PD Schockierende Ungleichheit

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Pressedienst Travail.Suisse – Nr. 8 – 22. Mai 2006 – Ausländerpolitik
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Neues Ausländergesetz
Schockierende Ungleichheit!
Das neue Ausländergesetz, über das am 24. September 2006 abgestimmt wird,
ist abzulehnen, da es inakzeptable Unterschiede zwischen EU-Bürgern und anderen ausländischen Staatsangehörigen macht.
Nichts rechtfertigt eine derartige Benachteiligung von Ausländer/innen, die nicht Bürger/innen eines EU-Landes sind und dauerhaft in unserem Land wohnen. Deshalb beteiligte sich Travail.Suisse an der Unterschriftensammlung und unterstützte das Referendum gegen das Ausländergesetz, das im April 2006 ergriffen wurde.
Familiennachzug: schockierend
Das anschaulichste und auch schockierendste Beispiel für diese Benachteiligung ist die
Regelung des Familiennachzugs.
EU-Bürger/innen können ihre Kinder ohne Frist und bis zum Alter von 21 Jahren in die
Schweiz holen, während Angehörige anderer Länder ihre Kinder nur bis zum Alter von
18 Jahren nachziehen lassen können und dabei eine Frist von fünf Jahren einhalten müssen. Für Jugendliche über 12 Jahren beträgt diese Frist sogar nur ein Jahr!
Es ist zwar nicht zu leugnen, dass ein rascher Familiennachzug für die Integration der
ausländischen Kinder und Jugendlichen ins Schweizer Schul- und Bildungssystem und
damit auch in die Arbeitswelt sehr wichtig ist. Aber es ist zu befürchten, dass viele Ausländer/innen, die nicht aus einem EU-Land stammen, die vorgesehenen Fristen für den
Familiennachzug nicht einhalten können, da sie zuerst selbst bestimmte Anforderungen
erfüllen müssen (angemessene Unterkunft und Unabhängigkeit von der Sozialhilfe), bevor ein Familiennachzug möglich ist.
Ein weiterer Punkt ist inakzeptabel: Ausländische Staatsangehörige mit einer Aufenthaltsbewilligung haben im Gegensatz zu den EU-Bürger/innen und den Ehegatten von
Schweizer Bürger/innen kein Recht auf Familiennachzug. Die Behörden behalten sich
einen Ermessensentscheid bei der Bewilligung des Familiennachzugs vor, und es ist zu
befürchten, dass es viele Ungerechtigkeiten und je nach Kanton sehr unterschiedliche
Praktiken geben wird.
Diese drakonischen Bedingungen im Bereich des Familiennachzugs sind im Übrigen aus
migrationspolitischer Sicht unverständlich: Das Ausländergesetz öffnet jedes Jahr einigen
Tausend Ausländer/innen den Schweizer Arbeitsmarkt, dies unter der Bedingung, dass
Pressedienst Travail.Suisse – Nr. 8 – 22. Mai 2006 – Ausländerpolitik
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diese Menschen qualifiziert sind und von ihrer beruflichen Integration ausgegangen werden kann. Travail.Suisse unterstützt grundsätzlich diese Aufnahmepolitik. Da aber die
Schweiz auch in Zukunft qualifiziertes ausländisches Personal benötigt – dieser Trend
wird sich durch die ungünstige demographische Entwicklung noch verstärken –, ist es
absurd, den Familiennachzug für die qualifizierten Arbeitnehmer/innen, die wir brauchen, derart zu erschweren.
Schweizerinnen und Schweizer gegenüber EU-Bürgern im Nachteil!
Nicht nur die Befürworter/innen einer offenen und multikulturellen Schweiz sollten das
Ausländergesetz ablehnen, sondern auch viele Schweizerinnen und Schweizer, die eine
Benachteiligung gegenüber den EU-Bürgerinnen und –Bürgern nicht hinnehmen können!
Tatsache, dass Schweizer Staatsbürger/innen mit ihrem ausländischen Ehegatten zusammenwohnen müssen, damit Letzterer eine Aufenthaltsbewilligung erhält. Für die
Ehegatten von EU-Bürger/innen gilt diese Regelung nicht. Für ausländische Angehörige
eines Schweizer Bürgers oder einer Schweizer Bürgerin liegt die Altersgrenze für den Familiennachzug bei 18 Jahren, während sie bei den EU-Bürger/innen bei 21 Jahren liegt. Es
ist nicht nachvollziehbar, warum Schweizerinnen und Schweizer, die Ausländer und Ausländerinnen aus Nicht-EU-Staaten heiraten, gegenüber EU-Bürger/innen, die sich in unserem Land niederlassen, benachteiligt werden.
Ziel: kein gutes Abstimmungsergebnis für das Gesetz
Es geht nun darum, sich im Abstimmungskampf zu engagieren, damit das Ausländergesetz abgelehnt wird oder zumindest kein gutes Abstimmungsergebnis erreicht. Ein gutes
Ergebnis würde die SVP nämlich dazu anspornen, die Rechte der Ausländer weiter zu
beschneiden, ganz besonders vor den eidgenössischen Wahlen 2007. Es genügt, die SVPSchrift mit dem Titel «Unsere Regeln gelten für alle» zu lesen (die auch den Titel «Wenn
ihr unsere Schweizer Traditionen nicht achtet, werdet ihr ausgewiesen» tragen könnte),
um zu erkennen, dass fast alle vorgeschlagenen Lösungen fortschrittsfeindlich, unwürdig,
einseitig und darüber hinaus erst noch wirkungslos sind.
Denis Torche, Leiter Ausländerpolitik
Travail.Suisse, Hopfenweg 21, 3001 Bern, Tel. 031 370 21 11, E-Mail: [email protected],
www.travailsuisse.ch
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