Уважаемый Председатель Комитета

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Übersetzung aus dem Russischen
Sehr geehrter Herr Vorsitzender des Ausschusses der Staatsduma K. Kosatschew,
Sehr geehrter Herr Staatssekretär Dr. K. Bergner,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Werte Freunde und Kollegen in unserer gemeinsamen Arbeit!
Heute haben sich in diesem Saal die Leiter öffentlicher Strukturen der
Russlanddeutschen, Vertreter staatlicher Organe der Russischen Föderation und
der Bundesrepublik Deutschland, Kollegen aus Partnerorganisationen versammelt.
Wir alle engagieren uns gemeinsam in einer großen, gemeinsamen Sache. Unsere
gemeinsamen Bemühungen helfen bei der Wiedergeburt der Russlanddeutschen,
die in der Vergangenheit den Repressalien des totalitären Regimes ausgesetzt
wurden, als einer der Ethnie unseres multinationalen Landes, helfen ihnen, sich als
gleichberechtigte Bürger Russlands zu fühlen. Heute, wie es auch im Verlaufe der
Jahrhunderte der Fall war, leisten die Russlanddeutschen nach wie vor einen
wichtigen Beitrag zur Herausbildung und Entwicklung des russischen Staates,
tragen zur Stärkung der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen der
Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland bei. Dabei stützen wir
uns auf die Hilfe der beiden Staaten.
Die Ethnie der Russlanddeutschen befindet sich heute an einer Wegegabelung in
ihrer Geschichte, wo es lebensnotwendig ist, eine Reihe von Fragen zu beantworten,
welche vom Leben selbst, vom Verlauf der aktuellen historischen Prozesse in
unserem Land wie auch weltweit aufgeworfen werden.
Wie erscheint die Zukunft der deutschen Minderheit in Russland? Werden die
Russlanddeutschen unter heutigen Bedingungen einer sich internationalisierenden
und globalisierenden Welt von unvermeidlicher Assimilation mitgerissen oder wird
uns beschert, eine würdige Antwort auf diese Herausforderung der Geschichte zu
finden. Welche praktischen Schritte sind zu unternehmen, um eine günstige
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Entwicklung der deutschen Ethnie zu sichern? Was sollen unsere öffentlichen
Organisationen, wir selbst tun, um die kulturelle Identität aufrechtzuerhalten und
die Nachfolge von Generationen in den Familien der Russlanddeutschen
sicherzustellen? Wie ist ein richtiges Gleichgewicht zwischen unserem ethnischen
Wesen und unserer öffentlichen Stellung zu finden? Welche Hilfe benötigen wir
seitens der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland? Wie kann
die verfügbare Unterstützung am effizientesten genutzt werden?
Ohne Beantwortung dieser Fragen kann es keine Fortbewegung in Richtung
Zukunft, kann es keine stabile Entwicklung der Ethnie, keine effiziente
Förderpolitik für die deutsche Minderheit geben.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde die kulturelle Identität der Russlanddeutschen in
der Familie, in religiöser Gemeinde, beim Zusammenleben in Dörfern sowie bei
engen Kontakten in den Städten aufrechterhalten und überliefert. Unter heutigen
Bedingungen einer dispersen Ansiedlung der deutschstämmigen Bevölkerung, bei
vielen Mischehen, bei der Urbanisierung und im letzten Jahrzehnt auch
Globalisierung ist die Rolle dieser Faktoren wesentlich zurückgegangen.
Im heutigen Russland sind nahezu keine Gebiete mit kompakter Ansiedlung der
deutschstämmigen Bevölkerung erhalten geblieben. Das System der
deutschsprachigen Schul- und Hochschulbildung ist nahezu total aufgelöst, der
kulturelle Einfluss der Religion ist abgeschwächt, auch die Nachfolge von
Generationen in der Familie stößt auf Schwierigkeiten.
Aus historischen Gründen werden die Russlanddeutschen heute weder von ihrer
Deutschsprachigkeit, noch von der Gemeinsamkeit ihrer territorialen Ansiedlung
zusammengehalten. Als Grundlage der kulturellen Identität und der
Gemeinsamkeit der Russlanddeutschen dienen in erster Linie das gemeinsame
Schicksal, das historische Gedächtnis, das Zugehörigkeitsgefühl, die
Familientraditionen, Überlieferungen der Vertreter der älteren Generation,
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insbesondere die über durchgemachte Leiden und erlebte Ungerechtigkeit. Von
großer Bedeutung sind kulturelle Anziehungskraft der historischen Heimat und
bestehende persönliche Kontakte mit Verwandten, die nach Deutschland
ausgesiedelt sind.
Ganz besonders möchte ich folgendes hervorheben:
Erstens: Der Verlust durch viele Russlanddeutsche ihrer Deutschsprachigkeit und
Kulturtraditionen war nicht Ergebnis ihrer Bereitschaft, ihre nationale Kultur und
insbesondere ihre nationale Zugehörigkeit aufzugeben. Dies war ein direktes
Ergebnis der stalinistischen Repressalienpolitik und ist untrennbar mit den Folgen
des Zweiten Weltkrieges verbunden.
Infolge der Zwangsumsiedlung, langjährigen Repressalien und Diskriminierungen
sind die Russlanddeutschen auch heute noch nicht in der Lage, ihre kulturelle
Identität selbständig zu erhalten und zu entwickeln.
Zweitens: Auch mit Bemühungen, die von der russischen Regierung und der
deutschen Bundesregierung unternommen wurden, gelang es immer noch nicht,
die Folgen der Vergangenheit endgültig zu überwinden. Es wurden immer noch
keine ausreichenden Voraussetzungen geschaffen, die für ein normales, ausgefülltes
heutiges Leben der Ethnie, für ihre stabile künftige Entwicklung notwendig sind.
Vor diesem Hintergrund benötigt die deutsche Ethnie Russlands eine Fortsetzung
der Fördermaßnahmen seitens der beiden Staaten, um die Folgen vergangener
Repressalien des totalitären Regimes und des Zweiten Weltkrieges endgültig
überwinden zu können.
Drittens. Das Ziel dieser Hilfe, der hauptsächliche Schwerpunkt bei der
Anwendung unserer eigenen Anstrengungen soll die Schaffung von
Voraussetzungen für die Erhaltung und Entwicklung der kulturellen Identität und
Gemeinsamkeit der Russlanddeutschen in der Russischen Föderation sein.
