Auswirkungen des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens und der neueren Fachdiskussion auf den Umgang mit Fehlern 1. Zum Stellenwert des Fehlers im Sprachlernprozess In der fachdidaktischen Literatur besteht – wenn es um den Stellenwert des Fehlers im Sprachlernprozess geht – weitgehend Einigkeit in folgenden Punkten: • Fehler gehören zum Lernprozess. • Sie haben unterschiedliche Ursachen, sind also keinesfalls nur auf Ursachen wie ungenügende Anstrengung, Vergessen etc. zurückzuführen. Vielmehr beeinflussen Interferenzen aus der Muttersprache oder anderen Fremdsprachen (*Yo he 15 aňos), Übergeneralisierungen (*me gusto), Regularisierungen (*he escribido), Simplifizierungen etc. die Lernersprache. • Fehler sind durch Maßnahmen wie Lernprogrammierung oder kontinuierliche Fehlerkorrektur nicht zu verhindern. • Viele Fehler zeigen, dass Lerner (intuitiv) Hypothesen über Sprache bilden. (vgl. z.B. Kleppin & Königs 1993; Königs 2003; Kleppin 1998) Darüber hinaus können Lerner, auch wenn dies zunächst einmal absurd anmuten mag, Fehler bewusst in Kauf nehmen, um Hypothesen über Sprache zu testen und dadurch weiter zu lernen. Ein solches Lernerverhalten kann als Einsatz einer besonderen Kommunikations- und Lernstrategie gewertet werden, die dem Lerner z.B. einen Versuch erlaubt, etwas auszudrücken, was er noch nicht gelernt hat, aber gern benutzen möchte oder was er gerade braucht, um eine Kommunikationsabsicht realisieren zu können. Wenn dann der Lehrer oder auch ein authentischer Kommunikationspartner die Korrektur vornimmt und die richtige Äußerung vorgibt, kann der Lerner diese verwenden und wird sie möglicherweise sogar behalten wollen. Fehler sind demnach nicht per se als Defizite des Lerners zu betrachten. Zwar haben sie bei der Bewertung schriftlicher und mündlicher Lernerproduktionen 1 meist diesen Stellenwert; doch es ist zunächst einmal zu unterscheiden zwischen dem Stellenwert von Fehlern etwa bei der Leistungs- und Lernfortschrittsbewertung und ihrem Stellenwert im Lernprozess. Stark vereinfacht: Im Unterricht und beim Lernen zeigen sie ihre positive Seite, was Schülern bewusst gemacht werden sollte. Bei Prüfungen und Tests werden sie meist eher negativ in die Bewertung einbezogen und besitzen für Schüler daher auch einen eher negativen Stellenwert. Das Vorkommen der unterschiedlichen Fehlertypen kann nicht nur für den Lehrer, der die unterschiedlichen Verläufe und Stadien der individuellen Lernprozesse nicht genau nachvollziehen kann oder sollte, sondern vor allem für den Lerner selbst etwas über den individuellen Lernprozess aussagen. Handelt es sich beispielsweise um Performanz- oder Kompetenzfehler (vgl. z.B. Corder 1967). Liegt ein Versprecher oder ein Fehlgriff (Performanzfehler) vor, also ein Fehler, den der Lerner selbst korrigieren könnte, wenn er (eventuell versehen mit einer Hilfe) darauf hingewiesen wird, dann deutet der Fehler möglicherweise auf mangelnde Aufmerksamkeit, Ablenkung durch andere mentale Aktivitäten, auf eine Gewöhnung o. ä. hin. Der Lerner benötigt dabei meist keine weiteren Erklärungshilfen, sondern ein bewusstes Umgehen mit diesen Fehlern, die sich ohne Korrekturen oder bewusst auf diese Fehler ausgerichtete andere Aktivitäten (s. z. B. die unter 3. vorgeschlagenen Aktivitäten) durchaus ‚festsetzen’, also fossilisieren können. Bei Irrtümern (Kompetenzfehler) hingegen hat der Lerner etwas noch nicht verstanden oder es wieder vergessen. Hierbei sind also Aktivitäten notwendig, über die der Lerner erst einmal das Funktionieren