Grüne Infrastruktur – Aufwertung des europäischen

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ENVE-V-039
103. Plenartagung vom 7.-9. Oktober 2013
STELLUNGNAHME
Grüne Infrastruktur – Aufwertung des europäischen Naturkapitals
DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

hebt die wichtige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Festlegung und
Umsetzung der Initiative hervor und fordert sie auf, in allen einschlägigen Politikbereichen und
insbesondere über ihre Raum- und Stadtplanungskompetenz im Hinblick auf die Planung und
Organisation einer grünen Infrastruktur aktiv zu werden; unterstreicht, dass der Schlüssel zum
Erfolg bei der Umsetzung einer grünen Infrastruktur darin besteht, dass die Grundsätze der MultiLevel-Governance wirksam angewandt werden und sich alle Akteure und Interessenträger
beteiligen;

fordert die Kommission auf, so bald wie möglich konkrete Umsetzungsleitfäden für die
Einbeziehung der grünen Infrastruktur in die verschiedenen EU-Politikbereiche zu erstellen;
fordert zusätzliche technische Daten zur grünen Infrastruktur in Städten; spricht sich dafür aus,
die grüne Infrastruktur in den europäischen Referenzrahmen für nachhaltige Städte sowie in das
künftige Stadtentwicklungsnetz aufzunehmen;

hebt hervor, dass die Modalitäten für die Integration der grünen Infrastruktur sowie ihr Vorrang
dringend in den Partnerschaftsvereinbarungen und operationellen Finanzierungsprogrammen
festzulegen sind, denn diese werden derzeit für die Kohäsions- und Strukturfonds 2014-2020
ausgearbeitet;

fordert die Kommission dazu auf, die Forderungen nach Vermeidung von Nettoverlusten an
Artenvielfalt und Ökosystemleistungen in EU-Recht umzusetzen; ruft die Kommission dazu auf,
die Finanzierungsmaßnahmen der EU weiterhin und stärker als bisher an die Erfüllung von
Umweltschutzauflagen und den Schutz der Artenvielfalt zu knüpfen; schlägt vor, zusätzlich zu
diesem Finanzierungsinstrument einen bestimmten Prozentsatz aller EU-Mittel für die
Finanzierung grauer Infrastruktur in einen Biodiversitätsfonds einzuzahlen;

begrüßt die Ankündigung, dass sich die Kommission gemeinsam mit der EIB bis 2014 bemühen
wird, eine spezielle EU-Finanzierungsfazilität für Projektträger zu gründen, die grüne InfrastrukturProjekte entwickeln wollen; spricht sich dafür aus, dass die lokalen und regionalen
Gebietskörperschaften an dessen Festlegung beteiligt werden;

ist sehr erfreut über das Projekt TEN-G und spricht sich dafür aus, dass TEN-G im gleichen Maße
wie die Verkehrs-, Energie-, Informationstechnologie- und Kommunikationsnetze als im Interesse
der Gemeinschaft anerkannt wird, und ruft die Kommission dazu auf, die Möglichkeiten einer
europäischen Rechtsetzung in diesem Bereich zu sondieren.
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DE
-1-
Berichterstatterin
Annabelle JAEGER (FR/SPE), Mitglied des Regionalrates von Provence-Alpes-Côte d'Azur
Referenzdokument
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Grüne Infrastruktur (GI) — Aufwertung des
europäischen Naturkapitals
COM(2013) 249 final
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…/…
-2Stellungnahme des Ausschusses der Regionen
Grüne Infrastruktur – Aufwertung des europäischen Naturkapitals
I.
POLITISCHE EMPFEHLUNGEN
DER AUSSCHUSS DER REGIONEN
Allgemeine Bemerkungen
1.
begrüßt nachdrücklich die Mitteilung der Kommission "Grüne Infrastruktur (GI) —
Aufwertung des europäischen Naturkapitals", die einer entsprechenden Strategie der EU zu
dem Thema vorausgeht. Er sieht die darin enthaltenen Vorschläge als eminent wichtig an für
die Erreichung der europäischen Ziele, die bis 2020 für folgende Bereiche gesteckt wurden:
effiziente Ressourcennutzung, sozialer und regionaler Zusammenhalt, nachhaltiges und
intelligentes Wachstum, Attraktivität, Erhöhung der Artenvielfalt und der Qualität der
Landschaft, Schutz vor Naturgefahren, Verwirklichung eines nachhaltigen Stadtmodells,
Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort in kleinen und mittleren Unternehmen,
Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung und Bekämpfung von Ungleichheit; die
Vorschläge leisten zudem einen Beitrag zu den Zielen der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2020
und stehen im Einklang mit der Vogelschutzrichtlinie, der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und
der Konnektivität der Natura-2000-Gebiete1;
2.