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Die Russlanddeutschen, ihre Angehörigen sollen Möglichkeiten für das
Sprachstudium und die Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse, Wiederherstellung
des historischen Gedächtnisses, Erhaltung der Generationsnachfolge, Einbeziehung
der Kinder und Jugendlichen in das national-kulturelle Leben, Erhaltung der
Traditionen, Sitten und Bräuche, Entwicklung des Glaubensbekenntnisses etc.
haben, also von all dem, wodurch die Zukunft einer jeden Ethnie gesichert wird.
Es ist insbesondere anzumerken, dass dieser Vorschlag sich auf den Geist und
Buchstaben des Rahmenübereinkommens des Europarates stützt, das in Russland
im Dezember 1998 in Kraft trat. Er entspricht auch der Europäischen Charta der
Regional- oder Minderheitensprachen.
Beide Dokumente verpflichten die Unterzeichnerstaaten, die kulturelle und
sprachliche Identität von Minderheiten vor der Assimilation gegen ihren Willen zu
schützen und ihnen Hilfe im Bereich der Bildung, Kultur, Schulbildung und des
öffentlichen Lebens zu leisten. Die Russlanddeutschen sind eine der 18
Minderheiten, die von der Russischen Föderation in diesen Dokumenten aufgelistet
wurden.
Es entsteht die logische Frage: Wie kann das erreicht werden?
Erst vor kurzem konnte man von manchen Russlanddeutschen, hauptsächlich von
Vertretern der älteren Generation, Aufrufe über die Wiederherstellung der
Republik der Deutschen des Wolga-Gebietes hören.
Rein menschlich sind diese Vorschläge verständlich. Viele von ihnen mussten
Schweres durchmachen, sie überlebten Trudarmee und Sonderkommandatur;
ihnen wurden ihre Heimatorte genommen und man zwang sie, sich ihr ganzes
Leben lang wegen ihrer nationalen Zugehörigkeit diskriminiert zu fühlen.
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Eigentlich könnte man auch den Behauptungen zustimmen, dass es bei
gemeinsamer Ansiedlung viel einfacher wäre, die kulturelle Identität der deutschen
Minderheit zu entwickeln.
Unser Verband ist überzeugt: Die Republik wurde den Russlanddeutschen
rechtswidrig genommen. Die Repressalien waren verbrecherisch. Wir sind
überzeugt, dass die Chancen für die Wiederherstellung territorialer Autonomie im
Wolga-Gebiet Ende der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wirklich gegeben
waren.
Die Frage besteht darin, inwieweit so ein Projekt unter heutigen politischen und
ökonomischen Bedingungen realisierbar ist? Wie reimt es sich mit den allgemeinen
Interessen des Staates zusammen, dessen Staatsbürger wir alle sind? Werden viele
der 600 Tausend Russlanddeutschen wirklich bereit sein, ihre bereits eingerichteten
Wohnorte zu verlassen, um in neuen Ortschaften neu anzufangen? Und schließlich
die wichtigste Frage: Werden wir auf diesem Wege das angestrebte Ziel erreichen?
Ich möchte Sie an folgendes erinnern: Die Staatlichkeit der Kalmyken wurde bereits
vor etwa 50er Jahren wiederhergestellt. Seitdem sind die Kalmyken nach der
Rückkehr aus ihren Deportierungsorten kompakt angesiedelt. Nichtsdestotrotz geht
in ihrem Milieu der Verlust der nationalen Identität, der Muttersprache mit
katastrophaler Schnelligkeit vor sich. Trotz dem Vorhandensein staatlicher Gebilde
entwickeln sich auch bei Mordwinen, Tschuwaschen, Mari, Khakassen sowie einer
Reihe anderer Völker Russlands Assimilationsprozesse. Es soll also wohl nicht nur
an der Republik, nicht nur in gemeinsamer Ansiedlung liegen, die in den
Leidensjahren eingebüßt wurde?
Unsere sehr veränderliche heutige Welt diktiert die Notwendigkeit, nach neuen
Ideen, neuem Herangehen zu suchen, die auf den Gegebenheiten des heutigen Tages
basieren. Die Erkenntnisse aus der Geschichte besagen: Die Zukunft gehört den
Ethnien, die es verstehen, sich an die Außenbedingungen anzupassen.
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Auch aus rechtlicher Sicht hat die Wiederherstellung der Republik keine Chance.
Die Verfassung von 1993 ist auf den Aufbau der neuen russischen Staatlichkeit auf
der Grundlage des Föderalismus und der lokalen Selbstverwaltung ausgerichtet. Sie
sieht keine Gründung territorialer Gebilde nach dem nationalen Prinzip vor. Die
künftige Lösung der nationalen Probleme wird vom Staat ausschließlich durch
national-kulturelle Entwicklung gesehen. Wesentliche Kompetenzen werden in
dieser Frage auf der Ebene der Regionen und lokalen Selbstverwaltung delegiert.
Somit wäre die Wiederherstellung der territorialen Staatlichkeit der
Russlanddeutschen nur durch Änderung der geltenden Verfassung, durch einen
Bruch von Vektoren der inneren Entwicklung des Staates vorstellbar. In der
Gesellschaft gibt es keine einflussreichen politischen Kräfte, die bereit wären, so ein
Projekt zu unterstützen.
Der IVDK als eine verantwortungsbewusste nationale Organisation der deutschen
Minderheit lässt sich bei seiner Tätigkeit von einer realistischen Einschätzung der
Situation, von der Einsicht leiten, dass eine seriöse, langfristige Politik weder auf
Emotionen und Verärgerung aus der Vergangenheit basieren soll, noch losgelöst
von der praktizierten staatlichen Nationalitätenpolitik der Russischen Föderation
als eines Landes zu betrachten ist, dessen Staatsbürgerschaft die Russlanddeutschen
haben.
Ein weiteres Thema, das eine große öffentliche Resonanz hervorruft, ist das Thema
der „Rehabilitation“.
Es ist anzumerken, dass in dieser grundsätzlichen Frage dramatische Kollisionen
zwischen rechtlicher Rehabilitation von Russlanddeutschen als Einzelpersonen und
der der gesamten Ethnie der Russlanddeutschen, zwischen dem Inhalt der
verabschiedeten Gesetze und der Praxis ihrer Umsetzung, zwischen den
verkündeten Absichten und den erzielten praktischen Ergebnissen vorliegen. Bei
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der Lösung dieser Fragen hat sich der Staat nicht immer und nicht in allen Punkten
konsequent sowie nicht immer ganz offen verhalten.