der entsprechenden sprachlichen Phänomene entdeckt. Versuche (ebenfalls meist Kompetenzfehler, vgl. zu dieser Fehlerunterscheidung z.B. Edge 1989) können anzeigen, das ein Lerner etwas ausdrücken möchte, was noch nicht gelernt wurde, was er aber benutzen können möchte (s. o.). Solche Versuche bieten einen guten Ausgangspunkt für weitere Lernaktivitäten. Weiterhin kann eine Unterscheidung von Fehlern nach Fehlerursachen erfolgen. Sprachliche Interferenz, Übergeneralisierung, Regularisierung, Einsatz von Kommunikations- und Lernstrategien, Übungstransfer, soziokulturelle Interferenz, personale Faktoren wie Müdigkeit, Unaufmerksamkeit 2 etc. verdeutlichen, was im Kopfe eines Lerners beim Fremdsprachenlernen vor sich geht. Dem Lerner sollte daher die Möglichkeit eröffnet werden, solche Ursachen selbst zu durchschauen (vgl. unter 3.). Schon hier muss m. E. die Förderung von Lernautonomie und damit die Steuerung und Kontrolle über den eigenen Lernprozess ansetzen. 2. Zum Stellenwert des Fehlers in der Leistungsbewertung – neue Herausforderungen In der bestehenden Praxis des Fremdsprachenunterrichts werden bei Korrekturmaßnahmen und bei der Leistungsbewertung Fehler meist als ein Indikator für mangelnde Leistung sowohl im schriftlichen wie im mündlichen Ausdruck betrachtet. Die Fehleranzahl und -dichte scheint ein ‚verlässlicher Zählwert’ zu sein. Dies äußert sich zum Teil noch in der Berechnung eines Fehlerquotienten für schriftliche Arbeiten. Doch ein niedriger Fehlerquotient zeigt nicht unbedingt an, dass etwas ‚gekonnt’ wird; vielmehr könnte ein Lerner taktisch vorgegangen sein und nur das äußern, was er sicher weiß; er hat also möglicherweise seine Äußerungsabsicht reduziert, Redundanzen zur Erhöhung der Wortanzahl genutzt o. ä. Die Empfehlungen des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens (GeR) (Europarat 2001) haben nun allerdings zum Umdenken in allen fremdsprachlichen Fächern gezwungen: Das Kriterium Korrektheit muss in Zukunft den positiv formulierten Kann-Beschreibungen folgen. An einem aus dem GeR entnommenen Beispiel (Aspekte der kommunikativen Sprachkompetenz: Ausdrucksfähigkeit, Flüssigkeit, Interaktion, Kohärenz, Korrektheit) kann verdeutlicht werden, welchen Stellenwert der Fehler bei den Deskriptoren einnimmt. 3 Korrektheit C2 Zeigt auch bei der Verwendung komplexer Sprachmittel eine durchgehende Beherrschung der Grammatik, selbst wenn die Aufmerksamkeit anderweitig beansprucht wird (z. B. durch vorausblickendes Planen oder Konzentration auf die Reaktionen anderer). C1 Behält durchgehend ein hohes Maß an grammatischer Korrektheit; Fehler sind selten, fallen kaum auf und werden in der Regel selbst korrigiert. B2+ B2 Zeigt eine recht gute Beherrschung der Grammatik. Macht keine Fehler, die zu Missverständnissen führen, und kann die meisten eigenen Fehler selbst korrigieren. B1+ B1 Verwendet verhältnismäßig korrekt ein Repertoire gebräuchlicher Strukturen und Redeformeln, die mit eher vorhersehbaren Situationen zusammenhängen. A2+ A2 Verwendet einige einfache Strukturen korrekt, macht aber noch systematisch elementare Fehler. A1 Zeigt nur eine begrenzte Beherrschung von einigen wenigen einfachen grammatischen Strukturen und Satzmustern in einem auswendig gelernten Repertoire. (vgl. Europarat 2001, S.37f.) Nur auf drei Niveaus C1, B2 und A2 kommt der Begriff Fehler überhaupt vor. Auf dem Niveau C1 treten in der Regel nur Fehler auf, die selbst korrigiert werden können (Performanzfehler) und nicht ‚auffallen’; ein Kommunikationspartner würde