Ain Shams Universität Exzellenzzentrum Binationaler Studiengang Deutsch als Fremdsprache Portfolio für Seminar 1 Sprachlehr- und -lernforschung unter der Leitung von Dr. Olaf Moritz von Heba Salah El-Din Kairo 2009/2010 1 Inhaltsverzeichnis Seite 1. Hypothesenbildung ....................................................................... 3 2. Behaviorismus und Kontrastive Analyse ...................................... 5 3. Zusammenfassung über L1-Erwerb ............................................. 7 4. Deutsch als Zweitsprache / Deutsch als Fremdsprache? ............. 9 5. Protokoll vom 17.01.2010 ............................................................. 10 2 1.Hypothesenbildung 1. Stellen Sie eine Hypothese auf zu einem Faktor, der das FS-lernen und -lehren beeinflusst! 2. Identifizieren Sie die Variablen (unabhängige und abhängige)! 3. Operationalisieren Sie die Variablen! Es gibt eine Hypothese, die lautet: „Ein Wechsel von verschiedenen Sozialformen erhöht das Interesse der Lerner für den Fremdsprachenunterricht.“ Wir haben hier zwei Variablen, und zwar unabhängige und abhängige Variable. Die unabhängige Variable ist ein Wechsel von verschiedenen Sozialformen wie Frontalunterricht, Einzelarbeit, Partnerarbeit und Gruppenarbeit. Die abhängige Variable ist das Interesse der Lerner für den Fremdsprachenunterricht. Diese Variable ist abhängig, denn sie wird von der unabhängigen Variable beeinflusst. Damit man diese Hypothese überprüfen kann, machen wir zuerst einen Einstufungstest. Dann gliedern wir die Lerner, die das gleiche Sprachniveau haben, in zwei Gruppen. Eine wird durch verschiedene Sozialformen unterrichtet. Die Andere wird ohne Wechsel der Sozialformen unterrichtet. Danach können wir das Interesse der Lerner durch Beobachtung jeder Gruppe operationalisieren. Wir können beobachten, wie viele Studenten die Hand hoch heben und wie oft sie sich anmelden. Wir können auch beobachten, wie viele Studenten sich an irgendeiner Diskussion beteiligen, Fragen stellen und antworten. Und am Ende des Semesters machen wir eine mündliche Prüfung für beide Gruppen. Die Gruppe, deren Note besser als die andere Gruppe ist, hat mehr Interesse. Diese Prüfung ist besonders nützlich für uns, um 3 das Interesse der Schüler zu operationalisieren, die Interesse haben können, aber sie hören nur zu und denken mit, ohne Aktivität zu machen. Deshalb könnte man durch diese Prüfung deren Interesse erkennen und messen. Die Ergebnisse: - Wenn beide Gruppen sich gleich wenig für den Fremdsprachenunterricht interessieren und ihre Rolle im Unterricht passiv ist, dann wird die Hypothese falsifiziert. - Wenn die durch verschiedene Sozialformen unterrichtete Gruppe sich gleich viel für den Unterricht interessiert und wirksamer am Unterricht beteiligt, dann wird die Hypothese verifiziert. - Wenn die ohne Wechsel der Sozialformen unterrichtete Gruppe größeres Interesse für FSU als die durch Wechsel von verschiedenen Sozialformen unterrichtete Gruppe hat, dann stimmt die Hypothese nicht. 4 2.Behaviorismus und Kontrastive Analyse Quellenangaben: - Huneke, Hans-Werner/Steinig, Wolfgang: Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung (2005): S. 24 ff. - Edmondson, Willis/House, Juliane: Einführung in die Sprachlehrforschung (2000): S. 218. Grundlegende Ideen und historische Bedeutung der Kontrastiven Analyse: Behaviorismus ist eine globale Lerntheorie, die untersucht, wie das Lernen allgemein funktioniert. Die Menschen imitieren die Äußerungen, die sie hören und als Reiz bezeichnet werden. Dann versuchen sie, diese Äußerungen in der Praxis zu verwenden. Auf die Imitation folgt eine Reaktion. Die Menschen bekommen entweder eine positive Verstärkung oder eine negative Bestrafung. Wenn ein Schüler z.B. die richtige