Heute haben Russlanddeutsche als Staatsbürger der Russischen Föderation mit
anderen Bürgern der Russischen Föderation gleiche Rechte, welche durch die
einheitliche Verfassung und Gesetzesakten geregelt werden. Weder wir, noch unsere
Kinder werden nach dem nationalen Prinzip diskriminiert.
Komplizierter ist es um die rechtspolitische Rehabilitation der Russlanddeutschen
als eines Volkes, um ihre praktischen Ergebnisse für die gesamte deutsche
Minderheit bestellt.
Einerseits wurde eine ganze Reihe der Gesetzesakte und Präsidialerlasse
verabschiedet, mit denen eine gewisse Basis für die Prozesse der praktischen
Rehabilitation geschaffen wurde. Die wichtigsten davon sind:
-
Erklärung des Obersten Sowjets der UdSSR vom 14.11.1989 "Über
Erklärung der Repressivakte gegen die Völker, die der Zwangsumsiedlung
ausgesetzt wurden, als gesetzeswidrig und verbrecherisch und Sicherstellung
deren Rechte“;
-
Erlass des Präsidenten der UdSSR vom 13.08.1990 "Über Wiederherstellung
der Rechte aller Opfer politischer Repressalien der 20-50er Jahre";
-
Verordnung des Obersten Sowjets der UdSSR vom 7.03.1991 "Über
Außerkraftsetzung der Gesetzesakte im Zusammenhang mit der Erklärung
des Obersten Sowjets der UdSSR vom 14.11.1989“;
-
Gesetz der RSFSR vom 26.04.1991. "Über Rehabilitation repressierter
Völker“;
-
Gesetz der RSFSR vom 18.10.1991 " Über Rehabilitation der Opfer
politischer Repressalien";
-
Erlass des Präsidenten der RF vom 21.02.1992 "Über erstrangige
Maßnahmen zur Rehabilitation der Russlanddeutschen".
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Auf das gleiche Ziel, nämlich Rehabilitation der Ethnie, sind auch die beiden
Föderalen Zielprogramme zur Unterstützung der Russlanddeutschen gerichtet,
nämlich das Programm, das im Zeitraum von 1997-2006 galt, und das neue
Föderale Zielprogramm für den Zeitraum von 2008-2012.
Andererseits liegt es auf der Hand, dass die unternommenen Bemühungen noch
nicht zu erwarteten Ergebnissen geführt haben, die Voraussetzungen für die
Selbsterhaltung der Ethnie, stabile Entwicklung der deutschen Minderheit sind
noch nicht in vollem Maße erreicht worden.
Somit bleibt die Frage nach der rechtspolitischen Rehabilitation der
Russlanddeutschen als eines Volkes, nach ihren praktischen Ergebnissen für die
heutige Generation sowie nach der Einflussnahme auf die Zukunft der deutschen
Minderheit nach wie vor offen.
Für eine volle Überwindung von Folgen der Repressalien des totalitären Regimes
benötigen wir als eine der Ethnien Russlands die Fortsetzung der
Fördermaßnahmen seitens des Staates, Fortsetzung der praktischen Rehabilitation
der Russlanddeutschen.
Es liegt in der Verantwortung der Russischen Föderation gegenüber ihren
Staatsbürgern deutscher Abstammung, gegenüber dem Andenken an die Bürger
und Völker Russlands, die den politischen Repressalien zum Opfer gefallen sind,
alles in ihren Kräften stehende zu tun, um die Folgen stalinistischer Repressalien
endgültig zu überwinden.
Als eine gute Kompromisslösung seitens des Staates, als ein Schritt in Richtung
Verbesserung der Rechtslage der deutschen Minderheit käme die Annahme eines
wirksamen Gesetzes "Über Selbstorganisation und Unterstützung der
Russlanddeutschen" in Frage. So ein Gesetz, gerichtet auf die Fortsetzung der
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rechtspolitischen Rehabilitation der Russlanddeutschen, wäre in der Lage, die
Fortsetzung von Fördermaßnahmen für die deutschstämmige Bevölkerung des
Landes künftig zu garantieren.
Obige Ausführungen bedeuten nicht, dass wir die Verantwortung für das eigene
Schicksal, für die Wahl der kulturellen Identität durch unsere Kinder auf die
Schultern des russischen oder des deutschen Staates abwälzen sollen, ohne selbst
etwas zu unternehmen.
Es kann keine Rehabilitation ohne SELBSTREHABILITATION geben!
Ebensowenig ist die kulturelle Identität ohne SELBSTIDENTIIKATION, ohne
EIGENE Anstrengungen beim Studium der deutschen Sprache, deutschen Kultur,
bei der Überlieferung des historischen Gedächtnisses und der Traditionen an
EIGENE Kinder in der EIGENEN Familie möglich!
Die gesamte Tätigkeit zugunsten der Russlanddeutschen kann und soll sich auf die
Initiative der deutschstämmigen Bevölkerung selbst, auf die Bereitschaft stützen,
alles zu unternehmen, was für die Erhaltung der ethnischen Zugehörigkeit
notwendig ist.
Gerade für diejenigen, die in einer Vielzahl von Städten, Siedlungen und Dörfern
auf den weiten Territorien Russlands leben und sich um die Erhaltung ihrer
kulturellen Identität bemühen, sind notwendige Voraussetzungen zu schaffen, bei
denen sie selbst und ihre Kinder in der Lage wären, die deutsche Sprache zu
lernen, ihre Kulturtraditionen zu erhalten und zu entwickeln.
Wenn man realistisch denkt, besteht heute dafür der einzige Weg, nämlich über die
Begegnungszentren, die mit ihrer Tätigkeit mehr als 400 Städte, Siedlungen und
Dörfer der Russischen Föderation erfassen und eine Schlüsselrolle bei der
Erhaltung und Entwicklung der kulturellen Identität der Russlanddeutschen
spielen.
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Wir sind uns bewusst, dass die BZ nicht in der Lage sind, alle Möglichkeiten, die bei
der gemeinsamen Ansiedlung der deutschstämmigen Bevölkerung bestanden,
aufzuholen. Dabei kann man mit Sicherheit sagen, dass für die Begegnungszentren
heute im Maßstab der gesamten Ethnie der Russlanddeutschen, im Landesmaßstab
keine vernünftige, realistische Alternative besteht!