sie also kaum bemerken. Auch für das Niveau B2 ist die Möglichkeit der Selbstkorrektur ein entscheidendes Kriterium, kommunikationsbehindernde Fehler dürfen bei einer Einordnung in dieses Niveau nicht vorkommen; zumindest sind eventuelle Missverständnisse auf Grund von Fehlern schnell zu klären. Auf dem Niveau A2 hingegen werden systematisch elementare Fehler begangen. Gemeint sind hier sicherlich auch linguistisch orientierte Fehlertypen wie etwa Orthographie-, Aussprache-, Morpho-Syntax-, Lexiko-Semantikfehler etc., wobei unterschiedliche Ursachen (Interferenzfehler, Übergeneralisierungen, etc.) zum Tragen kommen. Ansonsten werden solche Formulierungen benutzt wie „ein hoher Maß an grammatischer Korrektheit“ (C1), „ recht gute Beherrschung der Grammatik“ (B2), „verwendet verhältnismäßig korrekt ein Repertoire gebräuchlicher Strukturen und Redeformeln“ (B1), „verwendet einfache Strukturen korrekt“ (A2) „begrenzte Beherrschung von einigen wenigen grammatischen Strukturen und Satzmustern“ (A1). 4 Die neuen Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Spanisch z.B. (vgl. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.1989 i.d.F. vom 05.02.2004; http://www.kmk.org/doc/beschl/EPA-Spanisch.pdf) richten sich nach den Empfehlungen des GeRs; denn zwar kommt z. B. bei der Bildung der Gesamtnote für die schriftlichen Prüfungsleistungen (inhaltliche und sprachliche Leistung (S.16) der sprachlichen Leistung die größere Bedeutung zu, doch gilt dabei, dass die Beurteilung der Sprachrichtigkeit, „sich nicht allein an einem Verhältnis Fehlerzahl: Wortzahl orientieren [darf]; vielmehr muss die sprachliche Leistung auch daraufhin beurteilt werden, in welchem Maße die kommunikativen Ziele erreicht werden. Mut zur anspruchsvolleren Sprachgestaltung (im Gegensatz zu einer defensiven, auf Sicherheit bedachten Schreibweise) ist bei der Beurteilung der sprachlichen Leistung zu berücksichtigen.“ (S. 17) Die Anhaltspunkte, die dann im weiteren Verlauf für die Bewertungen mit „Gut“ bzw. „Ausreichend“ gegeben werden (S. 18ff.) verabschieden sich in noch radikalerer Form vom Fehlerbegriff: Ein Beispiel für die Bewertung der Textaufgabe: „Eine gute sprachliche Leistung im Grundkursfach liegt vor, wenn Eine ausreichende sprachliche Leistung im Grundkursfach liegt vor, wenn - differenzierte Verknüpfungen zwischen Satzteilen, Sätzen und Satzgruppen in einer der Aufgabenstellung angemessenen Weise eingesetzt werden, - einfache Verknüpfungen zwischen Satzteilen, Sätzen und Satzgruppen gemäß der Aufgabenstellung eingesetzt werden, - Sachverhalte und Meinungen differenziert ausgedrückt und wichtige Wörter und Wendungen aus den im Rahmen der Aufgabenstellung einschlägigen Themenfeldern sachgerecht eingebracht werden, - der Wortschatz ausreicht, um Sachverhalte und Meinungen weitgehend verständlich auszudrücken und die Kenntnis wichtiger Wörter und Wendungen im Rahmen der Aufgabenstellung zu erkennen ist, - formalsprachliche Verstöße die Verständlichkeit nicht beeinträchtigen und - formalsprachliche Verstöße die Verständlichkeit nicht erheblich beeinträchtigen und - ein differenzierter Umgang mit sprachlichen Gesetzmäßigkeiten erkennbar ist. - pragmatische Vertrautheit mit grundlegenden sprachlichen Gesetzmäßigkeiten erkennbar ist.“ (http://www.kmk.org/doc/beschl/EPA-Spanisch.pdf, S. 18) Bei den Bewertungskriterien, die für die mündliche Prüfung beschrieben werden, wird betont, dass „bei der Bewertung ein zeitweiliges Zurücktreten der 5 Sprachrichtigkeit zu Gunsten des kommunikativen Erfolgs der Aussage denkbar [ist]. Die Verständlichkeit der Aussage darf jedoch nicht beeinträchtigt werden.