Protokoll zum Experimentalvortrag über „Kunststoffrecycling“ Hinweis: Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule). Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht heruntergeladen werden, unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende: http://www.chids.de/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html von Oliver Strauch Jahnstr.6 35239 Steffenberg Matr.-Nr.: 1517260 zum Vortrag vom 23.01.2008 Inhaltsverzeichnis: 1. Einleitung ............................................................................................................................ 3 1.0 Vorab:............................................................................................................................. 4 2. Kunststoffabfälle ............................................................................................................... 5 2.1 Trennungsmethoden ................................................................................................. 6 2.1.0 Demo 1: Windsichter ......................................................................................... 6 2.1.1 Demo 2: Schwimm-Sink-Verfahren................................................................. 7 2.1.2 Versuch 1: SD-Verfahren ................................................................................... 9 3. Recyclingverfahren ........................................................................................................ 14 3.1 Werkstoff – Recycling ............................................................................................. 14 3.1.0 Einleitung............................................................................................................. 14 3.1.1 Versuch 2: Polystyrol lösen und wieder aufschäumen .......................... 14 3.1.2 Demo 3: Umschmelzen .................................................................................... 16 3.1.3 Versuch 3: PE aus Tetrapack ......................................................................... 17 3.1.4 Fazit zum werkstofflichen Recycling: .......................................................... 18 3.2. Rohstoffliches Recycling ...................................................................................... 20 3.2.1 Einleitung: ........................................................................................................... 20 3.2.2 Solvolyse: ............................................................................................................ 20 3.2.3 Hydrierung: ......................................................................................................... 21 3.2.4 Thermolyse/Pyrolyse: ...................................................................................... 22 3.2.5 Versuch 4: Pyrolyse .......................................................................................... 22 3.2.6 Synthesegasherstellung .................................................................................. 26 3.2.7 Einsatz im Hochofenprozess ......................................................................... 26 3.2.8 Versuch 5: Eisenherstellung .......................................................................... 26 3.2.9 Fazit zum rohstofflichen Recycling .............................................................. 28 3.3 Energetische Verwertung: ...................................................................................... 29 3.3.1 Einleitung: ........................................................................................................... 29 3.3.2 Versuch 6: Verbrennen von PVC................................................................... 29 3.3.3 Fazit zur energetischen Verwertung: ........................................................... 32 4. Fazit: ................................................................................................................................... 33 5. Schulrelevanz: ................................................................................................................. 35 6. Literatur: ............................................................................................................................ 36 2 1. Einleitung Seit den 70er Jahren ist Recycling in Deutschland ein hochaktuelles Thema. Zu dieser Zeit wurde der Abfall zumeist auf Deponien gelagert und es gab nur wenige Verbrennungsanlagen. Prognosen ergaben, dass man etwa in 20 Jahren im eigenen Abfall ersticken werde, wenn man die Entsorgung der anfallenden Abfälle nicht umstrukturieren würde. Durch mehr Verbrennungsanlagen und sichere Deponien versuchte man das Problem in den Griff zu bekommen. Jedoch kam man schon bald zu der Einsicht, dass Abfälle Wertstoffe sind. Aus dieser Einsicht heraus sind viele Abfälle viel zu schade, um einfach verbrannt zu werden, denn durch die Wiederverwertung ist eine nicht zu vernachlässigende Ressourcenschonung möglich. Auf Seiten der Politik wurden nun Überlegungen angestellt, wie man eine bestmögliche Verwertung der Abfälle sicherstellen könnte. Da es den Rahmen dieses Protokolls sprengen würde, alle Abfälle und deren Verwertung zu behandeln, werde ich mich ab jetzt nur noch mit Kunststoffabfällen beschäftigen. Die Politiker kamen zu dem Schluss, dass eine effektive Abfallverwertung schon bei der Herstellung des Produkts angelegt sein muss und somit wurde die Produktverantwortung ins Leben gerufen. Die Produktverantwortung Verpackungsverordnung wurde niedergeschrieben und 1991 beinhaltet erstmals die in der unentgeltliche Rücknahmepflicht von gebrauchten Verpackungen für den Hersteller. Dazu ist der Hersteller angehalten so zu produzieren, dass wenige Produktionsabfälle anfallen und dass die Reststoffe umweltverträglich verwertet oder beseitigt werden können. Somit wurde der Grundsatz gelegt: „Müll Vermeidung vor Verwertung vor Beseitigung“ (http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCll, Stand 19.5.08). Von Seiten der Hersteller wurde daraufhin der „Grüne Punkt“, das heutige Duale System Deutschland (DSD), gegründet. Die Hersteller bezahlen an das DSD eine Lizenzgebühr und das DSD kümmert sich dann um die Einsammlung und Verwertung der Abfälle. 