Arbeit/KAB Liebe Mitchristen, diese Sprüche kennen Sie sicher: "Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder!" oder "Lieber Feste feiern, als feste arbeiten!" So witzig solche Redewendungen oberflächlich betrachtet auch sein mögen, so kommt in ihnen doch auch deutlich zum Ausdruck, welches Verhältnis wir oftmals zur Arbeit haben. Sie gilt zunächst einmal als notwendiges Übel, um sich den Lebensunterhalt sichern zu können. Sie ermöglicht uns ei-nen gewissen Lebensstandart - damit scheint dann alles erschöpft zu sein. Wenn man sich solche oder ähnliche Sprüche aber ein bißchen näher betrachtet, so läßt sich auch deutlich ein Menge Resignation und Hoffnungslosigkeit ablesen. 40 Jahre und länger sind wir hineingezwungen in die Arbeitswelt. Dabei sind wir meist nur ein Rädchen im Getriebe, bewegt von anderen, ohne die geringste Chance auf Freiraum und Richtungsänderung. Denn wer von uns kann schon frei über seinen Tagesablauf bestimmen, wer kann es sich schon leisten nach Lust und Laune die Zügel schleifen zu lassen? So ist die überwiegend negative Einstellung zur Arbeitswelt nicht weiter verwunderlich. Wir flüchten uns daher auch immer mehr in unsere Freizeit: Wochenende, Urlaub und das Fernziel Rente werden zum gelobten Land unserer Vorstellungen. Was Wunder, wenn Psychologen bereits von einer neuen Krankheit sprechen, nämlich der Schizophrenie des Lebens! Angesichts unserer Arbeitslosenzahlen und den Schwierigkeiten einer hochtechnisierten Arbeitswelt ist schließlich jeder froh um seinen Arbeitsplatz und fühlt sich trotz gegenteiliger Einstellung zu immer besseren Leistungen herausgefordert. So beginnt für viele das eigentliche Leben erst nach Arbeitsschluß. Liebe Mitchristen, es wäre wohl zu leicht und zu billig das Mißverhältnis zur Arbeit nur dem Fortschritt, den geänderten Produktionsmethoden oder auch der Profitgier einzelner anzulasten. Wir müssen auch bei uns selbst suchen; wir müssen uns wieder verstärkt mit Sinn und Inhalt unserer Arbeit auseinan-dersetzen, wenn wir nicht auf Dauer verkümmern wollen. Wir dürfen sie auch nicht weiterhin verdrängen und unser Leben damit praktisch zweiteilen. Ein Arbeitnehmer, der zusammen mit Hut und Mantel auch seine Gedanken und seine Individualität in den Kleiderschrank hängt, wenn er zur Arbeit kommt, muß sich ja wie ein Roboter fühlen, der nur Monotonie und Stumpfsinn kennt. Daran kann dann weder irgendeine Gewerkschaft, weder eine noch so drastisch verkürzte Arbeitszeit oder ein besonders hohes Lohnniveau etwas ändern. Nein - wir selbst müssen versuchen den Sinn unserer Arbeit wieder zu entdecken, wieder aufzudecken. Eine Hilfe dazu kann uns die christliche Soziallehre sein: Menschliche Arbeit bekommt ihren tieferen Sinn und ihren Wert aus der christlichen Schöpfungslehre und dem Auftrag Gottes zur Teilnahme an seinem Schöpfungswerk. Arbeit ist somit nicht nur Selbstzweck. Niemand arbeitet für sich selbst, d.h. jede Arbeit bedingt wieder eine andere und eine abgeschlossene Arbeit besitzt eine bestimmte Wertstellung für einen Mitmenschen. Dies beinhaltet damit auch zugleich die Verantwortung, die wir zusammen mit unserer Tätigkeit zu übernehmen haben. Alles, was wir tun, müssen wir nach bestem Wissen und Gewissen ausführen, um andere nicht zu gefährden, um anderen nicht in irgendeiner Form einen Schaden zuzufügen. Als Ebenbild Gottes sind wir Menschen auch aufgefordert uns einzusetzen für die Schöpfung Gottes, für unsere Erde. Der Holländische Katechismus schreibt dazu: "Gott hat die Welt nicht erschaffen, er erschafft sie dauernd und zwar auch durch uns." Wer arbeitet, der schafft also zugleich auch etwas, er ist schöpferisch tätig. Nicht nur Künstler, Maler, Schriftsteller sind schöpferisch tätig, auch die Hausfrau, die ihrer Familie das Essen