Übersetzung aus dem Russischen Sehr geehrter Herr Vorsitzender des Ausschusses der Staatsduma K. Kosatschew, Sehr geehrter Herr Staatssekretär Dr. K. Bergner, Sehr geehrte Damen und Herren, Werte Freunde und Kollegen in unserer gemeinsamen Arbeit! Heute haben sich in diesem Saal die Leiter öffentlicher Strukturen der Russlanddeutschen, Vertreter staatlicher Organe der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland, Kollegen aus Partnerorganisationen versammelt. Wir alle engagieren uns gemeinsam in einer großen, gemeinsamen Sache. Unsere gemeinsamen Bemühungen helfen bei der Wiedergeburt der Russlanddeutschen, die in der Vergangenheit den Repressalien des totalitären Regimes ausgesetzt wurden, als einer der Ethnie unseres multinationalen Landes, helfen ihnen, sich als gleichberechtigte Bürger Russlands zu fühlen. Heute, wie es auch im Verlaufe der Jahrhunderte der Fall war, leisten die Russlanddeutschen nach wie vor einen wichtigen Beitrag zur Herausbildung und Entwicklung des russischen Staates, tragen zur Stärkung der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland bei. Dabei stützen wir uns auf die Hilfe der beiden Staaten. Die Ethnie der Russlanddeutschen befindet sich heute an einer Wegegabelung in ihrer Geschichte, wo es lebensnotwendig ist, eine Reihe von Fragen zu beantworten, welche vom Leben selbst, vom Verlauf der aktuellen historischen Prozesse in unserem Land wie auch weltweit aufgeworfen werden. Wie erscheint die Zukunft der deutschen Minderheit in Russland? Werden die Russlanddeutschen unter heutigen Bedingungen einer sich internationalisierenden und globalisierenden Welt von unvermeidlicher Assimilation mitgerissen oder wird uns beschert, eine würdige Antwort auf diese Herausforderung der Geschichte zu finden. Welche praktischen Schritte sind zu unternehmen, um eine günstige 2 Entwicklung der deutschen Ethnie zu sichern? Was sollen unsere öffentlichen Organisationen, wir selbst tun, um die kulturelle Identität aufrechtzuerhalten und die Nachfolge von Generationen in den Familien der Russlanddeutschen sicherzustellen? Wie ist ein richtiges Gleichgewicht zwischen unserem ethnischen Wesen und unserer öffentlichen Stellung zu finden? Welche Hilfe benötigen wir seitens der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland? Wie kann die verfügbare Unterstützung am effizientesten genutzt werden? Ohne Beantwortung dieser Fragen kann es keine Fortbewegung in Richtung Zukunft, kann es keine stabile Entwicklung der Ethnie, keine effiziente Förderpolitik für die deutsche Minderheit geben. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die kulturelle Identität der Russlanddeutschen in der Familie, in religiöser Gemeinde, beim Zusammenleben in Dörfern sowie bei engen Kontakten in den Städten aufrechterhalten und überliefert. Unter heutigen Bedingungen einer dispersen Ansiedlung der deutschstämmigen Bevölkerung, bei vielen Mischehen, bei der Urbanisierung und im letzten Jahrzehnt auch Globalisierung ist die Rolle dieser Faktoren wesentlich zurückgegangen. Im heutigen Russland sind nahezu keine Gebiete mit kompakter Ansiedlung der deutschstämmigen Bevölkerung erhalten geblieben. Das System der deutschsprachigen Schul- und Hochschulbildung ist nahezu total aufgelöst, der kulturelle Einfluss der Religion ist abgeschwächt, auch die Nachfolge von Generationen in der Familie stößt auf Schwierigkeiten. Aus historischen Gründen werden die Russlanddeutschen heute weder von ihrer Deutschsprachigkeit, noch von der Gemeinsamkeit ihrer territorialen Ansiedlung zusammengehalten. Als Grundlage der kulturellen Identität und der Gemeinsamkeit der Russlanddeutschen dienen in erster Linie das gemeinsame Schicksal, das historische Gedächtnis, das Zugehörigkeitsgefühl, die Familientraditionen, Überlieferungen der Vertreter der älteren Generation, 3 insbesondere die über durchgemachte Leiden und erlebte Ungerechtigkeit. Von großer Bedeutung sind kulturelle Anziehungskraft der historischen Heimat und bestehende persönliche Kontakte mit Verwandten, die nach Deutschland ausgesiedelt sind. Ganz besonders möchte ich folgendes hervorheben: Erstens: Der Verlust durch viele Russlanddeutsche ihrer Deutschsprachigkeit und Kulturtraditionen war nicht Ergebnis ihrer Bereitschaft, ihre nationale Kultur und insbesondere ihre nationale Zugehörigkeit aufzugeben. Dies war ein direktes Ergebnis der stalinistischen Repressalienpolitik und ist untrennbar mit den Folgen des Zweiten Weltkrieges verbunden. Infolge der Zwangsumsiedlung, langjährigen Repressalien und Diskriminierungen sind die Russlanddeutschen auch heute noch nicht in der Lage, ihre kulturelle Identität selbständig zu erhalten und zu entwickeln. Zweitens: Auch mit Bemühungen, die von der russischen Regierung und der deutschen Bundesregierung unternommen wurden, gelang es immer noch nicht, die Folgen der Vergangenheit endgültig zu überwinden. Es wurden immer noch keine ausreichenden Voraussetzungen geschaffen, die für ein normales, ausgefülltes heutiges Leben der Ethnie, für ihre stabile künftige Entwicklung notwendig sind. Vor diesem Hintergrund benötigt die deutsche Ethnie Russlands eine Fortsetzung der Fördermaßnahmen seitens der beiden Staaten, um die Folgen vergangener Repressalien des totalitären Regimes und des Zweiten Weltkrieges endgültig überwinden zu können. Drittens. Das Ziel dieser Hilfe, der hauptsächliche Schwerpunkt bei der Anwendung unserer eigenen Anstrengungen soll die Schaffung von