Antwort gibt, dann wird er vom Lehrer gelobt. Das ist eine Verstärkung. Die Sprache ist eine Sammlung von Gewohnheiten. Der Lerner versucht, die Gewohnheiten seiner Muttersprache auf die Zweitsprache anzuwenden. Dieser Einfluss der Muttersprache auf den Erwerb der Fremdsprache wird „Transfer“ genannt, was als Weiterentwicklung des Behaviorismus die von Fries (1945) und Lado (1957) entwickelte Lerntheorie Kontrastive Analyse untersucht. Diese Lerntheorie geht davon aus, dass die Muttersprache des Lerners den Erwerb einer Zweitsprache beeinflusst. Je nach Ähnlichkeiten oder Unterschieden zwischen Mutter- und Zielsprache wird der Transfer positiv oder negativ. Wenn es Ähnlichkeiten zwischen L1 und L2 gibt, dann wird der Lerner in der Lage sein, identische Elemente und Regeln aus der L1 auf die L2 zu übertragen. Dieser Transfer wäre daher positiv zu sein. 5 Gibt es dagegen unterschiedliche Elemente und Regeln zwischen L1 und L2, so wären Lernschwierigkeiten und Fehler zu erwarten. Diese Unterschiede führen zu einem negativen Transfer, der auch als Interferenz bezeichnet wird. Viele Aussprachefehler von Lernern beruhen auf negativem Transfer von der L1, aber nicht alle Menschen, die dieselbe Muttersprache haben, tun die gleichen Fehler, sondern verschiedene Fehler. In der deutschen Sprache gibt es z.B. die Wörter „du“ und „Sie“. Man spricht per „du“ mit Freunden, Familie und Kindern, aber man spricht per „Sie“ mit Erwachsenen, hochrangigen Persönlichkeiten und fremden Leuten. Im Arabischen gibt es auch die Wörter „ “انتund „“حضرتك. Das sind gleiche Strukturen in zwei Sprachen. Wenn arabische Deutschlerner diese Struktur der L1 auf die L2 übertragen, dann ist das ein positiver Transfer. Im Englischen haben wir nur das Wort „you“ für Erwachsene und Kinder. Das sind unterschiedliche Strukturen in verschiedenen Sprachen. Wenn englische Deutschlerner diese Struktur der L1 auf die L2 übertragen, dann ist das ein Beispiel für negativen Transfer (Interferenz). Seit den 70er Jahren waren Behaviorismus und K.A. nicht mehr aktuell. Man hält diese Lerntheorien für nicht angemessen. Seit den 70er Jahren gab es neue Ideen. 6 3.Zusammenfassung über L1-Erwerb Quellenangabe: - Szagun, Gisela: Sprachentwicklung beim Kind (2006), S. 64 ff. Fassen Sie den Text von Szagun zum L1-Erwerb zusammen! Beim Spracherwerb gibt es drei Schritte, und zwar Einwortäußerungen, Zweiwortäußerungen und Drei- und Mehrwortäußerungen. Zu Beginn des Spracherwerbs fangen die Kinder an, einzelne Wörter zu produzieren. Diese können Substantive, Partikeln, Verben oder Adjektive sein. Nachdem die Kinder Einwortäußerungen produziert haben, beginnen sie, zwei Wörter zu kombinieren. In diesem Fall kommt die erste syntaktische Struktur vor. Diese zwei Wörter können aus Subjekt+Objekt wie „mama (ba)nane“, aus Subjekt+Verb wie „baby weint“ oder aus Objekt+Verb wie „(ba)nane haben“ bestehen. Wenn die Zweiwortäußerung ein Verb enthält, dann steht das Verb meistens am Ende. Dann fangen die Kinder mit dem Erwerb der Drei- und Mehrwortäußerungen an. Dabei machen die Kinder wenige Fehler als bei Zweiwortäußerungen. Der dritte Schritt des Spracherwerbs umfasst den Erwerb von Plural, Kasus, Genus und Wortstellung. In Bezug auf den Erwerb von Pluralformen ist -n Plurale für die Kinder am schnellsten, gefolgt von Pluralformen auf -e, trotzdem machen die Kinder hier Fehler, weil die Pluralmarkierung ohne Regel ist. Bezüglich des Erwerbs von Kasus erwerben die Kinder zunächst den Nominativ, denn diese Form ist leicht. Dann kommt der Erwerb von Akkusativ und schließlich von Dativ, aber das dauert sehr lange, denn die Kinder haben Probleme, zwischen den Artikeln „den“ und „dem“ zu unterscheiden, weil sie ähnlich sind. 7 Kinder haben keine große Probleme mit dem Genus, denn die Artikel, die das grammatische Geschlecht der Nomen ausdrücken, wie „der“, „das“ und „die“ sind ganz verschieden. Das einzige Problem hier ist, dass das grammatische Geschlecht nicht immer mit dem natürlichen Geschlecht übereinstimmt. Was auch die Passivkonstruktion angeht, wird das Zustandspassiv mit dem Verb „sein“ schneller erworben als das Vorgangspassiv mit dem Verb „werden“. Diese drei Schritte, die beim Spracherwerb verlaufen, gibt es nicht nur bei der deutschen Sprache, sondern auch bei anderen Sprachen. 