Der Internationale Verband deutscher Kultur ist sich der erstrangigen Bedeutung
der Begegnungszentren, ihre ausschließliche Wichtigkeit für die deutsche
Minderheit voll bewusst. Gerade aus diesem Grund sehen wir unsere Aufgabe
darin, das Netz der Begegnungszentren zu stärken, seine Tätigkeit zu intensivieren,
seine Aktivitäten dynamischer, stabiler und zukunftssicherer zu gestalten.
Ferner sind im Interesse der Erhaltung und Entwicklung der kulturellen Identität
der deutschen Minderheit die praktische Arbeit im sozialkulturellen Bereich,
konkrete Aktionen und konkrete Projekte erforderlich.
Effektvolle Slogans, hinter denen sich keine praktischen Aktivitäten verbergen,
deklarierte Verachtung gegenüber angeblich „primitiver“ – manchen Aussagen
zufolge – Tätigkeit der Begegnungszentren sind außerstande, die Lage der
deutschen Minderheit zum Besseren zu bewenden. Die Aufrufe nach voller
Rehabilitation ohne jegliche Bestätigung durch konkrete praktische Arbeit im
ethnokulturellen Bereich sind nicht in der Lage, die reale Rehabilitation der
Russlanddeutschen voranzutreiben.
Sehr geehrte Damen und Herren!
PRAKTISCHE AKTIVITÄTEN, GERICHTET AUF DIE ERHALTUNG UND
ENTWICKLUNG DER KULTURELLEN IDENTITÄT DER
RUSSLANDDEUTSCHEN – DAS IST DIE ANTWORT DER DEUTSCHEN
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MINDERHEIT AUF DIE HERAUSFORDERUNG DER GESCHICHTE;
GERADE SIE BILDEN DIE GRUNDLAGE DER TÄTIGKEIT DES IVDK.
Seit dem vorigen V. Forum der Begegnungszentren ist genau ein Jahr vergangen.
Im vergangenen Zeitraum konnten wir viel leisten, in einer Reihe von Richtungen
wurden ernstzunehmende Erfolge erzielt. Ich erlaube mir, wichtigste davon an
dieser Stelle zu erwähnen.
Erstens. Vor fast zweieinhalb Jahren, auf dem IV. Forum der Begegnungszentren
in Anapa, übernahm der IVDK volle Zuständigkeit für die Verabschiedung des
neuen Föderalen Zielprogramms der russischen Regierung über Unterstützung der
Russlanddeutschen. Für uns, für den IVDK war der vergangene Zeitraum
ausgefüllt mit sehr komplizierter, intensiver Arbeit auf der Ebene von Ministerien
und Behörden, des Regierungsapparats, der Administrationen einer Reihe von
Regionen. Heute können wir berichten, dass unser Versprechen realisiert ist!
Am 30.August 2007 wurde vom Vorsitzenden der Regierung der Russischen
Föderation die Konzeption des neuen Föderalen Zielprogramms über
Unterstützung der Russlanddeutschen unterzeichnet. In dem vom Präsidenten
Russlands unterzeichneten Dreijahres-Staatshaushalt ist vorgesehen, mehr als RUR
1,6 Mrd. für die Unterstützung der deutschen Ethnie bereitzustellen. Der
Gesamtbetrag der Fördermittel für den Zeitraum von 2008 -2012 liegt bei ca. RUR
2,9 Mrd., was fast € 83 Mio. ausmacht; davon sollen RUR 2,2 Mrd. aus dem
föderalen Haushalt der Russischen Föderation und weitere ca. RUR 700 Mio. aus
den Haushalten der Regionen bereitgestellt werden. Ein Großteil dieser Mittel ist
für die Schaffung notwendiger Voraussetzungen in unseren beiden deutschen
Nationalbezirken in Sibirien sowie in kompakten Ansiedlungsstätten im
Wolgagebiet bestimmt. Gleichzeitig werden die für die Unterstützung der
sprachlichen und kulturellen Identität der Russlanddeutschen, für Kinder- und
Jugendarbeit, für die Medien der deutschen Minderheit bereitzustellenden Mittel
auf das 2,5fache erhöht.
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Wir kennen die Kritik, der zufolge das neue Föderale Zielprogramm nicht
vollkommen sei. Wir selbst sind uns im Klaren, dass dieses Programm weit vom
Ideal entfernt ist. Nach fast 2,5jähriger Arbeit können wir mit Zuversicht sagen:
Unter realen Bedingungen wäre die Wahl zwischen diesem - wenn auch
unvollkommenen – Föderalen Zielprogramm und dem Fehlen eines jeden
Programms, also fehlender Unterstützung für nationale Bezirke und
Begegnungszentren, zu treffen gewesen. Und an diejenigen, die heute das neue
Föderale Zielprogramm kritisieren und seine Wichtigkeit mit verschiedenartiger
Argumentation in Frage zu stellen suchen, wäre die Frage zu richten, worin ihr
Beitrag zur Annahme dieses Programms besteht? Außerdem betrachte ich das neue
Programm als einen ernstzunehmenden Erfolg der Politik des IVDK, als unseren
gemeinsamen Erfolg, weil seine Verabschiedung auch von politischer Wichtigkeit
ist. Dies ist ein gewisses Zeichen für die Bundesrepublik Deutschland, die
Fördermaßnahmen fortzusetzen. Die russische Regierung machte einen
ernsthaften Schritt, um ihren Beitrag bei der im Rahmen der deutsch-russischen
Regierungskommission für Probleme der Russlanddeutschen durchgeführten
Arbeit zur Förderung der kompakten Ansiedlungsgebiete und kulturellen Identität
der Russlanddeutschen zu erhöhen. Im Namen der hier anwesenden Vertreter der
Begegnungszentren der Russlanddeutschen, die praktisch die Mehrheit der
deutschstämmigen Bevölkerung der Russischen Föderation vertreten, wende ich
mich an die deutsche Bundesregierung: Die Unterstützung der deutschen
Minderheit Russlands soll fortgesetzt werden, die dafür bereitzustellenden Mittel
sollen den realen Bedürfnissen der deutschstämmigen Bevölkerung entsprechen, sie
sollen für die Schaffung solcher Basisbedingungen ausreichend sein, unter denen die
deutsche Minderheit die Möglichkeit erhält, heute wie auch künftig eine stabile und
nachhaltige Entwicklung zu genießen.
