Antrag - Abgeordnetenhaus von Berlin

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Drucksache 15 / 1101
15. Wahlperiode
Antrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Querschnittsaufgabe Migration und Integration
– Leitstelle beim Regierenden Bürgermeister jetzt!
Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:
Das Abgeordnetenhaus von Berlin hält es für
erforderlich, mit der Neubesetzung der Stelle der
Ausländerbeauftragten des Senats von Berlin im Sommer
2003 die institutionellen Rahmenbedingungen für die
Stelle neu zu organisieren und die bisherige Stelle der
Ausländerbeauftragten durch die Einrichtung einer
Leitstelle "Integration und Migration" mit erweiterten
Kompetenzen zu ersetzen. Die neue Leitstelle trägt die
Bezeichnung Integrationsbeauftragte.
Die Integrationsbeauftragte soll in einem öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis stehen, die Dienstaufsicht
liegt bei dem Regierenden Bürgermeister.
Die
Integrationsbeauftragte
soll
vom
Abgeordnetenhaus auf Vorschlag der Fraktionen für die
Dauer einer Legislaturperiode gewählt und vom Senat
ernannt werden. Nach Ablauf der Legislaturperiode bleibt
die Integrations-beauftragte solange im Amt, bis eine
Nachfolgerin gewählt ist.
Die Integrationsbeauftragte soll nach entsprechender
gesetzlicher Regelung ein Rederecht in den Ausschüssen
des Abgeordnetenhauses erhalten.
Der Integrationsbeauftragten sollen insbesondere
folgende Kompetenzen übertragen werden:

Die Leitstelle ist vor dem Erlass von Gesetzen,
Verordnungen,
Weisungen
und
Verwaltungsrichtlinien, die die Belange von Migrations-,
Flüchtlings- und Integrationspolitik berühren,
anzuhören.
Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen.
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Abgeordnetenhaus Berlin – 15. Wahlperiode
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Drucksache 15 / 1101
Erstens sind auch viele inzwischen Eingebürgerte weiterhin mit Benachteiligungen konfrontiert.
Die Prüfung von bestehenden und zukünftigen
Rechtsvorschriften im Hinblick auf diskriminierende
und integrationshemmende Bestimmungen sowie die
Veröffentlichung der jeweiligen Prüfergebnisse
Zweitens gibt es mit den AussiedlerInnen Deutsche,
deren Migrationserfahrung und sozialen Problemlagen
durch die Integrationspolitik Beachtung finden müssen.
Der Beauftragten obliegt die Koordination der
Förderung von Selbsthilfegruppen, freien Trägern
und Projekten für Migranten und Migrantinnen und
Flüchtlinge im Land Berlin bzw. die Koordinierung
der
integrationsund
migrationspezifischen
Fördermaßnahmen, soweit sie in der Zuständigkeit
des Landes Berlin liegen
Drittens berücksichtigt das veraltete Konzept der
„Ausländerpolitik“ nicht, dass Integration auch die Mehrheitsbevölkerung betrifft.
Inzwischen hat sich ein parteiübergreifender Konsens
gebildet, dass die Bundesrepublik ein Einwanderungsland
und Berlin eine multikulturelle Metropole ist. Diese
irreversible Vielfalt als Bereicherung erfahrbar zu machen,
sie positiv zu beschreiben und zu gestalten, gehört zu den
zentralen Herausforderungen der Politik.
Die Integrationsbeauftragte soll insbesondere folgende
Aufgaben wahrnehmen:

Integration der in Berlin lebenden MigrantInnen,
Flüchtlinge, ethnischen und religiösen Minderheiten

Wahrung der Rechte der in Berlin lebenden MigrantInnen, Flüchtlinge, ethnischen und religiösen
Minderheiten

Förderung von Gleichberechtigung und Chancengleichheit und Beseitigung bestehender Benachteiligungen

Verbesserung der Integrationsbereitschaft der Mehrheitsbevölkerung

öffentliche Information und Kommunikation zu Fragen der Migrations- und Integrationspolitik

Erarbeitung von Konzepten und Vorschlägen für eine
integrative Migrations- und Integrationspolitik im
Land Berlin

