bericht_kinder_ psychisch_ kranker_ eltern rk

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Anlage zur Vorlage 12/3932
Ausgangslage
Mit Vorlage 12/2887 wurde am 23.01.2008 dem Krankenhausauschuss 4, mit Vorlage
12/2887/1 am 01.04.2008 dem Sozialausschuss und am 17.04.2008 dem
Landschaftsausschuss und mit Vorlage 12/2887/2 in allen weiteren Krankenhausauschüssen
und dem Gesundheitsausschuss in den Sitzungsterminen v. 05.05.2008 bis 09.05.2008 über
die Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern in den Rheinischen Kliniken Langenfeld
berichtet.
Mit Beschlüssen der Krankenhausausschüsse und des Gesundheitsausschusses aus der
Sitzungsrunde im Mai 2008 wurden die einzelnen LVR - Kliniken aufgefordert über die Hilfen
für Kinder psychisch kranker Eltern in den jeweiligen Kliniken zu berichten. Diese Berichte
sollen im Januar 2009 vorgelegt werden.
Der Landschaftsausschuss hat in seiner Sitzung am 12.09.2008 folgenden Beschluss
gefasst:
„ Die Verwaltung wird beauftragt,
1. ein flächendeckendes ambulantes Angebot für Kinder psychisch kranker Eltern im
Rheinland in Kooperation mit den Kommunen zu initiieren. Hierbei ist insbesondere die
Zuständigkeit der Jugendhilfe zu berücksichtigen.
2. die bestehenden Projekte Kipkel, KIPS und KIK Lev so zu unterstützen, dass sie ihre
Arbeit erfolgreich fortsetzen können und eine dauerhafte Finanzierung sichergestellt ist.
3. Der Sozialausschuss und der Landesjugendhilfeausschuss sind zu beteiligen. Sie sollen
die Maßnahme begleiten.“
Die Verwaltung wird gemäß o.g. Beschlusslage im Nachgang zu den Berichten der einzelnen
LVR- Kliniken über die Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern in den jeweiligen Kliniken
und über die Möglichkeit der Initiierung eines flächendeckenden Angebotes im Rheinland
berichten.
Die einzelnen Berichte aus den LVR -Kliniken werden u.a. hinsichtlich der vorhandenen bzw.
anzustrebenden Qualitätsstandards für Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern in den
LVR - Kliniken ausgewertet.
Die Ergebnisse werden in die Eckpunkte eines Rahmenkonzeptes zu den Hilfen für Kinder
psychisch kranker Eltern für das Rheinland aufgenommen.
Die bisherige Beschlusslage zu den Projekten in Zusammenarbeit mit der LVR - Klinik
Langenfeld und dem Paten - Projekt – Köln in Zusammenarbeit mit der LVR - Klinik Köln wird
dazu eine wichtige fachliche, finanzielle und organisatorische Grundlage sein.
Mit dieser Vorlage wird über die Hilfen psychisch kranker Eltern in der
LVR – Klinik Bedburg-Hau berichtet.
2-
Problemstellung
Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland etwa 500.000 Kinder von Eltern, die an
schwerwiegenden psychiatrischen Störungen erkrankt sind, das ist ca. jedes 30. Kind. Sie
leben unter belastenden Lebensverhältnissen und müssen neben ihren normalen
Entwicklungsaufgaben vielfältige zusätzliche Anforderungen bewältigen. Viele von ihnen
schaffen dies in bewundernswerter Weise. Andere zeigen sich nach außen unauffällig, leiden
aber unter den vielfältigen Entbehrungen und Problemstellungen, die ihr Leben so anders
sein lassen, als sie das bei den Gleichaltrigen beobachten. Wieder andere entwickeln
Verhaltensauffälligkeiten und/oder manifeste psychische Störungen und brauchen
psychologische, psychotherapeutische und psychiatrische Hilfe.
Ausprägung/Häufigkeit
Wie das Deutsche Ärzteblatt 2001berichtete, sterben in Deutschland jede Woche etwa zwei
Kinder unter 15 Jahren an den Folgen von Gewalt, körperlicher Misshandlung und
Vernachlässigung. "Ein zentraler Risikofaktor für solche tragischen Ereignisse sind
psychische Erkrankungen bei den Eltern".
Die Risikoforschung bestätigt, dass Kinder, die in Familien aufwachsen, in denen ein
Elternteil psychisch krank ist unter erhöhtem Risiko stehen, selbst eine psychische Störung
zu entwickeln. Zahlreiche Untersuchungen schätzen, dass das kindliche Störungsrisiko um
den Faktor zwei bis drei gegenüber einer gesunden Vergleichsgruppe erhöht ist. Auch das
bekannte Drei-Drittel-Ergebnis kommt hier offenbar zum Tragen: ein Drittel der untersuchten
Kinder weisen keinerlei Beeinträchtigungen auf, ein weiteres Drittel lediglich vorübergehende
Auffälligkeiten, beim restlichen Drittel zeigen sich fortdauernde seelische Störungen. Die
Auffälligkeiten betreffen vor allem die sozial-emotionale sowie kognitive Entwicklung. Am
häufigsten finden sich depressive Störungen, aber auch aggressive, dissoziale und
hyperkinetische Verhaltensstörungen. 2005 erschein in „The Lancet“ eine Studie (Paternal
depression in the postnatal period and child development: a prospective population study),
die erstmals die Auswirkung von väterlicher und mütterlicher Depression auf Kleinkinder (3,5
Jahre) untersucht hat. Depressive Symptome bei Vätern acht Wochen nach der Geburt
waren assoziiert mit signifikant erhöhten emotionalen Störungen und
Verhaltensauffälligkeiten bei ihren Kindern im Alter von 3,5 Jahren (2,1 fach erhöhtes Risiko)
und mit einem erhöhten Risiko für Störungen des Sozialverhaltens (2,66-fach erhöhtes
Risiko). Besonders zu beachten ist, dass die Effekte väterlicher Depression stärker bei
Söhnen als bei Töchtern ausgeprägt waren. Depressive Symptome bei Müttern acht Wochen
nach der Geburt waren mit einem ca. 3-fach erhöhten Risiko von Auffälligkeiten der Kinder in
den Bereichen emotionale Probleme, Störung des Sozialverhaltens und Hyperaktivität
assoziiert, wobei die Depression der Mütter gleichermaßen die Entwicklung von Töchtern
und Söhnen beeinträchtigte.
Als Ursachen für die erhöhte Vulnerabilität spielen vor allem genetische Faktoren eine
wichtige Rolle. Das stimmt, besonders für Kinder von schizophren Erkrankten (während das
generelle Lebenszeitrisiko 1% beträgt), liegt die Wahrscheinlichkeit für Kinder mit einem
schizophrenen Elternteil bei 10 - 15%, wenn beide Elternteile erkrankt sind bei 40 % und
zwar
nicht nur für eine eigene Schizophrenie, auch für andere seelische Störungen (Mattejat,
2001). Das Risiko für eine affektive, bipolare Erkrankung ist etwa 3- bis 6-mal höher als bei
unauffälligen Eltern. Sind beide Elternteile depressiv erkrankt, liegt die bei rund 70% für eine
eigene Depression.
3-
Noch problematischer wird es offenbar bei Eltern mit einer Persönlichkeitsstörung, ggf. noch
mit einer Suchterkrankung kombiniert. Auch bei Angststörungen liegt das Risiko um das 6bis 7-fache über dem Durchschnitt.
Das Verhalten psychisch erkrankter Eltern, insbesondere mit Schizophrenie, ist schon für
Erwachsene kaum nachvollziehbar, um wie viel mehr für (die eigenen) Kinder. Das kann zu
depressiven und ängstlich- zurückgezogenen Reaktionen führen, stört Aufmerksamkeit,
affektive Kontrolle und soziales Miteinander. Später kommen dazu noch geistige Einbußen
und mitunter schwer nachvollziehbare Einstellungen, Überlegungen und Verhaltensweisen
hinzu. Ganz zu schweigen von handfesten Problemen im Familien-Alltag: eheliche Konflikte,
familiäre Disharmonien, unzureichende soziale Unterstützung, Rückzug, Isolation,
eingeschränkte Lebensbedingungen bis hin zu finanziellen Problemen, engen
Wohnverhältnissen oder gar Armut. Dabei addieren sich mehrere Risikofaktoren im Rahmen
einer kindlichen Entwicklung nicht nur einfach, sondern verstärken (potenzieren) sich
wechselseitig. Am Schluss steht eine überdurchschnittlich hohe Scheidungsrate, was zum
Teil Entlastung bringt, aber auch die bekannten Konsequenzen nach sich zieht.
Interessant ist auch die Erfahrung, dass es nicht nur die elterliche Diagnose ist, die eine
normale kindliche Entwicklung zu belasten vermag. Belastende Faktoren sind auch Dauer (je
länger, desto schwerwiegender – Chronizitäts - Faktor), die Rückfallhäufigkeit, die Zahl und
Dauer der symptomfreien Perioden, der Schweregrad der Erkrankung und das gemeinsame
Auftreten mehrerer psychosozialer Risikofaktoren.
Interessant auch der Altersfaktor auf Seiten der Kinder: So zeigen zwar Kinder aller
Altersstufen ein erhöhtes Risiko für emotionale und Verhaltensprobleme bei elterlicher
Erkrankung, doch wird der Zusammenhang zwischen Krankheit und kindlichen
Konsequenzen mit zunehmendem Alter immer enger, oder auf Deutsch: Je älter das Kind
und je mehr es bewusst „mitbekommt“, desto nachhaltiger die Belastungen und ihre Folgen.