8 4.Deutsch als Zweitsprache / Deutsch als Fremdsprache? Quellenangabe: - Rösch, Heidi (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache (2008), S. 10 f. Analysieren Sie die folgende Situation! Handelt es sich um einen Fall von DaZ oder DaF? „Ein ägyptischer Schüler (Vater arbeitet in Deutschland) ist Schüler an einem deutschen Gymnasium in Deutschland“ Deutsch als Zweitsprache (DaZ) bedeutet, dass man diese Sprache gesteuert im Zielsprachenland erwirbt. Deutsch als Fremdsprache (DaF) dagegen bezieht sich auf das Lernen dieser Sprache in nicht-deutschsprachiger Umgebung. Der Lerner lernt diese Sprache gesteuert, d.h. er lernt sie von einem Lehrer. Bei der oben genannten Situation geht es um einen Fall von Deutsch als Zweitsprache (DaZ), weil die Erstsprache des Schülers Arabisch ist, und er lernt Deutsch an einem deutschen Gymnasium im Zielsprachenland, und zwar in Deutschland. Seine Zielsprache, die Deutsch ist, ist die Unterrichtssprache, d.h. alle Fächer werden auf Deutsch unterrichtet. Deshalb braucht der Schüler seine Muttersprache in der Schule nicht. Deutsch ist obligatorisch. Mit anderen Worten, es ist kein gewähltes Fach. Hinzu kommt, dass Deutsch die Kommunikationssprache ist, weil die Leute in dieser Umgebung Deutsch sprechen. Ohne Deutsch kann der Lerner daher mit den Deutschen nicht kommunizieren. Darüber hinaus ist Deutsch eine Voraussetzung dafür, sein Gymnasium erfolgreich abzuschließen. 9 Universität Ain Schams WS 2009/2010 Exzellenzzentrum Dozent: Dr. Olaf Moritz Modul Sprachlehr- und -lernforschung Protokollantin: Heba Salah Seminar 1 Protokoll vom 17.01.2010 Thema: Lernervariablen Letzte Woche hat uns Dr. Moritz in vier Gruppen verteilt, und jede Gruppe soll in einem 20-minütigen-Referat eine der Lernervariablen behandeln. Die Gruppenverteilung ist wiefolgt: Gruppe A: Somaya – Manar „Alter“ (Bl. 194) Gruppe B: Marwa – Heba „Sprachliche Sozialisation“ (Bl. 195) Gruppe C: Scheimaa – Hend „Motivation, Einstellung, Begabung“ (Bl. 196, 197) Gruppe D: Ahmed – Khaled – Salama „Lernstile und Lernerstrategien“ (Bl. 198) Gruppen A und B haben letztes Mal ihre Referate gehalten, und im damaligen Unterricht haben die anderen zwei Gruppen die übrigen Lernervariablen behandelt. 10 1. Was ist Motivation? Motivation ist die Freude, mit der man etwas lernt und ein Lernziel erreichen möchte. Wenn Jemand hochmotiviert ist, dann lernt er besser. 2. Welche Arten von Motivation gibt es? Die Lerner sind verschieden in ihrer Motivation. Es gibt drei Arten von Motivation, nämlich 1. instumentale Motivation Die Motivation ist hier ein Instrument oder ein Mittel, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Ein Lerner, der instrumentell motiviert ist, ist derjenige, dass die Fremdsprache lernt, um z. B. sein Studium erfolgreich abzuschließen oder um einen Beruf zu bekommen. 2. integrative Motivation Ein Lerner, der integrativ motiviert ist, interessiert sich für die Kultur der Zielsprache, aber es besteht die Gefahr, dass die Sprachgemeinschaft den Fremden oder den Integrationswilligen feindlich begegnet. 3. intrinsische Motivation Diese Motivation entsteht, wenn der Lerner findet, dass der Unterricht selber interessant ist. Die Motivation ist von vielen Faktoren abhängig. Sie ist nicht ständig, sondern sie wird während des Lernprozesses verändert. 