Quantenteleportation Tobias M. Weber Ein Vortrag im Seminar “Moderne Experimente der Quantenoptik und Atomphysik“ im Sommersemester 06, Universität Mainz ( 21 Juni, 2006) In der folgenden Zusammenfassung werden die theoretischen Grundzüge der Quantenteleportation, begründet in einer Arbeit von Charles H. Bennett et al.[1] aus dem Jahr 1993, vorgestellt. Dabei handelt es sich um den Prozess der Übertragung eines quantenmechanischen Zustandes zwischen zweier Systeme, die im Prinzip beliebig weit voneinander entfernt sind und niemals direkt miteinander wechselwirken konnten. Des weiteren wird als erste experimentelle Realisierung das von der Gruppe um Anton Zeilinger 1997 durchgeführte Experiment mit polarisierten Photonen im Detail besprochen, sowie einige alternative Konzepte und deren Vorteile besprochen. Von größtem Interesse sind natürlich die konkreten Anwendungen der Quantenteleportation, wie sie heute schon möglich und in Zukunft zu erwarten sind und zum Schluss skizzenhaft beschrieben werden sollen. 1. Einleitung A. Motivation Zunächst soll hier die Idee der Quantenteleportation in den Grundzügen beschrieben werden. Betont werden muss hier zuallererst der stringente Unterschied zum klassischen Begriff der Teleportation, wie er zuerst von science fiction Autoren kreiert wurde. In dieser naiven Vorstellung versteht man unter der Teleportation eines Gegenstandes oder sogar Menschens die totale - materielle - Auflösung des Objektes und die verzögerungsfreie Reproduktion einer perfekten Kopie an einem beliebig weit entfernten Ort. Natürlich muss ein solcher Vorgang gegen physikalische Naturgesetze, insbesondere die Erhaltungssätze verstoßen. Demgegenüber stellt die Quantenteleportation einen durchaus physikalischen Vorgang dar: Ziel ist es, den unbekannten Quantenzustand eines Systems von einem Sender, i. A. als „Alice“ bezeichnet, auf das entsprechende System eines Empfängers, „Bob“, zu übertragen, d.h., es wird keinerlei Masse transportiert und die tragende Struktur des zu teleportierenden Zustandes liegt schon beim Empfänger vor. Sie wurde z.B. über einen Quantenkanal zuvor transferiert. Außerdem wird zu Übertragung von Teilinformationen über den zu teleportierenden Zustand stets auch ein klassischer Informationskanal benötigt, was auch die Einhaltung der von Einstein postulierten Lichtgeschwindigkeit als absolute Grenze der Signalübertragung berücksichtigt. B. Einige Grundlagen der Quantenmechanik Es werden nun die zum Verständnis der Quantenteleportation benötigten Grundlagen der Quantenmechanik beschrieben. Im Allgemeinen wird ein System (z.B. ein Photon) durch seinen quantenmechanischen Zustand beschrieben. Dieser wird dargestellt als eine Superposition von Basiszuständen, die einen mathematisch ausreichenden Satz zur vollständigen Beschreibung einer beliebigen Eigenschaft (z.B. Polarisation) darstellt. Hier und im Folgenden werden stets Eigenschaften betrachtet, die mit einer dualen Basis beschrieben werden können. Die entsprechenden Zustände werden dann als „qubits“ bezeichnet und können geschrieben werden als: a0 0 a1 1 mit der Normierungsbedingung a0 2 a1 2 1 für die Amplituden. Von entscheidender Bedeutung für die Quantenteleportation ist das Phänomen der verschränkten Zustände. Dabei handelt es sich um den gemeinsamen Zustand mehrerer (hier stets zweier) Systeme, bei dem der Zustand des einzelnen Systems absolut unbestimmt ist, bei beliebiger gleichartiger Messung aber die Einzelergebnisse stets perfekt korreliert sind. Dies bedeutet, dass sich z.B. bei der Messung der Polarisation an zwei verschränkten Photonen stets das selbe bzw. orthogonale Resultat ergibt, obwohl die Photonen im Einzelnen zuvor absolut unbestimmt waren. Ein verschränkter Zustand lässt sich somit schreiben als 1 2 (0 0 1 1) bzw. 1 2 (0 1 1 0) Dabei ist keine Aussage über die Entfernung zwischen den beiden Systemen gemacht, was bedeutet, dass sich beide bei der Messung über eine „spukhafte Fernwirkung“ (Einstein) über das gleichartige bzw. orthogonale Ergebnis zu einigen scheinen. Hier widerspricht die Quantenmechanik in eindeutiger Weise dem klassischen Bildes des lokalen Realismus, nach dem eine Fernwirkung lokal durch die Lichtgeschwindigkeit beschränkt ist und zu jedem Messergebnis eine - vom Beobachter unabhängige – entsprechende Wirklichkeit existiert. 