Psychische Erkrankung und die Folgen
Primäre Auswirkungen der Krankheit zeigen sich zunächst im veränderten Verhalten des
kranken Menschen. Neben den direkt der Krankheit zuzuschreibenden Phänomenen, in
denen sich manische Phasen mit depressiven abwechseln können, Ängste oder
Panikattacken auftreten, eine Borderline-Störung mit nicht einschätzbarem und nicht
voraussehbarem Verhalten verbunden ist oder Menschen in ihrer Schizophrenie
Sinnestäuschungen unterliegen, geht psychische Krankheit aus der Sicht des Kindes häufig
mit mehr oder weniger längeren und mehr oder weniger plötzlichen Trennungen (das heißt:
Beziehungsdiskontinuitäten) auf Grund von Krankenhausaufenthalten einher. Psychische
Krankheiten sind mit dem starken Hervortreten negativer Gefühle wie Angst, Aggression,
Wut, Reizbarkeit oder Depressivität verbunden. Der erkrankte Elternteil ist in seiner
affektiven Zuwendung unberechenbar – und nicht nur dieser. Auch der gesunde Elternteil ist
überfordert und reagiert unangemessen. Insgesamt kann die Krankheit sehr viel „Raum“ in
der Familie einnehmen, so dass für die Kinder weniger Zeit, weniger Betreuung, weniger
Aufmerksamkeit und weniger elterliche Führung und Orientierung bleibt.
Kinder erleben die Unberechenbarkeit in der affektiven Zuwendung, die fehlende
Verlässlichkeit der Eltern, das Schwanken zwischen Nähe und Distanz einerseits und
zwischen Verwöhnung und Entwertung andererseits. Eltern mit einer psychischen
Erkrankung haben ein vermindertes Einfühlungsvermögen, die Verhaltenssteuerung ist
beeinträchtigt, sie handeln eher impulsiv oder entwickeln eine Tendenz zur Gewalt gegen
andere oder gegen sich selbst. In depressiven Phasen leiden sie unter Antriebsstörungen
wie Passivität, Apathie
oder Interesselosigkeit unter geringer emotionaler Beteiligung. Ihr verzerrter Umgang mit der
Realität ängstigt die Kinder, die die Wirklichkeit anders erleben. Arbeitslosigkeit, chaotischer
4-
Umgang mit Zeit und Geld, Desorganisation des Haushaltes und Konflikte mit dem sozialen
Umfeld tragen als sekundäre Krankheitsfolgen zu einer Verschlimmerung bei.
Es besteht die deutliche Gefahr einer Vernachlässigung der Kinder. Aus Angst vor dem
Verlust des Sorgerechts kommt es häufig zu weiteren Belastungen für die Familie und damit
für das Kind. In der Familie wird die Bedeutung der Krankheit oft heruntergespielt, die
Krankheit nicht als Krankheit akzeptiert oder die Behandlung aus Angst davor, die Kinder zu
verlieren, abgebrochen. Tabuisierung und Verleugnung bringen das Kind in
Loyalitätskonflikte gegenüber ihren Eltern oder manchmal auch zwischen den Eltern, denn
es kommt oft zu Belastungen in der Partnerschaft, in der sich Partner Koalitionspartner unter
den Kindern suchen. Wird die Krankheit nicht als solche akzeptiert, wird der kranken Person
oft ein Mangel an Willen unterstellt, gegen die Krankheitssymptome anzugehen. Der
gesunde Elternteil neigt zu emotionalen Überreaktionen, schimpft und wird aggressiv oder
resigniert, zieht sich zurück oder wendet sich ab.
Die Isolation der Familie und Kommunikationsverbote innerhalb wie außerhalb der Familie
machen es dem Kind oft unmöglich, sich außerhalb der Familie Unterstützung und Hilfe zu
holen oder schlichtweg korrigierende Erfahrungen zu machen. Neben der Verleugnung der
Krankheit wird sie manchmal sehr betont; sie nimmt in der Familie sehr viel Raum und
Aufmerksamkeit, so dass alle Familienmitglieder regelrecht auf die Krankheit fixiert sind.
Eltern, die unter einer psychischen Krankheit leiden, haben meist Phasen, in denen sie
gesund oder normaler wirken. Gerade in diesen Phasen kommt es häufig zur
Überkompensation, die Eltern versuchen, die Vernachlässigung oder ungerechte
Behandlung gegenüber dem Kind wieder gutzumachen. „Ich hatte oft den Eindruck, als ob
sie mich dann mit ihrer ganzen Liebe überschütten wolle, um gutzumachen, was sie mir
antat, wenn es ihr schlecht ging“ (Mattejat/Lisofsky 2001, 38). Dabei erleben die Kinder
extrem schnelle Veränderungen, manchmal von Stunde zu Stunde. Immerhin zeigt sich an
diesem und anderen Beispielen, dass die Eltern Hilfe benötigen, wenn die Kinder die
Krankheit des einen Elternteils und dessen Schuldgefühle zu ihrem Vorteil ausnutzen.
Das Erleben des Kindes/Jugendlichen
Zunächst können Kinder nicht verstehen, was im Erwachsenen vorgeht. Sie sind deshalb
verwirrt. Sie versuchen, dem kranken Elternteil und dessen Wahrnehmung zu glauben und
beginnen, ihrer Wahrnehmung zu misstrauen.
Verleugnungsstrategien und Kommunikationsverbote verstärken das Gefühl des Kindes, aus
Loyalität zu seiner Familie oder zu den Eltern, Probleme in der Familie nicht verraten zu
dürfen. Dahinter mögen Ängste der Eltern stecken, dass die Familie sonst auseinander fällt
oder getrennt wird, aber diese müssen nicht ausgesprochen werden. Die Ängste der Eltern
nehmen die sensibilisierten Kinder häufig wahr, auch wenn sie nicht benannt werden.
Kinder erleben häufig Schuldgefühle. Sie fühlen sich verantwortlich für die Erkrankung, weil
sie böse sind oder sich nicht genügend um den erkrankten Elternteil kümmern. Sie erwarten,
dass es dem kranken Elternteil besser geht, wenn sie sich besser benehmen. Tatsächlich
übernehmen viele Kinder die Versorgung, vor allem die emotionale Versorgung und nicht nur
des kranken Elternteils, sondern nicht selten auch des überforderten gesunden Elternteils.
Sie nehmen die Organisation des Haushalts in die Hand und sorgen dafür, dass die
Vernachlässigung etwa der Haushaltstätigkeiten nicht zu weiteren Konflikten in der
Partnerschaft führt. Das Erwachsenseinmüssen, die versorgende Rolle gegenüber Eltern
übernehmen zu müssen, Partnerersatz für den Partner oder die Partnerin des erkrankten
Elternteils zu sein, führen zu Rollendiffusionen und Unsicherheiten. Das Kind kann kaum
noch Kind sein. Mit dem Verlust der Fähigkeit zur „Regression im Dienste des Ichs“ kann das
Kind nicht mehr unbeschwert spielen, Verantwortung nicht mehr abgeben. Es entwickelt eine
hohe Lei
5-
densfähigkeit, kann aber auch die eigenen (Leistungs-)Grenzen nicht akzeptieren. Die
Kinder sind mit dem Gefühl, für den Zusammenhalt der Familie verantwortlich zu sein,
überfordert. Insbesondere Töchter fühlen sich auf Rollenzuschreibungen fixiert. Sie sind für
die kranken und die gesunden Elternteile die Gesunden, die Vernünftigen, die Erwachsenen,
die Puffer zwischen den Eltern, das Auffangnetz oder der Abfalleimer in der Familie.
Zentrales Thema betroffener Kinder sind Ängste. Die Angst vor dem kranken Elternteil oder
der Wut des gesunden Elternteils und vor Gewalt und unkontrollierten Gefühlsausbrüchen ist
ebenso präsent wie die Angst um den erkrankten Elternteil, der sich selbst gefährdet oder
die existentielle Angst vor dem Auseinanderbrechen der Familie und vor dem Verlust
wichtiger Beziehungen und Bindungen.
Viele Kinder sind mit der Situation überfordert. Sie sind hilflos und hoffnungslos. Weil sie sich
selber häufig als nicht hilfreich oder erfolgreich erleben, entwickeln sie ein negatives oder
instabiles Selbstkonzept. Schamgefühle gegenüber Gleichaltrigen, Tabuisierung der
Krankheit und Verleugnungsstrategien der Familie führen zu einer sozialen Isolation des
Kindes. Sie verlieren das Vertrauen in die Fähigkeit, durch das eigene Verhalten
Vorhersehbares bewirken zu können (Kontrolle äußerer Ereignisse) oder können dieses
Vertrauen nicht erwerben. Diese Beeinträchtigung der Selbstwirksamkeit trägt zu einer
Haltung der Hilflosigkeit und Abhängigkeit bei. Kinder entwickeln häufig
Bewältigungsstrategien, die ihnen viele Möglichkeiten verbauen. Sie bilden Schutzmauern
um sich herum - häufig auch gegenüber Freunden oder Erwachsenen, die helfen könnten.
Die eigenen Gefühle werden gut abgeschirmt.
Aber die Kinder entwickeln auch soziale Kompetenzen. Sie zeigen überdurchschnittliche
Fähigkeit zum Krisenmanagement, eine hohe Selbstständigkeit, ein großes
Verantwortungsbewusstsein und ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen in andere
Menschen.
In der Pubertät, dem beginnenden Ablöseprozess aus der Familie und der Entwicklung von
mehr Eigenständigkeit verschärft sich die Problematik. Der Konflikt zwischen dem eigenen
Autonomiestreben und der Verantwortung für den erkrankten Elternteil ist schwierig zu lösen.
In den widerstreitenden Gefühle zwischen Scham, Trauer, Wut und Hass kommen immer
wieder Schuldgefühle hoch. Das Kind schämt sich für seine negativen Gefühle und versucht
sie nicht wahrzunehmen oder zu verleugnen
Angebote der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes -und Jugendalters (KiJu)
der LVR - Klinik Bedburg-Hau
Im Rahmen der Umsetzung und Konkretisierung des Projekts Nr. 15 des KlinikstrukturKonzeptes 2011 „Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie der LVR - Klinik Bedburg-Hau“
galt es mit der Neubesetzung der Stelle der Abteilungsärztin ab Juli 2007 die Primär- und
Sekundärpräventions- Diagnostik- und Behandlungsangebote für diese spezifische Gruppe
von Kindern und Jugendlichen zu erfassen und entsprechende Hilfsangebote schrittweise in
regionalen Netzwerken zu schaffen.
