NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 NSTRATneu I) Einleitung 1) Allgemeine Überlegungen Auftrag Der Ministerrat verabschiedete am 14. Juli 2010 die Österreichische Strategie Nachhaltige Entwicklung (ÖSTRAT) als Handlungsrahmen für Bund und Länder. Gleichzeitig wurde das BKA gemeinsam mit dem BMLFUW beauftragt, unter Einbindung der betroffenen Ressorts sowie der Länder rechtzeitig neben einem Arbeitsprogramm eine mittelfristige Strategie für nachhaltige Entwicklung vorzulegen. Wie im Beschluss des Ministerrats vom 30. August 2011 festgehalten, wird als Weiterentwicklung der bisher gültigen NSTRAT 2002 die erneuerte Strategie der Bundesregierung für nachhaltige Entwicklung (NSTRATneu) den Bereich des Bundes im Rahmen dieses Auftrags abdecken. Zielsetzungen und Grundlagen Diese mittelfristige Strategie soll auf den Zielsetzungen der ÖSTRAT aufbauen, welche Bund und Ländern als gemeinsamer Orientierungs- und Umsetzungsrahmen auf dem Weg zu einem Nachhaltigen Österreich dient. Diese Zielsetzung wird in der ÖSTRAT folgendermaßen formuliert: „Bund und Länder bekennen sich zu dem Leitgedanken: ein Österreich zu schaffen und erhalten, das langfristig eine intakte Umwelt, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und sozialen Zusammenhalt garantiert, ohne dabei die Generationengerechtigkeit zu verletzen oder sich der globalen Verantwortung zu entziehen“ Eine wesentliche Grundlage der ÖSTRAT bildet die Nachhaltigkeitspolitik auf EU-Ebene, die in Art. 3, Abs, 3 des EU-Vertrages in der Fassung von Lissabon (Selbstverpflichtung der EU zur nachhaltigen Entwicklung Europas) und Art. 11 des AEUV (Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes in die Unionspolitiken) ihre Begründung findet. Die Definition der Nachhaltigkeit in der ÖSTRAT bezieht sich auf jene des Berichts der UN World Commission on Environment and Development („Brundtland-Kommission“) aus dem Jahr 1987. Danach ist eine Entwicklung nachhaltig, wenn sie gewährleistet, dass die Bedürfnisse der heute lebenden Generationen befriedigt werden, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu beeinträchtigen Dabei kommt auf Grundlage der 1992 von der Staatengemeinschaft in Rio verabschiedeten „Agenda 21“einer genaueren Definition und Eingrenzung von NE ein großer Stellenwert zu. Zu vermeiden sind sowohl ein zu enger Zugang (Beschränkung von NE nur auf die Erhaltung der Lebensgrundlagen) als auch Beliebigkeit (Nachhaltigkeit als Allerweltsbegriff). Zentral ist dabei das Identifizieren von Trends, die langfristig problematische Auswirkungen auf Menschen, Umwelt und Wirtschaft anzeigen und daher umgekehrt oder zumindest gestoppt werden müssen. Dies betrifft sowohl die ökologische als auch die soziale und ökonomische Dimension, für die zu diesem Zweck Leitplanken formuliert wurden. Für die Umsetzung der o.z. Zielsetzungen in einer mittelfristigen Strategie bedarf es eines ganzheitlichen Konzepts. In der NSTRATneu ist in diesem Sinne ein Modell mit drei Leitplanken ausgewählt und beschrieben worden. Es umfasst die ökologische, soziale und ökonomische Dimension menschlichen Handelns und politischen Gestaltens. Diese gehören als gleichwertig und voneinander abhängig begriffen, und es muss versucht werden, sie ineinander zu integrieren. Eine zentrale Aufgabe von NSTRATneu ist es, die möglichen negativen Wechselwirkungen zwischen den Leitplanken der drei Dimension zu minimieren und die Verstärkungspotentiale gezielt zu nutzen. Unter dieser Prämisse erfolgte die Formulierung der dimensionenübergreifenden konkreten Handlungsfelder im Abschnitt II) der NSTRATneu. Gemeinsamen Rahmen dieser Handlungsfelder bildet die Erhaltung der Lebensgrundlagen, der Lebensqualität, der Gesundheit und der Gerechtigkeit, sowohl 1 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 innerhalb einer als auch zwischen mehreren Generationen und die Sicherung einer nachhaltigen und zugleich leistungsfähigen Volkwirtschaft, weiters die Kohärenz zwischen allen Politikfeldern einschließlich der jeweiligen externen und globalen Aspekte. Dabei ist die Rolle der quantitativen und qualitativen wirtschaftlichen Entwicklung beim Übergang zu einer wissensbasierten, ressourceneffizienten, kohlenstoffarmen Wirtschaft und einer sozial gerechten Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Operationalisierung von NE Besondere Bedeutung bei der Eingrenzung von NE kommt auch ihrer geeigneten Operationalisierung zu, um auf verschiedenen Ebenen den multidisziplinären, dynamischen sowie zeit- und raumübergreifenden Charakter der Strategie herauszuarbeiten. Gerade bei NE geht es nicht nur um das „Was?“, sondern ebensosehr auch um das „Wie?“. Ihre Umsetzung in praktische Politik bedarf nicht nur eines breiten, pluralistischen und dialogbasierten politischen Diskurses, sondern sie braucht neues politisches Denken. Gesellschaft und Natur müssen durch die Nachhaltigkeitslinse wahrgenommen werden, damit nachhaltig gehandelt werden kann. Dies betrifft verschiedene Ebenen: 1. Zeitebene: Langfristige und generationenübergreifende Perspektive der Politiken 2. Raumebene: Kohärenz der Politiken über Verwaltungsgrenzen hinweg 3. Sachebene: Horizontale Integration sektoraler Politiken. 4. Partizipationsebene: Stärkung der Multi-Stakeholder Ansätze 5. Ethische Ebene: Forcierung der gesellschaftlichen Verantwortung Mehrwert Die drei Leitplanken der NSTRATneu und die darauf aufbauenden Handlungsfelder mit ihren Zielsetzungen sowie die umsetzungsorientierten Strategie- und Governanceansätze sollen nach Auslaufen des aktuellen Arbeitsprogramms als Grundlage für die Formulierung eines neuen auf Höhe der politischen und wissenschaftlichen Diskussion dienen. Zeithorizont Die NSTRATneu ist eine mittelfristige Strategie, die einen Orientierungsrahmen bis zum Jahr 2020 bildet. Adressaten der Strategie Die NSTRATneu richtet sich primär an Politik und Verwaltung auf Bundesebene und stützt sich dabei auf den Dialog mit den Sozialpartnern. Ihre Leitplanken und die operationalisierten Handlungsfelder sollen als Grundlage für die Umsetzung von nachhaltiger Politik auf Bundesebene dienen. Sie soll weiters als Input des Bundes in die Gespräche mit den Vertretern der Bundesländer zur Erarbeitung der vom o.z. MRV beauftragten gemeinsamen mittelfristigen Strategie für nachhaltige Entwicklung dienen. Überlegungen zum Verhältnis zu anderen Strategien 1. Österreichische Strategieprozesse Die NSTRATneu und andere österreichische Strategieprozesse wie die KlimawandelAnpassungsstrategie, Energiestrategie, ÖREK (Österreichisches Raumordnungskonzept), die Österreichische Strategie zur Bildung für nachhaltige Entwicklung, die FORNE (Forschung für nachhaltige Entwicklung) sowie die Strategie der Bundesregierung für Forschung, Technologie und Innovation (FTI-Strategie) , die Gender Mainstreaming Strategie, die verfassungsrechtlich verankerte Gender Budgeting Strategie, das Österreichische Reformprogramm im Rahmen von Europa 2020 und der NAP Armutsbekämpfung ergänzen einander. In ihrem Beitrag zum übergeordneten Ziel der nachhaltigen Entwicklung konzentrieren sie sich in erster Linie auf die in ihren jeweiligen Bereich notwendigen Aktionen und Maßnahmen. Die NSTRATneu bildet dafür den umfassenden Rahmen, innerhalb dessen die anderen Strategien in ihren jeweiligen Rollen in kohärenter Weise fungieren. 2 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Mit allen Strategien wird bestätigt, dass sich wirtschaftliche, soziale und ökologische Ziele gegenseitig und langfristig verstärken können und diese daher gemeinsam vorangebracht werden sollen. Die Identifizierung und Konkretisierung der Schnittstellen mit den einzelnen Strategien und die Formulierung von Governance-Prinzipien zu ihrem Management ist eine der Aufgaben von NSTRATneu. 2. EU-Ebene Die 2006 vom Europäischen Rat beschlosse EU-Nachhaltigkeitsstrategie stellt einen verbindlichen und prozeduralen Rahmen der europäischen Nachhaltigkeitspolitik dar. Sie benennt als Hauptziele Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftlichen Wohlstand und internationale Verantwortung. Sie definiert die politischen Leitprinzipien zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele in der Europäischen Union sowie die wichtigsten Herausforderungen, allgemeinen Ziele und konkrete Umsetzungsziele zur Bekämpfung nicht nachhaltiger gesellschaftlichen Trends und zur Förderung nachhaltiger Entwicklung. Der Europäische Rat überprüft zweijährlich die Fortschritte und Prioritäten in der Umsetzung der EU Nachhaltigkeitsstrategie und stellt allgemeine Ausrichtungen über Politiken, Strategien und Instrumente für nachhaltige Entwicklung bereit. Die Europäische Strategie für Wachstum und Beschäftigung (Europa 2020), die ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum anstrebt und Ressourceneffizienz als eine ihrer sieben Leitinitiativen beschreibt kann nicht als Nachhaltigkeitsstrategie angesehen werden, da sie quantitatives Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit als primäre Ziele formuliert. In ihrem Lichte wird die EU entscheiden, ob ihre Nachhaltigkeitsstrategie unverändert bestehen bleibt oder angepasst wird, um dem Auftrag des Europäischen Rates vom Dezember 2009 gerecht zu werden, weiterhin eine langfristige Vision zu bieten und den übergreifenden politischen Rahmen für alle Unionspolitiken und -strategien zu bilden. Ressourcenschonendes Europa als eine der Leitinitiativen innerhalb Europa 2020 konzentriert sich auf die Aspekte Ressourcensicherheit und Vermeidung des Klimawandels und stellt sie in den Dienst der übergeordneten Ziele Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. 3. OECD -Ebene Die 2011 vom OECD Ministerrat verabschiedete Green Growth-Strategie versteht sich als „Unteraspekt““ von NE. Sie entwickelt Konzepte zur langfrstigen Belebung von Wirtschaftswachstum und dessen umwelt- und klimaverträglicher Gestaltung mittels geeigneter Lenkung der Investitionsströme. Dabei werden auch beschäftigungspolitische und soziale Bereiche analysiert. Die Förderung der Innovationsfähigkeit wird als grundlegend angesehen. Einen zentralen Aspekt bildet die (Weiter-)Entwicklung eines Indikatorensets zur Beobachtung der Fortschritte auf dem Weg zu umweltverträglichem Wachstum. Marktbasierte Instrumente stehen dabei im Vordergrund. Regulierungen, Förderungen und Selbstverpflichtungen werden als Ergänzungsmaßnahmen betrachtet. Ihre Erkenntnisse werden in die zukünftige Analysearbeit der OECD (Länderprüfungen, vergleichende Studien) einfließen. Auch die GG-Strategie zeigt die Möglichkeit zur gegenseitigen Vereinbarkeit und Verstärkung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Zielsetzungen. Im Unterschied zu horizontalen NSTRATneu liegt ihr Focus jedoch im ökonomischen Bereich. 4. UN-Ebene Deklaration des Weltgipfels von Rio de Janeiro 1992 und Rio +10 Konferenz 2002 (Aktualierung nach Rio+20) ) Die NSTRATneu bezieht sich auch auf die beim Weltgipfel von Rio de Janeiro beschlossenen Ergebnisse. Darin wurde auch auf die Verantwortung von Kommunen und Regionen für eine nachhaltige Entwicklung, die wiederum integralen Bestandteil der ÖSTRAT bildet, verwiesen. Darüber hinaus bieten auch die Beschlüsse der Rio+10Konferenz von Johannesburg 2002 eine Basis. Anlässlich dieser Konferenz würde als 3 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 österreichischer Umsetzungsbeitrag die Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes – kurz „NSTRAT“ vorgelegt. Global Green New Deal und Green Economy Initiative von UNEP Der 2008 von UNEP initiierte Global Green New Deal hat als Ausgangspunkt die Wiederbelebung des in der Finanz- und Wirtschaftskrise reduzierten weltweiten Wirtschaftswachstums, die Schaffung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten und Schutzmaßnahmen für sozial Schwache. Damit wird die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, die weltweite Stärkung der Ökosysteme und die Bekämpfung Wasserknappheit angestrebt. Zusätzlich hat er die weitere Umsetzung der Millenium Development Goals zum Ziel. Die Green Economy Initiative strebt die Förderung einer „grünen“ Wirtschaft durch Reform der öffentlichen Finanzen und Steuerpolitik an. Beide Projekte haben vergleichbare Zugänge, Bezugspunkte und Zielsetzungen und damit ein ähnliches Verhältnis zu NSTRATneu wie die OECD-GG-Strategie. 4 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 2) Die Dimensionen der Strategie und ihre Leitplanken Leitplanken der ökologischen Dimension Schutz der Ökosysteme Basis ist ein weitgefasstes Konzept der Erhaltung der Lebensgrundlagen, das über einen rein anthropozentrischen Ansatz hinausgeht und auch den Eigenwert funktionierender Ökosysteme anerkennt. Notwendige Voraussetzung und Grundlage für eine zukunftsfähige Wirtschafts- und Lebensweise inklusive Nutzung der Naturgüter ist der Schutz der Ökosysteme samt der weitest möglichen Erhaltung der Artenvielfalt. Neben ihren wichtigen ökologischen Funktionen bilden Natur- und Kulturlandschaften auch Geschichten von menschlichen Gesellschaften ab. Ihre Erhaltung ist eine wesentliche Voraussetzung für ökologische Nachhaltigkeit und Sicherung von Lebensqualität und Gesundheit, letztlich auch eine Frage menschlicher Identität. Ein rein auf monetäre Kategorien beschränkter Ansatz, der sie als Teil einer Kapitalbilanz begreift und nur ihren wirtschaftlichen Wert bestimmt, wird dem nicht gerecht. Sparsamer Umgang mit Ressourcen Das Leitplanke Ökologie enthält als unmittelbare Ziele eine effiziente, schonende und verbesserte Ressourcennutzung, eine hohe ökologisch verträgliche Lebensqualität sowie im globalen Kontext eine gerechte Verteilung der Ressourcen zwischen Industrie-, Schwellenund Entwicklungsländern. Die Inanspruchnahme erneuerbarer Ressourcen ist so zu gestalten, dass die Nutzungsrate die natürliche Regenerationsrate nicht übersteigt. Der Verbrauch und die Entnahme an nicht erneuerbaren Ressourcen sollen langfristig durch die Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Ressourcenproduktivität und die Nutzung von Effizienzpotentialen reduziert und damit ihre anzustrebende absolute Entkoppelung vom Wirtschaftswachstum erreicht werden. Bei der Belastung der Umwelt durch Abfälle und Emissionen ist soweit wie möglich sicherzustellen, dass die Verschmutzungsrate unter der Absorptionsrate der Umwelt liegt. Vorsorge-, Vorbeuge- und Verursacherprinzip Eine nachhaltige Umweltpolitik beruht auf dem Vorsorge- und Vorbeugegedanken, der als integrales Politikprinzip für alle Dimensionen und Bereiche gilt: Auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu vermeiden, auf Technikfolgenabschätzung sowie auf dem Verursacherprinzip. Emissionen dürfen die Resorptionsfähigkeit der Ökosysteme nicht unterlaufen und keine dauerhafte Gefährdung der Gesundheit der Menschen darstellen. Unfallrisiken sind nur so weit zulässig, als sie auch beim größtmöglichen Schadensereignis keine dauerhaften Schäden über eine Generation an Menschen oder Ökosystemen verursachen können. Leitplanken der sozialen Dimension Sozialer Zusammenhalt als Ziel von und Voraussetzung für NE Sozialer Zusammenhalt bildet eine der notwendigen Grundlagen für die Verwirklichung der Ziele von NE. Seine Grundvoraussetzungen sind intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit und Solidarität im nationalen wie globalen Maßstab sowie die Förderung und Bewahrung kultureller Vielfalt. Neben der Verteilungsgerechtigkeit innerhalb einer Generation gehört die Forderung nach generationenübergreifendem Lastenausgleich zum Kerngedanken des Konzepts der NE. Grundlage der intragenerationalen Gerechtigkeit ist der soziale Ausgleich - als Gebot der Solidarität und auch, um langfristig durch Erhaltung des sozialen Zusammenhalts die gesellschaftliche Stabilität auf allen Ebenen zu gewährleisten. Zudem ist der soziale Ausgleich einer der wesentlichen Einflussfaktoren auf die Gesundheit der Bevölkerung. Intergenerationelle Solidarität bedeutet, die Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten nachfolgender Generationen nicht einzuengen. 5 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Grundlagen des sozialen Zusammenhalts Eine ausreichende und gesicherte Existenzgrundlage für alle Teile der Bevölkerung stellt die beste Basis des gesellschaftlichen Zusammenhalts dar. Dies bedeutet Existenzsicherung primär durch gerecht entlohnte und besteuerte sowie menschenwürdige und qualitätsvolle Arbeit, die durch Förderung der Vollbeschäftigung und Gewährleistung von Erwerbschancen ermöglicht wird, aber auch Verhinderung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie die Sicherung des Lebensstandards im Alter durch die Gesellschaft. Menschliche Arbeit tritt in immer vielfältigeren Formen und Verhältnissen auf. Durch entsprechende Rahmenbedingungen werden deren gesellschaftliche Anerkennung und soziale Absicherung gewährleistet, Übergänge zwischen wie die Vereinbarkeit von verschiedenen Arbeitsformen werden ermöglicht. Darüber hinaus bilden familiäre Bindungen sowie soziale Beziehungen und Netzwerke eine Grundvoraussetzung für die Stabilisierung und Weiterentwicklung des sozialen Zusammenhalts. Sozialer Zusammenhalt durch Chancengleichheit, Bildung und Partizipation Strukturelle und systematische Benachteiligung einzelner Bevölkerungsgruppen ist mit den Zielen von NE unvereinbar. Verschiedenheit ist eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Daher wird Chancengleichheit unabhängig von Geschlecht, (ethnischer) Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Alter, Behinderung oder sexueller Identität gewährleistet, ein fruchtbringender und wertschätzender Dialog zwischen allen und besonders die Integration benachteiligter Bevölkerungsgruppen angestrebt. Bildung, Aus- Fort-und Weiterbildung sind entscheidend für die Biographie. Sie stellen eine wesentliche Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und Armutsbekämpfung dar und sind eine notwendige Grundlage für eine leistungsfähige Volkswirtschaft. Ein hohes Niveau an Kompetenzen ist eine wichtige Ressource, um Entwicklungsprozesse nachhaltig zu gestalten. Dies bedingt sowohl die Sicherstellung gleichen Zugangs zu qualitätsvoller Bildung im Sinne eines lebenslangen Lernens wie auch Bildung für NE. Qualitätsvolle Öffentlichkeitsbeteiligung ist wesentlich, damit sich alle Interessen in politischen Entscheidungsprozessen entsprechend artikulieren können und Berücksichtigung finden. Zivilgesellschaftliches Engagement wird gefördert und ernstgenommen. Dabei ist besonders auch auf die Einbindung spezieller Gruppen zu achten, die keine oder keine laute Interessensvertretung haben, wie beispielsweise der Kinder und Jugendlichen. Geschlechtergleichstellung in allen Dimensionen Die geschlechtergerechte Verteilung aller gesellschaftlich verfügbaren Ressourcen sowie Gleichstellung in sämtlichen Möglichkeiten an deren Partizipation ist eine zentrale gesellschaftliche Achse für sozialen und wirtschaftlichen Ausgleich, für gesellschaftlichen Frieden und damit für nachhaltige Entwicklung. Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist somit ein grundsätzliches Anliegen in allen Politikfeldern, besonders im Zusammenhang mit der gerechten Entlohnung von Frauen und Männern, im gesellschaftlichen Umgang mit älteren und behinderten Menschen, mit Minderheiten sowie in den Bereichen Armutsbekämpfung, Beschäftigung, Ausbildung und Gesundheit. Gesundheit in allen Politikbereichen Gesundheit ist nicht nur die Abwesenheit von Krankheiten. Sie umfasst die körperliche, psychische und soziale Gesundheit und wird in allen Politikfeldern mit beeinflusst. Es ist daher von größter Bedeutung, dass die gesundheitlichen Auswirkungen politischer Entscheidungen auch in allen Politikfeldern mit bedacht und berücksichtigt werden. Im Anbetracht der „modernen Krankheitslast“ gewinnen Prävention und integrierte Versorgung zunehmend an Bedeutung. Gleichwertiger und geschlechtergerechter Zugang zu Gesundheitsversorgung und Prävention, die als integrales Politikprinzip anzusehen ist, bildet eine unabdingbare Vorrausetzung für sozialen Zusammenhalt. 6 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Leitplanken der ökonomischen Dimension Nachhaltiger Lebensstandard und Erhöhung der Lebensqualität Primärziel nachhaltigen Wirtschaftens in hochentwickelten Industriestaaten wie Österreich ist die Sicherung eines nachhaltigen Lebensstandards sowie die Schaffung von ausreichenden und qualitätsvollen Beschäftigungsmöglichkeiten. Rein quantitatives Wachstum, vor allem der stofflichen Produktion, kann nicht Priorität nachhaltiger Wirtschaftspolitik sein. Das BIP und sein Wachstum als Maßstab für wirtschaftliches Handeln sind unzureichend für die Beurteilung der Lebensqualität der Bevölkerung. .Deren Erhöhung für alle Menschen ist oberste Priorität. Dies hat im Einklang mit den Leitplanken der ökologischen und sozialen Dimension zu stehen und durch die (Weiter-)Entwicklung entsprechender Indikatoren auch statistisch erfassbar zu sein. Die Bewältigung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufgaben (etwa Vollbeschäftigung oder der Abbau der Staatsverschuldung), für die quantitatives Wirtschaftswachstum nach gängigen Vorstellungen als notwendig erscheint, wird in einer nachhaltigen Wirtschaft durch alternative Lösungsansätze angestrebt. Fähigkeit zu Strukturwandel, Effizienz und Innovation und Bestehen im Wettbewerb Im Rahmen des Postulats der Ressourcenschonung leistet die Wirtschaft ihren Beitrag durch effiziente und sparsame Verarbeitung der vorhandenen Rohstoffe. Dies auch, um im globalen Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können. Die Fähigkeit und Bereitschaft zu technologischer und struktureller Innovation muss daher erhalten und weiterentwickelt werden. Dazu gehört unter anderem die Bewältigung des Übergangs von der Industrie- zur Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft. Ressourcenschonende Produktions- und Konsummuster Der Beitrag der Wirtschaft zur Ressourcenschonung besteht auch durch ein Produktangebot mit möglichst geringer Intensität an Energie und problematischen Stoffen in der Herstellung und hohem Anteil an wiederverwertbaren Komponenten. Güter- und Dienstleistungsangebot ermöglichen ressourcensparenden Konsum. Dieses Angebot wird von den KonsumentInnen auch nachgefragt. Krisenfestigkeit, Stabilität und solide öffentliche Finanzen NH benötigt wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die langfristig einer stabilen und ausgeglichenen Entwicklung förderlich sind sowie solide öffentliche Finanzen, die untragbare finanzielle Belastungen für kommende Generationen vermeiden. Dazu gehört auch, sich in geeigneter Weise auf die Auswirkungen demografischer Veränderungen vorzubereiten. Maßnahmen, die Konjunkturüberhitzungen und Blasenbildungen hervorrufen, sind nicht nur wegen ihrer Gefährdung der Stabilität zu vermeiden, sondern führen auch durch Überakkumulation von Kapital und dessen späterer Vernichtung zu Ressourcenverschwendung. In einer nachhaltig orientierten Wirtschaft sind die Finanzmärkte auf ihre eigentliche Rolle – die der effizienten Kapitalallokation für die Realwirtschaft – beschränkt. Ein verselbständigter Finanzsektor, der auf die Wirtschaft Druck zur gesteigerten Ressourcenausbeutung erzeugt und diese gleichzeitig destabilisiert, läuft ihren Zielsetzungen zuwider. Globale Entwicklungschancen Die zwischenstaatlichen und globalen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen sind in einer nachhaltigen Wirtschaft nicht nur formal nichtdiskriminierend gestaltet und auf globale Wettbewerbsbedingungen ausgerichtet, die nachhaltiges Wirtschaften unterstützen. Dabei wird besonders darauf geachtet, Entwicklungs- und Schwellenländern Möglichkeiten für eigenständige wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Einklang mit den Zielsetzungen der ökologischen und sozialen Dimension zu bieten. Spezielles Augenmerk wird darauf gelegt, die ökonomischen Voraussetzungen für die Bekämpfung von unmittelbarer Not (etwa Hunger, Wasserknappheit und hohe Kindersterblichkeit in weiten Teilen der Welt) zu schaffen. 7 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 II) Die Handlungsfelder der NSTRATneu – ihre Herausforderungen und Chancen, Zielsetzungen und Handlungsansätze Handlungsfeld 1) „Nachhaltiges Denken und Handeln“ Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung verlangt ein Umdenken der EntscheidungsträgerInnen in Politik und Verwaltung. Es erfordert ebenso die Änderung der bestehenden Denkmuster in Richtung nachhaltiger Entwicklung in Wirtschaft, Medien und im Alltag jedes Einzelnen. Dabei gilt: der erste Schritt zum nachhaltigen Handeln besteht darin, nachhaltig zu denken und für nachhaltige Entwicklung zu sensibilisieren. Ziel ist es daher, die bestehenden Denkmuster im Alltag zu hinterfragen und in Richtung Nachhaltigkeit zu verändern. Die wachsende Komplexität der politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen und die Grenzen des menschlichen Verstehens zwingen Politik und Verwaltung, die Wirtschaft und den Einzelnen auf Basis von stark vereinfachten Darstellungen und Modellen zu agieren. Diese beeinflussen maßgeblich deren Entscheidungen, Verhalten und Handeln. Egal wie mannigfaltig, führen sie zum Ausblenden von wichtigen Aspekten für nachhaltige Entwicklung. Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung stellt insbesondere ein sektorales, rein profitorientiertes und kurzfristiges Denken in Frage. Auch national- und staatszentrierte sowie monokausale Ansätze werden kritisch hinterfragt. Im Gegensatz dazu ruft es zum vernetzten, langfristigen, globalen und ganzheitlichen Denken in allen Bereichen auf. Der Wandel in Richtung Nachhaltigkeit braucht darüber hinaus ein proaktiveres Verständnis der Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen und des zivilgesellschaftliches Engagements in politischen Prozessen. Er verlangt auch ein Hinterfragen von Denkmustern, die gesellschaftliche Entwicklung als vorherbestimmten Prozess wahrnehmen, und des Modells eines linearen Wirtschaftswachstums, das dessen naturgesetzliche und soziale Grenzen ausblendet. Die Überwindung dieser Denkmuster und das Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit bedürfen gezielter Handlungsansätze in Bereichen der Bildungs-, Forschungs-, Beteiligungs,-, Konsum-, Produkt- und Kommunikationspolitik. Hier ist die Hebelwirkung am größten. Nachhaltigkeit sollte auch die Sinne ansprechen und Sinn vermitteln. Die Einbindung der kulturellen Dimension und eine neue alltagskulturelle Praxis sind Voraussetzungen für das Gelingen nachhaltiger Entwicklung. Die Einbeziehung der angewandten Kunst kann zur breiteren Akzeptanz und Attraktivität der Nachhaltigkeit beizutragen. 1. Bildung für nachhaltige Entwicklung Bildung und Ausbildung sind wesentliche Säulen zur Förderung des nachhaltigen Denkens und Handelns. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist notwendige Voraussetzung dafür, dass die Menschen Globalisierungsprozesse, die fortschreitende weltweite Vernetzung und Internationalisierung des Lebens sowie die Veränderungen von Mensch und Natur erkennen und im Sinne nachhaltiger Entwicklung mit gestalten können. Sie ist immer auch Werteerziehung im Sinne eines reflektierten Bewusstseins über die eigene Verantwortung und die Auswirkungen des persönlichen Handelns auf die Gesamtgesellschaft. Außerdem unterstützt sie die Bereitschaft, seinen Lebensstil entsprechend zu verändern, wie die Fähigkeit zum Ausbau der eigenen Lebensqualität in sozialer und ökologischer Hinsicht.. Die Basis dafür bilden humanistische Bildungsideale und eine kritische Reflexion der Lebenswirklichkeiten und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist eine Auseinandersetzung mit Werten unter Einbeziehung demokratischer und partizipativer Elemente und trägt zur Erweiterung individueller Handlungskompetenzen bei. 8 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Bildung für nachhaltige Entwicklung steht dabei im schulischen wie nichtschulischen Bereich vor einer Reihe von Herausforderungen. Auf der Ebene der pädagogisch-/didaktischen Prinzipien muss deren Umsetzung über eine reine Vermittlung von Faktenwissen nach dem Reiz-Reaktionsschema wie auch von Prozessen und Verfahren zur Lösung vordefinierter Aufgaben hinausgehen. Dies deckt sich mit der in Gang gesetzten Neuorientierung des österreichischen Bildungssystems in Richtung Kompetenzorientierung. Auf inhaltlicher Ebene stehen die Nutzung der Anbindungsmöglichkeiten an konkrete Lehrpläne bzw. anwendungsorientierte Umsetzungsmöglichkeiten für den Unterricht im Rahmen der Lehrpläne, die Weiterbildungsmöglichkeiten der LehrerInnen und die Zugänge zu Quellenmaterialien und fachspezifischen Organisationen im Vordergrund. Auf der Governance Ebene sind verbesserte Rahmenbedingungen zu schaffen. Hier gilt es insbesondere, die Synergie-Effekte zwischen den bestehenden Strategien und Initiativen für Bildung für nachhaltige Entwicklung in den Schulen und den Universitäten sowie auf der Gemeinde-, Länder-, nationalen und globalen Ebene intensiver zu nutzen. Darüber hinaus ist deren Kohärenz mit der gesamten Bildungspolitik zu stärken. Zielsetzung: Stärkung der Bildung für nachhaltige Entwicklung als Hebel für Bewusstseinswandel und Gestaltungskompetenzen in Richtung Nachhaltigkeit Handlungsansätze: - Stärkere Einbeziehung von Aspekten der Nachhaltigkeit in das gesamte Bildungssystem (formal, non-formal und informell) und insbesondere Betonung der Bedeutung von Bildungsarbeit im non-formalen Bereich, auch im Sinn des Life Long Learning Ansatzes - Schaffung von Rahmenbedingungen zur Umsetzung der relevanten Initiativen zur Bildung für nachhaltige Entwicklung, insbesondere der Österreichischen Strategie zur Bildung für nachhaltige Entwicklung - Bildungsaktivitäten für nachhaltige Entwicklung im Rahmen der Aus- und Fortbildung des Bundes 2. Schnittstelle Politik und Forschung für nachhaltige Entwicklung Ein unverzichtbarer Innovationsmotor für nachhaltige Entwicklung ist Forschung, die sowohl Fragen für rasche Entscheidungshilfen aufgreift, als auch das erforderliche Wissen für längerfristige politische Strategieprozesse entwickelt. Naturwissenschaftliche, technische, geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung bildet ein wesentliches Element zur frühzeitigen Erkennung nicht nachhaltiger Entwicklungen durch die Bereitstellung von Technologien, Daten, Methoden und Modellen für ein kontinuierliches Monitoring. Idealtypisch sollte Forschung den Fokus der Entscheidungsträger schärfen und die kritischen Fragen sowie Alternativen für öffentliches Handeln identifizieren. Sie sollte für belastbarere Trendaussagen und Bewertungen sorgen, die Folgen voraussagen, anwendbare und zielgerichtete Lösungsoptionen zur Verfügung stellen und Instrumente und Methoden zur Entscheidungsfindung erarbeiten. Um die wissensbasierte Integration nachhaltiger Entwicklung in die politischen Prozesse zu stärken ist eine Verbesserung der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik notwendig. Dazu sind zwei Faktoren entscheidend: Einerseits bedarf es gezielter Refokussierung der Forschungsprioritäten und Erweiterung bestehender theoretischer, methodologischer und methodischer Forschungsgrenzen u.a. durch transdisziplinäre, kritische, ex-ante und partizipative Ansätze. Mode 2 Wissenschaft kann gesellschaftlich robustes Wissen hervorbringen und damit den verschiedenen Akteuren alternative Wege für die zukunftsfähige Gestaltung der Beziehungen von Umwelt und Gesellschaft aufzeigen. Andererseits gilt es das strategische Interesse von Politik und Verwaltung zu stärken. Entscheidend ist insbesondere intensivere Einbindung von Politik und Verwaltung in die 9 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Nachhaltigkeitsforschung und die entsprechende Anpassung der bestehenden forschungspolitischen Priorisierung. Dabei sollte insbesondere der Bedarf an Wissen für nachhaltiges Denken und Handeln konkreter formuliert und kommuniziert werden. Ein Zielsetzungen: Stärkere Anerkennung und Förderung der Nachhaltigkeitsforschung Handlungsansätze: Förderung, insbesondere inter- und transdisziplinärer Forschung für NE unter Einbindung der Natur-, Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften und der Technik, z.B. Mode2 Wissenschaft Stärkung der ex-ante Forschungsansätze wie integrierte Folgenabschätzung und Foresight Förderung von internationalen Forschungsnetzwerken und Partnerkooperationen zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung Verstärkte Berücksichtigung und Implementierung der Forschung für Nachhaltigkeit in Politik und Verwaltung Handlungsansätze: - Verbesserung der Bedingungen für Forschung für Nachhaltigkeit durch die Refokussierung der forschungspolitischen Prioritäten und der Ressourcenallokation (z.B. Schaffung von Forschungsförderschwerpunkten) - Schaffung von Rahmenbedingungen zur Stärkung des Dialogs zwischen Forschung und Politik/Verwaltung im Bereich nachhaltiger Entwicklung - Intensivierung des Wissenstransfers für nachhaltige Entwicklung innerhalb und zwischen den Ressorts u.a. durch die Forschungsabteilungen bzw. die forschungsverantwortlichen Akteure im Bund - Stärkere Abstimmung und Verknüpfung der Forschungsaktivitäten der Ressorts im Bereich nachhaltige Entwicklung - Entwicklung von Strategien für „Braingain“ und für grenzüberschreitende Lernpartnerschaften für nachhaltige Entwicklung 3. Gewandeltes Verhältnis zwischen Staat und Zivilgesellschaft Unser politisches System ist einem Wandel unterworfen. Zum einen fühlen sich viele Menschen von den traditionellen Formen und Einrichtungen der repräsentativen Demokratie nicht mehr ausreichend gehört und vertreten. Zum anderen zeigen immer mehr BürgerInnen verstärkte Bereitschaft zu gesellschaftlicher Verantwortung und Engagement, gerade für Anliegen der NE. Dabei werden unmittelbarere Formen der Beteiligung bevorzugt und elektronische Kommunikationstechnologien und Netzwerke stärker beansprucht. Bisherige Erfahrungen zeigen das enorme Potenzial, aber auch die Barrieren von Beteiligung. Es ist die Aufgabe von Politik und Verwaltung, die Teilnahmemöglichkeiten zu schaffen und zur Beteiligung einzuladen. Die „Weisheit der Vielen“ sollte in politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Dabei ist besonders zu beachten, welche Form der Beteiligung für welche Fragestellungen angemessen ist. Zielsetzung: Stärkung individueller Verantwortung und Erweiterung der Teilnahmemöglichkeiten Handlungsansätze: - Sicherung von ausreichenden Kapazitäten und Kompetenzen in Politik und Verwaltung zur Initiierung und Begleitung von qualitätsvollen Beteiligungsprozessen - Stärkung der Bereitschaft in Politik und Verwaltung, die Ergebnisse von Beteiligung entsprechend ernst zu nehmen - Schaffung von Rahmenbedingungen für„Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung“ 10 NSTRATneu - Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Entwicklung gemeinsam vereinbarter Spielregeln für die Kooperation zwischen Politik/Verwaltung und Zivilgesellschaft (organisierte Zivilgesellschaft) Wahrnehmung der Verschiedenheit unter Menschen in den Beteiligungsverfahren, Entscheidungsbildungs- und Nachhaltigkeitsprozessen durch konkrete Maßnahmen in Form gender- und diversity-spezifischer Aktivitäten und Interventionen 4. Nachhaltige gesellschaftliche und individuelle Konsummuster Lebensqualität wird oft über materiellen und energieintensiven Konsum propagiert und definiert. Dieser Lebensstil hat nicht nur einen enormen Ressourcen- und Energieverbrauch zur Folge, sondern wirkt sich auch auf die Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen in weiten Teilen der Welt aus, insbesondere dort, wo Arbeitsschutz, Mindestlöhne und soziale Absicherung nicht oder ungenügend geregelt sind. „Nachhaltiger Konsum“ und seine Propagierung rücken daher zunehmend als Interventionsfeld in den Blickpunkt von Umweltund Medienpolitik. Die erwünschte Stärkung der Nachfrage nach nachhaltigen Produkten setzt Bewusstsein und Kenntnis von umweltgerechten und sozial verträglichen Entscheidungsoptionen und ihren Vorteilen (z.B. für die Gesundheit) voraus. Bildung und Wissen allein führen jedoch nicht zwangsläufig zu Verhaltensänderung. Nachhaltiger Konsum bedarf auch eines förderlichen gesellschaftlichen Klimas und entsprechender Rahmenbedingungen. Er muss grundsätzlich zumutbar wie leistbar sein und darf im Bereich der Grundbedürfnisse nicht mit individuellen Nachteilen (finanzieller Art, höherer Zeitaufwand usw.) verbunden sein, auch wenn er von den KonsumentInnen den Vorrang von (oft teurerer) Qualität vor Quantität verlangt. In den letzten Jahren wird ein verstärktes Interesse an nachhaltigem Konsum verzeichnet. So wächst die Zahl von VerbraucherInnen, die Konsum nachhaltig gestalten wollen. Dadurch wird vor allem der Bedarf an Information, Transparenz und Orientierung stärker. Auch die öffentliche Verwaltung, mit ihrem jährlichen Beschaffungsvolumen von rd. 40 Mrd. Euro der größte Individualkonsument, ist dem nachhaltigen Konsum verstärkt verpflichtet. Den Orientierungsrahmen dazu stellt seit 2010 der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Beschaffung dar. Zielsetzung: Stärkung gesellschaftlicher und individueller Konsummuster in Richtung nachhaltiger Entwicklung Handlungsansätze: - Bewusstmachen von nicht-nachhaltigen Konsummustern und Aufzeigen von alternativen Handlungsmöglichkeiten („Gut leben statt viel haben“, Zeitwohlstand, „Nutzen statt Besitzen“) und des Nutzens eines nachhaltigen Lebensstils durch Bildungsarbeit für NE - Gezielter Einsatz der Kommunikationsinstrumente der öffentlichen Hand und der öffentlich-rechtlichen Medien zur Propagierung nachhaltiger Konsummuster - Verstärktes Bildungsangebot an Schulen und Universitäten als Basis für einen erfolgreichen Paradigmenwechsel vom „mehr“ zum „besser“ - Förderung sozialer Normen, die nachhaltiges Handeln als erwünscht erscheinen lassen (normbildende Initiativen, soziale Anerkennung für Verzicht auf Statussymbole etc.) - Stärkung monetärer und nichtmonetärer Anreize zur Förderung nachhaltigen Konsums - Verlässliche, glaubwürdige, verständliche und transparente Verbraucherinformation (Nachhaltigkeitsberichte, Produktdeklarationen, Labels, Auszeichnungen) - Stärkung der Zusammenarbeit von ProduzentInnen und Handel als „Mittler“ zwischen Produktion und Konsumation - Stärkung der Vorreiterrolle der öffentlichen Hand im Bereich nachhaltige öffentliche Beschaffung und systematische Integration von Umwelt- und Sozialstandards 11 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 5. Nachhaltige Produktionsmuster, Produkte und Dienstleistungen Bei Förderung gesellschaftlich und individuell nachhaltiger Produktionsmuster, Produkte und Dienstleistungen nimmt die „Integrierte Produktpolitik“ eine Schlüsselstellung ein. Sie stellt einen Ansatz dar, einzelne Maßnahmen der produktbezogenen Umwelt- und Sozialpolitik in ein umfassendes konzeptionelles Gerüst einzubetten. Ziel ist es, die ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Belastungen durch Produkte in ihrer Gesamtheit zu verringern. Dabei spielen alle Schritte im Lebensweg des Produktes von der Gewinnung der Rohstoffe über ihre Verarbeitung bis hin zur Entsorgung des Produkts eine Rolle. Sie sollten unter möglichst umweltfreundlichen und sozial gerechten Bedingungen erzeugt und vertrieben werden. Auch der fortschreitenden Verkürzung der Lebenszyklen der meisten Konsumgüter sollte gezielt entgegengewirkt werden. Zielsetzung: Förderung gesellschaftlich und individuell nachhaltiger Produktionsmuster, Produkte und Dienstleistungen Handlungsansätze: Stärkung der Anreize und Produktanforderungen als Impulse für eine nachhaltigere Produktion und für nachhaltigere Produkte insbesondere in Richtung Verlängerung der Produktlebensdauer Stärkung der Bedeutung vom nachhaltigen Produktdesign durch Aufnahme in den Ausbildungs- und Forschungsbereich und Förderung von Kunst und Kultur Förderung des Zusammenwirkens der Akteure auf dem Produktlebensweg Forcierung der Kreislaufwirtschaft und Recycling und stärkere Nutzung von Möglichkeiten zur Abfallvermeidung und-verwertung sowie Förderung von Reparaturnetzwerken Entwicklung von Roadmaps zur Forcierung der nachhaltigeren Produkte, Produktion und Dienstleistungen in einzelnen Branchen 6. Nachhaltigkeitskommunikation und die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) Strategische und transparente Nachhaltigkeitskommunikation als Verständigungsprozess über künftige anzustrebende gesellschaftliche Entwicklung ist von entscheidender Bedeutung für das Umdenken in Richtung nachhaltige Entwicklung. Sie stellt die Stakeholder in den Mittelpunkt des auf Mitgestaltung durch Beteiligung und Vernetzung abzielenden Kommunikationsansatzes. Dabei geht es nicht nur um Ursachenforschung und Problemwahrnehmung, sondern auch um die Diskussion der Werte und Normen sowie um die Kommunikation über die individuellen und gesellschaftlichen Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten. Die Kommunikation über Nachhaltigkeit findet auf verschiedenen Ebenen statt: zwischen Individuen, zwischen Individuum und Institutionen, zwischen Institutionen und innerhalb von Institutionen, in Schulen und Hochschulen, in den Medien, in der Politik, in der Wirtschaft, in den Kommunen, regional, national und international. Hier gilt es insbesondere das Potenzial der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (wie Social Media), aber auch der Public Relations für eine nachhaltige Gesellschaftsentwicklung gezielt zu nutzen, ohne die Vielfalt der etablierten IKT zu vernachlässigen. Zielsetzung: Optimierung der strategischen Nachhaltigkeitskommunikation und -vernetzung durch Einsatz von IKT Handlungsgansätze: 12 NSTRATneu - Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Forcierung von IKT-Produkten und -Dienstleistungen zur Förderung des nachhaltigen Denkens und Handelns Nutzung von Social Media in der Politik und Verwaltung zur Förderung der Beteiligung, Vernetzung und des Bewusstseinswandels in Richtung Nachhaltigkeit Sichtbarmachen des Potentials der Nachhaltigkeitskommunikation für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung und für den öffentlichen Sektor und Bereitstellung von Kapazitäten für Nachhaltigkeitskommunikation Stärkung der Rolle der Medienbildung als Vehikel zur Förderung von nachhaltigen Denken und Handeln 13 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Handlungsfeld 2) „Stabilität, Krisenfestigkeit, Innovationsfähigkeit“ 1. Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen Die Entwicklung der österreichischen Volkswirtschaft ist, gemessen an den Indikatoren Wachstum, Beschäftigung, Geldwertstabilität und außenwirtschaftliches Gleichgewicht, lange Zeit stabil und ausgeglichen verlaufen. Von der Rezession im Gefolge der von den Finanzmärkten verursachten weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise hat sie sich nicht zuletzt aufgrund der staatlichen Gegensteuerung und des Einsatzes der heimischen Wirtschaftsakteure relativ rasch erholt. Allerdings ist das internationale Umfeld nach wie vor instabil, und die Unsicherheit über die mittel- bis längerfristige Entwicklung ist größer geworden. Die Regulierungsanstrengungen auf globaler und europäischer Ebene haben zu keiner entscheidenden Änderung der Funktionsmechanismen der Finanzmärkte geführt. Diese sind nach wie vor instabil und von spekulativen Elementen getrieben. Die Bedrohungen für die Realwirtschaft (Stichworte: Kreditklemme, Preisschwankungen auf Rohstoff- und Nahrungsmittelmärkten) existieren weiter. Spezifisch österreichisch sind die Risiken, die aus dem Engagement österreichischer Banken in Ost- und Südost-Europa entstanden sind. Verschärfend gegenüber der Situation im Jahr 2008 kommt die destabilisierende Rolle hinzu, die der Druck der Finanzmärkte gegenwärtig auf Währungen und Staatsfinanzen erzeugt. Zielsetzungen: Stabilität der österreichischen Volkswirtschaft stärken Handlungsansätze: Langfristiger und geordneter Staatsschuldenabbau durch ausgaben- und einnahmenseitige Maßnahmen im Rahmen von österreichischem Stabilitätsprogramm und europäischem Fiskalpaktmittels der langfristigen Budgetprognose Gleichzeitig aktiver Beitrag der öffentlichen Haushalte zur kurz- und mittelfristigen Konjunkturstabilisierung im Einklang mit Zielen der NE Sicherung der Binnennachfrage auch durch Erhaltung der privaten Kaufkraft Wirksamkeit der automatischen Stabilisatoren garantieren Kreditklemmen vorbeugen Wahrung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts Wahrung der Geldwertstabilität Rückführung der Finanzmärkte und ihrer Institutionen auf ihre Funktion der Kapitalallokation für die Realwirtschaft (Handlungsansätze s. HF3) 2. Wohlfahrtsstaat und Zukunftsinvestitionen, öffentliche Verwaltung Die wirtschaftlichen und sozialen Erfolge Österreichs beruhen zu einem guten Teil auf seiner hervorragenden staatlichen Infrastruktur und seinem ausgebauten sozialen Netz. Für eine nachhaltige Entwicklung unseres Landes werden der Wohlfahrtsstaat und die Fähigkeit der öffentlichen Hand zu Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur weiterhin notwendiger Bestandteil sein. Die aktuellen Konsolidierungsanforderungen an die öffentlichen Haushalte stellen die Finanzierung dieser Aufgaben vor zusätzliche Herausforderungen. Zu diesen gehört auch die Wahrung des sozialen Zusammenhalts durch eine ausgewogene Verteilung daraus resultierender Belastungen: Die öffentliche Verwaltung hat sich in der Vergangenheit als wichtiger Faktor für die Wohlfahrtsentwicklung in Österreich bewährt. Nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Veränderungen bei den wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie der 14 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 organisatorischen Herausforderungen ist es erforderlich, die Verwaltungs- und Staatsorganisation auf Effizienz und Kostenverträglichkeit hin zu überprüfen, wobei gleichzeitig auch eine langfristige Aufrechterhaltung und weitere Verbesserung der hohen Qualität der Aufgabenerfüllung im öffentlichen Bereich sicherzustellen ist. Zielsetzungen: Öffentliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Innovation und Funktionsfähigkeit sowie Finanzierung des Wohlfahrtstaates langfristig sichern und im nachhaltigen Sinn ausrichten Handlungsansätze: Langfristige budgetäre Garantie für Zukunftsinvestitionen der öffentlichen Hand Langfristige Sicherung der notwendigen Einnahmenbasis auch durch Abschöpfung von Spekulationstransaktionen Erhöhung der Erwerbs- und Beschäftigungsquote Möglichst weitgehende Einbindung aller Beschäftigungsverhältnisse in die Finanzierung der Sozialsysteme Sozial ausgewogene Ökologisierung des Steuersystems und Entlastung des Faktors Arbeit Intragenerationeller Lastenausgleich zwischen den sozialen Schichten und auch zwischen den Geschlechtern Handlungsansätze: Soziale Ausgewogenheit aller ausgabenseitigen Maßnahmen Ausgewogene Belastung von Vermögen, Arbeit und Kapital bei einnahmenseitigen Maßnahmen Entschärfung der Einkommenssteuerprogression im unteren und mittleren Bereich Gender Budgeting Strategie Gender- und diversityspezifische Gleichstellungs- und Integrationspolitik Bekämpfung von Armut und daraus resultierender gesellschaftlicher Ausgrenzung (siehe HF5) Die Gestaltungsfähigkeit der Gebietskörperschaften auf allen Ebenen und die finanziellen Voraussetzungen für die Sicherung der Daseinsvorsorge zu erhalten. Handlungsansätze: Gesicherte Finanzierungsgrundlagen aller Gebietskörperschaften im Wege des Finanzausgleichs Organisations- und Aufgabenreform auf allen bundesstaatlichen Ebenen Effizienzgewinne durch Erhöhung der Kohärenz (im Sinne von NE) der verschiedenen Verwaltungsebenen Wirkungsorientierte Budgeterstellung Dialog Verwaltung – Zivilgesellschaft 3. Demografische Entwicklung, intergenerationelle Lastenverteilung Aufgrund der demografischen Entwicklung wird die österreichische Bevölkerung bis 2020 um 300.000 auf 8,7 Millionen ansteigen, dies fast zur Gänze durch Migration. Der Anteil der 15 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Über-60-Jährigen wird auf 26% wachsen, jener der 15-64-Jährigen auf unter 60% zurückgehen1. Dadurch sind folgende Entwicklungen zu erwarten: Nach den Prognosen der EK wird der Anteil der öffentlichen Pensionsaufwendungen am BIP in Österreich im Zeitraum 2007-20 um 0,3 Prozentpunkte wachsen. Der Anteil der über 45-jährigen Erwerbspersonen wird bis 2030 um 5 Prozentpunkte auf 39,4 % steigen. Durch den zunehmenden Anteil älterer und hochbetagter Menschen an der Gesamtbevölkerung wird das Krankheitsspektrum hin zu chronischen Erkrankungen verändert und neue Versorgungsbedarfe entstehen. Für die zukünftige Ausgabenentwicklung ist entscheidend, ob die gewonnenen Lebensjahre in guter Gesundheit zurückgelegt werden können und neben.der nachhaltigen Finanzierung der Langzeitpflege auch Kompetenzbereinigung und Verwaltungsvereinfachung erreicht werden können. Zielsetzungen: Sicherung des öffentlichen, umlagefinanzierten Pensionssystems im Zusammenhang mit den demografischen Veränderungen bei gleichzeitigem intergenerationellen Lastenausgleich zwischen Erwerbstätigen und PensionistInnen Handlungsansätze: Erhöhung der Beschäftigungsquote (Nationaler Reformplan) Anhebung des faktischen Pensionseintrittsalters Beitrag von gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsgewinnen zum steigenden Finanzierungsbedarf der Umlagefinanzierung Bessere Ausschöpfung des Beschäftigungspotentials insgesamt, und hier vor allem der Frauen, als auch Schaffung der entsprechenden Bedingungen, damit ältere ArbeitnehmerInnen möglichst lange aktiv am Arbeitsmarkt teilnehmen können Handlungsansätze: Weiterer Ausbau von alters-, alterns- und geschlechtergerechten Arbeitswelten Früherkennung und –vermeidung des krankheitsbedingten Verlustes der Arbeitsfähigkeit, Rehabilitation und Integration verstärken Unterstützung der betrieblichen Gesundheitsvorsorge und der Wiedereingliederung gesundheitlich beeinträchtigter Personen in den Arbeitsprozess Rahmenbedingungen für höhere Frauenbeschäftigung verbessern Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit Förderung der Zuwanderung und Integration qualifizierter MigrantInnen NAP Integration Nachhaltige Finanzierung des öffentlichen Gesundheitssystems, das gleichen Zugang für alle gewährleistet, wie auch jener für Pflege und Betreuung Handlungsansätze: 1 Optimierung der Krankenbehandlung durch strukturierte und koordinierte Behandlung von chronisch Erkrankten wie beispielsweise durch Disease Management Programme oder Casemanagement Nutzung vom Optimierungspotentialen sowie Wirkungs- und PatientInnenorientierung in der Gesundheitsversorgung Konsolidierung des Spitalswesen: Einführung eines bundesweit einheitlichen Krankenanstaltengesetzes und Schaffung einer Datenquelle, wenn nicht anders angegeben: Statistik Austria 16 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 überregionalen Spitalsplanung des Bundes sowie Ausbau von Synergien zwischen den Anstalten als Basis für eine patienten- und bedarfsorientierten Versorgung Ausbau der Gesundheitsförderung sowie der Verhältnis- und Verhaltensprävention Einfachere und transparentere Mittelflüsse orientiert an Zielen Eindeutige und dauerhafte Klärung der Kompetenzen Beschluss der Landesfinanzreferentenkonferenz 15. 2. 2012 zum Pflegefonds 4. Innovation als Antrieb der NE - NE als Antrieb für Innovation Innovation ist die Grundlage für die Weiterentwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft. Sie schafft Neues und sorgt so dafür, dass z.B. Technologien, Produkte, Verfahren, Dienstleistungen, aber auch organisatorische Konzepte (Business-Modelle), Institutionen, rechtliche Rahmenbedingungen und insgesamt die Lebensgrundlagen, verbessert werden können. Innovation ist daher auf allen Ebenen erforderlich und muss sowohl technologischer wie nicht technologischer Natur sein. Dadurch kann einerseits der mit ihr verbundene Nutzen besser erfasst werden, andererseits die ökologische und soziale Ausgewogenheit garantiert werden. Innovation und Nachhaltigkeit bilden die Basis für Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen wie auch für die dauerhafte Beschäftigung hochqualifizierter ArbeitnehmerInnen. Deshalb sind Innovation und Nachhaltigkeit zwei sich gegenseitig beeinflussende und stimulierende Gefäße. Nachhaltige Innovation bzw. Innovation zur Sicherung von Nachhaltigkeit muss die Kernherausforderungen unserer Gesellschaft interdisziplinär und Synergieeffekte nutzend adressieren. Dies betrifft z.B. Sicherung der Lebens- und Ernährungsqualität für alle Bevölkerungsschichten, nachhaltige Ressourcennutzung, Umweltschutz und Klimawandel. Es umfasst die Entwicklung neuer Technologien und Verfahren und nicht-technologischer Innovationen (im Lichte der Nachhaltigkeit), Maßnahmen zur Förderung von Märkten und Wettbewerbsfähigkeit, die Zusammenarbeit der Akteure und die Einbindung der Gesellschaft (als "sustainable consumer and citizen") Dies kann in vielen Fällen nur dann erfolgreich implementiert, durchgeführt und nutzbar gemacht werden, wenn ihre Überprüfung auf ökologische und soziale Effekte sowie gezielte Überlegungen angestellt werden (können), wo Nachhaltigkeit als Forderung in das Innovationssystem getragen werden kann. Es erfordert nicht nur Einflussmöglichkeiten der Zivilgesellschaft auf die Forschungs- und Innovationspolitik, sondern auch individuelles Engagement in diesem Kontext. Die Rolle und Aufgaben der Forschung an der Schnittstelle zur Politik wurden im HF 1 beschrieben. Die Komplexität der großen Herausforderungen unserer heutigen Zeit (v. a. Klimawandel, Ressourcenverknappung, demografischer Wandel und sozialer Ausgleich) und die Erfüllung der Postulate der NE setzen umfassende regional differenzierte Kenntnisse der naturräumlichen, ökologischen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen voraus. Diese müssen in interdisziplinär orientierter Grundlagenforschung gewonnen werden. Forschung und Entwicklung ist auch die Basis für Technologien und Ablaufoptimierungen, die einen substantiellen Beitrag für den sparsameren Umgang mit knappen Ressourcen leisten. Der Rebound-Effekt demonstriert jedoch, dass eine rein auf Effizienzsteigerungen beschränkte Innovation allein nicht nachhaltig ist, sondern in ein Gesamtkonzept sozialer und institutioneller Veränderungen eingebettet gehört. Öffentliche (angebots- und nachfrageseitige wie innovationsfördernde öffentliche Beschaffung, Standards, Regulierung etc.) Forschungs- und Innovationsförderung ist so zu gestalten, dass sie eine stimulierende Wirkung auf unternehmerische und gesellschaftliche Aktivitäten im Sinne von NE erzielt. Vom Bund wurden dazu bereits etliche Forschungsprogramme mit nachhaltiger Ausrichtung - sowohl thematisch als auch in den 17 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Auswahlkriterien – aufgelegt. So konnte beispielsweise durch eine konsequente jahrzehntelange öffentliche Förderung von F&E zu Erneuerbaren Energieträgern eine Vorreiterrolle zahlreicher österreichischer Unternehmen auf dem Weltmarkt und gleichzeitig der Anteil der Nutzung Erneuerbarer Energie in Österreich von mehr als 30% im Endverbrauch erreicht werden. Um systematisch den ökologischen und demografischen Herausforderungen, dem zunehmenden globalen Wettbewerb und dem Strukturwandel in Wirtschaft und Gesellschaft begegnen zu können hat die Bundesregierung die FTI-Strategie des Bundes entwickelt. Sie bildet zusammen mit der Nachhaltigkeitsstrategie den Rahmen für die Entfaltung des innovativen Potentials der österreichischen Gesellschaft und ihrer Volkswirtschaft und deren nachhaltiger Entwicklung. Durch die FTI-Strategie sollen die Maßnahmen verschiedener Akteure im österreichischen Innovationssystem Forschung besser aufeinander abgestimmt werden. Danach liegen die Aufgaben des Staates in der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen, in der Verbesserung der Humanressourcen, dem Ausbau der Grundlagenforschung, im Beschleunigen des Strukturwandels, der Verbesserung der FTI-Kapazitäten und der Innovationskraft der Unternehmen sowie in der Stimulierung von (nachhaltigkeitswirksamen) FTI-Aktivitäten durch die Bereitstellung öffentlicher Mittel für eine nachhaltigkeitsorientierte Forschung und durch ein geändertes Nachfrageverhalten in der öffentlichen Beschaffung. Zielsetzungen: Durch technologische und soziale Innovation Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen geben (können) Handlungsansätze: Einrichtung von ressortübergreifenden FTI-Schwerpunkten besonders in den Bereichen Klimawandel und Umgang mit knappen Ressourcen, Sicherung der Lebensqualität und demografischer Wandel Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft Handlungsansätze: Förderung der Innovationskraft österreichischer Unternehmen und Forschungsinstitutionen Weiterentwicklung der nachhaltigkeitsrelevanten nationalen Forschungsförderprogramme in allen Disziplinen Erhöhung der Forschungsquote auf 3,76 % bis 2020 (FTI Strategie) Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für öffentliche und private Forschung Impulse durch öffentliches Beschaffungswesen (durch innovationsfördernde öffentliche Beschaffung - IÖB) Nachhaltigkeitsaffine Ausrichtung von Forschung und Entwicklung garantieren Handlungsansätze: Stärkere Einbettung von Forschung und Entwicklung in soziale Prozesse durch den Ausbau von Partizipations- und Informationsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft2 Technologiefolgenabschätzung und Bewertung der Vereinbarkeit mit Zielen der NE verbessern NH-spezifische Impulse des öffentlichen Beschaffungswesens 2 Erläuterung (nicht im Endtext): Z.B. durch Technologiebeiräte nach Art des dänischen Teknologi Radet 18 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 5. Aus- und Weiterbildung als Innovationsmotor im Sinne von Nachhaltigkeit Eine Grundvoraussetzung für eine innovative Volkswirtschaft bilden Arbeitskräfte, die gelernt haben, Notwendigkeiten/Bedarfe zu erkennen, zu analysieren, kreative kompetente Lösungen zu finden und die fähig und bereit sind, diese mit anderen zusammen umzusetzen. Insgesamt ist in Gesellschaften mit geringeren Bildungsunterschieden auch die gesamte Lebenserwartung höher. Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen sind sowohl die Voraussetzung für eine Erfüllung dieser Forderung als auch für eine Teilnahme am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben und der Möglichkeit seinen Teil zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Funktionaler Analphabetismus, von dem laut PISAStudie bis zu 20% jedes Altersjahrgangs gefährdet sind, vorzeitige Ausbildungsabbrüche stellen ein grundlegendes Hindernis dafür dar. Ausbildung im Sinne von Nachhaltigkeit muss daher den Erwerb von Kompetenzen in den Vordergrund stellen, die die SchülerInnen dazu befähigen, Inhalte zu erfassen, und sie mit Methoden vertraut machen, die dazu befähigen, den Wert von Information zu beurteilen und entsprechende Handlungen zu setzen. Dies erfordert Fachwissen und soziale Fähigkeiten. Menschen, die diese Kompetenzen erworben haben, können auch die Notwendigkeiten nachhaltiger Politik besser nachzuvollziehen und eigene Aktivitäten entwickeln. Darüber hinaus muss das Bildungssystem Möglichkeiten zur lebensbegleitenden (beruflichen) Weiterbildung bereitstellen. Lebenslanges Lernen (Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich, LLL:2020) - parallel zur wie auch in Zwischenphasen der beruflichen Tätigkeit und von der frühkindlichen Erziehung und Förderung bis zur Bildung in der nachberuflichen Lebensphase - muss Praxis werden. Für den Einzelnen wie für Staat und Gesellschaft ist Bildung die entscheidende und renditestärkste Investition in die Zukunft. Zielsetzungen: Erhaltung und Ausbau eines Ausbildungssystems, das Arbeitskräfte, die den Anforderungen einer innovativen, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Wirtschaft entsprechen, ausbildet und europäische Schlüsselkompetenzen vermittelt. Handlungsansätze: Spezifische Maßnahmen gegen funktionalen Analphabetismus Bad Ischler Sozialpartner Dialog 2011 Senkung der SchulabbrecherInnenquote Duale Lehrlingsausbildung stärken Ausbau der Möglichkeiten zur lebenslangen beruflichen Weiterbildung. Handlungsansätze: Ausreichende Dotierung des beruflichen Weiterbildungssystems und Ausweitung des Angebots Begleitmaßnahmen zur Ermöglichung von Weiterbildung (z.B. Kinderbetreuungsangebote, Zeit für Weiterbildung)) Umsetzung der Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich, LLL:2020 19 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Handlungsfeld 3) „Lebensqualität und qualitatives Wachstum und Ressourcenschonung“ Angesichts multipler Krisen (u.a. Finanz- und Wirtschaftskrise, Klima- und Ressourcenkrise, zunehmende gesellschaftliche Ungleichheit), vor dem Hintergrund von Globalisierung, technologischer Entwicklung und strukturellen Veränderungen der Gesellschaft (z.B. demografische Entwicklung) sind wir heute an einem Punkt angelangt, der es erfordert, unsere Systeme, Modelle und Denkansätze sowie die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten und wirtschaften auf den Prüfstand zu stellen. Durch ein stetiges Wachstum an Produktion konnte vor allem in den Industrieländern ein hohes materielles Wohlstandsniveau erreicht werden. Doch die vorwiegende Orientierung am quantitativen Wachstumsmodell hat dazu geführt, die damit einher gehenden negativen Auswirkungen außer Acht zu lassen: Die negativen Folgewirkungen eines übermäßigen Ressourcenverbrauchs werden immer offensichtlicher: Natürliche Ressourcen werden knapper, die biologische Vielfalt nimmt ab, und das Klima wandelt sich. Trotz einer gewissen Entkoppelung vom Wirtschaftswachstum bei steigendem Ressourcenverbrauch (relative Entkopplung) ist der globale Ressourcenverbrauch seit 1900 auf das Achtfache gestiegen und wird noch weiter steigen (Szenario: Anstieg bis zum Dreifachen des heutigen Bedarfs im Jahr 2050 bei Fortsetzung der derzeitigen Entwicklung)3. (siehe auch HF 10). Wirtschaftswachstum hat in Entwicklungs- und Schwellenländern zur Bekämpfung der absoluten Armut beigetragen4. Was die relative Armutsgefährdung betrifft, so ist in der EU und Österreich im letzten Jahrzehnt jedoch keine signifikante Abnahme festzustellen. Seit dem Jahr 2000 hat hohes Wirtschaftswachstum in Schwellenländern weltweit auch zu einer gewissen Angleichung der durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen geführt. An der ungleichen Verteilung von Vermögen und Einkommen innerhalb der meisten Gesellschaften hat sich aber wenig geändert5. In Österreich waren darüber hinaus im Zeitraum 1995 bis 2009 Nettoreallohn-Verluste der unteren Einkommensgruppen zu verzeichnen6. Der in den letzten Jahrzehnten stattgefundene Paradigmenwandel in der Verfasstheit des Wirtschafts- und Finanzsystems, sprich Rahmenbedingungen, Strukturen, Einstellungen und Spielregeln, stellt dessen Vereinbarkeit mit den Zielen von nachhaltiger Entwicklung in Frage. Das „Shareholder-Value“-Denken, wie in zentralen Bereichen der Wirtschaft vorherrschend geworden, unterminiert das Gebot der „Existenzsicherung primär durch gerecht entlohnte und besteuerte sowie menschenwürdige Arbeit“ (= Leitplanke der sozialen Dimension) und steht im Konflikt mit dem Konzept der „guten Arbeit“. (vgl. dazu HF 4). Durch diese Entwicklungen ist die Gemeinwohlorientierung aus dem Blick geraten. Angesichts dieser Befunde ist es erforderlich, die Frage nach der Art und Weise des Wachstums zu stellen und die Qualität des Wachstums in den Vordergrund zu rücken. Eine große Herausforderung besteht darin, den notwendigen Umbau hin zu einer nachhaltigen, ressourceneffizienten, CO2-armen, teilhabefördernden Wirtschaft zu bewerkstelligen. Dazu braucht es die Hinterfragung und Veränderung unserer Denk- und Handlungsweisen und die Weiterentwicklung unserer Systeme, Institutionen, Modelle sowie Produkte und Dienstleistungen. Es geht um ein intelligentes Wachstum (u.a. Förderung von Wissen, Innovation und Bildung sowie der digitalen Gesellschaft), um ein nachhaltiges, ressourcenschonendes Wachstum (u.a. ressourceneffizientere Produktion bei gleichzeitiger Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit und Beachtung der ökologischen Tragfähigkeitsgrenzen) und ein verteilungsgerechtes, teilhabeförderndes Wachstum (u.a. Erhöhung der Beschäftigungsquote, Qualifizierung und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung). Ein wichtiger Bezugspunkt ist die EU-Nachhaltigkeitsstrategie, die die Schlüssel-Herausforderungen für eine zukunftsfähige Entwicklung beschreibt. 3 UNEP-Decoupling Report 2011 UN, MDG Report 2011 5 OECD, Shifting Wealth, 2010 6 Statistik Austria, WIFO 4 20 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Ein ebenso wesentlicher Faktor ist die Entwicklung von mehr Widerstandsfähigkeit („Resilienz“) im Umgang mit Unsicherheit und Krisen. Gerade angesichts der demografischen Veränderungen wird es notwendig sein, eine stärkere Vernetzung der bestehenden (sozialen) Infrastruktur für bessere und bedürfnisorientiertere Versorgungsangebote bzw. für die Professionalisierung der Erbringung von sozialen Diensten zu schaffen (u.a. Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch bessere Kinderbetreuung und Pflegedienste). Damit kann auch die Regionalwirtschaft belebt werden. Auch das Potential der Landwirtschaft ist für den Übergang in Richtung nachhaltiges Wirtschaften einzubeziehen (der Absatz wird im Rahmen der redaktionellen Überarbeitung gekürzt). Um den notwendigen Übergang hin zu einem anderen, nachhaltigen Wirtschaften zu erreichen, braucht es ganzheitliche Lösungsansätze (z.B. Schaffung von Green Jobs die zu einer Umweltverbesserung beitragen und auch dem ILO Konzept der guten Arbeit Rechnung tragen, Förderung der regionalen Wertschöpfung und der Sozialwirtschaft) und auch visionäre Konzepte (z.B. das langfristige Saldoziel der Energieautarkie). Ziel ist die Erhöhung der Lebensqualität bei einer Verringerung des Verbrauchs an natürlichen Ressourcen. Dies ist auch ein zentrales Anliegen der Österreichischen Rohstoffstrategie. Die Nachhaltigkeitsorientierung der Unternehmen sowohl auf Ebene der Produktionsprozesse und organisatorischen Abläufe als auch hinsichtlich der Produkte und Dienstleistungen ist ein wichtiger Faktor für diesen Übergangsprozess. Die Bewertung von Fortschritten hat sich gleichwertig an den Leitplanken aller Dimensionen der Nachhaltigkeit (Umwelt, Wirtschaft, Soziales) zu orientieren. Wachsen sollen in der Gesellschaft vor allem die Lebensqualität und immaterielle Werte sowie jene Bereiche der Wirtschaft, die umwelt- und sozialverträglich agieren. Viele internationale Untersuchungen zeigen, dass materieller Wohlstand für die persönliche Zufriedenheit eine wichtige Rolle spielt, dass diese Bedeutung jedoch ab einem gewissen Wohlstandsniveau nicht mehr steigt. Die Lebensqualität hängt von verschiedenen Faktoren ab, objektiven und subjektiven. Wie diese wahrgenommen werden und welchen Stellenwert sie haben, ist für den Einzelnen unterschiedlich. Studien für Österreich7 zeigen ,dass zu den wichtigsten Faktoren für die Lebensqualität der Gesundheitszustand, die Verfügbarkeit eines sozialen Netzes, die Wohnsituation und ein regelmäßiges Einkommen bzw. Erwerbstätigkeit gehören. Bildung ist ein positiver Einflussfaktor für die allgemeine Lebensqualität, die Arbeitszufriedenheit und das Sicherheitsgefühl. Wesentlich ist die Schaffung von politischen Rahmenbedingungen, die Entfaltungsmöglichkeiten und Zugangschancen für alle Menschen ermöglicht. Als weitere wichtige Lebensqualitätsfaktoren gelten darüber guter Sozialer Zusammenhalt, Geschlechtergerechtigkeit, eine gute Umweltqualität, Chancengleichheit, sowie die Möglichkeit sich in einem Gemeinwesen mitgestaltend einzubringen und sich im Leben zu verwirklichen. Der neue Fokus auf die Qualität des Wachstums soll sich auch in der Messung und Bewertung von Wohlstand und Lebensqualität widerspiegeln. Seit über 40 Jahren wird das BIP als Kernziffer für den Wohlstand eines Landes herangezogen, allerdings gibt es über dessen Verteilung und viele wichtige Faktoren der Lebensqualität keine Auskunft. (Ergänzungsvorschlag von BMWFJ teilw. aufgenommen). Vor allem durch Diskussionen auf internationaler Ebene (u.a. EU-Initiative „GDP and Beyond“; Stiglitz-Kommission, Enquete Kommission im deutschen Bundestag für Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität, OECD „Measuring Progress of Societies“) hat eine ganzheitliche Betrachtung des Entwicklungsstandes von Ländern und Gesellschaften neue Impulse bekommen. Die Initiativen zeigen, dass sich weltweit ein Konsens dahingehend abzeichnet, dass der Wohlstand unserer Gesellschaft weit über das vom BIP gemessene Materielle (Produkte und Dienstleistungen) hinaus geht: eine intakte, vielfältige Umwelt, ein guter sozialer Zusammenhalt, Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit, ein hohes Niveau an 7 vgl. exemplarisch dazu: Studie zum Wohlbefinden der österreichischen Bevölkerung, Lebensministerium 2010 21 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 gesunder Lebenserwartung, Bildung, Kunst und Kultur sowie Möglichkeiten zur Entfaltung von Fähigkeiten und Talenten der Menschen sind weitere wichtige Faktoren, die in die Bewertung von Wohlstand und Lebensqualität einbezogen werden sollen. Mit dem Indikatorenset für die Beobachtung nachhaltiger Entwicklung in Österreich (MONE) stehen uns Daten zur Verfügung, die diese Bewertung in erweitertem Sinn beurteilen lassen. o Zielsetzungen: Nachhaltiges Wirtschafts- und Finanzsystem Handlungsansätze: Stärkung der Nachhaltigkeit in der Europa2020-Strategie und im Nationalen Reformprogramm [Stärkung der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, u.a. durch Vorlage und Umsetzung eines nationalen CSR-Aktionsplans] Beibehaltung BKA; BMLFUW für eigene Zielsetzung „Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen“ Erarbeitung von SRI Mindestkriterien für die Veranlagungspolitik des Bundes (BFAG) Einhaltung von Mindestnachhaltigkeitskriterien im Bereich der Pensionskassen Verbindliche Nachhaltigkeitskriterien bei der Geldanlage von staatsnahen Unternehmen] BMLFUW für Verschiebung der HAe zur Zielsetzung „Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen“ Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die Erreichung von Gleichstellungszielen Ausbau sozialer Dienstleistungen und Infrastrukturen auch zur Schaffung lokaler und regionaler Beschäftigungsmöglichkeiten Rückführung der Finanzmärkte und ihrer Institutionen auf ihre Funktion der Kapitalallokation für die Realwirtschaft (auch HF 2, 10) Möglichkeiten zur Regulierung auf österreichischer Ebene schaffen und auf europäischer und globaler Ebene fordern Ansteckungskanäle von der Finanz- zur Realwirtschaft trockenlegen Zurückdrängung spekulativer Anteile in Finanztransaktionen und Einschränkung hochriskanter Geschäfte (riskante Derivate, hochspekulative Hedgefonds) [Forcierung von ethisch-ökologischen Kriterien im Bereich der Veranlagungspolitik und im Kreditgeschäft der Banken, sowie im Bereich der Ratingagenturen] BKA für Platzierung hier, BMLFUW für Verschiebung in Zielsetzung CSR [Strengere Risikobewertungsvorgaben bzw. Verbesserung der internen Risikobewertung bei Banken und Verhinderung der Auslagerung von Risiken (z.B. Schattenfinanzplätze, weitere Gesellschaften)] BKA für Platzierung hier, BMLFUW für Verschiebung in Zielsetzung CSR Forcierung nachhaltiger Lebensmittelproduktion in Österreich Förderung von regionalen Wertschöpfungsketten durch Stärkung regionaler Strukturen und Bewusstseinsbildung für regionale Wirtschaftskreisläufe 22 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Kohlenstoffarme und ressourcenschonende Wirtschaft Handlungsansätze: o Umsetzung der Klima- und Energieziele 2020 Sozial ausgewogene Ökologisierung des Steuersystems und Entlastung des Faktors Arbeit Abbau von umweltkontraproduktiven Subventionen, entsprechend auch den Zielvorgaben der EU-2020-Strategie Saldierte Energieautarkie durch Energieeffizienzsteigerung und erneuerbare Energien bis 2050 Umsetzung der/des österreichischen Rohstoffstrategie?/ Rohstoffplans? (Säule 1: Raumordnerischer Interessenausgleich zur Sicherung von heimischen mineralischen Ressourcen und Säule 3: Substituierung, Recycling und Ressourceneffizienz) Absolute Entkoppelung der österreichischen Wirtschaftsentwicklung vom Ressourcenverbrauch durch Verdoppelung der Effizienz bei der Nutzung natürlicher Ressourcen bis 2020 (Basis 2008) Umsetzung des Nationalen Ressourceneffizienzaktionsplans (REAP) (Aktionsfelder: Ressourceneffiziente Produktion, Öffentliche Beschaffung, Kreislaufwirtschaft, Bewusstseinsbildung) Umsetzung der EU-Roadmap zur Ressourceneffizienz Forcierung der Zielsetzung ,,Ressourcenschonung‘‘ im Rahmen der Gemeinschaftlichen Agrarpolitik Verminderung des ökologischen- und sozialen ,,Rucksacks‘‘ beim Import von Ressourcen und Produkten Weitere Reduktion der Abfallmengen unter Berücksichtigung der dreistufigen Hierarchie der EU Abfallrahmenrichtlinie Bewusstseinsbildung in Richtung Sparsamer Energie- und Ressourcenverbrauch Ressourcenschonung durch verantwortungsbewusste Ernährung Entwicklung von alternativen Lösungsansätzen zum bestehenden Paradigma eines unbegrenzten quantitativen Wachstums Handlungsansätze: Hinterfragung von Annahmen des quantitativen Wachstumsmodells [Optionen zur Verkürzung der Normalarbeitszeit als eine mögliche Methode, um bei sinkender Nachfrage nach Arbeit das Beschäftigungsniveau zu halten] (aus HF4) x ] Ablehnung BMWFJ, BMLFUW, WKÖ. Befürwortung BKA, BMASK, BAK Innovative und geschlechtergerechte Arbeitszeitmodelle Intensivierung des öffentlichen Diskurses zur Qualität des Wachstums und zu grundlegenden Fragestellungen: Wie wollen wir in Zukunft wirtschaften, leben und arbeiten? Was soll wachsen? Was ist endlich?, wie beispielsweise im Rahmen der Initiative „Wachstum im Wandel“ 23 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Weiterführung der Forschung zu ökonomischen und sozialen Aus- und Wechselwirkungen von Wachstum, v.a. auf Beschäftigung, Einkommens- und Vermögensverteilung Entwicklung und Erprobung von Ansätzen einer anderen kulturellen Praxis und Lebenskultur in Richtung Nachhaltigkeit Verankerung von Lebensqualität als politische Zielsetzung und Zielgröße von Wirtschaftspolitik Handlungsansätze: Entwicklung und Bewusstmachung von Indikatoren zur Messung von Wohlbefinden und Lebensqualität, die den ,,klassischen‘‘ Wohlstandsindikator BIP ergänzen Unterstützung, Abstimmung und Vernetzung mit internationalen Aktivitäten im Bereich Wohlstand und Lebensqualität und insbesondere deren Messung Intensivierung der Lebensqualitätsforschung zur Schaffung von empirischen Grundlagen sowie Unterstützung von angewandten Projekten Gesellschaftliche Aufwertung von immateriellen Werten (EntKommerzialisierung von Lebensbereichen und Natur) Stärkung der Gemeinwohlorientierung der österreichischen Volkswirtschaft und des Stakeholder-Value Handlungsansätze: Versorgungs- und Vorsorgeprinzip der Wirtschaft stärken gemeinwirtschaftliche Güter erhalten und ausbauen Beteiligungsprozesse über wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Regeln stärken Kooperation zwischen den Volkswirtschaften in Europa und darüber hinaus [Stärkung der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen und der im öffentlichen Eigentum oder Auftrag tätigen Institutionen]Vorschlag BMLFUW, BKA gegen eigene Zielsetzung und für Verschiebung der HAe zur Zielsetzung Nachhaltiges Wirtschaftssystem) Handlungsansätze: [Vorlage und Umsetzung eines nationalen CSR Aktionsplans Erarbeitung von SRI Mindestkriterien für die Veranlagungspolitik des Bundes (BFAG) Einhaltung von Mindestnachhaltigkeitskriterien im Bereich der Pensionskassen Verbindliche Nachhaltigkeitskriterien bei der Geldanlage von staatsnahen Unternehmen] BKA für Verschiebung zur Zielsetzung Nachhaltiges Wirtschaftssystem 24 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Handlungsfeld 4) „Gesicherter Lebensunterhalt und sozialer Zusammenhalt“ 1. Arbeitswelt und Existenzsicherung im 21. Jahrhundert Nachdem jahrzehntelang (Vollzeit-)Normalarbeitsverhältnisse zahlenmäßig stark zunahmen und den Regelfall der Existenzgrundlage darstellten, sanken in den letzten Jahren die Zuwachsraten beim Erwerbsarbeitsvolumen. Eine stärkere Pluralisierung der Arbeitswelt gekoppelt mit einem abnehmenden Grad der eigenständigen Existenzsicherung8 ist festzustellen. Die Wandlung von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft, die Pluralisierung von Lebens- und Arbeitsformen wie.auch demographische Veränderungen (in der Altersstruktur und durch Migration) führen zu einer Transformation der Arbeitswelt und der Arbeitsverhältnisse. Gegenüber Vollzeitarbeitslätzen haben Teilzeit, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, besonders von Frauen, sowie andere atypische Beschäftigungsverhältnisse größere Bedeutung erlangt. Dass diese Entwicklungen zum Teil im Interesse der Beschäftigten liegen, ändert nichts an der Tatsache, dass aufrechte Arbeitsverhältnisse für einen Teil der Erwerbstätigen keinen Garanten für ausreichendes Auskommen darstellen. Erwerbsarbeit soll aber auch in Zukunft die primäre Grundlage für individuell gesicherten Lebensunterhalt und damit eine wesentliche Basis des sozialen Zusammenhalts bilden. Um dies zu gewährleisten, muss sie für alle Erwerbsfähigen zugänglich und ausreichend bezahlt sein. Sie muss fair verteilt sein, d.h. es dürfen weder einzelne Gruppen von ihr ausgeschlossen sein noch anderen übermäßige Belastungen aufgebürdet werden. Außerdem ist eine (geschlechter-)gerechte Aufteilung zwischen unbezahlten und bezahlten Tätigkeiten notwendig. Unabhängig von Ausmaß und Form der Erwerbstätigkeit gilt es, eine ausreichende rechtliche Absicherung der Beschäftigten zu gewährleisten. Das ILO-Konzept der Guten Arbeit kann dafür eine Handlungsanleitung bilden: „Gute Arbeit definiert sich über Anerkennung und Respekt, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten ohne Überbeanspruchung, die Chance auf Mitgestaltung und Lernmöglichkeiten, die Vereinbarkeit von privaten Lebensumständen und Beruf sowie ein Entgelt, das ein gutes Leben in Würde ermöglicht.