erwartet, dass mit der künftigen Entwicklung grüner Infrastruktur in der EU dazu beigetragen
wird, Ziel 2 der EU-Biodiversitätsstrategie 2020 zu erreichen, das die Wiederherstellung von
mindestens 15% der bereits geschädigten Ökosysteme bis 2020 vorsieht; ferner soll ein
Beitrag dazu geleistet werden, in ganz Europa und nicht nur in den durch das Natura-2000Netz erfassten Gebieten den Verlust an Artenvielfalt und Ökosystemen aufzuhalten bzw.
Artenvielfalt und Ökosysteme wiederherzustellen;
3.
ist zudem der Ansicht, dass der Schutz der biologischen Vielfalt in den verschiedenen
Strategien und Programmen, die bislang auf internationaler, europäischer und nationaler
Ebene durchgeführt wurden, noch nicht ausreicht, um der Gefährdung der Artenvielfalt
gerecht zu werden; stellt fest, dass Einigkeit darüber besteht, dass die Produktions- und
Verbrauchsmuster in der Gesellschaft geändert werden müssen, da diese durch die Zerstörung
und Fragmentierung natürlicher Lebensräume und durch vielfältige Umweltverschmutzungen
die Hauptursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt sind und andernfalls die
erneuerten Verpflichtungen aus dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt und der
EU-Biodiversitätsstrategie 2020 ins Leere laufen würden;
4.
hebt daher die zentrale Rolle der Kommission als Impulsgeber für eine auf grüner
Infrastruktur basierte Querschnittsstrategie hervor. Die Gelegenheit, alle europäischen
1
CdR 22/2009 fin., CdR 112/2010 fin.
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…/…
-3Akteure – nationale, lokale und regionale Regierungen, Unternehmen, Forscher, Verbände
und Bürger – zu einem Interessenausgleich zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Biosphäre
zusammenzubringen, ist so günstig wie nie zuvor;
5.
zeigt sich angetan von der vorgeschlagenen Definition, die sowohl den Gedanken der
Konnektivität von Arten und Lebensräumen umfasst als auch die Qualität dieser Räume
einschließlich des städtischen Raumes unabhängig von ihrer Größe, die außerordentliche
Artenvielfalt in geschützten Lebensräumen ebenso wie in gewöhnlichen Lebensräumen,
natürliche Lösungen ebenso wie naturbasierte, menschengemachte Lösungen; würde sich aber
wünschen, dass diese Definition in den zu veröffentlichenden Umsetzungsleitlinien um die
Begriffe "Durchlässigkeit" und "Aufnahmefähigkeit für Lebewesen" erweitert und präzisiert
würde. Daher sollte der Nutzung und Schaffung ökologischer und funktionaler Vernetzungen
unabhängig von der Größe besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden;
6.
begrüßt, dass die zahlreichen positiven wirtschaftlichen, umweltbezogenen, dem Schutz vor
Gefahren dienenden und sozialen Aspekte funktionierender Ökosysteme anerkannt werden,
und hebt hervor, dass diese Dimension der Nützlichkeit für die Bereitstellung von Gütern und
Dienstleistungen, die dem Menschen zugutekommen, stets zur Verstärkung der ethischen
Dimension der Erhaltung der Natur und der biologischen Vielfalt berücksichtigt werden
sollte;
7.
weist darauf hin, dass zum einen das Konzept der grünen Infrastruktur naturgemäß die
Grenzen der Verwaltungen und Regionen überschreitet und zum anderen, dass die
Weiterentwicklung, Erhaltung oder Gefährdung dieses Konzepts in allererster Linie von der
Politik der Raumplanung und der Erhaltung der natürlichen Ressourcen der Mitgliedstaaten,
der Regionen und der Kommunen abhängig ist;
8.
begrüßt und unterstützt den umfassenden Ansatz, eine grüne Infrastruktur fest in den Kontext
einer Abmilderung des Klimawandels und der Anpassung daran zu verankern. Er hebt die
wichtige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Festlegung und
Umsetzung einer solchen Strategie hervor;
9.
ist der Auffassung, dass der Schutz, der Ausbau und die Erhaltung einer grünen Infrastruktur
mittel- und langfristig deutlich kostengünstiger ist als eine graue Infrastruktur, deren
Gesamtkosten auch die heute von der Gesellschaft mitgetragenen externen Kosten umfasst.