Die spezifischen Qualitätssicherungsforderungen bei den Angeboten für Kinder und
Jugendliche psychisch kranker Eltern wurden von uns wie folgt festgelegt:
Strukturqualität:
Beschreibung der lokalen Strukturen
Analyse der immanenten auch materiellen Voraussetzungen für die Hilfen, unter
Berücksichtigung der Kompatibilität mit der Lebenswelt des Kindes, Jugendlichen und der
Eltern,
Prozessqualität
Differentielle Beschreibung des Diagnostik-, Behandlungs- bzw. des Präventionsangebotes
und die Auswirkungenau auf das Familiensystem,
Ergebnisqualität:
Erhöhung Anzahl der Kinder und Jugendlichen und deren Eltern, die die Primär- und
Sekundärpräventiven Maßnahmen in Anspruch nehmen (Ambulanz-BADO),
6-
Verringerung der Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die aufgrund der Erkrankung ihrer
Eltern manifest psychisch krank oder verhaltensauffällig und stationär behandelt werden
müssen (Outcome-Messung nach 5. Achse BADO),
Tatsächliche Umsetzung von Hilfen bzw. Realisierung von Ansprüchen innerhalb eines
Netzwerkes (Kooperationsverträge, Qualitätsberichte).
Beschreibung lokaler Strukturen
Kooperation mit der Jugendhilfe
Die Jugendhilfe, der Allgemeine Soziale Dienst, bietet in Delegation mit freien Trägern ein
breites Spektrum aufsuchender ambulanter Hilfen für Familien mit psychisch kranken Eltern
an (SPFH, Erziehungsbeistandschaft etc.) an. Deshalb wurde im ersten Schritt die
Kooperation mit der Jugendhilfe gesucht. Mit der Etablierung von mindestens 2
Regionalkonferenzen pro Jahr seit Anfang 2007 zu der die Kinder-und Jugendpsychiatrie
einlädt, besteht ein Forum, wo u.a. die Themen der Zusammenarbeit bezüglich dieser
Personengruppe besprochen werden können. So bietet die Kinder-und Jugendpsychiatrie
Erfahrungsaustausch und anonyme Fallbesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen für den
ASD „Wie erkenne ich eine psychische Krankheit“, an. Von den Leitungen der JÄ und der
Kinder-und Jugendpsychiatrie wurde ein ambulantes Kooperationsmodell erarbeitet (siehe
Abb.1).
In dem Jahr 2009 gilt es funktionale und verlässliche Kooperationsbeziehungen als
Voraussetzung für verlässliche Hilfen und Entwicklung von konkreten
Kooperationsabsprachen z.B. bei Verdacht auf Kindswohlgefährdung zu entwickeln.
Abb.1:
Kooperation mit der Erwachsenenpsychiatrie der LVR - Klinik Bedburg-Hau
Die Erwachsenenpsychiatrie der LVR - Klinik Bedburg-Hau hält ein breites ambulantes,
teilstationäres und stationäre Angebot für psychisch kranke Erwachsene vor. Aufgrund
persönlicher Kontakte der Mitarbeiter der Abteilungen gelingt eine schnelle, unbürokratische
Einbindung psychisch kranker Mütter/Väter in das Behandlungsangebot der jeweiligen
Abteilung. Neben der Mutter- Kind -Behandlung bis zum Alter von 1 Jahr in der
7-
Fürstenbergklinik in Geldern werden die Problematiken der Kinder als Angehörige psychisch
Kranker grundsätzlich wahrgenommen.
Es besteht für das Jahr 2009 die Aufgabe eine konzeptionell verankertes Vorgehen für
Interventionen für Kinder und Jugendliche psychisch kranker Eltern zwischen den
Abteilungen der Erwachsenenpsychiatrie und der Kinder-und Jugendpsychiatrie und in
Zusammenarbeit
mit den Jugendämtern zu erarbeiten. Mit dem Stadtjugendamt Kleve bestehen diesbezüglich
bereits erste Absprachen mit den Zielen:
Festigung funktionaler Kooperationsbeziehungen als Voraussetzung für verlässliche Hilfen,
Aufbau verlässlicher Kooperationsstrukturen und Entwicklung von Kooperationsabsprachen.
Kooperation mit anderen etablierten sozialen Institutionen
Seit dem Jahre 2004 nehmen eine erfahrenen Ärztin der Erwachsenenpsychiatrie und seit
Oktober 2008 ein/e TherapeutIn der Kinder –und Jugendpsychiatrie an den lokalen „Runden
Tischen gegen Häusliche Gewalt „ aktiv teil. Im ersten Quartal 2009 wird ein
zielgruppenspezifischer Informationsflyer über die Angebote der KiJu für diese Zielgruppe
erstellt.
Zwischen den Erziehungsberatungsstellen der Kreise Kleve und Wesel und der Kinder-und
Jugendpsychiatrie Bedburg-Hau bestehen Absprachen hinsichtlich der Beratung und
Begleitung ggf. psychotherapeutische Behandlung und gegenseitige Vermittlung von
Kindern/Jugendlichen von psychisch kranken Eltern. Es gemeinsames strukturiertes
Vorgehen besteht jedoch nur bei Angeboten für Eltern mit Säuglingen/Kleinkindern des
Kreises Kleve im Rahmen der „Implementierung des SAFE-Elternprogramms“ für
psychiatrisch auffällige Eltern (Müttern/Vätern) und Eltern/Mütter/Väter, die im Konflikt sind
mit der Schwangerschaft oder aber als gefährdet eingeschätzt werden eine
Interaktionsstörung zu ihrem Kind zu entwickeln.
Antistigmatisierungsmaßnahmen an Schulen
Aufgrund der engen Kooperation der „Paul-Moor-Schule“, Schule für Kranke an der
LVR - Klinik Bedburg-Hau und den ortsansässigen Schulen ist es der KiJu Bedburg-Hau
gelungen, zu der Mehrzahl der Schulen, ob nun auf Direktorenebene der Förderschulen und
Grundschulen, Beratungslehrer der Realschulen und Gymnasien, Schulsozialarbeiter der
Hauptschulen und den Schulpsychologischen Dienst der Kreise Kleve und Wesel Kontakte
aufzunehmen. Für die kommenden Jahre ist geplant gemeinsam mit den
Betroffenenverbänden, Verband Psychiatrie- Erfahrene NRW e.V. in Anlehnung des
Programms „Verrückt? Na und!“, welches sich auf Ergebnisse der modernen Antistigmaund Schulforschung stützt, den Schulen Projekte zur Information, Aufklärung und durch
Kontakte mit Menschen, die psychische Krisen erlebt haben, anzubieten, mit dem Ziel
Vorurteile, Ängste und Distanz. zu psychisch kranken jungen und erwachsenen Menschen
abzubauen.
Präventionsarbeit in außerschulischen Kontexten für Kinder
Kooperationsverträge mit dem Montessori- Kindergarten Kleve-Kellen und dem
Kindertagesstätte „Pusteblume“ in Goch mit den jeweils angegliederten Familienzentren
stellen die Basis für Fortbildungsangebote durch MitarbeiterInnen der KiJu für Erzieherinnen,
aber auch für Informationsabende für Eltern, um Vorurteile gegenüber psychisch kranken
Menschen abzubauen, die daran hindern frühzeitig Hilfsangebote anzunehmen, aber auch
für Aktivitäten der Primärprävention. So stießen Fortbildungsangebote für Erzieherinnen und
Infoabende für interessierte Eltern über Ergebnisse der Resilienzforschung und deren
Umsetzung im pädagogischen Alltag auf positive Resonanz.
Der noch zu unterzeichnende Kooperationsvertrag mit der größten Jugendhilfe-Einrichtung
im Einzugsgebiet der KiJu Bedburg-Hau dem „Neukirchener Erziehungsverein“ beinhaltet
8-
u.a. 2mal im Jahr gemeinsame Runde Tische „Kinder psychisch kranker Eltern“ mit Themen
wie:
Erfahrungsaustausch und anonyme Fallberatung
Fortbildungsveranstaltung: Woran erkenne ich eine psychische Erkrankung
Persönliches gegenseitiges Kennen lernen der MitarbeiterInnen
Standards für fallbezogene Zusammenarbeit, Case-Management usw.
Ziel bis 2011 sollte sein, ein Netzwerk (siehe Abb.2) mit folgenden Organisationslogiken zu
schaffen:
Bereitschaft aller Beteiligten zur Flexibilität (schnelle Terminfindung),
Gegenseitige Wertschätzung (Ausräumen von subjektiven Vorurteilsstrukturen , Arbeit auf
gleicher Augenhöhe),
Wissen um Kompetenzen und Grenzen der anderen Institution ( Fegert: „Nur wer den
anderen kennt, kann kooperieren.“ ),
Vernetzung und Kooperation als Teil der Aufgabenbeschreibung der Einrichtungskonzepte,
Nutzung der vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten zur Mobilisierung diverser Ressourcen
z.B. beim Hilfeplangespräch
Schaffung einer kooperationsfördernden Infrastruktur wie Kooperationsvereinbarungen,
Sprechstunden, feste Termine, regelmäßige Treffen usw.
Schaffung von interinstitutionellen Arbeitskreisen auf regionaler Ebene zur Verbesserung der
Organisation und Koordination,
Offenheit und Transparenz gegenüber den Partnern,
Verbindliche Ansprechpartner zwischen den Partnern,
Kooperationsformen müssen zu den Kooperationsanliegen passen (Kosten-NutzenAufwand),
Qualifizierung der Dokumentationen,
Zusammenarbeit bei der Konzipierung neuer Angebote,
Entbürokratisierung der Hilfeformen bei der Finanzierung,
Gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen,
Abb.2: Potentielles Netzwerk für Kinder/Jugendliche psychisch kranker Eltern
9-
Erw.
Erw.
Psych.
JugendJugend- Psych. Niederg.
Niederg.
hilfe
Ärzte
hilfe
Ärzte
Amb.
Amb.
Erw.
Jugend
Erw.
Jugend
Nachsoramt
Nachsoramt
gege
KiJu
KiJu
Netz
Netz
AngehörigAngehörigengr.
engr.
BetroffenenBetroffenenverb./Selbstverb./Selbsthilfe
hilfe
Kinderg.
Kinderg. Gesund- KindernotKindernotGesundFamilien
rufFamilien heitsrufheits- telefon
zentren
telefon
zentren
amt
amt
SpDi
SpDi
Schulen
Schulen
Um die Bildung und Arbeit dieses Netzwerkes zu erreichen ist die Unterstützung politischer
Gremien wie durch die Jugendhilfe- und die Gesundheitsausschüsse der Städte und Kreise
notwendig.