Zweitens. Im Laufe des vergangenen Jahrzehntes wurde die Förderung der
Russlanddeutschen seitens der Bundesrepublik Deutschland um das 5fache (!)
abgebaut.
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Erstmals in den letzten Jahren hat die Förderung der deutschen Minderheit in 2007
ihre sinkende Tendenz unterbrochen und sich stabilisiert. Dies ist im wesentlichen
Maße dank den Bemühungen des neuen Beauftragten der deutschen
Bundesregierung für die Angelegenheiten der Aussiedler und nationalen
Minderheiten Hrn. Dr. Bergner möglich geworden. Gleichzeitig bin ich überzeugt,
dass dazu auch die engagierte, aktive Einstellung vieler Vertreter unserer
Begegnungszentren beigetragen hat, die diese Frage offen und prinzipienfest
während der Gespräche der Delegationen des IVDK mit deutschen Vertretern
angesprochen haben.
Drittens. Auf dem vorigen Forum hat der IVDK von den Begegnungszentren ein
Mandat für die Interessenvertretung bei der Steigerung der Unterstützung der
Begegnungszentren erhalten, nämlich Ausstattung der Zentren mit entsprechenden
Räumlichkeiten, Erhöhung der technischen Ausrüstung, Erweiterung der
Zirkelarbeit, würdige Vergütung der Leiter und Buchhalter für die Projektarbeit,
der Leiter der Zirkelarbeit und Deutschlehrer. In diesem Zusammenhang schlägt
der IVDK vor, eine besondere Beachtung der Unterstützung sogenannter kleinerer
Begegnungszentren zu schenken als derjenigen, die es bei der Arbeit und beim
Überleben schwerer haben und gleichzeitig für die Russlanddeutschen ebenso
wichtig und notwendig sind, wie die Großstrukturen.
Die langjährig ausbleibenden Lösungen dieser lebenswichtigen Fragen rufen
Unstabilität bei der Arbeit des Netzes von Begegnungszentren hervor und führen zu
einer Systemkrise.
Gerade deshalb wurden diese Fragen vom IVDK so beharrlich und konsequent an
die deutsche Seite, u. a. bei den Gesprächen mit Hrn. Dr. K. Bergner am 06.02.07
und 27.09.07 sowie in einer Reihe von Schreiben angesprochen. Anfang des Jahres
haben wir dieses Thema mehrmals auch mit unseren Kollegen aus der GTZ
erörtert.
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Als erstes Ergebnis dieser Bemühungen wäre zu nennen, dass von regionalen Büros
der GTZ seit September 2007 die Zuschläge an die Leiter der Zirkelarbeit erhöht
wurden, in einer Reihe der Standorte wurden bei der Projektabwicklung die
Vergütungen für Leitung und Buchhaltung erhöht, es werden zusätzliche Grants
zur Verfügung gestellt.
Viertens. Im vergangenen Jahr trat der IVDK mit der Initiative auf, den
langjährigen Stillstand in der Frage der Herausbildung der Selbstorganisation der
deutschen Minderheit zu überwinden. Dieses Thema wurde bei Besprechungen, am
letzten Tag der Veranstaltung in Kislowodsk, in Moskau, Kolomna, Orenburg, ein
weiteres Mal in Moskau sowie in Tula besprochen.
Es wäre besonders hervorzuheben, dass zur Tagung in Orenburg, für die die
Annahme wichtiger Beschlüsse geplant wurde, Vertreter ausnahmslos aller
regionalen Begegnungszentren und Organisationen der Russlanddeutschen
eingeladen wurden. Darüber hinaus wurden zu einer Reihe der wichtigsten
Veranstaltungen, bei denen die Strategie der künftigen Aktivitäten besprochen
werden sollte, auch unsere Kollegen aus der FNKA eingeladen. Somit wurden
allen, die daran wirklich interessiert waren, Möglichkeiten für die Mitwirkung bei
der gemeinsamen Arbeit angeboten.
Als praktisches Ergebnis der durchgeführten Erörterungen erschien die Gründung
durch die dem IVDK angehörenden Begegnungszentren der Zwischenregionalen
Koordinierungsräte der Begegnungszentren von fünf Regionen der Russischen
Föderation, nämlich der Zentralen Region (Leitung - А.I. Grinenwald, Tula ), des
Ural ( Leitung – O.F. Strahler, Syktywkar), des Wolga-Gebietes (Leitung - L.L.
Raisig, Orenburg), Sibiriens und des Fernen Ostens (Leitung – G.P. Klassen,
Barnaul), von Kaukasus und Südrussland (Leitung – L.F. Krenzler, Stawropol). Ein
weiterer Zwischenregionaler Koordinierungsrat – der der Deutschen Südurals
(Leitung – O.W. Salo) - wurde am 29.10.07 in den Tagen des Forums gegründet.
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Die Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren wurden im
Rahmen des IVDK gegründet. Sie sind Organe mit beratender Stimme und sind
berufen, zur Entwicklung der demokratischen Selbstorganisation der dem IVDK
angehörenden BZ der Russlanddeutschen beizutragen.
Die Notwendigkeit der Gründung neuer Strukturen wurde durch folgende Faktoren
hervorgerufen:
1. Heute funktionieren in Groß- und Kleinstädten, in Siedlungen und Dörfern der
Russischen Föderation über 400 Begegnungszentren der Russlanddeutschen. Die
Rahmenbedingungen ihrer Arbeit, die Belange der Zentren weisen oft wesentliche
Unterschiede auf. In jeder Region gibt es ihre zu beachtende Eigenart, eigene
Besonderheiten. Es liegt auf der Hand, dass die Tätigkeit der BZ nicht immer von
Moskau aus zeitnah koordiniert werden kann.
2. Die Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren sind
berufen, diejenigen Verbindungsglieder zu sein, die einerseits näher zu den BZ der
jeweiligen Region stehen und daher ihre Arbeit unter Berücksichtigung der
Gegebenheiten der Region koordinieren sollen. Andererseits haben sie die
Interessen der dazugehörenden Begegnungszentren auf föderaler Ebene beim Rat
des IVDK zu vertreten und bei Bedarf auch zu verteidigen.
3.