1998 wurde die Verpackungsordnung überarbeitet. Dort wurde festgelegt, dass 60 % der Altkunststoffe zu verwerten sind, davon wiederum 60 % werkstofflich. Dazu wurde die energetische Verwertung zugelassen. Wir werden die unterschiedlichen Verfahren der Verwertung mit ihren Vor- und Nachteilen betrachten. Zunächst jedoch werden wir uns die Beschaffenheit der Kunststoffabfälle und deren Vorkommen anschauen. 3 1.0 Vorab: In den meisten Versuchen ist die Rede von Kunststoffgranulat. Das bedeutet, der Kunststoff liegt in kleinen Kügelchen, etwa halb so groß wie eine Erbse, vor. Die bekommt man am leichtesten bei Unternehmen, die Kunststoffe verarbeiten. Jedoch kann man aber auch genauso gut Kunststoffabfälle z.B. aus dem gelben Sack nehmen und diese klein schneiden. Oftmals sind: Shampooflaschen aus Polyethylen (PE) CD’s aus Polycarbonat (PC) Joghurtbecher aus Polystyrol (PS) oder Polypropylen (PP) Styropor aus Polystyrol (PS) Abflussrohre oder Schläuche aus Polyvinylchlorid (PVC) Getränkeflaschen aus Polyethylenterephthalat (PET) Man sollte darauf achten, dass die Kunststoffe unterschiedliche Farben haben, damit man in den Versuchen die gewünschten Effekte besser beobachten kann. 4 2. Kunststoffabfälle 2.0 Einleitung: In Deutschland fielen 2003 4,01 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an, von denen die geforderten 60 % auch verwertet wurden. Die Kunststoffabfälle lassen sich in 4 Kategorien einteilen: Produktionsabfälle Angüsse… Siedlungsabfälle Verpackungen von Lebensmitteln Transportverpackungen Kühlschrankverpackungen, Folien, Styropor… Werkstoffabfälle Computergehäuse, Autokunststoffteile, Fensterrahmen… Bei der Zusammensetzung der Altkunststoffe nehmen Verpackungen als kurzlebige Güter heute eine dominierende Rolle ein. Nur ein Viertel der anfallenden Kunststoffe hat eine Lebensdauer von etwa einem Jahr. 60 % aller Werkstoff-Kunststoffe haben eine Nutzungsdauer von mehr als 8 Jahren. Besonders im Baubereich haben die eingesetzten Kunststoffe eine Lebensdauer von über 30 Jahren. Für die meisten Transportverpackungen und Werkstoffabfälle gibt es schon lange eine Vielzahl von Sammelstellen. Beispiele dafür sind Styropor, Verpackungs- oder Landschaftsfolien und PVC-Fenster. Diese Kunststoffabfälle können somit sortenrein gesammelt werden und nahezu komplett recycelt werden. Sie gehen als Sekundärrohstoff wieder in die Produktion von Transportverpackungen oder Werkstoffen ein. Ähnlich ist es bei den Produktionsabfällen. Diese bestehen aus Angüssen oder aus fehlerhaften Produkten. Sie werden direkt bei der Produktion gesammelt, zerkleinert und der Produktion wieder zugeführt. 5 Schwierig wird es bei gemischten Kunststoffabfällen. Die Wirtschaft verlangt saubere und sortenreine Kunststoffe. Beides erfüllen die Siedlungsabfälle nicht. Ein Blick in den gelben Sack bzw. die gelbe Tonne zeigt, dass oftmals die Verpackungen nicht richtig gesäubert werden und dazu viele Kunststoffsorten bunt gemischt sind. Die Alternative, alle Kunststoffabfälle sortenrein zu sammeln wäre viel zu teuer. Somit werden erst alle Kunststoffabfälle eingesammelt und anschließend getrennt. 2.1 Trennungsmethoden 2.1.0 Demo 1: Windsichter Chemikalien: - Papier - Folie - Styropor - PE-Granulat Geräte: - Fön (Muss eine Kaltstufe haben) - 1,5 L Getränkeflasche - Messer - Klebeband - Drahtnetz Versuchsaufbau: Flasche Netz Luftstrom (Fön) 6 Durchführung/Beobachtung: Eine gesäuberte und trockene Getränkeflasche wird etwa 10 cm vom Flaschenhals entfernt durchgeschnitten. Dort wird nun ein Drahtnetz integriert und die Flasche anschließend wieder zusammengeklebt. Nun schneidet man den Flaschenboden ab. Der Flaschenhals wird, mit Klebeband, so mit einem Fön verklebt, dass man einen Luftstrom durch die Flasche erhält. Jetzt gibt man in die Öffnung etwas Papier, Folie, Styropor und PE Stücke (Da die Luftstromstärke von Fön zu Fön variiert, muss man die Größe der Abfallstücke durch Probieren herausfinden). Darauf achten, dass der Fön auf „Kalt“ steht, da sonst das Klebeband anschmilzt. Schaltet man den Fön ein, wird zuerst die Folie, dann das Papier und zuletzt das Styropor herausbefördert. Die PE Stücke bleiben auf dem Drahtnetz liegen. Auswertung/Hintergrund: Ein Windsichter beruht auf dem schon lange bekannten Prinzip: „Die Spreu vom Weizen trennen“. Dabei wird das Korn durch den Dreschflegel von der Spreu getrennt. Beides wird dann in die Luft geworfen. Der Wind transportiert die leichtere Spreu ab und das schwerere Korn fällt zu Boden. Bei einem Windsichter werden die schwebefähigen und weniger dichten Kunststoffabfälle mitgerissen und können so von den übrigen Abfällen getrennt werden. Ein großer Vorteil dieser Trennungsmethode ist, dass sie kein Wasser und kein Reinigungsmittel verbraucht. Dazu lassen sich Folien sehr gut abtrennen. Jedoch erreicht diese Methode sehr schnell ihre Grenzen. Sind die Abfälle feucht oder nass, können sie durch einen Windsichter nicht mehr getrennt werden. Ein weiterer Nachteil ist, dass man nach der Trennung noch keine sortenreine Kunststoffe vorliegen hat. Denn durch den Windsichter lassen sich Folien, die oftmals aus PET bestehen abtrennen, aber Flaschen aus PET werden nicht abgetrennt. Dazu kann keine völlige Auftrennung der Kunststoffe erfolgen. 