Differentielle Beschreibung des Diagnostik-, Behandlungs- bzw. der Präventionsangebote
der Kinder –und Jugendpsychiatrie (KiJU) der LVR-Klinik Bedburg-Hau
Zurzeit hält die Kinder –und Jugendpsychiatrie der LVR-Klinik Bedburg-Hau nur
diagnostische und Behandlungsangebote sowie Sekundärpräventive Angebote nach dem
SGB V für diese Risikogruppe vor, da die Realisierung rein Primärpräventiver Angebote nicht
an fehlenden Konzepten sondern an der fehlenden Finanzierung scheitern.
Stationäres Behandlungsangebot
Tabelle1:Anzahl der stationär behandelten Kinder und Jugendliche
Jahr
Fallzahl
2006
342
2007
371
Sept.2008
273
10 -
Die Abbildung 3 zeigt den Anteil der stationär behandelten Kinder und Jugendlichen in den
Jahren 2006 bis September 2008, bei denen 1 oder beide Elternteile an einer psychischen
Erkrankung leiden unabhängig vom Krankheitsverlauf, Inanspruchnahme von
therapeutischen Hilfen, da diese durch die 5. MAS-Achse in der BADO nicht erfasst werden.
Die Abbildung zeigt deutlich, dass mit steigendem Alter die Morbidität psychischer
Erkrankungen bei den Kindern und Jugendlichen zunimmt. Hinsichtlich der
Geschlechtsverteilung bleibt festzuhalten, das bei den jüngeren Kindern die Jungen, bei den
Jugendlichen die weiblichen Patienten überwiegen, was aber keine Besonderheit hinsichtlich
der Geschlechtsverteilung dieser Patientenpopulation darstellt.
Abb.3: Prozentualer Anteil Kinder psychisch kranker Eltern in der stationären kinder-und
jugendpsychiatrischen Behandlung 2006 bis September 2008 (5.Achse MAS)
40
35
30
25
Stat.47.1
Stat.47.2
Stat.46
20
15
Stat. 47.1: 6,0. bis 11, 9 Lebensjahr,
Stat. 47.2 :12.0 bis 14,9 Lebensjahr
Stat. 46: 15.0 bis 18.0 Lebensjahr
10
5
0
2006
2007
2008
Hinsichtlich der Abteilungshauptdiagnosen (siehe Abbildungen 4, 5, 6) überwiegen bei den
jüngeren Kindern die reaktiven Bindungsstörungen(F94.x) sowie die hyperkinetischen
Störungen (F90.x). Mit zunehmendem Alter treten die externalen Störungen in den
Hintergrund und die internalen Störungen wie Depressive (F32.x) und
Angststörungen(F41.x) treten in den Vordergrund.
Wie auch in der Literatur werden von den Eltern mit Abstand als häufigste psychische
Erkrankung der Betreuungspersonen Suchterkrankungen (überwiegend Alkohol), gefolgt von
Depressionen oft in folge von traumatischen Erfahrungen in der Kindheit, seltener bipolare
Störungen und Schizophrenie angegeben. Alle Kinder und Jugendliche, deren Elternteil(e)
an Schizophrenie erkrankt waren, waren in Heimen bzw. in Pflegefamilien
fremduntergebracht.
Abb.4 :Abteilungshauptdiagnosen in Prozent der psychisch erkrankten Kinder der Station
47.1 (2006- Sept. 2008) bei psychischer Erkrankung der Eltern
11 -
Sonstige
F94.x
F94.x
F90.x
F93.x
Sonstige
F93.x
F90.x
Abb.5: Abteilungshauptdiagnosen in Prozent der psychisch erkrankten Kinder der Station
47.2 (2006 bis Sept. 2008) bei psychischer Erkrankung der Eltern
Sonstige
F92.0
F92.0
F90.x
F91.x
Sonstige
F91.x
F90.x
Abb.6: Abteilungshauptdiagnosen in Prozent der psychisch erkrankten Jugendlichen der
Station 46 (2006 bis Sept.2008) bei psychischer Erkrankung der Eltern
12 -
Sonstige
F32.x
F32.x
F41.x
F91.x
Sonstige
F91.x
F41.x
Bei allen der stationär behandelnden Kindern und Jugendlichen waren poststationär
flankierende Jugendhilfemaßnahmen notwendig.
Tagesklinische Behandlungsangebot
Wie in der Literatur schwankt der Anteil der Kinder,, die psychisch kranke Bezugspersonen
besitzen in den Jahren 2006 bis September 2008 zwischen 10 und 12 Prozent in der Tk
Bedburg-Hau, da im tagesklinischen Setting die familiären Ressourcen erheblich höher sein
müssen.
Um den Standortvorteil der TK Geldern, die von der Bevölkerung als wesentlich niedrigschwelliger als der Standort Bedburg-Hau angenommen wird und eine bessere regionale
Vernetzung aufgrund des begrenzten Einzugabereiches, besser für diese Klientel zu nutzen,
wurde mit dem Wechsel der therapeutischen Leitung seit dem 01.01.2007 ein therapeutischpädagogisches Konzept zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen psychisch kranker
Eltern erarbeitet. Im Ergebnis der Anteil dieses Patientenklientel auf 60 bis 70 %, wobei im
Monat September 2008 alle (Zufallsergebnis?) teilstationär behandelten Kinder und
Jugendliche psychisch kranke Angehörige hatten. Wir machten die Erfahrung, dass trotz
schwerer psychischer Erkrankung des Kindes/Jugendlichen sich diese auf eine
vollstationären Behandlungskontextes nicht einlassen konnten, da sie aufgrund ihrer
Verantwortungsübernahme für die kranken Eltern nach dem täglichen TK- Aufenthalt
kontrollieren konnten wie es ihren Elternteil geht und für die sorgen konnten. So übernahm
z.B. ein 10-Jähriger komplett die Versorgung seiner alleinerziehenden depressiven Mutter.
Die Abteilungshauptdiagnosen waren ähnlich wie auf der Kinderstation:
ca. 41% Reaktive Bindungsstörungen mit Enthemmung
ca. 37 % Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens
ca. 29 % Emotionale Störungen des Kindes- und Jugendalters (Depressionen, soziale
Phobien mit Schulverweigerung, Angst- und Zwangsstörungen gemischt)
ca. 3 % Essstörungen,
Die Auswertung der Krankengeschichten der 41 teilstationär behandelten psychisch Kinder
und Jugendliche mit psychisch kranken Eltern ergab, dass bei 74% ein Elternteil an einer
13 -
Depression, 19 % an einer Suchterkrankung und 7 % an einer Persönlichkeitsstörung
erkrankt waren.
Neben der spezifischen Behandlung des Störungsbildes umfasst das teilstationäre Angebot
folgende Diagnostik- und Behandlungsstandards:
Diagnostische Einschätzung der kindlichen und familiären Belastungen sowie der
Ressourcen der Kinder und der Eltern/Familie:
1. Exploration des kindlichen und familiären Belastungserlebens an Hand der Checkliste zur
Risikoeinschätzung bei Kindern und Jugendlichen psychisch kranker Eltern in Anlehnung
nach Th. Schmitt-Schäfer (Transfer- Unternehmen für soziale Innovation,2007),
2. Einschätzung der Erziehungsfähigkeit an Hand videografierter Interaktionsbeobachtungen,
3. Gezielten Ressourcenexploration an Hand eines Fragebogens (Resilienzfaktoren)
Stärkung und Förderung individueller und familiärer Resilienz
Bezogen auf das Subsystem Kind
1. Stärkung des Selbstwertgefühls und der Selbstwirksamkeit
2. Ermöglichung einer altersangemessenen und an den Bedürfnissen orientierten Informationsvermittlung
3. Verbesserung der Problemlösefähigkeit
4. Erhöhung der Situationsangemessenheit der Bewältigungsstrategien
5. Bessere Wahrnehmung eigener Gefühle und Bedürfnisse sowie bessere Integration ambivalenter Gefühle
6. Verbesserung außerfamiliärer Kontakte und Beziehungen
Bezogen auf das Familiensystem
1. Verbesserung der innerfamiliären Kommunikation über die elterliche Erkrankung
2. Erhöhung der Flexibilität des Familiensystems im Umgang mit den divergenten Bedürfnissen einzelner Familienmitglieder einschließlich der Geschwister
3.Stärkung der Generationengrenzen und Reduzierung der altersunangemessenen Parenti
fizierung oder Entlassung aus der Rolle des Indexpatienten
Bezogen auf das Subsystem Eltern
1. Stützung der Elternallianz und Elternkompetenz
2. Verbesserung der außerfamiliären sozialen Beziehungen der Eltern
3. Motivation zur Annahme von Hilfen zur Erziehung durch das Jugendamt
4. Motivation und ggf. Vermittlung eines therapeutisches Angebotes in der Fürstenbergklinik/ Erwachsenenpsychiatrie
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Der Pflege- und Erziehungsdienst übt im Rahmen von Elterntrainingseinheiten konkrete
pädagogische Vorgehensweisen zur Verbesserung und Stärkung der Erziehungskompetenz,
wie Strukturierung und Grenzsetzung usw.
Unabdingbar zur Sicherung des Behandlungserfolges sind eine enge Kooperation zu den
Jugendämtern sowie eine ambulante Nachsorge.
Ambulante Behandlungsangebote
Da für die Kinder-und Jugendpsychiatrie noch keine Computergestützte Basisdokumentation
zur Evaluation vorhanden ist, wurde in Vorbereitung auf die Einführung von speziellen
Gruppenangeboten manuell von den AmbulanztherapeutInnen (Bedburg-Hau und Geldern)
die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit mindestens einem psychisch kranken Elternteil
für die ersten 3 Quartale des Jahres 2008 (insgesamt 2393 Fälle) erfasst. Es zeigte sich,
dass fast ein Drittel (763 Fälle) der Kinder und Jugendlichen, in ambulanter kinder- und
jugendpsychiatrischer Behandlung mindestens einen psychisch kranken Elternteil haben.