Voraussetzungen für die Erhaltung und Entwicklung der kulturellen Identität und Gemeinsamkeit der Russlanddeutschen in der Russischen Föderation sein. 4 Die Russlanddeutschen, ihre Angehörigen sollen Möglichkeiten für das Sprachstudium und die Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse, Wiederherstellung des historischen Gedächtnisses, Erhaltung der Generationsnachfolge, Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen in das national-kulturelle Leben, Erhaltung der Traditionen, Sitten und Bräuche, Entwicklung des Glaubensbekenntnisses etc. haben, also von all dem, wodurch die Zukunft einer jeden Ethnie gesichert wird. Es ist insbesondere anzumerken, dass dieser Vorschlag sich auf den Geist und Buchstaben des Rahmenübereinkommens des Europarates stützt, das in Russland im Dezember 1998 in Kraft trat. Er entspricht auch der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen. Beide Dokumente verpflichten die Unterzeichnerstaaten, die kulturelle und sprachliche Identität von Minderheiten vor der Assimilation gegen ihren Willen zu schützen und ihnen Hilfe im Bereich der Bildung, Kultur, Schulbildung und des öffentlichen Lebens zu leisten. Die Russlanddeutschen sind eine der 18 Minderheiten, die von der Russischen Föderation in diesen Dokumenten aufgelistet wurden. Es entsteht die logische Frage: Wie kann das erreicht werden? Erst vor kurzem konnte man von manchen Russlanddeutschen, hauptsächlich von Vertretern der älteren Generation, Aufrufe über die Wiederherstellung der Republik der Deutschen des Wolga-Gebietes hören. Rein menschlich sind diese Vorschläge verständlich. Viele von ihnen mussten Schweres durchmachen, sie überlebten Trudarmee und Sonderkommandatur; ihnen wurden ihre Heimatorte genommen und man zwang sie, sich ihr ganzes Leben lang wegen ihrer nationalen Zugehörigkeit diskriminiert zu fühlen. 5 Eigentlich könnte man auch den Behauptungen zustimmen, dass es bei gemeinsamer Ansiedlung viel einfacher wäre, die kulturelle Identität der deutschen Minderheit zu entwickeln. Unser Verband ist überzeugt: Die Republik wurde den Russlanddeutschen rechtswidrig genommen. Die Repressalien waren verbrecherisch. Wir sind überzeugt, dass die Chancen für die Wiederherstellung territorialer Autonomie im Wolga-Gebiet Ende der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wirklich gegeben waren. Die Frage besteht darin, inwieweit so ein Projekt unter heutigen politischen und ökonomischen Bedingungen realisierbar ist? Wie reimt es sich mit den allgemeinen Interessen des Staates zusammen, dessen Staatsbürger wir alle sind? Werden viele der 600 Tausend Russlanddeutschen wirklich bereit sein, ihre bereits eingerichteten Wohnorte zu verlassen, um in neuen Ortschaften neu anzufangen? Und schließlich die wichtigste Frage: Werden wir auf diesem Wege das angestrebte Ziel erreichen? Ich möchte Sie an folgendes erinnern: Die Staatlichkeit der Kalmyken wurde bereits vor etwa 50er Jahren wiederhergestellt. Seitdem sind die Kalmyken nach der Rückkehr aus ihren Deportierungsorten kompakt angesiedelt. Nichtsdestotrotz geht in ihrem Milieu der Verlust der nationalen Identität, der Muttersprache mit katastrophaler Schnelligkeit vor sich. Trotz dem Vorhandensein staatlicher Gebilde entwickeln sich auch bei Mordwinen, Tschuwaschen, Mari, Khakassen sowie einer Reihe anderer Völker Russlands Assimilationsprozesse. Es soll also wohl nicht nur an der Republik, nicht nur in gemeinsamer Ansiedlung liegen, die in den Leidensjahren eingebüßt wurde? Unsere sehr veränderliche heutige Welt diktiert die Notwendigkeit, nach neuen Ideen, neuem Herangehen zu suchen, die auf den Gegebenheiten des heutigen Tages basieren. Die Erkenntnisse aus der Geschichte besagen: Die Zukunft gehört den Ethnien, die es verstehen, sich an die Außenbedingungen anzupassen. 6 Auch aus rechtlicher Sicht hat die Wiederherstellung der Republik keine Chance. Die Verfassung von 1993 ist auf den Aufbau der neuen russischen Staatlichkeit auf der Grundlage des Föderalismus und der lokalen Selbstverwaltung ausgerichtet. Sie sieht keine Gründung territorialer Gebilde nach dem nationalen Prinzip vor. Die künftige Lösung der nationalen Probleme wird vom Staat ausschließlich durch national-kulturelle Entwicklung gesehen. Wesentliche Kompetenzen werden in dieser Frage auf der Ebene der Regionen und lokalen Selbstverwaltung delegiert. Somit wäre die Wiederherstellung der territorialen Staatlichkeit der Russlanddeutschen nur durch Änderung der geltenden Verfassung, durch einen Bruch von Vektoren der inneren Entwicklung des Staates vorstellbar. In der Gesellschaft gibt es keine einflussreichen politischen Kräfte, die bereit wären, so ein Projekt zu unterstützen. Der IVDK als eine verantwortungsbewusste nationale Organisation der deutschen Minderheit lässt sich bei seiner Tätigkeit von einer realistischen Einschätzung der Situation, von der Einsicht leiten, dass eine seriöse, langfristige Politik weder auf Emotionen und Verärgerung aus der Vergangenheit basieren soll, noch losgelöst von der praktizierten staatlichen Nationalitätenpolitik der Russischen Föderation als eines Landes zu betrachten ist, dessen Staatsbürgerschaft die Russlanddeutschen haben. Ein weiteres Thema, das eine große öffentliche Resonanz hervorruft, ist das Thema der „Rehabilitation“. Es ist anzumerken, dass in dieser grundsätzlichen Frage dramatische Kollisionen zwischen rechtlicher Rehabilitation von Russlanddeutschen als Einzelpersonen und