“ Zielsetzungen: Faire Verteilung der Erwerbsarbeit und der Erwerbseinkommen Handlungsansätze: [Ausgleich zwischen systematisch durch Überstunden überbelasteten Erwerbstätigen einerseits, Unterbeschäftigten und Arbeitslosen andererseits] Ablehnung WKÖ. Befürwortung BKA, BMASK, BAK, BMLFUW: Prüfvorbehalt [Heranführung der effektiven an die gesetzliche Normalarbeitszeit u.a. durch systematische Einschränkung der regelmäßig geleisteten Überstunden] Ablehnung BMWFJ, WKÖ. Befürwortung BKA, BMASK, BAK. BAK kann Streichung zustimmen, wenn vorstehender HA beibehalten bleibt Sichere und faire Einkommen in der agrarischen Primärproduktion in Österreich unter Aufrechterhaltung der kleinstrukturierten Landwirtschaft Gerechte Verteilung der unbezahlten Arbeit insbesonders zwischen den Geschlechtern Handlungsansätze: 8 Abzulesen an der kontinuierlichen Zunahme der Sozialhilfeempfänger (s. http://www.statistik.at/web_de/statistiken/soziales/sozialleistungen_auf_landesebene/sozialhilfe/02014 3.html) 25 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Entwicklung von Modellen zur gerechteren Verteilung der unbezahlten (Betreuungs- und Versorgungs-)Arbeit Anwendung des Konzepts der Guten Arbeit auf alle Bereiche der Arbeitswelt und alle Arbeitsverhältnisse Handlungsansätze: Auf- und Ausbau [geförderter] WKÖ, Ablehnung BKA; BMG;BAK [von] Präventionsstrategien auf betrieblicher Ebene (in den Bereichen Arbeitsorganisation und Arbeitsbedingungen) und Entwicklung von entsprechenden freiwilligen Audits als Teil des innerbetrieblichen Qualititätsmanagements unter Einbeziehung der innerbetrieblichen Stakeholder [Weiterführung der Bedachtnahme auf Arbeitsbedingungen in den jährlichen Kollektivvertragsverhandlungen] ausdrücklilcher Vorbehalt WKÖ Sicherstellung der sozial- und arbeitsrechtlichen Absicherung unter Berücksichtigung der verschiedenen Beschäftigungsverhältnisse (z.B. Pensionsrecht, Arbeitslosenschutz) und Erwerbsverläufe Förderung und Unterstützung kontinuierlicher Erwerbsverläufe von Frauen Förderung der [Vollzeit-] Vorbehalt BMWFJ, WKÖ, für Beibehaltung BKA, BKA F, BAK Beschäftigung von Frauen Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in der Arbeitswelt Handlungsansätze: Gleiche Entlohnung für gleichwertige Tätigkeiten Aufwertung des Berufsfeldes Kindergarten im Sinne einer Bildungseinrichtung Weiterentwicklung des Berufsfeldes Pflege als qualitätsvoller Beschäftigungssektor Ausbau sozialer Dienstleistungen, insbesondere Kinderbetreuung und Pflege (auch zur Schaffung lokaler Beschäftigungsmöglichkeiten) Höherer Frauenanteil in Führungspositionen Umsetzung der Gender Mainstreaming und Gender Budgeting Strategie, [und] [der Sozialpartnereinigung zum NAP Gleichstellung ] dagegen BKA F [und des Nationalen Aktionsplans zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt] BKA F, BMASK, BAK, Ablehnung: BMLFUW, BMWFJ, WKÖ 1.1. Arbeitswelt mit Übergängen – Phasen von Nichterwerbs- und geringerer Erwerbstätigkeit Arbeit für alle kann und muss nicht heißen, dass alle zu jeder Zeit und in gleichen Zeiteinheiten arbeiten. Der lebensphasenspezifische Wechsel zwischen Perioden unterschiedlich intensiver Erwerbs- und von Nichterwerbstätigkeit sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ohne auf adäquate [lebensstandardsichernde] BKA, BKA F, BMASK, BAK, Zustimmung nur, wenn „adaequate“ gestrichen wird: BMLFUW [mindeststandardsichernde] BMWFJ, WKÖ Elemente zu verzichten, werden an Bedeutung gewinnen. Längeres Arbeiten im Alter kann damit verbunden sein, in bestimmten Lebensabschnitten kürzer zu arbeiten. Dies kann im Sinne einer freigestalteten Lebensplanung sein, aber auch zur Wiederherstellung und Erhaltung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit beitragen. Die Herausforderungen bestehen darin, Übergänge im Erwerbsprozess abzusichern und zu gestalten und die Durchlässigkeit zwischen den Arbeitssphären zu erhöhen. Dazu gehört 26 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 auch die Anerkennung informell und formell erworbener Kompetenzen und Qualifikationen während Nichterwerbstätigkeit. Die Mitgestaltung der Beschäftigten in dieser veränderten Arbeitswelt ist [weiterhin] WKÖ, Ablehnung BKA, BAK zu garantieren. Zielsetzungen: Flexiblere Verteilung der Lebensarbeitszeit durch Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen Phasen von unterschiedlich intensiver Erwerbsarbeit und/oder von Nichterwerbstätigkeit Handlungsansätze: Weiterentwicklung der bestehenden Modelle zum Wechsel zwischen Erwerbstätigkeiten mit unterschiedlichen Zeitausmaßen bzw. zwischen Erwerbs- und Nichterwerbstätigkeit (z.B. Bildungskarenz) Absicherung von Übergängen (z.B. durch Anerkennung von Qualifikationen, Kompetenzen) Materielle Existenzsicherung in Übergangsphasen Handlungsansätze: Optimierung von [mindestsichernden] BMLFUW, BMWFJ, WKO [lebensstandardsichernden] BKA, BKA F, BMASK, BAK Elementen in den sozialen Sicherungssystemen 1.2. Strukturwandel am Arbeitsmarkt durch Alterung und Zuwanderung In den nächsten Jahrzehnten wird es in Österreich durch zunehmende Alterung der Bevölkerung und Zuwanderung zu einem Strukturwandel der (Erwerbs-)Bevölkerung kommen9. Für die Gruppe der älteren ArbeitnehmerInnen ist die Erhaltung ihrer Beschäftigungsfähigkeit und Möglichkeiten zentral. MigrantInnen sind überdurchschnittlich von Erwerbslosigkeit betroffen, und sie werden oft unter ihrem Qualifikationsniveau beschäftigt. Zielsetzungen: Erhaltung und Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und Möglichkeiten älterer ArbeitnehmerInnen Handlungsansätze: Alters- und alternsgerechte Arbeitswelten schaffen Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters Maßnahmen zum längeren Verbleib im Arbeitsleben Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von MigrantInnen Handlungsansätze: Zugang zum Arbeitsmarkt für alle legal im Land Lebenden Maßnahmen zur nachhaltigen Integration der MigrantInnen in den Arbeitsmarkt (z.B. durch Erleichterung der Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen) NAP Integration RWR-Card 1.3. Integration von neueintretenden, arbeitsmarktfernen und in nicht existenzsichernden Beschäftigungsverhältnissen stehenden Personen 9 Bevölkerungsprognose EUROSTAT/Europäische Kommission 27 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Für junge Menschen ist oft unabhängig von ihrer Ausbildung und Leistungsfähigkeit ein Eintritt in Arbeitsverhältnisse mit längerfristiger Perspektive, finanzieller und sozialrechtlicher Absicherung nicht mehr selbstverständlich10. Eine moderne Arbeitsmarktpolitik muss auch darauf ausgerichtet sein, die individuelle Arbeitsmarktperspektive von Menschen in nicht existenzsichernden Arbeitsverhältnissen und von Arbeitslosen nachhaltig zu verbessern. Im besonderen Maß sind gering Qualifizierte diesen Risiken ausgesetzt. Dabei ist Prävention wichtig. Unabhängig davon benötigt diese Gruppe adäquate qualitätsvolle Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verbesserung ihrer Erwerbschancen, wenn notwendig Unterstützung bei der Reintegration in Erwerbstätigkeit. Nachhaltige Aktivierung sollte so gestaltet werden, dass ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen davon profitieren. Zielsetzungen: Jungen Menschen den Eintritt in stabile, existenzsichernde und ihrer Qualifikation entsprechende Arbeitsverhältnisse ermöglichen Handlungsansätze: Ausbildungsgarantie Jugendcoaching Gezielte Maßnahmen zur (Re-)Integration von Jugendlichen die weder in Ausbildung noch in Beschäftigung stehen ins Ausbildungssystem oder in den Arbeitsmarkt Stärkung des dualen Ausbildungssystems Langfristige Integration von arbeitsmarktfernen, arbeitslosen und in nicht existenzsichernden Beschäftigungsverhältnissen stehenden Personen in den Erwerbsprozess Handlungsansätze: Spezielle Qualifizierungsmaßnahmen und Programme zur Absicherung von Übergängen LLL 2020 [Ausbau des zweiten vorrangig als Übergang in den ersten Arbeitsmarkt durch die öffentliche Hand] BAK, neutral: BKA, BMASK, BMG, BMLFUW [Bereitstellung und Weiterentwicklung des zweiten Arbeitsmarktes, soweit erforderlich] BMWFJ, WKÖ, neutral: BKA, BMASK, BMG, BMLFUW 2. Soziale Ungleichheit, Ausgrenzung und Armut Soziale Polarisierung schadet nicht nur den von Armut und Ausgrenzung direkt Betroffenen, sondern der ganzen Gesellschaft. Gesellschaften mit größerer Ungleichheit verfügen über weniger psychosoziale Ressourcen und damit weniger Zusammenhalt: Es gibt weniger Beteiligung an der Gemeinschaft, weniger Inklusion, das heißt häufiger das Gefühl ausgeschlossen zu sein, weniger Partizipation, also häufiger das Gefühl, nicht eingreifen zu können und weniger Reziprozität, also häufiger das Gefühl, sich nicht auf Gegenseitigkeit verlassen zu können. Zunehmende Ungleichheit schwächt auch die Wirtschaftskraft eines Landes. Rund 12% der Bevölkerung gelten durch ein Einkommen unter der Armutsgrenze (60% des äquivalisierten Median-Pro-Kopf-Haushaltseinkommens) als armutsgefährdet, Frauen haben dabei ein um rd. ein Fünftel höheres Armutsrisiko als Männer. Armut ist mehrdimensional und umfasst Lebensstandard, Wohnsituation, Bildung und Gesundheit, aber auch soziale 10 Statistik Austria, Eintritt junger Menschen in den Arbeitsmarkt 28 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Anerkennung und Lebenschancen. Zu ihrer Reduzierung ist daher ein integrierter Ansatz, der auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen einschließt (s. oben), erforderlich. Davon sind 6% der Bevölkerung in Österreich manifest arm; diese Personengruppe verfügt über ein Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle und gibt an, in Hinblick auf die Leistbarkeit von Gütern und Verhaltensweisen Probleme zu haben. Ein Viertel dieser Armutsbetroffenen sind Kinder, vornehmlich mit erwerbslosen, alleinerziehenden, zugewanderten oder „working poor“ Eltern. Die Hälfte aller manifest armen Personen ist dieser Situation länger als ein Jahr ausgesetzt. Zielsetzungen: Selbstbestimmte Teilhabe und Entwicklungschancen für alle Menschen sicherstellen Handlungsansätze: Ganzheitliche soziale Wirkungsanalysen bestehender Strategien bzw. Unterstützungsleistungen Reduzierung von Armut und Armutsgefährdung Handlungsansätze: [Erwerbsarbeit als primäre Grundlage zum existenzsichernden Lebensunterhalt] WKÖ, BKA als HA dagegen Zugang zu existenzsichernder Erwerbsarbeit als Strategie gegen „arm trotz Arbeit“ Existenzsicherung für nicht in den Arbeitsmarkt integrierbare Personen Integrierte Strategie zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung (insbesondere i. R. der Strategie „Europa 2020“) Optimierung der Voraussetzungen für Mindestsicherung Verringerung der Einkommensungleichheit Handlungsansätze: 2.1. Steuerliche Maßnahmen (Entlastung vorrangig im Bereich unterer mittlerer Einkommensgruppen, auch zur Abpufferung der „kalten Progression“) Armut – Bildung Kindern aus armen Familien entstehen oftmals bereits vor dem Eintritt ins Schulsystem Benachteiligungen, die sich im Laufe der Zeit verfestigen. Darüber hinaus sind Weiterbildungsangebote nach Abschluss des formalen Bildungswegs armutsgefährdeten Menschen in vielen Fällen nicht zugänglich. Zukunftsfähige Bildungssysteme sollten in ihrer Ausrichtung und Wirkung Chancengleichheit herstellen, gegen soziale Ungleichheit wirken und soziale Mobilität ermöglichen, denn auch Bildungsarmut ist vererbbar. Zielsetzungen: Teilnahme an (Aus- und Weiter-)Bildung unabhängig von sozialer Herkunft und ökonomischer Situation Handlungsansätze: Ganztägiges Betreuungsangebot in guter Qualität in Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen auch in den Ferien Flächendeckender Ausbau der Kinderbetreuung und Frühförderung, Beseitigung von Kostenbarrieren Übernahme von Kosten für Mittagessen in ganztägigen Schulformen für sozial Benachteiligte 29 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Durchmischung der Schülerpopulation in allen Schularten in Bezug auf den sozioökonomischen Hintergrund (Verhinderung von Segregation) Ausbau von Beratungs- und Begleitangeboten für ausgrenzungsgefährdete Jugendliche an den Schnittstellen (z.B. das Jugendcoaching des BMASK/Bundessozialamtes: Weiterbildungsangebote für armutsgefährdete Menschen Förderung der informellen Bildung von Kindern aus armen Haushalten Verstärkte Teilnahme armutsgefährdeter Menschen am kulturellen Leben Handlungsansätze: Geförderter Zugang zu kulturellen Einrichtungen/Veranstaltungen für alle armutsgefährdeten Menschen („Kulturpass“) 2.2 Armut – Gesundheit Gesellschaften mit größeren Ungleichheiten in Einkommen, Arbeit und Wohnen weisen einen schlechteren gesundheitlichen Gesamtzustand auf als solche mit ausgewogener Verteilung von Einkommen und Lebenschancen. Arme haben individuell, Gesellschaften mit höherer Ungleichheit durchschnittlich eine niedrigere Lebenserwartung. [Psychosoziale Faktoren wie niedriger sozialer Status und erlebte Diskriminierung wirken sich dabei negativ auf Gesundheit aus, während funktionstüchtige soziale Beziehungen und Bildung einen positiven Einfluss haben.] dafür BKA, BMG, BAK, dagegen WKÖ Besonders Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien haben oft schon im Kindes- und Jugendalter einen schlechteren Gesundheitszustand und häufiger psychische Probleme als ihre Altersgenossen aus einkommensstarken und gebildeten Familien. Im Erwachsenenalter resultieren daraus erhöhte Armutsgefährdung und schlechtere Gesundheit. Es ist daher von größter Bedeutung, die Bereiche Gesundheitsförderung und Prävention weiter auszubauen und hier so früh wie möglich anzusetzen. Zielsetzungen: Sicherung eines patienten- und präventionsorientierten Zugangs zum Gesundheitssystem einschließlich Maßnahmen der Gesundheitsförderung, Prävention und Vorsorge für alle Menschen Handlungsansätze Hebung von Effizienzpotentialen im Gesundheitssystem] WKÖ BKA: gehört eigentlich ins HF2 Entwicklung von zielgruppenspezifischen Strategien zur besseren Erreichbarkeit und Unterstützung von sozial benachteiligten Menschen Bereitstellung qualitätsgesicherter Informationen zu Gesundheitsthemen zur Steigerung der Gesundheitskompetenz Abbau der Zugangsbarrieren zur stationären Versorgung von Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien: Handlungsansätze: Abschaffung des Kostenbeitrages (Selbstbehalts) und der Kosten für Begleitpersonen von Kindern (ausgenommen Essen) Erhöhung der Gesundheitskompetenz durch entsprechende Bildungsmaßnahmen Verbesserung der Gesundheitschancen Armutsbetroffener Handlungsansätze: Schaffung nachhaltiger Strukturen für Frühe Hilfen 30 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Schnittstellenmanagement zwischen intramuralem und extramuralem Bereich und über Berufsgrenzen hinaus (Professionenmix), u.a. durch Forcierung von „Disease Management“ und „Case Management“. Etablierung der Gesundheitsfolgenabschätzung zur Berücksichtigung und Optimierung der gesundheitlichen Auswirkungen politischer Maßnahmen insbesondere in Bezug auf sozial benachteiligte/armutsbetroffene Gruppen Zielgruppenorientierte und niederschwellige Strategien zur Gesundheitsförderung der Betroffenen Strategien zur Bildung von Gesundheitskompetenz in allen Gesellschaftsschichten Evidenzbasierte Evaluierung von Maßnahmen 3. Partizipation, soziale Beziehungen und Netzwerke als eine Grundlage sozialen Zusammenhalts Der soziale Zusammenhalt beruht nicht allein auf materiellen Grundlagen. Familiäre Bindungen soziale Beziehungen und wertschätzender Umgang mit Vielfalt sind sein ideeller Ausdruck. Freiwilligenarbeit kann nicht nur einen wertvollen Betrag zur Erfüllung gemeinschaftlicher Aufgaben sondern auch zur Befriedigung des menschlichen Bedürfnisses nach gesellschaftlicher Anerkennung und Einbindung leisten. Funktionierender Zusammenhalt bedingt auch die Möglichkeit zur Teilnahme an sozialen Netzwerken und Initiativen sowie zur Mitsprache. Das heißt, sich an gesellschaftlichen und politischen Diskursen beteiligen zu können, dabei auch Gehör zu finden und Entscheidungen, von denen man betroffen ist, mitgestalten zu können. Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein von geeigneten, unentgeltlich nutzbaren öffentlichen Räumen und ausreichenden Informationsmöglichkeiten. Auch Zeit ist dabei ein wesentlicher Aspekt: Einerseits sind partizipative Entscheidungsfindungsprozesse zeitintensiv, andererseits müssen die Lebens- und Arbeitsumstände der Menschen ihnen ermöglichen, die nötige Zeit für die Pflege von sozialen Beziehungen und für die Teilnahme an demokratischen Prozessen aufzubringen. Besondere Beachtung sollte den Partizipationsmöglichkeiten von bislang wenig berücksichtigten Personengruppen, wie MigrantInnen und Kinder, geschenkt werden. Zielsetzungen: Höhere Qualität und verbesserter Integrationsgrad von sozialen Beziehungen und Beteiligungsprozessen Handlungsansätze: Unentgeltliche Zurverfügungstellung von öffentlichen Räumen für Beteiligungsprozesse Zeit für Partizipation und Zeitwohlstand als sozialpolitische Zielsetzung verankern Erprobung von unterschiedlichen methodischen Ansätzen (z.B. BürgerInnenräte) zur Erreichung einer höheren Heterogenität Förderung des Aufbaus von Fähigkeiten zur Beteiligung bei schwer mobilisierbareren, schlecht integrierten und/ oder weniger artikulationsfähigen gesellschaftlichen Gruppen Freiwilliges Engagement und zivilgesellschaftliche Initiative stärken Handlungsansätze: Unterstützung und Förderung des freiwilligen und zivilgesellschaftlichen Engagements 31 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Handlungsfeld 5) „Gleiche Lebenschancen für alle“ 1. Vorbemerkungen Die in der Leitplanke der sozialen Dimension formulierten Ansprüche an gleiche Lebenschancen müssen vor dem Hintergrund zunehmender Pluralität und Vielfalt, aber auch einem Auseinanderdriften moderner Gesellschaften und der damit einhergehenden wachsenden Diskriminierung und Intoleranz verwirklicht werden. Der Staat hat dafür durch geeignete Institutionen und Rahmenbedingungen die Grundlagen für gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu schaffen. 2. Gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen für alle Qualitätsvolle und umfassende Bildung stellt eine grundlegende Voraussetzung für Persönlichkeitsentfaltung und Partizipation am gesellschaftlichen Leben dar, qualifizierte Aus- und lebensbegleitende Weiterbildung sind die Grundlage für das Wahrnehmen von persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Das Wesen der Chancengleichheit im Bildungsund Ausbildungswesen besteht in der Gewährleistung gleichen Zugangs und bestmöglicher Entfaltungsmöglichkeiten im Bezug zum jeweiligen Lebensumfeld nach Maßgabe von Eignung und Leistung. Bildungspolitik kann einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und zu einer chancengerechteren, vielfältigeren Gesellschaft, aber auch zu größerer individueller Lebenszufriedenheit leisten. Die Bewertung der Qualität von Bildung muss über reinen Wissenserwerb hinausgehen und auch qualitative Aspekte und Kompetenzen wie soziales Verhalten, Eigeninitiative, Kreativität, innovatives Denken, Kommunikations- und Organisationsfähigkeit oder Stressbewältigung enthalten. Arbeitsmarkt und Bildungswesen bedürfen wechselseitiger Vermittlung. Arbeit setzt Bildung und Qualifikation voraus. Das Ausbildungswesen muss ein grundsätzliches Verständnis der Wirtschafts- und Arbeitswelt vermitteln und die Menschen auf die Veränderungen der Arbeitsweisen und die Dynamik in Wirtschaft und Gesellschaft vorbereiten. Herkunft und soziale Unterschiede sind nach wie vor entscheidend für Bildungswege und sozialen Aufstieg11. Familiärer Hintergrund und persönliche Netzwerke wie auch das Geschlecht spielen nach wie vor eine große Rolle. Immer noch ist eine stark ausgeprägte geschlechtsspezifische Wahl von Schultypen, Wahlpflichtgegenständen, Studienfächern und diversen Ausbildungswegen festzustellen, was wiederum Auswirkungen auf die nachfolgende Berufswahl und damit auf die Lebenschancen hat. Faktoren wie genderstereotype Vorstellungen (bei SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern) und strukturelle Faktoren haben oft gravierenden Einfluss und machen eine wirklich freie Wahl unmöglich. Früh eingeschlagene Bildungswege können zur Sackgasse werden. Funktionaler Analphabetismus, von dem laut PISA-Studie bis zu 20% jedes Altersjahrgangs gefährdet sind, stellt eine fundamentale Minderung von Lebenschancen dar. Hinzu kommt, dass jährlich ca. 10.000 Jugendliche nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung absolvieren, und geringes Qualifikationsniveau und vorzeitige Bildungsabbrüche ein doppelt so großes Arbeitslosenrisiko mit sich bringen12. Zielsetzungen: Erhaltung und Ausbau eines öffentlichen Bildungs- und Ausbildungssystems, das der Entwicklung humanistisch geprägter Persönlichkeiten dient, lebensbegleitend Kenntnisse und Kompetenzen vermittelt wie auch Begabungen und Talente, Kreativität, Sozialkompetenz, Eigeninitiative, interkulturelles Verständnis, Toleranz und Demokratieverständnis fördert Handlungsansätze: 11 12 Bildung in Zahlen 2010/11, Statistik Austria Statistik Austria, EUROSTAT 32 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Berücksichtigung von qualitativen Aspekten bei der Bewertung von Bildung wie Eigeninitiative, Eigenverantwortlichkeit, Kommunikationsund Organisationsfähigkeit Ausbau der politischen Bildung (im Sekundär- wie Tertiärbereich) Spezifische Maßnahmen gegen funktionalen Analphabetismus Gleichberechtigte Teilhabe an Bildungs- und Ausbildungsangeboten unabhängig von familiärer oder kultureller Herkunft und sonstigen Merkmalen Handlungsansätze: [Beseitigung der frühen Bildungswegentscheidung durch eine gemeinsame Schule bis zum Ende der Pflichtschulzeit] Befürwortung BKA, BAK, Ablehnung BMLFUW, BMWFJ, WKÖ Bessere vertikale und horizontale Durchlässigkeit und Chancengerechtigkeit im Bildungssystem Verbesserung der Unterrichtsqualität und der Rahmenbedingungen (z.B. Erhöhung der Betreuungsintensität) Ausbau der interkulturellen Kompetenz, stärkere Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund und sonstiger sozioökonomischer Benachteiligungen im Bildungssystem (z.B. Vereinfachung von Nostrifizierung und Berufsanerkennung) Stärkere Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen im Bildungssystem Stärkere Berücksichtigung gering Qualifizierter Ausbau der Frühkindlichen Förderung Aufbrechen von Geschlechterstereotypen im Unterricht und bei der Berufswahl Steigerung des Ausbildungsniveaus Handlungsansätze: 3. Ausbau professioneller, früh beginnender und prozessbegleitender Bildungs- und Berufsberatung sowie der Coachingangebote Senkung der SchulabbrecherInnenquote Spezielle Motivation und Förderung von Kindern aus bildungsfernen Schichten Schließung von Lücken in der vorschulischen Förderung (Öffnungszeiten, Platzangebot, Standards) Umsetzung der „PädagogInnenbidlung NEU“ Bestmögliche Gesundheit für alle „Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“ (WHO) Das heißt, die sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und kulturellen Lebensbedingungen ergeben den Entwicklungsrahmen für die Gesundheit und beeinflussen sie. Die Gesundheit der Bevölkerung wird bestimmt von allen Politikbereichen, sowie von individuellem Verhalten, Lebensführung und von körperlichen Faktoren. Besonders im Alltag, also dort, wo die Menschen spielen, lernen, arbeiten, unterwegs sind und ihre Freizeit verbringen, wird die Lebensqualität und die Gesundheit der Menschen beeinflusst. Daher ist es von zentraler Bedeutung, die Lebenswelten der Menschen so zu gestalten, dass die Lebensbedingungen gesundheitsförderlich sind. Bildung – insbesondere die Gesundheitskompetenz- ist hierbei einer der zentralen Einflussfaktoren auf die Gesundheit. 33 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Herausforderungen stellen dabei der demographische Wandel, die geringen Geburtenraten und die steigende Lebenserwartung dar. Dadurch und durch die Änderung der Lebensbedingungen ergibt sich eine Verschiebung der Krankheitslast hin zu mehr chronischen und „Lebensstil„- Erkrankungen. Die Zahl der Menschen mit Betreuungs- und Hilfsbedarf nimmt kontinuierlich zu. Im Zuge der soziologischen Entwicklung wird auch die derzeit dominierende Pflege durch Angehörige mehr ergänzende Unterstützungsdienstleistungen benötigen. Die Menschen sind konfrontiert mit einer sich schnell verändernden Arbeitswelt, und den damit einhergehenden Belastungen am Arbeitsplatz, aber auch mit Umweltbelastungen und der Doppelbelastung Familie und Beruf [sowie einer sich vergrößernden Schere zwischen arm und reich]13, die sich auch in Unterschieden in der individuellen Gesundheit niederschlägt. Entscheidungen in allen Politikbereichen nehmen Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung. Der Erhalt von guter Gesundheit und Lebensqualität in den durch höhere Lebenserwartung gewonnenen Jahren stellt die Menschen und das Gesundheitswesen vor ganz neue Herausforderungen. Ein nachhaltiges Gesundheitswesen setzt auf ein qualitativ hochwertiges Gesundheitsversorgungssystem mit gleichem Zugang für alle, auf Verhaltensund Verhältnisprävention, betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und fördert die Eigenverantwortung der BürgerInnen. Verhaltensprävention zielt auf die Beeinflussung individueller Verhaltensweisen ab, Verhältnisprävention dagegen hat die Veränderung der Verhältnisse zum Ziel, die Schaffung gesundheitsförderlicher Rahmenbedingungen. Investitionen im frühkindlichen Bereich zahlen sich dabei am meisten aus. Zielsetzungen: Erhöhung der gesunden und beschwerdefreien Lebensjahre durch mehr Gewicht auf Prävention, Gesundheitsförderung [und gesundheitliche Chancengleichheit]14 Handlungsansätze: An Zielgruppen ausgerichtete Präventionsstrategien (Frauen, Kinder, Jugendliche, SeniorInnen, Ein-Personen-Unternehmen, MigrantInnen, sozial benachteiligte Gruppen) Bewegung, Ernährung, Lebenskompetenz und Gesundheit verstärkt als Unterrichtsthemen Ausbau der betrieblichen Gesundheitsförderung Ausbau der Frühen Hilfen Kindergesundheitsstrategie Nationale Sucht- und Suizidpräventionsstrategie Sucht- und Suizidpräventionsstrategie Weiterentwicklung des qualitativ hochwertigen öffentlichen Gesundheitsversorgungssystems und seiner Strukturen unter Erhaltung seiner Zugänglichkeit und Leistbarkeit für alle BürgerInnen Handlungsansätze: Verbesserung von PatientInnenorientierung, Transparenz und Qualität, insbesondere Ergebnisqualität Planung, Steuerung und Finanzierung in gemeinsamer Verantwortung auf Basis eines partnerschaftlichen Zielsteuerungssystems Ausbau und Weiterentwicklung der integrierten Versorgung (wie zum Beispiel Diseasemanagement -Programme) Weiterentwicklung eines Systems der nachhaltigen Pflege und Betreuung mit bundesweit einheitlicher Finanzierung und Qualitätsstandards 13 14 Junktimiert mit entsprechenden Passagen zu Armut-Gesundheit in HF4 Junktimiert mit entsprechenden Passagen zu Armut-Gesundheit in HF4 34 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Handlungsansätze: Umsetzung der Lösungsvorschläge der Arbeitsgruppe „Strukturreform Pflege“ Ausbau des Ausbildungssystems im Bereich Pflege und Betreuung Unterstützung der pflegenden Angehörigen Verstärktes Durchdringen aller Politikbereiche mit Gesundheitsaspekten („Health in all Policies“) Handlungsansätze: 4. Bewusstseinsbildung zu Health in all policies vorantreiben Ausbau der Public Health Forschung (vertiefte Erforschung der Gesundheitsdeterminanten und daraus abgeleitete politische Empfehlungen) Gleichstellung und Antidiskriminierung Die Gleichbehandlungsrechte haben sich im Laufe der Jahre sowohl auf internationaler, europäischer als auch österreichischer Ebene ständig weiter entwickelt. Dennoch ist mittelund unmittelbare Diskriminierung nach wie vor Teil des täglichen Lebens - sei es durch ungerechte Entlohnung, eine eingeschränkte Teilhabe am Öffentlichen Leben, den Zugang zu Ausbildung, Beruf oder Gesundheit oder durch ein bestimmtes soziales Verhalten der Umgebung. In diesem Zusammenhang ist ein Mangel an gesellschaftlichem Bewusstsein für die bestehenden Diskriminierungstatbestände wie auch an Solidarität festzustellen. Der in Vorbereitung befindliche NAP für Menschen mit Behinderungen 2012 - 2020 wird querschnittsmäßig über zahlreiche Lebensbereiche eine Fülle von konkreten längerfristigen politischen Zielsetzungen und Maßnahmen des Bundes bis 2020 umfassen. Der sogenannte Gender Pay Gap - also laut EU-Komission der „relative Unterschied in den durchschnittlichen Brutto-Stundenlöhnen von Männern und Frauen in der Volkswirtschaft als Ganzes“ - ist in Österreich im europäischen Vergleich überdurchschnittlich deutlich ausgeprägt15, was auch daran liegt, dass Frauen überdurchschnittlich in Teilzeit mit geringem Stundenausmaß arbeiten. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Stellenwert unbezahlter Arbeit, die ebenfalls zum überwiegenden Teil von Frauen geleistet wird. Die genderspezifischen Einkommensnachteile und schlechtere Beschäftigungschancen schlagen sich auch in einem höheren Armutsrisiko nieder. Zielsetzungen: Gleichstellung und Einkommensgerechtigkeit zwischen den Geschlechtern Handlungsansätze: Gender Mainstreaming und Gender Budgeting Strategie Gerechte Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit Spezielle Maßnahmen gegen geschlechterspezifische Armut Nationaler Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt Diversifizierung von Ausbildungswegen und Berufswahl Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Mehr Frauen in Führungspositionen Einkommensschere schließen Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderungen Handlungsansätze: 15 Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015, Europäische Kommission, Seite 17 35 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Beschluss und Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Behinderungen 2012 – 2020 (voraussichtlich Sommer 2012 im MR) Bewusstseinsbildung in Bezug auf alle Diskriminierungstatbestände und Vermeidung von Diskriminierung betroffener Bevölkerungsgruppen Handlungsansätze: Verstärkte Sensibilisierung/Sichtbarmachung von Diskriminierung gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen (z. B. Schulen, ORF) Bewusstseinsbildung für Sport auch als Mittel zur sozialen IntegrationDiskriminierungsschutz) 36 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Handlungsfeld 6 „Naturraum und Ökosystemleistungen“ Die Natur bildet die Grundlage für das Leben auf der Erde. Über den Eigenwert der Natur und funktionierender Ökosysteme hinaus erfüllen Naturräume und ihre biologische Vielfalt wichtige Funktionen, und die daraus resultierenden Leistungen wie Nahrungsmittelproduktion, Klimaregulierung und eine vielfältige Kulturlandschaft werden vom Menschen genutzt. Sie sichern seine Lebensgrundlage und tragen zu seinem Wohlergehen bei. Somit sind sie wesentliche Elemente einer nachhaltigen Entwicklung. Vielfältige Nutzungen bzw. Übernutzung beeinflussen die Funktion der Natur- und Lebensräume. Es ist nicht auszuschließen, dass dadurch zumindest Teile unserer Lebensgrundlagen zerstört werden. Im Rahmen des UN Millennium Ecosystem Assessment wurde 2005 ein systematischer Überblick über den globalen Zustand von 24 Ökosystemleistungen erstellt. Es stellte sich heraus, dass sich weltweit 60% der Ökosystemleistungen in einem Zustand fortgeschrittener und/oder anhaltender Zerstörung befinden. Für Österreichs Naturräume zeigen sich durchaus Unterschiede: Beispielsweise ist die Wasserqualität insgesamt gut, jedoch gibt es etwa bei den Fließgewässern Belastungen durch strukturelle Eingriffe oder Wanderhindernisse. Regionale Belastungen im Grundwasser ergeben sich durch diffuse, flächenhafte Nährstoffeinträge, beispielweise aus intensiver landwirtschaftlicher Nutzung oder punktuellen Belastungen aus Siedlungsgebieten im Falle von undichten Entsorgungssystemen. Die Emission von einigen Luftschadstoffen wurde in den letzten Jahren stark reduziert. Bei manchen Luftschadstoffen (z. B. FeinstaubPM 2,5 und PM 10, Ozon und Stickstoffoxide) ist die Belastung jedoch weiterhin zu hoch. Sie können in Konzentrationen auftreten, die zur Beeinträchtigung der Gesundheit führen und negative Auswirkungen auf empfindliche Ökosysteme haben. Die Auswirkungen des Klimawandels können schleichende Veränderungen in den Ökosystemen mit sich bringen, aber auch klimabezogene Extremereignisse (z. B. Hochwasser) nach sich ziehen. Die Resilienz der Naturräume gegenüber solchen Veränderungen spielt eine wichtige Rolle. Österreich verfügt über eine hohe Tier- und Pflanzenvielfalt, die eng verzahnt ist mit der reich strukturierten Kulturlandschaft. Eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft spielt eine bedeutende Rolle bei der Erhaltung dieser Arten- und Landschaftsvielfalt. Der landwirtschaftliche Strukturwandel innerhalb der letzten Jahre (die Anzahl der Betriebe hat sich seit 1995 um 22% reduziert) hat auch in Österreich zu einer Nutzungsintensivierung oder Nutzungsaufgabe von landwirtschaftlichen Flächen geführt. Einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung einer extensiven und umweltschonenden Landwirtschaft leistet das österreichische Agrarumweltprogramm. Der Zustand der Wälder ist weitestgehend als gut zu bewerten, nicht standortsgemäße Monokulturen (insbesondere in den Tieflagen) wurden in den letzten Jahren forciert in Mischwälder umgewandelt. Einzelne Waldökosysteme sind jedoch durch Fragmentierung gefährdet (Zerschneidung der Lebensräume z.B. durch Verkehrsinfrastruktur). Die gesamte Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlung, Verkehr, Gewerbe, Industrie und Tourismus ist ungebrochen hoch (+ 5,2 % bzw. +26.000 ha zwischen 2008 und 2011). Die davon täglich für Bau- und Verkehrsflächen neu in Anspruch genommene Fläche liegt bei ca. 10 ha/Tag. Von allen Bau- und Verkehrsflächen sind fast 60 % versiegelt und nur ca. 40% mit wasserdurchlässigen Oberflächen ausgestattet. Nach wie vor stellt die Zersiedelung ein großes Problem dar. Viele Menschen wollen naturnah leben und städtischen Einflüssen wie Lärm, geringem Platzangebot und dem Mangel an Grünräumen entgehen. Der aus diesen Ansprüchen resultierende Nutzungsdruck belastet die Naturräume und beeinträchtigt damit ihre Funktionsfähigkeit. Vermutlich ist nur bei einem geringen Bevölkerungsanteil die Vielfältigkeit der Funktionen der Naturräume, ihre enge Verflechtung, vor allem aber ihr Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Geschehen im Bewusstsein 37 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 verankert. Zwar benennen 16,3% der Österreicherinnen und Österreicher die „Zerstörung von Natur und Landschaft“ als eines der vordringlichsten Umweltprobleme. Oftmals machen aber erst drohende Gefahren die Leistungen der Ökosysteme für die Gesellschaft bewusst. So können z. B. Landnutzungsänderungen die Gefahr von Überschwemmungen, Muren, Lawinen oder Erosion nach sich ziehen. Ökosysteme erfüllen verschiedenste Funktionen: Die Kohlenstoffspeicherfähigkeit der Wälder, des Bodens und der Feuchtgebiete wurde durch die Klimawandeldiskussion einer breiteren Öffentlichkeit bewusst. Darüber hinaus erfüllen Wälder und Grünräume aber auch Funktionen zur Luftreinhaltung, als Lärmschutz, passiver Hochwasserschutz (Auwälder) und zur Erholung. Besonders in Städten dienen Grünflächen der Erholung und vermindern damit die „Flucht ins Grüne“ bzw. die Zersiedelung. Manche Tiergruppen können als Indikatoren für biologische Vielfalt gesehen werden. So spielen die Insekten, als Indikatoren für die biologische Vielfalt, eine große Rolle bei der Bestäubung von Wildpflanzen und Feldfruchtkulturen. Der Rückgang an Bienen und anderen Bestäubern hätte ernste Folgen, insbesondere auch für die Landwirtschaft und die Ernährungssicherung16. Zunehmend wird in letzter Zeit das Konzept der „Ökosystemleistungen“ herangezogen, um die komplexen Leistungen der Ökosysteme für die Menschen darzustellen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Das Millennium Ecosystem Assessment gliedert die durch die Funktion der Naturräume erbrachten Ökosystemleistungen wie folgt: Versorgende Leistungen (provisioning services), wie das Zurverfügungstellen von Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Holz, Brennstoffen Selbstregulierende Leistungen (regulating services), wie Klimaregulierung, Luftreinigung, Verhinderung von Überschwemmungen (z.B. durch das Wasserrückhaltevermögen von Boden und Vegetation in Flussauen), Ausgleich bei Schädlingsbefall Kulturelle Leistungen (cultural services), wie zum Beispiel Erholung, Erleben und Bildung in der Natur, Spiritualität, Befriedigung eines ästhetischen Empfindens Basisleistungen (supporting services), wie Fotosynthese, Stoffkreisläufe, Bodenbildung Auch die Leitinitiative „Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa“ (COM (2011)571 final) der Europa Strategie 2020 weist auf die neuen Herausforderungen im Umgang mit Ressourcen hin, um in Zukunft Wachstum und Wohlstand zu gewährleisten. Zum Thema Naturkapital und Ökosystemleistungen wird vorgeschlagen, dass diese bis 2020 „…von öffentlichen Behörden und Unternehmen in ihrem tatsächlichen Wert erfasst werden.“ Ebenso fordert die EU-Biodiversitätsstrategie 2020 (COM(2011) 244 final) in einem ihrer Ziele „…die Verbesserung und Wiederherstellung von Ökosystemen und Ökosystemdienstleistungen durch Ausbau der Grünen Infrastruktur17 und Restoration von mindestens 15 % degradierter Ökosysteme.“ In der von der UNEP initiierten Studie „The Economics of Ecosystems and Biodiversity“ (TEEB) steht die Schätzung des ökonomischen Werts der biologischen Vielfalt und der Folgekosten bei Zerstörung im Mittelpunkt. Eine der Schlussfolgerungen der Studie ist, dass die mangelnde Sichtbarkeit zahlreicher Leistungen der Natur für die Gesellschaft zur Vernachlässigung dieses Naturkapitals führt 16 Der geschätzte Wert der Insektenbestäubung für die EU beträgt 15 Mrd. EUR jährlich. Unter Grüner Infrastruktur versteht man einerseits u.a. geschützte Gebiete (z.B. Natura 2000), andererseits Habitate, Landschaftselemente, High Nature Value Farmland, extensives Grünland und ökologische Korridore (vorläufige Definition DG Environment) 17 38 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 und Entscheidungen gefällt werden, die Ökosystemleistungen schädigen, was hohe soziale und ökonomische Folgekosten nach sich zieht. Natur und Ökosystemleistungen sind sowohl hinsichtlich ihres intrinsischen Wertes als auch im Interesse der Kontinuität des wirtschaftlichen Wohlstands und des Wohls der Menschen zu erhalten und zu bewerten. Identifikation der zentralen Herausforderungen: Mit zunehmendem Druck auf die Umwelt werden die Leistungen, die Ökosysteme erbringen gefährdet, bzw. können nicht mehr in ihrem vollen Umfang erbracht werden. Es ist notwendig, diese Leistungen darzustellen und die Kenntnisse über Ökosysteme und Ökosystemleistungen in Österreich zu verbessern. Dies ergibt sich aus der Europa Strategie 2020 und deren integrativen Bestandteilen sowie aus gemeinsamen Agrarpolitik 2014-2020 und der Verordnung zur Implementierung der Ökosystemleistungen in die Umweltökonomische Gesamtrechnung (Verordnung (EU) Nr. 691/2011). Um die Funktion der Naturräume und ihrer Leistungen zu erhalten, ist es notwendig, den Ursachen entgegenzuwirken. Dazu müssen alle Handlungsfelder, von denen Druck auf die Naturräume ausgeht in die Betrachtung einbezogen werden (u. a. sind dies die Raumordnung, Landund Forstwirtschaft, Tourismus, Klimapolitik, Konsum- und Freizeitverhalten sowie die Lebenssituation in den Städten). Alle Nutzungen sollen zum Schutz der Ökosysteme ressourcenschonend und sozialgerecht erfolgen. Für die in Österreich vorkommenden Ökosystemtypen und biogeographisch wichtigen Regionen sollten Flächen mit bewusster Nichtnutzung auf Basis z.B. Roter Listen und EU sowie internationaler Vorgaben definiert, gesichert und geschaffen werden. Die Resilienz und Widerstandsfähigkeit der Naturräume gegenüber Klimaveränderungen ist zunehmend wichtig, um Extremereignissen entgegenzuwirken. Zur systematischen Berücksichtigung von Anpassungsfragen und der Entwicklung von Risikominderungsstrategien gegenüber klimabezogenen Extremereignissen sowie schleichenden Veränderungen wird ein „Climate Proofing“ empfohlen. Gleichzeitig ist die Stärkung des Bewusstseins über die Naturraumfunktionen und die von der Natur erbrachten Leistungen ein wichtiger Faktor, um die Funktionen der Naturräume und ihre enge Verflechtung aufzuzeigen und deren gesellschaftliche Bedeutung darzustellen. Zielsetzungen und Handlungsansätze 1. Artenvielfalt und Lebensräume Zielsetzungen: ♣ Stopp des Verlustes an Artenvielfalt und Lebensräumen in Österreich (insbesondere gefährdete Arten und Lebensräume) Handlungsansätze: Erhalt einer intakten Umwelt (Boden, Wasser, Luft, Flora und Fauna) und Bewusstmachung des hohen Stellenwerts einer intakten Umwelt für die Gesellschaft und die zukünftigen Generationen für eine hohe Lebensqualität und auch im Sinne einer Daseinsvorsorge Verbesserung der Kenntnisse über Ökosysteme und deren Leistungen in Österreich Umsetzung der nationalen Biodiversitäts-Strategie vor allem auch im Hinblick auf die in der EU-Biodiversitätsstrategie 2020 festgelegten Ziele 39 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 zur Erhaltung und Wiederherstellung von Arten, Lebensräumen und Ökosystemleistungen Erhaltung nutzungsfreier Naturräume zur Erreichung der Biodiversitätsziele und zur Sicherung noch weitgehend unberührter Ökosysteme Vernetzung und Schutz von grünen Infrastrukturen18 und Festlegung von für die Biodiversität besonders relevanten Arten und Lebensräumen (z. B. Vorkommen Roter Liste Arten und Biotoptypen, Endemiten) Umsetzung einer ressourcenschonenden Nutzung von Naturräumen in Österreich in allen Politikbereichen, die einen Raumbezug haben (Abstimmung dieser Bereiche im Hinblick auf deren Auswirkungen auf Naturräume) Maßnahmen zur Erhaltung genetischer Ressourcen von wildlebenden Tieren und Pflanzen, sowie gefährdeter Hausstierrassen und Nutzpflanzen Vermeidung der Einfuhr und zielgerichtetes Management zur Bekämpfung von gebietsfremden Arten, die die heimische Vielfalt gefährden oder gesundheitliche Probleme verursachen. ökologische Bewertung der Nutzung erneuerbarer Ressourcen 2. Flächen- und Landschaftsverbrauch Zielsetzungen: ♣ Reduktion des Flächen- und Landschaftsverbrauchs durch entsprechende Raum- und Infrastrukturplanung Handlungsansätze: bevorzugte Förderung von Flächenrevitalisierung (Flächenrecycling) Reduktion der Versiegelung von Lebensräumen und der Lebensraumzerschneidung durch unüberwindbare Barrieren (wie etwa durch Verkehrsinfrastruktur oder bei Fließgewässern durch Querbauwerke) Berücksichtigung der Sensitivität betroffener Ökosysteme bei der Bewertung von Neubauprojekten 3. Land- und Forstwirtschaft Zielsetzungen: ♣ Stärkung einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft Handlungsansätze: Aufrechterhaltung des Agrarumweltprogramms mit zielgerichteten Maßnahmen zur Förderung von Ökosystemleistungen und Naturraumfunktionen (Maßnahmen zum Erhalt der Agrobiodiversität, Reduktion von Nährstoffeinträgen, Erhalt der vielfältigen Kulturlandschaft, Erosionsschutz, Maßnahmen zur Förderung der Resilienz gegen den Klimawandel, Förderung des biologischen Landbaus (auch HF 3)) 18 Unter Grüner Infrastruktur versteht man einerseits u.a. geschützte Gebiete (z. B. Natura 2000), andererseits Habitate, Landschaftselemente, High Nature Value Farmland, extensives Grünland und ökologische Korridore (vorläufige Definition DG Environment) 40 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in Ö aufrecht erhalten Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte bei der Produktion von Biomasse und Agrartreibstoffproduktion insbesondere im Hinblick auf Importe Entwicklung von Waldmanagementinstrumenten sowie Planungsgrundsätzen zur Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Biodiversität im Wald im Rahmen der Ländlichen Entwicklung Gewährleistung einer standortangepassten Sicherungsfunktion der Wälder Eine nachhaltige und multifunktionale Waldwirtschaft soll in Zukunft vermehrt Klimawandelanpassungsaspekte berücksichtigen, wodurch die Stabilität der Waldökosysteme gestärkt wird Nachhaltiger Einsatz von Bioziden und Pflanzenschutzmitteln, sowie Etablierung eines Marktmonitorings 4. Städte Zielsetzungen: ♣ Sicherstellung eines lebenswerten Umfeldes in den Städten durch Grünraumund Stadtplanung (Verhinderung der Stadtflucht) Handlungsansätze: Schaffung von naturnahen Grünflächen und verkehrsberuhigten Zonen in Städten, Anpassung gesetzlicher Vorgaben wie etwa Stellplatzangebote. Darüber hinaus möglichst geringe Versiegelung Berücksichtigung der Kosten der Zersiedelung (z. B . Verkehr, Infrastruktur, Landschaftsverbrauch) in Projekten Förderung innerstädtischer biologischer Vielfalt ( z. B. durch Rankgerüste, hängende Gärten, Dachbegrünung) 5. Gewässer Zielsetzungen: ♣ Erreichung und Sicherung eines guten ökologischen und chemischen Zustands bei Gewässern und einer Reduktion der regionalen Belastung von Grund- und Oberflächengewässern. Handlungsansätze: Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, insbesondere des Verschlechterungsverbots und der Sanierungsprogramme weitere Anstrengungen zur Verminderung des Eintrags von Nähr- und Schadstoffen in Grund- und Oberflächengewässer weitere Anstrengungen zur Reduktion der hydromorphologischen Belastungen von Oberflächengewässern Monitoring und Entwicklung von Bewertungskriterien für Arzneimittelwirkstoffe in der aquatischen Umwelt 6. Luft Zielsetzungen: 41 NSTRATneu ♣ Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Verringerung der Belastung der Luft mit Schadstoffen sowie verstärkte Treibhausgasreduktion Handlungsansätze: Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen in jenen Bereichen, wo es wiederholt zur Überschreitung von Grenz- und Zielwerten (z. B. Feinstaub – PM 2,5 und PM 10, Ozon, Stickoxide) kommt Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen im Hinblick auf die Umsetzung EU- und Internationaler Reduktionsziele (Internationale Klimaabkommen) 7. Eigenwert von Naturräumen, Bewertung ihrer Funktionen und der Ökosystemleistungen Zielsetzungen: ♣ Anerkennung des Eigenwerts von Naturräumen und Berücksichtigung des ökonomischen Wertes ihrer Funktionen und von Ökosystemleistungen zur Erreichung umweltpolitischer Ziele Handlungsansätze: Berücksichtigung des Eigenwerts von Naturräumen in entsprechenden Gesetzesvorhaben Verringerung umweltschädlicher Subventionen durch eine kritische Überprüfung von Förderungen auf ihre Umweltauswirkung, insbesondere auf Ökosysteme und deren Leistungen, um diese gegebenenfalls zu adaptieren Mitwirkung bei und Prüfung von Initiativen auf nationaler und EU Ebene zur Ausweisung des ökonomischen Wertes von Natur und Ökosystemleistungen Bereitstellung wissenschaftlicher Grundlagen zur Bewertung der tatsächlichen Leistungen der Natur und Ökosysteme Stärkung der Wissensvermittlung zur Bedeutung des intrinsischen und ökonomischen Wertes von Natur und Ökosystemleistungen 42 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Handlungsfeld 7 „Zukunftsfähige Energiesysteme“ Aktuelle Ausgangslage (globale Situation s. HF 10)19 Seit 1990 sind der Bruttoinlandsverbrauch Österreichs an Energie um 38,5%, der Endenergieverbrauch um 46% gestiegen. Im selben Zeitraum haben sich die Emissionen an Treibhausgasen um knapp 10% erhöht. Die Energie-Importabhängigkeit liegt in etwa zwischen 60 und 70%, wobei es in Abhängigkeit von Niederschlags- und Witterungsverhältnissen sowie der gesamtwirtschaftlichen Lage jahresweise deutliche Schwankungen geben kann. Bezogen auf die Energieträger gab es seit 1990 bei Fernwärme, den Erneuerbaren und bei Erdgas die stärksten Zuwächse20. Der Anteil erneuerbarer Energieträger gemäß EU-RL 2009/28/EG („Erneuerbaren-RL“) ist 2005-2010 um gut 70 PJ von 24,9% auf 30,8% gestiegen. Damit hat Österreich eine gute Ausgangslage geschaffen, um den in der RL für das Jahr 2020 verankerten Mindestzielwert von 34% erreichen oder auch übertreffen zu können. Der relative Energieverbrauch als Maß für die Energieeffizienz (also die zur Erzeugung einer Einheit des BIP notwendige Menge an Gesamtenergie) hat sich im Zeitraum 1990 bis 2010 um knapp 9% verbessert – im Mittel gab es also lediglich eine leichte Entkopplung zwischen Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch. Österreich verzeichnet Energieeffizienzverbesserungen im produzierenden Bereich und im Bereich der Raumheizung der Haushalte. Vor allem im Verkehr und bei Wohngebäuden sowie privaten und öffentlichen Dienstleistungsgebäuden schlummern noch erhebliche Energieeffizienzpotenziale. Laut EU-SILC-Befragung 2010 können rund 313.000 Menschen in Österreich ihre Wohnung nicht angemessen heizen; davon sind rund 115.000 armutsgefährdet. Ob Personen bzw. Haushalte von Energiearmut betroffen sind, ist von drei wesentlichen Einflussgrößen und deren Verhältnis zueinander abhängig: Einkommen, Energieverbrauch und Energiepreise. Bei gleichbleibendem Energieverbrauch sind aufgrund der stagnierenden Real-Einkommen und der steigenden Energiepreise somit immer mehr Haushalte in Österreich von Energiearmut bedroht. Wesentliche Rahmenbedingungen Die Entwicklung der europäischen Energiewirtschaft wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten zunächst v.a. durch die Mitte der 1990er Jahre begonnene Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte geprägt. Mit der Integration der Energiemärkte wurde einerseits die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert, sowie versucht, Anliegen des Umwelt-, Klima- und Konsumentenschutzes und der Versorgungssicherheit sukzessive mitzuerfassen. In der Folge wurden mit zwei weiteren Energiebinnenmarkt-Paketen sowie einer Reihe von Weiß- und Grünbüchern, Mitteilungen, Richtlinien und VO entscheidende Rahmenbedingungen geschaffen, um in den Bereichen Versorgungssicherheit, Energieeffizienz, erneuerbare Energieträger, Konsumentenschutz (etwa das Recht auf Grundversorgung), soziale Akzeptanz von Energiesystemen & nukleare Sicherheit weitere Fortschritte und Verbesserungen zu ermöglichen. Von zentraler Bedeutung ist v.a. das im Jahr 2007 von den Staats- und Regierungschefs vereinbarte Energie- und Klimapaket. Dieses sieht für das Jahr 2020 folgende unionsweite Ziele vor: • Reduktion der Treibhausgase um mindestens 20% gegenüber 1990 19 Quellen: World Energy Outlook 2011, IEA; Energiebilanzen 2010 vom 23.11.2011; Statistik Österreich. 20 „Energiestatus Österreich 2010“; BMWFJ 43 NSTRATneu • • Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 20% Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch und 10% Biokraftstoffanteil am gesamten verkehrsbedingten Diesel- und Benzineinsatz21 Einsparung von 20% des EU-Energieverbrauches gemessen an den Prognosen für 2020 Mit der „Energiestrategie Österreich“ wurde 2010 ein umfassendes Konzept an Maßnahmen, Instrumenten und Politiken vorgelegt und skizziert, wie Österreich seine aus dem Energieund Klimapaket resultierenden Ziele erreichen könnte. Unter den drei strategischen Säulen der Energiestrategie - Erneuerbare, Energieeffizienz und Versorgungssicherheit - ist die Stabilisierung des Endenergieverbrauches-2020 auf 1100 PJ (das entspricht dem Niveau des Jahres 2005) ein zentraler Punkt. Basierend auf der Energiestrategie wurde der „Nationale Aktionsplan für erneuerbare Energie für Österreich“ erstellt und im Juni 2010 an die Europäische Kommission übermittelt. Hinsichtlich der Steigerung der Energieeffizienz definiert die Endenergieeffizienz-RL (2006/32/EG) erste Zielsetzungen: bis 2016 sollen die Mitgliedstaaten einen EinsparRichtwert von 9 % des in der Periode 2001 - 2005 durchschnittlichen jährlichen Endenergieverbrauchs erreichen - für Österreich entspricht dies einer Einsparung von 80,4 PJ. Wie bereits erwähnt hat sich die EU im Rahmen des Energie- und Klimapaketes auch zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 die Energieeffizienz um 20% zu steigern und dieses Ziel zu einem der fünf vorrangigen Ziele der Strategie Europa 2020 gemacht. Im Juni 2011 wurde von der Kommission in dem Zusammenhang ein Vorschlag für eine Energieeffizienz-RL verabschiedet. Weitere, für Energieeffizienz und -innovation wesentliche Rahmenbedingungen sind die RL über die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte (energieeffiziente Produkte), ausgewählte Aspekte des SET Plans (Strategic Energy Technology) und der Vorschlag für eine EU-Infrastrukturverordnung (u.a. Smart Grids) zu nennen. 2011 hat die durch ein Meeresbeben/Tsunami naturbestimmte Nuklearkatastrophe in Fukushima/Japan in einigen Staaten Europas (vorrangig Deutschland) zu einem Umdenkprozess hinsichtlich der energetischen Nutzung von Kernenergie geführt. Aus österreichischer Sicht stellt die Kernenergie weder eine nachhaltige Form der Energieversorgung noch eine tragfähige Option zur Bekämpfung des Klimawandels dar. Diese Überzeugung impliziert auch das Eintreten gegen jede Art der Förderung der Kernenergienutzung sowie gegen den Bau neuer Kernkraftwerke generell. In allen Fällen von kerntechnischen Anlagen, die negative Auswirkungen auf Österreich haben oder haben könnten, werden weiterhin alle rechtlichen Möglichkeiten zur Wahrung österreichischer Sicherheitsinteressen genutzt. Dies bedeutet auch, für maximale Transparenz und Partizipation einzutreten. Auch innerstaatlich wurden und werden konkrete Schritte gesetzt, um den Import von Atomstrom zu vermeiden. Nachdem Österreich seit 2002 Nettoimporteur von Strom ist und im europäischen Erzeugermix (Strombörsenmix) bilanziell Atomstrom enthalten ist, importiert Österreich mit diesem „Strom unbekannter Herkunft“ (Graustrom) auch Atomstrom. Mit dem Ökostromgesetz-2012 wurde der Grundstein gelegt, um bis 2015 zusätzlich rund 3 Mrd. Kilowattstunden Strom aus erneuerbaren Energieträger in Österreich zu erzeugen und damit die gegenwärtige Nettostromimportmenge zu ersetzen. Darüber hinaus wurden auch die Rechtsvorschriften für die Stromkennzeichnung angepasst und verschärft. 21 In der Erneuerbaren-RL wurden die beiden Ziele hinsichtlich Definition und Berechnungsvorschriften näher präzisiert und andererseits das 20%-Ziel auf verbindliche Mindestziele für die Mitgliedsstaaten herunter gebrochen. Österreich muss demnach 2020 zumindest 34% seines Bruttoendenergieverbrauches aus erneuerbaren Energieträgern abdecken. 44 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Anlässlich des österreichischen Atomstromgipfels am 16ten April 2012 wurde weiters beschlossen, dass Österreich spätestens ab dem Jahr 2015 atomstromfrei sein soll. Möglich wird dies durch die freiwillige Vereinbarung, dass dann keine als Atomstrom gekennzeichnete elektrische Energie mehr an österreichische Haushaltskunden (bereits Ende 2013) und Industriebetriebe verkauft werden soll. In einer Novelle des ELWOG soll die verpflichtende vollständige Stromkennzeichnung ab 1. Jänner 2015 geregelt werden. Identifikation der zentralen Herausforderungen Um den globalen Temperaturanstieg aufgrund des Klimawandels auf 2°C zu begrenzen, forderte der Rat der Europäische Union (2009) alle Verhandlungsparteien der Klimakonferenz in Kopenhagen auf, sich das 2°C Ziel zu eigen zu machen. Die Industrieländer müssten ihre Treibhausgas-Emissionen um mindestens 80 % bis 95 % bis 2050 gegenüber dem Niveau von 1990 absenken, was de facto bei Verwendung bestehender Technologien einen weitgehenden Ausstieg aus fossilen Energieträgern bedeutet. Der Umweltrat hat im Oktober 2011 dieses Reduktionsziel in seinen Schlussfolgerungen bestätigt. Dem gegenüber skizzieren die neuen Szenarien der IEA im jüngsten „World Energy Outlook“ alles andere als nachhaltige Zukunftsperspektiven. Der Energieverbrauch wird sich im Szenario der neuen energiepolitischen Rahmenbedingungen im Zeitraum 2010 - 2035 um ein Drittel erhöhen. Bis 2035 müssen weltweit Investitionen in die Energieversorgungsinfrastruktur in Höhe von $38 Billionen (in 2010-Dollar) getätigt werden. Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen wird weiter steigen, auch wenn deren relativer Anteil am weltweiten Primärenergieverbrauch leicht auf 75% im Jahr 2035 zurückgehen wird. Vor diesem Hintergrund besteht verstärkter Handlungsbedarf, den Umstieg auf ein nachhaltiges Energiesystem einzuleiten und damit auch das Fundament für eine sichere und nachhaltige „Low Carbon Economy“ zu legen. Die Ereignisse von Fukushima haben diese Dringlichkeit erhöht. Sowohl auf globaler Ebene im Rahmen der UN, als auch auf Seiten der EK („Low Carbon Strategy“ vom Frühjahr dieses Jahres sowie die im Dezember 2011 vorgelegte „Energy Roadmap 2050“) und in Österreich (z.B. Energiestrategie, Nationaler Aktionsplan für Erneuerbare Energien, Nationaler Energieeffizienzaktionsplan, diverse Studien22 zu „High Energy Efficiency“- und „High Renewables“-Szenarien bis 2050“) wurden bereits intensive Diskussionsprozesse und Analysen in Sachen mittel- und langfristige Perspektiven für das Energiesystem gestartet und auch erste Umsetzungsschritte gesetzt. Was den Zeithorizont bis 2020 betrifft, so gibt es dafür bereits eine Reihe von gemeinschaftlichen oder innerstaatlichen Strategien, Zielen und Vorgaben, die entweder schon rechtsverbindlich sind oder derzeit in Verhandlung stehen. Zielsetzungen und Handlungsansätze: Grundlage und Voraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem ist ein nachhaltiges Energiesystem. Nachhaltig ist ein Energiesystem, wenn nicht mehr Energie verbraucht wird als auf lange Sicht sicher verfügbar ist, die Kosten der Energiebeschaffung niemanden von der Energienutzung ausschließen und die Lebensbedingungen für die Menschen (auch die nachkommenden Generationen) ebenso wie Ökosystemfunktionen global durch die mit der Produktion, Bereitstellung und Verwendung von Energieträgern einhergehenden Umwelteinwirkungen nicht verschlechtert werden23. 