Auch wenn aufgrund der noch hohen Schwellenangst vor der Kinder-und Jugendpsychiatrie
sich bei ca. 62 % dieser Kinder und Jugendlicher sich eine bzw. häufiger mehrere manifeste
psychische Störungen entwickelt hatten (siehe Abb. 7 und 8), so waren jedoch bei 38 %
dieser Patienten Anpassungsstörungen (F43.x) zu diagnostizieren, die im Zusammenhang
mit der psychischen Erkrankung und damit verbundener belastender sozialen und familiären
Lebensumstände standen. Massive Entbehrungen und Überforderungen aber auch
Unterforderung und Verwöhnung standen genau so wie Scheidung oder Trennung der
Eltern waren für die seelischen und psychosomatischen Probleme von besonderer
Bedeutung.
Bei den Kindern psychisch kranker Eltern im Alter von 4 bis 12 Jahren waren als häufigste
Beeinträchtigungen zu diagnostizieren (Reihenfolge gleich Rangfolge):
Kontaktprobleme, sozialer Rückzug, soziale Ausgrenzung
Konzentrationsschwierigkeiten
aggressive Durchbrüche und Konflikte mit Lehren, Erziehern
ängstliches Verhalten
Leistungsabfall in der Schule
Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magen-Darmbeschwerden
Appetitlosigkeit als auch Übergewicht
Tics, Zwänge
Einnässen, Einkoten
Nägelkauen, Haare ausreißen
Bei den Jugendlichen psychisch kranker Eltern im Alter von 13 bis 18 Jahren waren als
häufigste Anpassungsstörungen zu diagnostizieren(Reihenfolge gleich Rangfolge):
dissoziales , aggressives Verhalten
Nervösität, Anspannung und Konzentrationsprobleme
Essstörungen
körperliche Beschwerden, Reizdarmsyndrom, Kopfschmerzen,
Schulverweigerung, Schule schwänzen,
Drogen- und Alkoholmissbrauch
soziale Ängstlichkeit
depressive Verstimmungen
Selbstverletzendes Verhalten
Auch wenn der Wunsch nach Psychotherapie für die Kinder und Jugendlichen als Grund für
das Aufsuchen der Institutsambulanz war, brachten die betroffenen Kinder/Jugendlichen
eines erkrankten Elternteils ihre Gedanken, Gefühle, ihr Handeln und ihre
15 -
Unterstützungswünsche zum Ausdruck. So zeigte sich in den Explorationsgesprächen
folgendes:
Bereits Kinder zwischen 7 und 12 Jahren sind durchaus in der Lage, eine eigenständige,
kritische und von der Erwachsenenperspektive abweichende Sichtweise zu äußern bzw.
Position einzunehmen.
Kinder sind durchaus sensible Beobachter ihrer erkrankten Eltern. Sie kennen und benennen
eine Reihe von Frühwarnzeichen, an denen sich eine Verschlechterung des psychischen
Zustandes ihrer Mutter oder ihres Vaters festzumachen pflegt.
Die Gemütslage von Kindern ist gekennzeichnet durch Trennungsängste, Furcht vor
Verschlimmerung der Krankheit oder gar einem möglichen Suizid des betroffenen Elternteils,
ferner von Resignation und Hoffnungslosigkeit und ggf. von Wut, weil sie sich vernachlässigt,
ungerecht behandelt oder ungeliebt fühlen.
Bei den Jugendlichen stehen Ängste vor einer möglichen eigenen Erkrankung,
Schuldgefühle nach teilweise vehementen Distanzierungs- und Abgrenzungsversuchen von
der Familie, starkes Verantwortungsgefühl und Trauer über den Verlust einer elterlichen
Identifikationsfigur im Vordergrund.
Die zunehmende Verschlechterung des Gesundheitszustandes, evtl. die krisenhafte
Entwicklung mit Suiziddrohungen und verschärften elterlichen Konflikten kennzeichnen das
Familienleben vor der Klinikeinweisung. In dieser Phase geraten die Kinder immer mehr in
Auseinandersetzungen der Eltern hinein und damit in massive Loyalitätskonflikte. Mit dieser
Belastungssituation müssen sie fast ausnahmslos alleine fertig werden.
Da die Kinder/Jugendlichen meist keine verständnisvollen Bezugspersonen haben, nehmen
insbesondere während des Klinikaufenthaltes der Mutter Gefühle der Leere und des
Alleinseins zu. Teilweise sind sie mit gravierenden Veränderungen im Familienleben
konfrontiert, was zusätzliche Aufgaben bringt (z.B. den Vater im Haushalt zu entlasten).
Die Zeit nach dem Klinikaufenthalt ist durch eine Atmosphäre der Vorsicht, der
Rücksichtnahme und Schonung geprägt, aber auch von der Angst vor einem erneuten
Rückfall. Die Kinder richten sich danach (Tagesablauf, eigene und fremde Bedürfnisse).
Bei Jugendlichen kommt es häufig zu einer Rollen-Umkehr, vor allem wenn sie spezifische
Aufträge im Rahmen von Klinikaufenthalt und Funktionsaufteilung übernehmen müssen.
Dies betrifft meist Haushaltsführung oder Erziehung der jüngeren Geschwister. Tun sie das
nicht, geraten sie in heftige Schuldgefühle.
Die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen führt die Erkrankung des Elternteils auf
psychosoziale Belastung, vor allem Überforderung, Stress und bestimmte Lebensereignisse
wie Scheidung, Tod eines Verwandten zurück.
Jugendliche beschäftigt aber auch bereits die Frage nach möglichen Vererbungs-Risiken.
Auch werden schon biologische oder organische Aspekte diskutiert, seltener belastende
Kindheitserfahrungen und bestimmte Persönlichkeitsmerkmale.
Bei Jugendlichen und vor allem Kindern sind die Besuche in der Klinik zumindest in der
Anfangsphase mit vielen Vorbehalten und Ängsten verbunden, die sich aus den stereotypen
Bildern über die Psychiatrie und ihre Kranken ergeben, aber auch aus den räumlichen und
baulichen Gegebenheiten auf der Station.
Die entscheidende Informationsquelle ist und bleibt der erkrankte Elternteil, während der
Gesunde mehr zu Umschreibungen, Umdeutungen, Hypothesen im eigenen Sinne u.a. neigt.
Einige Jugendliche beschaffen sich aber auch ein relativ differenziertes Wissen durch das
Internet oder Chatten. Hier geht es dann meist um die Frage, wie man sich gegenüber dem
erkrankten Elternteil verhalten soll und wie er nach Entlassung zu unterstützen ist.
Der allergrößte Teil der Kinder und Jugendlichen neigt aber auch zu defensiv-vermeidenden
Bewältigungsstrategien, zieht sich zurück oder flieht in eine Phantasiewelt. Wird Hilfe
gesucht, dann vor allem bei Großeltern und Gleichaltrigen mit einem ähnlichen
Erfahrungshintergrund.
Als besonders wichtige Form der Unterstützung bezeichnen Kinder und Jugendliche ehrliche
und offene Antworten auf ihre Fragen. Sie wollen nicht geschont werden, sondern die
Wahrheit hören. Jugendliche wünschen sich darüber hinaus eine aktive Einbeziehung in die
16 -
Behandlung ihres erkrankten Elternteils. Kontakt- und Austauschmöglichkeiten in Gruppen
und eine gezielte Aufklärung der Öffentlichkeit über psychische Krankheiten sind in ihren
Augen weitere wichtige Unterstützungsangebote.
Schutzfaktoren
Bisherige Ergebnisse der Resilienzforschung zeigen, dass die Identifizierung und
Aktivierung folgender personaler und sozialer Ressourcen dazu beiträgt, das Risiko durch
psychisch gestörte Eltern selber seelisch krank zu werden, zu verringern:
Ein robustes, aktives und kontaktfreudiges Temperament. Schwieriger wird es, wenn man
selber eine „heikle Wesensart“ entwickelt. Dann wird man auch öfter Zielscheibe (elterlicher)
Kritik, Reizbarkeit oder gar Feindseligkeit mit allen Folgen was Konflikte, Überforderung und
Verschlechterung der ohnehin belastenden Situationen anbelangt.
Ausgeprägte emotionale Einfühlungs- und Ausdrucksfähigkeit sowie gute soziale
Problemlösungsfähigkeiten.
Was die Frage der Intelligenz betrifft, so ist man sich hier noch nicht sicher. Beide
Überlegungen haben etwas für sich: Hohe Intelligenz lässt alles, auch die umgebenden
Problembereiche differenzierter wahrnehmen – im Guten wie im Schlechten. Bei niederer
Intelligenz ist es gerade umgekehrt: Vielleicht weniger sensibel ansprechend, dafür aber
dann die nicht ausreichend realisierten Konsequenzen mit umso größerer Wucht akzeptieren
müssen.
Eher Selbstvertrauen, ein positives Selbstwertgefühl, überzeugt von der eigenen
Selbstwirksamkeit.
Sichere emotionale Bindung an eine Bezugsperson, z.B. zu dem gesunden Elternteil oder
einen sonstigen nahen Verwandten/Bekannten. Hier gilt es dann nur rechtzeitig die AblöseProblematik zu beachten.
Ein empathisches, freundliches und zugewandtes Erziehungsklima, das dabei feste und
klare Verhaltensregeln und viele gemeinsame Aktivitäten einschließt.
Ein möglichst stabiles Familienklima, eine gute Paarbeziehung, trotz aller Belastungen, was
auch in schwierigen Situationen Sicherheit und Geborgenheit vermittelt (und in negativer
Hinsicht zusätzlich Angst, Unsicherheit und Loyalitätskonflikte aufwirft).
Art und Umgang des erkrankten Elternteils mit seinem Leiden: innere Einstellung, aktuelle
Bewältigungsform (Verleugnung, Überbewertung, Über- oder Unterforderung oder ein
ausgeglichenes Verhältnis). Außerdem die Einsicht in Krankheit und präventive Maßnahmen
zur Rückfallverhinderung (Beruhigung!) sowie gute Kooperation mit den Therapeuten (vor
allem medikamentöse Einnahme- Zuverlässigkeit).
Eine Haltung, die die Krankheit akzeptiert, ohne in eine fatalistische Resignation zu verfallen,
wie eine hilfreiche ausbalancierte Einstellung zur angemessenen Krankheitsbewältigung.