der der gesamten Ethnie der Russlanddeutschen, zwischen dem Inhalt der verabschiedeten Gesetze und der Praxis ihrer Umsetzung, zwischen den verkündeten Absichten und den erzielten praktischen Ergebnissen vorliegen. Bei 7 der Lösung dieser Fragen hat sich der Staat nicht immer und nicht in allen Punkten konsequent sowie nicht immer ganz offen verhalten. Heute haben Russlanddeutsche als Staatsbürger der Russischen Föderation mit anderen Bürgern der Russischen Föderation gleiche Rechte, welche durch die einheitliche Verfassung und Gesetzesakten geregelt werden. Weder wir, noch unsere Kinder werden nach dem nationalen Prinzip diskriminiert. Komplizierter ist es um die rechtspolitische Rehabilitation der Russlanddeutschen als eines Volkes, um ihre praktischen Ergebnisse für die gesamte deutsche Minderheit bestellt. Einerseits wurde eine ganze Reihe der Gesetzesakte und Präsidialerlasse verabschiedet, mit denen eine gewisse Basis für die Prozesse der praktischen Rehabilitation geschaffen wurde. Die wichtigsten davon sind: - Erklärung des Obersten Sowjets der UdSSR vom 14.11.1989 "Über Erklärung der Repressivakte gegen die Völker, die der Zwangsumsiedlung ausgesetzt wurden, als gesetzeswidrig und verbrecherisch und Sicherstellung deren Rechte“; - Erlass des Präsidenten der UdSSR vom 13.08.1990 "Über Wiederherstellung der Rechte aller Opfer politischer Repressalien der 20-50er Jahre"; - Verordnung des Obersten Sowjets der UdSSR vom 7.03.1991 "Über Außerkraftsetzung der Gesetzesakte im Zusammenhang mit der Erklärung des Obersten Sowjets der UdSSR vom 14.11.1989“; - Gesetz der RSFSR vom 26.04.1991. "Über Rehabilitation repressierter Völker“; - Gesetz der RSFSR vom 18.10.1991 " Über Rehabilitation der Opfer politischer Repressalien"; - Erlass des Präsidenten der RF vom 21.02.1992 "Über erstrangige Maßnahmen zur Rehabilitation der Russlanddeutschen". 8 Auf das gleiche Ziel, nämlich Rehabilitation der Ethnie, sind auch die beiden Föderalen Zielprogramme zur Unterstützung der Russlanddeutschen gerichtet, nämlich das Programm, das im Zeitraum von 1997-2006 galt, und das neue Föderale Zielprogramm für den Zeitraum von 2008-2012. Andererseits liegt es auf der Hand, dass die unternommenen Bemühungen noch nicht zu erwarteten Ergebnissen geführt haben, die Voraussetzungen für die Selbsterhaltung der Ethnie, stabile Entwicklung der deutschen Minderheit sind noch nicht in vollem Maße erreicht worden. Somit bleibt die Frage nach der rechtspolitischen Rehabilitation der Russlanddeutschen als eines Volkes, nach ihren praktischen Ergebnissen für die heutige Generation sowie nach der Einflussnahme auf die Zukunft der deutschen Minderheit nach wie vor offen. Für eine volle Überwindung von Folgen der Repressalien des totalitären Regimes benötigen wir als eine der Ethnien Russlands die Fortsetzung der Fördermaßnahmen seitens des Staates, Fortsetzung der praktischen Rehabilitation der Russlanddeutschen. Es liegt in der Verantwortung der Russischen Föderation gegenüber ihren Staatsbürgern deutscher Abstammung, gegenüber dem Andenken an die Bürger und Völker Russlands, die den politischen Repressalien zum Opfer gefallen sind, alles in ihren Kräften stehende zu tun, um die Folgen stalinistischer Repressalien endgültig zu überwinden. Als eine gute Kompromisslösung seitens des Staates, als ein Schritt in Richtung Verbesserung der Rechtslage der deutschen Minderheit käme die Annahme eines wirksamen Gesetzes "Über Selbstorganisation und Unterstützung der Russlanddeutschen" in Frage. So ein Gesetz, gerichtet auf die Fortsetzung der 9 rechtspolitischen Rehabilitation der Russlanddeutschen, wäre in der Lage, die Fortsetzung von Fördermaßnahmen für die deutschstämmige Bevölkerung des Landes künftig zu garantieren. Obige Ausführungen bedeuten nicht, dass wir die Verantwortung für das eigene Schicksal, für die Wahl der kulturellen Identität durch unsere Kinder auf die Schultern des russischen oder des deutschen Staates abwälzen sollen, ohne selbst etwas zu unternehmen. Es kann keine Rehabilitation ohne SELBSTREHABILITATION geben! Ebensowenig ist die kulturelle Identität ohne SELBSTIDENTIIKATION, ohne EIGENE Anstrengungen beim Studium der deutschen Sprache, deutschen Kultur, bei der Überlieferung des historischen Gedächtnisses und der Traditionen an EIGENE Kinder in der EIGENEN Familie möglich! Die gesamte Tätigkeit zugunsten der Russlanddeutschen kann und soll sich auf die Initiative der deutschstämmigen Bevölkerung selbst, auf die Bereitschaft stützen, alles zu unternehmen, was für die Erhaltung der ethnischen Zugehörigkeit notwendig ist. Gerade für diejenigen, die in einer Vielzahl von Städten, Siedlungen und Dörfern auf den weiten Territorien Russlands leben und sich um die Erhaltung ihrer kulturellen Identität bemühen, sind notwendige Voraussetzungen zu schaffen, bei denen sie selbst und ihre Kinder in der Lage wären, die deutsche Sprache zu lernen, ihre Kulturtraditionen zu erhalten und zu entwickeln. Wenn man realistisch denkt, besteht heute dafür der einzige Weg, nämlich über die Begegnungszentren, die mit ihrer Tätigkeit mehr als 400 Städte, Siedlungen und Dörfer der Russischen Föderation erfassen und eine Schlüsselrolle bei der Erhaltung und Entwicklung der kulturellen Identität der Russlanddeutschen spielen. 