“ (S. 23) Es wird bei dem Bewertungskriterien Sprachrichtigkeit explizit betont, dass auf alleiniges Auflisten von Fehlern in der Regel verzichtet werden soll. In Übereinstimmung mit den unter 1. genannten Erkenntnissen aus der Spracherwerbsforschung und den Vorgaben des GeRs stehen auch die Checklisten für die Selbsteinschätzung, die z.B. im Europäischen Portfolio der Sprachen für die Sekundarstufe der Schulen in Nordrhein-Westfalen (Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, o. J.) in der Sprachenbiographie aufgeführt sind. Auch hier kommt der Begriff Fehler bei dem Aspekt Korrektheit nur selten vor. Meist werden kommunikative Situationen bzw. Aktivitäten beschrieben, in denen fehlerfrei oder weitgehend korrekt gehandelt werden kann. Die Niveaus A1 – B1 werden im Hinblick auf den Aspekt Korrektheit z.B. folgendermaßen beschrieben: 6 7 (Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, o. J., S. 34) Zusammenfassend ist nun festzustellen, dass Fehler in Bezug auf eine Niveaueinstufung sowohl für die Fremd- als auch die Selbsteinschätzung als Zählwert irrelevant zu sein scheinen. Die Frage stellt sich allerdings, was sich aus Erkenntnissen der Spracherwerbsforschung und den Empfehlungen des GeRs für den Umgang mit Fehlern im Unterricht ergibt. 3. Zum Umgang mit Fehlern im Unterricht Die Tatsache, dass sich bei der Leistungsbewertung sowohl für schriftliche als auch für mündliche Leistungen der Blickwinkel auf Fehler verschoben hat und sie keinen ‚objektiven Zählwert’ mehr darstellen, heißt jedoch nicht, dass die Fehlerbehandlung im Unterricht verschwinden sollte. Dies wäre ein Kurzschluss; denn dann könnten sie auch nicht mehr einen Anlass zum Weiterlernen bieten (vgl. Kleppin 1995, Kleppin & Raabe 2001) und ihr ‚positiver Stellenwert’ für den Lernprozess wäre nicht zu nutzen. Lerner sollten allerdings – auch im Zuge der Förderung von Lernerautonomie – dabei unterstützt werden, den Stellenwert von Fehlern in und für ihren individuellen Lernprozess zu erkennen. Dies bedeutet für den Unterricht: Schüler lernen, Fehler als wichtig und positiv für den Lernprozess zu sehen. Ausgehend von einer positiven Einschätzung von Fehlern für den Lernprozess ‚trösten’ Lehrer ihre Schüler meist mit der Aussage, Fehler seien keinesfalls schlimm. Es wird bezweckt, dass Lernern die Angst vor Fehlern genommen wird, damit sie sich überhaupt äußern. Hier könnte sogar die radikalere Version, nämlich der Hinweis auf den möglichen Nutzen von Fehlern angebrachter sein, da er eben keinen Trost im Hinblick auf ein Defizit darstellt, sondern den tatsächlichen Stellenwert im Lernprozess besser zum Ausdruck bringt. Schüler lernen, ihre Fehlerursachen zu erkennen. Z. B. wird beim Bearbeiten neuen Sprachmaterials darüber nachgedacht, wo möglicherweise bei der Sprachanwendung demnächst Fehler auftreten werden. Dabei kann es sich um mögliche Interferenzen handeln, aber schon bei Fragen wie: „Warum sagt man me gusta und nicht me gusto?