Von der Natur inspirierte oder auf der Natur basierende Lösungen in Synergie mit der
biologischen Vielfalt (Umwelttechnologie) sind weniger energieintensiv, weniger
anspruchsvoll in Bezug auf Unterhalt und Pflege als konventionelle Lösungen und daher
effizienter und nachhaltiger;
10.
weist drauf hin, dass die Vorbeugung einer Verschlechterung des Zustands der Ökosysteme
und die Wiederherstellung zerstörter Ökosysteme an allererster Stelle stehen müssen, denn
Maßnahmen zur Behebung der Folgen eines durch menschliche Einwirkung aus den Fugen
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-4geratenen ökologischen Gleichgewichts sind immer kostspieliger, langwieriger und vor allem
bezüglich ihrer Ergebnisse unsicherer;
11.
ist der Auffassung, dass eine ökonomische Bewertung der Ökosystemleistungen sich zwar im
Rahmen bestimmter Kosten-Nutzen-Analysen zur Abwägung zwischen gegensätzlichen
Zielen als nützlich erweisen kann, dass diese aber nicht ohne methodische Schwierigkeiten –
und in bestimmten Zusammenhängen ungeeignet – sind und in ethischer Hinsicht auch
Fragen aufwerfen. Daher ist hervorzuheben, dass zur Bewertung der Kosten des Rückgangs
der Artenvielfalt auch eine andere Methode existiert, nämlich die Berechnung der Kosten für
die Erhaltung des ökologischen Potenzials zur Wiederherstellung des Artenschwunds anhand
der Berechnung der Investitionskosten, die notwendig sind, um den Zustand der Artenvielfalt
im Hinblick auf eine dauerhafte Sicherstellung der Ökosystemleistungen zu erhalten oder zu
verbessern. Der Ausschuss der Regionen spricht sich dafür aus, der letztgenannten Methode
Vorrang einzuräumen;
12.
fordert alle Gemeinden und Regionen auf, in allen einschlägigen Politikbereichen und
insbesondere über ihre Raum- und Stadtplanungskompetenz im Hinblick auf die Planung und
Organisation einer grünen Infrastruktur aktiv zu werden;
13.
fordert die EU und die Mitgliedstaaten dazu auf, den Gemeinden und Regionen mit
angemessenen personellen, technischen und finanziellen Mitteln zur Seite zu stehen2;
Landwirtschaft, Wälder, Böden und Land
14.
ist der Ansicht, dass die Bekämpfung des Verlusts von Bodenfunktionen, der Intensivierung
des Flächenverbrauchs und der Bodendegradation bei der Raum- und Stadtplanung absolute
Priorität haben muss. Angesichts der Ausweitung von Städten muss auf einen "NullNettoverlust" an natürlichen Lebensräumen, Wäldern und Agrarflächen geachtet werden;
einige lokale und regionale Gebietskörperschaften haben die Konzepte der grünen
Infrastruktur und der Vermeidung von Nettoverlusten in unterschiedlicher Form bereits in
ihre Stadtplanung und die Raumplanung aufgenommen;
15.
weist zudem erneut darauf hin, dass er es begrüßen würde, wenn die Mitgliedstaaten die im
Hinblick auf die Verabschiedung eines gemeinsamen europäischen Rechtsrahmens zum
Schutz und zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit von Böden notwendige Debatte
wiederaufnehmen würden, da ein solcher Rechtsrahmen ein unverzichtbares Instrument für
die Bewältigung dieser äußerst wichtigen Aufgabe ist3;
16.
erinnert an den Beitrag der Forstwirtschaft zur grünen Infrastruktur, die entweder aktiver Art
(durch die Wiederherstellung von Netzen zusammenhängender Waldstücke oder durch
2
3
CdR 22/2009 fin, CdR 112/2010 fin.
CdR 112/2010 fin.
