Studentisches Forschungsprojekt: „Virtueller Seminarraum“, WS 2002/03 12. November 2002 Lerntheorien Die grundlegenden Lerntheorien, die je nach Lernarrangement mehr oder weniger ihre Wirkung zeigen, sind: Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus. Sie können im wesentlichen wie folgt unterschieden werden: Der Behaviorismus beschäftigt sich mit Reizen und Reaktionen, die eine bestimmtes Verhalten hervorrufen. Psychische Vorgänge werden von außen beobachtet ohne sich dabei auf innere seelische Zustände zu beziehen. o klassische Konditionierung (Pawlow, Watson) o operante Konditionierung (Thorndike, Skinner) Der Kognitivismus beschäftigt sich mit der Informationsverarbeitung, mit Denk- und Organisationsprozessen zur Erkenntnisgewinnung bzw. Entscheidungsvorgängen, die auf bestimmte Erkenntnisse beruhen. Kognitivorientierte Psychologen messen den Reizen und Reaktionen keinerlei Bedeutung bei. Das Hauptaugenmerk des Kognitivismus liegt im Lösen von Problemen. o Lernen am Modell (Bandura) o Lernen durch Einsicht (Köhler, Wertheimer) o Entwicklungsstufenmodell (Piaget) Zu den Lerntheorien Kognitivismus und Behaviorismus ist folgender Link als aufbereitete Lernsoftware sehr zu empfehlen: http://www.lern-psychologie.de Der Konstruktivismus stellt die persönliche Erfahrung der Lernenden in den Vordergrund. Lernen wird als aktiver Prozess verstanden, bei dem Menschen ihr Wissen in Beziehung zu ihren früheren Erfahrungen bzw. Wissen in komplexen realen Lebenssituationen konstruieren.1 Lernen als eine Interaktion mit der Umwelt ist zudem ein ganzheitlicher Prozess, der Wahrnehmen, Erfahren, Handeln, Erleben, Kommunizieren einschließt und somit das ganze Individuum einbezieht.2 Der Konstruktivismus verneint somit die Möglichkeit einer individuell unabhängigen Wahrnehmung der Wirklichkeit (im vgl. zum Behaviorismus). Definiert wird der Konstruktivismus als eine Erkenntnistheorie für kognitive Systeme, in der „Wissen und Erkennen als kognitive Konstrukte bzw. konstruktive Operationen anzusehen sind.“3 Der Konstruktivismus schließt somit Konzepte des Behaviorismus und Kognitivismus ein4, ermöglicht variable Verknüpfungen zu neuen (Gedanken)-Konstrukten, die innerhalb des 1 Vgl. Baumgartner & Payr (1994), S. 107 Vgl. Klimsa: Opensource-Vorträge: http://141.54.159.52/m2demo/m2demo/extern/opensource/index.html 3 Ansgar Nünning (Hrsg.): Konstruktivismus, radikaler. In: Metzler Lexikon. Literatur- und Kulturtheorie. Verlag J.B. Metzler Stuttgart/Weimar 1998, S.280ff. 4 Vgl. Siebert, Horst: Was ist neu an der konstruktivistischen Lerntheorie? http://www.education-quality.de Opensource-Vorträge: 2 [email protected] 1 Studentisches Forschungsprojekt: „Virtueller Seminarraum“, WS 2002/03 12. November 2002 Lernprozesses insbesondere für den hohen Anforderungsbereich5 Transferwissen bzw. problemlösendes Denken erforderlich sind. „Lernen ist für konstruktivistisch orientierte Wissenschaftler kein rezeptiver Vorgang, bei dem eine objektiv bestimmbare und begrenzte Menge an Fakten und Regeln aus dem Kopf des Lehrenden in den des Lernenden "transportiert" wird, sondern ein kreativer Prozess, der unbedingt die aktive und völlig selbstgesteuerte Beteiligung des Lernenden am und im Lernprozess erfordert (weitere Ausführungen bei Mandl & Reinmann-Rothmeier 1995).“6 Vergleich der Lerntheorien: Wie funktioniert Lernen? Kategorie Behaviorismus Kognitivismus Konstruktivismus Das Gehirn ist ein passiver Behälter Computer informationell geschlossenes System Wissen wird abgelagert verarbeitet konstruiert Wissen ist eine korrekte Input/Output-Relation ein adäquater interner Verarbeitungsprozess mit einer Situation operieren zu können Lernziele Richtige Antworten richtige Methoden zur Antwortfindung komplexe Situationen bewältigen Paradigma Stimulus-Response Problemlösung Konstruktion Strategie lehren beobachten und helfen kooperieren Die Lehrperson ist Autorität Tutor Coach, Spieler, Trainer Feedback wird extern vorgegeben extern modelliert intern modelliert Quelle: Eberle, Didaktik der Informatik. In: Beats Biblionetz: Fragen. Wie funktioniert Lernen? http://www.inf.ethz.ch/personal/doebeli/private/thinking/f00048.html 5 Für den Bereich "Intellektuelle Fähigkeiten" differenzieren Straka & Macke acht Lernarten mit steigendem Komplexitätsgrad, wobei Lernarten mit höherem Komplexitätsgrad das Beherrschen einfacherer Lernarten voraussetzten: 1.Signallernen, 2.Reiz-Reaktions-Lernen, 3.Lernen motorischer Ketten, 4.Lernen sprachlicher Ketten, 5.DiskriminationslernenBegriffslernen, 6.Lernen von Regeln und Prinzipien, 7.Problemlösen (Vgl. Straka & Macke 1981, S. 78 ff). In der schulischen Praxis wird lediglich in drei Anforderungsbereiche unterteilt, die mit steigendem Schwierigkeitsgrad vergleichbar sind mit: I. Wissenswiedergabe, II. Anwendungswissen, III. Transferwissen bzw. Problemlösendes Lernen (Vgl. http://www.kmk.org [Pfad: Schule/Beschlüsse/Abiturprüfung/Einheitliche Prüfungsanforderungen der Abiturprüfung für das Fach "XY"]) 6 Tanja Lindemeier, M.A: Materialien zum Seminar "Microteaching - Das Lehren lernen": http://ddi.cs.unipotsdam.de/Lehre/SPS/MaterialMicroteaching.htm [email protected] 2