22 Zitate betreff. die relevanten Studien werden noch ergänzt „Herausforderungen in der Energiepolitik“, Weißbuch der österreichischen Sozialpartner, Nr. 82/2009; Zitat ergänzt um die ökologische Dimension 23 45 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Ein nachhaltiges Energiesystem hat die Funktionsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft zu gewährleisten, muss sozial und ökologisch verträglich sein und die Versorgungssicherheit erhöhen. Die genannten Ziele sind als grundsätzlich gleichrangig zu betrachten. Es sind Strategien zu entwickeln, in denen mehrere Ziele gleichzeitig erreicht und damit Win-Win-Situationen erkannt und genützt werden können. Wesentlich ist, Wirtschaft und Bevölkerung frühzeitig in diesen Prozess einzubinden. Mehr Energieeffizienz und mehr Erneuerbare sind die Schlüssel zur Umgestaltung und Neuausrichtung des Energiesystems: mit der konsequenten Steigerung der Energieeffizienz in allen Sektoren soll der Energiebedarf bis 2020 auf dem Niveau von 2005, stabilisiert werden. In weiterer Folge ist eine Reduktion des Energiebedarfs anzustreben. Der verbleibende Energiebedarf soll in zunehmenden Maße durch erneuerbare Energieträger bedeckt werden. Damit kann die Abhängigkeit von Energieimporten vermindert, nationale Treibhausgasemissionen reduziert und die Versorgungssicherheit erhöht werden. Von dieser Strategie gehen auch enorme Impulse für Innovationen, Wachstum und Beschäftigung aus. Effizienz und Erneuerbare Energieträger müssen in Österreich noch stärker zu Wachstumsbranchen werden. Vor dem Hintergrund des gemeinsamen europäischen Energiebinnenmarktes sind die europäische und nationale Politik gefordert, mit einem ausgewogenen Mix an Instrumenten und Maßnahmen die Weiterentwicklung des Energiesystems in Richtung mehr Nachhaltigkeit voranzutreiben und spekulatives Marktverhalten sowie Marktverzerrungen zu beseitigen. Unternehmen in der Energiewirtschaft sind verstärkt gefordert, die nachgefragten Energiedienstleistungen nachhaltig auszurichten. Es müssen neue Lösungen gefunden werden, die den Anforderungen des Wandels zu liberalisierten Märkten mit einer stark steigenden dezentralen und volatilen Erzeugungsstrukturen Rechnung tragen. 1. Energieeffizienz erhöhen Zielsetzung Die globale Verknappung von Primärenergie-Ressourcen in Verbindung mit der stetig steigenden Nachfrage nach Energiedienstleitungen erfordert einen hocheffizienten Umgang mit Energie sowie innovative Instrumente und Technologien, um kurz- bis mittelfristig den Energiebedarf zu stabilisieren und in weiterer Folge zu reduzieren. Die Verbesserung der Energieeffizienz ist Voraussetzung für eine substantielle Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energieträgern und der Versorgungssicherheit sowie die Reduktion von Treibhausgasen. Handlungsansätze: Konsequente Steigerung der Energieeffizienz auf allen Stufen der Bereitstellung, Übertragung und Nutzung von Energie und in allen wesentlichen Sektoren (Gebäude, Haushalte, Betriebe, Mobilität), effizienter Primärenergieeinsatz sowie verstärkte Abwärmenutzung als Schlüssel für die Energie- und Klimapolitik Änderung von Konsumgewohnheiten, durch Bewusstseinbildung, Qualifikation, technische Weiterentwicklungen bei Geräten und anderes mehr um Energieeffizienzziele zu erreichen (Vermeidung von Reboundeffekten etc.) stärkerer Fokus auf die „Wertigkeit“: Energieträger mit einem hohen Energiegehalt (z.B. Brennstoffe oder Strom) vorrangig für jene Anwendungen einsetzen, bei denen ihre hohe Wertigkeit auch gebraucht wird vermehrter Einsatz von KWK-Technologien bei der thermischen Nutzung von Energie 46 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Innovative Gebäudelösungen (Passivhausstandards) und Standards bei Sanierung und Neubau von Wohn-, Betriebs- sowie öffentlichen Gebäuden nach dem Stand der Technik Smart Grids in Verbindung mit Smart Meters als Grundlage einer ressourcenoptimierten Energieversorgung Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen (zB Bundesenergieeffizienzgesetz) 2. Erneuerbare Energieträger stärker nutzen Zielsetzung Die volkswirtschaftliche Bedeutung Erneuerbarer Energie geht in Österreich deutlich über den Aspekt der nationalen Eigenversorgung hinaus. Der verstärkte Einsatz Erneuerbarer Energieträger ist ein Kernelement einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Energiepolitik. Österreich wird daher auch weiterhin seine konsequente Politik zur Forcierung Erneuerbarer Energieträger verfolgen. Handlungsansätze: Erschließung vorhandener Potenziale an erneuerbaren Energieträgern unter Berücksichtigung, ökologischer und sozialer Verträglichkeitsgrenzen sowie ökonomisch optimiert Schrittweise Substitution von fossilen durch umweltverträgliche, erneuerbare Energieträger und damit wesentlicher Beitrag zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen Raumwärme soll auf Basis von regionalen Konzepten der Energieraumplanung und entsprechend der regionalen Stärken entweder aus Fernwärme (Abwärme, Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), Biomasse) oder durch Einzelheizungen (langfristiger Umstieg auf Solarthermie, Biomasse, Umgebungswärme) optimiert bereitgestellt werden. Im Verkehrsbereich: Erfüllung der EU-Richtlinie 10 Prozent Erneuerbare Energie durch Biotreibstoffe (unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskriterien) und E-Mobilität 3. Energiearmut Zielsetzung ♣ Eine angemessene Versorgung mit Energiedienstleistungen zu leistbaren Preisen ist auch für einkommensschwache Personen weiterhin zu gewährleisten und der „Energiearmut“ nachhaltig zu begegnen. Handlungsansätze: eine anerkannte Definition von Energiearmut etablieren, um durch entsprechende Datenerhebungen das Problem der Energiearmut empirisch zu analysieren und effektiver begegnen zu können. Energiepolitische Maßnahmen gegen steigende Energiearmut, insbesondere die dauerhafte Senkung der Energiekosten (insbes. durch Effizienzmaßnahmen) von armutsgefährdeten und manifest armen Haushalten, ohne den Energienutzen für diese Haushalte einzuschränken. 4. Versorgungssicherheit Zielsetzungen ♣ Die Sicherheit der Energieversorgung ist im österreichischen und europäischen Kontext zu gewährleisten – eine sichere und leistbare 47 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Versorgung mit Energie ist Voraussetzung zur Erhaltung der nationalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Betriebe. Handlungsansätze: Energieversorgung langfristig sicherstellen, indem der Energieverbrauch verringert wird, die eigenen Energieressourcen sorgsam genützt und ausgebaut, die Energieimporte durch Diversifikation gesichert und ausreichende Infrastrukturen für Transport und Energiespeicher zur Verfügung gestellt werden. Einbindung von Energie- und Verkehrskonzepten in die Raumplanung zur Sicherstellung einer kompakten, funktionsdurchmischten Siedlungs- und Gewerbestruktur – eine effiziente Raumplanung trägt zur Versorgungssicherheit bei Handlungsbedarf zur Integration neuer Erzeugungs- und Speichereinheiten und damit zusammenhängend der weitere Ausbau der Infrastrukturen Auf europäischer Ebene weitere Integration der Energiemärkte und Stärkung der externen Dimension der Energiepolitik zur Sicherstellung wettbewerbsfähiger Preise und Verbesserung der Versorgungssicherheit 5. Forschung, Entwicklung und Innovation für ein nachhaltiges Energiesystem Zielsetzungen: ♣ Eine Verstärkung der Anstrengungen im Bereich der Energieforschung ist unabdingbar, um den zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit und einer leistbaren Energieversorgung zu meistern24. Um von der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern nicht in die verschärfte Abhängigkeit der kritischen Rohstoffe zu gelangen (Hauptexporteur für seltene Erden ist China), müssen Wege gefunden werden, die Verwendung von kritischen Rohstoffen in der Produktion effizienter zu gestalten bzw. zu substituieren25. Der Ausbau der Erneuerbaren Energie, erweitert um die Forschungsbereiche der hocheffizienten Gebäude, der E-Mobilität, der Speichertechnologien und intelligenter Netze ist dabei die Basis für eine Technologieführerschaft Österreichs26 27. Handlungsansätze: Substitution: Dazu sollen innovative Forschungs- und Entwicklungsprojekte gefördert werden, welche eine Substitution kritischer Rohstoffe zur Herstellung von Produkten vergleichbarer oder besserer Funktionalität und/oder Wirtschaftlichkeit ermöglichen. Die Abhängigkeit der heimischen Industrie vom Import von jenen Rohstoffen soll damit verringert werden. Effizienzsteigerung und andere technologische Verbesserungen: bei Solarthermie, Photovoltaik und Speichertechnologien Integration: von innovativen Energieträgern in die Infrastruktur wie Netze (Smart Grids: Wärme- und Stromnetze) und Gebäude Handlungsbedarf zur Integration einer stark steigenden Anzahl zentraler wie dezentraler Erzeugungseinheiten und damit zusammenhängend der weitere Ausbau der Infrastrukturen 24 vgl. FTI Strategie des Bundes vgl. Materials Roadmap Enabling Low Carbon Energy Technologies SEC(2011) 1609 final 26 vgl. Biermayr et al. Innovative Energietechnologien in Österreich – Marktentwicklung 2010 27 vgl. Energieforschungserhebung 2010 25 48 NSTRATneu Konsolidierter Text 6. . Stand: 5.6.2012 Ein synergetisches Zusammenwirken der nationalen FTD-Anstrengungen auf europäischer Ebene muss - insbesondere im Rahmen des SET-Plans forciert werden. Auf die Bedürfnisse der Unternehmen und Forschungsinstitutionen ist dabei Rücksicht zu nehmen Österreichische Nuklearpolitik Zielsetzungen: ♣ Die Sicherheit heutiger und künftiger (v.a. grenznaher) Atomkraftwerke ist weiter zu steigern. Oberste Maxime ist der optimale Schutz der österreichischen Bevölkerung und der Umwelt. In diesem Sinne bleibt die Schaffung hoher und verbindlicher Sicherheitsstandards für Nuklearanlagen ein wesentliches Ziel der österreichischen Nuklearpolitik. Handlungsansätze: Auf EU-Ebene tritt Österreich für die Stärkung und den Ausbau der Sicherheitsbestimmungen zum Gesundheitsschutz ein. Österreich setzt auch seine Bemühungen im Hinblick auf eine Reform des EuratomVertrages fort, insbesondere um den Förderzweck zu eliminieren, den Schutzzweck auszubauen, einen fairen Wettbewerb der Energieträger (u.a. Internalisierung der Kosten) herzustellen und die Entscheidungsprozesse zu demokratisieren. 7. Sonstige Maßnahmen Zielsetzungen: ♣ Neben ordnungsrechtlichen und finanziellen Instrumenten braucht es eine Reihe ergänzender Instrumente und Maßnahmen wie Bewusstseinsbildung, Aus- und Weiterbildung, Qualitätssicherung etc., um ein nachhaltiges Energiesystem realisieren zu können. Handlungsansätze: Verstärkte Aktivitäten zur Bewusstseinsbildung für KonsumentInnen sowie Aus- und Weiterbildung sowie Qualitätssicherung für Dienstleister Kundenfreundliche technische Hilfsmittel für Erfassung des Energieverbrauches (z.B. Stromverbrauchsmessgeräte, Smart Meters) bewusstseinsbildende Maßnahmen für einen energiesparenden Lebensstil und ressourcenschonende Produkte: eine gesamtheitliche Betrachtung und damit steigende Ressourceneffizienz verringert ökologische Auswirkungen und ist gleichzeitig ein Kosten- und Wettbewerbsfaktor durch innovative öffentliche Beschaffung sollen vorbildwirksam erneuerbare Energieträger und Effizienztechnologien im öffentlichen Sektor integriert werden und damit einen kosteneffizienten Betrieb ermöglichen („Österreichischer Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung“) Prozess der österreichischen Energiestrategie voranbringen Lebenszyklusanalysen als Instrument zur objektiven Bewertung von Energietechnologien und Energieträgern sollen verstärkt zum Einsatz kommen, wobei neben physischen Ressourcen- und Energieflüssen auch die monetäre Kosten-Nutzen Analyse einbezogen werden soll 49 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Handlungsfeld 8) „Zukunftsfähige Mobilität“ Problemlage Eine gute Erreichbarkeit von Personen, Gütern und Dienstleistungen ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und für das Funktionieren moderner Gesellschaften wesentlich. Massenmotorisierung, relativ billiger Kraftstoff und Infrastrukturausbau bieten heute leichten Zugang zu individueller motorisierter Mobilität, daran haben sich Raumstrukturen und Mobilitätsverhalten und in Folge auch Wirtschafts- und Sozialstrukturen stark angepasst. Negative Erscheinungen, wie die Zunahme von Zersiedelung und Mobilitätszwängen und damit zusammenhängend soziale Kosten, hohe Gesundheits- und Umweltbelastungen durch Luftverschmutzung und Lärm, sowie stark angestiegene THG Emissionen und die hohe Abhängigkeit vom fossilen Erdöl sind die Folge. Dazu kommen Flächenverbrauch und Zerschneidung. Damit verbunden sind auch hohe externe Kosten infolge von Unfällen, Klimaänderung, Umweltbelastungen und Gesundheitsrisiken. Die Infrastrukturdominanz des Kraftfahrzeugverkehrs behindert umweltfreundliche, die Bewegung fördernde Mobilität wie Radfahren und Zufußgehen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen und führt über Bewegungsmangel zu langfristigen Gesundheitsrisiken. Die einseitige Abhängigkeit des Verkehrs vom fossilen Erdöl (über 90%, überwiegend aus unsicheren Weltregionen importiert) und die damit verbundenen Kosten unterstreichen die Notwendigkeit einer Trendwende zur Nachhaltigkeit. Die EU-weite Verschärfung der Abgasvorschriften, die Forcierung von nachhaltig produzierten biogenen Kraftstoffen und erneuerbarer Energieträger sowie die neuen Regelungen zur CO2-Reduktion bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen wirken langfristig positiv. In Österreich wurden bereits Maßnahmen zur Hebung der Verkehrssicherheit und Reduktion der Umweltbelastungen wie steuerliche Anreize für alternative und CO2-ärmere Pkw im Rahmen der NOVA, der Einsatz nachhaltig produzierter biogener Kraftstoffe und die Förderung alternativer Fahrzeuge und Elektromobilität insbes. mit erneuerbaren Energien ebenso wie Förderungsprogramme für Mobilitätsmanagement, der Masterplan Radfahren und der Ausbau von Bahn und Öffentlichen Verkehr (ÖV) gestartet. Erste Erfolge sind der Rückgang der bei Verkehrsunfällen Getöteten und die Abnahme einzelner Luftschadstoffe. Die seit 1990 nahezu eingetretene Verdoppelung der THGEmissionen des Verkehrs konnte 2005 erstmals eingedämmt werden. Seit 2010 steigen die Emissionen jedoch wieder an, Prognosen gehen von einem weiteren Ansteigen des Verkehrs aus. Die Trends im Verkehr sind weiter nicht nachhaltig. Die Herausforderungen und der Handlungsbedarf für umweltverträgliche, sozial faire und wirtschaftlich effiziente Mobilität sind weiterhin groß. Erfolge von Good Practice Beispielen machen aber Mut, weiter Maßnahmen zu umzusetzen. Zentrale Herausforderungen für eine zukunftsfähige Mobilität Der weiteren Zunahme des Verkehrs muss entgegengewirkt werden. Transportdistanzen, Mobilitätszwänge und unnötige Fahrten müssen verringert werden, ohne die Lebensqualität der Menschen zu beeinträchtigen. Das „Konzept der kurzen Wege“ und die forcierte Nutzungsmischung sollen die Erreichbarkeit von wirtschaftlichen und sozialen Funktionen wie Arbeit, Einkäufe oder Naherholung auch ohne Auto ermöglichen. 50 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Es ist sicherzustellen, dass umweltverträgliche, ressourcenschonende, energieeffiziente, sichere sowie leistbare Verkehrsmittel forciert werden. Insbesondere soll der Umstieg auf den öffentlichen Verkehr (ÖV), auf Zufußgehen, Radverkehr und im Güterverkehr auf die Schiff und Schiene unterstützt werden. Wichtig ist, dass zur Gewährleistung der hohen Lebensqualität in Österreich ein sozial gerechter, leistbarer Zugang zu Mobilitätsangeboten (z.B. ÖV-Angebot zu fairen und sozialen Preisen) ermöglicht wird und die externen Kosten durch Anwendung des Verursacherprinzips („Polluter-Pays-Principle“) verringert werden. Grundlage einer zukunftsfähigen Mobilität soll die Umsetzung eines nachhaltigen Verkehrssystems sein, wie es von der OECD in den Guidelines for Environmentally Sustainable Transport (EST) definiert wurde und im Rahmen von österreichischen Studien konkretisiert wurde. Mobilitätsbedürfnisse und die Nachfrage nach Gütertransport sind so zu decken, dass dies mit dem Gesundheits-, Klima- und Ökosystemschutz in Einklang steht, soziale Gerechtigkeit, Partizipation und Beschäftigung auch für künftige Generationen fördert, sowie aufgrund der verringerten externen Kosten gesamtwirtschaftlich effizient und wettbewerbsfähig ist. Insbesondere soll die Nutzung von Ressourcen umweltschonend erfolgen, die Umwelt- und Gesundheitsbelastungen die Belastungsgrenzen der Gesundheit der Menschen und der Ökosysteme nicht übersteigen und irreversible Schäden vermeiden. Die ökologischen, ökonomischen und sozialen Leitplanken der Nachhaltigkeit müssen auch im Verkehr verstärkt Einzug halten. Impulse und Anreize für nachhaltige Siedlungs- und Mobilitätsstile, für einen technologischen und strukturellen Wandel in der Industrie, für multimodale Mobilitätsangebote und erneuerbare Energien sind zu setzen. Dabei sind demographische Rahmenbedingungen wie die steigende Zahl alter Menschen und sich verändernde Bedürfnisse junger Menschen einzubeziehen. Die Bedarfsgerechtigkeit von Verkehrsangeboten für soziale Gruppen hinsichtlich Leistbarkeit, Qualität, Zugänglichkeit und Zuverlässigkeit ist zu verbessern. Soziale Nachhaltigkeit im Verkehr umfasst auch den ArbeitnehmerInnenschutz, die Verhinderung von Lohnund Sozialdumping und die Harmonisierung von Sozialstandards. Im Umweltbereich stellen die Beiträge zu den globalen Klimaschutzzielen sowie zur Verbesserung der regionalen Luftqualität (Feinstaub und NOx Reduktion) sowie der Schutz der Menschen vor Lärm besondere Herausforderungen an einen nachhaltigen Verkehr. Die Low Carbon 2050 Economy Roadmap und das Weißbuch Verkehr der EK gehen von einer langfristigen Reduktionserfordernis der THGEmissionen des Verkehrs um rd 60% bis 2050 aus. Im Weißbuch Verkehr werden für 2030 Zwischenziele für CO2-freien Verkehr in Städten und zur Verlagerung des schweren Güterverkehrs auf die Schiene definiert. Die für 2020 im EU Klima- und Energiepaket beschlossenen Ziele zur THG-Reduktion, für erneuerbare Energie, zur Energieeffizienz (nicht verbindlich) und für einen 10% Anteil erneuerbarer Energie im Verkehrsbereich sind wichtige Meilensteine. Die heutige Abhängigkeit des Verkehrs vom fossilem Erdöl muss durch verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger (z.B. beim Ausbau der E-Mobilität) und die Substitution von fossilen durch nachhaltig produzierte biogene Kraftstoffe, sowie durch energieeffizientere Fahrzeuge und die Forcierung spritsparender Fahrweise reduziert werden. Eine große Herausforderung ist es, Maßnahmenbündel zu schnüren, die Synergien bringen und kontraproduktive Effekte wie Kompensationseffekte zwischen technologischen Verbesserungen und Verhaltensänderungen vermeiden. Die Maßnahmenbündel für nachhaltige Mobilität müssen daher sowohl Maßnahmen zur 51 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Beeinflussung der Verkehrsnachfrage wie Mobilitätsmanagement, Raumplanung der kurzen Wege und Ausbau umweltfreundlicher Mobilität enthalten, als auch Maßnahmen für umweltfreundliche Verkehrstechnologien, alternative Antriebe und Kraftstoffe beinhalten. Strukturelle Rahmenbedingungen sind in Richtung nachhaltigen Verkehr zu orientieren. In der Ordnungspolitik, wie bei Investitionen und finanziellen Anreizen sind klare Prioritäten für den Ausbau nachhaltiger Mobilität zu setzen und die Maßnahmenträger zu koordinieren. In wirtschaftlicher Hinsicht sichert der Umbau des Verkehrssystems in Richtung nachhaltiger Verkehr die Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft. Er bietet durch innovative Technologien und Infrastrukturinvestitionen, neue intelligente multimodale Mobilitätsdienstleistungen und Mobilitätsmanagement sowie Effizienzsteigerungen und Transportrationalisierung neue wirtschaftliche Chancen für österreichische Unternehmen und Impulse zur Beschäftigung sowie für neue Berufsbilder. 1. MOBILITÄT ZUKUNFTSFÄHIG GESTALTEN Prioritäres Ziel ist es, die Erreichbarkeit von Personen, Gütern und Dienstleistungen durch ein nachhaltiges, zukunftsfähiges Verkehrssystem in Österreich zu gewährleisten, das umweltfreundlich, klimaschonend, sozial und gendergerecht sowie energie- und ressourceneffizient ist, wirtschaftlich und beschäftigungspolitisch Nutzen bringt, auf erneuerbaren Energieträgern basiert und externe Kosten minimiert. Ein nachhaltiges Verkehrssystem soll eine ausgewogene Regional- und Stadtentwicklung und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen, Innovationsimpulse für neue Technologien und Dienstleistungen setzen, neue Ausbildungs- und Berufsbilder schaffen und zum hohen Beschäftigungsgrad beitragen. Gesundheit- und Umweltbelastungen sollen verringert und der Gesamtenergieverbrauch des Verkehrs reduziert werden. Die Umweltfreundlichkeit der Verkehrsmittel ist zu verbessern. Neben der Steigerung der Energieeffizienz sollen im Verkehrsbereich erneuerbare Energie und nachhaltig produzierte biogene Kraftstoffe forciert und fossile Energieträger dadurch langfristig substituiert werden. Eine Verhaltensänderung in Richtung multimodaler Mobilitätskulturen, energiesparender Fahrweisen und umweltfreundlicher Mobilität ist zu unterstützen. Ziel: Reduktion des Verkehrsaufkommens durch den Abbau von Mobilitätszwängen Handlungsansätze: Erarbeitung eines sektorenübergreifenden Masterplans für nachhaltige Mobilität in Österreich unter Einbeziehung von Verkehr und Technologie, Umwelt und Klimaschutz, Sozial- und Gesundheitsfragen, Wirtschaft, Stadtund Regionalentwicklung Ausrichtung der Verkehrskonzepte sowie verkehrsrelevanten Zielkataloge und Infrastrukturpläne der Gebietskörperschaften und Unternehmen auf Nachhaltigkeitsziele Umsetzung des „Konzepts der kurzen Wege“, Förderung durchmischter Strukturen und Hintanhaltung weiterer Zersiedelung im Wege einer integrierten Verkehrs-, Siedlungs- und Flächenwidmung, Regionalplanung 52 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 und Betriebsstandortepolitk mit Orientierung an guter Erreichbarkeit durch umweltverträgliche Verkehrsarten (entsprechend der Zielsetzungen des ÖREK 2011, siehe HF 9) Forcierung rationalisierter Wirtschaftskreisläufe und Wertschöpfungsketten Förderung von klimaschonendem und bewegungsförderndem Mobilitätsmanagement für Betriebe, Unternehmen, Gemeinden, Verbände und im Tourismusbereich Ziel: Verlagerung des Verkehrs auf ökologisch und sozial nachhaltigere, sichere und weniger gesundheitsbelastende Verkehrsmittel Handlungsansätze: Forcierung umweltfreundlicher Mobilitätsformen und Verkehrssysteme (im Personenverkehr öffentlicher Verkehr, Fußgänger- und Radverkehr, im Güterverkehr Schifffahrt und Schiene) Forcierung der Parkraumbewirtschaftung und Reform der Stellplatzverordnungen Mobilitätsmanagement Forcierter Einsatz fiskalischer und anderer Anreizsysteme zur Reduktion der externen Kosten des Verkehrs und verstärkten Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel Ziel: Umweltverträgliche Abwicklung und Verbesserung der Ökoeffizienz des motorisierten Individual- und Güterverkehrs Handlungsansätze: Substitution fossiler Energieträger durch Forcierung erneuerbarer Energie, insbesondere von E-Mobilität und anderen alternativen Antrieben sowie dem Einsatz nachhaltig produzierter biogener Kraftstoffe und durch energieeffizientere, umweltfreundlichere Personen- und Nutzfahrzeuge und innovative multimodale Mobilitätstechnologien Fokussierung der bestehenden Forschungs- und Technologieförderungen auf die oben genannten Anwendungsbereiche Forcierung von Carsharing Breite Umsetzung von Maßnahmen zur sicheren und umweltverträglichen Verkehrsabwicklung (z.B. Verkehrsberuhigung, Tempo 30 u.v.a) Verbreitung treibstoffsparender Fahrweisen im Personen und Güterverkehr (Spritspartrainings, etc.) Maßnahmen zu Lärmschutz und Lärmvermeidung im Rahmen der Lärmaktionspläne des Bundesumgebungslärmschutz-Gesetzes Verbesserte Auslastung der Verkehrsmittel und Infrastrukturen durch Informations- und Kommunikationstechnologien 2. NACHHALTIGER PERSONENVERKEHR Der Personenverkehr wird bestimmt durch zahlreiche Mobilitätszwänge im privaten und im Arbeitsalltag der Menschen und durch eine Dominanz der individuellen motorisierten Fortbewegung. Daher muss bei seiner Umgestaltung in Richtung NH 53 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 einerseits die umwelt- und gesundheitsrelevante Orientierung an Konzepten für kompakte Städte und Dörfer, die kurze Wege im Alltag ermöglichen, d.h. die Erreichbarkeit von Arbeit, Schule, Geschäften, und Freizeiteinrichtungen ohne die Zurücklegung großer Distanzen, im Vordergrund stehen. Dies muss Hand in Hand mit einer Orientierung der Siedlungs- und Raumplanung und einer Verbesserung und Aufwertung des bewegungsfördernden Verkehrs (Rad- und Fußgängerverkehr), des öffentlichen Verkehrsnetzes mit Bahn und Bus mit dem Ausbau und der Integration bedarfsorientierter Systeme wie Anrufsammeltaxis und Rufbusse gehen, um sowohl in Städten als auch ländlichen Regionen ein österreichweit gutes ÖV-Angebot als Alternative zum PKW zur Verfügung bereitstellen zu können. Eine multimodale Mobilitätskultur ist zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse aller sozialen Gruppen und auf deren Veränderung durch den demografischen Wandel und sowie auf Erfordernisse der unterschiedlichen Siedlungstypen (großstädtische Ballungsräume bis zu ländlichen Streusiedlungen) ausgeichtet ist. Öffentliche Förderungen sollen Projekte, die diese Konzepte befolgen und sich an ÖV-Erreichbarkeit orientieren, unterstützen. Letztlich soll nachhaltiger Personenverkehr nicht nur zur Verminderung von Umweltbelastungen, Flächenverbrauch und anderer Externalitäten führen, sondern konkrete Vorteile für die VerkehrsteilnehmerInnen durch Zeit- und Kosteneinsparungen, höhere Verkehrssicherheit und positive Gesundheitswirkungen mit sich bringen Ziel: Flächendeckende Verbesserung der Infrastruktur und des Leistungsangebotes im ÖV Handlungsansätze: Ausbau und Förderung abgestimmter, im Taktverkehr und tariflich vernetzter ÖV-Angebote in Stadt und Land und Integration mit bedarfsorientierten flexiblen Rufbus-, Gemeindebus- und Taxisystemen Ausbau und Verbesserung der Bahn- und Busnetze unter besonderer Berücksichtigung regionaler ebenso wie grenzüberschreitender Verbindungen und der Einbindung in das europäische Hochleistungsschienennetz Aufwertung und Unterstützung des Umweltverbunds durch Verbesserungen im Bereich der Infrastrukturen und der Verkehrsorganisation Ziel: Verbesserung der Bedingungen für bewegungsfördernden Verkehr Handlungsansätze: Förderung des Rad- und Fußgängerverkehrs durch Ausrichtung der Siedlungsplanung und Regionalentwicklung auf kompakte Städte und Dörfer und durch Neu- und Ausbau der Radinfrastruktur Gemeinsame Umsetzung und Weiterentwicklung des Masterplans Radfahren und Weiterführung der Radverkehrsförderung Erstellung eines Masterplans zur Förderung des Fußgängerverkehrs. Verbesserte Verkehrsorganisation und Adaptierung des Wege- und Straßennetzes im Sinne der Verkehrssicherheit und der Verkehrsberuhigung sowie Verbesserung multimodaler Straßenräume und Schnittstellen mit dem ÖV Ziel: Eindämmung der negativen Umweltwirkungen des Flugverkehrs Handlungsansätze: Ersatz von Kurzstreckenflügen durch rasche und leistbare Bahnverbindungen 54 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 weitere technische Verbesserungen der Flugzeuge und Einsatz nachhaltig produzierter biogener Flugkraftstoffe Steuerliche Ansätze Organisatorische Maßnahmen beim Flugbetrieb 3. NACHHALTIGER GÜTERVERKEHR Mobilitätszwänge im Güterverkehr resultieren zu einem guten Teil aus der wettbewerbspolitisch begründeten und mit Kostenvorteilen verbundenen Arbeitsteilung zwischen vielfach weit auseinanderliegenden Wirtschaftsstandorten. Ebenso wie im motorisierten Personenverkehr stellt sich die Aufgabe, der Externalisierung von Kosten durch Anwendung des Verursacherprinzips vorzubeugen. Es gilt weiters, den Güterverkehr von der Straße auf umweltfreundlichere Verkehrsträger (Bahn, Schiff) zu verlagern, den Auslastungsgrad und die Effizienz der Nutzung von Verkehrsmitteln und der bestehenden Infrastruktur durch organisatorische Maßnahmen zu verbessern, und den