Geisteswissenschaft Michaela Schnisa Klassische und operante Konditionierung Vergleichsmomente zweier Lerntheorien des Behaviorismus Studienarbeit Michaela Schnisa 1. Fachsemester, Wintersemester 06/07 Soziale Arbeit B.A. - Fachbereich 8 Hochschule Bremen / University of Applied Sciences Titel der Veranstaltung: Wissenschaftliches Arbeiten und Studienorganisation Klassische und operante Konditionierung – Vergleichsmomente zweier Lerntheorien des Behaviorismus Gliederung: Einleitung 1. Klassische Konditionierung 1 1 1.1 Klassische Konditionierung am Beispiel des Pawlowschen Hundes 2 1.2 Einflussfaktoren der klassischen Konditionierung 3 1.3 Sonderformen der klassischen Konditionierung 5 1.4 Anwendung der klassischen Konditionierung auf den Menschen 6 1.4.1 Watsons Experiment: Der Fall des kleinen Albert 6 1.4.2 Gegenkonditionierung am Fallbeispiel des kleinen Peter 7 2. Operante Konditionierung 7 2.1 Ansatz von Thorndike: Lernen durch Versuch und Irrtum 8 2.2 Ansatz von Skinner: Lernen durch Verstärkung 9 2.2.1 Prinzipien der operanten Konditionierung 9 2.2.2 Skinners Tierexperimente in der „Skinner-Box“ 11 2.2.3 Verstärkungspläne 11 2.3 Anwendung der operanten Konditionierung auf den Menschen 12 3. Konklusion 13 3.1 Vergleich 13 3.2 Implikationen für das menschliche Lernen 14 Anlage: Literaturverzeichnis 0 Einleitung Nahezu jeder hat als Kind einmal schmerzhafte Erfahrungen gemacht, wie z.B. sich an einer heißen Herdplatte zu verbrennen, obwohl die Eltern so oft gesagt haben, man soll es nicht tun. Oder nehmen wir ein anderes Beispiel: Nachdem ein Restaurantbesucher eine Thunfischpizza gegessen hatte, die er stets gern aß, wurde ihm übel - der Thunfisch war verdorben. Obwohl die Übelkeit lediglich durch die Giftstoffe des verdorbenen Fisches verursacht wurde, löst seitdem bereits der Anblick oder sogar nur der Gedanke an Thunfischpizza ein Ekelgefühl bei dem Mann aus. Diese beiden Beispiele veranschaulichen zwei behavioristische Lerntheorien, die klassische und die operante Konditionierung, welche den Beginn der Lernforschung maßgeblich prägten. Nach dem Paradigma des Behaviorismus bedeutet Lernen Verhaltensänderung, welche sich exakt beobachten und erfassen lässt. Behavioristen schreiben ausschließlich den sichtbaren Komponenten des Verhaltens Bedeutung zu, wodurch diese Lehre sich deutlich von der Bewusstseinspsychologie abgrenzt. (vgl. Edelmann 2000, 32) Nach diesen Grundgedanken entwickelten Forscher wie I. P. Pawlow, J. B. Watson, E. L. Thorndike und B. F. Skinner ihre Lerntheorien der klassischen-, bzw. operanten Konditionierung. In dieser Arbeit sollen diese beiden Konzepte der Konditionierung zunächst anhand einiger Beispiele vorgestellt werden, um sie im Anschluss daran auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu vergleichen, sowie ihre Implikationen im Hinblick auf menschliches Lernen herauszustellen 1. Klassische Konditionierung Die Lerntheorie der klassischen Konditionierung beschreibt Lernen als Verhaltensänderung durch Koppelung zweier Reize und wurde zunächst am Verhalten von Tieren erforscht. In diesem Kapitel soll das theoretische Kernstück dieses Konzepts mit seinen Einflussfaktoren und Sonderformen, sowie der Anwendungsbereich auf den Menschen dargestellt werden. 1 1.1 Klassische Konditionierung am Beispiel des „Pawlowschen Hundes“ Iwan Petrowitsch Pawlow (1849-1936) war ein russischer Physiologe und Mediziner. 1904 erhielt er den Nobelpreis für seine Arbeit über die Funktionsweise der Verdauungsdrüsen bei Tieren. Während seiner Forschungsarbeit an Hunden beobachtete Pawlow, mit Hilfe eines von ihm entwickelten Gerätes zur Messung des Speichelflusses, dass die Versuchstiere bereits vor der Futtergabe Speichel absonderten, wenn sie beispielsweise die Schritte des Tierpflegers hörten. Die systematische, experimentelle Untersuchung dieses Phänomens führte Pawlow zu seinen „bahnbrechenden Forschungen zum bedingten Reflex“ (vgl. Schermer 2002, 25). Seine Experimente mit Hunden dienten Pawlow als erster methodisch versierter Zugang, mit dem er seine intuitiven Beobachtungen untersuchte und aus dem er die ersten theoretischen Schlüsse zog, welche die Basis für die wissenschaftliche Lernpsychologie bilden. Die zahlreichen Experimente richten sich alle in etwa nach folgendem Grundmuster: Einem Hund wird Fleischpulver gegeben, was bei diesem die Reaktion Speichelfluss hervorruft. Ein unbedingter Reiz (Fleischpulver) löst hier eine unbedingte Reaktion (Speichelfluss) aus. In der Erwerbsphase werden mehrmals gleichzeitig das Fleischpulver und ein Glockenton dargeboten. Der Glockenton stellt hier einen neutralen Reiz dar, welcher zunächst keine unbedingte Reaktion hervorruft. Das Versuchstier reagiert weiterhin mit der unbedingten Reaktion (Speichelfluss) auf den unbedingten Reiz (Fleischpulver). Nach mehrmaliger Wiederholung dieses Vorgangs folgt die Speichelabsonderung bereits bei isolierter Darbietung des Glockentons, welcher demzufolge kein neutraler Reiz mehr ist. Der Glockenton wird nun als bedingter Reiz bezeichnet. Obwohl die Reaktion Speichelfluss dieselbe ist, wird sie in diesem Fall bedingte Reaktion genannt, um deutlich zu machen, dass der Hund allein auf den Glockenton reagiert und somit eine neue Reiz-Reaktions-Verbindung erworben hat (ebd. 25f). Von Konditionieren sprechen wir, da Pawlow ganz bestimmte Bedingungen bzw. Konditionen schuf, die das Lernen der Tiere erst ermöglichten. Auf die einzelnen Bedingungen soll im nächsten Punkt noch ausführlicher eingegangen werden. 2