10 Wir sind uns bewusst, dass die BZ nicht in der Lage sind, alle Möglichkeiten, die bei der gemeinsamen Ansiedlung der deutschstämmigen Bevölkerung bestanden, aufzuholen. Dabei kann man mit Sicherheit sagen, dass für die Begegnungszentren heute im Maßstab der gesamten Ethnie der Russlanddeutschen, im Landesmaßstab keine vernünftige, realistische Alternative besteht! Der Internationale Verband deutscher Kultur ist sich der erstrangigen Bedeutung der Begegnungszentren, ihre ausschließliche Wichtigkeit für die deutsche Minderheit voll bewusst. Gerade aus diesem Grund sehen wir unsere Aufgabe darin, das Netz der Begegnungszentren zu stärken, seine Tätigkeit zu intensivieren, seine Aktivitäten dynamischer, stabiler und zukunftssicherer zu gestalten. Ferner sind im Interesse der Erhaltung und Entwicklung der kulturellen Identität der deutschen Minderheit die praktische Arbeit im sozialkulturellen Bereich, konkrete Aktionen und konkrete Projekte erforderlich. Effektvolle Slogans, hinter denen sich keine praktischen Aktivitäten verbergen, deklarierte Verachtung gegenüber angeblich „primitiver“ – manchen Aussagen zufolge – Tätigkeit der Begegnungszentren sind außerstande, die Lage der deutschen Minderheit zum Besseren zu bewenden. Die Aufrufe nach voller Rehabilitation ohne jegliche Bestätigung durch konkrete praktische Arbeit im ethnokulturellen Bereich sind nicht in der Lage, die reale Rehabilitation der Russlanddeutschen voranzutreiben. Sehr geehrte Damen und Herren! PRAKTISCHE AKTIVITÄTEN, GERICHTET AUF DIE ERHALTUNG UND ENTWICKLUNG DER KULTURELLEN IDENTITÄT DER RUSSLANDDEUTSCHEN – DAS IST DIE ANTWORT DER DEUTSCHEN 11 MINDERHEIT AUF DIE HERAUSFORDERUNG DER GESCHICHTE; GERADE SIE BILDEN DIE GRUNDLAGE DER TÄTIGKEIT DES IVDK. Seit dem vorigen V. Forum der Begegnungszentren ist genau ein Jahr vergangen. Im vergangenen Zeitraum konnten wir viel leisten, in einer Reihe von Richtungen wurden ernstzunehmende Erfolge erzielt. Ich erlaube mir, wichtigste davon an dieser Stelle zu erwähnen. Erstens. Vor fast zweieinhalb Jahren, auf dem IV. Forum der Begegnungszentren in Anapa, übernahm der IVDK volle Zuständigkeit für die Verabschiedung des neuen Föderalen Zielprogramms der russischen Regierung über Unterstützung der Russlanddeutschen. Für uns, für den IVDK war der vergangene Zeitraum ausgefüllt mit sehr komplizierter, intensiver Arbeit auf der Ebene von Ministerien und Behörden, des Regierungsapparats, der Administrationen einer Reihe von Regionen. Heute können wir berichten, dass unser Versprechen realisiert ist! Am 30.August 2007 wurde vom Vorsitzenden der Regierung der Russischen Föderation die Konzeption des neuen Föderalen Zielprogramms über Unterstützung der Russlanddeutschen unterzeichnet. In dem vom Präsidenten Russlands unterzeichneten Dreijahres-Staatshaushalt ist vorgesehen, mehr als RUR 1,6 Mrd. für die Unterstützung der deutschen Ethnie bereitzustellen. Der Gesamtbetrag der Fördermittel für den Zeitraum von 2008 -2012 liegt bei ca. RUR 2,9 Mrd., was fast € 83 Mio. ausmacht; davon sollen RUR 2,2 Mrd. aus dem föderalen Haushalt der Russischen Föderation und weitere ca. RUR 700 Mio. aus den Haushalten der Regionen bereitgestellt werden. Ein Großteil dieser Mittel ist für die Schaffung notwendiger Voraussetzungen in unseren beiden deutschen Nationalbezirken in Sibirien sowie in kompakten Ansiedlungsstätten im Wolgagebiet bestimmt. Gleichzeitig werden die für die Unterstützung der sprachlichen und kulturellen Identität der Russlanddeutschen, für Kinder- und Jugendarbeit, für die Medien der deutschen Minderheit bereitzustellenden Mittel auf das 2,5fache erhöht. 12 Wir kennen die Kritik, der zufolge das neue Föderale Zielprogramm nicht vollkommen sei. Wir selbst sind uns im Klaren, dass dieses Programm weit vom Ideal entfernt ist. Nach fast 2,5jähriger Arbeit können wir mit Zuversicht sagen: Unter realen Bedingungen wäre die Wahl zwischen diesem - wenn auch unvollkommenen – Föderalen Zielprogramm und dem Fehlen eines jeden Programms, also fehlender Unterstützung für nationale Bezirke und Begegnungszentren, zu treffen gewesen. Und an diejenigen, die heute das neue Föderale Zielprogramm kritisieren und seine Wichtigkeit mit verschiedenartiger Argumentation in Frage zu stellen suchen, wäre die Frage zu richten, worin ihr Beitrag zur Annahme dieses Programms besteht? Außerdem betrachte ich das neue Programm als einen ernstzunehmenden Erfolg der Politik des IVDK, als unseren gemeinsamen Erfolg, weil seine Verabschiedung auch von politischer Wichtigkeit ist. Dies ist ein gewisses Zeichen für die Bundesrepublik Deutschland, die Fördermaßnahmen fortzusetzen. Die russische Regierung machte einen ernsthaften Schritt, um ihren Beitrag bei der im Rahmen der deutsch-russischen Regierungskommission für Probleme der Russlanddeutschen durchgeführten Arbeit zur Förderung der kompakten Ansiedlungsgebiete und kulturellen Identität der Russlanddeutschen zu erhöhen. Im Namen der hier anwesenden Vertreter der Begegnungszentren der Russlanddeutschen, die praktisch die Mehrheit der deutschstämmigen Bevölkerung der Russischen Föderation vertreten, wende ich mich an die deutsche Bundesregierung: Die Unterstützung der deutschen Minderheit Russlands soll fortgesetzt werden, die dafür bereitzustellenden Mittel sollen den realen Bedürfnissen der deutschstämmigen Bevölkerung entsprechen, sie sollen für die Schaffung solcher Basisbedingungen ausreichend sein, unter denen die deutsche Minderheit die Möglichkeit erhält, heute wie auch künftig eine stabile und nachhaltige Entwicklung zu genießen. Zweitens. Im Laufe des vergangenen Jahrzehntes wurde die Förderung der Russlanddeutschen seitens der Bundesrepublik Deutschland um das 5fache (!) abgebaut. 