3. Was ist Einstellung? Die Einstellung beeinflusst den Fremdsprachenerwerb, d. h. Wenn man negative Einstellung gegenüber einer Fremdsprache, dann wird sie nicht gut gelernt. Vielleicht klingt die Sprache nicht schön wie Türkisch oder ist sie schwer wie Arabisch, so denken viele Ausländer, dann wird die Sprache schlechter gelernt. 11 Ein Beispiel für negative Einstellung ist ein 33-jähriger Einwanderer aus Costa Rica, der Englisch in den USA für zehn Monate gelernt hat, trotzdem hat er einen geringen Lernfortschritt im Englischen erfüllt, weil es große soziale Distanz zwischen diesem Einwanderer aus Costa Rica und der amerikanischen Gesellschaft gibt. Diese Situation hat den Lerner beeinflusst. Er kann in der Gesellschaft nicht integrieren. 4. Was ist Begabung? Begabung ist der Grad der Geschwinigkeit, wie man eine Fremdsprache lernen kann. Je schneller ein Lerner ist, desto besser erspart er seine Mühe und Frustrationen. Diese Gedanken entstanden in den USA nach dem zweiten Weltkrieg, als die amerikanische Armee die Begabung der Soldaten ausnutzen wollte, weil sie einen hohen Bedarf an Fremdsprachenkenntnissen hatte. Dazu hat das Militär einen Test gestellt, um die Begabung der Soldaten zu messen. Dieser Begabungstest messt vier Fähigkeiten: Identifizierung einzelner Phoneme, Erkennung der Funktionen von Wörtern im Satz, rasche Bemerkung der neuen Wörter, Entdeckung der Regularitäten in sprachlichem Input. Mit diesem Test können wir messen, ob jemand begabt ist, Grammatik oder Wortschatz zu lernen, aber nicht, ob jemand die Sprache benutzt. In der Schule behandelt der Lehrer Schüler, der begabt ist, gut, und Schüler, der nicht begabt ist, behandelt der Lehrer schlecht. Das ist unrecht. Es ist besser für den Lehrer, alle Schüler gleich zu behandeln und nicht über Begabung nachzudenken, weil manche Schüler mit dieser Begabung angeboren sind und manche nicht. 12 5. Was sind Lernstile und welche Arten davon gibt es? Lernstile sind Lerntypen und Faktoren, die auf den Spracherwerb beeinflussen. Jeder Lerner hat seine eigene Lernstile und muss wissen, dass es verschiedene Lernstile gibt. 1. visuelle Lernstile Wenn die Lerner z. B. neue Vokabel lernen, dann ist es genug für manche, die Wörter zu sehen, um sie zu lernen. Diese Lerner brauchen das Buch. 2. auditive Lernstile Es gibt Lerner, die neue Vokabel nur hören und dann fertig. Für sie ist das Hören genug. 3. kinästhetische Lernstile Es gibt Lerner, die beim Lernen neuer Vokabel schreiben müssen. Sie müssen sich dabei bewegen. Das ist kinästhetisch. 6. Was sind Lernerstrategien? Lernerstrategien beziehen sich auf spezifisches Lernverhalten, das der Lerner beim Gebrauch der Fremdsprache einsetzt. Es gibt zwei typische Arten von Lernern. 1. feldabhängige Lerner Der Lerner, der feldabhängig ist, ist immer kommunikativ, d. h. er nimmt immer an Gesprächen teil, obwohl er dabei viele Grammatikfehler macht. Er möchte rasch kommunizieren und seine Idee ausdrücken. Er ist integrativ motiviert. 2. feldunabhängige Lerner 13 Diese Lerner versuchen, sich auf Einzelheiten und grammatische Regeln zu konzentrieren. Sie achten immer auf Wortstellung und Morphologie und wollen verstehen, bevor sie etwas sagen. Es gibt auch Lerner, die eine Mischung zwischen den beiden Arten sind. Sie versuchen, an Gesprächen teilzunehmen und sich dabei auf die Grammatik zu konzentrieren, und das zeigt die Flexibilität dieser Lerner. 7. Was ist der Unterschied zwischen Lernstilen und Lernerstrategien? Lernstil ist die Art und Weise, wie man lernt. Manche Lerner lernen besser, wenn sie hören oder sehen. Das ist Lerntyp. Lernerstrategien sind, wie man Lernstile gut planen kann. 14