführung der Radverkehrsförderung
 Erstellung eines Masterplans zur Förderung des Fußgängerverkehrs.
 Verbesserte Verkehrsorganisation und Adaptierung des Wege- und
Straßennetzes im Sinne der Verkehrssicherheit und der Verkehrsberuhigung
sowie Verbesserung multimodaler Straßenräume und Schnittstellen mit dem
ÖV
Ziel: Eindämmung der negativen Umweltwirkungen des Flugverkehrs
Handlungsansätze:
 Ersatz von Kurzstreckenflügen durch rasche und leistbare Bahnverbindungen
54
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


Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
weitere technische Verbesserungen der Flugzeuge und Einsatz nachhaltig
produzierter biogener Flugkraftstoffe
Steuerliche Ansätze
Organisatorische Maßnahmen beim Flugbetrieb
3. NACHHALTIGER GÜTERVERKEHR
Mobilitätszwänge im Güterverkehr resultieren zu einem guten Teil aus der
wettbewerbspolitisch begründeten und mit Kostenvorteilen verbundenen
Arbeitsteilung zwischen vielfach weit auseinanderliegenden Wirtschaftsstandorten.
Ebenso wie im motorisierten Personenverkehr stellt sich die Aufgabe, der
Externalisierung von Kosten durch Anwendung des Verursacherprinzips
vorzubeugen. Es gilt weiters, den Güterverkehr von der Straße auf
umweltfreundlichere Verkehrsträger (Bahn, Schiff) zu verlagern, den
Auslastungsgrad und die Effizienz der Nutzung von Verkehrsmitteln und der
bestehenden Infrastruktur durch organisatorische Maßnahmen zu verbessern, und
den Einsatz energieeffizienterer und weniger umweltbelastender Verkehrsmittel und
Antriebstechnologien zu fördern.
Ziel: Erhöhung des Auslastungsgrades und Steigerung der effizienten Nutzung
von hochrangiger Verkehrsinfrastruktur
Handlungsansätze:
 Reduktion von Leerfahrten durch optimierte multimodale Logistik mit Hilfe von
Telematik
 Forcierung eines umweltfreundlicheren Zuliefer- und Verteilverkehrs
 Fiskalische und nicht-fiskalische Anreize zur Steigerung der effizienten
Nutzung (umweltfreundlicher) Verkehrsmittel und –infrastrukturen
Ziel: Weitere Verlagerung des schweren Straßengüterverkehrs auf die Schiene
sowie hin zur Binnenschifffahrt und zum kombinierten Verkehr
Handlungsansätze:
 Prioritätensetzung bei VerkehrsinfrastrukturInvestitionen zugunsten der
Bahninfrastruktur (z. B. langfristige Sicherstellung der
Anschlussbahnförderung)
 Ausbau und Flexibilisierung des kombinierten Güterverkehrs mit Bahn und
Binnenschifffahrt durch Ausbau multimodaler Knoten, von
Betriebsmanagement und Schienenlogistik, umweltverträglicher
Transportketten, innovativer Umladetechnologien und kombinierten Verkehrs.
 Verbesserung und Ausbau des Angebots im Schienengüterverkehr und im
kombinierten Güterverkehr - im Inland und grenzüberschreitenden Verkehr sowie Verbesserung und Sicherung der Erreichbarkeit und Standortqualität
auch peripherer Wirtschaftsregionen
4. INFORMATION, BEWUSSTSEINSBILDUNG UND PARTIZIPATION FÜR
NACHHALTIGE MOBILITÄT
Der Information und Bewusstseinsbildung breiter Bevölkerungsschichten ist
besondere Beachtung zu schenken, um Nutzen und Vorteile nachhaltiger
Mobilitätsformen aufzuzeigen, das Mobilitätsverhalten positiv zu beeinflussen und die
Akzeptanz der erforderlichen Maßnahmen sicherzustellen. Dazu gehören auch die
55
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
weitere Verbesserung der Informationsmöglichkeiten über nachhaltige
Mobilitätsangebote und deren BenutzerInnenfreundlichkeit. Die Beteiligung
betroffener Menschen in partizipativen Verfahren soll Standard in der
Verkehrsplanung und anderen Planungsbereichen sein (z.B. Kundenforen,
Fahrgastbeiräte zur Verbesserung des ÖV). Verkehrskonzepte und andere
verkehrspolitische Zielkataloge müssen Mobilitätsmanagement und „Soft Policies“
verbindlich berücksichtigen.
Ziel: Bewusstseinsbildung in Richtung NH Mobilität in allen
Bevölkerungsschichten




Handlungsansätze:
Multitmediale Information der KonsumentInnen über Energieverbrauch, und
Umwelteffekte und soziale Kosten der Mobilität
Zielgruppenspezifische, praxisorientierte Informationskampagnen für
KonsumentInnen zu umweltfreundlicher, nachhaltiger Mobilität
Kommunizierung der Vorteile für die verschiedenen Zielgruppen
Entwicklung und Demonstration von Vorzeigebespielen („Good Practice“) und
Pilotaktionen für klimafreundliche Mobilität (z.B. Tourismus und
Freizeitverkehr, Pendlerverkehr, Jugendmobilität, Verkehrsspargemeinden, EMobilität)
Ziel: Verbesserung des Informationsangebots über nachhaltige Mobilität und
ihrer BenutzerInnenfreundlichkeit




Handlungsansätze:
Schaffung eines österreichweit harmonisierten Auskunfts- und
Mobilitätsinformationssystems über die Mobilitätskette von Tür zu Tür unter
Einschluss flexibler umweltfreundlicher Verkehrssysteme.
Schaffung multifunktionaler, regionaler Informations- und Beratungsstellen zu
Mobilitätsangeboten ("Mobilitätszentralen")
Umfassende, leicht zugängliche Information über Angebote im Umweltverbund
und einfacher Zugang zu passenden Tickets über verschiedene
Vertriebskanäle
Schaffung und Förderung neuer Berufsbilder und Ausbildungslehrgänge für
nachhaltige Mobilität
Ziel: Verstärkung der Partizipation in der Verkehrsplanung
Handlungsansätze:
 Verbesserung der Einbeziehung der BürgerInnen in Verkehrsplanung und
Konzepterstellung
 Förderung von Kundenforen und Fahrgastbeiräten sowie
Interessenvertretungen für den Rad- und Fußgängerverkehr
56
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Handlungsfeld 9: „Perspektiven der örtlichen, regionalen und räumlichen
Entwicklung“
1.
Zum Verhältnis Raumpolitik und Nachhaltigkeitspolitik
Die räumlichen Strukturen und Prozesse auf örtlicher und regionaler Ebene haben starken
Einfluss auf die nachhaltige Entwicklung (NE). Sie sind sowohl die im Raum beobachtbaren
Ergebnisse von als auch die Ansatzpunkte für menschliches Handeln und politisches
Gestalten auf dem Weg zu einem Nachhaltigen Österreich.
Als rechtlich unverbindliches nationales Koordinations- und Steuerungsinstrument aller
Regierungsebenen dient das alle 10 Jahre im Rahmen der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) erarbeitete und zuletzt am 4. August 2011 beschlossene Österreichische
Raumentwicklungskonzept (ÖREK), das . in seinem Kern bereits ein Nachhaltigkeitskonzept
für die räumliche Entwicklung Österreichs darstellt. Komplementär zu den Grundsätzen der
Wettbewerbsfähigkeit und Solidarität bekennt sich das ÖREK 2011 zum Prinzip der
Nachhaltigkeit und „forciert Maßnahmen einer Siedlungs- und Freiraumentwicklung, die
natürliche Ressourcen schont. …. Für zukünftige Generationen sollen möglichst vielfältige
Handlungsspielräume offengehalten werden. Dazu sind auch (langfristige) Summenwirkungen vieler – im Einzelnen vielleicht unbedenklicher – Nutzungsaktivitäten, Systemkreisläufe und kumulativer Schadenswirkungen zu berücksichtigen.“ (ÖREK 2011, S. 18)
1.1. NSTRATneu als komplementäre Strategie zum ÖREK 2011
ÖREK 2011 und NSTRAT adressieren die NE auf komplementäre Art und Weise – beide in
der zeitlichen Perspektive 2020. Das ÖREK 2011 fokussiert auf die Trends der räumlichen
Entwicklung Österreichs, demgegenüber der stärker generationenübergreifende Ansatz der
NSTRAT notwendigerweise Handlungsebenen und Einflussfaktoren umfasst, die im ÖREK
allenfalls kursorisch behandelt werden. Zudem berücksichtigt die NSTRAT in höherem
Ausmaß nicht-staatliche Maßnahmenträger und bezieht zudem insbesondere die lokale
Ebene als wichtigen und eigenständigen Träger einer Nachhaltigkeitsstrategie für die
räumliche Entwicklung verstärkt in die Betrachtung mit ein (Lokale Agenda 21, etc.).
Die NSTRAT ergänzt und vertieft das ÖREK nicht nur aufgrund neuer thematischer Akzente,
sondern kann in mehrfacher Hinsicht die Umsetzung der Ziele des ÖREK 2011 unterstützen:
 NachhaltigkeitsexpertInnen können ihr spezifisches Know how in einzelne, als
besonders prioritär erachtete ÖREK Partnerschaften einbringen.
 Bereits laufende oder geplante Initiativen der NSTRAT können im Sinne des ÖREK
2011 als Beispiele mit Modellcharakter aufbereitet werden.
 Die Erarbeitung von Tools für Gemeinden würde einen dringenden Bedarf an
Informationen decken
 Die Legitimationsbasis des ÖREK durch ergänzende Argumentation
- auch zu Themen der Raumentwicklung, die unter dem Konsensprinzip der ÖROK
nur schwer anzusprechen waren – könnte verbreitert werden.
2.
NH-Relevante Herausforderungen der örtlichen, regionalen und räumlichen
Entwicklung
Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Gestaltung von Siedlungs- und
Verkehrsstrukturen haben starken Einfluss auf eine NE. Diesbezügliche Festlegungen
determinieren oft die Entwicklung über sehr lange Zeiträume. Das ÖREK 2011 formuliert
folgende räumlichen Ziele (gekürzt; siehe ÖREK 2011, S. 18):
 kompakte Siedlungsstrukturen und ein „punktachsiales System“ der
Siedlungsentwicklung
 polyzentrische Strukturen
 leistungsfähige Achsen, in denen die hochrangigen und linienhaften Infrastrukturen
gebündelt werden
57
NSTRATneu






Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
funktionelle Verflechtungen zwischen den räumlichen Einheiten, die Anlass für eine
verstärkte Kooperation darstellen
das Netz von historisch alten, ökonomisch gut entwickelten und demographisch
stabilen Klein- und Mittelzentren als Träger der Daseinsvorsorge für die ländlichen
Räume zu stützen
die Entwicklung der nicht-städtischen und ländlichen Räume zu fördern
die Entfaltung regionalspezifischer Potenziale und damit die lokale und regionale
Vielfalt zu stärken
das Wachstum der Bevölkerung und die zunehmende Flächeninanspruchnahme der
gesellschaftlichen Grundfunktionen zu bewältigen und haushälterisch,
flächensparend und nachhaltig Grund und Boden zu nutzen
raumordnerische Maßnahmen generell auf ihre Klimarelevanz zu überprüfen und
erforderlichenfalls anzupassen
Zielsetzung:
 Räumliche Ziele des ÖREK 2011 bei raumrelevanten Planungen und
Maßnahmen aller Gebietskörperschaften berücksichtigen
Handlungsansätze:

S. unten
2.1. Wirtschaftliche Dimension
Die regionalwirtschaftlichen Strukturen, Dynamiken und Potenziale der österreichischen
Städte und Regionen bzw. der Wirtschaftsstandorte weisen eine beträchtliche Bandbreite
auf, was differenzierte Entwicklungsstrategien notwendig macht. Wettbewerbsfähigkeit und
Nachhaltigkeit sind dabei gleichrangige Ziele. Aus der Sicht der NE wichtige Aspekte wie
z.B. kurze Weg, gute Erschließungsqualität, Arbeitsumfeld, Nutzungsmischung/-vielfalt,
regionale Kreisläufe, etc. können auch zur wirtschaftlichen Standortattraktivität beitragen.
Der für den einzelnen Standort ausgewählte Maßnahmenmix ist den jeweiligen örtlichen und
regionalen Kontexten und spezifischen Anforderungen der NE anzupassen.
Im österreichischen Kontext sind die Erfordernisse der KMU auf regionaler und lokaler
Ebene ein wichtiger Ansatzpunkt für erfolgreiche Innovations-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik. Städtische Räume spielen – unabhängig von ihrer Größe - oft eine Motorenfunktion
für die sie umgebende Region. Regionale Leitbilder, die auf „Visionen einer NE“ aufbauen,
können nicht nur regionale Innovationskräfte stärken sondern auch wichtige Impulse für eine
NE bedeuten. Nachhaltigkeitsaspekte bieten grundsätzlich flächendeckend
Anknüpfungspunkte für innovative wirtschafts- und standortstrategische
Entwicklungsmaßnahmen. Die Qualität der regionalen Aus- und Weiterbildungssysteme
spielt dabei eine wichtige Rolle.
Zielsetzungen:
 Nachhaltigkeitsaspekte in die lokalen und regionalen Standortplanungen und strategieprozesse mitaufnehmen
Handlungsansätze:

Nachhaltigkeitsaspekte in den bestehenden kommunalen und
regionalen Planungs-und Strategieprozessen stärken und die
Potenziale überregionaler Instrumente nutzen
 Nutzung der Regional- und Gemeindeförderungen auch für die
Ziele einer NE
 Regionalwirtschaftspolitische Potenziale einer NE in der regionalen
Innovations-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik aufgreifen
Handlungsansätze:

Unterstützung bei der Weiterentwicklung von Strukturen und
Verfahren in der regionalen Sektor übergreifenden
58
NSTRATneu
Konsolidierter Text


Stand: 5.6.2012
Zusammenarbeit; v.a. an Schnittstellen zwischen InnovationWirtschaft-Bildung-Arbeitsmarkt und NE
Regionalwirtschaftliche Entwicklungsstrategien mit Themen der NE
verknüpfen (z.B. Green growth, Smart cities, etc.)
Nachhaltigkeitsprojekte als regionale Innovationsprojekte
ermöglichen und positionieren
2.2) Soziale Dimension
Migration ist zu der entscheidenden Größe des demographischen Wandels und des
Bevölkerungswachstums in Österreich geworden. Dies betrifft sowohl städtische wie
ländliche Regionen. Der Bedarf an vorausschauenden Integrationsstrategien und deren
Verknüpfung mit der Raumentwicklung- und Standortpolitik auf lokaler und regionaler Ebene
steigt. Zudem bedarf der Bevölkerungsrückgang in einigen Regionen solidarischer
Abfederungsmaßnahmen und nachhaltiger Anpassungsprozesse. Aufgrund der absehbaren
demographischen Entwicklung einerseits und den Sparzwängen öffentlicher Haushalte
anderseits geraten Einrichtungen der kommunalen und regionalen Daseinsvorsorge stärker
unter Druck (diese umfassen die Infrastruktur für Bildung, Gesundheit, Kultur und Soziales,
Verkehrsinfrastruktur und öffentliche Verkehrsmittel, Infrastruktur für die Wasser-, Abwasserund Energieversorgung sowie die Schaffung von leistbarem Wohnraum).
Anpassungsprozesse sind gleichermaßen gefragt wie neue innovative lokale und regionale
Lösungen zur Aufrechterhaltung eines angemessenen Versorgungsstandards
Zielsetzungen:
 Wahrung einer nachhaltigen demographischen Entwicklung in Österreichs
Regionen
Handlungsansätze:

Leitlinien und Integrationsstrategien auf lokaler und regionaler
Ebene erarbeiten (bei Verfolgung von der lokalen/regionalen
Situation angepassten integrierten Politikansätzen)
 Verstärkter Fokus auf generationenspezifische Ausbildungs- und
Beschäftigungsmöglichkeiten (insbesondere für Jugendliche)
 Nachhaltige Anpassungsstrategien im Bereich der lokalen und regionalen
Daseinsvorsorge zur Wahrung der gesellschaftlichen Solidarität
Handlungsansätze:



Zentrale Orte als Standorte der sozialen Infrastruktur nutzen
Daseinsvorsorge stärken (bestehende Organisationsformen
optimieren, interkommunale Kooperationsmodelle ausbauen) und
Mindestversorgungsgrade im Wege von demokratisch legitimierten
Prozessen erarbeiten
Zu lokal oder regional erforderlichen Rückbaumaßnahmen der
Infrastruktur sozial abgefederte Modellbeispiele ausarbeiten und
Übertragbarkeit prüfen
2.3) Ökologische Dimension
Gesamthaft steht Österreich ein bedeutsames demographisches Wachstum bevor. Vor allem
in den städtischen Regionen steigt der Raumbedarf weiter an. In Regionen mit begrenztem
Siedlungsraum und bereits starker Verkehrsbelastung sind dringend neue Mechanismen und
Instrumente zu entwickeln, um das Wachstum qualitativ zu bewältigen, mit dem Ziel eine NE
zu sichern. Für die regionalen Mobilitätsbedürfnisse von Bevölkerung und Wirtschaft sind
Lösungen unter Sicherstellung der Ziele einer NE zu entwickeln.
Zielsetzungen:
59
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
 Räumliches Wachstum qualitätsorientiert und nachhaltig bewältigen –
Siedlungs- und Verkehrsentwicklung verstärkt unter dem Gesichtspunkt einer
NE betreiben
Handlungsansätze:








Örtliche und regionale Raumplanung und Bauordnungen verstärkt
nach den Zielen einer NE ausrichten sowie Effektivität
überregionaler Raumplanungsinstrumente steigern (inkl.
sparsamer Umgang mit natürlichen Ressourcen, Kostenwahrheit
bei Aufschließungskosten vermitteln; Neuwidmungen umfassend
beurteilen, etc.
Governance-Modelle für Verwaltungsgrenzen übergreifende
Stadtregionen forcieren
Raumrelevante Förderungen stärker an Anforderungen der
nachhaltigen räumlichen Entwicklung koppeln (u.a.
Wohnbauförderung, Infrastrukturaufschließungsförderung,
raumrelevante Betriebs- und Unternehmensförderungen, etc.)
Nachhaltige Energieraumplanungsinstrumente forcieren; z.B.
Energieausweismodelle für Siedlungen
Durch Siedlungsstrukturen, die eine bedarfsgerechte Versorgung
mit hochwertigem öffentlichen Verkehr ermöglichen, nachhaltige
Modelle für diesen und den nicht-motorisierten Verkehr
unterstützen
Konzept der kurzen Wege
Verlagerung des Verkehrs auf den Umweltverbund durch Ausbau
intermodaler Schnittstellen; u.a. zwischen hochrangigen
Verkehrsträgern und regionalen und lokalen Netzen
Rückgewinnung des öffentlichen Raumes
Optimale Nutzung der IKT-Möglichkeiten für nachhaltige
Mobilitätslösungen (letzte 4 HAe siehe auch HF8)
2.4) Operationalisierung und Governance
Städte und Gemeinden spielen in zahlreichen Zukunftsfragen eine entscheidende Rolle.
Zudem sind sie ein wichtiger Bezugsrahmen für partizipative Prozesse. Die Kultur der
Verantwortungsübernahme durch die Bevölkerung kann gerade auf lokaler und regionaler
Ebene gestärkt werden. Neue effektive Formen der Ermöglichung („empowerment“) von
Partizipation der unterschiedlichen Alters- und Anspruchsgruppen der Zivilgesellschaft sind
zu entwickeln (d.h. sowohl für die Wohnbevölkerung wie auch für die vor Ort arbeitenden
bzw. auszubildenden Bevölkerungsgruppen). Der partnerschaftliche Zugang der regionalen
Agenda 21 leistet wichtige Beiträge auf dem Weg zu einer NE auf kommunaler und
kleinregionaler Ebene.
Funktionalräumliche Verflechtungen erfordern Kooperationen, die sich über Kompetenz- und
Verwaltungsgrenzen hinweg erstrecken und damit neuer Formen effektiver Zusammenarbeit
auf Ebene zwischen der Landesebene und den Gemeinden, vielfach auch über
Staatsgrenzen hinweg. Das Diktat der knappen Kassen in den öffentlichen Haushalten führt
zu einer Forcierung der interkommunalen Zusammenarbeit. Eine effiziente und effektive
Organisation der Zusammenarbeit auf regionaler Ebene kann ganz wesentlich zur
Verwirklichung der Vorgaben derLeitplanken und der Zielsetzungen wie auch zur Umsetzung
der Handlungsansätze der NSTRATneu beitragen.
Eine nachhaltige Entwicklung in Österreich kann nur mit vielfältigen internationalen Bezügen
geplant und effektiv mitgestaltet werden. Zahlreiche regionale und räumliche
Herausforderungen in Österreich sind zunehmend nur in Staatsgrenzen übergreifender
Zusammenarbeit bzw. bei Mitwirkung in supranationalen Prozessen wirksam zu bearbeiten
60
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
(z.B. Transeuropäische Transport- und Energienetze, Europäische Verkehrspolitik,
Klimaanpassungsstrategie und Klimaschutz, etc.).
Zielsetzungen:
 Stärkung der Koordinierungsfunktion des Bundes für NH-Aspekte örtlicher,
regionaler und räumlicher Entwicklung
Handlungsansätze:
 ÖREK 2011
 Strukturen und Möglichkeiten für die Partizipation der Zivilgesellschaft auf
lokaler und regionaler Ebene stärken ( „Lokale Agenda 21 Prozesse“)
Handlungsansätze:

Modelle der Ermöglichung von Partizipation auf lokaler und
regionaler Ebene ausbauen; inkl. Stärkung demokratischlegitimierter Prozesse
 Bundesweite Fortführung der Lokalen Agenda 21 Initiative und
Nutzung von Synergien mit anderen regionalen und
kleinregionalen Kooperationsprozessen
 Regionale und interkommunale Strategie- und Handlungsfähigkeiten – auch
für eine NE - stärken
Handlungsansätze:

Strukturen und Verfahren der NE bei der Erarbeitung von Regional
Governance-Modellen berücksichtigen
 Modelle und Anreizsysteme für interkommunaler Kooperation zur
Sicherstellung von NE weiterentwickeln
 NE als wichtiges Thema der Verwaltungsgrenzen übergreifenden
Stadt-Umland Politiken aufnehmen (Effektivität regionaler
Planungsansätze v.a. in den städtischen Agglomerationsräumen
stärken; Stadtentwicklungspolitik in funktionalen Räumen
ermöglichen)
 Grenzüberschreitend, international, auf EU-Ebene und global fokussiert
agieren
Handlungsansätze:


Proaktives Einbringen von Themen der NE in
grenzüberschreitende Entwicklungsprozesse und großräumig
funktionale Zusammenarbeit in Europa (z.B. makroregionale EUStrategien); inkl. verstärkte Ausrichtungen der lokalen und
regionalen Kooperationsbeziehungen auf die Nachbarn
Österreichs
Pilotprojekte zur NE im Rahmen von EU-Kooperationsprogrammen
61
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
Handlungsfeld 10) „Globale Verantwortung“
1. Vorbemerkungen
NH muss ihrem Wesen nach über national-staatliche und auch über kontinentale Grenzen
hinweg orientiert sein. Dies gilt für alle ihre Dimensionen: Der Klimawandel als weltweit
auftretendes Phänomen ist das hervorragendste Beispiel für den grenzüberschreitenden
Charakter ökologischer Probleme. Armut und soziale Missstände in Entwicklungs- und
Schwellenländern und deren Wohlstandsgefälle zu den Industriestaaten sind die
Hauptursache für den Migrationsdruck auf die Industrieländer. Die globalisierten
Finanzmärkte und der kontinuierlich steigende Anteil von Güter- und Dienstleistungsexporten
sowie FDI sind der sichtbare ökonomische Ausdruck der weltweiten Interdependenz. NH ist
ein wichtiger Beitrag zur Vermeidung von gewaltsamen Konflikten, Friedenssicherung und
Flüchtlingsbewegungen, zur Verringerung der globalen Armut sowie des Schutzes und der
Erhaltung der Umwelt.
2. Trends weltweit:
2.1 Verbrauch von Energie und sonstigen nicht erneuerbaren Ressourcen:
Der weltweite Umgang mit natürlichen Ressourcen ist nicht nachhaltig: Heutige
Generationen verbrauchen Rohstoffe und Energieträger, deren Vorkommen zum Teil in
wenigen Jahrzehnten erschöpft zu sein drohen28 und die künftigen Generationen zur
Sicherung ihres Lebensstandards fehlen werden.
Auf globaler Ebene erreichten 2010 die Treibhausgas(THG)-Emissionen einen neuen
Höchststand. Das Volumen der Subventionen, die den ineffizienten Verbrauch fossiler
Brennstoffe fördern, erhöhte sich deutlich auf über $400 Milliarden. Die Zahl der Menschen
ohne Zugang zu Elektrizität ist mit 1,3 Milliarden – etwa 20% der Weltbevölkerung - hoch.
Der weltweite Rohstoffverbrauch hat in den letzten 20 Jahren um zwei Drittel zugenommen
– die ökologischen und sozialen Folgewirkungen bilanzieren überwiegend zu Lasten der
Entwicklungsländer. In Österreich hat sich der Ressourcenverbrauch zwischen 1960 und
2010 etwa verdoppelt, die Ressourcenimporte haben sich im gleichen Zeitraum
versechsfacht. Mit rd. 24 Tonnen pro Kopf beträgt der Ressourcenverbrauch in Österreich
aktuell das 2.5-fache des globalen Durchschnitts. In den letzten Jahren haben die BRICSStaaten mit ihren hohen Wachstumsraten die globalen Ressourcenverbrauchsmuster
erheblich verändert. Auch die Dynamik der Energiemärkte wird zunehmend von Ländern
außerhalb der OECD bestimmt.
Die Intensivierung des grenzüberschreitenden Handels ist begleitet von einer Neuformierung
der globalen Produktions- und Verteilungsketten, die aufgrund steigenden
Transportaufwandes Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung erhöht. Hinzu kommen der
oftmals nicht nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen aller Art sowie die weltweit
steigende Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln und der vermehrte Einsatz
nachwachsender Rohstoffe für die energetische und stoffliche Nutzung.
In der Vermeidung der (Nahrungsmittel-) Verschwendung läge ein hohes
Einsparungspotenzial, nicht nur in Bezug auf monetäre Belastungen und die nachhaltige
Schonung natürlicher Ressourcen, sondern auch auf Umweltbelastungen wie den CO2Ausstoß.29
2.2 Lebensbedingungen:
Betrachtet man den Index für menschliche Entwicklung haben die Entwicklungsländer in den
letzten 20 Jahren aufgeholt. Die Fortschritte waren insbesondere im Gesundheits- und
Bildungsbereich erheblich. Beim Einkommen haben die drastischen Unterschiede zwischen
28
29
Bericht EP IRD Committee (genauer zitieren)
Studie der FAO „Global Food Losses and Food Waste“
62
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
den Industriestaaten und den Entwicklungsländern aber weiter zugenommen, und die
Lebenssituation der Ärmsten der Armen hat sich laut UN-Bericht 2011 zu den
Millenniumsentwicklungszielen nicht verbessert.
Besorgniserregend vor allem für importabhängige Entwicklungsländer ist der Anstieg der
Preise für Nahrungsmittel und Rohstoffe in den letzten Jahren, der unter anderem auf eine
gesteigerte Nachfrage aufgrund der steigenden Bevölkerungszahl, geänderten
Lebensgewohnheiten sowie regionaler Knappheiten im Zusammenhang mit der gesteigerten
Produktion
von
biogenen
Treibstoffen,30
auf
Ernteausfälle,
hohe
Ölpreise,
Finanzmarktspekulationen sowie auf die Subventionspolitik im globalen Rahmen
zurückzuführen ist. Die kontinuierliche Umweltdegradation und die Auswirkungen des
Klimawandels haben die Situation verschärft. Die immer breiter werdende Kluft zwischen
Arm und Reich bzw. zwischen Nord und Süd gefährdet die Lebensqualität heutiger und
künftiger Generationen.
2.3 Globale Finanzmärkte
Die Deregulierung und die damit verbundenen Entwicklungen haben die globalen
Finanzmärkte immer weiter von ihrer eigentlichen Funktion – der effizienten Kapitalallokation
in der Realwirtschaft – entfernt. In ihrer aktuellen Form stellen die Finanzmärkte nicht nur
eine latente Gefahr für die Stabilität der Weltwirtschaft dar, sondern haben auch ambivalente
Auswirkungen auf das Wachstum der Wirtschaft und einzelner ihrer Sektoren. Von der
jüngsten Finanzkrise gingen auch Umverteilungswirkungen mit negativen sozialen Effekten
aus. Die bisherigen Ansätze zu notwendigen Regulierungs- und Aufsichtsmaßnahmen mit
dem Ziel, eine Marktordnung für Finanzmärkte zu schaffen, sind unzureichend. Auch wenn –
wo vorhanden – nationale Spielräume genutzt werden müssen, können gerade diese
Maßnahmen letztlich nur im europäischen und globalen Rahmen durchschlagende Wirkung
entfalten. Die von einer Besteuerung spekulativer Finanztransaktionen erwarteten
Lenkungseffekte wären ein erster Schritt dazu.
2. 4 Internationale Übereinkommen
Seit 1992 versucht die Internationale Staatengemeinschaft Strategien zu entwickeln und in
völkerrechtlich verbindlichen Übereinkommen zu verankern und umzusetzen, um den
Bedrohungsszenarien entgegenzuwirken und eine nachhaltige Entwicklung einzuleiten. Die
Agenda 21, der Johannesburg Plan of Implementation, zahlreiche Konventionen (UNFCCC,
CBD, UNCCD etc.) werden laufend weiterentwickelt. In all diesen Prozessen wird deutlich,
dass eine multipolare Interessenkonstellation entsteht, die anhand gemeinsamer
Betroffenheits- und Entwicklungssituation neue Koalitionen bildet.
Das Ziel der UN Konferenz zu nachhaltiger Entwicklung 2012 (Rio+20) ist erneutes
Bewusstsein und politisches Momentum für NE zu schaffen, eine Bestandsaufnahme über
die Umsetzung der internationalen Beschlüsse seit Rio 1992 zu machen und gemeinsame
politische Beschlüsse zu aktuellen Herausforderungen zu treffen. Hauptthemen der
Konferenz bilden „Grüne Wirtschaft“ im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung und
Armutsbekämpfung (GESDPE – green economy in the context of sustainable development
and poverty eradication), institutionelle Strukturen für nachhaltige Entwicklung im UN System
(IFSD – institutional framework for sustainable development), sowie als dritter Strang eine
Grundsatzentscheidung über SDGs (Sustainable Develeopment Goals).31
Die MDGs (Millennium Development Goals) stellen einen Handlungskatalog für die
Weltgemeinschaft dar. Bis 2015 sollen Richtparameter erreicht werden (z.B. Armuts- und
Hungerreduktion um 50%). Länderspezifische Entwicklungsmodelle sind zu entwickeln, die
einen sozialen, wirtschaftlichen und umweltgerechten Ausgleich zwischen den Ländern
schaffen. Technologie- und Wissenstransfer werden einen wesentlichen Faktor darstellen
30
genaue Formulierung noch offen
Dieser Absatz wird nach Rio+20 aktualisiert und spezifisch aufdie Ergebnisse der Konferenz
eingegangen
31
63
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
und zu mehr Wertschöpfung in den Entwicklungsländern führen. Die MDGs sollen durch
SDGs (Sustainable Development Goals) ergänzt werden.32
Das Ziel einer Reduktion der Zahl der an Hunger Leidenden und damit auch mittelbar die
Verwirklichung des MDG 1 liegt im Verantwortungsbereich zahlreicher Organisationen,
Programme und Initiativen der UN, allen voran der FAO, des WFP, des FAO Komitees für
Ernährungssicherheit oder auch der dem UNGS unterstehenden High Level Task Force on
Food Security und der Weltbank.
Von Österreich unterstützte globale Zielsetzungen:
 Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch (auch HF3)
Handlungsansätze für österreichischen Beitrag:
 EU-Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“
 Ressourceneffizienzaktionsplan (REAP)
 Reduzierung der Nahrungsmittelverschwendung
Handlungsansätze für österreichischen Beitrag:
„Europäisches Jahr gegen Nahrungsmittelverschwendung“
Initiative „Lebensmittel sind kostbar“
Beitrag zur Schaffung einer freiwilligen FAO-Richtlinie gegen
Nahrungsmittelverschwendung
 Agrarprodukte vorrangig für die menschliche Ernährung zur
Verfügung stellen
 Verringerung der absoluten Armut