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…/…
-5ökologische Verwaltungspraktiken) oder passiver Art (durch Erhaltung von
Waldrandgebieten) sein kann. Insbesondere in Regionen, in denen der Wald sehr stark
zerstückelt und in Privatbesitz ist, sollten Waldbesitzerverbände eingerichtet werden, die sich
mit den entsprechenden Fragen befassen, und müssen die Regionen und Kommunen im
Hinblick auf eine grüne Infrastruktur mit Instrumenten zur Mobilisierung dieser privaten
Akteure in folgenden Bereichen ausgestattet werden: Landnutzung, Weiterbildung, technische
Unterstützung, gegenseitige Hilfe bis hin zur finanziellen Unterstützung;
17.
nimmt die von der EU im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik für 2014-2020 getroffenen
Beschlüsse zur Kenntnis und wirft die Frage auf, ob sich in diesen Bereichen bis 2020 eine
wirksame grüne Infrastruktur verwirkliche ließe. Der Ausschuss der Regionen bekräftigt, dass
die zuständigen Behörden tätig werden müssen und im Hinblick auf die Erhaltung und
Wiederherstellung der Artenvielfalt durch eine ökologische Gestaltung der Direktzahlungen
in den ökologisch wertvollen Gebieten, durch den ELER-Fonds und damit verbunden eine
kohärente ortsgebundene Ausrichtung von Agrarumweltmaßnahmen und eine entsprechenden
Mittelausstattung die grüne Infrastruktur zu einer Leitlinie ihrer Handlungsinstrumente
machen sollten; zugleich sollten die Behörden etwa durch Förderung der ökologischen
Landwirtschaft und der Agro-Forstwirtschaft Mittel zur Wiederherstellung der Artenvielfalt
in landwirtschaftlich genutzten Gebieten bereitstellen;
18.
ist im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft innerhalb
einer grünen Infrastruktur der Auffassung, dass die Entwicklung biologischer Baustoffe für
die Solidarität zwischen den ländlichen und den städtischen Regionen unerlässlich ist, da die
Nutzung traditioneller Baumaterialien in der Stadt und für die graue Infrastruktur eine
erhebliche Belastung für die ländliche Umwelt wie auch für die Meeresumwelt darstellt. Die
Verwendung von Holz und anderen Materialien, die Nebenerzeugnisse der Landwirtschaft
sind oder neben den üblichen Kulturen produziert werden (Stroh, Hanf, Leinen, Wolle u.ä.)
sollte zugunsten lokaler Interessenträger gefördert werden. Darum vertritt der AdR die
Ansicht, dass die Dynamik vor Ort unterstützt werden muss, insbesondere durch Beihilfen zur
Strukturierung der Lieferketten, durch Investitionen in die industrielle Verarbeitung, aber
auch durch eine Strukturierung des Marktes über vorbildhafte öffentliche Aufträge oder durch
Förderung von Verbrauchern, die lokale Produkte verwenden. Zur Bestimmung der
technischen Eigenschaften dieser Materialien sowie ihrer Produktionsbedingungen im
Hinblick auf die Wahrung der Ökosysteme sollten zudem Forschungsprogramme entwickelt
werden. Nicht zuletzt müssen auch die Verbraucher durch eine entsprechende Kennzeichnung
über die Herkunft und die Herstellungsbedingungen der Materialien informiert werden;
Gemeinsame Verantwortung aller Regierungsebenen
19.
unterstreicht, dass der Schlüssel zum Erfolg bei der Umsetzung einer grünen Infrastruktur
darin besteht, dass alle Regierungsebenen zusammenarbeiten, die Grundsätze der Multi-LevelGovernance wirksam angewandt werden und sich alle Akteure, alle Interessenträger und die
breite Öffentlichkeit auf lokaler Ebene an ihrer Konzipierung und Umsetzung beteiligen;
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-6-
20.
spricht sich für partizipative Vorgehensweisen aus, durch die an der Basis die notwendigen
und ergänzenden Initiativen entstehen und die von den Akteuren, die unmittelbar an der
Raumplanung und Raumnutzung beteiligt sind, also der örtlichen Bevölkerung4, angenommen
werden;
Eine neue Bürgerschaft
21.
weist auf die sehr nachdrückliche Forderung der Bevölkerung nach Natur in der Stadt hin, die
sowohl einem Bedürfnis nach Natur verschiedenster Art entspricht (Raum zur Entspannung
und für Freizeitaktivitäten, für gärtnerische und landwirtschaftliche Tätigkeiten, Landschaftsund Verschönerungselemente, wilde Natur usw.) als auch dem damit verbundenen Wunsch
nach Wohlbefinden, die aber auch im Zusammenhang steht mit der Gesundheit der
Stadtbewohner sowie der Bekämpfung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheit; von
entsprechenden Lösungen profitieren naturgemäß am meisten die jüngsten in der
Bevölkerung, aber auch ältere und benachteiligte Menschen;
22.