2. Das Protokoll nach Bennett A. Allgemeines Prinzip 1993 wurde zuerst von Bennett et al. ein konkreter Vorschlag zur Realisierung der Quantenteleportation in dem Artikel Teleporting an Unknown Quantum State via Dual Classical and Einstein-PodolskyRosen-Channels [1] vorgeschlagen. Ausgangspunkt ist der unbekannte Superpositionszustand einer dualen Basis eines Quantensystems 1 bzw. A beim Sender Alice: A a0 0 a1 1 Den Informationsgehalt dieses Zustandes durch einfaches Messen zu bekommen und dann zu übermitteln ist auf Grund der quantenmechanischen Unschärfe nicht möglich; zwar könnte man Teilinformationen über eine der Amplituden durch Messung eines Basiszustandes erhalten, jedoch würde dadurch der Gesamtzustand in einen neuen Zustand projeziert und die ursprüngliche Information wäre unwiederbringlich verloren (projection postulate). Stattdessen wird wie in der Überschrift angesprochen, ein EPR-Quantenpaar, also ein verschränktes Paar (23) 23 1 2 (0 1 1 0) von Systemen benutzt und die Information des Zustandes in einen klassischen und einen A quantenmechanischen Teil aufgespalten Das Ergebnis dieser Messung wird über einen klassischen Kanal an Bob geschickt, der mit dieser Information in der Lage ist, sein Teilsystem des verschränkten Paares in den ursprünglichen Zustand zu bringen. Danach ist der Zustand bei Alice, der durch die Bell-Zustandsmessung zerstört wurde, bei Bob und die Teleportation abgeschlossen. B. Quantenmechanische Rechnung Dass die Übertragung eines Zustandes wie im obigen Schema beschrieben auch tatsächlich die erwünschten Resultate liefert, lässt sich durch die quantenmechanische Rechnung nachvollziehen. Zunächst lässt sich der gemeinsame Zustand des Quants A von Alice und des verschränkten Paares (23) als Produktzustand schreiben: 123 23 * A Dies ergibt nach Einsetzen und Ausmultiplizieren: 123 a0 2 (0 a1 2 A (1 A 0 213 0 A 1 2 0 3) 0 2131 A 1 2 0 3) Das gemeinsame Messen an Quant A und Quant 2 aus dem verschränkten Paar kann man nun als die Projektion dieser Quanten in eine neue Basis von Bell-Zuständen 12 1 2 ( 0 1 1 2 1 1 0 2) 12 1 2 ( 0 1 0 2 1 1 1 2) verstanden werden. Setzt man diese Darstellung in den Zustand aller drei Quanten ein, so ergibt sich als vorläufiges Resultat: 123 12 [ 12 (a0 0 3 a1 1 3 ) 12 (a0 0 3 a1 1 3 ) 12 (a0 1 3 a1 0 3 ) 12 (a0 1 3 a1 0 3 )] Abb.1: Schema des Protokolls Wie in Abb.1 dargestellt, wird ein Teil des verschränkten Paares, das bei Alice erzeugt wurde, über einen Quantenkanal an den Empfänger Bob gesendet. Der andere Teil wird von Alice zu einer gemeinsamen Messung an diesem System und ihrem eigenen System A , einer Bell-Zustandsmessung, genutzt. Dieses zunächst recht unanschaulich wirkende Ergebnis ist nun richtig zu interpretieren: Jedes der vier möglichen Ergebnisse der Bell Zustandsmessung 12 und 12 erhält man mit gleicher Wahrscheinlichkeit ¼ und total zufällig verteilt. Kennt man dieses Ergebnis, so kann man auf Grund der Struktur des Gesamtzustandes von (123) mit absoluter Sicherheit sagen, in welchem Zustand sich dann das Quant 3 bei Bob befindet! Ergibt sich z.B. Bell-Zustand 12 , so ist Quant 3 im Zustand (a0 0 a1 1 ) was bis auf ein Vorzeichen schon dem gewünschten Zustand A a0 0 a1 1 entspricht Die Summanden des Gesamtzustandes stellen also jeweils zusammengehörige Ergebnisse für