Seite aus: Natura aktuell 6, ISBN: 3-12-043493-0 Autor: Dr. Horst Schneeweiß Grafiken: Jörg Mair, Herrsching www.klett-verlag.de Transgene Pflanzen gegen TNT-verseuchte Böden Klassenstufe: 12/13 Schwerpunkt: Ökologie (Gentechnik) Voraussetzungen: Basiswissen der molekularen Genetik 3. Da die transgene Tabaksorte nsf1 TNT im Laborversuch quantitativ aus dem Kulturmedium aufnimmt, ist sie ein geeigneter Kandidat zur Erprobung in Feldversuchen. Ob sich die Sorte dort auch tatsächlich bewähren wird, ist noch unklar. Sachinformation Übertragung des TNT-Gens TNT-Verseuchung – ein globales Umweltproblem TNT (2,4,6-Trinitrotoluen) ist ein für militärische Zwecke häufig genutzter Sprengstoff. Die langlebige und äußerst toxische Substanz hat in ehemaligen Kriegsgebieten (z. B. in Nordafrika, in Vietnam oder Kuwait), in Fabrikationsstätten, lecken Munitionsdepots und Übungsgeländen weiträumige Verseuchungen verursacht. TNT ist toxisch in Konzentrationen von über 10 ppm. Es schädigt das Knochenmark und kann Leberzirrhose und Krebs hervorrufen. Militärisch genutzte Gelände weisen teilweise „Hintergrundkontaminationen“ von bis zu 1500 ppm auf! Besonders deutlich wird die Brisanz des Themas am Problem der Landmienen, die gewöhnlich TNT enthalten. Korrodierende Mienen setzen das starke Umweltgift frei und verseuchen Böden, Gewässer und Grundwasser. Für die Entsorgung der schätzungsweise 110 000 000 weltweit ausgebrachten Mienen veranschlagen die UN eine Summe von 110 000 000 000 Dollar. Arbeitsblatt Seite 23 1. Unter TNT-Belastung zeigt der Tabak-Wildtyp einen starken Biomasseverlust, insbesondere bei der höheren TNT-Konzentration (s. Tab. 1). Die transgene nfs1-Tabaksorte zeigt zwar im Vergleich zur unbelasteten Kontrolle auch einen Rückgang im Wachstum, die Pflanzen sind aber auch unter diesen Bedingungen in der Lage, Biomasse neu zu bilden; sie wachsen. 2. Die transgenen nsf1-Tabakpflanzen nehmen TNT quantitativ aus dem Kulturmedium auf, der Wildtyp dagegen nur geringe Mengen (Abb. 1). Die TNT-Konzentrationsbestimmungen der pflanzlichen Extrakte (Abb. 2) erscheinen auf den ersten Blick widersprüchlich: Die Wildtyppflanzen weisen einen hohen TNT-Gehalt insbesondere im Bereich der Wurzeln auf. Bei nsf1 hingegen wird kein TNT nachgewiesen und ADNT auch nur in geringerer Konzentration. Das könnte daran liegen, dass die transgenen Pflanzen TNT in andere Stoffwechselprodukte, die nicht nachgewiesen wurden, umsetzen oder aber die Stoffwechselprodukte an Zellbestandteile (z. B. an die Zellwand) binden. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist auch zu bedenken, dass die TNT-Konzentrationen in Abb. 1 in Millimol, in Abb. 2 jedoch in Nanomol angegeben sind und sich dort außerdem auf 1 g Pflanzenmasse beziehen. Das TNT-Resistenzgen wurde nach der Isolierung der DNA des Bakteriums Enterobacter cloacae mithilfe der Polymerase-Ketten-Reaktion vervielfältigt. Das PCR-Produkt wurde dann in eine Kultur des Bodenbakteriums Agrobakterium tumefaciens gegeben. Die Bodenbakterien nehmen die Fremd-DNA auf und bauen sie in ihr Plasmid ein. Agrobakterium tumefaciens ist für zahlreiche höhere Pflanzen infektiös. Es ruft Wucherungen hervor. Dies nutzt man experimentell aus, indem man die Bakterien zusammen mit Gewebestücken aus Blättern der Tabakpflanze inkubiert. Die Plasmide werden von den Bakterien abgegeben und gelangen in die Zellen der Tabakpflanze. Dort wird die FremdDNA in das Genom eingebaut. Dieses Zellmaterial wird dann zur Selektion in TNT-haltigem Kulturmedium gehalten. Nur diejenigen Zellen, die das TNT-Resistenz-Gen enthalten, können weiterwachsen und bilden innerhalb von zwei bis drei Wochen Triebe aus. Diese werden aus den Gewebe-Calli herausgeschnitten und zur Bewurzelung in wurzelinduzierendes Medium gebracht. Nach rund zwölf Tagen sind die Sprosse bewurzelt und können ausgepflanzt werden. Das TNT-Resistenz-Gen wird sexuell auch an die Tochtergenerationen weitergegeben. Abbau des TNT Das Enzym Nitroreduktase aus dem Bakterium Enterobacter cloacae reduziert TNT nach folgendem Schema zu ADNT: O2N H2O CH3 CH3 NO2 