Dabei unterstützen vor allem lebenspraktische familiäre Organisationen und
Aufgabenverteilung, die Nutzung von informellen Hilfsmöglichkeiten im sozialen Netzwerk,
die Anpassung
der beruflichen bzw. schulischen Situation an die Erkrankung, die Zusammenarbeit mit der
Psychiatrie und anderen medizinisch-therapeutischen Bereichen wie Jugendhilfe u.a.
Tatsächlich sind Umfang und Qualität des sozialen Netzwerkes, in das das Kind kranker
Eltern eingebunden ist, wie z.B. Lehrer, Erzieher, Freunde, Nachbarn, ja Schulkameraden.
Sie alle können Rückhalt und Sicherheit bieten und zu einem Puffer in Krisensituationen
werden. Sie gehören zu den stillen Grundlagen für ein aktives und konstruktives
Bewältigungsverhalten.
Eine ausreichend alters- und entwicklungsadäquate Aufklärung über die Erkrankung der
Eltern und ihre Behandlung.
Das fruchtbarste Bewältigungsverhalten für Kinder und Jugendliche, die trotz Belastungen
und Risiken gesund bleiben bzw. sich rasch wieder erholen, zeigt folgende Kennzeichen:
aktive, problemorientierte Strategien/ internale Kontrollüberzeugung
17 -
direkte Auseinandersetzung mit den Problemen und vor allem wenig Neigung zur
Verleugnung oder Verzerrung der Realität
die Fähigkeit, zwischen verschiedenen Bewältigungsstrategien zu wählen und diese je nach
Ziel, emotionaler Belastung oder vorhandener Unterstützung flexibel einzusetzen (ganz
wichtig für den End-Erfolg!)
die Fähigkeit, ein hilfreiches soziales Netzwerk aufzubauen und dies zur eigenen
Unterstützung heran zu ziehen.
Das alles legt folgende Konsequenzen für unsere ambulante Arbeit nahe:
1. Informationsvermittlung und Aufklärung als übergreifendes Hilfsangebot: erkennen,
anerkennen und unterstützen.
2. Altersadäquate Formen entwickeln, konsequent anbieten und nachhaltig empfehlen, die
die Kinder und Jugendlichen in die Behandlung des erkrankten Elternteils einbeziehen.
3.Die Möglichkeiten soziale Ressourcen (z.B. Hilfe durch Selbsthilfe) zu fördern und zu
stärken.
So wurde neben der Einzeltherapie zur Behandlung der Anpassungsstörungen bei Kindern
und Jugendlichen psychisch kranker Eltern gruppentherapeutische Angebote als
Sekundärpräventives - therapeutisches Angebot sowohl in der Institutsambulanz in BedburgHau als auch in Geldern von den AmbulanztherapeutInnen entwickelt.
Konzept der Institutsambulanz in Bedburg-Hau.
Kontakt:
Frau Köhler: Kinder und Jugendlichen Psychotherapeutin und psychologische
Psychotherapeutin
Frau Kirisgil: Fachärztin für Kinder- und Jugendlichen Psychiatrie und Psychotherapie
Frau Dr. med. Kirsch: Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Zielgruppe:
Jahren
Kinder und Jugendliche psychisch kranker Eltern im Alter zwischen 10 und 18
Eltern und andere Angehörige
Gruppenangebote für 10- bis 14- und 15- bis 18-Jährige
Ziele für die Kinder: Altersgerechte Informationsvermittlung über psychische Erkrankungen
Entlastung von Schuldgefühlen
Stärkung des Selbstvertrauens und Selbstwertgefühls
Ermutigung das Erlebte auszudrücken und dafür eine Lösung zu finden
Entlastung der Kinder von ihrem Verantwortungsgefühl für die Eltern
Überwinden von sozialer Isolation
Ziele für die Eltern: Stärkung der Erziehungskompetenz
Abbau der Schuldgefühle und Versagensängsten
Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Familie
Verstehen der Lebenssituation der Kinder
Netzwerkarbeit:
Bekanntmachung der Thematik in der Öffentlichkeit
Installieren von Hilfen im Rahmen von aufsuchender psychiatrischer Krankenpflege
Einhohlen von individueller ambulanter Jugendhilfe (Stepp-Duo, Paten-Projekt)
Zusammenarbeit mit den behandelnden Psychiatern/ Psychologen/Psychotherapeuten
Gruppenangebot:
slow-open-group
durchgängig für das ganze Jahr
8 Termine im Abstand von 3 Wochen
Einzelangebot:
Individuelle Beratung / Begleitung von Kindern und Jugendlichen in
Form von Einzelarbeit
Eltern-/Familienangebot:
Individuell je nach Bedarf
18 -
Konzept der Institutsambulanz in Geldern
Kontakt: Frau Claudia Eggert, Dipl.Psychologin
Frau Klaudia Räck, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, Traumatherapeutin
Zielgruppe: Kinder von 8-13 Jahren, bei welchen ein Elternteil psychisch erkrankt ist
(Alter kann verändert werden)
Ziele für die Kinder: Stabilisierung des kindlichen Selbsterlebens
Integration der Gefühlsanteile (Wut, Angst, Traurigkeit, Schuld, Scham)
Emotionsregulierung
Förderung individueller Fertigkeiten und Ressourcenaktivierung
Erarbeitung von Netzwerkkarten (unterstützendes Helfersystem)
Erleben von gruppendynamischen Prozessen
Psychoedukation für Kinder und Eltern
Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung
Voraussetzungen:
Gewährleistung der Unterstützung des Familiensystems durch ambulante Jugendhilfemaßnahmen, Betreuer des Elternteils o.Ä.
Anbindung und Behandlung des betroffenen Elternteils bzgl. der psychischen Erkrankung
Einverständnis und Motivation des Elternteils bzgl. der professionellen
Unterstützung des Kindes
Gruppengröße :
geschlossene Gruppe von 6-8 Kinder
Methoden : primär kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden, verbunden mit den
jeweiligen Erfahrungen der Leiterinnen (tiefenpsychologisch und systemischlösungsorientierte Verfahren)
Ablauf:
individuelles Vorgespräch mit Kind, Eltern und Helfern (Erziehungshilfe, Betreuer etc.) zur Vorstellung des Gruppenangebotes und Exploration der familiären Anliegen und Verhaltensbesonderheiten
Termine:
ein Elternabend für alle betroffenen Eltern vor Beginn der Kindergruppe, Mittwoch (…) 18- 19.30 Uhr
8 Sitzungen der Kindergruppe in zweiwöchigem Rhythmus, mittwochs 15-16.30 Uhr
In der PIA Bedburg-Hau wurde auch ein spezielles Gruppenangebot für Kinder
drogenabhängiger Eltern entwickelt.
Kontakt:
Herr Conrad: Kinder und Jugendlichen Psychotherapeut, Traumatherapeut,
Systemische Therapie
Frau Kirisgil: Fachärztin für Kinder- und Jugendlichen Psychiatrie und Psychotherapie
Frau Dr. med. Kirsch: Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Zielgruppe: Kinder und Jugendliche drogenabhängiger Eltern im Alter zwischen 10 und 18
Eltern und andere Angehörige
Gruppenangebote für das 10-14 und 15-18 Jährige
Ziele für die Kinder: ggfls. altersgerechte Informationsvermittlung über psychische
Erkrankungen von Suchtmittelkonsum
19 -
Entlastung von Schuldgefühlen
Stärkung des Selbstvertrauens und Selbstwertgefühls
Ermutigung das Erlebte auszudrücken und dafür eine Lösung zu finden
Entlastung der Kinder von ihrem Verantwortungsgefühl für die Eltern
Überwinden von sozialer Isolation
Umgang mit realen Ängsten, wie z.B. Tod der Eltern,
Finden von Schutzfaktoren
Netzwerkarbeit:
Bekanntmachung der Thematik in der Öffentlichkeit
Installieren von Hilfen im Rahmen von aufsuchender psychiatrischer Krankenpflege
Einhohlen von individueller ambulanter Jugendhilfe
Zusammenarbeit mit den behandelnden Psychiatern/ Psychologen/Psychotherapeuten
Gruppenangebot:
slow-open-group
durchgängig für das ganze Jahr
Termine im Abstand von 3-Wochen
Einzelangebot:
individuelle Beratung / Begleitung von Kindern und Jugendlichen in
Form von Einzelarbeit
Ziele für die Eltern in Kooperation mit derDROBS:
Stärkung der Erziehungskompetenz
Abbau der Schuldgefühle und Versagensängsten
Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Familie
Verstehen der Lebenssituation der Kinder
Akzeptanz von einer zweiten Bezugsperson außerhalb der Familie, z.B. Pateneltern, SPFH,
die die Familie begleitet
Stärkung der Fähigkeit Clean zu bleiben
Eltern-/Familienangebot:
individuell je nach Bedarf
Diese Gruppenangebote ohne Einzelangebote könnten auch in leicht abgewandelter Form
als Primärpräventionsangebote zur Verhinderung der Manifestation einer
Verhaltensauffälligkeit oder psychischen Störung etabliert werden. Dazu wäre eine
Finanzierung z.B. über die örtlichen Jugendämter der Städte und Kreise nach dem KJHG im
Rahmen von Kooperationsverträgen denkbar, da primärpräventive Angebote keine
Kassenleistungen nach SGB V sind.
Legt man ein Durchschnittsstundensatz von 125,0 € zugrunde so ergibt sich ein jährlicher
finanzieller Aufwand:
Gruppenangebot Kinder und Jugendliche psychisch kranker Eltern - PIA Bedburg-Hau:
17 x 3 Wochenstunden= 51 Wochenstunden für Kinder und Jugendliche = 6375.00 €
17 x 3 Wochenstunden= 51 Wochenstunden für Eltern und Angehörige = 6375.00 €
16 x 1,5 Wochenstunden = 24 Wochenstunden für Netzwerkarbeit
=3000.00 €
15.750.00 €
Der gleiche jährliche finanzielle Aufwand von 15.750.00 € ergäbe sich auch Gruppenangebot
Kinder und Jugendliche suchtkranker Eltern in der PIA Bedburg-Hau:
Gruppenangebot Kinder psychisch kranker Eltern- PIA Geldern:
26 x 1,5 Wochenstunden= 39 Wochenstunden für Kinder
3 x 1,5 Wochenstunden= 4,5 Wochenstunden für Elternabende
= 4875.00 €
= 562.50 €
20 -
5437.50 €
Ambulante Angebot zur Behandlung früher Interaktionsstörungen bzw. früher
Bindungsstörungen in der PIA Bedburg-Hau
Die frühkindliche Entwicklung von Kindern bei psychischen Auffälligkeiten von Vater oder
Mutter verläuft ungünstiger als bei Kindern gesunder Eltern.