“ oder „Ist 8 das denn nicht wie im Französischen, wo man das Perfekt benutzt? (Z. B. bei einer Frage zum pasado simple) oder bei solchen Unterschieden wie intentar hacer una cosa vs. tratar de hacer una cosa; una persona que llevaba un perro vs. una persona llevando un perro können Lerner dazu kommen, ihre eigenen Fehler vorauszusehen und beginnen, die Prozesse zu durchschauen, die sich in ihrem Kopf abspielen. Fehlerhafte Aussagen können von Schülern im Hinblick auf ihre Ursachen bearbeitet werden. Dies sollte durchaus in spielerischer Form vor sich gehen. Interessante Fehler müssten dann (auch von Schülern) gesammelt werden, Ursachen können erraten werden und gleichzeitig kann man gemeinsam überlegen, ob man diese Fehler selbst schon begangen hat. Da Fehler in der Leistungsbewertung nicht mehr den negativen Stellenwert haben (sollten), kann im Unterricht die Behandlung sinnvoller ansetzen. Hier ist allerdings ein längerer Prozess des Umdenkens von Nöten. Schüler entwickeln Sprachbewusstheit, indem durchgehend auf andere Sprachen (vorher und gleichzeitig gelernte) rekurriert wird (vgl. Forderungen aus der Mehrsprachigkeitsdidaktik, z.B. Bausch, Königs & Krumm (Hrsg.) 2004). Auch bei Korrekturmaßnahmen heißt dies, dass Vergleiche gezogen, Transfermöglichkeiten genutzt und Abgrenzungen geklärt werden werden. Schüler lernen Fehler und fehleranfällige Bereich zu entdecken. Ein spielerisches detektivisches Vorgehen sollte im Vordergrund stehen; denn die Entwicklung von Sprachbewusstheit muss Spaß machen, nicht zuletzt um das Umdenken im Hinblick auf Fehler zu erleichtern. Das Entdecken fehlerhafter Ausdrücke (z.B. über Fehlerversteigerungen); die Belohnung für die meisten entdeckten Fehler in einem Text etc. soll Schüler überhaupt erst dazu anregen, sich mit fehlerhaften (nicht nur den eigenen) Texten zu beschäftigen. Denn bisher ist gerade die Beschäftigung mit den eigenen Fehlern immer mit Ängsten und Vermeidungsverhalten verbunden: Wenn z.B. eine bewertete Arbeit von den Schülern selbst korrigiert werden soll, so hat dies häufig nur dann für das weitere Lernen Auswirkungen, wenn der Lehrer die Selbstkorrekturen der Schüler in seine Bewertung nachträglich positiv einbezieht. 9 Schüler lernen, den eigenen Lernprozess zu überwachen, indem Selbstreflexionen über den Lernprozess angeregt werden, die nicht nur den jeweiligen Lernstand betreffen (z.B. bei der Nutzung von Sprachenportfolios), sondern die sich auch auf typische und häufig vorkommende Fehler zu einem bestimmten Zeitpunkt beziehen. Dafür können z.B. individuelle Fehlerprotokolle dienen. Fehlerprotokolle werden manchmal unterteilt nach Fehlertypen angefertigt. Um allerdings Sprachlernbewusstheit zu schulen, wäre z.B. unten aufgeführtes Vorgehen sinnvoll: Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Ziele nicht zu hoch gesteckt sind: Es handelt sich nur um Beispiele bei den Ordnungsmöglichkeiten; Schüler können und sollten sogar ihre eigenen Kategorien entwickeln. Meine wichtigsten Fehler Mache ich immer noch, will ich aber abschaffen Vermeidung noch zu schwierig für mich Eigentlich ..... kein Problem mehr El sábado pasado *nosotros fuimos a casa mi tío Los habitantes son muy *divertido. Quiero decirle *una otra cosa. Me *encanta asignaturas como Mates y *Espagnol El sistema escolar de *nosotros países *Es un poco frío en Berlin, *no? Después * la escuela voy a hacer una formación. Me va *mucho bien La escuela es más aburid que salir con *sus padres. 10 Eine weitere Möglichkeit wäre z.B. eine Fehlerjagd (vgl. auch Kleppin & Raabe 2001) Jeder Schüler nimmt sich für einen bestimmten Zeitraum die Jagd auf bestimmte – ihn besonders störende – Fehler vor (z.B.