die Zustände von Quanten (12) sowie Quant 3 dar. Die Besonderheit, dass bei einem Ergebnis 12 schon der gewünschte Zustand für das Quant 3 bei Bob vorliegt wird später im Experiment wieder eine Rolle spielen. Liegt ein anderes Ergebnis vor, so muss auf (3) noch eine Operation angewendet werden, um wieder Zustand A zu erhalten. Dabei handelt es sich jeweils um eine Kombination aus einem bit-flip 0 1 und dem Erzeugen eines relativen Minuszeichens zwischen beiden Anteilen der Superposition. So wird z.B. der Zustand (a0 1 a1 0 ) durch diese beiden 3 3 Operationen gemeinsam wieder in den gewünschten Zustand (a0 0 3 a1 1 3 ) gebracht. Die Operationen lassen sich darstellen durch die bekannten Pauli-Spinmatrizen { 2 , x , y , z } , sodass sich letztendlich ergibt: Wir haben damit einen Widerspruch erzeugt und die Annahme widerlegt! 3. Experiment nach Zeilinger Die erste experimentelle Realisierung einer Quantenteleportation gelang im Jahr 1997 Anton Zeilinger et al. in Insbruck. Durch die Ausschöpfung aller zu dieser Zeit verfügbaren Methoden zur Erzeugung verschränkter Quanten und quantenoptischer Manipulationen, wurde eine Umsetzung mit Photonen erreicht. Grundlage und damit auch quantenmechanische Basis der betrachteten Zustände war die Polarisation dieser Photonen und deren Manipulation durch optische Fasern, Spiegel und Kristalle. Im groben Aufbau verfolgt das setup genau das Protokoll von Bennett:. 3 A C. Das ‚no-cloning’-Theorem Bei der Bell-Zustandsmessung wird der ursprüngliche Zustand bei Quant 1 von Alice zerstört, was die Teleportation im eigentlichen Sinne erst perfekt macht. Dieser Umstand wird jedoch auch schon durch die Quantenmechanik selbst in Form des ‚no-cloning’-Theorems gefordert: „Ein unbekannter Quantenzustand kann nicht perfekt kopiert werden“ D Dass dieser Grundsatz gelten muss, lässt sich durch einfache Überlegungen zeigen: Abb.2: Schematischer Aufbau Annahme: es gibt eine unitäre Zeitentwicklung, die mit einem Hilfszustand einen Zustand genau kopiert, also: h Wendet man diese Entwicklung auf die Basiszustände einer dualen Basis an, so ergibt sich damit: 0 h 0 0 1 h 1 1 Mit diesen Relationen lässt sich leicht die Wirkung auf einen Superpositionszustand 0 1 berechnen: ( 0 1 ) h 0 0 1 1 Man sieht sofort, dass das Resultat nicht dem gewünschten Verdoppeln des Ursprungszustandes entspricht. Durch einen gepulsten Laserstrahl und einen nichtlinearen Bariumborat-Kristall wird ein in der Polarisation verschränktes Photonenpaar 23 1 2 (H 2 V 3 V 2 H 3) erzeugt, mit der Basis { H , V } für horizontal und vertikal polarisierte Photonen. Eines (3) wird auf direktem Weg (Strahl) zu Bob geschickt und eines (2) zu Alice, die in diesem Schema die BellZustandsmessung vornimmt. Danach wird der Pumpstrahl reflektiert und erzeugt in anderer Richtung ein weiteres Photonenpaar, wobei ein Photon (4) später zur Triggerung genutzt wird und das andere (1) durch eine Polarisatoranordnung in den gewünschten, zu teleportierenden Zustand A a0 H a1 V gebracht wird. Hier ist der Zustand durch Kenntnisse über die Polarisatoren zwecks Überprüfung der Teleportation bekannt und eindeutig bestimmt. Mittels eines halbdurchlässigen Spiegels als Strahlteiler (BS) wird nun die BellZustandsmessung an den ununterscheidbaren Photonen 1 und 2 vorgenommen und das Ergebnis durch Detektoren an den beiden Ausgängen festgehalten. Zum Schluss kann Bob durch einen polarisierenden Strahlteiler mit den dem gewählten Anfangszustand entsprechenden Ausgängen den Zustand seines Photons bestimmen und die Teleportation verifizieren. Falschfarbenaufnahme A. Die Photonenpaarquelle Das Paar von Photonen im benötigten polarisationsverschräktem Zustand wird erzeugt durch einen Pulslaserstrahl im UV-Bereich, der Lichtpulse der Länge 200fs erzeugt. Auf einen nichtlinearen β-BariumboratKristall (BBO) gerichtet wird in diesem durch den Prozess der spontanen parametrischen Fluoreszens vom Typ II ein einfallendes Photon in zwei polarisations-verschränkte Photonen aufgespalten: Durch Herausfiltern bzw. –blenden aller übrigen Bestandteile erhält man mit den Photonenpaaren auf den so entstehenden Strahlen genau den gewünschten verschränkten Zustand, denn von zwei durch die Pulsdauer umgrenzten, gleichzeitig austretenden Photonen ist mit Sicherheit eines horizontal und eines vertikal polarisiert. Es ist aber absolut unentscheidbar, welches welches der beiden ist! Wir erhalten also tatsächlich zwei Photonen im gewünschten Zustand 23 1 2 (H 2 V 3 V 2 H 3) B. Die Bell-Zustandsmessung Abb.3: Prinzip der parametische. Fluoreszens Diese treten dann spektral verteilt aus dem Kristall aus, jedoch werden Photonen zu fester Frequenz auf zwei Kegelmänteln emittiert. Dabei kreuzen sich der obere mit nur horizontal polarisierten Photonen und der untere mit den vertikal polarisierten auf genau zwei Geraden: Im folgenden Verlauf des Experimentes wird auf die Identifizierung aller 4 möglichen Bell-Zustände, deren Übermittlung mindestens einen klassischen 2-bit-Kanal bedingen würde, verzichtet. Stattdessen wird nur der Fall mit dem Ergebnis 12 betrachtet, also das Viertel aller Fälle, in dem sich das Photon 3 von Bob schon im richtigen A befindet. Anfangszustand Durch die beiden Detektoren ist dieser Fall eindeutig identifizierbar. Denn: Sprechen beide Detektoren gleichzeitig an, so befinden sich Quant 1 und 2 im Zustand 12 Diese Aussage soll im Folgenden argumentativ begründet werden. Treffen auf die beiden Eingänge des Strahlteilers zwei beliebige Photonen, so gibt es vier mögliche Endsituationen: d.h., entweder wird ein Photon transmittiert und das andere reflektiert oder umgekehrt, was uns hier beides nicht interessiert, oder beide Photonen werden gleichzeitig transmittiert oder beide emittiert. Die letzten beiden Fälle würden dann jeweils zu gleichzeitigem Ansprechen der Detektoren führen. Dieses Resultat würde also quantenmechanisch einer Superposition der beiden Möglichkeiten entsprechen. Wie beim Doppelspaltexperiment, bei dem es ja auch zwei Möglichkeiten mit gleichem Ergebnis gibt, treten auch hier Interferenzerscheinungen auf. Dabei entspricht der dritte Fall der Transmission beider Photonen der destruktiven Interferenz, sodass nur noch der letzte Fall zum Auslösen beider Detektoren führen kann. Dies ist genau der Zustand Dieses Resultat lässt sich auch durch die quantenmechanische Rechnung explizit erhalten. Zunächst werden die ein- und auslaufenden Photonen durch die entsprechenden Erzeugungsbzw. Vernichtungsoperatoren dargestellt, wie in Abb.4 gezeigt. ^ ^ ^ bH , bV ^ ^ ^ aH , aV ^ d H , dV ^ cH , cV Abb.4: Vorgänge am Strahlteiler Nun lassen sich die interessanten Zustände 12 1 2 (H 1V 2 V 1 H 2) darstellen als Wirkungen der Erzeugungsoperatoren auf den Vakuumzustand: 12 1 2 (bH aV 0 bV a H 0 ) Des weiteren gelten die grundlegenden quantenmechanischen Relationen bH bV aH aV 1 2 1 2 1 2 1 2 (d H ic H ) (dV icV ) (cH id H ) (cV idV ) Sie spiegeln die Vorgänge am Strahlteiler wider (Reflektion →Faktor i ). Setzt man diese in die obigen Zustände ein, so ergibt sich als Endzustände: 12 12 (2ic H cV 2id V d H ) 0 1 2 12 1 2 (2d H cV 2c H d V ) 0 1 2 Dies entspricht genau der oben geschilderten Situation, dass Zustand 12 nicht zu einem Photon in jedem Ausgang führen kann. C. Durchführung und Ergebnisse Zur Auswertung der Quantenteleportation werden verschiedene Anfangszustände erzeugt und bei gewünschtem Ergebnis der Bell-Zustandsmessung die Korrektheit des Zustandes von Photon 3 bei Bob überprüft. War der zu teleportierende Zustand z.B. ein um +45° polarisiertes Photon, so benutzt Bob einen polarisierenden Strahlteiler mit einem Detektor d1 am -45°-Ausgang und einem Detektor d2 am +45°-Ausgang. Erfolgreiche Teleportation zeigt sich dann in einer Koinzidenzmessung entsprechender in Abb.2 beschrifteter Detektoren. Sie ist genau dann gewährleistet, wenn die Detektoren der Bell-Zustandsmessung f1 und f2, sowie d2 bei Bob und Detektor D für das bis jetzt noch nicht beachtete zweite Photon aus dem als zweites erzeugten Photonenpaar, gleichzeitig ansprechen: (f1,f2,d2,D). Die Überprüfung dieses Photons, die gleichzeitig sicherstellt, dass überhaupt ein Photon im Zustand Aerzeugt wurde, ist wichtig, um sog. Falschereignisse auszuschließen. Mit gleicher Wahrscheinlichkeit, wie die beiden gewünschten Photonenpaare im BBO erzeugt werden, können nämlich auch zwei Paare in die gleiche Richtung des Pumplasers (nach rechts) erzeugt werden, was, wie man sich leicht klar macht, stets zum gleichzeitigen Auslösen der beiden Bell-Detektoren f1 und f2 führt, obwohl gar kein Photon A erzeugt wurde. Unter Berücksichtigung dieses Effektes lässt sich nun die Teleportation überprüfen, indem man den Reflektionsspiegel des Pumplasers langsam verfährt und somit den Unterschied zwischen den Ankunftszeiten von Photon 1 und 2 am Strahlteiler der Bell-Messung verändert. Denn natürlich kann diese nur korrekt stattfinden, wenn beide Photonen miteinander interferieren, was gleichzeitiges Ankommen voraussetzt. Um auch bei richtiger Einstellung des Reflektionsspiegels sicherzustellen, dass beide Photonen in ihrer Ankunftszeit ununterscheidbar sind, werden sie zuvor durch einen Bandbreitenfilter ( 788nm bei 4nm Breite) geschickt, wodurch ein Bereich aus dem einfallenden Spektrum geschnitten wird, was in der Fouriertransformation einem breiteren Zeitfenster für beide Photonen von 520fs entspricht. Dieses ist größer, als die vom Pulslaser erzeugte Breite von 200fs. Nachweis der Teleportation ist also das Messen der Koinzidenz (D,f1,f2,d2) bei gleichzeitiger Abwesenheit der Koinzidenz (D,f1,f2,d1). Man erhält also als theoretische Voraussage für eine ideale Teleportation das in Abb.5 gezeigte Verhalten. Abb.6: 3-fach-Koinzidenz und Rausrechnen der „Falschereignisse“ von (68±1)% Abb.5: theoretische Voraussage Dies bedeutet, dass außerhalb des Teleportationsbereiches (grau unterlegt) beide Detektoren bei Bob mit gleicher Wahrscheinlichkeit ansprechen, da sich bei im Rahmen der Detektorgenauigkeit unabhängig einfallenden Photonen am Strahlteiler der Bell-Messung eine 50%-Wahrscheinlichkeit für die Koinzidenz (f1f2) ergibt, die auf d1 und d2 gleich verteilt wird. Findet Teleportation statt, so sollte die Rate bei dem zum teleportierenden Zustand orthogonalem Ausgang auf Null fallen (dip), wohingegen die Rate beim entsprechend richtigen Ausgang gleich bleibt, da ja nur noch in ¼ aller Fälle Koinzidenz (f1f2) auftritt. Das Experiment wurde von Zeilinger et al. sowohl für die Basiszustände Polarosation 0° und 90° als auch für ±45° und zirkular polarisierte Photonen ausgewertet und es ergaben sich die in Abb.6 gezeigten Ergebnisse, die im Rahmen der Genauigkeiten des Aufbaus mit der Theorie eindeutig übereinstimmen. Für 45°- und 90°-polarisierte Photonen ergab sich dabei mit Vierfachkoinzidenz-Messung eine über alles gemittelte Sichtbarkeit von ( 70 ± 3 )% (prozentuale Abweichung vom idealen theoretischen dip-Verhalten). Dieser Wert übersteigt deutlich eine zufällige Übereinstimmung von 50% sowie auch die maximal erreichbare visibility ohne das Benutzen verschränkter Zustände von 2/3, wie in [11] errechnet. 