Handlungsansätze für österreichischen Beitrag:
 Drei-Jahresprogramme der EZA
 Rückführung der Finanzmärkte und ihrer Institutionen auf ihre Funktion der
Kapitalallokation für die Realwirtschaftund Verankerung des StakeholderValue als globale Wirtschaftsmaxime
Handlungsansätze:

Eintreten für eine Besteuerung spekulativer Finanztranskationen
auf EU- und internationaler Ebene
3. Kohärenz Wirtschafts-, Sozial-, Umwelt- und Entwicklungspolitik
Der Globalisierung der Wirtschaft steht bisher keine ausreichende Globalisierung der Sozialund Umweltstandards gegenüber. Obwohl seit der Verankerung des politischen Modells
„Nachhaltige Entwicklung“ im internationalen Kontext (Rio 1992) Fortschritte gelungen sind,
verlangt die zunehmende Spezialisierung in Teilbereiche nach einer verstärkten Kohärenz
der Fachthemen und ihrer Umsetzung. Dies gilt auch für die Erfüllung von Verpflichtungen,
die die EU bzw. Österreich im Rahmen verschiedener internationalen Übereinkommen (z.B.
UNFCCC, ILO, WTO) eingegangen sind.
Der Leitfaden "Umwelt und Entwicklung" fördert eine kohärente Prioritätensetzung aller im
EZA-Kontext tätigen AkteurInnen in Österreich, vor allem im Rahmen der multilateralen
Umweltübereinkommen. Das österreichische Außenwirtschaftsleitbild sieht Nachhaltigkeit als
Chance für die österreichische Außenwirtschaft und unterstreicht die Bedeutung der
Kohärenz. Beschlüsse aller Bundesländer zur verstärkten Berücksichtigung der Ziele des
Global Marshall Plans bei Entscheidungen in Politik und Wirtschaft liegen vor.
Zielsetzungen:
32
Dieser Absatz wird nach Rio+20 aktualisiert und spezifisch auf die Ergebnisse der Konferenz
eingehen
64
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
 Erhöhung der Kohärenz von Wirtschafts-, Sozial-, Umwelt- und
Entwicklungspolitik
Handlungsansätze:






Intensivere Koordination der mit der Umsetzung von
Kernbereichen der NH beauftragten Institutionen auf allen Ebenen
Verpflichtungen aus bestehenden internationalen Abkommen (ILO,
UNFCCC, WTO ) kohärent umsetzen
Bestehende Mechanismen und Instrumente im Sinne einer
besseren weltweiten Zusammenarbeit für Nachhaltige Entwicklung
weiterentwickeln, enger verknüpfen und verstärkt nutzen
Leitfaden "Umwelt und Entwicklung"
Österreichisches Außenwirtschaftsleitbild
Verbindungen zwischen globalen Nachhaltigkeitsprogrammen (z.B.
Millennium Development Goals, Agenda 21) und Prozessen und
AkteurInnen auf regionaler und lokaler Ebene stärken
4. Bildung und Forschung
Zunehmender Orientierungslosigkeit angesichts schneller gesellschaftlicher Veränderungen
kann insbesondere durch entsprechende Bildungsstrategien, die kritisches Reflektieren und
Verstehen globaler Prozesse fördern, begegnet werden. „Globales Lernen“ geht vom
Lebensumfeld der Beteiligten aus und stellt die Erfahrungen des Individuums im lokalen
Kontext in eine globale Perspektive, um selbständiges und kreatives Erschließen alternativer
Deutungs- und Handlungsmöglichkeiten anzuregen.
Zur Lösung globaler Probleme sollten FuE-Kapazitäten umfassend genutzt werden. Sowohl
die konkrete forschungsbasierte Bearbeitung spezifischer Probleme als auch die Stärkung
der wissenschaftlichen Kapazität in weniger entwickelten Ländern durch Hochschul- und
Forschungskooperationen können nachhaltige Entwicklung wesentlich unterstützen.
Zielsetzungen:
 Vermehrter Einsatz von Bildung und Forschung zur Erkennung und Lösung
globaler NH-Defizite
Handlungsansätze:






Bildungsstrategien zur Förderung von kritischem Reflektieren und
Verstehen globaler Prozesse angesichts zunehmender
Orientierungslosigkeit durch rasche gesellschaftliche
Veränderungen
Strukturelle Stärkung und konzeptionelle Weiterentwicklung des
„Globalen Lernens“ im formalen Bildungswesen sowie im Bereich
der non-formalen Bildung und seine Etablierung bei verschiedenen
gesellschaftlichen Akteuren und Stakeholdern
Förderung von Kooperationen zwischen Hochschulen in Österreich
und solchen in den OEZA-Schwerpunktländern zur
Qualitätsverbesserung in Lehre und Forschung und
Effizienzsteigerung bei Management und Verwaltung
Förderung des wissenschaftlichen Dialogs national und
international
Förderung kooperativer Forschungsprojekte mit internationalen
PartnerInnen
Beratung wissenschaftlicher Einrichtungen und Förderstellen in
Entwicklungsländern
65
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
5. Nachhaltige Entwicklung in der EU
Die EU bekennt sich in ihrem Grundlagenvertrag zum Ziel der nachhaltigen Entwicklung
Europas.33 Das Verhältnis von NSTRATneu zu Nachhaltigkeits- und Wachstumsstrategien
auf europäischer Ebene wurde bereits im Einleitungskapitel definiert.
Zielsetzungen:
 Umsetzung und Konkretisierung der europäischen Nachhaltigkeitspolitik in
Österreich
Handlungsansätze:
 NSTRATneu und ihre Handlungsansätze
 Eine eigenständige NH-Strategie der EU erhalten und weiterentwickeln
Handlungsansätze:

Aktiver Beitrag Österreichs zur Weiterentwicklung der EU-NHPolitik
6. Globale Verantwortung Österreichs
6.1 Multilaterale Ebene
Im Bekenntnis zum Beschluss der Millennium Development Goals hat sich Österreich
verpflichtet, dazu beizutragen, die extreme Armut und den Hunger in der Welt bis zum Jahr
2015 zu halbieren, und alle dazu notwendigen Maßnahmen, wie z.B. die nachhaltige
Erhaltung der globalen Biodiversität, zu setzen. Österreich kommt dieser Verpflichtung unter
anderem durch seine Mitwirkung am „Internationalen Vertrag für pflanzengenetische
Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft“ und anderen MEAs nach. Weiters hat sich
Österreich im Rahmen der Millennium Development Goals dazu verpflichtet, die
Kindersterblichkeit, HIV/AIDS, Malaria und andere schwere Krankheiten zu bekämpfen,
Gesundheitsvorsorge und Schulbildung zu fördern sowie zur Gleichstellung der Geschlechter
und der Stärkung der Rolle der Frauen beizutragen. Dazu sind globale
Entwicklungspartnerschaften vorgesehen.
Im Rahmen der MDG1 unterstützt Österreich laufende Reformprozesse zwecks
bestmöglicher Ausschöpfung vorhandener Ressourcen und optimaler Mittelallokation in
Zeiten budgetärer Zwänge und ebenso die Verwirklichung der 2003 von der FAO
angenommenen freiwilligen Richtlinien zur Umsetzung des Rechts auf Nahrung sowie der
freiwilligen Richtlinien für eine verantwortungsvolle Regierungsführung bezüglich Land-,
Fischerei- und Forstrechte.
In der OECD tritt Österreich für die Integration des Konzepts der Nachhaltigen Entwicklung in
die Kernbereiche und Aktivitäten der Organisation ein. In der Diskussion zum Thema
Umweltverträgliches Wachstum (Green Growth) betont Österreich die Notwendigkeit, über
die Aspekte Wirtschaftswachstum und Ökologie hinaus auch die soziale Dimension,
Verteilungsfragen, den Beitrag der Bildungspolitik sowie die Rolle der Finanzmärkte zu
integrieren.
6.2 Handel und NE
Die EU besitzt die ausschließliche Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik ihrer
Mitgliedstaaten. [Sie verfolgt die Zielsetzung, den Handel dem Grundsatz der nachhaltigen
Entwicklung unterzuordnen34.] Beibehaltung BKA35, BAK, Streichung BMWFJ, WKÖ [Das
Prinzip der Nachhaltigkeit ist in der Handelspolitik ein wichtiges, aber kein übergeordnetes
Ziel.] BMWFJ Diesem Prinzip ist sie durch die Schaffung von Nachhaltigkeitskapiteln in ihren
33
Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union, Art.3, Abs.(3)
Mitteilung der EK „Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft für Nachhaltige Entwicklung“, 3.1.
KOMM (2002)82
35 BKA für Beibehaltung, wenn darunterstehender Absatz mit Kompromissformulierung
BKA+BMLFUW nicht akzeptiert wird
34
66
NSTRATneu
Konsolidierter Text
Stand: 5.6.2012
bilateralen Freihandelsabkommen näher gekommen. Die Einhaltung grundlegender Arbeitsund Umweltstandards wird [teilweise] Beibehaltung BKA, BAK, Streichung BMWFJ unter
Einbeziehung u.a. der Zivilgesellschaft überwacht, [ist allerdings [noch] Beibehaltung BKA,
BAK, Streichung BMWFJ nicht verbindlich verankert.] Beibehaltung BKA, BAK
BMWFJ(ohne „noch“), Streichung des ganzen Halbsatzes WKÖ
[Das Prinzip des „mutual support“ zwischen WTO- und Umweltbestimmungen soll auch für
die wechselseitige Ausgestaltung von Handels- und NH-Politik Anwendung finden. Die EU
besitzt die ausschließliche Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik ihrer
Mitgliedstaaten. Der Bedeutung von NE ist sie durch die Schaffung von
Nachhaltigkeitskapiteln in ihren bilateralen Freihandelsabkommen näher gekommen. Die
Einhaltung grundlegender Arbeits- und Umweltstandards wird von Expertenpanels unter
Einbeziehung u.a. der Zivilgesellschaft überwacht, wenngleich noch kein
Streitbeilegungsverfahren etabliert ist.] BKA, BMLFUW
Mit der Sonderregelung für nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Staatsführung
(APS+) wurde im Rahmen des Allgemeinen Zollpräferenzsystems ein Anreizsystem
geschaffen, das nach Ratifizierung, Umsetzung und Einhaltung grundlegender Menschenund Arbeitsrechte, Umweltabkommen sowie Verantwortungsvoller Staatsführung
Entwicklungsländern zusätzliche Zollbegünstigungen gewährt. Als Maßnahme zur
Armutsbekämpfung garantiert die EU zoll- und kontingentfreien Zugang für alle Exporte aus
den am wenigsten entwickelten Ländern mit Ausnahme von Waffen.
Im Rahmen der Doha Development Agenda (DDA) werden das rechtliche Verhältnis
zwischen bestehenden WTO- Regeln und Handelsbestimmungen in multilateralen
Umweltabkommen (MEAs), die Liberalisierung von Umweltgütern und Dienstleistungen
sowie Verfahren für den regelmäßigen Informationsaustausch zwischen MEA- Sekretariaten
und relevanten WTO-Komitees bzw. Kriterien für die Teilnahme von MEA-Sekretariaten als
Beobachter bei WTO-Meetings als Verhandlungspunkte diskutiert. [Österreich setzt sich im
Rahmen der o.a. EU-Zielsetzung dafür ein, dass die EU in den WTO-Verhandlungen die
Berücksichtigung von Umweltagenden und zukünftig auch die Einhaltung von
Mindestarbeitsnormen entsprechend den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung vertritt.]
Beibehaltung BKA, BAK, Streichung BMWFJ
6.3. Entwicklungszusammenarbeit
Das EZA-Gesetz nennt Armutsbekämpfung, die Sicherung von Frieden und menschlicher
Sicherheit sowie die Erhaltung der Umwelt als Oberziele der nationalen Entwicklungspolitik.
Dort verankert sind ebenfalls die für die gesamte Bundesverwaltung geltenden
entwicklungspolitischen Grundprinzipien: Eigenverantwortung der Partnerländer für ihren
Entwicklungsweg, Respekt vor kultureller Vielfalt, Gleichstellung zwischen Frauen und
Männern und Rücksicht auf die Bedürfnisse von Kindern und Menschen mit Behinderung.
Seine thematischen Schwerpunkte legt Österreich in der EZA unter anderem auf Beiträge
zur ökologischen Landwirtschaft, den Erhalt von Ökosystemleistungen, nachhaltige Energie
und Klimaschutz, Wasserwirtschaft und Siedlungshygiene. Unterstützungsleistungen zur
Kapazitätsentwicklung, insbesondere in den Partnerländern der Österreichischen EZA, sind
ein wesentlicher Baustein der Kooperation.
6.4. Indikatoren
Österreich unterstützt internationale Bestrebungen zur Ergänzung des BIP um weitere
Indikatoren, um Wohlstand und Lebensqualität abzubilden. (siehe HF3)
Zielsetzungen:
 Stärkere Verankerung von NH-Prinzipien in der Handelspolitik
Handlungsansätze:

In den bilateralen Freihandelsabkommen der EU verstärkte
technische Hilfe sowie verbesserte Kooperation im Rahmen der
Nachhaltigkeitskapitel [mit dem Ziel verbindliche Umwelt- und
Sozialstandards] Beibehaltung BKA, BAK, Streichung BMWFJ,
67
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WKÖ [mit dem Ziel, die dort verankerten Umwelt- und
Sozialstandards zu stärken,] BMLFUW anstreben
 Stärkung des APS+, Zollbegünstigungen an Entwicklungsländer
gewähren, ohne die Voraussetzungen (z.B. Einhaltung der ILOMindestarbeitsnormen) zu verletzten
 [Änderung der WTO-Regelungen in Richtung Aufnahme von
Sozialstandards anstreben] Beibehaltung BKA, BAK, Streichung
BMWFJ
 [Fortsetzung des aktiven Einsatzes zur Verankerung anerkannter
internationaler Standards, insbesondere Sozialstandards, in
bilateralen und multinationalen Handelsabkommen] BMWFJ
 [Das Prinzip des „mutual support auch für die Beziehung WTOBestimmungen und internationale Sozialstandards anstreben]
BMLFUW
 Förderung einer eigenverantwortlichen nachhaltigen Entwicklung, die die
Lebenssituation der Menschen in den Entwicklungsländern nach deren
Vorstellungen und im Einklang mit Kultur und Umwelt verbessert
Handlungsansätze:




Drei-Jahresprogramme der EZA
0,7%-Ziel für EZA-Mittel
Verwirklichung der 2003 von der FAO angenommenen freiwilligen
Richtlinien zur Umsetzung des Rechts auf Nahrung
Freiwillige Richtlinien für eine verantwortungsvolle
Regierungsführung bezüglich Land-, Fischerei- und Forstrechte
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NSTRATneu
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III. Operationalisierung und Governance
1. NE als Governance-Reform Agenda
Die Umsetzung nachhaltiger Entwicklung (NE) stellt vielseitige Herausforderungen an
konventionelle Formen politischer Entscheidungsfindung und –umsetzung - sprich:
Governance. Sie setzt entsprechende Prinzipien, Mechanismen und Regelungen zur
strategischen Gesamtkoordination voraus. Sie erfordert aber auch laufende Reflexion und
Anpassung bestehender Strukturen, Prozesse und Instrumente im Lichte der
Nachhaltigkeitsziele in allen Politikbereichen. Governance für Österreichs Weg zur
nachhaltigen Entwicklung, wie auch ihre laufende Reform, sind daher ein zentrales Anliegen
der NSTRATneu.
Dabei kann neben den traditionellen auch auf neue Formen von Governance zurückgegriffen
werden, die auf dem Prinzip der Freiwilligkeit (Nutzung von „soft law"), der Subsidiarität und
der Partizipation basieren. Die sanften Governance-Mechanismen umfassen
Wissenstransfer und Lernen (Politiknetzwerke, Informationsaustausch), Überzeugung
(freiwillige Verpflichtungen), Reputationsmechanismen (z.B. Benchmarking), standardisierte
Verhaltensregelungen, Monitoring und Zielanpassung sowie Zeitmanagement (Roadmaps,
Zeitpläne). Mit ihnen kann die Flexibilität der Verfahren erhöht und eine bessere
Einbeziehung von Betroffenen und Beteiligten sowie deren höhere Kooperationsbereitschaft
erreicht werden. Damit steigen auch Qualität und Akzeptanz der Entscheidungen.
Den zentralen Referenzrahmen von Governance für mehr NE im politischen und
Verwaltungsalltag stellt die im Einleitungskapitel skizzierte „Operationalisierung nachhaltiger
Entwicklung“ dar:

Herausforderung und Chancen auf der Zeitebene: Langfristige und
generationenübergreifende Perspektive der Politiken
Für moderne Demokratien sind der Fokus auf das Gegenwärtige (z.B. das Denken in
Legislaturperioden) und die fehlende Repräsentation der zukünftigen Generationen
charakteristisch. Politische Entscheidungen und Maßnahmen wirken aber immer häufiger
langfristig, oft über Generationen hinweg. Die Einhaltung des Vorsorgeprinzips ist daher
unerlässlich. Dies gilt besonders für Nachhaltigkeitspolitik. Vor allem im Falle
wissenschaftlicher Unsicherheit sind zur Vermeidung möglicher (irreparabaler) Schäden an
Umwelt und / oder menschlicher Gesundheit Evaluierungsverfahren und
Vorsorgemaßnahmen untrennbarer Teil von Nachhaltigkeitspolitik.
Die langfristige Perspektive kann unter anderem durch Weiterentwicklung und Nutzung von
partizipativen, transdisziplinären und qualitativen ex-ante Politikinstrumenten wie Foresight
(Zukunftsszenarien, Delphi Studien) oder integrierte Folgenabschätzung in politischen
Prozessen gefördert werden.

Herausforderung und Chancen auf der Raumebene: Kohärenz der Politiken über
Verwaltungsgrenzen hinweg
NH-orientierte Politik muss die über den eigenen Hoheitsbereich hinausgehenden
ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen ihrer Maßnahmen im Auge haben. Eine
ihrer Governance-Aufgaben ist daher die Stärkung der Kohärenz der Politiken über
Verwaltungsgrenzen hinweg. Dies bedarf einer Zusammenarbeit von politischen und
gesellschaftlichen Institutionen und Akteuren auf allen Ebenen – von der globalen über die
europäische bis zur lokalen, und kann durch Multi-Level Governance Strukturen und
Prozesse wie beispielsweise die NHKK erreicht werden.

Herausforderung und Chancen auf der Sachebene: Horizontale Integration
sektoraler Politiken
Die Komplexität der aktuellen Herausforderungen an Politik und Verwaltung führt angesichts
der
sektoralen
Spezialisierung
oft
zum
Ausblenden
vielfach
vernetzter
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NSTRATneu
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Wirkungszusammenhänge und damit zu Fragmentierung und
Trivialisierung der
anstehenden Probleme. Nachhaltigkeit verlangt aber die Überwindung monokausaler
Ursache-Wirkung-Ansätze und eine integrierte Betrachtung wirtschaftlicher, sozialer und
ökologischer Belange, damit sie miteinander im Einklang stehen und sich in ihrem Nutzen
gegenseitig verstärken.
Die oft auf interministerielle Koordination beschränkte horizontale Integration der (Sach)Politiken ist durch Instrumente wie ausgewogene Folgenabschätzung und breitgefächerte
Konsultation aller von ihnen Betroffenen zu verbessern. Mit der durch das Haushaltsrecht
eingeführten wirkungsorientierte Folgenabschätzung wird versucht, die Auswirkungen von
Gesetzesvorhaben auf einige über die Zielsetzung des Gesetzes hinaus gehende Bereiche
offen zulegen. Sie sollte durch Messung an den Zielsetzungen der NSTRATneu ergänzt
werden. Dabei sind weitere Arbeiten zur besseren Berücksichtigung von Trade-Offs
zwischen den Wirkungsdimensionen notwendig sowie eine frühzeitige Beachtung aller
Aspekte NHE im Planungs- und Entwicklungsstadium anzustreben.
Wichtige Grundlage dafür ist die Nachhaltigkeitsprüfung, die sowohl ein Analyse-, als auch
ein Kommunikationsinstrument darstellt. In ihrem Rahmen können durch die frühzeitige
Beachtung aller Aspekte nachhaltiger Entwicklung im Planungs- und Entwicklungsstadium
unter Beteiligung der Betroffenen, neue Projekte, Programme und Strategien stärker als
bisher an den Zielen nachhaltiger Entwicklung ausgerichtet und die Aufmerksamkeit auf
deren langfristige Folgen im ökologischen, ökonomischen und sozialen Bereich erhöht
werden. Vorliegende Planungsinstrumente, wie das „Handbuch für die Erarbeitung von
Politiken und Rechtsakten zugunsten nachhaltiger Entwicklung – Schrittmacher“ (Zitat/Quelle
wird ergänzt) sollen bei der Erstellung von Politiken und Rechtsakten aber auch
Programmen und Strategien usw. möglichst breit angewendet werden. Das Prüfverfahren
soll u.a. helfen, politische Zielkonflikte frühzeitig zu erkennen. In diesem Sinne unterstützt die
NH-Prüfung den politischen Entscheidungsprozess, kann ihn aber nicht ersetzen.

Herausforderung und Chancen auf der Partizipationsebene: Stärkung der MultiStakeholder Ansätze (auch HF 1, 4, 9)
Das Leitbild einer offenen, vielfältigen und partizipativen Gesellschaft stellt Governance vor
die Aufgabe, möglichst breite gesellschaftliche Gruppen rechtzeitig und in allen Phasen in
die Prozesse der Politikgestaltung einzubinden und den BürgerInnen umfangreiche
Beteiligungsmöglichkeiten an der Entscheidungsfindung zu bieten. Dazu gehört die
Fortführung des Dialogs mit Sozialpartnern und die Intensivierung jenes mit Vertretern der
Zivilgesellschaft.