13 Erstmals in den letzten Jahren hat die Förderung der deutschen Minderheit in 2007 ihre sinkende Tendenz unterbrochen und sich stabilisiert. Dies ist im wesentlichen Maße dank den Bemühungen des neuen Beauftragten der deutschen Bundesregierung für die Angelegenheiten der Aussiedler und nationalen Minderheiten Hrn. Dr. Bergner möglich geworden. Gleichzeitig bin ich überzeugt, dass dazu auch die engagierte, aktive Einstellung vieler Vertreter unserer Begegnungszentren beigetragen hat, die diese Frage offen und prinzipienfest während der Gespräche der Delegationen des IVDK mit deutschen Vertretern angesprochen haben. Drittens. Auf dem vorigen Forum hat der IVDK von den Begegnungszentren ein Mandat für die Interessenvertretung bei der Steigerung der Unterstützung der Begegnungszentren erhalten, nämlich Ausstattung der Zentren mit entsprechenden Räumlichkeiten, Erhöhung der technischen Ausrüstung, Erweiterung der Zirkelarbeit, würdige Vergütung der Leiter und Buchhalter für die Projektarbeit, der Leiter der Zirkelarbeit und Deutschlehrer. In diesem Zusammenhang schlägt der IVDK vor, eine besondere Beachtung der Unterstützung sogenannter kleinerer Begegnungszentren zu schenken als derjenigen, die es bei der Arbeit und beim Überleben schwerer haben und gleichzeitig für die Russlanddeutschen ebenso wichtig und notwendig sind, wie die Großstrukturen. Die langjährig ausbleibenden Lösungen dieser lebenswichtigen Fragen rufen Unstabilität bei der Arbeit des Netzes von Begegnungszentren hervor und führen zu einer Systemkrise. Gerade deshalb wurden diese Fragen vom IVDK so beharrlich und konsequent an die deutsche Seite, u. a. bei den Gesprächen mit Hrn. Dr. K. Bergner am 06.02.07 und 27.09.07 sowie in einer Reihe von Schreiben angesprochen. Anfang des Jahres haben wir dieses Thema mehrmals auch mit unseren Kollegen aus der GTZ erörtert. 14 Als erstes Ergebnis dieser Bemühungen wäre zu nennen, dass von regionalen Büros der GTZ seit September 2007 die Zuschläge an die Leiter der Zirkelarbeit erhöht wurden, in einer Reihe der Standorte wurden bei der Projektabwicklung die Vergütungen für Leitung und Buchhaltung erhöht, es werden zusätzliche Grants zur Verfügung gestellt. Viertens. Im vergangenen Jahr trat der IVDK mit der Initiative auf, den langjährigen Stillstand in der Frage der Herausbildung der Selbstorganisation der deutschen Minderheit zu überwinden. Dieses Thema wurde bei Besprechungen, am letzten Tag der Veranstaltung in Kislowodsk, in Moskau, Kolomna, Orenburg, ein weiteres Mal in Moskau sowie in Tula besprochen. Es wäre besonders hervorzuheben, dass zur Tagung in Orenburg, für die die Annahme wichtiger Beschlüsse geplant wurde, Vertreter ausnahmslos aller regionalen Begegnungszentren und Organisationen der Russlanddeutschen eingeladen wurden. Darüber hinaus wurden zu einer Reihe der wichtigsten Veranstaltungen, bei denen die Strategie der künftigen Aktivitäten besprochen werden sollte, auch unsere Kollegen aus der FNKA eingeladen. Somit wurden allen, die daran wirklich interessiert waren, Möglichkeiten für die Mitwirkung bei der gemeinsamen Arbeit angeboten. Als praktisches Ergebnis der durchgeführten Erörterungen erschien die Gründung durch die dem IVDK angehörenden Begegnungszentren der Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren von fünf Regionen der Russischen Föderation, nämlich der Zentralen Region (Leitung - А.I. Grinenwald, Tula ), des Ural ( Leitung – O.F. Strahler, Syktywkar), des Wolga-Gebietes (Leitung - L.L. Raisig, Orenburg), Sibiriens und des Fernen Ostens (Leitung – G.P. Klassen, Barnaul), von Kaukasus und Südrussland (Leitung – L.F. Krenzler, Stawropol). Ein weiterer Zwischenregionaler Koordinierungsrat – der der Deutschen Südurals (Leitung – O.W. Salo) - wurde am 29.10.07 in den Tagen des Forums gegründet. 15 Die Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren wurden im Rahmen des IVDK gegründet. Sie sind Organe mit beratender Stimme und sind berufen, zur Entwicklung der demokratischen Selbstorganisation der dem IVDK angehörenden BZ der Russlanddeutschen beizutragen. Die Notwendigkeit der Gründung neuer Strukturen wurde durch folgende Faktoren hervorgerufen: 1. Heute funktionieren in Groß- und Kleinstädten, in Siedlungen und Dörfern der Russischen Föderation über 400 Begegnungszentren der Russlanddeutschen. Die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit, die Belange der Zentren weisen oft wesentliche Unterschiede auf. In jeder Region gibt es ihre zu beachtende Eigenart, eigene Besonderheiten. Es liegt auf der Hand, dass die Tätigkeit der BZ nicht immer von Moskau aus zeitnah koordiniert werden kann. 2. Die Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren sind berufen, diejenigen Verbindungsglieder zu sein, die einerseits näher zu den BZ der jeweiligen Region stehen und daher ihre Arbeit unter Berücksichtigung der Gegebenheiten der Region koordinieren sollen. Andererseits haben sie die Interessen der dazugehörenden Begegnungszentren auf föderaler Ebene beim Rat des IVDK zu vertreten und bei Bedarf auch zu verteidigen. 3. Der IVDK hält es für grundsätzlich wichtig, die Rolle der eigentlichen Begegnungszentren im Laufe der Erörterung und Beschlussfassung zu allen Fragen zu steigern, die die Tätigkeit der Begegnungszentren betreffen. Die Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren sollen als Organe der Selbstverwaltung der Russlanddeutschen für die Regionalzentren der GTZ die Rolle der Partner übernehmen. Die Projekte der Begegnungszentren der jeweiligen Region sollen gerade mit koordinierender Rolle der Räte der BZ erörtert und entschieden werden. 