Ressortübergreifende Koordination der Integrationsund Migrationspolitik
Zu den Konsequenzen dieser neueren Entwicklungen
gehört die Neuausrichtung des Amtes der Ausländerbeauftragten, dessen erweiterte Zielbeschreibung auch im
Namen zum Ausdruck kommen soll.
Die neue Leitstelle für Integration und Migration soll
zudem politisch gestärkt werden – eine Entwicklung, die
auf Bundesebene bereits vollzogen worden ist.
Die hohe Komplexität der rechtlichen Bestimmungen,
die MigrantInnen betreffen; die weiterhin bestehenden
Diskriminierungen, die Vielfalt der in Berlin vertretenen
Kulturen und die Notwendigkeit, Differenzen gleichzeitig
anzuerkennen und zu überbrücken, erfordern nicht nur
eine geeignete Person an der Spitze des Amtes, sondern
auch Kompetenzen, die diesen Anforderungen gerecht
werden.
Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31.03.2003 zu berichten. Der Bericht soll auch Auskunft zur notwendigen gesetzlichen Regelungen geben.
Bislang konnte die Ausländerbeauftragte nur hoffen,
Gehör zu finden. Die künftige Integrationsbeauftragte soll
dagegen ein Recht haben, gehört zu werden.
Begründung:
Integration ist eine Querschnittsaufgabe, die nahezu
alle Bereiche der Verwaltung berührt. Daher ist die
bisherige Ansiedlung der Ausländerbeauftragten bei der
Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und
Verbraucherschutz nur eingeschränkt sachgerecht. Die
Ansiedlung
als
Leitstelle
beim
Regierenden
Bürgermeister unterstreicht, dass Integration in Berlin
„Chefsache ist“ und trägt dem Querschnittscharakter der
Arbeit der Integrationsbeauftragten Rechnung. Die
Ausstattung der Leitstelle soll mindestens der jetzigen
Ausstattung der „Ausländerbeauftragten“ entsprechen.
Sofern die Kompetenzerweiterung weitere Mittel
erfordert, sollen diese durch Umschichtungen aus der
Sozialverwaltung erbracht werden.
Die derzeitige politische und rechtliche Stellung der
Ausländerbeauftragten und ihre Ausstattung sind,
gemessen an den zu bewältigenden und bevorstehenden
Aufgaben, völlig unzureichend.
Um ein möglichst friedliches und gleichberechtigtes
Zusammenleben von BerlinerInnen unterschiedlicher
ethnisch-kultureller und religiöser Herkunft zu erreichen,
bedarf es besonderer Anstrengungen und auf Langfristigkeit angelegte Konzepte. Die Belange von über
430 000 BerlinerInnen nicht-deutscher Nationalität, die
aus rund 190 unterschiedlichen Ländern stammen, sind
durch das vergleichsweise kleine und in ihren Wirkungsmöglichkeiten beschränkte Amt der Ausländerbeauftragten nicht hinreichend vertreten. Hinzu kommt, dass der
Bezug auf „Ausländer“ eine Einschränkung des Tätigkeitsbereichs vornimmt, die gerade vor dem Hintergrund
jüngster Entwicklungen nicht mehr sinnvoll ist:
Die Leitstelle bietet die Voraussetzung dafür, dass im
Sinne der beschriebenen Ziele notwendige Maßnahmen
und Veränderungen nicht nur angeregt, sondern auch
durchgesetzt werden können. Gleichzeitig bietet die
angestrebte Wahl durch das Abgeordnetenhaus die
Gewähr für eine gewisse Unabhängigkeit.
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Abgeordnetenhaus Berlin – 15. Wahlperiode
Drucksache 15 / 1101
Die
Leitstelle
entbindet
andere
Verwaltungsgliederungen und –ebenen nicht von der
Pflicht, ihren Beitrag zu leisten. Aufgabe der Leitstelle ist
es, ein entsprechendes Verhalten der Verwaltung
anzuregen, zu koordinieren, zu vermitteln und zu
befördern.
Da Integration und Gleichbehandlung nicht
ausschließlich staatliche Aufgaben sind, soll die
Integrationsbeauftragte auch
verstärkt nach außen
arbeiten. Durch eine konsequente Öffentlichkeitsarbeit
werden zudem die zivilgesellschaftlichen Kräfte gestärkt,
die Integration und den Abbau von Diskriminierungen als
ein gesamtgesellschaftliches Anliegen begreifen.
Berlin, den 4. Dezember 2002
Dr. Klotz
Wieland
Mutlu
und die übrigen Mitglieder
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Ausschuss-Kennung : GesSozMiVergcxzqsq
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