Der IVDK hält es für grundsätzlich wichtig, die Rolle der eigentlichen
Begegnungszentren im Laufe der Erörterung und Beschlussfassung zu allen Fragen
zu steigern, die die Tätigkeit der Begegnungszentren betreffen. Die
Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren sollen als Organe
der Selbstverwaltung der Russlanddeutschen für die Regionalzentren der GTZ die
Rolle der Partner übernehmen. Die Projekte der Begegnungszentren der jeweiligen
Region sollen gerade mit koordinierender Rolle der Räte der BZ erörtert und
entschieden werden.
16
Somit sollen die Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren
Schlüsselglieder werden, das die Projekttätigkeit der Begegnungszentren in den
jeweiligen Regionen bestimmen.
4.
Es wird eine Verteilung von Kompetenzen erfolgen: Die
Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren koordinieren die
öffentlichen Initiativen und die Projekttätigkeit der Begegnungszentren in den
Regionen und der Rat (Präsidium) des IVDK übernimmt die politische und
strategische Koordinierung der öffentlichen und Projekttätigkeit des Systems von
Begegnungszentren, die Abwicklung föderaler und internationaler Projekte.
Um die Berücksichtigung von Interessen einzelner Regionen sicherzustellen, ein
Gleichgewicht zwischen den Initiativen der Regionen und den allgemeinen
Interessen der Russlanddeutschen aufrechtzuerhalten, gehören die Leiter der
Zwischenregionalen Koordinierungsräte der Begegnungszentren als Stellvertreter
des Vorsitzenden des Verbandes dem Präsidium des IVDK an.
Im Namen des IVDK wende ich mich an dieser Stelle an alle
Mitgliedsorganisationen des Verbandes, an alle Begegnungszentren mit dem Aufruf,
sich der Tätigkeit der Zwischenregionalen Koordinierungsräte der
Begegnungszentren aktiv anzuschließen.
Die ordentlichen Tagungen der Zwischenregionalen Koordinierungsräte fanden
bereits in den Tagen des Forums statt und verliefern erfolgreich. Dabei wurden für
das Jahr 2008 Pläne über die Durchführung wesentlicher Veranstaltungen in allen
Regionen der Russischen Föderation angenommen.
Am 22.10.07 fanden in Berlin Gespräche statt, an denen die Vertreter des deutschen
Bundesministeriums des Inneren und der Deutschen Gesellschaft für technische
Zusammenarbeit (GTZ) teilnahmen. Bei diesen Gesprächen informierten der IVDK
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und der Deutsche Jugendring über die neue Konzeption über Verbesserung der
Tätigkeit der Begegnungszentren.
Erlauben Sie mir, Sie kurz über die Ergebnisse der Gespräche zu informieren:
Erstens: Es wurde ein Beschluss über die Unterstützung von Basisbedingungen bei
der Tätigkeit von Zentren in den Ortschaften gefasst, wo es noch keine
Unterstützung von russischer Seite gegeben hat. Ich bin überzeugt, dass dieser
Beschluss positive Auswirkungen auf die Tätigkeit der Zentren haben wird, sie
stabiler macht, unseren Aktivisten zusätzliche Zukunftssicherheit verleiht.
Zweitens: Die Kompetenz für die Projektarbeit der Begegnungszentren der
Zentralen Region und der Region Nordural wird an den IVDK übertragen. Dies
bedeutet, dass die Leiter der BZ seit dem 01.01.08 eigenverantwortlich über die
Projektsarbeit im Rahmen ihrer Organe der Selbstorganisation entscheiden
können.
Hr. Dr. K. Bergner, ich möchte mich bei Ihnen persönlich für die Beschlüsse
bedanken, die wir als Ausdruck einer hohen Einschätzung unserer Tätigkeit sowie
als Zeichen des Vertrauens betrachten. Sie sollen bitte wissen, dass für uns als
IVDK Kompetenz auch Verantwortung bedeutet. Der IVDK unternimmt alles in
seinen Kräften stehende, um dieses Projekt erfolgreich umzusetzen.
Schließlich möchte ich zum dritten alle in diesem Saal anwesenden Aktivisten auf
die sich herausbildende Selbstorganisation aus anderen Regionen aufmerksam
machen. Auch hier werden Fortschritte festgestellt: Als erster Schritt wird den
Zwischenregionalen Koordinierungsräten der Begegnungszentren als Partnern der
regionalen GTZ-Büros die beratende und Consulting-Funktion für Projektarbeit
in den Regionen Russlands eingeräumt.
18
Wie Sie sehen, können wir zusammen viel erreichen, indem wir grundsätzliche
Fragen aufwerfen, die Interessen der Begegnungszentren konsequent und
beharrlich durchsetzen und dabei einmütig handeln.
Als nächster Schritt, gerichtet auf Intensivierung der Tätigkeit unserer Zentren,
wurde von mir als Mitglied der deutsch-russischen Regierungskommission für
Probleme der Russlanddeutschen am 04.10.07 der Vorschlag eingebracht, die
Frage „Über Notwendigkeit der Festigung von Basisbedingungen der Tätigkeit der
Begegnungszentren“ in die Tagesordnung der ordentlichen XIV Tagung der
Regierungskommission aufzunehmen, Für uns ist es die zentrale, die wichtigste
Frage.
Selbstverständlich wird diese Besorgnis über die Lage der Begegnungszentren nicht
von allen geteilt, nicht alle sind über so aktive Einstellung unseres Verbandes
begeistert. Es gibt auch solche, die durch die Energie unserer Handlungen
beunruhigt sind. Ich erkläre verbindlich: Wir sind bereit, verschiedene
Standpunkte zu berücksichtigen, der IVDK war und bleibt immer offen für Dialog
und Zusammenarbeit mit allen interessierten Partnern!