Einsatz energieeffizienterer und weniger umweltbelastender Verkehrsmittel und Antriebstechnologien zu fördern. Ziel: Erhöhung des Auslastungsgrades und Steigerung der effizienten Nutzung von hochrangiger Verkehrsinfrastruktur Handlungsansätze: Reduktion von Leerfahrten durch optimierte multimodale Logistik mit Hilfe von Telematik Forcierung eines umweltfreundlicheren Zuliefer- und Verteilverkehrs Fiskalische und nicht-fiskalische Anreize zur Steigerung der effizienten Nutzung (umweltfreundlicher) Verkehrsmittel und –infrastrukturen Ziel: Weitere Verlagerung des schweren Straßengüterverkehrs auf die Schiene sowie hin zur Binnenschifffahrt und zum kombinierten Verkehr Handlungsansätze: Prioritätensetzung bei VerkehrsinfrastrukturInvestitionen zugunsten der Bahninfrastruktur (z. B. langfristige Sicherstellung der Anschlussbahnförderung) Ausbau und Flexibilisierung des kombinierten Güterverkehrs mit Bahn und Binnenschifffahrt durch Ausbau multimodaler Knoten, von Betriebsmanagement und Schienenlogistik, umweltverträglicher Transportketten, innovativer Umladetechnologien und kombinierten Verkehrs. Verbesserung und Ausbau des Angebots im Schienengüterverkehr und im kombinierten Güterverkehr - im Inland und grenzüberschreitenden Verkehr sowie Verbesserung und Sicherung der Erreichbarkeit und Standortqualität auch peripherer Wirtschaftsregionen 4. INFORMATION, BEWUSSTSEINSBILDUNG UND PARTIZIPATION FÜR NACHHALTIGE MOBILITÄT Der Information und Bewusstseinsbildung breiter Bevölkerungsschichten ist besondere Beachtung zu schenken, um Nutzen und Vorteile nachhaltiger Mobilitätsformen aufzuzeigen, das Mobilitätsverhalten positiv zu beeinflussen und die Akzeptanz der erforderlichen Maßnahmen sicherzustellen. Dazu gehören auch die 55 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 weitere Verbesserung der Informationsmöglichkeiten über nachhaltige Mobilitätsangebote und deren BenutzerInnenfreundlichkeit. Die Beteiligung betroffener Menschen in partizipativen Verfahren soll Standard in der Verkehrsplanung und anderen Planungsbereichen sein (z.B. Kundenforen, Fahrgastbeiräte zur Verbesserung des ÖV). Verkehrskonzepte und andere verkehrspolitische Zielkataloge müssen Mobilitätsmanagement und „Soft Policies“ verbindlich berücksichtigen. Ziel: Bewusstseinsbildung in Richtung NH Mobilität in allen Bevölkerungsschichten Handlungsansätze: Multitmediale Information der KonsumentInnen über Energieverbrauch, und Umwelteffekte und soziale Kosten der Mobilität Zielgruppenspezifische, praxisorientierte Informationskampagnen für KonsumentInnen zu umweltfreundlicher, nachhaltiger Mobilität Kommunizierung der Vorteile für die verschiedenen Zielgruppen Entwicklung und Demonstration von Vorzeigebespielen („Good Practice“) und Pilotaktionen für klimafreundliche Mobilität (z.B. Tourismus und Freizeitverkehr, Pendlerverkehr, Jugendmobilität, Verkehrsspargemeinden, EMobilität) Ziel: Verbesserung des Informationsangebots über nachhaltige Mobilität und ihrer BenutzerInnenfreundlichkeit Handlungsansätze: Schaffung eines österreichweit harmonisierten Auskunfts- und Mobilitätsinformationssystems über die Mobilitätskette von Tür zu Tür unter Einschluss flexibler umweltfreundlicher Verkehrssysteme. Schaffung multifunktionaler, regionaler Informations- und Beratungsstellen zu Mobilitätsangeboten ("Mobilitätszentralen") Umfassende, leicht zugängliche Information über Angebote im Umweltverbund und einfacher Zugang zu passenden Tickets über verschiedene Vertriebskanäle Schaffung und Förderung neuer Berufsbilder und Ausbildungslehrgänge für nachhaltige Mobilität Ziel: Verstärkung der Partizipation in der Verkehrsplanung Handlungsansätze: Verbesserung der Einbeziehung der BürgerInnen in Verkehrsplanung und Konzepterstellung Förderung von Kundenforen und Fahrgastbeiräten sowie Interessenvertretungen für den Rad- und Fußgängerverkehr 56 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Handlungsfeld 9: „Perspektiven der örtlichen, regionalen und räumlichen Entwicklung“ 1. Zum Verhältnis Raumpolitik und Nachhaltigkeitspolitik Die räumlichen Strukturen und Prozesse auf örtlicher und regionaler Ebene haben starken Einfluss auf die nachhaltige Entwicklung (NE). Sie sind sowohl die im Raum beobachtbaren Ergebnisse von als auch die Ansatzpunkte für menschliches Handeln und politisches Gestalten auf dem Weg zu einem Nachhaltigen Österreich. Als rechtlich unverbindliches nationales Koordinations- und Steuerungsinstrument aller Regierungsebenen dient das alle 10 Jahre im Rahmen der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) erarbeitete und zuletzt am 4. August 2011 beschlossene Österreichische Raumentwicklungskonzept (ÖREK), das . in seinem Kern bereits ein Nachhaltigkeitskonzept für die räumliche Entwicklung Österreichs darstellt. Komplementär zu den Grundsätzen der Wettbewerbsfähigkeit und Solidarität bekennt sich das ÖREK 2011 zum Prinzip der Nachhaltigkeit und „forciert Maßnahmen einer Siedlungs- und Freiraumentwicklung, die natürliche Ressourcen schont. …. Für zukünftige Generationen sollen möglichst vielfältige Handlungsspielräume offengehalten werden. Dazu sind auch (langfristige) Summenwirkungen vieler – im Einzelnen vielleicht unbedenklicher – Nutzungsaktivitäten, Systemkreisläufe und kumulativer Schadenswirkungen zu berücksichtigen.“ (ÖREK 2011, S. 18) 1.1. NSTRATneu als komplementäre Strategie zum ÖREK 2011 ÖREK 2011 und NSTRAT adressieren die NE auf komplementäre Art und Weise – beide in der zeitlichen Perspektive 2020. Das ÖREK 2011 fokussiert auf die Trends der räumlichen Entwicklung Österreichs, demgegenüber der stärker generationenübergreifende Ansatz der NSTRAT notwendigerweise Handlungsebenen und Einflussfaktoren umfasst, die im ÖREK allenfalls kursorisch behandelt werden. Zudem berücksichtigt die NSTRAT in höherem Ausmaß nicht-staatliche Maßnahmenträger und bezieht zudem insbesondere die lokale Ebene als wichtigen und eigenständigen Träger einer Nachhaltigkeitsstrategie für die räumliche Entwicklung verstärkt in die Betrachtung mit ein (Lokale Agenda 21, etc.). Die NSTRAT ergänzt und vertieft das ÖREK nicht nur aufgrund neuer thematischer Akzente, sondern kann in mehrfacher Hinsicht die Umsetzung der Ziele des ÖREK 2011 unterstützen: NachhaltigkeitsexpertInnen können ihr spezifisches Know how in einzelne, als besonders prioritär erachtete ÖREK Partnerschaften einbringen. Bereits laufende oder geplante Initiativen der NSTRAT können im Sinne des ÖREK 2011 als Beispiele mit Modellcharakter aufbereitet werden. Die Erarbeitung von Tools für Gemeinden würde einen dringenden Bedarf an Informationen decken Die Legitimationsbasis des ÖREK durch ergänzende Argumentation - auch zu Themen der Raumentwicklung, die unter dem Konsensprinzip der ÖROK nur schwer anzusprechen waren – könnte verbreitert werden. 2. NH-Relevante Herausforderungen der örtlichen, regionalen und räumlichen Entwicklung Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Gestaltung von Siedlungs- und Verkehrsstrukturen haben starken Einfluss auf eine NE. Diesbezügliche Festlegungen determinieren oft die Entwicklung über sehr lange Zeiträume. Das ÖREK 2011 formuliert folgende räumlichen Ziele (gekürzt; siehe ÖREK 2011, S. 18): kompakte Siedlungsstrukturen und ein „punktachsiales System“ der Siedlungsentwicklung polyzentrische Strukturen leistungsfähige Achsen, in denen die hochrangigen und linienhaften Infrastrukturen gebündelt werden 57 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 funktionelle Verflechtungen zwischen den räumlichen Einheiten, die Anlass für eine verstärkte Kooperation darstellen das Netz von historisch alten, ökonomisch gut entwickelten und demographisch stabilen Klein- und Mittelzentren als Träger der Daseinsvorsorge für die ländlichen Räume zu stützen die Entwicklung der nicht-städtischen und ländlichen Räume zu fördern die Entfaltung regionalspezifischer Potenziale und damit die lokale und regionale Vielfalt zu stärken das Wachstum der Bevölkerung und die zunehmende Flächeninanspruchnahme der gesellschaftlichen Grundfunktionen zu bewältigen und haushälterisch, flächensparend und nachhaltig Grund und Boden zu nutzen raumordnerische Maßnahmen generell auf ihre Klimarelevanz zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen Zielsetzung: Räumliche Ziele des ÖREK 2011 bei raumrelevanten Planungen und Maßnahmen aller Gebietskörperschaften berücksichtigen Handlungsansätze: S. unten 2.1. Wirtschaftliche Dimension Die regionalwirtschaftlichen Strukturen, Dynamiken und Potenziale der österreichischen Städte und Regionen bzw. der Wirtschaftsstandorte weisen eine beträchtliche Bandbreite auf, was differenzierte Entwicklungsstrategien notwendig macht. Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit sind dabei gleichrangige Ziele. Aus der Sicht der NE wichtige Aspekte wie z.B. kurze Weg, gute Erschließungsqualität, Arbeitsumfeld, Nutzungsmischung/-vielfalt, regionale Kreisläufe, etc. können auch zur wirtschaftlichen Standortattraktivität beitragen. Der für den einzelnen Standort ausgewählte Maßnahmenmix ist den jeweiligen örtlichen und regionalen Kontexten und spezifischen Anforderungen der NE anzupassen. Im österreichischen Kontext sind die Erfordernisse der KMU auf regionaler und lokaler Ebene ein wichtiger Ansatzpunkt für erfolgreiche Innovations-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik. Städtische Räume spielen – unabhängig von ihrer Größe - oft eine Motorenfunktion für die sie umgebende Region. Regionale Leitbilder, die auf „Visionen einer NE“ aufbauen, können nicht nur regionale Innovationskräfte stärken sondern auch wichtige Impulse für eine NE bedeuten. Nachhaltigkeitsaspekte bieten grundsätzlich flächendeckend Anknüpfungspunkte für innovative wirtschafts- und standortstrategische Entwicklungsmaßnahmen. Die Qualität der regionalen Aus- und Weiterbildungssysteme spielt dabei eine wichtige Rolle. Zielsetzungen: Nachhaltigkeitsaspekte in die lokalen und regionalen Standortplanungen und strategieprozesse mitaufnehmen Handlungsansätze: Nachhaltigkeitsaspekte in den bestehenden kommunalen und regionalen Planungs-und Strategieprozessen stärken und die Potenziale überregionaler Instrumente nutzen Nutzung der Regional- und Gemeindeförderungen auch für die Ziele einer NE Regionalwirtschaftspolitische Potenziale einer NE in der regionalen Innovations-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik aufgreifen Handlungsansätze: Unterstützung bei der Weiterentwicklung von Strukturen und Verfahren in der regionalen Sektor übergreifenden 58 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Zusammenarbeit; v.a. an Schnittstellen zwischen InnovationWirtschaft-Bildung-Arbeitsmarkt und NE Regionalwirtschaftliche Entwicklungsstrategien mit Themen der NE verknüpfen (z.B. Green growth, Smart cities, etc.) Nachhaltigkeitsprojekte als regionale Innovationsprojekte ermöglichen und positionieren 2.2) Soziale Dimension Migration ist zu der entscheidenden Größe des demographischen Wandels und des Bevölkerungswachstums in Österreich geworden. Dies betrifft sowohl städtische wie ländliche Regionen. Der Bedarf an vorausschauenden Integrationsstrategien und deren Verknüpfung mit der Raumentwicklung- und Standortpolitik auf lokaler und regionaler Ebene steigt. Zudem bedarf der Bevölkerungsrückgang in einigen Regionen solidarischer Abfederungsmaßnahmen und nachhaltiger Anpassungsprozesse. Aufgrund der absehbaren demographischen Entwicklung einerseits und den Sparzwängen öffentlicher Haushalte anderseits geraten Einrichtungen der kommunalen und regionalen Daseinsvorsorge stärker unter Druck (diese umfassen die Infrastruktur für Bildung, Gesundheit, Kultur und Soziales, Verkehrsinfrastruktur und öffentliche Verkehrsmittel, Infrastruktur für die Wasser-, Abwasserund Energieversorgung sowie die Schaffung von leistbarem Wohnraum). Anpassungsprozesse sind gleichermaßen gefragt wie neue innovative lokale und regionale Lösungen zur Aufrechterhaltung eines angemessenen Versorgungsstandards Zielsetzungen: Wahrung einer nachhaltigen demographischen Entwicklung in Österreichs Regionen Handlungsansätze: Leitlinien und Integrationsstrategien auf lokaler und regionaler Ebene erarbeiten (bei Verfolgung von der lokalen/regionalen Situation angepassten integrierten Politikansätzen) Verstärkter Fokus auf generationenspezifische Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten (insbesondere für Jugendliche) Nachhaltige Anpassungsstrategien im Bereich der lokalen und regionalen Daseinsvorsorge zur Wahrung der gesellschaftlichen Solidarität Handlungsansätze: Zentrale Orte als Standorte der sozialen Infrastruktur nutzen Daseinsvorsorge stärken (bestehende Organisationsformen optimieren, interkommunale Kooperationsmodelle ausbauen) und Mindestversorgungsgrade im Wege von demokratisch legitimierten Prozessen erarbeiten Zu lokal oder regional erforderlichen Rückbaumaßnahmen der Infrastruktur sozial abgefederte Modellbeispiele ausarbeiten und Übertragbarkeit prüfen 2.3) Ökologische Dimension Gesamthaft steht Österreich ein bedeutsames demographisches Wachstum bevor. Vor allem in den städtischen Regionen steigt der Raumbedarf weiter an. In Regionen mit begrenztem Siedlungsraum und bereits starker Verkehrsbelastung sind dringend neue Mechanismen und Instrumente zu entwickeln, um das Wachstum qualitativ zu bewältigen, mit dem Ziel eine NE zu sichern. Für die regionalen Mobilitätsbedürfnisse von Bevölkerung und Wirtschaft sind Lösungen unter Sicherstellung der Ziele einer NE zu entwickeln. Zielsetzungen: 59 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Räumliches Wachstum qualitätsorientiert und nachhaltig bewältigen – Siedlungs- und Verkehrsentwicklung verstärkt unter dem Gesichtspunkt einer NE betreiben Handlungsansätze: Örtliche und regionale Raumplanung und Bauordnungen verstärkt nach den Zielen einer NE ausrichten sowie Effektivität überregionaler Raumplanungsinstrumente steigern (inkl. sparsamer Umgang mit natürlichen Ressourcen, Kostenwahrheit bei Aufschließungskosten vermitteln; Neuwidmungen umfassend beurteilen, etc. Governance-Modelle für Verwaltungsgrenzen übergreifende Stadtregionen forcieren Raumrelevante Förderungen stärker an Anforderungen der nachhaltigen räumlichen Entwicklung koppeln (u.a. Wohnbauförderung, Infrastrukturaufschließungsförderung, raumrelevante Betriebs- und Unternehmensförderungen, etc.) Nachhaltige Energieraumplanungsinstrumente forcieren; z.B. Energieausweismodelle für Siedlungen Durch Siedlungsstrukturen, die eine bedarfsgerechte Versorgung mit hochwertigem öffentlichen Verkehr ermöglichen, nachhaltige Modelle für diesen und den nicht-motorisierten Verkehr unterstützen Konzept der kurzen Wege Verlagerung des Verkehrs auf den Umweltverbund durch Ausbau intermodaler Schnittstellen; u.a. zwischen hochrangigen Verkehrsträgern und regionalen und lokalen Netzen Rückgewinnung des öffentlichen Raumes Optimale Nutzung der IKT-Möglichkeiten für nachhaltige Mobilitätslösungen (letzte 4 HAe siehe auch HF8) 2.4) Operationalisierung und Governance Städte und Gemeinden spielen in zahlreichen Zukunftsfragen eine entscheidende Rolle. Zudem sind sie ein wichtiger Bezugsrahmen für partizipative Prozesse. Die Kultur der Verantwortungsübernahme durch die Bevölkerung kann gerade auf lokaler und regionaler Ebene gestärkt werden. Neue effektive Formen der Ermöglichung („empowerment“) von Partizipation der unterschiedlichen Alters- und Anspruchsgruppen der Zivilgesellschaft sind zu entwickeln (d.h. sowohl für die Wohnbevölkerung wie auch für die vor Ort arbeitenden bzw. auszubildenden Bevölkerungsgruppen). Der partnerschaftliche Zugang der regionalen Agenda 21 leistet wichtige Beiträge auf dem Weg zu einer NE auf kommunaler und kleinregionaler Ebene. Funktionalräumliche Verflechtungen erfordern Kooperationen, die sich über Kompetenz- und Verwaltungsgrenzen hinweg erstrecken und damit neuer Formen effektiver Zusammenarbeit auf Ebene zwischen der Landesebene und den Gemeinden, vielfach auch über Staatsgrenzen hinweg. Das Diktat der knappen Kassen in den öffentlichen Haushalten führt zu einer Forcierung der interkommunalen Zusammenarbeit. Eine effiziente und effektive Organisation der Zusammenarbeit auf regionaler Ebene kann ganz wesentlich zur Verwirklichung der Vorgaben derLeitplanken und der Zielsetzungen wie auch zur Umsetzung der Handlungsansätze der NSTRATneu beitragen. Eine nachhaltige Entwicklung in Österreich kann nur mit vielfältigen internationalen Bezügen geplant und effektiv mitgestaltet werden. Zahlreiche regionale und räumliche Herausforderungen in Österreich sind zunehmend nur in Staatsgrenzen übergreifender Zusammenarbeit bzw. bei Mitwirkung in supranationalen Prozessen wirksam zu bearbeiten 60 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 (z.B. Transeuropäische Transport- und Energienetze, Europäische Verkehrspolitik, Klimaanpassungsstrategie und Klimaschutz, etc.). Zielsetzungen: Stärkung der Koordinierungsfunktion des Bundes für NH-Aspekte örtlicher, regionaler und räumlicher Entwicklung Handlungsansätze: ÖREK 2011 Strukturen und Möglichkeiten für die Partizipation der Zivilgesellschaft auf lokaler und regionaler Ebene stärken ( „Lokale Agenda 21 Prozesse“) Handlungsansätze: Modelle der Ermöglichung von Partizipation auf lokaler und regionaler Ebene ausbauen; inkl. Stärkung demokratischlegitimierter Prozesse Bundesweite Fortführung der Lokalen Agenda 21 Initiative und Nutzung von Synergien mit anderen regionalen und kleinregionalen Kooperationsprozessen Regionale und interkommunale Strategie- und Handlungsfähigkeiten – auch für eine NE - stärken Handlungsansätze: Strukturen und Verfahren der NE bei der Erarbeitung von Regional Governance-Modellen berücksichtigen Modelle und Anreizsysteme für interkommunaler Kooperation zur Sicherstellung von NE weiterentwickeln NE als wichtiges Thema der Verwaltungsgrenzen übergreifenden Stadt-Umland Politiken aufnehmen (Effektivität regionaler Planungsansätze v.a. in den städtischen Agglomerationsräumen stärken; Stadtentwicklungspolitik in funktionalen Räumen ermöglichen) Grenzüberschreitend, international, auf EU-Ebene und global fokussiert agieren Handlungsansätze: Proaktives Einbringen von Themen der NE in grenzüberschreitende Entwicklungsprozesse und großräumig funktionale Zusammenarbeit in Europa (z.B. makroregionale EUStrategien); inkl. verstärkte Ausrichtungen der lokalen und regionalen Kooperationsbeziehungen auf die Nachbarn Österreichs Pilotprojekte zur NE im Rahmen von EU-Kooperationsprogrammen 61 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Handlungsfeld 10) „Globale Verantwortung“ 1. Vorbemerkungen NH muss ihrem Wesen nach über national-staatliche und auch über kontinentale Grenzen hinweg orientiert sein. Dies gilt für alle ihre Dimensionen: Der Klimawandel als weltweit auftretendes Phänomen ist das hervorragendste Beispiel für den grenzüberschreitenden Charakter ökologischer Probleme. Armut und soziale Missstände in Entwicklungs- und Schwellenländern und deren Wohlstandsgefälle zu den Industriestaaten sind die Hauptursache für den Migrationsdruck auf die Industrieländer. Die globalisierten Finanzmärkte und der kontinuierlich steigende Anteil von Güter- und Dienstleistungsexporten sowie FDI sind der sichtbare ökonomische Ausdruck der weltweiten Interdependenz. NH ist ein wichtiger Beitrag zur Vermeidung von gewaltsamen Konflikten, Friedenssicherung und Flüchtlingsbewegungen, zur Verringerung der globalen Armut sowie des Schutzes und der Erhaltung der Umwelt. 2. Trends weltweit: 2.1 Verbrauch von Energie und sonstigen nicht erneuerbaren Ressourcen: Der weltweite Umgang mit natürlichen Ressourcen ist nicht nachhaltig: Heutige Generationen verbrauchen Rohstoffe und Energieträger, deren Vorkommen zum Teil in wenigen Jahrzehnten erschöpft zu sein drohen28 und die künftigen Generationen zur Sicherung ihres Lebensstandards fehlen werden. Auf globaler Ebene erreichten 2010 die Treibhausgas(THG)-Emissionen einen neuen Höchststand. Das Volumen der Subventionen, die den ineffizienten Verbrauch fossiler Brennstoffe fördern, erhöhte sich deutlich auf über $400 Milliarden. Die Zahl der Menschen ohne Zugang zu Elektrizität ist mit 1,3 Milliarden – etwa 20% der Weltbevölkerung - hoch. Der weltweite Rohstoffverbrauch hat in den letzten 20 Jahren um zwei Drittel zugenommen – die ökologischen und sozialen Folgewirkungen bilanzieren überwiegend zu Lasten der Entwicklungsländer. In Österreich hat sich der Ressourcenverbrauch zwischen 1960 und 2010 etwa verdoppelt, die Ressourcenimporte haben sich im gleichen Zeitraum versechsfacht. Mit rd. 24 Tonnen pro Kopf beträgt der Ressourcenverbrauch in Österreich aktuell das 2.5-fache des globalen Durchschnitts. In den letzten Jahren haben die BRICSStaaten mit ihren hohen Wachstumsraten die globalen Ressourcenverbrauchsmuster erheblich verändert. Auch die Dynamik der Energiemärkte wird zunehmend von Ländern außerhalb der OECD bestimmt. Die Intensivierung des grenzüberschreitenden Handels ist begleitet von einer Neuformierung der globalen Produktions- und Verteilungsketten, die aufgrund steigenden Transportaufwandes Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung erhöht. Hinzu kommen der oftmals nicht nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen aller Art sowie die weltweit steigende Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln und der vermehrte Einsatz nachwachsender Rohstoffe für die energetische und stoffliche Nutzung. In der Vermeidung der (Nahrungsmittel-) Verschwendung läge ein hohes Einsparungspotenzial, nicht nur in Bezug auf monetäre Belastungen und die nachhaltige Schonung natürlicher Ressourcen, sondern auch auf Umweltbelastungen wie den CO2Ausstoß.29 2.2 Lebensbedingungen: Betrachtet man den Index für menschliche Entwicklung haben die Entwicklungsländer in den letzten 20 Jahren aufgeholt. Die Fortschritte waren insbesondere im Gesundheits- und Bildungsbereich erheblich. Beim Einkommen haben die drastischen Unterschiede zwischen 28 29 Bericht EP IRD Committee (genauer zitieren) Studie der FAO „Global Food Losses and Food Waste“ 62 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 den Industriestaaten und den Entwicklungsländern aber weiter zugenommen, und die Lebenssituation der Ärmsten der Armen hat sich laut UN-Bericht 2011 zu den Millenniumsentwicklungszielen nicht verbessert. Besorgniserregend vor allem für importabhängige Entwicklungsländer ist der Anstieg der Preise für Nahrungsmittel und Rohstoffe in den letzten Jahren, der unter anderem auf eine gesteigerte Nachfrage aufgrund der steigenden Bevölkerungszahl, geänderten Lebensgewohnheiten sowie regionaler Knappheiten im Zusammenhang mit der gesteigerten Produktion von biogenen Treibstoffen,30 auf Ernteausfälle, hohe Ölpreise, Finanzmarktspekulationen sowie auf die Subventionspolitik im globalen Rahmen zurückzuführen ist. Die kontinuierliche Umweltdegradation und die Auswirkungen des Klimawandels haben die Situation verschärft. Die immer breiter werdende Kluft zwischen Arm und Reich bzw. zwischen Nord und Süd gefährdet die Lebensqualität heutiger und künftiger Generationen. 2.3 Globale Finanzmärkte Die Deregulierung und die damit verbundenen Entwicklungen haben die globalen Finanzmärkte immer weiter von ihrer eigentlichen Funktion – der effizienten Kapitalallokation in der Realwirtschaft – entfernt. In ihrer aktuellen Form stellen die Finanzmärkte nicht nur eine latente Gefahr für die Stabilität der Weltwirtschaft dar, sondern haben auch ambivalente Auswirkungen auf das Wachstum der Wirtschaft und einzelner ihrer Sektoren. Von der jüngsten Finanzkrise gingen auch Umverteilungswirkungen mit negativen sozialen Effekten aus. Die bisherigen Ansätze zu notwendigen Regulierungs- und Aufsichtsmaßnahmen mit dem Ziel, eine Marktordnung für Finanzmärkte zu schaffen, sind unzureichend. Auch wenn – wo vorhanden – nationale Spielräume genutzt werden müssen, können gerade diese Maßnahmen letztlich nur im europäischen und globalen Rahmen durchschlagende Wirkung entfalten. Die von einer Besteuerung spekulativer Finanztransaktionen erwarteten Lenkungseffekte wären ein erster Schritt dazu. 2. 