2.1.1 Demo 2: Schwimm-Sink-Verfahren Chemikalien: - PE-Granulat (rot) - PC-Granulat (blau) 7 - ention. Wasser (Trennmedium) Geräte: - 250 mL Schraubdeckelglas - Glasstab Versuchsaufbau: Schraubdeckelglas PE – Granulat Trennmedium H2O PC - Granulat Durchführung/Beobachtung: Ein 250 mL Becherglas wird mit 200 mL ention. Wasser gefüllt. Nun gibt man etwas PE-Granulat und die gleiche Menge PC-Granulat dazu (PE und PC sollten von unterschiedlicher Farbe sein), schließt das Glas und schüttelt. Nun dreht man das Glas auf den Kopf und schwenkt das Glas leicht und schlägt mehrmals mit der Hand leicht gegen das Glas. Das PC-Granulat sinkt auf den Boden und das PE-Granulat schwimmt auf dem Wasser. Auswertung/Hintergrund: Das Schwimm-Sinkverfahren ist das am meisten genutzte Trennungsverfahren. Es beruht auf den unterschiedlichen Dichten der einzelnen Kunststoffe. Nachfolgend sind einige Kunststoffe und ihre Dichten aufgeführt: Kunststoff Dichte [g/cm3] Polypropylen PP 0,90 – 091 Polyethylen PE 0,91 – 0,95 8 Polystyrol PS 1,05 Polycarbonat PC 1,19 – 1,24 Polyethylenterephthalat PET 1,37 Ein großer Vorteil dieser Trennmethode ist, dass man mit Wasser als Trennmedium PP und PE von den übrigen Kunststoffabfällen trennen kann. Im Labormaßstab kann man auch ein Gemisch aus den oben gezeigten Kunststoffen trennen, indem man sich Lösungen mit Dichten zwischen den einzelnen Kunststoffdichten herstellt. Dazu wird Ethanol, Wasser und eine gesättigte Natriumthiosulfatlösung verwendet. Eine Dichtespindel ist sehr hilfreich zum überprüfen der einzelnen Dichten. Somit kann man nach und nach immer eine Kunststoffsorte vom dem verbleibenden Rest trennen. Aber selbst im Labormaßstab ist es schwierig, PE von PP zu trennen. Denn man muss die Dichte 0,91 g/cm 3 exakt einstellen und die Abfälle müssen sauber sein, da sich die Dichte sonst wieder verändert. 2.1.2 Versuch 1: SD-Verfahren Chemikalien: - Xylol (Gemisch aus ortho-, meta- und para-Xylol) (Xn; R: 10-20/21-38; S: 25) - Silikonöl - PE-Granulat (blau) (sehr feine, kokosraspelgroße Stücke) - PP-Granulat (orange) ( einmal sehr fein (kokosraspelgroß) und einmal grob) - PET-Granulat (brau) (grobe Stücke) Geräte: - 2 Dimrothkühler NS 14 - Wasserschläuche - Wasserwächter - Schlauchklemmen - 2 250 mL 2 Halsrundkolben je NS 14 - 2 Kristallisierschalen 9 - Feststofftrichter - 2 Stopfen NS 14 - Keckklemmen - Stativmaterial - 2 Hebebühne - 4 Rührfische - 2 Heizrührer - 25 mL Messpipette - 2 Keramikschälchen Versuchsaufbau: 2 0o 20o Dimr o thkü hle r 2 5 0 mL Z w eih a ls r u nd ko lbe n NS1 4 7 o 5 00 m L K r is ta llis ie r s c h a le Ölbad Heiz r üh r e r 1 00 12 0 80 60 1 40 40 o C 16 0 ^ Durchführung/Beobachtung: Die Apparatur wird wie oben gezeigt in doppelter Ausführung aufgebaut. Nun gibt man in jeden Kolben 25 mL Xylol. Die Heizrührer werden so eingestellt, dass Xylol einmal eine Temperatur von ca. 120 °C (Kolben A) und im anderen Kolben eine Temperatur von ca. 140 °C (Kolben B) hat. Dabei müssen die Heizrührer entsprechend höher gestellt werden (Bitte darauf achten, dass die Kühlung stets läuft). In ein Keramikschälchen gibt man eine Mischung von feinem PE-Granulat und grobem PP- und PET-Granulat. In einem zweiten Schälchen stellt man eine Mischung aus feinem PP- und grobem PET-Granulat bereit. Nun gibt man die Mischung aus PP, PE und PET in das 120 °C heiße Xylol. Die Mischung aus PP und 10 PET wird in das 140 °C heiße Xylol gegeben. Schon nach einer Minute verfärbt sich die Lösung in Kolben A von farblos hin zu blau und in Kolben B von farblos hin zu orange. Nach zwei Minuten sind in Kolben A nur noch PP- und PET- und in Kolben B nur noch PET-Granulat zu sehen. Nun werden die Heizrührer ausgestellt und das Ölbad abgesenkt. Die Kühlung lässt man jedoch noch einige Minuten laufen. Auswertung/Hintergrund: SD steht für „selective dissolution“. Das bedeutet selektives Auflösen. Als Lösungsmittel wird ein Gemisch aus Xylol verwendet: CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 p-Xylol m-Xylol o-Xylol Xylol ist ein gutes Lösungsmittel für viele Kunststoffe. Es besitzt durch die Kohlenstoffketten unpolaren, aber durch den Aromaten auch polaren Charakter. Die Trennungsmethode des SD-Verfahren beruht darauf, dass sich die einzelnen Kunststoffe bei verschiedenen Temperaturen in Xylol lösen: ~ 160 °C PVC ~ 145 °C PET ~ 125 °C PP ~ 110 °C PE ~ 20 °C PS Um ein Gemisch aus diesen Kunststoffen zu trennen, geht man wie folgt vor: Eine Xylol-Lösung wird auf ca. 100 °C erwärmt. Nun gibt man das Gemisch hinzu und wartet, bis sich Polystyrol komplett gelöst hat. Dann wird die Lösung abgezogen und neues Xylol hinzugegeben. Nun erwärmt man auf 120 °C und wartet bis sich 11 Polyethylen komplett gelöst hat und zieht diese Lösung wieder ab. Dieses Verfahren wird wiederholt, bis nur noch ein Kunststoff übrig bleibt. Beim Abkühlen der abgezogenen Lösungen fallen die Kunststoffe als hochreines Pulver wieder aus. Bleibt zu klären, warum sich die einzelnen Kunststoffe bei verschiedenen Temperaturen lösen. Das liegt an den unterschiedlich starken Anziehungskräften in den jeweiligen Polymerketten. Dazu betrachten wir beispielhaft Polyethylen und Polyvinylchlorid: H Cl H C Cl C C H C H H H n Polyvinylchlorid Polyethylen Die zwischen den Polyethylenketten wirkenden Van-der-Waals Kräfte sind deutlich schwächer als die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Polyvinylchloridketten. Daher sind diese erst bei höherer Temperatur und der damit höheren Kettenbewegung in Lösung zu bringen. Dagegen kann Polyethylen sehr leicht in Lösung gebracht werden. Abschließend bleibt zu sagen, dass das SD-Verfahren ein sehr sauberes, aber auch ein sehr teures Trennungsverfahren ist und nur bedingt zum Einsatz kommt. 