Es gibt zwei weitere Tätigkeitsrichtungen, bei denen wir ebenfalls gute Erfolge
zeitigen konnten. Im Januar des laufenden Jahres wurde vom IVDK ein Beschluss
über die Aufnahme des Projekts „Partnerschaften“ getroffen. Bereits im Mai fand
in Wiesbaden unter aktiver Mitwirkung unseres Verbandes die I. Internationale
Partnerschaftskonferenz öffentlicher Organisationen der Russlanddeutschen statt,
an der die Verbände der Deutschen aus der Ukraine, aus Deutschland, den USA
teilnahmen. Die Deutschen der Russischen Föderation wurden dabei durch eine
repräsentative Delegation des IVDK / Deutschen Jugendrings vertreten, bestehend
aus 22 Leitern der Begegnungszentren und Jugendclubs aus verschiedenen
Regionen des Landes. Zwischen dem IVDK, dem Deutschen Jugendring als unserer
Partnerorganisation und der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland wurde
eine strategische Rahmenvereinbarung über Partnerschaft abgeschlossen. Dieses
19
Projekt entwickelt sich erfolgreich. Unter den Gästen unseres Forums und des
Kongresses befindet sich eine repräsentative Delegation der Landsmannschaft,
geleitet vom Bundesvorsitzenden Hrn. A. Fletsch. Und heute werden wir Zeugen
der Unterzeichnung von sechs ersten Vereinbarungen zwischen den
Begegnungszentren des IVDK und lokalen Gruppen der Landsmannschaft sein, die
einen Weg für die Entwicklung zwischen ihnen eines direkten Informations-,
Kultur- und insbesondere Jugendaustausches eröffnen werden.
Im Laufe des vergangenen Jahres zeichnete sich eine Intensivierung der Kinderund Jugendarbeit, einschließlich ihrer sprachlichen und ethnischen Komponente,
ab. Gerade dazu hat der IVDK auf dem vorigen V. Forum der Begegnungszentren
aufgerufen, vom Erfolg gerade dieser Arbeit hängt in entscheidendem Maße die
Zukunft der deutschen Minderheit in Russland ab.
Sehr geehrter Herr Dr. K. Bergner, im Auftrag der Begegnungszentren,
Jugendclubs gestatten Sie mir, an Sie besondere Dankesworte für die
Unterstützung der Partnerschafts- und Jugendprojekte, für Ihre Einsicht in die
Wichtigkeit der weiteren Herausbildung der Selbstorganisation der deutschen
Minderheit auf der Basis des Netzes von Begegnungszentren zu richten. Die
Schwerpunkte der Aktionen wurden richtig gewählt. Und der Erfolg kommt!
Im kommenden Jahr 2008 werden alle in Angriff genommenen Projekte vom IVDK
konsequent und gezielt fortgesetzt und entwickelt. Dabei entfällt die wichtigste
Hauptrichtung der öffentlichen Tätigkeit des IVDK auf die Schaffung von
Basisbedingungen für eine stabile und effiziente Arbeit der Begegnungszentren.
Die Priorität gilt der Erweiterung der Zusammenarbeit des IVDK gemeinsam mit
dem Ministerium der RF für Regionalentwicklung mit staatlichen Organen vor
Ort. Die Hauptaufgabe besteht in der ressourcemäßigen Sicherstellung der
Tätigkeit der Zentren (Räumlichkeiten, Vergütung des Personals, technische
Ausrüstung).
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Die Zusammenarbeit in dieser wichtigen Frage, basierend auf der Einstellung und
den Bedürfnissen der Begegnungszentren selbst, die über die Zwischenregionalen
Koordinierungsräte der Begegnungszentren als Organe der Selbstverwaltung und
Selbstorganisation zum Ausdruck gebracht werden, wird auch mit unseren
Partnern und Freunden aus der GTZ fortgesetzt.
Eine weitere wichtige Richtung der Tätigkeit de Verbandes bildet die Sicherstellung
der rechtlichen Lage der deutschen Minderheit. Dazu werden Konsultationen mit
der Staatsduma, mit Ministerien und Behörden der Russischen Föderation
fortgesetzt.
Der IVDK wird auch weiterhin Anstrengungen unternehmen, die auf die
Konsolidierung der öffentlichen Bewegung der Russlanddeutschen gerichtet sind.
Im praktischen Bereich, basierend auf Zwischenregionalen Koordinierungsräten
der Begegnungszentren, wird die Koordinierung der Tätigkeit der BZ im
Landesmaßstab gesteigert. Dabei wird der Schwerpunkt bei einer engeren
Koordinierung der Projektsarbeit von Begegnungszentren der Zentralen Region
und der Region Nordural liegen.
Gegenstand einer besonderen Aufmerksamkeit seitens des IVDK wird die Stärkung
der sprachlichen und ethnischen Komponente bei der Durchführung von
Veranstaltungen in den Begegnungszentren und insbesondere bei der Jugendarbeit
sein. Dabei ist es sehr wichtig, dass die Qualität von Veranstaltungen durch den
Drang nach Quantität nicht beeinträchtigt werden soll.
Ferner ist mir ein Bedürfnis, ein weiteres wichtiges Thema anzusprechen, von dem
wesentlich abhängt, ob die Russlanddeutschen über eine starke und einmütige
Position auf föderaler Ebene verfügen werden, sowie eigentlich die Zukunft der
deutschen Minderheit abhängt. Im Laufe vieler Jahre war die öffentliche Bewegung
der Russlanddeutschen nicht nur auf föderaler Ebene gespaltet, wie es auf den
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ersten Blick erscheinen kann. Die Einstellung der Führung einer Reihe regionaler
Strukturen ist wie folgt: Egal was sich auf föderaler Ebene in Moskau abspielt, lasst
sie sich dort untereinander bekämpfen – dafür sind wir nicht verantwortlich. Die
Hauptsache ist, Mittel für die eigene Region von der GTZ und - wenn es klappt –
auch aus dem Föderalen Zielprogramm zu erhalten.
Werte Kollegen und Freunde, in diesem Zusammenhang möchte ich folgendes
sagen:
Der im Laufe einiger Jahre feststellbare wesentliche Rückgang der politischen
Aufmerksamkeit seitens der beiden Staaten für die Lösung der Probleme der
Russlanddeutschen, der vielfache Abbau der Fördermittel war in vielerlei Hinsicht
Folge der Unfähigkeit unserer öffentlichen Bewegung, sich am entscheidenden
historischen Augenblick zusammenzuschließen, sowie durch die Gleichgültigkeit
gegenüber dem allgemeinen Schicksal der Russlanddeutschen vor Ort verursacht.
Das Motto “Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts“ würde die Russlanddeutschen
zur Niederlage führen.
Heute, wie nie zuvor, ist der Zusammenschluss aller Regionen, die gemeinsame
Herausbildung einmütiger Standpunkte auf föderaler Ebene von besonderer
Wichtigkeit. Nur die gemeinsame Lösung allgemeiner Fragen auf der föderalen
Ebene wird zur weiteren Entwicklung und Stärkung regionaler Strukturen
beitragen.