4 Internationale Übereinkommen Seit 1992 versucht die Internationale Staatengemeinschaft Strategien zu entwickeln und in völkerrechtlich verbindlichen Übereinkommen zu verankern und umzusetzen, um den Bedrohungsszenarien entgegenzuwirken und eine nachhaltige Entwicklung einzuleiten. Die Agenda 21, der Johannesburg Plan of Implementation, zahlreiche Konventionen (UNFCCC, CBD, UNCCD etc.) werden laufend weiterentwickelt. In all diesen Prozessen wird deutlich, dass eine multipolare Interessenkonstellation entsteht, die anhand gemeinsamer Betroffenheits- und Entwicklungssituation neue Koalitionen bildet. Das Ziel der UN Konferenz zu nachhaltiger Entwicklung 2012 (Rio+20) ist erneutes Bewusstsein und politisches Momentum für NE zu schaffen, eine Bestandsaufnahme über die Umsetzung der internationalen Beschlüsse seit Rio 1992 zu machen und gemeinsame politische Beschlüsse zu aktuellen Herausforderungen zu treffen. Hauptthemen der Konferenz bilden „Grüne Wirtschaft“ im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung (GESDPE – green economy in the context of sustainable development and poverty eradication), institutionelle Strukturen für nachhaltige Entwicklung im UN System (IFSD – institutional framework for sustainable development), sowie als dritter Strang eine Grundsatzentscheidung über SDGs (Sustainable Develeopment Goals).31 Die MDGs (Millennium Development Goals) stellen einen Handlungskatalog für die Weltgemeinschaft dar. Bis 2015 sollen Richtparameter erreicht werden (z.B. Armuts- und Hungerreduktion um 50%). Länderspezifische Entwicklungsmodelle sind zu entwickeln, die einen sozialen, wirtschaftlichen und umweltgerechten Ausgleich zwischen den Ländern schaffen. Technologie- und Wissenstransfer werden einen wesentlichen Faktor darstellen 30 genaue Formulierung noch offen Dieser Absatz wird nach Rio+20 aktualisiert und spezifisch aufdie Ergebnisse der Konferenz eingegangen 31 63 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 und zu mehr Wertschöpfung in den Entwicklungsländern führen. Die MDGs sollen durch SDGs (Sustainable Development Goals) ergänzt werden.32 Das Ziel einer Reduktion der Zahl der an Hunger Leidenden und damit auch mittelbar die Verwirklichung des MDG 1 liegt im Verantwortungsbereich zahlreicher Organisationen, Programme und Initiativen der UN, allen voran der FAO, des WFP, des FAO Komitees für Ernährungssicherheit oder auch der dem UNGS unterstehenden High Level Task Force on Food Security und der Weltbank. Von Österreich unterstützte globale Zielsetzungen: Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch (auch HF3) Handlungsansätze für österreichischen Beitrag: EU-Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“ Ressourceneffizienzaktionsplan (REAP) Reduzierung der Nahrungsmittelverschwendung Handlungsansätze für österreichischen Beitrag: „Europäisches Jahr gegen Nahrungsmittelverschwendung“ Initiative „Lebensmittel sind kostbar“ Beitrag zur Schaffung einer freiwilligen FAO-Richtlinie gegen Nahrungsmittelverschwendung Agrarprodukte vorrangig für die menschliche Ernährung zur Verfügung stellen Verringerung der absoluten Armut Handlungsansätze für österreichischen Beitrag: Drei-Jahresprogramme der EZA Rückführung der Finanzmärkte und ihrer Institutionen auf ihre Funktion der Kapitalallokation für die Realwirtschaftund Verankerung des StakeholderValue als globale Wirtschaftsmaxime Handlungsansätze: Eintreten für eine Besteuerung spekulativer Finanztranskationen auf EU- und internationaler Ebene 3. Kohärenz Wirtschafts-, Sozial-, Umwelt- und Entwicklungspolitik Der Globalisierung der Wirtschaft steht bisher keine ausreichende Globalisierung der Sozialund Umweltstandards gegenüber. Obwohl seit der Verankerung des politischen Modells „Nachhaltige Entwicklung“ im internationalen Kontext (Rio 1992) Fortschritte gelungen sind, verlangt die zunehmende Spezialisierung in Teilbereiche nach einer verstärkten Kohärenz der Fachthemen und ihrer Umsetzung. Dies gilt auch für die Erfüllung von Verpflichtungen, die die EU bzw. Österreich im Rahmen verschiedener internationalen Übereinkommen (z.B. UNFCCC, ILO, WTO) eingegangen sind. Der Leitfaden "Umwelt und Entwicklung" fördert eine kohärente Prioritätensetzung aller im EZA-Kontext tätigen AkteurInnen in Österreich, vor allem im Rahmen der multilateralen Umweltübereinkommen. Das österreichische Außenwirtschaftsleitbild sieht Nachhaltigkeit als Chance für die österreichische Außenwirtschaft und unterstreicht die Bedeutung der Kohärenz. Beschlüsse aller Bundesländer zur verstärkten Berücksichtigung der Ziele des Global Marshall Plans bei Entscheidungen in Politik und Wirtschaft liegen vor. Zielsetzungen: 32 Dieser Absatz wird nach Rio+20 aktualisiert und spezifisch auf die Ergebnisse der Konferenz eingehen 64 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Erhöhung der Kohärenz von Wirtschafts-, Sozial-, Umwelt- und Entwicklungspolitik Handlungsansätze: Intensivere Koordination der mit der Umsetzung von Kernbereichen der NH beauftragten Institutionen auf allen Ebenen Verpflichtungen aus bestehenden internationalen Abkommen (ILO, UNFCCC, WTO ) kohärent umsetzen Bestehende Mechanismen und Instrumente im Sinne einer besseren weltweiten Zusammenarbeit für Nachhaltige Entwicklung weiterentwickeln, enger verknüpfen und verstärkt nutzen Leitfaden "Umwelt und Entwicklung" Österreichisches Außenwirtschaftsleitbild Verbindungen zwischen globalen Nachhaltigkeitsprogrammen (z.B. Millennium Development Goals, Agenda 21) und Prozessen und AkteurInnen auf regionaler und lokaler Ebene stärken 4. Bildung und Forschung Zunehmender Orientierungslosigkeit angesichts schneller gesellschaftlicher Veränderungen kann insbesondere durch entsprechende Bildungsstrategien, die kritisches Reflektieren und Verstehen globaler Prozesse fördern, begegnet werden. „Globales Lernen“ geht vom Lebensumfeld der Beteiligten aus und stellt die Erfahrungen des Individuums im lokalen Kontext in eine globale Perspektive, um selbständiges und kreatives Erschließen alternativer Deutungs- und Handlungsmöglichkeiten anzuregen. Zur Lösung globaler Probleme sollten FuE-Kapazitäten umfassend genutzt werden. Sowohl die konkrete forschungsbasierte Bearbeitung spezifischer Probleme als auch die Stärkung der wissenschaftlichen Kapazität in weniger entwickelten Ländern durch Hochschul- und Forschungskooperationen können nachhaltige Entwicklung wesentlich unterstützen. Zielsetzungen: Vermehrter Einsatz von Bildung und Forschung zur Erkennung und Lösung globaler NH-Defizite Handlungsansätze: Bildungsstrategien zur Förderung von kritischem Reflektieren und Verstehen globaler Prozesse angesichts zunehmender Orientierungslosigkeit durch rasche gesellschaftliche Veränderungen Strukturelle Stärkung und konzeptionelle Weiterentwicklung des „Globalen Lernens“ im formalen Bildungswesen sowie im Bereich der non-formalen Bildung und seine Etablierung bei verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren und Stakeholdern Förderung von Kooperationen zwischen Hochschulen in Österreich und solchen in den OEZA-Schwerpunktländern zur Qualitätsverbesserung in Lehre und Forschung und Effizienzsteigerung bei Management und Verwaltung Förderung des wissenschaftlichen Dialogs national und international Förderung kooperativer Forschungsprojekte mit internationalen PartnerInnen Beratung wissenschaftlicher Einrichtungen und Förderstellen in Entwicklungsländern 65 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 5. Nachhaltige Entwicklung in der EU Die EU bekennt sich in ihrem Grundlagenvertrag zum Ziel der nachhaltigen Entwicklung Europas.33 Das Verhältnis von NSTRATneu zu Nachhaltigkeits- und Wachstumsstrategien auf europäischer Ebene wurde bereits im Einleitungskapitel definiert. Zielsetzungen: Umsetzung und Konkretisierung der europäischen Nachhaltigkeitspolitik in Österreich Handlungsansätze: NSTRATneu und ihre Handlungsansätze Eine eigenständige NH-Strategie der EU erhalten und weiterentwickeln Handlungsansätze: Aktiver Beitrag Österreichs zur Weiterentwicklung der EU-NHPolitik 6. Globale Verantwortung Österreichs 6.1 Multilaterale Ebene Im Bekenntnis zum Beschluss der Millennium Development Goals hat sich Österreich verpflichtet, dazu beizutragen, die extreme Armut und den Hunger in der Welt bis zum Jahr 2015 zu halbieren, und alle dazu notwendigen Maßnahmen, wie z.B. die nachhaltige Erhaltung der globalen Biodiversität, zu setzen. Österreich kommt dieser Verpflichtung unter anderem durch seine Mitwirkung am „Internationalen Vertrag für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft“ und anderen MEAs nach. Weiters hat sich Österreich im Rahmen der Millennium Development Goals dazu verpflichtet, die Kindersterblichkeit, HIV/AIDS, Malaria und andere schwere Krankheiten zu bekämpfen, Gesundheitsvorsorge und Schulbildung zu fördern sowie zur Gleichstellung der Geschlechter und der Stärkung der Rolle der Frauen beizutragen. Dazu sind globale Entwicklungspartnerschaften vorgesehen. Im Rahmen der MDG1 unterstützt Österreich laufende Reformprozesse zwecks bestmöglicher Ausschöpfung vorhandener Ressourcen und optimaler Mittelallokation in Zeiten budgetärer Zwänge und ebenso die Verwirklichung der 2003 von der FAO angenommenen freiwilligen Richtlinien zur Umsetzung des Rechts auf Nahrung sowie der freiwilligen Richtlinien für eine verantwortungsvolle Regierungsführung bezüglich Land-, Fischerei- und Forstrechte. In der OECD tritt Österreich für die Integration des Konzepts der Nachhaltigen Entwicklung in die Kernbereiche und Aktivitäten der Organisation ein. In der Diskussion zum Thema Umweltverträgliches Wachstum (Green Growth) betont Österreich die Notwendigkeit, über die Aspekte Wirtschaftswachstum und Ökologie hinaus auch die soziale Dimension, Verteilungsfragen, den Beitrag der Bildungspolitik sowie die Rolle der Finanzmärkte zu integrieren. 6.2 Handel und NE Die EU besitzt die ausschließliche Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik ihrer Mitgliedstaaten. [Sie verfolgt die Zielsetzung, den Handel dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung unterzuordnen34.] Beibehaltung BKA35, BAK, Streichung BMWFJ, WKÖ [Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist in der Handelspolitik ein wichtiges, aber kein übergeordnetes Ziel.] BMWFJ Diesem Prinzip ist sie durch die Schaffung von Nachhaltigkeitskapiteln in ihren 33 Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union, Art.3, Abs.(3) Mitteilung der EK „Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft für Nachhaltige Entwicklung“, 3.1. KOMM (2002)82 35 BKA für Beibehaltung, wenn darunterstehender Absatz mit Kompromissformulierung BKA+BMLFUW nicht akzeptiert wird 34 66 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 bilateralen Freihandelsabkommen näher gekommen. Die Einhaltung grundlegender Arbeitsund Umweltstandards wird [teilweise] Beibehaltung BKA, BAK, Streichung BMWFJ unter Einbeziehung u.a. der Zivilgesellschaft überwacht, [ist allerdings [noch] Beibehaltung BKA, BAK, Streichung BMWFJ nicht verbindlich verankert.] Beibehaltung BKA, BAK BMWFJ(ohne „noch“), Streichung des ganzen Halbsatzes WKÖ [Das Prinzip des „mutual support“ zwischen WTO- und Umweltbestimmungen soll auch für die wechselseitige Ausgestaltung von Handels- und NH-Politik Anwendung finden. Die EU besitzt die ausschließliche Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik ihrer Mitgliedstaaten. Der Bedeutung von NE ist sie durch die Schaffung von Nachhaltigkeitskapiteln in ihren bilateralen Freihandelsabkommen näher gekommen. Die Einhaltung grundlegender Arbeits- und Umweltstandards wird von Expertenpanels unter Einbeziehung u.a. der Zivilgesellschaft überwacht, wenngleich noch kein Streitbeilegungsverfahren etabliert ist.] BKA, BMLFUW Mit der Sonderregelung für nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Staatsführung (APS+) wurde im Rahmen des Allgemeinen Zollpräferenzsystems ein Anreizsystem geschaffen, das nach Ratifizierung, Umsetzung und Einhaltung grundlegender Menschenund Arbeitsrechte, Umweltabkommen sowie Verantwortungsvoller Staatsführung Entwicklungsländern zusätzliche Zollbegünstigungen gewährt. Als Maßnahme zur Armutsbekämpfung garantiert die EU zoll- und kontingentfreien Zugang für alle Exporte aus den am wenigsten entwickelten Ländern mit Ausnahme von Waffen. Im Rahmen der Doha Development Agenda (DDA) werden das rechtliche Verhältnis zwischen bestehenden WTO- Regeln und Handelsbestimmungen in multilateralen Umweltabkommen (MEAs), die Liberalisierung von Umweltgütern und Dienstleistungen sowie Verfahren für den regelmäßigen Informationsaustausch zwischen MEA- Sekretariaten und relevanten WTO-Komitees bzw. Kriterien für die Teilnahme von MEA-Sekretariaten als Beobachter bei WTO-Meetings als Verhandlungspunkte diskutiert. [Österreich setzt sich im Rahmen der o.a. EU-Zielsetzung dafür ein, dass die EU in den WTO-Verhandlungen die Berücksichtigung von Umweltagenden und zukünftig auch die Einhaltung von Mindestarbeitsnormen entsprechend den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung vertritt.] Beibehaltung BKA, BAK, Streichung BMWFJ 6.3. Entwicklungszusammenarbeit Das EZA-Gesetz nennt Armutsbekämpfung, die Sicherung von Frieden und menschlicher Sicherheit sowie die Erhaltung der Umwelt als Oberziele der nationalen Entwicklungspolitik. Dort verankert sind ebenfalls die für die gesamte Bundesverwaltung geltenden entwicklungspolitischen Grundprinzipien: Eigenverantwortung der Partnerländer für ihren Entwicklungsweg, Respekt vor kultureller Vielfalt, Gleichstellung zwischen Frauen und Männern und Rücksicht auf die Bedürfnisse von Kindern und Menschen mit Behinderung. Seine thematischen Schwerpunkte legt Österreich in der EZA unter anderem auf Beiträge zur ökologischen Landwirtschaft, den Erhalt von Ökosystemleistungen, nachhaltige Energie und Klimaschutz, Wasserwirtschaft und Siedlungshygiene. Unterstützungsleistungen zur Kapazitätsentwicklung, insbesondere in den Partnerländern der Österreichischen EZA, sind ein wesentlicher Baustein der Kooperation. 6.4. Indikatoren Österreich unterstützt internationale Bestrebungen zur Ergänzung des BIP um weitere Indikatoren, um Wohlstand und Lebensqualität abzubilden. (siehe HF3) Zielsetzungen: Stärkere Verankerung von NH-Prinzipien in der Handelspolitik Handlungsansätze: In den bilateralen Freihandelsabkommen der EU verstärkte technische Hilfe sowie verbesserte Kooperation im Rahmen der Nachhaltigkeitskapitel [mit dem Ziel verbindliche Umwelt- und Sozialstandards] Beibehaltung BKA, BAK, Streichung BMWFJ, 67 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 WKÖ [mit dem Ziel, die dort verankerten Umwelt- und Sozialstandards zu stärken,] BMLFUW anstreben Stärkung des APS+, Zollbegünstigungen an Entwicklungsländer gewähren, ohne die Voraussetzungen (z.B. Einhaltung der ILOMindestarbeitsnormen) zu verletzten [Änderung der WTO-Regelungen in Richtung Aufnahme von Sozialstandards anstreben] Beibehaltung BKA, BAK, Streichung BMWFJ [Fortsetzung des aktiven Einsatzes zur Verankerung anerkannter internationaler Standards, insbesondere Sozialstandards, in bilateralen und multinationalen Handelsabkommen] BMWFJ [Das Prinzip des „mutual support auch für die Beziehung WTOBestimmungen und internationale Sozialstandards anstreben] BMLFUW Förderung einer eigenverantwortlichen nachhaltigen Entwicklung, die die Lebenssituation der Menschen in den Entwicklungsländern nach deren Vorstellungen und im Einklang mit Kultur und Umwelt verbessert Handlungsansätze: Drei-Jahresprogramme der EZA 0,7%-Ziel für EZA-Mittel Verwirklichung der 2003 von der FAO angenommenen freiwilligen Richtlinien zur Umsetzung des Rechts auf Nahrung Freiwillige Richtlinien für eine verantwortungsvolle Regierungsführung bezüglich Land-, Fischerei- und Forstrechte 68 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 III. Operationalisierung und Governance 1. NE als Governance-Reform Agenda Die Umsetzung nachhaltiger Entwicklung (NE) stellt vielseitige Herausforderungen an konventionelle Formen politischer Entscheidungsfindung und –umsetzung - sprich: Governance. Sie setzt entsprechende Prinzipien, Mechanismen und Regelungen zur strategischen Gesamtkoordination voraus. Sie erfordert aber auch laufende Reflexion und Anpassung bestehender Strukturen, Prozesse und Instrumente im Lichte der Nachhaltigkeitsziele in allen Politikbereichen. Governance für Österreichs Weg zur nachhaltigen Entwicklung, wie auch ihre laufende Reform, sind daher ein zentrales Anliegen der NSTRATneu. Dabei kann neben den traditionellen auch auf neue Formen von Governance zurückgegriffen werden, die auf dem Prinzip der Freiwilligkeit (Nutzung von „soft law"), der Subsidiarität und der Partizipation basieren. Die sanften Governance-Mechanismen umfassen Wissenstransfer und Lernen (Politiknetzwerke, Informationsaustausch), Überzeugung (freiwillige Verpflichtungen), Reputationsmechanismen (z.B. Benchmarking), standardisierte Verhaltensregelungen, Monitoring und Zielanpassung sowie Zeitmanagement (Roadmaps, Zeitpläne). Mit ihnen kann die Flexibilität der Verfahren erhöht und eine bessere Einbeziehung von Betroffenen und Beteiligten sowie deren höhere Kooperationsbereitschaft erreicht werden. Damit steigen auch Qualität und Akzeptanz der Entscheidungen. Den zentralen Referenzrahmen von Governance für mehr NE im politischen und Verwaltungsalltag stellt die im Einleitungskapitel skizzierte „Operationalisierung nachhaltiger Entwicklung“ dar: Herausforderung und Chancen auf der Zeitebene: Langfristige und generationenübergreifende Perspektive der Politiken Für moderne Demokratien sind der Fokus auf das Gegenwärtige (z.B. das Denken in Legislaturperioden) und die fehlende Repräsentation der zukünftigen Generationen charakteristisch. Politische Entscheidungen und Maßnahmen wirken aber immer häufiger langfristig, oft über Generationen hinweg. Die Einhaltung des Vorsorgeprinzips ist daher unerlässlich. Dies gilt besonders für Nachhaltigkeitspolitik. Vor allem im Falle wissenschaftlicher Unsicherheit sind zur Vermeidung möglicher (irreparabaler) Schäden an Umwelt und / oder menschlicher Gesundheit Evaluierungsverfahren und Vorsorgemaßnahmen untrennbarer Teil von Nachhaltigkeitspolitik. Die langfristige Perspektive kann unter anderem durch Weiterentwicklung und Nutzung von partizipativen, transdisziplinären und qualitativen ex-ante Politikinstrumenten wie Foresight (Zukunftsszenarien, Delphi Studien) oder integrierte Folgenabschätzung in politischen Prozessen gefördert werden. Herausforderung und Chancen auf der Raumebene: Kohärenz der Politiken über Verwaltungsgrenzen hinweg NH-orientierte Politik muss die über den eigenen Hoheitsbereich hinausgehenden ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen ihrer Maßnahmen im Auge haben. Eine ihrer Governance-Aufgaben ist daher die Stärkung der Kohärenz der Politiken über Verwaltungsgrenzen hinweg. Dies bedarf einer Zusammenarbeit von politischen und gesellschaftlichen Institutionen und Akteuren auf allen Ebenen – von der globalen über die europäische bis zur lokalen, und kann durch Multi-Level Governance Strukturen und Prozesse wie beispielsweise die NHKK erreicht werden. Herausforderung und Chancen auf der Sachebene: Horizontale Integration sektoraler Politiken Die Komplexität der aktuellen Herausforderungen an Politik und Verwaltung führt angesichts der sektoralen Spezialisierung oft zum Ausblenden vielfach vernetzter 69 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Wirkungszusammenhänge und damit zu Fragmentierung und Trivialisierung der anstehenden Probleme. Nachhaltigkeit verlangt aber die Überwindung monokausaler Ursache-Wirkung-Ansätze und eine integrierte Betrachtung wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Belange, damit sie miteinander im Einklang stehen und sich in ihrem Nutzen gegenseitig verstärken. Die oft auf interministerielle Koordination beschränkte horizontale Integration der (Sach)Politiken ist durch Instrumente wie ausgewogene Folgenabschätzung und breitgefächerte Konsultation aller von ihnen Betroffenen zu verbessern. Mit der durch das Haushaltsrecht eingeführten wirkungsorientierte Folgenabschätzung wird versucht, die Auswirkungen von Gesetzesvorhaben auf einige über die Zielsetzung des Gesetzes hinaus gehende Bereiche offen zulegen. Sie sollte durch Messung an den Zielsetzungen der NSTRATneu ergänzt werden. Dabei sind weitere Arbeiten zur besseren Berücksichtigung von Trade-Offs zwischen den Wirkungsdimensionen notwendig sowie eine frühzeitige Beachtung aller Aspekte NHE im Planungs- und Entwicklungsstadium anzustreben. Wichtige Grundlage dafür ist die Nachhaltigkeitsprüfung, die sowohl ein Analyse-, als auch ein Kommunikationsinstrument darstellt. In ihrem Rahmen können durch die frühzeitige Beachtung aller Aspekte nachhaltiger Entwicklung im Planungs- und Entwicklungsstadium unter Beteiligung der Betroffenen, neue Projekte, Programme und Strategien stärker als bisher an den Zielen nachhaltiger Entwicklung ausgerichtet und die Aufmerksamkeit auf deren langfristige Folgen im ökologischen, ökonomischen und sozialen Bereich erhöht werden. Vorliegende Planungsinstrumente, wie das „Handbuch für die Erarbeitung von Politiken und Rechtsakten zugunsten nachhaltiger Entwicklung – Schrittmacher“ (Zitat/Quelle wird ergänzt) sollen bei der Erstellung von Politiken und Rechtsakten aber auch Programmen und Strategien usw. möglichst breit angewendet werden. Das Prüfverfahren soll u.a. helfen, politische Zielkonflikte frühzeitig zu erkennen. In diesem Sinne unterstützt die NH-Prüfung den politischen Entscheidungsprozess, kann ihn aber nicht ersetzen. Herausforderung und Chancen auf der Partizipationsebene: Stärkung der MultiStakeholder Ansätze (auch HF 1, 4, 9) Das Leitbild einer offenen, vielfältigen und partizipativen Gesellschaft stellt Governance vor die Aufgabe, möglichst breite gesellschaftliche Gruppen rechtzeitig und in allen Phasen in die Prozesse der Politikgestaltung einzubinden und den BürgerInnen umfangreiche Beteiligungsmöglichkeiten an der Entscheidungsfindung zu bieten. Dazu gehört die Fortführung des Dialogs mit Sozialpartnern und die Intensivierung jenes mit Vertretern der Zivilgesellschaft. Herausforderung und Chancen auf der ethischen Ebene: Forcierung der gesellschaftlichen Verantwortung (auch HF 1, 4, 9) Nachhaltigkeit verlangt die Stärkung der Verantwortung jedes Einzelnen wie auch aller Gesellschaftsbereiche, also Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Medien, für das Gemeinwohl der heute lebenden und der kommenden Generationen. Die Herstellung der Rahmenbedingungen und die Initiierung eines gesellschaftlichen Diskurses über ethische Grundsätze der NE sind ein wichtige Governance-Aufgaben. Von zentraler Bedeutung ist auch die Bereitstellung der Instrumente für „Nachhaltiges Denken und Handeln“. Entscheidend dafür sind die Verankerung des Verursacherprinzips sowie die Forcierung von Bewusstseinsbildungsinstrumenten, materiellen wie ideellen Anreizen. 2. Governance zur Umsetzung der NSTRATneu 2.1. NSTRATneu und ÖSTRAT Die Umsetzung der Ziele und Handlungsansätze der NSTRATneu in Form von ressortübergreifenden Arbeitsprogrammen erfolgt auf Grundlage und im Rahmen der von Bund und Ländern gemeinsam getragenen ÖSTRAT. Die in der NSTRATneu formulierten Richtlinien für die Ausrichtung der Politik der Bundesregierung an Nachhaltigkeitszielen 70 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 werden gleichzeitig den Beitrag des Bundes für Gespräche mit den Vertretern der Bundesländer zu einer zukünftigen Erneuerung der ÖSTRAT darstellen. 2.2. Akteure Zentrales Instrument zur strategischen Gesamtkoordination ist die gemeinsame ExpertInnenkonferenz der NachhaltigkeitskoordinatorInnen von Ländern und Bund (NHKK). Der Bund ist in ihr durch BKA und BMLFUW vertreten. Die NHKK zeichnet auch für das Schnittstellenmanagement mit den Strategieprozessen auf lokaler und regionaler Ebene (Agenda 21-Prozessen) verantwortlich. Die Koordination der strategischen Ausrichtung der Nachhaltigkeitspolitik des Bundes und der ressortübergreifenden Arbeitsprogramme erfolgt im Komitee für ein Nachhaltiges Österreich (KNHÖ). In ihm sind die NachhaltigkeitskoordinatorInnen der Bundesministerien und der Sozialpartnerorganisationen vertreten. Es wird von BKA und BMLFUW koordiniert. Das Komitee ist die politische Schnittstelle zum Ministerrat. Das Forum Nachhaltiges Österreich (FNHÖ) besteht aus Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Interessenvertretungen und fungiert als ExpertInnenbeirat des KNHÖ. Es hat auch die Erarbeitung dieser Strategie beratend begleitet. Seine Zusammensetzung trägt dem umfassenden Ansatz der Strategie Rechnung, indem sie ein breites gesellschaftliches und politisches Spektrum abbildet. Die Schnittstellen zur Europäischen Ebene sowie die Vernetzung, der Know-How-Austausch und die Synergien mit den Nachhaltigkeitsstrategien- und Prozessen anderer EUMitgliedsstaaten werden über das unter österreichischem Vorsitz stehende Europäische NachhaltigkeitskoordinatorInnen-Netzwerk ESDN (www.sd-network.eu) wahrgenommen. 2.3 Strategische Initiativen Arbeitsprogrammen und Maßnahmen in ressortübergreifenden Strategische und proaktive Förderung von Entwicklung, Umsetzung und Evaluierung von qualitativ hochwertigen Initiativen und Projekten mit Mehrwert für die Umsetzung der NSTRATneu ist von entscheidender Bedeutung für einen nachhaltigen Erfolg. Der Fokus liegt dabei auf Qualitätssicherung, auf ressort- und Sektor übergreifender Abstimmung zur Optimierung der Synergien zwischen den einzelnen Maßnahmen sowie auf der Erweiterung der Umsetzungsmöglichkeiten. Im Rahmen der ÖSTRAT bildet das Arbeitsprogramm 2011ff. des Bundes und der Länder den zentralen Referenzrahmen zu deren Umsetzung. Es ist dynamisch, wird zweimal jährlich aktualisiert und bildet kurz- und mittelfristig zentrale Handlungsfelder, gesellschaftliche Herausforderungen und zu erreichende Ziele ab. Dabei werden die ökologische, soziale und wirtschaftliche Dimension der Strategie sowie deren Leitplanken ausgewogen berücksichtigt. Die Konzeption, Koordinierung und Durchführung der Beiträge der Bundesregierung zu seiner Weiterentwicklung erfolgt im Rahmen des KNHÖ auf der Grundlage der NSTRATneu. Gleiches gilt für den Beitrag des Bundes bei der Erstellung und Umsetzung eines neuen ÖSTRAT Arbeitsprogramms. 2.4 Monitoring und Evaluierung Regelmäßiges Monitoring auf Basis geeigneter Indikatoren sowie Evaluationen sind wichtige Instrumente zur Weiterentwicklung der Strategie und der damit verbundenen Maßnahmen sowie damit der Umsetzung nachhaltiger Entwicklung. Das Monitoring der NSTRATneu baut auf dem vorliegenden Set von Indikatoren für eine gesamthafte Bewertung Nachhaltiger Entwicklung in Österreich (MONE) auf. Dieses wurde vom Bund gemeinsam mit LänderexpertInnen und VertreterInnen der Zivilgesellschaft international abgestimmt entwickelt. Die Indikatoren wurden nach Themenfeldern gegliedert, die für die sozioökonomische und die ökologische Sphäre und deren Wechselwirkung für eine nachhaltige Entwicklung bedeutsam sind (Intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit, Internationale Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden und Sicherheit, Governance und Partizipation, 71 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Gesundheit und Wohlbefinden, Ernährung, Wohlstand, Arbeit, Freizeit, Wohnen und Siedlungsraum, Mobilität, Kultur und Kunst, Bildung und Forschung, Klima, Luft, Strahlung, Energieflüsse und Stoffströme, Landschaft, Ökosysteme, Wasser, Boden, Toxische und umweltgefährliche Stoffe, Lärm). Wirtschaftliches Handeln als unabdingbare Voraussetzung unserer Gesellschaft zur Erfüllung menschlicher Bedürfnisse wird damit gleichzeitig erfasst. Zudem wurden zusätzlich zu objektiven Messgrößen auch Größen aufgenommen, die Wahrnehmung und Empfinden der Menschen widerspiegeln. Die bisherigen MONE Indikatoren-Berichte zeigen die Trends in den verschiedenen Bereichen und erlauben eine Beurteilung nachhaltiger Entwicklung, von Lebensqualität und von Wohlstand. Der alle zwei Jahre veröffentlichte MONE Indikatoren-Bericht stellt mit eine Grundlage für die Arbeitsprogramme und die Fortschrittsberichterstattung und dar. Er wird in Übereinstimmung mit dem Berichtszyklus auf Europäischer Ebene regelmäßig aktualisiert und weiterentwickelt. Evaluationen bezüglich der Wirkungen, der Rahmenbedingungen oder des Umsetzungsprozesses der Strategie bauen auf dem Monitoring. Bei Bedarf sind dabei zusätzliche Indikatoren heranzuziehen. Die Evaluationen werden in die in regelmäßigen Abständen vorzulegenden Fortschrittsberichte zur Umsetzung der ÖSTRAT Eingang finden. Das Instrumentarium hierfür umfasst externe wissenschaftliche Analysen, Peer-ReviewingProzesse im Zusammenwirken mit den NachhaltigkeitskoordinatorInnen des europäischen Netzwerks ESDN und inkludiert die Analysen und Empfehlungen des Rechnungshofes im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitspolitik auf Bundesebene. Zur Umsetzung der NSTRATneu ist es essentiell, die Auswirkungen von Projekten, Programmen und Strategien im Vorfeld zu evaluieren. Für projektverantwortliche EntscheidungsträgerInnen existieren hierfür bereits einfach handzuhabende, richtungssichernde Entscheidungshilfen („Nachhaltigkeits-Checks“). Sicher zu stellen wäre eine integrative Prüfung der Auswirkungen auf die Schwerpunkte NHE. Darüber hinaus ist es vor allem hinsichtlich der Auswirkungen von Programmen und Strategien erforderlich, komplexere Instrumente der NH-Prüfung zu entwickeln. 2.5 NSTRATneu und IKT Eine gezielte Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ist für die Umsetzung der NSTRATneu von wesentlicher Bedeutung. Mit der web-basierten ÖSTRAT Initiativen Datenbank steht den NachhaltigkeitskoordinatorInnen des Bundes und der Länder und den jeweiligen ProjektträgerInnen ein benutzerfreundliches Instrument für die Erstellung, Koordination und Dokumentation der Initiativen und somit für die laufende Erarbeitung und Aktualisierung von Arbeitsprogrammen und Fortschrittsberichten zur Verfügung. Eine entsprechende Sichtbarkeit der der NSTRATneu, ihrer Zielsetzungen und Handlungsansätze ebenso wie die Kommunikation über die daraus resultierenden Umsetzungsmaßnahmen und Aktivitäten im Rahmen des Arbeitsprogramms nach Außen wird durch den Österreichischen Nachhaltigkeitsnewsletter sowie durch die Plattform www.nachhaltigkeit.at gewährleistet.. 72 NSTRATneu Konsolidierter Text Stand: 5.6.2012 Zeichenerklärung: Grün unterlegt: Aktualisierung bei Redaktionsschluss erforderlich Rot unterlegt: Verweis auf existierende Strategie oder Vorhaben [Hellblau unterlegt, in eckiger Klammer] bisher keine konsensfähigen Formulierungen erzielt, Meinungsbild kursiv wiedergegeben 73