Das kann man bereits im frühen Säuglingsalter nach wenigen Monaten feststellen. Defizite in
der sprachlichen und sogar nicht-sprachlichen Entwicklung, vermehrte Aggressivität und
Hyperaktivität u. a. Dabei ist die Mutter von größerer Bedeutung als der Vater. Hierbei
beeinflusst der psychische Zustand der Mutter nicht nur die Entwicklung des Kindes, sondern
auch die mütterliche Erfahrung im Umgang mit dem Kind (also die Mutter-Kind-Beziehung).
Das führt zu noch weit reichenderen Konsequenzen (und besagt, dass man bei der
Behandlung der Mutter auch das Kind oder die Kinder mit einbeziehen sollte).
Die gestörte Mutter-Kind-Beziehung bei depressiven Müttern äußert sich in konkreten
Defiziten wie weniger Interesse und gemütsmäßige Beteiligung, weniger einfühlsam,
vermehrt negative Gefühle bis hin zur Feindseligkeit, eher passiv, eingeschränkte
Fähigkeiten zwischenmenschlicher Kommunikation, häufiger inkonsequent, wenig elterliche
Unterstützung für das Kind, sieht die Rolle als Erzieherin weniger positiv, fühlt sich den
Ansprüchen nicht gewachsen und als wenig kompetente Eltern, empfindet die
Erziehungssituation als schwierig, das Kind als auffällig (obgleich von Außenstehenden nicht
bestätigt) u. a.
Bei schizophren erkrankten oder komplextraumatisierten Müttern finden sich ähnliche
Defizite: desorganisiert, unsensibel, ja unberechenbar, die Kinder (unbeabsichtigt)
vernachlässigend, was vor allem bei denkgestörten oder dissoziierenden Müttern vorkommt.
Das äußert sich natürlich nicht nur in einem Mangel an Sensitivität und positiver
Emotionalität, sondern auch in weniger spielerischem Kontakt und damit Lernmöglichkeiten
für das Kind.
Die Folgen lassen nicht auf sich warten: Diese Kinder sind oftmals außerstande, ihre
Aufmerksamkeit zu konzentrieren, Umweltreize zu ordnen und nützlich umzusetzen, ihre
inneren körperlichen Funktionen zu regulieren. In zurückgezogenem Zustand sind sie vor
allem mit sich selbst beschäftigt, dann aber auch wieder schnell quengelig und unruhig,
wenn man sich schließlich mit ihnen abgibt und entwickeln frühe Regulationsstörungen.
Regulationsstörungen sind wegen der Wechselwirkungen zwischen regulatorischer
Problematik des Kindes, Belastungen der Eltern-Kind-Beziehungen und elterlichen
psychischen Belastungen häufig mit letzteren z.B. mütterlichen/elterlichen neurotischen,
Posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen, Angststörungen, etc. assoziiert.
Bei Fütter- oder Gedeihstörungen sind Essstörungen in der Vorgeschichte der Mutter
(Kindheit, Schwangerschaft, aktuell) zu erheben. So finden sich bei nahezu jedem dritten
reifgeborenen aber untergewichtigen Neugeborenen bei der Mutter Hinweise für eine
manifeste Essstörung in den vorausgegangenen 12 Monaten.
Therapeutisches Angebot zur Behandlung früher Regulationsstörungen in der PIA BedburgHau
Behandlung von folgenden Störungen bei Kindern von 0 bis 3 Jahre:
Schlafproblemen jenseits des Säuglingsalters
Exzessives Schreien im ersten Lebenshalbjahr,
Frühkindliche Ess- und/oder Fütterungsstörungen
Exzessives Trotz und aggressives Verhalten von Kleinkindern bis zum 2. Lebensjahr
Spielunlust, chronische Unruhe
Persistenz und übermäßige Ausprägung von Fremdeln, Klammerverhalten. Ausgeprägte
Ängste, im Entwicklungsverlauf evtl. auch soziale Rückzugstendenz, Elektiver Mutismus
Freud- und Interesselosigkeit, Kummer, depressive Stimmungslage, Passivität, Apathie
Therapeutische Methoden (Auswahl):
Verhaltensbeobachtung
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Möglichst Beobachtung mehrerer unterschiedlicher interaktiver Kontexte (z.B. Spiel,
Beruhigungssituationen, Trennungssituationen/elterliche Abgrenzung und
Wiedersehen/Wiedervereinigung), um das Ausmaß an Störungspervasivität zu beurteilen.
Beobachtung und Beurteilung störungsrelevanter Kontexte mittels Video-Feedback-Training
anhand individueller Videoaufnahmen:
Gemeinsame und wechselseitige Regulation von Kind und Bezugsperson
Kindliche selbstregulatorische Kompetenzen. Beurteilung der Alters- und
Kontextangemessenheit des kindlichen Verhaltens. Beurteilung der Eindeutigkeit kindlicher
Verhaltenssignale
Intuitive elterliche Kompetenzen, emotionale Abstimmung und Angemessenheit elterlichen
Verhaltens in Bezug auf kindliche Verhaltensmuster. Verstehbarkeit, Konsistenz und
Eindeutigkeit elterlichen Verhaltens
Zwiegespräch/Spiel. Gemeinsamer Dialog, gemeinsames Spiel, frei und strukturiert,
kindliches Alleinspiel
Kindliche Compliance und Kooperation bei elterlichen Aufforderungen und
Grenzsetzungsversuchen. Reaktionen der Eltern auf kindliches Ignorieren von
Grenzsetzungen
Beobachtung des Kindes in einer strukturierten Anforderungssituation, z.B. während der
Entwicklungstestung, Gesellschaftsspiel o.Ä. (Reaktivität, Aktivitätsniveau, Affekt- und
Aufmerksamkeitsregulation, Frustrationstoleranz, soziale Offenheit)
Verhaltensprotokolle, Tagebücher
Einsatz von Verhaltensprotokollen zur Aufzeichnung des kindlichen Problemverhaltens sowie
anderer, altersrelevanter Verhaltensbereiche (z.B. Schrei- und Schlaftagebuch, Fütter- und
Ernährungsprotokolle etc.)
Fremd- und Selbsteinschätzung mit Fragebögen, Skalen
Die standardisierte Erfassung von kindlichem Temperament, kindlichen
Verhaltensauffälligkeiten (z.B. Child Behavior Checklist 1½-5), elterlicher Depressivität,
partnerschaftlicher Belastung, elterlichen Einstellungen zum Kind, elterlicher psychosozialer
Belastung und sozialer Unterstützung kann ergänzend hilfreich sein.
Eine orientierende Einschätzung des Ausmaßes der Beziehungsbelastung zwischen Eltern
und Kind ist mit standardisierten Skalen z.B. PIR-GAS.
Als Präventionsangebot wurde ein Programm „ Sichere Bindung- Signale richtig
verstehen“ in der PIA Bedburg-Hau entwickelt zum Schutze und Vorbeugung von frühen
Regulationsstörungen, Bindungsstörungen, Missbrauch und Gewalt an Kindern.
Das in Anlehnung an das SAFE-Elternprogramm konzipierte Programm ist ein Angebot für
psychiatrisch auffällige Eltern (Müttern/Vätern) und Eltern/Mütter/Väter, die im Konflikt sind
mit der Schwangerschaft oder aber als gefährdet eingeschätzt werden eine
Interaktionsstörung zu ihrem Kind zu entwickeln.
Kontakt:
Frau Liebrand: Drs. Psychologin, Traumatherapeutin, Systemische
Familientherapeutin
Frau Köhler: Psychologin und Kinder- und Jugendlichen- psychotherapeutin
Frau Kirisgil: Fachärztin für Kinder- und Jugendlichen Psychiatrie und
Psychotherapie
Frau Dr. med. Kirsch: Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Zielgruppe: SAFE® richtet sich an alle werdenden Eltern bis etwa zum 7.
Schwangerschaftsmonat und wird bis zum Ende des ersten Lebensjahres in einer
geschlossenen Gruppe durchgeführt. Einzelne Eltern können darüber hinaus bei Bedarf
auch weitere Hilfen im 2. und 3. Lebensjahr ihres Kindes erhalten.
22 -
Ziele:
Förderung einer sicheren Bindung zwischen Eltern und Kind, als Schutzfaktor vor
belastenden Ereignissen, z.B. Traumatisierung der Eltern, psychiatrische Erkrankungen oder
Suchtproblemen
Module:
Es werden Elterngruppen durchgeführt, die an 4 Sonntagen vor der Geburt für Eltern
angeboten werden. Die Eltern sollten in einer vergleichbaren Schwangerschaftswoche sein.
Inhalte der vorgeburtlichen Module sind: Phantasien, Hoffnungen und Ängste der Eltern,
Pränatale Bindung, Kompetenzen des Säuglings, Kompetenzen der Eltern, Eltern-SäuglingsInteraktion (mit Videodemonstration), Bindungsentwicklung des Säuglings, Vermeidung der
Weitergabe von traumatischen Erfahrungen, Prävention durch Psychotherapie und das
Erlernen von Stabilisierungsübungen.
Nach der Entbindung wird SAFE® durch Elterngruppen an 6 Sonntagen fortgeführt, die
nach der Geburt beginnen (Etwa 1.Lebensmonat, 2.Lebensmonat, 3. Lebensmonat, 6.
Lebensmonat, 9. Lebensmonat, 12. Lebensmonat).
Inhalt der nachgeburtlichen Module sind: Informationen über die emotionale Entwicklung
des Säuglings, Einbeziehung der elterlichen Erfahrungen, Video-Feedback-Training anhand
individueller Videoaufnahmen. Beratung zur Bewältigung von interaktionellen
Schwierigkeiten mit dem Säugling (Schlafen, Essen, Schreien), Information und Anleitung
zur Entwicklung des Bindungs- und Explorationsverhaltens des Säuglings. Und es gibt viel
Raum für eigene Fragen der Eltern.
