Referat am 07.06.2007, gehalten von Dominique Türkowsky, [email protected] Kognitive Wende: Behaviorismus Kognitivismus Der Beginn der Psychologie als Wissenschaft lässt sich auf 1879 datieren, als Wilhelm Wundt (Physiologe und Philosoph) an der Universität Leipzig das erste Labor zur Erforschung psychologischer Phänomene einrichtete. Eingebettet in verschiedene Strömungen begründete John B. Watson Anfang des 20.Jh.s als Reaktion auf die von ihm kritisierte Introspektion die behavioristische Methodik, die in den USA jahrzehntelang die einflussreichste und bestdotierte Herangehensweise blieb. Behaviorismus meint die objektive Untersuchung des Verhaltens von Menschen und Tieren mit den Methoden der Naturwissenschaft. Für Watson war jedes Verhalten in Reiz [Veränderung in äußerer Umwelt oder im Inneren des Individuums] und Reaktion [jegliche Aktivität] zerlegbar. Die dazwischen liegenden Prozesse liefen in einer Blackbox ab und seien uninteressant. Watson begann zeitgleich mit I. P. Pawlow (1905), der als Vorläufer des B. bezeichnet werden kann, mit Experimenten zu Reflexen [Klassische Konditionierung: US (unkonditionierter Stimulus) UR (unkonditionierte Reaktion) Neutr. Stimulus keine Reaktion; Neutr.St.+USUR; CS(konditionierter Stimulus, ehemals neutr.St.)CR(kond.Reaktion entspricht UR)] und fand hierbei zu hypothetischen physiologischen Erklärungen für den Aufbau von komplexen Verhaltensmustern, die letztlich alle auf assoziative Lernmechanismen zurückführbar seien. So geschieht auch die Entwicklung eines Organismus lediglich als Folge verschiedener Reize der Umwelt. Ein Kind kommt als tabula rasa auf die Welt und kann –je nach Einflüssen- zu allem geformt werden (Little Albert, konditionierte Angst vor Felltieren). Thorndike (1898) abstrahierte als erster Gesetze zur operanten Konditionierung. Mit Hilfe seiner Puzzleboxen fand er heraus, dass Erfolg ein Verhalten, bzw. eine Kette von Verhaltensweisen verstärkt und sich dieser Lerninhalt umso stärker festigt, je öfter die eigentliche Aufgabe wiederholt wird (law of effect, law of readiness, law of exercise). B.F.Skinner popularisierte und radikalisierte den Behaviorismus. Er betonte die Bedeutung der Exaktheit bei der wissenschaftlichen (psychologischen) Forschung, für die im Grunde nur Laborstudien zulänglich wären. Skinner wird mit der operanten Konditionierung in Verbindung gebracht, da er auf Grundlage Thorndike’s genauer untersuchte, wie Verhalten (auf phylo- und ontogenetischer Ebene), das zunächst spontan an den Tag gelegt wird, durch seine Konsequenzen geformt wird (Verstärkerpläne…) Mit seiner Skinner-Box schuf er einen Apparat zur quantitativen Erfassung von Reaktionen und konnte so komplexere Verhaltensgesetze entwerfen, die heute mit ähnlichen Gerätschaften stetig erweitert werden. Heute sind behavioristische Spuren v.a. in der Verhaltentherapie (Desensibilisierung von Phobikern, Behandlung von frühkindlichem Autismus, bei der Abrichtung von Hunden und Zirkustieren, sowie bei PC-Sprachlernprogrammen zu finden. In den 60er Jahren wurde immer lautere Kritik zu den Beschränkungen des B. laut. Besonders N. Chomsky brachte Gegenargumente hinsichtlich seiner Unzulänglichkeiten bspw. bei der Erklärung des Spracherwerbs hervor. Das hereinbrechende Computerzeitalter (Formulierung der Kybernetik, Turingmaschine & TuringTest etc.) schuf Bahn für eine neue interdisziplinäre1 Herangehensweise: dem Kognitivismus, der zunächst den Geist und seine Funktionsweisen (ehemals Blackbox) ähnlich wie Software mit Rechenprozessen an mentalen Repräsentationen gleichsetzte. Somit ist alles Verhalten und Erleben Resultat einer Abfolge von Informationsverarbeitungsprozessen, die sich abstrakt beschreiben lassen, ohne direkt das Gehirn zu untersuchen. Damit wird mentalen Zuständen eine Eigenständigkeit zugeschrieben, die sie als bloße Verhaltensdispositionen nicht besaßen (Einführung mentalistischer Begriffe: Konzept, Idee, Denken, Vorstellen). Der heute beliebte Konnektionismus, bei dem neuronale Netze modelliert werden, könnte genauso gut als Behaviorismus mit Computern bezeichnet werden, da auch hier nur allgemeine Lernmechanismen als angeboren und kognitive Repräsentationen als sich im Lernprozess herausbildend angenommen werden. Die Netze bestehen aus miteinander verschalteten einfachen Einheiten, die ihre Aktivität an benachbarte „Neurone“ weitergeben können. Durch verschieden starke Gewichtungen (die durch Lernen verändert werden) kann ein Input komplizierte Erregungsmuster erzeugen, die bestenfalls dem menschlichen Output nahe kommen. Kognitionswissenschaft (Wahrnehmung, Denken, Lernen, Motorik, Sprache, Problemlösen, Aufmerksamkeit…) = Psychologie [Denken, Erleben und Handeln des Menschen (und anderer Spezies)] + Physiologie [Wie sind kognitive Prozesse neurologisch realisiert?] + Informatik [Wie lässt sich Denken als Form von Informationsverarbeitung verstehen und modellieren?]+ Philosophie [Was heißt Denken? Wie sind bestimmte Begriffe strukturiert?] + Linguistik 1