2.1.3 Fazit zu Kunststoffabfällen Zurzeit wird sehr scharf über die Sinnhaftigkeit des „Duales System Deutschland“ und des „grünen Punktes“ diskutiert. Zum einen fragen sich viele Bürger, warum eine Shampooflasche aus PE mit dem grünen Punkt darauf in den gelben Sack gehört, und eine andere Shampooflasche aus PE, die nicht mit dem grünen Punkt gezeichnet ist, in den Restmüll gehört. Diese Frage ist auch durchaus berechtigt. Denn eigentlich sollte man ja alle Kunststoffabfälle im Kunststoffmüll sammeln und nicht nur die mit einem grünen Punkt darauf. Außerdem hat man in Großstädten festgestellt, dass sich der Inhalt einer Restmülltonne vom Inhalt des Kunststoffmülls 12 nicht mehr unterscheidet. Daher ergibt sich von Seiten der Politik die Überlegung den kompletten Müll unsortiert einzusammeln und erst danach zu sortieren. Die gesparten Kosten können dann in bessere Sortiermaschinen investiert werden. Außerdem wird dem DSD vorgeworfen, einen Großteil der Abfälle in Verbrennungsanlagen zu entsorgen und nicht ernsthaft darum bemüht zu sein, bessere Verwertungsquoten zu erzielen. Ein weiteres Problem stellen Trittbrettfahrer da. Das sind solche Unternehmen, die keine Lizenzgebühr an das DSD bezahlen, jedoch z.B. deren Verpackungen ebenfalls von den Bürgern in den gelben Sack gegeben werden. Diese Unternehmen bieten an, den Müll zurück in ihre Verkaufstellen zu bringen, was aber kaum ein Bürger macht, da es viel bequemer ist, den unlizenzierten Müll einfach mit dem anderen Müll zu entsorgen. Dies von Seiten der Politik zu kontrollieren ist sehr schwer. Daher haben aber die angesprochenen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen, die sich am DSD beteiligen, da sie kaum Kosten für die Beseitigung der Abfälle haben. Auf diesem Gebiet wird es wohl in den nächsten Jahren einige Veränderungen von Seiten der Politik geben müssen. 13 3. Recyclingverfahren 3.1 Werkstoff – Recycling 3.1.0 Einleitung Werkstoff-Recycling ist ein physikalisches Recycling. Das bedeutet, dass Altkunstoffe zu neuen Formteilen umgeschmolzen werden, jedoch chemisch keine Veränderung der Kunststoffe vorgenommen wird. Werkstoffrecycling ist sehr effektiv, wenn die Altkunststoffe sortenrein und sauber vorliegen. Dies ist bei Produktions- und Verarbeitungsabfällen, bei Transportverpackungen oder Werkstoffabfällen der Fall. Dort halten sich die unvermeidlichen Eigenschaftsverschlechterungen (Downcycling) in Grenzen. Dazu liegt der energetische Aufwand gering und die Rezyklate finden einen Markt. Für Styropor gibt es schon lange deutschlandweit Sammelstellen. Im nächsten Versuch wird die Wiederaufarbeitung von Styropor durchgeführt. 3.1.1 Versuch 2: Polystyrol lösen und wieder aufschäumen Chemikalien: - Styropor - Essigsäureethylester (F, Xi, R: 11-36-66-67; S 16-26-33) - Pentan (F, Xn, N R: 51/53-65-66-67; S 9-16-29-33-61-62) - Ention. Wasser Geräte: - Heizrüher mit Rührfisch - Pinzette - Uhrglas - 2x 250 mL Becherglas - 50 mL Becherglas - Waage - Messer - Messzylinder 50 mL 14 Durchführung/Beobachtung: 200 ml Wasser werden in einem Becherglas mit der Heizplatte bis zum Sieden erhitzt. In 10 mL Essigsäureethylester wird 1 g Styropor gelöst. Eindrucksvoll ist, wenn man sich vorher eine Styroporsäule ausschneidet und diese dann in den Essigsäureethylester drückt und diese verschwindet. Nun legt man 100 mL Pentan vor und gibt die Essigsäureethylesterlösung hinzu. Das Becherglas wird kurz geschwenkt und nun fischt man mit einer Pinzette aus der trüb gewordenen Lösung einen Klumpen heraus und legt diesen für ca. 20 Sekunden auf ein Uhrglas. Danach wird dieser in das siedende Wasser gegeben. Man kann beobachten, wie sich wieder eine Schaumstruktur ausbildet. Auswertung/Hintergrund: Essigsäureethylester Polystyrol Pentan O H3C O CH3 n Betrachtet man die Strukturformeln von Polystyrol und Essigsäureethylester, stellt man fest, dass beide mäßig polar sind. Gemäß „Ähnliches löst sich in Ähnlichem“ löst sich Polystyrol in Essigsäureethylester. Pentan ist unpolar und ist ein deutlich schlechteres Lösungsmittel für Polystyrol. Gibt man nun die Essigsäureethylesterlösung mit dem gelösten Styropor in einen Überschuss von Pentan, so fällt das Polystyrol wieder aus, da durch „Verdünnen“ der Essigsäureethylesterlösung die einzelnen Polystyrolketten nicht mehr solvatisiert werden können und das Pentan das Zusammenlagern nicht verhindern kann. Der herausgefischte Klumpen wird kurz auf ein Uhrglas gelegt, damit das anhaftende Pentan verdampfen kann. Jedoch ist Pentan in den Poren des ausgefallenen Polystyrols eingelagert. Dieses verdampft durch das siedende Wasser,bläht somit die Poren auf und man erhält wieder eine Schaumstruktur. 