beobachtet mit Interesse die Initiativen von Bürgern im Zusammenhang mit grüner
Infrastruktur, insbesondere im städtischen und stadtnahen Raum (gemeinsame Erfassung der
Artenvielfalt, Beteiligung an der Ausweisung neuer städtischer Räume für biologische Vielfalt,
Nutzbarmachung brachliegender Flächen oder ungenutzter Gelände, Kollektivgärten usw.),
denn die Vernetzung zwischen diesen Räumen durch Wege, die für nichtmotorisierte
Fortbewegungsarten geeignet sind, ist entscheidend, um die Lebensqualität in den Städten zu
heben;
Potenzial für Innovationen und neue Berufszweige
23.
weist darauf hin, dass die grüne Infrastruktur Forschungs- und Innovationspotenzial birgt und
damit auch Entwicklungsmöglichkeiten für Planungsbüros bietet, etwa durch die Begrünung
von Wänden und Dächern oder ökologische Sanierung; macht jedoch darauf aufmerksam,
dass die Vorteile der grünen Infrastruktur, etwa im Zusammenhang mit der Anpassung an den
Klimawandel, von der Qualität ihrer Umsetzung abhängen. Gefördert werden sollten lediglich
funktionelle Lösungen, die an den Klimawandel und die biologische Vielfalt angepasst sind;
24.
unterstützt den Vorschlag der Kommission, die Risiken, die mit Innovationen durch
Finanzierungsinstrumente verbunden sind (wie etwa die Praxis der Risikoteilung), zu
reduzieren und unterstützt die Förderung von Projekten, die aus öffentlichen und privaten
Fonds finanziert werden;
25.
beobachtet mit Interesse die Entstehung neuer Berufe im Zusammenhang mit der grünen
Infrastruktur, wie etwa der des Umwelttechnikers für die Sanierung, Erhaltung und
4
CdR 112/2010 fin.
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-7Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme, und unterstreicht, dass auch die mittelbar
betroffenen oder abgeleiteten Berufszweige berücksichtigt werden müssen (Erzeugung von
Pflanzen, landwirtschaftliche Produktionsketten usw.). Die Regionen und Kommunen, die für
die wirtschaftliche Entwicklung Sorge tragen müssen, sollten diese für die Schaffung von
Arbeitsplätzen wichtige Dynamik begleiten und unterstützen;
26.
ist der Meinung, dass die grüne Infrastruktur auf Ökosystemen und von Menschen
geschaffenen Räumen beruht und dass diese beiden Systeme sich aufgrund ihrer
biogeografischen Voraussetzungen und ihrer Geschichte sehr stark voneinander
unterscheiden. Die grüne Infrastruktur ist daher ein Wirtschaftsfaktor, der Arbeitsplätze vor
Ort schafft, die nicht verlagert werden können. In diesem Zusammenhang weist der AdR
darauf hin, dass das EU-Recht für die öffentliche Auftragsvergabe derzeit überarbeitet wird
und dass der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments (EP) am 11. Januar 2013
klargestellt hat, dass das Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots für die
zuständigen Behörden bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ausschlaggebend sein sollte. Der
AdR unterstützt die Haltung des EP dahingehend, dass neben dem Preis bzw. den Kosten
auch qualitative, ökologische oder soziale Kriterien herangezogen werden sollten.
Insbesondere ist auf soziale und ökologische Eigenschaften sowie auf den innovativen
Charakter, wie etwa das Kosten-Nutzen-Verhältnis eines nahegelegenen Marktes zu achten;
Handlungsbereiche
27.
fordert die Kommission auf, so bald wie möglich praktische, genaue und konkrete
Umsetzungsleitfäden für die Einbeziehung der grünen Infrastruktur in die verschiedenen EUPolitikbereiche zu erstellen, und schlägt vor, dass die Regionen und Kommunen, die bereits
eine grüne Infrastruktur fördern, in die Erarbeitung dieser Leitfäden einbezogen werden, damit sie
zusammen mit der Kommission die spezifisch lokalen Ausprägungen dieser Leitfäden mit
genaueren Angaben zu den Biotopen sowie besserer Ortskenntnis erarbeiten können; weist in
diesem Zusammenhang darauf hin, dass mit dem Leitfaden "Guide to multi-benefit cohesion
policy investments in nature and green infrastructure" bereits erste Leitlinien vorliegen5;
28.
fordert zusätzliche technische Daten zur grünen Infrastruktur in Städten, da mithilfe dieser
Daten Projekte im Rahmen der neuen Strukturfondsmaßnahmen angestoßen werden könnten,
die 5% der Mittel für Investitionen in eine nachhaltige Stadtentwicklung vorsehen;
29.
spricht sich dafür aus, die grüne Infrastruktur in den europäischen Referenzrahmen für
nachhaltige Städte6 sowie in das im Rahmen der Kohäsionspolitik 2014-2020 vorgesehene
künftige Stadtentwicklungsnetz aufzunehmen;
5
6
http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docgener/studies/pdf/guide_multi_benefit_nature.pdf.