4. Alternative Experimente A. Der nächste Schritt Im Jahr 2004 ging die Gruppe um Anton Zeilinger den entscheidenden Schritt in Richtung praktische Anwendung. Allen Umwelteinflüssen ausgesetzt wurde diesmal eine Teleportation über eine Entfernung von 600m quer über die Donau in Wien realisiert ([3]). Dabei wurden wiederum polarisierte Photonen benutzt, deren Quantenzustand in einer optischen Faser von insgesamt 800m Länge, unterhalb der Donau verlegt, als Quantenkanal sowie mittels eines Funkkontaktes als klassischem Kanal teleportiert wurde. Da der Aufbau (Abb.7) dem obigen in groben Zügen entspricht, sollen hier nur einige Besonderheiten besprochen werden. Abb.7: realistische Teleportation Zunächst wurden alle Photonen wie bekannt erzeugt und manipuliert, allerdings ermöglichte der komplexere Aufbau mit vier verschalteten Detektoren an zwei Strahlteilern für die BellZustandsmessung die Unterscheidung zwischen zwei Bell-Zuständen 12 (2 Detektoren des selben BS ) und 12 (2 orthog. Detektoren unterschiedlicher BS), was die Effizienz des Experimentes verdoppelte. Das Verhalten lässt sich wie oben durch eine quantenmechanische Rechnung nachvollziehen. Durch diesen Unterschied muss allerdings auch Bob von dem Messergebnis erfahren, bevor bei ihm das Photon 3 ankommt (active feed forward), um vor der Analyse dessen Zustandes eine eventuell nötige Operation am Zustand durchführen zu können. Diese Operation besteht aus dem Erzeugen eines relativen Minuszeichens zwischen beiden Amplituden, was durch einen elektro-optischen Modulator realisiert wird. Bei bedarf wird an diesen eine Spannung von 3,7kV angelegt, wodurch der optische Weg einer Komponente des einlaufenden Superpositionszustandes (z.B. H-Komponente) geeignet verlängert wird. Um ein rechtzeitiges Erreichen der klassischen Information zu gewährleisten wird einerseits die in einer optischen Faser zu 2/3c verminderte Ausbreitungsgeschwindigkeit des Photons 3 ausgenutzt und der Quantenkanal um 200 zusätzliche Meter künstlich verlängert. Dies ergibt einen Vorsprung von 1,5µs, was der schnellen Elektronik zum eventuellen Eingreifen ausreicht. Auch hier wurden verschiedene Zustände teleportiert und es ergab sich trotz einer prozentualen Unsicherheit in der Polarisation von ±10% durch die lange optische Faser ein prozentualer Anteil korrekter Teleportationen, auch Fidelity F : A Out A dA genannt, von 0,84 bis 0,90! B. Time bins Ein in [4],[5] beschriebenes Experiment zur Quantenteleportation verwendet Energie-Zeitverschränkte Photonen. Hier wird das Protokoll von Bennett (Abb.1) im Wesentlichen genau analog umgesetzt, allerdings liegt hier eine ganz andere, für Störungen weniger anfällige Eigenschaft der benutzten Photonen zu Grunde. Der schematische Aufbau ist in Abb.8 gezeigt. Der Strahl des Pumplasers wird zunächst aufgeteilt und jeweils in ein unbalanciertes Michelson- bzw. Faser-Interferometer geleitet durch einen Strahlteiler bzw. Faserkoppler wird ein einlaufendes Photon mit gleicher Wahrscheinlichkeit durch eines der beiden Arme geleitet. Abb.8: time bins Im Ausgang ergibt sich dadurch ein Superpositionszustand c0 long c1ei short Durch einen erzeugten Gangunterschied von 1,5ns, der viel größer ist als die erzeugte Pulsbreite 150fs ergibt sich eine Überlagerung von einem Puls, der zur Zeit s ausläuft und einem zur späteren Zeit l , da ununterscheidbar ist, durch welchen Arm ein einzelnes Photon im Ausgang gelaufen ist. Trifft danach dieser output wieder auf einen nichtlinearen Kristall, so ergibt sich entsprechend der verschränkte Zustand 1 2 ( short C short B ei long C long B ) Hier sehen wir eine andere Art der Verschränkung bei der beide Photonen jeweils im gleichen Zustand sind, was durch den gewählten Aufbau ja auch zwingend logisch ist. Nach der Erzeugung des verschränkten Zustandes können zudem die beiden Photonen nach ihren Wellenlängen voneinander getrennt und zur BellMessung bzw. zu Bob geschickt werden. Auch hier wurde die Teleportation mit VierfachKoinzidenz gemessen, was dann einen Zeitunterschied im Ansprechen der beiden BellDetektoren C1,C2 entspricht, die gleich der durch den Gangunterschied erzeugten Differenz