Personalnotstand im Gesundheitswesen: Analyse und Lösungsansätze Von Prof. Dr. Werner Romen, Geschäftsführer Bad Mergentheimer Leberklinik, und Georg Linsenmayer, Geschäftsführer Trenkwalder Medical Care Köln/München. Besorgnis erregend – so lautet die Diagnose der derzeitigen Personalsituation im deutschen Gesundheitswesen. Aufgrund akuten Fachkräftemangels und vieler unbesetzter Stellen droht eine WartelistenMedizin und die Schließung ganzer Kliniken. Gleichzeitig steigt die Zahl der Ärzte seit Jahrzehnten an. Wie passen diese Entwicklungen zusammen? Wo liegen die Ursachen? Und wie können Personal-Lösungen vor allem im stationären Bereich aussehen? In einem viel beachteten Expertenvortrag auf der „Zukunft Personal“, Europas größter Fachmesse für Personalmanagement in Köln, wurden diese Fragen erörtert: Prof. Dr. Werner Romen, Geschäftsführer der Bad Mergentheimer Leberklinik und renommierter Kenner der Branche, analysierte die Ursachen für die aktuelle dramatische Situation; Georg Linsenmayer, Geschäftsführer des Personaldienstleisters Trenkwalder Medical Care, skizzierte praxisnahe Lösungsansätze für von der PersonalProblematik betroffene Einrichtungen. (Anm. d. Red.: Die Ausführungen konzentrieren sich auf den Bereich der Ärzte, gelten jedoch mit nur geringen Abweichungen ebenso für die examinierte Pflege, die fachweitergebildete examinierte Pflege und die ärztlichen Assistenzberufe.) Ärztemangel trotz Ärzteschwemme: Paradoxon nur auf den ersten Blick Laut Deutschem Krankenhausinstitut bestehen in Deutschland 6.100 nicht besetzte Arztvakanzen. Der Ärztemangel ist somit nicht mehr zu ignorierende Realität und findet sich in allen Bereichen des Gesundheitswesens. Gleichzeitig ist bei der Anzahl sowohl von Vertrags- wie auch Krankenhausärzten seit 20 Jahren ein Zuwachs festzustellen, laut Bundesärztekammer alleine von 2000 bis 2007 um 6,9 Prozent von rund 295.000 auf 315.000. Angesichts dieser „Ärzteschwemme“ ist der Ärztemangel in Deutschland auf den ersten Blick ein Paradoxon – aber eben nur auf den ersten Blick. Die detaillierte Betrachtung der Situation im stationären Bereich zeigt deutlich die Ursachen für die vordergründig widersprüchliche Entwicklung. Denn der Ärztebedarf steigt alleine schon aufgrund des demographischen Wandels mit einer immer höheren Lebenserwartung der Menschen und infolge des medizinischen Fortschritts, der eine immer stärkere Spezialisierung erfordert. Auch die Feminisierung der Medizinberufe ist zu berücksichtigen: Der Frauenanteil der Medizinstudenten beträgt heute knapp 60 Prozent im Gegensatz zu rund 45 Prozent Anfang der 80er Jahre. Diese Entwicklung ist durchaus zu begrüßen, bringt aber aufgrund der bei Seite 1 weiblichem Personal deutlich höheren Teilzeitquote von fast 20 Prozent sowie der hinzu kommenden Babypausen unter dem Strich eine deutlich reduzierte Gesamtsumme an Arbeitsstunden. Bei aktuell in etwa gleich bleibenden Studentenzahlen erklären alleine diese drei Einflüsse bereits den akuten Ärztemangel. Hinzu kommen jedoch zwei verschärfende Faktoren: Der Rückgang der Arbeitsstunden um 1,6 Prozent von 2000 bis 2007, u. a. durch die Arbeitszeitverkürzung aufgrund des Arbeitszeitgesetzes, und immer weiter zunehmende Verwaltungsaufgaben. Die Schere zwischen steigendem Ärztebedarf und sinkenden Patientenkontaktzeiten öffnet sich somit immer weiter. (s. Abb. „Ursachen Ärztemangel“) Eine kausale Therapie kann hier nur die Politik leisten. Angesichts von rund 6.000 Gesetzen und Verordnungen seit 1970, die allesamt keine elementare Verbesserung gebracht haben, ist jedoch die Hoffnung auf die Politik wohl vergebens. Somit bleibt zunächst nur die symptomatische Therapie zur Linderung des Personalproblems. Personalbeschaffung in einem Verteilungsmarkt: Herausforderung professionell annehmen Entscheidend ist die Erkenntnis, dass sich die Bedingungen für die Personalbeschaffung im Gesundheitswesen grundlegend verändert haben: Kliniken agieren mittlerweile in einem Verteilungsmarkt und müssen dessen Gesetzmäßigkeiten berücksichtigen. Beim professionellen Umgang mit den damit einhergehenden neuen Herausforderungen können Personaldienstleister unterstützend tätig werden. Dabei ist die Situation der Leistungserbringer bereits mehr als ernst: Zwei Drittel aller Kliniken in Deutschland können laut Deutschem Krankenhausinstitut ihre offenen Vakanzen nicht mehr decken, alleine von 2006 bis 2008 betrug der Anstieg hier 28 Prozent; bei durchschnittlich 3,8 Arztvakanzen können 91,8 Prozent der Kliniken trotz EDV- und Systemlösungen ihre Arbeitsabläufe nicht mehr sauber organisieren und dramatische 8,2 Prozent sind von der Zusammenlegung von Abteilungen, Zu- bzw. Aufkauf größerer Einrichtungen oder gar von Schließung betroffen. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen sind klare Tendenzen der Zentralisierung und Spezialisierung sichtbar. Diese Veränderungen im Klinikmarkt verschaffen universitären Einrichtungen oder solchen in attraktiven Großstädten einen Zulauf; aber für all die nicht zentral gelegenen Kliniken entsteht eine komplett veränderte Situation, die neue Wege in der Beschaffung nötig macht. Hat bspw. eine Anzeige im Ärzteblatt vor Jahren eine Vielzahl an Bewerbungen gebracht, so ist das Ärzteblatt heute voll von Stellenangeboten und mit Glück erhält man eine einzige Bewerbung. Passive Beschaffungsmethoden reichen also nicht mehr aus, um erfolgreich gute Bewerber zu generieren. Fazit: Die Personalbeschaffung wird nicht nur differenzierter, sondern auch aufwendiger – mit gleichzeitig geringeren Ressourcen hierfür. Seite 2 Mögliche Lösungsansätze: Prozesse ausgliedern, Verantwortung behalten Die Ausgliederung des sehr kosten- aber auch zeitintensiven Such- und Auswahlprozesses ist hier eine mögliche Lösung. Die finale Personal-Entscheidung verbleibt dabei in der Kompetenz der Klinik, während die aufwendigen operativen Tätigkeiten von einem Partner mit großem Beschaffungsnetzwerk und intensiven Verknüpfungen im Markt effizient durchgeführt werden. Zusätzlich zum eigenen Netzwerk wird so die Personalbeschaffungs-Reichweite enorm gesteigert, je nach Partner auch mit internationaler Dimension oder weiteren individuellen Stärken. So pflegt beispielsweise Trenkwalder Medical Care Kooperationen mit mehreren Dienstleistern, u. a. aus dem Finanzbereich, über die Zugriff auf mehr als 50.000 Potentialadressen besteht. Diese Ärzte tauchen nirgendwo als aktive Bewerber auf, sind jedoch potentiell wechselwillig, z. B. aufgrund geringer Karrieremöglichkeiten beim aktuellen Arbeitgeber. Der Zugriff auf diese zusätzlichen Netzwerke ohne Zusatzkosten steigert den Kosten-Nutzen-Effekt für die Klinik noch einmal, wenn der Personaldienstleister ausschließlich erfolgsabhängig agiert. Das erfolgreiche Zusammenbringen handelnder Personen – auf der einen Seite suchende Klinikverantwortliche, auf der anderen Seite Ärzte mit passender Qualifikation, oder auch andersherum – stellt somit die wichtige Leistung von Personaldienstleistern im Gesundheitswesen dar. Diese lösen das dargestellte Personalproblem sicher nicht grundsätzlich; aber sie lösen erfolgreich Teilprobleme und helfen damit den Verantwortlichen entscheidend weiter. Voraussetzung für den Erfolg ist dabei die sehr individuelle Abstimmung und ein detailliertes Profiling beider Seiten. Auf dessen Basis ist im persönlichen Kontakt mit einem infrage kommenden Bewerber eine ausführliche Vakanzbeschreibung inkl. Karrieremöglichkeiten, Arbeitszeiten, Hintergrunddiensten etc. möglich, die im Rahmen einer Stellenanzeige kaum darstellbar ist. Gleiches gilt im Fall der aktiven Suche durch einen Arzt für dessen Profil-Darstellung. Es gilt: Durch den persönlichen Kontakt über den Personaldienstleister kann auf beiden Seiten eine Motivation erzeugt werden, die eine Stellenanzeige niemals leisten kann. Pressefotos vom Vortrag unter www.trenkwalder.com/de, Menü „Presse“ Zur Person: Prof. Dr. Werner Romen 1984-2004 Chefarzt für Pathologie und 1990-2004 zusätzlich Ärztlicher Direktor am Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim, seit 1991 Geschäftsführer der Bad Mergentheimer Leberklinik GmbH, seit 1995 Vorsitzender des Lenkungsgremiums Baden-Württemberg für die „Qualitätssicherung im Krankenhaus“ und Mitglied mehrerer Seite 3 Arbeitsgruppen der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses, seit 2003 Professor für Gesundheitsmanagement und Beirat der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Campus Bad Mergentheim. Zur Person: Georg Linsenmayer 1990-1992 Arbeitsvermittler beim Arbeitsamt Tauberbischofsheim, 1992-1993 Assistent der Geschäftsleitung mit Einzelprokura der Berufsakademie Mittelsachsen (Meißen), 1993–2005 kaufmännischer Leiter und Mitgeschäftsführer bzw. Geschäftsführender Gesellschafter mehrerer mittelständischer Unternehmen, 20052008 Bereichsleiter Trenkwalder Personaldienste GmbH, seit 01.01.2009 Geschäftsführer Trenkwalder Personaldienste Medical Care GmbH Hintergrundinformation: Trenkwalder Medical Care Seit 1999 ist der europaweit agierende Trenkwalder-Konzern auch in Deutschland aktiv. Im Rahmen des Gesamtportfolios an Personaldienstleistungen bietet Trenkwalder Medical Care qualifiziertes Personal in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Wellness und Einsatzdienste. Über die Hälfte der insgesamt ca. 2.100 Akutkliniken in Deutschland und viele Rehakliniken sowie Einrichtungen für betreutes Wohnen kooperieren mit dem Personalspezialisten. Die Leistungen: Personalleasing (Zeitarbeit), Personalvermittlung, Vermittlung von Interims-Management, Vertrieb von Kundenleistungen, Outsourcing Projekte. Ein interdisziplinäres Kompetenzteam mit Fachleuten aus allen relevanten Bereichen des Gesundheitswesens gewährleistet eine jederzeit kompetente Beratung auch bei hochspezifischen Problemstellungen. Seite 4