16 Somit sollen die Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren Schlüsselglieder werden, das die Projekttätigkeit der Begegnungszentren in den jeweiligen Regionen bestimmen. 4. Es wird eine Verteilung von Kompetenzen erfolgen: Die Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren koordinieren die öffentlichen Initiativen und die Projekttätigkeit der Begegnungszentren in den Regionen und der Rat (Präsidium) des IVDK übernimmt die politische und strategische Koordinierung der öffentlichen und Projekttätigkeit des Systems von Begegnungszentren, die Abwicklung föderaler und internationaler Projekte. Um die Berücksichtigung von Interessen einzelner Regionen sicherzustellen, ein Gleichgewicht zwischen den Initiativen der Regionen und den allgemeinen Interessen der Russlanddeutschen aufrechtzuerhalten, gehören die Leiter der Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren als Stellvertreter des Vorsitzenden des Verbandes dem Präsidium des IVDK an. Im Namen des IVDK wende ich mich an dieser Stelle an alle Mitgliedsorganisationen des Verbandes, an alle Begegnungszentren mit dem Aufruf, sich der Tätigkeit der Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren aktiv anzuschließen. Die ordentlichen Tagungen der Zwischenregionalen Koordinierungsräte fanden bereits in den Tagen des Forums statt und verliefern erfolgreich. Dabei wurden für das Jahr 2008 Pläne über die Durchführung wesentlicher Veranstaltungen in allen Regionen der Russischen Föderation angenommen. Am 22.10.07 fanden in Berlin Gespräche statt, an denen die Vertreter des deutschen Bundesministeriums des Inneren und der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) teilnahmen. Bei diesen Gesprächen informierten der IVDK 17 und der Deutsche Jugendring über die neue Konzeption über Verbesserung der Tätigkeit der Begegnungszentren. Erlauben Sie mir, Sie kurz über die Ergebnisse der Gespräche zu informieren: Erstens: Es wurde ein Beschluss über die Unterstützung von Basisbedingungen bei der Tätigkeit von Zentren in den Ortschaften gefasst, wo es noch keine Unterstützung von russischer Seite gegeben hat. Ich bin überzeugt, dass dieser Beschluss positive Auswirkungen auf die Tätigkeit der Zentren haben wird, sie stabiler macht, unseren Aktivisten zusätzliche Zukunftssicherheit verleiht. Zweitens: Die Kompetenz für die Projektarbeit der Begegnungszentren der Zentralen Region und der Region Nordural wird an den IVDK übertragen. Dies bedeutet, dass die Leiter der BZ seit dem 01.01.08 eigenverantwortlich über die Projektsarbeit im Rahmen ihrer Organe der Selbstorganisation entscheiden können. Hr. Dr. K. Bergner, ich möchte mich bei Ihnen persönlich für die Beschlüsse bedanken, die wir als Ausdruck einer hohen Einschätzung unserer Tätigkeit sowie als Zeichen des Vertrauens betrachten. Sie sollen bitte wissen, dass für uns als IVDK Kompetenz auch Verantwortung bedeutet. Der IVDK unternimmt alles in seinen Kräften stehende, um dieses Projekt erfolgreich umzusetzen. Schließlich möchte ich zum dritten alle in diesem Saal anwesenden Aktivisten auf die sich herausbildende Selbstorganisation aus anderen Regionen aufmerksam machen. Auch hier werden Fortschritte festgestellt: Als erster Schritt wird den Zwischenregionalen Koordinierungsräten der Begegnungszentren als Partnern der regionalen GTZ-Büros die beratende und Consulting-Funktion für Projektarbeit in den Regionen Russlands eingeräumt. 18 Wie Sie sehen, können wir zusammen viel erreichen, indem wir grundsätzliche Fragen aufwerfen, die Interessen der Begegnungszentren konsequent und beharrlich durchsetzen und dabei einmütig handeln. Als nächster Schritt, gerichtet auf Intensivierung der Tätigkeit unserer Zentren, wurde von mir als Mitglied der deutsch-russischen Regierungskommission für Probleme der Russlanddeutschen am 04.10.07 der Vorschlag eingebracht, die Frage „Über Notwendigkeit der Festigung von Basisbedingungen der Tätigkeit der Begegnungszentren“ in die Tagesordnung der ordentlichen XIV Tagung der Regierungskommission aufzunehmen, Für uns ist es die zentrale, die wichtigste Frage. Selbstverständlich wird diese Besorgnis über die Lage der Begegnungszentren nicht von allen geteilt, nicht alle sind über so aktive Einstellung unseres Verbandes begeistert. Es gibt auch solche, die durch die Energie unserer Handlungen beunruhigt sind. Ich erkläre verbindlich: Wir sind bereit, verschiedene Standpunkte zu berücksichtigen, der IVDK war und bleibt immer offen für Dialog und Zusammenarbeit mit allen interessierten Partnern! Es gibt zwei weitere Tätigkeitsrichtungen, bei denen wir ebenfalls gute Erfolge zeitigen konnten. Im Januar des laufenden Jahres wurde vom IVDK ein Beschluss über die Aufnahme des Projekts „Partnerschaften“ getroffen. Bereits im Mai fand in Wiesbaden unter aktiver Mitwirkung unseres Verbandes die I. Internationale Partnerschaftskonferenz öffentlicher Organisationen der Russlanddeutschen statt, an der die Verbände der Deutschen aus der Ukraine, aus Deutschland, den USA teilnahmen. Die Deutschen der Russischen Föderation wurden dabei durch eine repräsentative Delegation des IVDK / Deutschen Jugendrings vertreten, bestehend aus 22 Leitern der Begegnungszentren und Jugendclubs aus verschiedenen