15 3.1.2 Demo 3: Umschmelzen Chemikalien: - PE-Granulat - Silikonöl - Alufolie Geräte: - Plätzchenbackform (Stern) - Heizrührer - Heißluftfön - Spatel Durchführung/Beobachtung: Man kleidet eine Plätzchenbackform, z.B. einen Stern mit Alufolie aus und schmiert die Form mit Silikonöl komplett und reichlich ein. Nun gibt man 5 g PE-Granulat hinein. Die Form wird nun auf die ca. 200 °C heiße Heizplatte gestellt. Zusätzlich wird mit einem Heißluftfön von oben geheizt. Nach ca. 10 Minuten sind die PE-Stücke weich genug und man kann sie mit einem Spatel (eingeölt) passend in die Form drücken. Die Form wird anschließend mit Eiswasser abgeschreckt und man kann den fertigen PE-Stern herausnehmen. Auswertung/Hintergrund: Dieser so hergestellte Stern zeigt die übliche Vorgehensweise des werkstofflichen Recyclings. Die sortenreinen Altkunststoffe werden gesammelt, eingeschmolzen und in die gewünschte Form gebracht. Dabei ist darauf zu achten, dass man die Verarbeitungstemperatur einhält. Erreicht man sie nicht, ist keine Verformung möglich. Überschreitet man sie, zersetzt sich der Kunststoff. Jedoch ist dieses Verfahren sehr eingeschränkt. Die Kunststoffe müssen sortenrein sein. Man könnte auch meinen, man könne niedere Produkte, wie die viel zitierte Parkbank, aus einem Kunststoffabfallgemisch formen. Dabei treten jedoch folgende Probleme auf. Vermischt man einen bruchfesten Kunststoff mit einem weniger bruchfesten Kunststoff, so erhält das neue Gebilde ungewollte und vor allem unkontrollierbare 16 Bruchstellen. Diese ergeben sich daraus, dass die gemischten Kunststoffe sich wieder entmischen und an den „Schnittstellen“ leicht brechen. Dazu ist die Verarbeitung von manchen Kunststoffgemischen überhaupt nicht möglich. Zum Beispiel PVC zersetzt sich, bevor PP überhaupt seine Erweichungstemperatur erreicht hat. 3.1.3 Versuch 3: PE aus Tetrapack Chemikalien: - Ethanol (F, R: 11; S 7-16) - Tertapackschnipsel - Tert-Butylbenzol - Aktivkohleabsorber Geräte: - Heizrührer mit Rührfisch - Büchnertrichter mit Filterpapier - 2x 250 mL Enghalserlenmeyerkolben - Durchbohrter Stopfen Versuchsaufbau: Aktivkohleabsorber 300 Erlenmeyerkolben 250 300 mL 200 150 100 100 120 80 60 140 40 o C Heizrührer 160 ^ 17 Durchführung/Beobachtung: In einen 250 mL Enghalserlenmeyerkolben werden 20 mL tert-Butylbenzol und 1 g Tetra-Pack-Schnipsel gegeben und dieser dann mit einem Aktivkohlabsorber verschlossen. Die Mischung wird 15 Minuten bei 120 °C gerührt. Dann haben sich Papier und Aluminium voneinander getrennt. PE und etwas Farbstoff ist in Lösung gegangen. Die Lösung wird nun in einen mit 100 mL Ethanol gefüllten Erlenmeyerkolben filtriert. Man erhält sofort einen weißen Niederschlag. Nach einigen Minuten agglomeriert der Niederschlag zu weißen Flocken. Auswertung/Hintergrund: Polyethylen ist sehr beständig gegen Wasser, Säuren und Laugen und wird daher oft in Getränkekartons eingesetzt. Ein Tetra-Pack ist ein Verbundstoff aus Aluminium, Papier und Polyethylen. In diesem Versuch wird PE aus einem Tetra-Pack isoliert, um es anschließend wieder verwenden zu können. Die Versuchserklärung ist anlog zu der in Versuch 2. Wieder gilt „Ähnliches löst sich in Ähnlichem“. HO n Tert. -Butylbenzol Polyethylen Ethanol Tert-Butylbenzol und Polyethylen sind beide unpolar und PE geht in Lösung. Aluminium und Papier bleiben als Feststoff erhalten und können so durch Filtration abgetrennt werden. Gibt man nun die Lösung in einen Überschuss von Ethanol, fällt PE aus, da Ethanol ein mäßig polares Lösungsmittel ist, PE nicht solvatisiert und damit nicht in Lösung hält. 3.1.4 Fazit zum werkstofflichen Recycling: Werkstoffliches Recycling ist sehr effektiv und hat sich bewährt, wenn man große Mengen, an wenigen Orten anfallende, sortenreine Altkunststoffe hat. Kosten und 18 aufzuwendende Energie sind gerechtfertig. Schwierig ist hingegen die Handhabung von gemischten Altkunstoffen. Dort kommt das werkstoffliche Recycling oftmals an seine Grenzen. Sortenrein zu sammeln ist wie oben schon ausgeführt zu teuer. Daher werden wir uns nun zwei weitere Recyclingmethoden anschauen. 19 3.2. Rohstoffliches Recycling 3.2.1 Einleitung: Beim rohstofflichen Recycling werden Altkunststoffe in ihre Ausgangssubstanzen oder in chemisch/petrochemische Rohstoffe gespalten. Diese können dann wieder ohne Eigenschaftsverschlechterung zur Herstellung von Kunststoffen oder anderen Produkten benutzt werden. Dabei gibt es verschiedene Verfahren, von denen wir uns die wichtigsten hier anschauen werden. 3.2.2 Solvolyse: Kondensationspolymere wie PET, PA (Polyamid) oder PUR (Polyurethan) lassen sich durch spezielle Lösungsverfahren mit Wasser oder Alkoholen zurück in ihre Monomere spalten. Wir werden nun eine Solvolyse am Beispiel vom Polyester PET anschauen: PET = Polyethylenterephthalat O O O O n PET wird schon lange für Textilien und Folien benutzt. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist in den letzten Jahren dazu gekommen, die Herstellung von Flaschen. Gibt man zu PET wässrige Natronlauge erfolgt eine alkalische Esterspaltung: Das Hydroxid-Ion greift Verschiebung von Terephthalsäure. nucleophil am Kohlenstoff Elektronendichten Das di-Ethanolat entsteht ist sehr der Estergruppe an. formal ein di-Ethanolat instabil und wird Durch durch und die Terephthalsäure zum Ethylenglykol protoniert. Durch Ansäuern mit Salzsäure wird die Terephthalsäure zurück erhalten. PET kann durch diese Reaktion wieder in seine Ausgangsstoffe gespalten werden. Die so hergestellte Terphthalsäure und das Ethylenglykol können ohne Einschränkungen wieder für die Produktion von PET eingesetzt werden. 20 O O O O O O O NaOH / H 2O O OH n n O + + Na OH Na O n O + n HO O + +H /-H + O n OH HO + O + n Na O O + Na HCl / H 2O O n OH HO + O + n HO Ethylenglykol 2 n NaCl OH Terephthalsäure 3.2.3 Hydrierung: Die Altkunststoffe oder Kunststoffabfälle werden bei ca. 350 °C abgebaut und anschließend bei 450 °C und 300 bar hydriert, das heißt, mit Wasserstoff gespalten. Bei diesen Bedingungen werden die Makromoleküle überwiegend in flüssige, 21 gesättigte Kohlenwasserstoffe gespalten. Vorteil der Hydrierung ist, dass man Mischkunststoffe und auch Kunststoffe aus dem Elektrobereich verwerten kann. 3.2.4 Thermolyse/Pyrolyse: Thermolyse bedeutet, dass die Altkunstoffe mit hoher Temperatur gespalten werden. Durch Einwirkung von Wärme werden die zerkleinerten Altkunststoffe zunächst verflüssigt. Eventuell vorliegendes Chlor, das vom sich zersetzenden PVC stammt, wird als Salzsäure abgetrennt. Die flüssigen Altkunststoffe werden weiter erhitzt und zersetzen sich. Dabei entstehen Gase und Öle im Verhältnis 1:1. 