Herausforderung und Chancen auf der ethischen Ebene: Forcierung der
gesellschaftlichen Verantwortung (auch HF 1, 4, 9)
Nachhaltigkeit verlangt die Stärkung der Verantwortung jedes Einzelnen wie auch aller
Gesellschaftsbereiche, also Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Medien, für das Gemeinwohl der
heute lebenden und der kommenden Generationen. Die Herstellung der
Rahmenbedingungen und die Initiierung eines gesellschaftlichen Diskurses über ethische
Grundsätze der NE sind ein wichtige Governance-Aufgaben. Von zentraler Bedeutung ist
auch die Bereitstellung der Instrumente für „Nachhaltiges Denken und Handeln“.
Entscheidend dafür sind die Verankerung des Verursacherprinzips sowie die Forcierung von
Bewusstseinsbildungsinstrumenten, materiellen wie ideellen Anreizen.
2. Governance zur Umsetzung der NSTRATneu
2.1. NSTRATneu und ÖSTRAT
Die Umsetzung der Ziele und Handlungsansätze der NSTRATneu in Form von
ressortübergreifenden Arbeitsprogrammen erfolgt auf Grundlage und im Rahmen der von
Bund und Ländern gemeinsam getragenen ÖSTRAT. Die in der NSTRATneu formulierten
Richtlinien für die Ausrichtung der Politik der Bundesregierung an Nachhaltigkeitszielen
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NSTRATneu
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werden gleichzeitig den Beitrag des Bundes für Gespräche mit den Vertretern der
Bundesländer zu einer zukünftigen Erneuerung der ÖSTRAT darstellen.
2.2. Akteure
Zentrales Instrument zur strategischen Gesamtkoordination ist die gemeinsame
ExpertInnenkonferenz der NachhaltigkeitskoordinatorInnen von Ländern und Bund (NHKK).
Der Bund ist in ihr durch BKA und BMLFUW vertreten. Die NHKK zeichnet auch für das
Schnittstellenmanagement mit den Strategieprozessen auf lokaler und regionaler Ebene
(Agenda 21-Prozessen) verantwortlich.
Die Koordination der strategischen Ausrichtung der Nachhaltigkeitspolitik des Bundes und
der ressortübergreifenden Arbeitsprogramme erfolgt im Komitee für ein Nachhaltiges
Österreich (KNHÖ). In ihm sind die NachhaltigkeitskoordinatorInnen der Bundesministerien
und der Sozialpartnerorganisationen vertreten. Es wird von BKA und BMLFUW koordiniert.
Das Komitee ist die politische Schnittstelle zum Ministerrat.
Das Forum Nachhaltiges Österreich (FNHÖ) besteht aus Persönlichkeiten aus
Wissenschaft,
Zivilgesellschaft
und
Interessenvertretungen
und
fungiert
als
ExpertInnenbeirat des KNHÖ. Es hat auch die Erarbeitung dieser Strategie beratend
begleitet. Seine Zusammensetzung trägt dem umfassenden Ansatz der Strategie Rechnung,
indem sie ein breites gesellschaftliches und politisches Spektrum abbildet.
Die Schnittstellen zur Europäischen Ebene sowie die Vernetzung, der Know-How-Austausch
und die Synergien mit den
Nachhaltigkeitsstrategien- und Prozessen anderer EUMitgliedsstaaten werden über das unter österreichischem Vorsitz stehende Europäische
NachhaltigkeitskoordinatorInnen-Netzwerk ESDN (www.sd-network.eu) wahrgenommen.
2.3
Strategische Initiativen
Arbeitsprogrammen
und
Maßnahmen
in
ressortübergreifenden
Strategische und proaktive Förderung von Entwicklung, Umsetzung und Evaluierung von
qualitativ hochwertigen Initiativen und Projekten mit Mehrwert für die Umsetzung der
NSTRATneu ist von entscheidender Bedeutung für einen nachhaltigen Erfolg. Der Fokus
liegt dabei auf Qualitätssicherung, auf ressort- und Sektor übergreifender Abstimmung zur
Optimierung der Synergien zwischen den einzelnen Maßnahmen sowie auf der Erweiterung
der Umsetzungsmöglichkeiten.
Im Rahmen der ÖSTRAT bildet das Arbeitsprogramm 2011ff. des Bundes und der Länder
den zentralen Referenzrahmen zu deren Umsetzung. Es ist dynamisch, wird zweimal jährlich
aktualisiert und bildet kurz- und mittelfristig zentrale Handlungsfelder, gesellschaftliche
Herausforderungen und zu erreichende Ziele ab. Dabei werden die ökologische, soziale und
wirtschaftliche Dimension der Strategie sowie deren Leitplanken ausgewogen berücksichtigt.
Die Konzeption, Koordinierung und Durchführung der Beiträge der Bundesregierung zu
seiner Weiterentwicklung erfolgt im Rahmen des KNHÖ auf der Grundlage der NSTRATneu.
Gleiches gilt für den Beitrag des Bundes bei der Erstellung und Umsetzung eines neuen
ÖSTRAT Arbeitsprogramms.
2.4 Monitoring und Evaluierung
Regelmäßiges Monitoring auf Basis geeigneter Indikatoren sowie Evaluationen sind wichtige
Instrumente zur Weiterentwicklung der Strategie und der damit verbundenen Maßnahmen
sowie damit der Umsetzung nachhaltiger Entwicklung.
Das Monitoring der NSTRATneu baut auf dem vorliegenden Set von Indikatoren für eine
gesamthafte Bewertung Nachhaltiger Entwicklung in Österreich (MONE) auf. Dieses wurde
vom Bund gemeinsam mit LänderexpertInnen und VertreterInnen der Zivilgesellschaft
international abgestimmt entwickelt. Die Indikatoren wurden nach Themenfeldern gegliedert,
die für die sozioökonomische und die ökologische Sphäre und deren Wechselwirkung für
eine nachhaltige Entwicklung bedeutsam sind (Intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit,
Internationale Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden und Sicherheit, Governance und Partizipation,
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Gesundheit und Wohlbefinden, Ernährung, Wohlstand, Arbeit, Freizeit, Wohnen und
Siedlungsraum, Mobilität, Kultur und Kunst, Bildung und Forschung, Klima, Luft, Strahlung,
Energieflüsse und Stoffströme, Landschaft, Ökosysteme, Wasser, Boden, Toxische und
umweltgefährliche Stoffe, Lärm). Wirtschaftliches Handeln als unabdingbare Voraussetzung
unserer Gesellschaft zur Erfüllung menschlicher Bedürfnisse wird damit gleichzeitig erfasst.
Zudem wurden zusätzlich zu objektiven Messgrößen auch Größen aufgenommen, die
Wahrnehmung und Empfinden der Menschen widerspiegeln. Die bisherigen MONE
Indikatoren-Berichte zeigen die Trends in den verschiedenen Bereichen und erlauben eine
Beurteilung nachhaltiger Entwicklung, von Lebensqualität und von Wohlstand. Der alle zwei
Jahre veröffentlichte MONE Indikatoren-Bericht stellt mit eine Grundlage für die
Arbeitsprogramme und die Fortschrittsberichterstattung und dar. Er wird in Übereinstimmung
mit dem Berichtszyklus auf Europäischer Ebene regelmäßig aktualisiert und weiterentwickelt.
Evaluationen bezüglich der Wirkungen, der Rahmenbedingungen oder des
Umsetzungsprozesses der Strategie bauen auf dem Monitoring. Bei Bedarf sind dabei
zusätzliche Indikatoren heranzuziehen. Die Evaluationen werden in die in regelmäßigen
Abständen vorzulegenden Fortschrittsberichte zur Umsetzung der ÖSTRAT Eingang finden.
Das Instrumentarium hierfür umfasst externe wissenschaftliche Analysen, Peer-ReviewingProzesse im Zusammenwirken mit den NachhaltigkeitskoordinatorInnen des europäischen
Netzwerks ESDN und inkludiert die Analysen und Empfehlungen des Rechnungshofes im
Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitspolitik auf Bundesebene.
Zur Umsetzung der NSTRATneu ist es essentiell, die Auswirkungen von Projekten,
Programmen und Strategien im Vorfeld zu evaluieren. Für projektverantwortliche
EntscheidungsträgerInnen existieren hierfür bereits einfach handzuhabende,
richtungssichernde Entscheidungshilfen („Nachhaltigkeits-Checks“). Sicher zu stellen wäre
eine integrative Prüfung der Auswirkungen auf die Schwerpunkte NHE. Darüber hinaus ist es
vor allem hinsichtlich der Auswirkungen von Programmen und Strategien erforderlich,
komplexere Instrumente der NH-Prüfung zu entwickeln.
2.5 NSTRATneu und IKT
Eine gezielte Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ist für die
Umsetzung der NSTRATneu von wesentlicher Bedeutung.
Mit
der
web-basierten
ÖSTRAT
Initiativen
Datenbank
steht
den
NachhaltigkeitskoordinatorInnen des Bundes und der Länder und den jeweiligen
ProjektträgerInnen ein benutzerfreundliches Instrument für die Erstellung, Koordination und
Dokumentation der Initiativen und somit für die laufende Erarbeitung und Aktualisierung von
Arbeitsprogrammen und Fortschrittsberichten zur Verfügung.
Eine entsprechende Sichtbarkeit der der NSTRATneu, ihrer Zielsetzungen und
Handlungsansätze ebenso wie die Kommunikation über die daraus resultierenden
Umsetzungsmaßnahmen und Aktivitäten im Rahmen des Arbeitsprogramms nach Außen
wird durch den Österreichischen Nachhaltigkeitsnewsletter sowie durch die Plattform
www.nachhaltigkeit.at gewährleistet..
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Zeichenerklärung:
Grün unterlegt:
Aktualisierung bei Redaktionsschluss erforderlich
Rot unterlegt:
Verweis auf existierende Strategie oder Vorhaben
[Hellblau unterlegt, in eckiger Klammer]
bisher keine konsensfähigen Formulierungen
erzielt, Meinungsbild kursiv wiedergegeben
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