*ayudar una persona (acusativo personal), Fehler bei einzelnen ausgewählten Verben wie z.B. bei conocer, esperar, ver, visitar oder den Unterschied también vs tampoco ) Jeder entscheidet dabei für sich selbst, welche Fehler er ‚jagen‘ möchte. Besonders wichtig ist es, dass die ‚Jagd’ realisierbar ist. Es muss sich also um einzelne konkrete Fehler handeln und nicht um allgemeine Fehlertypen. Mit einem Partner aus der Lerngruppe wird dann ein ‚Jagdvertrag‘ abgeschlossen. Die Partner achten gegenseitig auf die entsprechenden Fehler. Sanktionen auf Auftreten der Fehler können untereinander abgemacht werden. Schüler lernen mit ihren besonderen (Lern)schwierigkeiten umzugehen, indem sie dazu angeregt werden, darüber nachzudenken, wo das Spanische Lernschwierigkeiten bereithält und damit u.a. auch Fehler auftreten könnten. Natürlich äußern sich Lernschwierigkeiten nicht grundsätzlich in Fehlern , etwa auf Grund von Vermeidung bestimmter sprachlicher Phänomene o.ä. Ein Beispiel für eine Aufgabe In Zweiergruppen überlegen sich die Lerner zwei ‘unangenehme Grammatikfragen’ für die anderen Gruppen. Dabei muss es sich um Fragen handeln, die sie zu sprachlichen Phänomen stellen, mit denen sie selbst Probleme haben. Es können metasprachliche Fragen („Mit welcher Präposition wird X verbunden?“) sein; es können Fragen nach Übersetzungsmöglichkeiten sein („Wie sagt man denn auf spanisch XY?“; es können objektsprachliche Fragen sein wie: „Welcher Satz ist richtig a oder b?“ usw. 11 4. Bemerkungen zur mündlichen Fehlerkorrektur Basierend auf dem Wissen um den Stellenwert von Fehlern im (individuellen) Lernprozess, abgeleitet aus neueren sprachenpolitischen und curricularen Entwicklungen sowie aus Forschungsergebnissen zur Fehlerkorrektur im Tertiärsprachenunterricht (Italienisch und Spanisch) (vgl. z.B. Kleppin & Königs 1991) lassen sich einige Empfehlungen für das mündliche Fehlerkorrekturverhalten ableiten: Lerner wünschen sich Korrekturen. Allerdings sind die folgenden Punkte dabei von Wichtigkeit: Sie wünschen sich ermutigende, nicht sanktionierende und nicht bloßstellende Korrekturen. Wird diesem Wunsch nicht nachgekommen, so sind Auswirkungen auf den gesamten Unterrichts- und Lernprozess des einzelnen Lerners zu befürchten (Kleppin 1998, S.10). Lehrer scheinen über bestimmte Korrekturtechniken zu verfügen, die sie grundsätzlich anwenden und die damit teilweise zu Korrekturroutinen geraten. Häufig treten insbesondere direkte Korrekturen (explizite Korrektur des fehlerhaften Teils der Äußerung durch den Lehrer) und die Initiierung von Selbstkorrekturen auf (Hinweis darauf, dass ein Fehler vorliegt, eventuell verbunden mit einer Hilfe, die den Schüler dazu befähigen soll, die Korrektur selbst vorzunehmen). Es wäre daher sinnvoll sich nicht nur mit unterschiedlichen Korrekturtechniken auseinander zu setzen (vgl. Kleppin 1998) und diese auch mit der jeweiligen Lernergruppe zu besprechen, sondern Korrekturroutinen dadurch aufzubrechen, dass z.B. bei der Planung einer Unterrichtsstunde die Entscheidung für eine - und eben auch für die nicht vom Lehrer bevorzugte - Korrekturtechnik im voraus getroffen wird. Für Lehrer ist es daher wichtig, sich selbst in Bezug auf die Korrekturtechniken zu beobachten und sich nicht nur darauf zu verlassen, was man zu tun glaubt. Bewusstmachende Korrekturmaßnahmen, die zur Reflexion über die eigenen Fehler anregen und zu Selbstkorrekturen führen sollen, können insbesondere auch im Kontext eines Entwicklungsprozesses zum autonomen selbstreflexiven Lerner (s. auch unter 3.) einen besonderen Stellenwert einnehmen. Eine Reihe von Fehlern können Lerner selbst 12 korrigieren, da sie zu großen Teilen dem Bereich der sogenannten Performanzfehler zugerechnet werden dürften. Natürlich können Lehrer dies nicht immer erkennen, sie sollten aber in ihrem Unterricht transparent