3.2.5 Versuch 4: Pyrolyse Chemikalien: - PP-Granulat - PE-Granulat - PS-Granulat - Glaswolle - Eis Geräte: - Schwerschmelzbares Reagenzglas mit durchbohrtem Gummistopfen - Stativmaterial - U-Rohr - Glasrohre - Bunsenbrenner - Schlauchstücke - 600 mL Becherglas - Hebebühne 22 Versuchsaufbau: U-Rohr Gew inkeltes Glasrohr mit Spitze PP/PE/PS 600 Eisbad 8 0 0 mL 400 Schw erschmelzbares Reagenzglas 200 Bunsenbrenner Hebeühne Durchführung/Beobachtung: Bei diesem Versuch sollte man darauf achten, die Apparatur möglichst klein zu gestalten. Das bedeutet kurze Verbindungsstrecken, ein kleines U-Rohr und auch kurze Glasrohre. Das spart viel Zeit und die gewünschte Entzündung der entstehenden Gase ist deutlich eindrucksvoller. Die Apparatur wird, wie oben dargestellt, im Abzug aufgebaut. Bevor man das gewinkelte Glasrohr mit der Spitze mit dem U-Rohr verbindet, wird etwas Glaswolle in den Bogen des Glasrohres geschoben, um zu verhindern, dass die Flamme sich in die Apparatur zieht. Zunächst wird das Kunststoffgemisch nur vorsichtig erwärmt, um das Reagenzglas nicht zu zerstören. Dann wird mit rauschender Flamme weiter erhitzt. Nach kurzer Zeit verflüssigt sich das Kunststoffgemisch und es steigt weißgelblicher Nebel auf. Im U-rohr entsteht eine gelbliche, zähe Flüssigkeit. Hat der Nebel das Glasrohr mit der Spitze erreicht, kann er dort entzündet werden. Dabei sollte man mit dem Bunsenbrenner noch etwa 10 Sekunden weiter erhitzen, um eine bleibende, gut sichtbare Flamme zu erhalten. Nun wird der Bunsenbrenner ausgeschaltet. Die Apparatur bleibt noch mindestens 15 Minuten im Abzug stehen, so dass sie abkühlen kann und keine Gase mehr entstehen. 23 Auswertung/Hintergrund: Bei einer Pyrolyse von PE/PP/PS entstehen Alkane, Alkene und auch Aromaten. Die ablaufenden Reaktionen werden nun am Beispiel PE betrachtet. Die hohen Temperaturen führen zu einem homolytischen Bindungsbruch von C-C und C-H Bindungen. Dabei entstehen lang- und kurz-kettige Radikale, sowie Bildung von Radikalen Wasserstoffradikale. R + CH 3CH 2CH 2 CH 2-R + CH 2CH 3 CH 3CH 2CH 2-R CH 2CH 2-R + CH 3 H+ CH 3CHCH 2-R Durch Rekombination von Radikalen erhält man nun sehr kurze bis sehr lange Kohlenwasserstoffe: Kombination von Radikalen + CH3 C 2H6 CH 3 CH2CH3 C3H8 + CH2CH2-R R R-CH 2CH 2-R Dazu entstehen neben Alkanen Alkan- auch undAlkene: Alkenbildung H H H3C CH H3C CH 2 CH 2 CH2 CH3 + H3C CH CH2 Propen Ethan H H H3C CH2 CH 2 H2C CH 2 H3C CH2 CH2 + H2C Propan CH2 Ethen 24 Reagiert zum Beispiel ein Ethylradikal mit Propylradikal, entsteht durch eine Wasserstoffradikalverschiebung vom Propyl- zum Ethylradikal, Ethan und Propen. Ebenso entsteht natürlich auch Propan und Ethen. Durch obige Reaktionen erhält man natürlich auch Diene und Dienophile, die unter einer 1,4 Diels-Alder-Cycloadditon zu einer cyclischen Verbindung reagieren. Bildung von cyclischen Verbindungen Dien Dienophil Diels - Alder - 1,4 Cycloaddition Bildung von aromatischen Verbindungen Aus der cyclischen Verbindung wird durch Eliminierung ein Aromat: - 2 H2 Die Pyrolyse findet im Reagenzglas statt. Dort werden die Kunststoffe erst verflüssigt Eliminierung und zersetzen sich dann. Durch die enorme Hitze werden die entstehenden Öle gasförmig und steigen mit den entstehenden Gasen auf. Diese Öle werden in der Kühlfalle verflüssigt und bleiben als zähe, gelbliche Flüssigkeit zurück. Die Gase strömen aus der Apparatur und können entzündet werden. Man erhält eine blaugelbliche Flamme. Diese Flamme dient als Nachweis, dass brennbare Gase, Alkane entstanden sein müssen. 25 3.2.6 Synthesegasherstellung Die Synthesegaserzeugung erfolgt durch ein Festbettdruckverfahren, bei dem ein Gemisch aus Braun- und Steinkohle mit Altkunststoffen zu einem Gemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff umgesetzt wird. Dieses Synthesegas wird zur Herstellung von Methanol verwendet. 3.2.7 Einsatz im Hochofenprozess Altkunststoffe können bei der Herstellung von Eisen erfolgreich eingesetzt werden. Dafür muss nur sichergestellt sein, dass der Chlorgehalt der Altkunststoffe unter 1,5 % liegt. Dies ist notwendig, da sonst die Apparatur durch das Salzsäure beschädigt wird. 3.2.8 Versuch 5: Eisenherstellung Chemikalien: - Fe2O3 - PE-Granulat Geräte: - Reagenzglasklammer - Reagenzglas - Magnet - Bunsenbrenner - Seil 26 Versuchsaufbau: Seil Reagenzglas Magnet Durchführung/Beobachtung: Ein Reagenzglas wird 3 cm hoch mit Fe2O3 und 3 PE-Granulatperlen gefüllt und geschüttelt. Nun wird das Reagenzglas bis zur Röte geglüht und die Röte wird noch etwa 30 Sekunden gehalten. Nach kurzem Abkühlen wird das Reagenzglas in die Nähe des Magneten gebracht, welcher sich daraufhin zum Reagenzglas hin bewegt. Auswertung/Hintergrund: Dass der Magnet auf das Reagenzglas reagiert ist der Nachweis, dass Eisen entstanden sein muss. Wie bei der Synthesegasherstellung wird zu Beginn das PEGranulat mit dem Luftsauerstoff zu Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff umgesetzt: CO2 H2 Altkunststoffe O2 Das entstandene CO2 reagiert mit verbleibenden oder neu hinzu gegebenen Altkunststoff zu Kohlenmonoxid: 2 CO Altkunststoff CO2 Das Kohlenmonoxid reduziert nun das Eisenoxid zu elementaren Eisen. 27 Auf die einzelnen Reaktionsgleichungen werde ich hier nicht genauer eingehen. Ziel des Versuches war zu zeigen, dass Altkunststoffe direkt einen Teil des Schweröls, das ansonsten zur Herstellung von Eisen eingesetzt wird, ersetzen können. 