kocht, hat etwas geschaffen; der Rentner, der liebevoll seinen Garten pflegt; der Fabrikarbeiter, der ein Werkstück verändert oder vervollkommnet! Sie alle sind in irgendeiner Form schöpferisch tätig, sie lassen etwas werden; ihre Hände, ihre Einstellung, ihre Überlegungen bringen etwas zur Entfaltung, lassen etwas entstehen. Wir brauchen uns deshalb aber nichts vorzumachen: Tatsache ist, daß es Arbeiten gibt, die unsere schöpferischen Möglichkeiten teilweise sehr blockieren; Tatsache ist aber auch, daß wir selbst unsere Talente vergraben. Wir verzagen zu leicht, weil sich unser ganzes Inneres auflehnt, weil wir viel zu sehr an unserer negativen Einstellung ändern, weil wir den Wert unseres Schaffens unterschätzen oder einfach nicht sehen. Gerade dazu hat die kath. Kirche immer wieder Stellung bezogen. Erst 1981 äußerte sich Papst Johannes Paul II zum Wert der Arbeit in seiner Enzyklika "Laborem Exercens". Der Papst betont, daß die Arbeit ein hohes menschliches Gut sei. Sie bestimme die Würde des Menschen mit, weil sie auf Gottes Auftrag zurückzuführen sei. Demzufolge muß in der Arbeitswelt der Mensch an erster Stelle stehn; die Technik darf in jedem Fall nur die Dienerin des Menschen sein, ihn jedoch nie beherrschen. Obwohl die Kirche schon immer diese Meinung vertreten hat, wurde sie bislang jedoch nie in dieser Deutlichkeit ausgesprochen und hervorgehoben. So muß sich die Kirche wohl oder über auch den Vorwurf gefallen lassen, sich nicht klar und deutlich geäußert zu haben, was ihr seit der industriellen Revolution des vorigen Jahrhunderts auch viel Kritik von Seiten der Arbeitnehmer eingebracht hat. Es ist allerdings falsch zu behaupten, die Kirche hätte sich nie um die Belange der Arbeitnehmer gekümmert. Vor allem in Deutschland trifft dies keinesfalls zu. Es gab viele Priester, die sich auf diesem Gebiet engagierten: den Gesellenvater Adolf Kolping etwa oder den Mainzer Bischof Ketteler. Letzterer war einer der geistigen Väter und Führer der kath. Arbeitervereine des voriger Jahrhunderts. Aus diesen Vereinen ging später die sog.KAB, die kath. Arbeitnehmerbewegung hervor. Diese Organisation feiert nun dieser Tage ihr 10jähriges Bestehen hier in der Pfarrei Breitenberg. Grund genug Rückschau zu halten, aber auch in die Zukunft zu blicken. Grund genug auch dieser Bewegung einige Worte zu widmen. Grundsätzlich ist die KAB keine Partei, keine Gewerkschaft und auch kein Verein. Ebenso falsch ist es ihr vorzuwerfen, sie steh unter dem Pantoffel der Amtskirche. Tatsache ist vielmehr, daß sie versucht einen Beitrag zu leisten zur Ge-staltung des betrieblichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens. Aus christlicher Überzeugung heraus setzt sich die KAB für eine menschlichere Gesellschaft, für humanere Arbeitsformen, für mehr Mitbestimmung und ähnliches mehr ein. Zugleich aber ist in ihr auch ausreichend Platz für Geselligkeit und Feste. Die Probleme des Einzelnen, seien sie familiärer, wirtschaftlicher oder religiöser Art werden hier nicht zur Seite geschoben, sondern von allen mitgetragen. Nicht Klassenkampfparolen, nicht überzogene Forderungen, nicht rein sachlich orientierte Probleme stehen im Mittelpunkt: Ausgangs- und Endpunkt aller Bemühungen ist und bleibt der Mensch! Deshalb ist die KAB eben mehr als andere Organisationen, denn sie besitzt neben einer sachlichen Auseinandersetzung mit den Problemen dieser Welt eine menschliche Ausstrahlung. Und deshalb wird sie als christliche Gemeinschaft auch in der Lage sein ein großes Wort unseres Papstes mit Leben zu füllen und es so mehr und mehr Wirklichkeit werden zu lassen: "Die Arbeit ist für den Menschen da, nicht der Mensch für die Arbeit!" Dieser Satz, so meine ich, gilt für alle und er sollte uns alle anregen zum Nachdenken und zum Handeln. Amen