O2N NO NO2 2e–+2H+ 2,1,6trinitrotoluen (TNT) O2N NO2 2e–+2H+ 2-nitroso-4,6dinitrotoluen (NO DNT) H2O CH3 CH3 NHOH O2N NH2 NO2 2e–+2H+ 2-hydroxyl-4,6dinitrotoluen (HADNT) NO2 2-amino-4,6dinitrotoluen (ADNT) Literaturhinweise BRYANT C. et al.: Cloning, nucleotide sequence and expression of nitroreductase gene from Enterobacter cloacae. In: J. Biol. Chem., Vol 266, S. 4126–4130 (1991) HANNIK, N. et al.: Phytodetoxification of TNT by transgenic plants expressing a bacterial nitroreductase. In: Nature Biotechnology, Vol 19, S. 1168_1171 (Dezember 2001) HORSCH, R. B. ET AL.: A SIMPLE AND GENERAL © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2003. Von dieser editierbaren Druckvorlage ist die Vervielfältigung und Veränderung für den eigenen Unterrichtsgebrauch gestattet. Für Veränderungen durch Dritte übernimmt der Verlag keine Verantwortung. 22 Seite aus: Natura aktuell 6, ISBN: 3-12-043493-0 Autor: Dr. Horst Schneeweiß Grafiken: Jörg Mair, Herrsching www.klett-verlag.de METHOD FOR TRANSFERRING GENES INTO PLANTS. IN: SCIENCE, VOL. 227, S. 1229–1231 (1985) © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2003. Von dieser editierbaren Druckvorlage ist die Vervielfältigung und Veränderung für den eigenen Unterrichtsgebrauch gestattet. Für Veränderungen durch Dritte übernimmt der Verlag keine Verantwortung. 22 Seite aus: Natura aktuell 6, ISBN: 3-12-043493-0 Autor: Dr. Horst Schneeweiß Grafiken: Jörg Mair, Herrsching www.klett-verlag.de Transgene Pflanzen gegen TNT-verseuchte Böden In den letzten hundert Jahren haben Herstellung und Einsatz des Sprengstoffs TNT zu einer weiträumigen Verseuchung der Umwelt geführt. TNT ist für Tiere und Pflanzen hochgradig giftig. Versuche, belastete Böden durch Hitzebehandlung zu entseuchen, haben zu Luftverunreinigungen geführt; außerdem entstand giftige Asche. Das Verfahren ist zudem teuer und deswegen in Ländern der „Dritten Welt“, wo das Problem nach zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen am drängendsten ist, nicht einsetzbar. Pflanzen haben die Fähigkeit, mit ihrem weit verzweigten Wurzelsystem TNT aufzunehmen. Sie könnten zur Entseuchung von Böden eingesetzt werden, man müsste sie nur abernten und entsorgen. Ein Problem aber ist, dass Pflanzen durch TNT stark geschädigt werden und schließlich verkümmern. Gentechniker haben nun in Bakterien ein Enzym (Nitroreduktase) gefunden, das in der Lage ist, TNT chemisch zu verändern und damit weitgehend ungiftig zu machen. Die Forscher haben das kodierende Gen (nfs1) aus dem Bakterium auf Tabakpflanzen übertragen. Ergebnis einer solchen Manipulation sind so genannte transgene Pflanzen. TNT im Medium (mM) Wildtyp Masse (g) vor TNTBehandlung nach TNTBehandlung Differenz vor TNTBehandlung nach TNTBehandlung Differenz 11,37 11,20 11,59 16,90 11,30 7,59 + 5,53 + 0,10 – 4,00 11,08 11,40 11,93 16,88 14,65 13,95 + 5,80 + 3,25 + 2,02 0,0 0,1 0,25 Tab. 1 transgener Tabak (nsf1) Masse (g) Tabakpflanzen wurden 7 Tage lang in TNT-haltigem Medium gehalten. Das Pflanzenmaterial wurde vorher und danach gewogen. TNTKonzentration im Medium (mM) 0,25 TNTKonzentration pro g Pflanzenmasse (nM) ADNT TNT 120 0,2 Wildtyp nfs1 100 0,15 Wildtyp nfs1 0,1 60 0,05 40 20 0 0 40 20 Abb. 1 80 80 60 120 160 0 40 80 120 160 100 140 20 60 100 140 Zeit (Stunden) Verlauf der TNT-Konzentration im Medium 0 Wurzeln Abb. 2 Triebe Wurzeln Triebe TNT u. ADNT (Abbauprodukt) im Pflanzenmaterial Aufgaben 1. In Laborversuchen wurden die Wachstumseigenschaften der Tabakpflanzen festgestellt. Welches sind die Unterschiede zwischen unveränderten Tabakpflanzen (Wildtyp) und transgenen Pflanzen? 2. Was kann über den Verbleib des TNT in nfs1-transgenen Tabakpflanzen ausgesagt werden? 3. Sind die transgenen Tabakpflanzen zur Entseuchung von TNT-belasteten Böden geeignet? Begründen Sie Ihre Einschätzung. © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2003. Von dieser editierbaren Druckvorlage ist die Vervielfältigung und Veränderung für den eigenen Unterrichtsgebrauch gestattet. Für Veränderungen durch Dritte übernimmt der Verlag keine Verantwortung. 23