3.2.9 Fazit zum rohstofflichen Recycling Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen haben sich vor allem der Hochofenprozess und die Vergasung zu Synthesegas bewährt. Durch das rohstoffliche Recycling können große Mengen, auch vermischter Abfälle, verwertet werden. Sortieren und Reinigen entfällt weitestgehend und ermöglicht somit eine Kosteneinsparung. Außerdem wird bei der Synthesegasherstellung die Shredderleichtfraktion aus der Altautoverwertung mit einem Kunststoffanteil von ca. 30 % erfolgreich eingesetzt. Dies ist natürlich ein großer Vorteil, da sonst nur die Verbrennung dieser Kunststoffe als Verwertung bleiben würde. Dazu kommt, dass die Produkte des rohstofflichen Recyclings praktisch uneingeschränkt wieder eingesetzt werden können. 28 3.3 Energetische Verwertung: 3.3.1 Einleitung: Energetische Verwertung bedeutet, dass die Altkunststoffe/Kunststoffabfälle unter Nutzung der freiwerdenden Energie verbrannt werden. Dies geschieht in Müllverbrennungsanlagen, in Heizkraftwerken oder zum Beispiel auch bei der Zementherstellung. Kunststoffe sind „schnittfestes Erdöl“ und haben somit auch den gleichen Heizwert wie Erdöl. Erdöl wird zum Heizen benutzt. Daher ergibt sich die Frage, warum man Altkunststoffe/Kunststoffabfälle nicht auch zum Heizen benutzen sollte. Gesondert wollen wir uns an dieser Stelle mit dem Kunststoff PVC beschäftigen. H Cl H C H Cl C C C H Cl C H H C H H H n PVC ist vielseitig anwendbar und gut verarbeitbar. Jedoch wirft PVC erhebliche Entsorgungsprobleme auf. 3.3.2 Versuch 6: Verbrennen von PVC Chemikalien: - PVC-Stücke - AgNO3 (w=1 %) (C,N; R: 34-50/53; S: 26-45-60-61) - pH-Papier Geräte: - Tiegelzange 29 - Pinzette - 2 Reagenzgläser - Bunsenbrenner - Durchbohrter Glasstopfen - Glasrohre - Stativmaterial Versuchsaufbau: Reagenzglas mit PVC Reagenzglas mit Silbernitrat Bunsenbrenner Durchführung/Beobachtung: a) Mit der Tiegelzange wird ein Stück PVC in die Flamme des Bunsenbrenners gehalten, so dass das PVC-Stück selbst zu brennen beginnt. Nun wird ein angefeuchtetes pH-Papier mit einer Pinzette in die entstehenden, schwarzen Dämpfe gehalten, welches sich daraufhin rot färbt. b) In ein Reagenzglas gibt man einige PVC-Stücke. In ein weiteres Reagenzglas gibt man 10 mL einer frisch zubereiteten AgNO3-Lösung (w= 1 %). Die Apparatur wird wie oben gezeigt aufgebaut. Nun wird mit dem Bunsenbrenner erhitzt. Es steigen weiße Dämpfe auf. Im zweiten Reagenzglas bildet sich ein weißer Niederschlag. Der Bunsenbrenner wird abgestellt. 30 Auswertung/Hintergrund: Die Verarbeitungstemperatur von PVC liegt zwischen 150 und 210 °C. Beim Erhitzen mit dem Bunsenbrenner wird dieser Bereich deutlich überschritten, so dass sich PVC zersetzt: H H H H C C C C H H H H + HCl C C H Cl Die Zersetzung ist eine Eliminierungsreaktion, bei der Salzsäure abgespalten wird. Eine E2 artige Eliminierung ist durchaus möglich, da der 180° Torsionswinkel zwischen dem Chloratom und dem Wasserstoffatom gegeben ist. Jedoch scheint mir eine E1 artige Eliminierung wahrscheinlicher, da Chlorid eine passable Abgangsgruppe ist und das verbleibende sekundäre Carbokation recht stabil ist. E1cb scheidet völlig aus, da keine Base gegeben ist, die ein Proton abstrahieren könnte. Die rote Farbe des Indikatorpapiers aus Versuch a) zeigt an, dass eine Säure entstanden sein muss. Um zu klären, ob es dabei wirklich um Salzsäure handelt, dient Versuch b): 1 1 1 5 2 HCl(g) AgNO3(aq) 1 1 1 5 2 AgCl(s) HNO3(aq) Durch Einleiten der Verbrennungsdämpfe erhält man einen weißen Niederschlag in der AgNO3 Lösung. Salzsäure und Silbernitrat reagieren zu Salpetersäure und Silberchlorid, welches schwerlöslich ist und als weißer Niederschlag ausfällt. Bleibt zu klären, woher die schwarzen Verbrennungsdämpfe in Versuch a) kommen. Durch die hohen Temperaturen findet nicht nur eine Zersetzung, sondern auch eine Verbrennung des PVC statt: PVC O2 4 2 2 2 0 1 1 CO2(g) CO(g) C(s) HCl(g) H2O(g) 31 Dabei entsteht neben Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Salzsäure und Wasser auch elementarer Kohlenstoff, der als schwarzer Dampf (Ruß) zu sehen ist. 3.3.3 Fazit zur energetischen Verwertung: Obwohl man mittlerweile viele Recyclingverfahren entwickelt hat, ist die Verbrennung von Altkunststoffen unter Energiegewinnung zweifellos ökologisch und ökonomisch unverzichtbar, zumal es immer Kunststofffraktionen geben wird, die stofflich nicht sinnvoll zu verwerten sind. Dazu zählen auch umwelt oder arbeitshygienisch bedenkliche Altkunststoffe, wie zum Beispiel Benzinkanister oder Altkunststoffe, die mit anderen Materialien einen engen Verbund bilden, wie zum Beispiel Kunststoffe aus dem Elektrobereich. Für derartige Altkunststoffe ist die Verbrennung unter Nutzung des Energiegehalts der einzig vernünftige Verwertungsweg. Daher wurde 1998 die energetische Verwertung erstmals als Verwertung und nicht als Beseitigung von Altkunststoffen angesehen. Aufwendig hingegen ist die Abgasreinigung. Die entstehenden Verbrennungsgase sind sehr giftig und müssen gereinigt werden. Dabei ist besonders Vorsicht geboten, da bei der Verbrennung Dioxine und Furane frei werden. Dioxine und Furane sind um ein vielfaches giftiger als Cyanide. In den 80er Jahren waren Müllverbrennungsanlagen das Symbol für Vergiftung der Umwelt. Die Bürger wehrten sich gegen die „Dioxin-Schleudern“ am Stadtrand. Heutzutage werden Deutschlandweit etwa 0,5 g Dioxine und Furane durch Müllverbrennungsanlagen ausgestoßen. Zum Vergleich: Kamine und Kachelöfen tragen rund 20-mal mehr Dioxine in die Umwelt. 