von l - s ist. Alice kann hier über die Wahl des Faserkopplers (Verhältnis der Amplituden) und einen zusätzlich integrierten Phasenschieber (relatives Vorzeichen) beliebige Superpositionszustände erzeugen. Auch hier wurden verschiedenste Zustände teleportiert und auf Grund der geringeren Störanfälligkeit von Laufzeiten gegenüber der Polarisation eine über alle Ergebnisse gemittelte Güte von ( 81,2 ± 2,5 )% erzielt. Dabei lässt sich hier eine korrekte Teleportation durch Übereinstimmung des von Alice gewählten Phasenfaktors α mit dem von Bobs Analyseinterferometers β verifizieren: C. Weitere Konzepte im Überblick i) Eine andere Methode ist das Teleportieren von Quantenzuständen in Paulfallen lokalisierter Ionen. wie in [9],[10] beschrieben. Dabei werden die Ionen mit einer Serie von externen Laserpulsen manipuliert. Da die Fallen in der Regel dicht nebeneinander liegen (µm), ist die erreichte Entfernung uninteressant. Allerdings sind Ionen in diesem Fall zu 100% detektierbar, was das Detektionsschlupfloch in der Argumentation des lokalen Realismus schließt (siehe [7]) ii) Auch das Teleportieren kontinuierlicher Variablen ist erwünscht und wurde erstmals von Furusawa et al. 1998 theoretisch von Bowen et al. 2003 im Experiment realisiert mit Amplitudenquadraten von Lichtfeldern iii) Betrachtet man ein Lichtfeld als Überlagerung unendlich vieler Schwingungen (FourierEntwicklung), so hat dieses Lichtfeld in der quantenmechanischen Betrachtung in den Raumrichtungen jeder Mode eine Unsicherheit, ein Rauschen auf Grund der Unschärferelation. Das Rauschen in einer Richtung kann nun zuungunsten einer anderen unterdrückt werden. Die so resultierenden rauschungsarmen Komponenten können dann zu sehr präzisen Messungen (Abstände bei Gravitationswellendetektion) benutzt werden. Auch eine solche „Gequetschtheit“ einer Komponente wurde erfolgreich von einem Lichtstrahl zum anderen quantenteleportiert. 5. Anwendungen A. Entanglement swapping Eine der für die Zukunft von Quantencomputern und weltweiter Quantenkanalvernetzung bedeutendsten Anwendungen ist das sog. ‚entanglement swapping’. Die Grundidee ist hierbei die Überlegung, was passiert, wenn statt eines unabhängigen Zustandes ein Zustand teleportiert wird, der seinerseits verschränkt ist (siehe Abb.9). BZM Y X A B EPR EPR Abb.9: entanglement swapping Dagegen spricht zunächst nichts, da die Quantenteleportation eine lineare Operation ist. Hier wird der Zustand X über das verschränkte Paar (AB) auf B teleportiert. Da X aber selbst mit Y verschränkt ist, wird genauso Zustand A auf Y teleportiert, was im Endeffekt folgendes Resultat hat: Quant X und A wurden durch die BellZustandsmessung jeweils vernichtet. Jetzt befinden sich jedoch ihrerseits Quant Y und B auf Grund der wechselseitigen Teleportation in einem verschränkten Zustand. Dies kann man sich leicht über die Definition der Verschränkung als perfekte Korrelation von Messergebnissen klar machen. Die entstandene Situation ist dabei äußerst bemerkenswert. Zwei Quanten, Y und B, die niemals direkt miteinander wechselwirkten, sozusagen keinerlei gemeinsame Vergangenheit haben, befinden sich nach dem entanglement swapping in einem maximal verschränkten Zustand! Schaltet man also mehrere der im obigen Schema skizzierten Aufbauten hintereinander, so lässt sich dadurch die Verschränkung über eine beliebige Distanz aufrecht erhalten und man bekommt eine Quantenleitung für verschränkte Zustände. Dies würde in Zukunft die einfache Verknüpfung von, und den Datenaustausch zwischen Quantencomputern ermöglichen. Eine zur Anschauung des Charakters der Quantenmechanik interessante Fragestellung ist, welche Ergebnisse zu erwarten sind, wenn die Zustände Y und B vor der Bell-Messung an X und A bestimmt würden. Sicherlich wären zunächst die jeweiligen Teilergebnisse Für beide