"Reference Framework for Sustainable European Cities" (RFSC), eine gemeinsame Initiative der EU-Mitgliedstaaten, der
Europäischen Kommission und der europäischen Verbände der lokalen Regierungen. Siehe http://www.rfsc-community.eu/.
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…/…
-830.
ruft dazu auf, bei der bevorstehenden Überarbeitung der Richtlinie 2001/42/EG über die
Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme als zusätzliches
Kriterium zur Bestimmung der voraussichtlichen Erheblichkeit dieser Umweltauswirkungen
auch auf die grüne Infrastruktur zu verweisen;
31.
hebt hervor, dass graue Infrastruktur, die nach Prüfung aller alternativen Lösungen auf der
Grundlage grüner Infrastruktur als unerlässlich angesehen wird, so konzipiert sein muss, dass
Umweltbeeinträchtigungen weitestgehend vermieden bzw. reduziert werden. Zudem müssen
verbindlich Maßnahmen vorgeschrieben werden, die als Ausgleich für Bodenverbrauch und
Schädigung von Ökosystemen anerkannt sind 7 . Der Ausschuss der Regionen fordert die
Kommission dazu auf, diese Forderungen unter Berücksichtigung der Arbeit der
Europäischen Kommission zur Maßnahme 7b) der EU-Biodiversitätsstrategie 2020
Vermeidung von Nettoverlusten an Ökosystemen und Ökosystemleistungen in EU-Recht
umzusetzen;
Monitoring und Evaluierung
32.
begrüßt den Vorschlag, 2017 eine Überprüfung der Fortschritte im Bereich der grünen
Infrastruktur vorzunehmen, und weist auf die Bereitschaft der Regionen und Kommunen hin,
hierzu einen Beitrag zu leisten, indem sie die vor Ort bestehenden Beobachtungsstellen zur
biologischen Vielfalt, zur Wirtschaftstätigkeit, zur Gesundheit, zur sozialen Ungleichheit usw.
für eine Erfassung relevanter Daten auf europäischer Ebene bereitstellen;
33.
wirft die Frage nach der Messung der Wirksamkeit der grünen Infrastruktur auf und hebt
hervor, dass die Entwicklung eines Systems vorangetrieben werden sollte, anhand dessen sich
rasch beurteilen lässt, inwieweit ein Ökosystem intakt ist; dieses System sollte für die
betroffenen Interessenträger leicht anwendbar und verständlich sein, damit diese zum einen
die Wirksamkeit beurteilen, zum anderen aber auch einen Vergleich zur grauen Infrastruktur
anstellen können;
34.
ist der Ansicht, dass eine umfassende Bewertung der grauen Infrastruktur im Hinblick auf
ihre Beziehungen zur natürlichen Umwelt ermöglicht werden muss, und unterstützt die Arbeit
der Kommission zur Kartierung und Bewertung von Ökosystemen und Ökosystemleistungen
in Europa (Mapping and Assessment of Ecosystems and their Services in Europe); er besteht
zudem darauf, dass die Entwicklung von Methoden sowie Mess- und Recheninstrumenten
unterstützt wird, mit deren Hilfe sich auf der Grundlage einer Lebenszyklusanalyse das
gesamte Verhältnis der Wirtschaftsaktivitäten und Produkte zur natürlichen Umwelt und zu
den Ökosystemdienstleistungen transparent beschreiben ließe;
7
Im Hinblick auf die Erreichung des Ziels eines Null-Nettoverlusts.
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-9Kommunikation, Sensibilisierung und Aufklärung
35.
empfiehlt eine ambitionierte Kommunikationskampagne der EU in Zusammenarbeit mit den
anderen Regierungsebenen, die insbesondere von den lokalen und regionalen
Gebietskörperschaften 8 , aber auch von anderen lokalen Akteuren (Verbänden, Unternehmen
usw.) mitgetragen werden sollte. Im Mittelpunkt dieser Kampagne könnten der dreifache
Nutzen der grünen Infrastruktur (ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Nutzen) und die
bewährten Verfahren in den Mitgliedstaaten stehen;
36.
weist erneut darauf hin, dass bewährte Verfahren in stärkerem Maße Anwendung finden
sollten. Zusammen mit anderen Institutionen und Verbänden sowie den lokalen und
regionalen Gebietskörperschaften, die bereits entsprechende Informationen zusammentragen,
sollte die Kommission weiterhin erfolgreiche Beispiele aufzeigen, bekanntmachen und nutzen.