32 4. Fazit: Seit den 50er Jahren haben Kunststoffe ein beispielloses Wachstum erfahren. Aufgrund ihrer hervorragenden technischen Eigenschaften und vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind sie mittlerweile führend in vielen Anwendungsgebieten. Daher wurde in den letzten Jahren enorme Aufbauarbeit bei der Verwertung von Kunststoffen geleistet. Heutzutage existiert für jeden Altkunststoff ein geeignetes RecyclingVerfahren. Mit entsprechendem Aufwand und Kosten kann jeder Altkunststoff recycelt werden. Jedoch stellt sich die Frage, ob dem Aufwand und den Kosten ein entsprechender Nutzen gegenübersteht. Die erste Frage sollte sein, ob die Rezyklate einen Markt finden. Oftmals gehen mit dem Recyceln Eigenschaftsverschlechterungen einher, so dass die Rezyklate nicht mehr für das Produkt eingesetzt werden können. Dazu muss der Preis des Rezyklates unter dem der Neuware liegen, da sonst Niemand das Rezyklat verwenden wird. Dabei muss man beachten, dass einen Großteil der Kosten nicht durch das eigentliche Recycelverfahren verursacht wird, sondern durch das vorhergehende Sammeln, Sortieren und Reinigen. Daher muss man schauen, wie, in welchen Mengen und wo der Kunststoffabfall anfällt. Dieses sind nur einige Fragen, die man beachten muss um eine effiziente aber auch umweltschonende Verwertung realisieren zu können. Eine ganz andere Frage ist die nach den politischen Rahmenbedingungen. Die gesetzlichen Vorgaben können Impulse, aber auch Einschränkungen für die Weiterentwicklung der Verwertungstechnologien geben. Es sollte nicht vergessen werden, dass erst durch die Verpackungsordnung, die zur Einführung des Dualen Systems und der Lizenzgebühr für den Grünen Punkt führte, in Deutschland die Vorraussetzungen für eine Verwertung von Verpackungen im großen Stil geschaffen wurden. Jedoch bleibt zu sagen, dass die Politik die Ausrichtung an Ökoeffizienzkriterien teilweise behindert, da die Verwertungswege vorgegeben werden und nicht die Ziele. Vergleicht man die Verwertungsverfahren mit der Deponierung, so entlasten alle Verfahren die Umwelt und schonen Primärressourcen. 33 Rohstoffliches Recyceln und energetische Verwertung sind ökologisch, aber auch ökonomisch sinnvoll. Beide Verfahren haben Vorteile gegenüber dem werkstofflichen Recyceln wenn es um die Verwertung der Sammlungen des DSD geht. Werkstoffliches Recyceln weist nur dann ökologische und ökonomische Vorteile gegenüber den rohstofflichen und energetischen Verfahren auf, wenn Neuware zu fast 100 % durch das Rezyklat ersetzt werden kann und der Aufwand für vorheriges Sammeln und Sortieren vertretbar bleibt. Nach wie vor ist eine Werkstoff-Recyclingquote in der Verpackungsordnung zu finden und damit auch die Vorgabe von Verwertungswegen durch die Politik. Mir erscheint es jedoch sinnvoller, die Verwertung würde sich allein nach ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten richten. Natürlich sollte gesetzlich geregelt sein, dass eine Verwertung erfolgen muss und die Abfälle nicht deponiert werden dürfen, aber mehr auch nicht. Bleiben die Verwertungsquoten bestehen ist meiner Meinung nach keine optimale Verwertung möglich. 34 5. Schulrelevanz: Kunststoffrecycling ist seit den 70er Jahren ein stets aktuelles Thema, aber besonders jetzt im Moment, da die Bilder aus Italien, Neapel durch die Presse gehen und eine völlig „zugemüllte“ Stadt zeigen. Dazu kommt, dass der Preis für Rohöl enorm ansteigt und damit natürlich auch der Preis für Kunststoffe. Aus diesen Gründen ist man sowohl von der Politik wie auch von Seiten der Wirtschaft an einer effizienten Verwertung von Abfällen interessiert. Daher ergeben sich fächerübergreifende Zusammenhänge. Es ist zum Beispiel interessant zu sehen, wie die Wirtschaft auf Gesetze der Politik reagiert. Außerdem hat jeder Schüler jeden Tag mit Verpackungen oder sonstigen Abfällen zu tun und somit ist der oft geforderte Alltagsbezug gegeben. Zusätzlich kann man Recycling von Abfällen auch beim Thema Umwelt/Klimaschutz ansprechen. Dabei kann man Bezug darauf nehmen, dass organische Abfälle nicht mehr ohne Vorbehandlung auf Deponien gelagert werden dürfen. Dazu kann man sich anschauen, wie Verwesungs- bzw. Verfaulungsgase entstehen und warum sie so schädlich für die Umwelt sind. Ein Stichwort sollte in diesem Zusammenhang Methanemission sein. Natürlich sollte die Verwertung von Kunststoffen auch ein Thema sein, wenn man die Herstellung von Kunststoffen bespricht. Dabei bietet sich zum Beispiel die oben besprochene Solvolyse von PET an, die eine typische Verseifungsreaktion darstellt. Konkret wird Kunststoffrecycling im hessischen Lehrplan an folgenden Stellen angesprochen: Hessischer Lehrplan: 7G.1: Mülltrennung GK11.1/LK11.1: Kunststoffabfälle, Pyrolyse GK11.2/LK11.2: Kunststoffe, Umweltprobleme bei der Herstellung und Entsorgung 35 6. Literatur: - Skript des Lehrerfortbildungskurs zum Thema: „Kunststoffabfälle, ein Problem für die Umwelt und ein Thema in der Schule“. Universität Marburg, Autoren: Andreas Noll, Elisabeth Rickelt, Michael Schween - NiU-Chemie 7 (1996) Nr. 32 S. 42-47 - Chemie in unserer Zeit / 34.Jahrg 2000 / Nr. 5 - http://www.axel-schunk.net - http://www.chemieunterricht.de/ - http://wikipedia.de - Unterricht Chemie / 14 / 2003 / Nr.73 - Kunststoffrecyclingexperimentalvortrag Goebel 1994 Uni-Marburg - www.Chids.de - www.bmu.de - http://plasticker.de - http://pz.bildung-rp.de - http://www.umweltbundesamt.de - http://www.chemieexperimente.de/ - http://www.gruener-punkt.de - http://www.berlin-sammelt.de - http://www.tagesschau.de/ - http://www.focus.de/ - http://www.ask-eu.de - www.Bild.de 36