Netzwerkarbeit: Bekanntmachung der Thematik in der Öffentlichkeit
evtl. Installieren von Hilfen im Rahmen von aufsuchender psychiatrischer Krankenpflege
evtl. Einholen von individueller ambulanter Jugendhilfe
Zusammenarbeit mit den behandelnden Psychiatern/ Psychologen/ Psychotherapeuten
Zusammenarbeit mit/Vermittlung an Traumatherapeuten
Institutsambulanz, niedergelassene Gynäkologinnen und Pädiater, DROBS,
Suchtambulanzen, Hebammen, Erziehungsberatungsstellen
Da dieses Primärpräventive Angebot keine Krankenkassenleistung nach dem SGB V
darstellt, könnte eine Finanzierung über die örtlichen Jugendämter, Gesundheitsämter,
Sozialhilfe eventuell im Rahmen einer Mischfinanzierung erfolgen. Auch hier wünschen wir
uns die Unterstützung durch die politischen Gremien.
Modellkostenberechnung
Berechnungen für 10 Kinder/ 15 Elternteile beinhalten:
Stundenlohn für drei SAFE-MentorInnen à 50 Euro
Ausgaben für Technik 2.000 Euro (einmalig)
Catering-Kosten 350 Euro pro Termin
Kosten des Kurses 60.000 Euro für ca. 1,5 Jahre
Kosten SAFE-Kurs pro Kind pro Monat 330 Euro (insg. 6.000 Euro pro Kurs)
23 -
Vergleiche:
Jugendhilfe 3.000-6.000 Euro pro Monat pro Kind (Faktor 9-18 Mehrkosten)
Jugendgefängnis: 16.500 Euro pro Monat pro Kind (Faktor 50 Mehrkosten)
Kinder und Jugendliche psychisch Kranker Eltern und deren Bezugspersonen stehen je nach
Indikation auch alle anderen ambulanten Behandlungsangebote der PIA der KiJu zur
Verfügung
Auswahl ambulanter Behandlungsangebote:
Elterntherapiegruppe für Eltern mit ADHS-Kindern
Durch die Elterntherapiegruppe soll die Kommunikation und vor allem die Beziehung
zwischen dem Kind und den Eltern verbessert werden. Dazu sind die Eltern eingeladen eine
wöchentliche stattfindende Elterngruppentherapie an mindestens 5 Abenden zu durchlaufen.
Hier werden nicht nur detaillierte Informationen als Basiswissen vermittelt, es sollen auch die
erlernten Techniken und Materialien wie z.B. ein gezielter Verstärkerplan für gewünschtes
Verhalten gründlich eingeübt werden. Von mal zu mal wächst damit der Erfahrungsschatz
der Eltern, die persönlichen Erfahrungen sollten auch wieder in die Gruppe eingebracht
werden.
Ziel ist es in erster Linie eine veränderte Sichtweise im Sinne eines systemischlösungsorientierten Ansatzes zu gewinnen. Die Eltern sollten sich auf schwierige Situationen
vorbereiten, sich absprechen, auf ihre eigenen Kräfte und Gemütslagen achten und vor
allem eine Rolle als Coach bzw. Trainer des Kindes einüben. Damit nehmen sie den Druck
für sich selbst und somit auch für das an ADHS erkrankte Kind heraus. Die Eltern erkennen,
dass ebenfalls dem systemisch-familientherapeutischen Gedanken folgend nicht das ADHSKind betroffen ist und sich verändern sollte, sondern vor allem die Eltern und die ganze
Familie besser miteinander kommunizieren und interagieren sollten.
Es besteht auch die Möglichkeit im Elterntraining auf spezielle Fragen einzugehen, wie
beispielsweise Geschwisterstreit, Fördermöglichkeiten, begleitende Probleme wie
oppositionelles Verhalten, Aggressionen, psychosoziale Belastungen der Eltern usw. Die
o.g. veränderte Sichtweise öffnet den Eltern die Möglichkeiten für Interventionen. Der
Schlüssel zu Erfolgen liegt nicht nur in der Verbesserung der Beziehung, sondern auch in
der Nutzung der Stärken der Kinder. Das hier vorgestellte Elterntraining ist sehr
praxisorientiert.
Behandlungsangebot für Grundschul –und Kindergartenkinder mit reaktiven
Bindungsstörungen mit Enthemmung
Psychomotorische Diagnostik( videounterstützt):
Entwicklungserhebung hinsichtlich Spiele der tiefen Rückversicherung anhand von
psychomotorischen Beobachtungsparametern im Einzelkontext
Interaktionsdiagnostik anhand von Handlungsparametern mit Eltern und Kind (ca. 2-3 Std.)
Psychomotoriktherapie:
24 -
Einzeltherapie( Kinder bei denen die arachaischen Ängste noch deutlich vorliegen und nicht
durch Spiele der tiefen Rückversicherung bewältigt werden können (2 Std.)
Therapeutische. Kleingruppentherapie (4 Paare Mütter/Väter /Kinder) zur Förderung und
Erweiterung der Kommunikation und des gemeinsamen Miteinanders über die Spiele der
tiefen Rückversicherung ( 2 Std.)
Therapeutische. Kleingruppe(4 PaareMütter/Väter/ Kinder) zur Förderung des
Dezentrierungsprozesses- vom körperlichen Erleben hin zum Denken über
Handlungsfantasmen ( 2 Std.)
„Eigentlich bin ich ganz anders“ -Therapeutische Gruppenangebote zu Verbesserung der
sozialen Kompetenz für Kinder im Alter von ca. 8 – 11 Jahren und Jugendliche im Alter von
14 bis 17 Jahren mit Angst-, depressiven Störungen, psychotischen Störungen,
Posttraumatischen Belastungsstörungen u.a.
Die Gruppe steht unter der Leitung einer Kunsttherapeutin und eines Arztes mit
verhaltenstherapeutischer Ausbildung. In dieser gemischtgeschlechtlichen Gruppe, von etwa
acht Kindern/Jugendlichen werden einmal in der Woche 90 Minuten gemeinsam
entsprechende Gruppenregeln erarbeitet und deren Umsetzung geübt und die Einhaltung
gefestigt. Dabei hat die Gruppe auch einen deutlichen künstlerisch-kreativen Aspekt und es
wird in Einzel- und Gruppenarbeiten an entsprechenden Malaufträgen gearbeitet.
Das mixed-media soziale Kompetenzgruppe bearbeitet Themenbereiche, wie z.B.
Verbesserung des Selbstwertgefühls, Sensibilisierung der Wahrnehmung, konstruktiver
Umgang mit Kritik, Verbesserung der Frustrationstoleranz oder die Förderung der
Gruppendynamik.
Am Ende der Gruppentherapie stellen die Jugendlichen beispielsweise einen eigenen Film
oder verfassen eigene Texte zu Musikvideos. Rollenspiele und Gruppenpräsentationen
gehören zum Konzept wie spielerische Übungen und Diskussionen.
Zur Verbesserung der Motivation wird bei den jüngeren Kindern ein Belohnungssystem
eingeführt, welches die teilnehmenden Kinder zur Einhaltung der Gruppenregeln und zur
guten Mitarbeit motivieren soll.
Zusätzlich zu eigenen Ideen sind Teile aus dem „Training sozialer Kompetenzen – Fit For
Life“ von Gert Jugert, Anke Rehder, Peter Notz und Frank Petermann und aus dem
„Strategietraining für Jugendliche –Get On“ von Despina Muth und Detlef Seidel in das
Gruppentherapiekonzept eingeflossen.
Therapeutisches Reiten und Familientherapie
Dieses spezielle therapeutische Reiten ist in ein familientherapeutisches Angebot
eingebettet, so dass für Eltern und Familie die Möglichkeit zu Gesprächen in regelmäßigen
Abstanden und die Bearbeitung ihrer Anliegen im Rahmen der Familie besteht. Die
Teilnahme an der Gruppe stellt einen gesonderten Baustein des familientherapeutischen
Angebotes dar. Hierbei wird speziell auf die besonderen Bedürfnisse und
Förderschwerpunkte des Kindes eingegangen. Diese werden in den regelmäßig
stattfindenden Elterngesprächen vor dem Hintergrund des familiären Umfeldes aufgegriffen.
Am Beginn steht ein Elterngespräch mit mehreren Eltern zur Anliegen- und Auftragsklärung
im Multi-Familiensetting. Danach finden je nach Bedarf und Anliegen der Patienten Elternbzw. Familiengespräche statt. Die Gruppe wird einmal wöchentlich durchgeführt. Das Alter
soll zwischen 7 und 12 Jahren sein.
Anliegen können sein:
25 -
Erhöhung Selbstwirksamkeit und Selbstwertgefühl
Entwicklung von mehr Entspannung und Selbstvertrauen
Förderung der Körperwahrnehmung und Körperbewusstsein sowie Aufbau einer realbezogenen Selbsteinschätzung
Förderung pro-sozialer Verhaltensweisen
Zielgruppe:
Familien, die bereit sind, an regelmäßigen Familiengesprächen bzw. Multi-Familiengesprächen (=’Familienrunden’) teilzunehmen und ein Anliegen formulieren, dass sowohl die
Bedürfnisse des Kindes als auch sie selbst oder die ganze Familie betrifft.
Kinder mit:
Verhaltensauffälligkeiten im sozio-emotionalen Bereich (auch im Zusammenhang mit
Traumatisierung)
Kontaktschwierigkeiten, Unsicherheit und niedrigem Selbstwertgefühl
Aufmerksamkeits-, Konzentrationsprobleme, oft einhergehend mit schlecht entwickeltem
Körpergefühl und – Wahrnehmung
Abb.7 : Zeitlicher Ablauf
26 -
Elternrunde
Anliegen- und
Zielvereinbarung,
gemeinsam mit
Kind und
anwesenden Eltern
Therapeutisches
Reiten
Klein-Gruppe 1x
wöchentlich, Dauer
ca. 6 – 10 Wochen
(Elternrunde
als abschließendes
Ritual)
Familiengespräch
in ca. 6-WochenAbständen,
bei Bedarf
Elterngespräch
Dr. U. Kirsch
Chefärztin
Stellt. Ärztliche Direktorin
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