Hierzu könnten eine Austauschplattform, aber auch regelmäßige Treffen und Schulungen
dienen, die die Regionen und Kommunen, denen bei der Sensibilisierung für grüne Infrastruktur
eine zentrale Rolle zukommt, mit Unterstützung der Kommission ausrichten können;
37.
fordert die Kommission dazu auf, die Elemente der grünen Infrastruktur, d.h. Räume
(Naturparks in ländlichen, stadtnahen und städtischen Gebieten usw.) und Erzeugnisse
(Materialien, Gebäude usw.) in die bestehenden oder geplanten Programme zur europäischen
Umweltkennzeichnung aufzunehmen;
Finanzierung
38.
erkennt zwar an, dass Querfinanzierungen von Nutzen sind, um die einzelnen Politikbereiche
für das Thema der Artenvielfalt zu mobilisieren, hebt aber hervor, dass die Bereitstellung
solcher Finanzmittel aus verschiedenen Gründen mit Schwierigkeiten verbunden ist, die von
unterschiedlichen Bezeichnungen für die verschiedenen Finanzinstrumente bis hin zu
komplexen Finanzierungstechniken reichen; er fordert daher genaue Anleitungen für deren
Handhabung;
39.
hebt hervor, dass die Modalitäten für die Integration der grünen Infrastruktur sowie ihr
Vorrang
dringend
in
den
Partnerschaftsvereinbarungen
und
operationellen
Finanzierungsprogrammen festzulegen sind, denn diese werden derzeit für die Kohäsionsund Strukturfonds 2014-2020 ausgearbeitet. So können die zuständigen Behörden ihre
Verantwortung für die entsprechende Finanzierung in vollem Umfang wahrnehmen; fordert
die zuständigen regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften auf, die in den operationellen
Programmen vorgeschlagenen Möglichkeiten einer Finanzierung ortsspezifischer grüner
Infrastruktur aufzugreifen und im Hinblick auf deren erfolgreiche Umsetzung in den
notwendigen bereichsübergreifenden Kapazitätsaufbau, die Kofinanzierung und die Bildung
von Netzwerken zu investieren;
8
CdR 112/2010 fin.
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…/…
- 10 -
40.
bekräftigt die Notwendigkeit eines Finanzierungsinstruments für grüne Infrastruktur-Projekte
und begrüßt ausdrücklich die entsprechende Ankündigung in der Mitteilung, dass sich die
Kommission gemeinsam mit der EIB bis 2014 bemühen wird, eine spezielle EUFinanzierungsfazilität für Projektträger zu gründen, die grüne Infrastruktur-Projekte entwickeln
wollen. Der AdR spricht sich dafür aus, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften
an dessen Festlegung beteiligt werden;
41.
schlägt vor, zusätzlich zu diesem Finanzierungsinstrument einen bestimmten Prozentsatz aller
EU-Mittel für die Finanzierung grauer Infrastruktur in einen Biodiversitätsfonds einzuzahlen;
dieser Fonds würde in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen die graue Infrastruktur geplant
ist, als Kapitalaufstockung zur Schaffung grüner Infrastruktur bereitgestellt;
42.
fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Kommunen auf, auf allen
Finanzierungsebenen weiterhin wirkungsvoll für die Streichung biodiversitätsschädlicher
Subventionen und Finanzierungssysteme zu sorgen;
43.
ruft die Kommission dazu auf, die Finanzierungsmaßnahmen der EU weiterhin und stärker als
bisher an die Erfüllung von Umweltschutzauflagen9 und den Schutz der Artenvielfalt10 zu
knüpfen, damit die Wirkung aller von der EU finanzierten Projekte auf die grüne Infrastruktur
und die biologische Vielfalt abgeschätzt wird und die Höhe der EU-Förderung entsprechend
angepasst werden kann;
44.
fordert die Kommission dazu auf, in ihrer Halbzeitbilanz der Strukturfonds 2014-2020 und
der Fazilität "Connecting Europe" weitere Maßnahmen im Rahmen der grünen Infrastruktur
festzulegen und hervorzuheben;
Die Initiative TEN-G
45.
