Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO05 am 29.11.2006 Zur Psychologie des Lernens I: Klassischer Behaviorismus und klassische Konditionierung (Die Psychoanalyse ist außerhalb der Universität entstanden und wird auch auf der Uni kaum gelehrt.) Psychotherapie - Verhaltenstherapie Betrifft den Output; ist gut empirisch abgesichert; ist auch theoretisch gut abgesichert. BEHAVIORISMUS. Die Psychologie wird und wurde auch von Laien verfolgt: öffentliche Kritik an der Psychologie psychologische Lerntheorien Aldous Huxley (1894 – 1963) “Brave New World“ (1932) Herbert Marcuse (1898 – 1979) “The One-dimensional Man. Studies in the Ideology of Advanced Industrial Society“ (1964) Die Gesellschaft verursacht eindimensionale Menschen. Zusammenhang: Herrschaft Kontrolle Menschen kontrollieren (Behaviorismus) Noam Chomsky (geb. 1928) Was (wir) Psychologen gut finden, kritisieren andere oft. Psychologie as the Behaviourist Views it (1913) John B. Watson (1878-1958) Watsons Lehrer in Philosophie: George Herbert Mead (1863-1931) John Dewey (1859-1952) James Rowland Angell (1869-1949) (Begründer einer “funktionellen Psychologie”) Watson fand sehr schnell Anhänger seiner Theorie. „Behaviorismus“ • Psychologie als objektiver Zweig der Naturwissenschaft • Vorhersage und Kontrolle von Verhalten • Introspektion spielt keine Rolle • Verhalten wird nicht in Bewusstseinsbegriffen interpretiert • Kein prinzipieller Unterschied zwischen tierischen und menschlichen Verhalten Behaviorismus ist Verhaltensbeobachtung Lösung des Introspektionsproblems Seite 1 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO05 am 29.11.2006 Pragmatismus (Dewey): „Anpassung“ als Funktion des Bewusstseins Bei Dewey hat das Bewusstsein noch eine Funktion: Subjekte anpassen an die jeweiligen Bedingungen – „Anpassung“ an Umweltgegebenheiten, aber auch anpassen der Umwelt an die Bedürfnisse des Subjekts. Der Bewusstseinsbegriff geht langsam verloren. Funktionalismus (Angell): interessiert sich für mentale Operationen und nicht für Bewusstseinsinhalte = Aufgabe der Introspektion Das Bewusstsein wird als mentale Operation aufgefasst. Mentale Operationen sind jedoch nicht direkt von der Forschung erfassbar; aber man kann vom Verhalten rückschließen, welche mentalen Operationen stattgefunden haben. Introspektion nicht mehr relevant. Rolle der Tierpsychologie Es werden Schlüsse aus Reaktionen/Verhalten von Tieren geschlossen; diese sollen auch auf den Menschen „übertragbar“ sein. (Tierexperimente) Watson: Behaviorismus: Psychologie ohne Bewusstsein keine Bewusstseinsvorgänge. Watsons Argumentation • Bewusstseinsprozesse sind nicht experimentell bestimmbar (weil sie nicht direkt beobachtbar sind) • Bewusstseinsprozesse sind für die auf experimentellem Wege zu untersuchenden Probleme irrelevant Letzteres konnte Watson zunächst nur behaupten, nicht aber zeigen! Wenn ich mich so und so verhalte, ist für den Behavioristen das „wieso“ irrelevant zur Vorhersage von verhalten. 1913: Gründung des Behaviourismus. Watson hatte zu der Zeit noch keine Idee, wie er die zweite Behauptung experimentell beweisen/zeigen soll. Er sucht nach experimentellen Versuchsanordnungen und findet ein Paradigma/ eine Experimentiertechnik: Watson entdeckt Pawlow! (Watson interessiert nur die Methode von Pawlow) Idee und Methode des bedingten Reflexes rücken in den Mittelpunkt seines Systems. „Little – Albert – Experiment“ (= theoretischer Kontext zur Behauptung -> Umsetzung in ein empirisches Experiment) John B. Watson & Rosalie Rayner (Zweite Frau von Watson) Conditioned emotional reactions (1920) • Kann bei einem Kind Angst gegenüber einem Tier ausgelöst werden, wenn gleichzeitig ein lautes Geräusch auftritt? • Wird diese Angst auf andere Objekte generalisiert? • Wie lange wird diese Angst anhalten? Little Albert war zur Zeit des Experiments 11 Monate alt. Jedes mal, wenn sich das Kind der Ratte zuwendet, wird