Regionen des Landes. Zwischen dem IVDK, dem Deutschen Jugendring als unserer Partnerorganisation und der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland wurde eine strategische Rahmenvereinbarung über Partnerschaft abgeschlossen. Dieses 19 Projekt entwickelt sich erfolgreich. Unter den Gästen unseres Forums und des Kongresses befindet sich eine repräsentative Delegation der Landsmannschaft, geleitet vom Bundesvorsitzenden Hrn. A. Fletsch. Und heute werden wir Zeugen der Unterzeichnung von sechs ersten Vereinbarungen zwischen den Begegnungszentren des IVDK und lokalen Gruppen der Landsmannschaft sein, die einen Weg für die Entwicklung zwischen ihnen eines direkten Informations-, Kultur- und insbesondere Jugendaustausches eröffnen werden. Im Laufe des vergangenen Jahres zeichnete sich eine Intensivierung der Kinderund Jugendarbeit, einschließlich ihrer sprachlichen und ethnischen Komponente, ab. Gerade dazu hat der IVDK auf dem vorigen V. Forum der Begegnungszentren aufgerufen, vom Erfolg gerade dieser Arbeit hängt in entscheidendem Maße die Zukunft der deutschen Minderheit in Russland ab. Sehr geehrter Herr Dr. K. Bergner, im Auftrag der Begegnungszentren, Jugendclubs gestatten Sie mir, an Sie besondere Dankesworte für die Unterstützung der Partnerschafts- und Jugendprojekte, für Ihre Einsicht in die Wichtigkeit der weiteren Herausbildung der Selbstorganisation der deutschen Minderheit auf der Basis des Netzes von Begegnungszentren zu richten. Die Schwerpunkte der Aktionen wurden richtig gewählt. Und der Erfolg kommt! Im kommenden Jahr 2008 werden alle in Angriff genommenen Projekte vom IVDK konsequent und gezielt fortgesetzt und entwickelt. Dabei entfällt die wichtigste Hauptrichtung der öffentlichen Tätigkeit des IVDK auf die Schaffung von Basisbedingungen für eine stabile und effiziente Arbeit der Begegnungszentren. Die Priorität gilt der Erweiterung der Zusammenarbeit des IVDK gemeinsam mit dem Ministerium der RF für Regionalentwicklung mit staatlichen Organen vor Ort. Die Hauptaufgabe besteht in der ressourcemäßigen Sicherstellung der Tätigkeit der Zentren (Räumlichkeiten, Vergütung des Personals, technische Ausrüstung). 20 Die Zusammenarbeit in dieser wichtigen Frage, basierend auf der Einstellung und den Bedürfnissen der Begegnungszentren selbst, die über die Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren als Organe der Selbstverwaltung und Selbstorganisation zum Ausdruck gebracht werden, wird auch mit unseren Partnern und Freunden aus der GTZ fortgesetzt. Eine weitere wichtige Richtung der Tätigkeit de Verbandes bildet die Sicherstellung der rechtlichen Lage der deutschen Minderheit. Dazu werden Konsultationen mit der Staatsduma, mit Ministerien und Behörden der Russischen Föderation fortgesetzt. Der IVDK wird auch weiterhin Anstrengungen unternehmen, die auf die Konsolidierung der öffentlichen Bewegung der Russlanddeutschen gerichtet sind. Im praktischen Bereich, basierend auf Zwischenregionalen Koordinierungsräten der Begegnungszentren, wird die Koordinierung der Tätigkeit der BZ im Landesmaßstab gesteigert. Dabei wird der Schwerpunkt bei einer engeren Koordinierung der Projektsarbeit von Begegnungszentren der Zentralen Region und der Region Nordural liegen. Gegenstand einer besonderen Aufmerksamkeit seitens des IVDK wird die Stärkung der sprachlichen und ethnischen Komponente bei der Durchführung von Veranstaltungen in den Begegnungszentren und insbesondere bei der Jugendarbeit sein. Dabei ist es sehr wichtig, dass die Qualität von Veranstaltungen durch den Drang nach Quantität nicht beeinträchtigt werden soll. Ferner ist mir ein Bedürfnis, ein weiteres wichtiges Thema anzusprechen, von dem wesentlich abhängt, ob die Russlanddeutschen über eine starke und einmütige Position auf föderaler Ebene verfügen werden, sowie eigentlich die Zukunft der deutschen Minderheit abhängt. Im Laufe vieler Jahre war die öffentliche Bewegung der Russlanddeutschen nicht nur auf föderaler Ebene gespaltet, wie es auf den 21 ersten Blick erscheinen kann. Die Einstellung der Führung einer Reihe regionaler Strukturen ist wie folgt: Egal was sich auf föderaler Ebene in Moskau abspielt, lasst sie sich dort untereinander bekämpfen – dafür sind wir nicht verantwortlich. Die Hauptsache ist, Mittel für die eigene Region von der GTZ und - wenn es klappt – auch aus dem Föderalen Zielprogramm zu erhalten. Werte Kollegen und Freunde, in diesem Zusammenhang möchte ich folgendes sagen: Der im Laufe einiger Jahre feststellbare wesentliche Rückgang der politischen Aufmerksamkeit seitens der beiden Staaten für die Lösung der Probleme der Russlanddeutschen, der vielfache Abbau der Fördermittel war in vielerlei Hinsicht Folge der Unfähigkeit unserer öffentlichen Bewegung, sich am entscheidenden historischen Augenblick zusammenzuschließen, sowie durch die Gleichgültigkeit gegenüber dem allgemeinen Schicksal der Russlanddeutschen vor Ort verursacht. Das Motto “Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts“ würde die Russlanddeutschen zur Niederlage führen. Heute, wie nie zuvor, ist der Zusammenschluss aller Regionen, die gemeinsame Herausbildung einmütiger Standpunkte auf föderaler Ebene von besonderer Wichtigkeit. Nur die gemeinsame Lösung allgemeiner Fragen auf der föderalen Ebene wird zur weiteren Entwicklung und Stärkung regionaler Strukturen beitragen. Der IVDK will sich auch weiterhin an diesen Gedanken halten. Alles, was wir unternehmen, machen wir offen, demokratisch, mit Stützung auf die Bedürfnisse der Begegnungszentren und Meinung der breiten Öffentlichkeit. Alle Entscheidungen werden vorher allseitig besprochen und die Beschlussfassung erfolgt auf Tagungen unter Teilnahme der repräsentativen Vertreter der BZ. Unsere Vorschläge sind offenherzig. Unsere Tätigkeit ist für die Mitwirkung aller interessierten Partner offen. 