Zustände vollkommen unkorreliert. Erst durch hinzuziehen der Ergebnisliste der späteren Bell-Messung könnte man die ursprüngliche Liste in 4, den möglichen Bell-Zuständen entsprechenden, Teillisten zerlegen und würde dort dann plötzlich wieder perfekte Korrelation feststellen! Das entanglement swapping wurde 1998 von Weinfurter et al. im Experiment realisiert. B. Dense coding Eine weitere interessante Anwendung der Quantenteleportation ist das Datenkomprimieren von 2 bit in nur einem übermittelten Quant: 2 bit Alice 2 bit Bob Abb.10: dense coding Alice und Bob erhalten jeweils ein Quant eines verschränkten Paares. Alice kann nun ihr Quant manipulieren und es an Bob schicken. Obwohl sie dabei nur ein Teilchen übermittelt, kann sie dennoch 2 bit an Information übertragen. Durch ihre Manipulation bestimmt sie nämlich, welchen der 4 möglichen Bell-Zustände Bob bei einer BellZustandsmessung an beiden Teilchen erhalten wird! Gegenüber dem üblichen Informationsgehalt pro Quant (1 bit, z.B. H- oder V-polarisiert) hat sich die übermittelte Kapazität also verdoppelt. 6. Schlussbetrachtung Besonders in der Betrachtung des Phänomens der verschränkten Zustände und deren Direkter Anwendung wie dem entanglement swapping liegt der Schlüssel zu neuen Erkenntnissen über die Struktur von Zeit und Raum durch die Quantenmechanik. Besonders auch in der Quantenkryptographie wird die Quantenteleportation als Möglichkeit der „abhörsicheren“ Datenübermittlung eine tragende Rolle spielen. Natürlich konnte in diesem Rahmen nicht auf das ganze Spektrum des Themengebietes eingegangen werden. Schon bis heute sind z.B. die Teleportation von Zuständen ganzer Ionenensembles ([8]) oder die Erzeugung verschränkter Zustände zwischen mehr als drei Quanten realisiert worden. Auch das Bestimmen aller 4 Bell-Zustände in der BellZustandsmessung ist Dank ausgefeilter quantenoptischer Techniken heute möglich. Von der Quantenteleportation zu erwarten ist in einiger Zukunft die immer weitere Ausdehnung der überbrückbaren Distanzen bis hin zur Quantenkommunikation zwischen Erde und Orbit und die Teleportation immer komplexerer verschränkter Quantensysteme bis in die Bereiche der Makro-Welt. Danksagung Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei Herrn Herwig Ott für die Unterstützung in der Vorbereitung meines Vortrages sowie der ständigen Bereitschaft, über auftretende Probleme, wenn nötig auch mehrmals, ausgiebig zu diskutieren. In dieser kurzen Zusammenfassung über das Verfahren der Quantenteleportation sind die grundlegenden theoretischen und experimentellen Möglichkeiten, ihren Ursprüngen und Anwendungen aufgezeigt worden. [1] „Teleporting an Unknown Quantum State via Dual Classical and Einstein-Podolsky-Rosen Channels“, Charles H.Bennett et al. Physikal Review Letters 70, No.13 (1993) [4] „Long-distance teleportation of qubits at telecommunication wavelengths“, I.Marcikic,H.deRiedmatten,W.Tittel, H.Zbinden,N.Gisin Nature 421, 509 (2003) [2] „Experimental quantum teleportation“, A. Zeilinger et al. Nature 390, 575 (1997) [5] „Pulsed Energie-Time Entangled Twin-Photon Source for Quantum Communication“; J. Brendel,N.Gisin,W.Tittel,H.Zbinden Physikal Review Letters 82, No.12 (1999) [3] „Quantum teleportation across the Danube“, A.Zeilinger et al. Nature 430, 849 (2004) [6] Physik Journal, November 2005 [7] „Einsteins Spuk“, Anton Zeilinger; C.Bertelsmann Verlag 2005 [8] „Teleportation of atomic ensemble quantum states“; Dantan et al. Feb. 2006 [9] „Deterministic quantum teleportation with atoms“; M.Riebe, H.Häffner et al. Nature 429, 734 (2004) [10] „Deterministic quantum teleportation of atomic qubits“; M.D. Barrett et al. Nature 429, 737 (2004) [11] “Optimal Extraction of Information from Finite Quantum Ensembles”; S.Massar and S. Popescu Physikal Review Letters 74, No. 8 (1995)