ist sehr erfreut über das Projekt TEN-G und ruft dazu auf, in allen vorangehenden Studien die
regionalen und lokalen Aspekte der grünen Infrastruktur von europäischer Dimension zu
berücksichtigen, damit sowohl die Kohärenz als auch die Wirkungseffizienz bei der
Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Ökosysteme und damit der Erhaltung der
Artenvielfalt, ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel und die größtmögliche
Akzeptanz und Mitwirkung durch die Bürger und Interessenträger gewährleistet ist;
46.
spricht sich dafür aus, dass TEN-G im gleichen Maße wie die Verkehrs-, Energie-,
Informationstechnologie- und Kommunikationsnetze als im Interesse der Gemeinschaft
anerkannt wird, und ruft die Kommission dazu auf, die Möglichkeiten einer europäischen
Rechtsetzung in diesem Bereich zu sondieren;
9
10
CdR 22/2009 fin, CdR 218/2009 fin.
IEEP, Dezember 2012: Background Study towards biodiversity proofing of the EU budget.
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…/…
- 11 -
Grenzüberschreitende und gesamteuropäische Aufgaben
47.
ermuntert die Regionen und Kommunen im Sinne der Kohärenz der grünen Infrastruktur zur
Zusammenarbeit an gemeinsamen ökologischen Netzen und fordert die Europäische
Kommission dazu auf, diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit in ein Gesamtsystem auf
EU-Ebene zu integrieren;
48.
ruft dazu auf, den Ansatz der europäischen grünen Infrastruktur über die europäischen
Grenzen hinaus auszudehnen, indem die EU-Nachbarschaftsinstrumente für Investitionen in
grüne Infrastruktur in ländlichen und städtischen Gebieten aufgestockt werden. Bestehende
Initiativen wie das Smaragd-Netzwerk, das Programm "Mensch und Biosphäre" sowie das
Gesamteuropäische ökologische Netz (PEEN) könnten hierzu einen Beitrag leisten;
Subsidiarität
49.
ist der Ansicht, dass die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Integration der grünen
Infrastruktur in andere europäische Politikbereiche sowie die vorgeschlagene Unterstützung
der anderen Regierungsebenen bei der Entwicklung einer entsprechenden eigenen Politik mit
dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang stehen.
Brüssel, den 8. Oktober 2013
Der Präsident
des Ausschusses der Regionen
Ramón Luis VALCÁRCEL SISO
Der Generalsekretär
des Ausschusses der Regionen
Gerhard STAHL
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- 12 II.
VERFAHREN
Referenzdokument
Grüne Infrastruktur – Aufwertung des europäischen
Naturkapitals
COM(2013) 249 final
Rechtsgrundlage
Artikel 307 AEUV, fakultative Befassung
Titel
Geschäftsordnungsgrundlage
Schreiben der Kommission
6. Mai 2013
Beschluss des Präsidenten
24. Mai 2013
Zuständige Fachkommission
Analysevermerk
Fachkommission für Umwelt, Klimawandel und Energie
(ENVE)
Annabelle JAEGER (FR/SPE), Mitglied des Regionalrats
Provence-Alpes-Côte d'Azur
22. Juli 2013
Prüfung in der Fachkommission
2. September 2013
Annahme in der Fachkommission
2. September 2013
Berichterstatterin
Ergebnis der Abstimmung in der Mehrheitlich angenommen
Fachkommission
8. Oktober 2013
Verabschiedung im Plenum
Stellungnahme "7. Umweltaktionsprogramm", CdR
Frühere Stellungnahmen des AdR
593/201311
Stellungnahme "Umsetzung der thematischen Strategie für
den Bodenschutz", CdR 1121/2012 fin12
Stellungnahme "Ressourcenschonendes Europa", CdR
140/201113
Stellungnahme "EU-Politik und internationale Politik der
Biodiversität nach 2010", CdR 112/2010 fin14
Stellungnahme "Neue Impulse zur Bekämpfung des
Rückgangs der Artenvielfalt", CdR 22/2009 fin15
Konsultation
des
Netzes
für
Subsidiaritätskontrolle
_____________
11
12
13
14
15
ABl. C 218 vom 30.7.2013, S. 53.
ABl. C 17 vom 19.1.2013, S. 37.
ABl. C 9 vom 11.1. 2012, S. 37.
ABl. C 267 vom 1.10.2010, S. 33.
ABl. C 211 vom 4.9.2009, S. 47.
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