machen, was sie mit Aufforderungen zur Selbstkorrektur (verbal oder nonverbal) bezwecken und warum dies auch für die Schüler selbst positiv ist. Vor allem nonverbale Aufforderungen zur Selbstkorrektur (z.B. nonverbale Zeichen dafür, dass eine Form der Vergangenheit zu verwenden ist; Zeigen auf eine Fingeranzahl, um ein direktes oder indirektes Objekt zu initiieren) scheinen entscheidende Vorteile zu besitzen: o Sie sind meist wesentlich kürzer als verbale Hilfen und damit zeitökonomischer. o Sie sind einprägsam und als Aufmerksamkeitssignal hervorragend geeignet. o Sie beeinflussen nicht so stark die Unterrichtsinteraktion wie verbale Eingriffe; sie können vielmehr parallel zu den Äußerungen des jeweiligen Lerners erfolgen. o Sie sind daher flexibel und lernerorientiert einsetzbar (z.B. können nonverbale Signale in der Gruppe erfunden und abgesprochen werden) und können zu einer günstigen Gruppenatmosphäre beitragen (z.B. humorvolle nonverbale Hilfen). Korrekturmaßnahmen sollten vor allem mit den Lernenden besprochen werden. Der Lehrer kann sich etwa mit Hilfe von Gesprächen, anonymen schriftlichen Befragungen und Fragebogen über Wünsche und Bedürfnisse der Lerner informieren und sie so weit wie möglich in sein Verhaltensrepertoire integrieren. Vor allem aber sollte der Lehrer durch sein Korrekturverhalten zeigen, dass er Fehler positiv sieht und als Anlass zum Weiterlernen sehr ernst nimmt. 5. Bibliographie 13 Bausch, Karl-Richard; Königs, Frank G.; Krumm, Hans-Jürgen (Hrsg.) (2004): Mehrsprachigkeit im Fokus. Arbeitspapiere der 24. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen. Gunter Narr. Corder, Pit S. (1967): “The Significance of Learner's Errors”. In: International Review of Applied Linguistics 5/2, 161-170. Edge, Julia (1989): Mistake and Correction. London, New York. Longmann. Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Spanisch. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.1989 i.d.F. vom 05.02.2004; unter http://www.kmk.org/doc/beschl/EPA-Spanisch.pdf (18.10.2004). Europarat (2001): Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. (Herausgegeben vom Goethe-Institut Inter Nationes, der Ständigen Konferenz der Kulturminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK), der Schweizerischen Konferenz der Kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) und dem österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (BMBWK). Berlin usw. Langenscheidt. Kleppin, Karin; Königs, Frank. G. (1991): Der Korrektur auf der Spur. Beobachtungen und Analysen zum mündlichen Korrekturverhalten von Fremdsprachenlehrern. Bochum. Brockmeyer. Kleppin, Karin (1995): „Fehler als Chance zum Weiterlernen“. In: Tönshoff, Wolfgang (Hrsg.): Fremdsprache Deutsch: Fremdsprachenlerntheorie. Sondernummer, 22-26. Kleppin, Karin (1998a): Fehler und Fehlerkorrektur. Berlin usw. Langenscheidt Kleppin, Karin (1998b): „Mündlich korrigieren. Ja, aber wie? Anregungen zum Nachdenken über das eigene Korrekturverhalten“. In: Jung, Udo. O. H. (Hrsg.): Praktische Handreichung für Fremdsprachenlehrer. Frankfurt/M., usw. (2.verb. und erw. Aufl.), 323-327. Kleppin, Karin; Raabe, Horst (2001): „Fehler als Übungs- und Lernanlass“. In: Der Fremdsprachliche Unterricht- Französisch 52, 15-19. Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (o. J.): Europäisches Portfolio der Sprachen. NRW Sek. I / Sek. II (CD-ROM-Sammlung mit dem Portfolio sowie 14 einer PowerPoint-Präsentation zur Einführung in das Portfolio u.a.m.). Beziehbar über Landesinstitut für Schule. Soest. 15