Der IVDK will sich auch weiterhin an diesen Gedanken halten. Alles, was wir
unternehmen, machen wir offen, demokratisch, mit Stützung auf die Bedürfnisse
der Begegnungszentren und Meinung der breiten Öffentlichkeit. Alle
Entscheidungen werden vorher allseitig besprochen und die Beschlussfassung
erfolgt auf Tagungen unter Teilnahme der repräsentativen Vertreter der BZ.
Unsere Vorschläge sind offenherzig. Unsere Tätigkeit ist für die Mitwirkung aller
interessierten Partner offen.
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Wie sieht die Zukunft der deutschen Minderheit in Russland aus, die wir allseitig
anstreben sollen?
Erstens: Die BZ arbeiten landesweit. Möglicherweise wird es zahlenmäßig weniger
davon geben, jedoch werden sie stärker sein und bilden die Lebensgrundlage für
die Erhaltung und Entwicklung der kulturellen Identität und Gemeinsamkeit der
deutschen Minderheit. Ihre Tätigkeit findet Unterstützung seitens der lokalen und
regionalen Administrationen. In den Zentren sind notwendige Rahmenbedingungen
dafür geschaffen, dass alle Interessenten - sowohl Russladdeutsche, als auch ihre
Angehörigen – reale Möglichkeiten für das Deutschstudium, die Aneignung
deutscher Kultur und Traditionen, Erhaltung des historischen Gedächtnisses
haben.
Zweitens: Es ist eine starke, einheitliche, einflussreiche Selbstorganisation der
deutschen Minderheit geschaffen worden, die auf der Basis der Begegnungszentren
funktioniert und sich auf die Unterstützung der russischen und deutschen Seite
stützt. Das System der Selbstorganisation wird auf demokratischer Grundlage
aufgebaut, ihre Entscheidungen basieren auf den Bedürfnissen und Einstellungen
der BZ in den Regionen. Die Projektarbeit wird von den Organen der
Selbstorganisation eigenverantwortlich gestaltet und nachher mit den dazu
bevollmächtigten russischen und deutschen Strukturen abgestimmt. Die Führung
der Selbstorganisation zeichnet sich durch Realitätssinn und politisches
Verantwortungsbewusstsein aus. Die Selbstorganisation arbeitet konstruktiv mit
der Regierung Russlands zusammen und kooperiert mit der deutschen
Bundesregierung im Rahmen der ihre Arbeit fortsetzenden Regierungskommission.
Drittens. Eine weitere wesentliche Voraussetzung für die Erhaltung und
Entwicklung der deutschen Minderheit in Russland bildet die kulturelle
Anziehungskraft der historischen Heimat. Die Entwicklung der historischen
Minderheit, Tätigkeit der BZ erfolgt mit aktiver Beteiligung der deutschen Seite im
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Rahmen der Regierungskommission. Die Partnerschaften der BZ mit deutschen
Kulturorganisationen im Rahmen eines Dialogs der Zivilgesellschaften der beiden
Länder werden entwickelt und ausgeweitet.
Durch solche Partnerschaften wird die Palette der Zusammenarbeit zwischen
unseren beiden Ländern erweitert: Einerseits verleihen sie der Tätigkeit der BZ
zusätzliche Impulse, andererseits steigern sie ihr Ansehen und ihren sozialen Status
im Leben der jeweiligen Region.
Viertens: Für ihre jeweiligen Regionen etablieren sich die BZ als Zentren des
Studiums der deutschen Sprache und Kultur, Zentren aktueller Informationen
über das heutige Leben in Deutschland, als wahre Zentren der deutsch-russischen
Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern erstarkt
und entwickelt sich. Die deutsche Minderheit ist voll darin integriert, im Zuge
dieser Entwicklung erstarken auch unsere Zentren. Wir engagieren uns im
Interesse der deutschen Minderheit, indem wir aus der Zusammenarbeit der
beiden Staaten zusätzliche Möglichkeiten dafür schöpfen. Die Russlanddeutschen
stehen im Dienste der Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten.
Fünftens: Die deutsche Minderheit setzt erfolgreich vielseitige Programme um, die
Kinder und Jugendliche zum Studium der deutschen Sprache, zur Aneignung des
historisch-kulturellen Erbes der deutschen Ethnie in Russland motivieren. Der
Jugend- und Schulaustausch wird abgewickelt, es wird gezielte Arbeit für die
Erziehung einer Vorhut geleistet.
Junge Russlanddeutsche aus Russland studieren an deutschen Universitäten; junge
Aussiedler aus russlanddeutschen Familien kommen, um in Repräsentanzen
deutscher Unternehmen in Russland zu arbeiten.
Durch ihre gute Kenntnis der beiden Sprachen, Kontaktpflege mit Altersgenossen
werden heutige Jugendliche zu einer Kraft, die zur Annäherung zwischen Russland
und Deutschland, Russland und dem vereinigten Europa beitragen wird.
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Sechstens: Schließlich bilden die Begegnungszentren, öffentlichen Strukturen der
Russlanddeutschen einen Bestandteil der Zivilgesellschaft des Landes. Die
Russlanddeutschen empfinden sich als gleichberechtigte Bürger der Russischen
Föderation und wirken gemeinsam mit den Bürgern anderer Nationalitäten beim
Aufbau eines sich erneuernden Russlands mit.
All das sollen wir als Staatsbürger Russlands anstreben, indem wir aktiv bei der
Tätigkeit der Zivilgesellschaft mitwirken, zum Aufbau des wirtschaftlichen
Potentials und der demokratischen Freiheiten der Russischen Föderation beitragen
und uns als aktive Teilnehmer der deutsch-russischen Zusammenarbeit profilieren.
Gerade das wird vom Internationalen Verband deutscher Kultur angestrebt, dem
Aufbau solcher Zukunft für die Russlanddeutschen widmen wir unsere
Bemühungen und Gedanken, unsere reale Politik. Zwecks Sicherung solcher
Zukunft bieten wir allen interessierten Partnern Dialog und Zusammenarbeit an.
Um solcher Zukunft willen übernehmen wir die Verantwortung.
Unseren Mut lassen wir nicht sinken ! Uns stehen noch viele gemeinsame, nützliche
Aktivitäten bevor!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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