22 Wie sieht die Zukunft der deutschen Minderheit in Russland aus, die wir allseitig anstreben sollen? Erstens: Die BZ arbeiten landesweit. Möglicherweise wird es zahlenmäßig weniger davon geben, jedoch werden sie stärker sein und bilden die Lebensgrundlage für die Erhaltung und Entwicklung der kulturellen Identität und Gemeinsamkeit der deutschen Minderheit. Ihre Tätigkeit findet Unterstützung seitens der lokalen und regionalen Administrationen. In den Zentren sind notwendige Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass alle Interessenten - sowohl Russladdeutsche, als auch ihre Angehörigen – reale Möglichkeiten für das Deutschstudium, die Aneignung deutscher Kultur und Traditionen, Erhaltung des historischen Gedächtnisses haben. Zweitens: Es ist eine starke, einheitliche, einflussreiche Selbstorganisation der deutschen Minderheit geschaffen worden, die auf der Basis der Begegnungszentren funktioniert und sich auf die Unterstützung der russischen und deutschen Seite stützt. Das System der Selbstorganisation wird auf demokratischer Grundlage aufgebaut, ihre Entscheidungen basieren auf den Bedürfnissen und Einstellungen der BZ in den Regionen. Die Projektarbeit wird von den Organen der Selbstorganisation eigenverantwortlich gestaltet und nachher mit den dazu bevollmächtigten russischen und deutschen Strukturen abgestimmt. Die Führung der Selbstorganisation zeichnet sich durch Realitätssinn und politisches Verantwortungsbewusstsein aus. Die Selbstorganisation arbeitet konstruktiv mit der Regierung Russlands zusammen und kooperiert mit der deutschen Bundesregierung im Rahmen der ihre Arbeit fortsetzenden Regierungskommission. Drittens. Eine weitere wesentliche Voraussetzung für die Erhaltung und Entwicklung der deutschen Minderheit in Russland bildet die kulturelle Anziehungskraft der historischen Heimat. Die Entwicklung der historischen Minderheit, Tätigkeit der BZ erfolgt mit aktiver Beteiligung der deutschen Seite im 23 Rahmen der Regierungskommission. Die Partnerschaften der BZ mit deutschen Kulturorganisationen im Rahmen eines Dialogs der Zivilgesellschaften der beiden Länder werden entwickelt und ausgeweitet. Durch solche Partnerschaften wird die Palette der Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern erweitert: Einerseits verleihen sie der Tätigkeit der BZ zusätzliche Impulse, andererseits steigern sie ihr Ansehen und ihren sozialen Status im Leben der jeweiligen Region. Viertens: Für ihre jeweiligen Regionen etablieren sich die BZ als Zentren des Studiums der deutschen Sprache und Kultur, Zentren aktueller Informationen über das heutige Leben in Deutschland, als wahre Zentren der deutsch-russischen Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern erstarkt und entwickelt sich. Die deutsche Minderheit ist voll darin integriert, im Zuge dieser Entwicklung erstarken auch unsere Zentren. Wir engagieren uns im Interesse der deutschen Minderheit, indem wir aus der Zusammenarbeit der beiden Staaten zusätzliche Möglichkeiten dafür schöpfen. Die Russlanddeutschen stehen im Dienste der Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten. Fünftens: Die deutsche Minderheit setzt erfolgreich vielseitige Programme um, die Kinder und Jugendliche zum Studium der deutschen Sprache, zur Aneignung des historisch-kulturellen Erbes der deutschen Ethnie in Russland motivieren. Der Jugend- und Schulaustausch wird abgewickelt, es wird gezielte Arbeit für die Erziehung einer Vorhut geleistet. Junge Russlanddeutsche aus Russland studieren an deutschen Universitäten; junge Aussiedler aus russlanddeutschen Familien kommen, um in Repräsentanzen deutscher Unternehmen in Russland zu arbeiten. Durch ihre gute Kenntnis der beiden Sprachen, Kontaktpflege mit Altersgenossen werden heutige Jugendliche zu einer Kraft, die zur Annäherung zwischen Russland und Deutschland, Russland und dem vereinigten Europa beitragen wird. 24 Sechstens: Schließlich bilden die Begegnungszentren, öffentlichen Strukturen der Russlanddeutschen einen Bestandteil der Zivilgesellschaft des Landes. Die Russlanddeutschen empfinden sich als gleichberechtigte Bürger der Russischen Föderation und wirken gemeinsam mit den Bürgern anderer Nationalitäten beim Aufbau eines sich erneuernden Russlands mit. All das sollen wir als Staatsbürger Russlands anstreben, indem wir aktiv bei der Tätigkeit der Zivilgesellschaft mitwirken, zum Aufbau des wirtschaftlichen Potentials und der demokratischen Freiheiten der Russischen Föderation beitragen und uns als aktive Teilnehmer der deutsch-russischen Zusammenarbeit profilieren. Gerade das wird vom Internationalen Verband deutscher Kultur angestrebt, dem Aufbau solcher Zukunft für die Russlanddeutschen widmen wir unsere Bemühungen und Gedanken, unsere reale Politik. Zwecks Sicherung solcher Zukunft bieten wir allen interessierten Partnern Dialog und Zusammenarbeit an. Um solcher Zukunft willen übernehmen wir die Verantwortung. Unseren Mut lassen wir nicht sinken ! Uns stehen noch viele gemeinsame, nützliche Aktivitäten bevor! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.