mit einer Stange gegen ein Metall geschlagen das Kind beginnt zu weinen. Nachdem dies 7 Mal durchgeführt wurde, reichte allein der Anblick der Ratte aus, dass das Kind zu weinen beginnt. Seite 2 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO05 am 29.11.2006 1. Frage bestätigt Angst kann ausgelöst werden 2. Frage bestätigt Kind weint auch bei anderen pelzigen/haarigen Dingen/Tieren 3. Frage: Neuer Versuchsdurchgang nach 5 Tagen: Ratte -> Geräusch: „auffrischen“ der Angstreaktion Nach 31 Tagen: Albert wird mit Objekten konfrontiert (Fellmantel, Hund,…) Vermeidungsreaktion gegenüber den Furcht auslösenden Tieren, aber er fasst sie nach gutem Zureden doch an (-> keine Phobie ankonditioniert) (Watson filmte das Experiment: Grundproblem: Das Kind war durch den lauten Lärm nicht zu beeindrucken, wenn es Daumen lutschte -> die Vl sorgten dafür, dass Albert nicht an seinen Daumen lutschte -> Geräusch. Kritik am Experiment: wieso heulte Albert? Wegen dem Geräusch oder weil er nicht am Daumen lutschen durfte?) Das Little-Albert-Experiment ist ein wichtiges Experiment für den Behaviorismus: Es soll damit gezeigt werden, dass auf den Reiz eine Reaktion folgt und das Bewusstsein somit keine Rolle spielt. Außenweltreize nicht mehr Bedingungen, sondern Determinanten des Verhaltens d.h.: habe ich die Kontrolle über die Außenreize, habe ich auch die Kontrolle über das Verhalten. Durch die Anwendung einfacher Lerngesetzte, ist das Verhalten kontrollierbar. „Verhaltenskontrolle“ – dadurch seien Gesellschaftsprobleme lösbar, die Welt kann man so umgestalten. „Alle Probleme der Menschheit sind zu lösen“ Russische Physiologie • Iwan Michailowitsch Sechenow (1829-1905) „Die Reflexe des Gehirns“ (1863) – das menschliche Denken geht auf Reflexe zurück • • Ivan Petrowitsch Pawlow (1849-1936) Wladimir Michailowitsch Bechterew (1857-1927) „Psychoreflexologie“ – ist der Pawlowschen Theorie sehr ähnlich Ivan Petrowitsch Pawlow 1904 – Nobelpreis für Physiologie - Arbeiten zur Physiologie der Verdauung Erforschung des bedingten Reflexes Reflex: unwillkürliche Reaktion auf einen Reiz bedingter Reflex: Übertragung von unwillkürlicher Reaktion auf einen neutralen Reiz Versuchsanordnung Wenn die Mundschleimhaut (vom Hund) mit Futter (UCS) in Berührung kommt Reflex Speichelproduktion Speichelfluss Auslöserreiz: unconditioned Stimulus UCS Reflex: unconditioned Reaktion UCR neutraler Reiz: S0 (null) Seite 3 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO05 am 29.11.2006 Glockenton Futter Speichelfluss Glockenton allein S0 wird zu CS CS verursacht CR conditioned Stimulus conditioned Reaktion CS CR S0 UCS UCR konditionierter Reiz CS CR Optimales Zeitintervall: Varianten der Konditionierung verzögerte Konditionierung simultane Konditionierung Spurenkonditionierung rückwirkende Konditionierung Zeit Beste Wirkung durch verzögerte Konditionierung Optimale Wirkung: Ton ½ Sekunde vor der Futterverabreichung + anhaltend während dem Futter Optimale Wirkung = höchste Reaktionsstärke erreichen - hier: Menge des Speichelflusses = Indikator Die konditionierte Reaktion ist weniger stark als die unkonditionierte Reaktion CR ≠ UCR! Nach der Konditionierung wird nur der Glockenton geboten: • Wie oft sabbert der Hund noch, ohne dass er Futter bekommt? • Reaktionsstärke? Nimmt ab. konditionierter Reiz Cs konditionierte Reaktion CR = Löschung einer bedingten Reaktion: Extinktion Konditionierung S0 neutraler Reiz Extinktionsphase Reaktion wird gelöscht (gleich null) Seite 4 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO05 am 29.11.2006 Spontanerholung: Darbieten des CS nach einer Pause von 20 Minuten Wenn die Reaktion gelöscht wurde und der Glockenton allein nach einer Pause von 20 min wieder präsentiert wird Hund sabbert wieder. Bei der ersten Darbietung fällt die Reaktion am stärksten aus und wird dann immer schwächer. Konditionierung ist ein aktiver Lernvorgang. Seite 5 von 5