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EUROPÄISCHES PARLAMENT
1999
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2004
Ausschuss für Entwicklung und Zusammenarbeit
15. September 2000
ARBEITSDOKUMENT
zur Mitteilung der Kommission (KOM(2000) 212 endg.) zur
Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft
Ausschuss für Entwicklung und Zusammenarbeit
Berichterstatter: Vitalino Gemelli
DT\418175DE.doc
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ARMUT
Armut wird definiert als Mangel an Einkommen und finanziellen Ressourcen, Bildung,
Gesundheitsdiensten, Naturressourcen, Beschäftigung, Landbesitz und, in einem
allgemeinerem Sinne, als Mangel an politischer Partizipation, Dienstleistungen,
Infrastrukturen, Information und Kommunikation.
Armut ist außerdem eine psychologische Verfassung, das Gefühl absoluter Schwäche
gegenüber Ereignissen, seien sie von der Natur oder von Menschen ausgelöst. Sie ist eine
Empfindung, die in der Ohnmacht wurzelt und dem Individuum jede Reaktionsfähigkeit
nimmt, mit Ausnahme der physisch bedingten.
Ein armer Mensch klammert sich unkritisch an jede Möglichkeit, die ihm das Überleben
sichert, Tag für Tag, ohne die Aussicht auf eine endgültige Lösung. Das zwingt ihn zu einem
Individualismus (persönlicher Kampf ums Überleben), von dem - wegen der nicht zu
unterdrückenden natürlichen Bindung - nur die Mutter-Kind-Beziehung unberührt bleibt.
Die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, einem Stamm oder einem Dorf wird faktisch zu einer
formalen sozialen Suprastruktur, die kein kollektives Heilmittel für die Schwäche des
Individuums sein kann, auch wenn sie ihre Bedeutung als kulturelles
Kommunikationsinstrument voll und ganz bewahrt und Werte, Sitten und Gebräuche sowie
Traditionen weitergibt, die jedoch nicht ausreichen, um die Lebensbedingungen zu
verbessern.
Armut ist und darf nicht als vom armen Individuum selbst verschuldet angesehen werden.
Deshalb muss in den nächsten zehn Jahren etwas geschehen; in diesem Zeitraum stehen die
20 Prozent der Weltbevölkerung, die 86 Prozent der Weltproduktion verbrauchen, angesichts
der anderthalb Milliarden Menschen, die weniger als einen US-Dollar pro Tag zum Leben
haben, einer enormen Verantwortung gegenüber. Das große Meer der Armut muss zum
„Weltproblem“ werden, zum „Programmpunkt einer jeden Regierung“, zum „Ideal aller
Denker“, Ziel der Weltwirtschaft, jenseits aller politischen, philosophischen, wirtschaftlichen
und sozialen Ideologie.
In der Ära der Globalisierung stellt die Armut ein enormes Hindernis auch für die
Entwicklung der Industriestaaten dar, da sie Ressourcen bindet, die keine
Produktionskapazität entwickeln können.
Die Entwicklungsschere
Sämtliche Statistiken weisen aus, dass die modernen Wirtschaftssysteme innerhalb einer
entwickelten Gesellschaft eine zunehmende Spreizung zwischen sozialen Schichten bewirken,
die von verschiedenen Entwicklungsbedingungen beeinflusst werden; deshalb haben Gebiete
mit einem hohen Entwicklungspotential eine höhere Wachstumsrate als solche, die nicht von
demselben Potential profitieren können.
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Es ist folglich notwendig, die Tendenz umzukehren, die es den reichsten 20% der
Weltbevölkerung erlaubt hat, ihr Einkommen, das 1960 das 30-fache des Einkommens der
ärmsten 20% betrug, im Jahr 1995 auf das 82-fache zu steigern.
Die Öffnung dieser Schere lässt sich nur verringern, wenn die Investitionsrate für die
Modernisierung der Wirtschaft in Gebieten mit hohem Entwicklungspotential niedriger ist als
die in den übrigen Gebieten.
Der Schutz der Freiheit, Reichtümer anzuhäufen, muss auch den Schutz der Freiheit der
armen Länder umfassen, den Weg der Entwicklung unter den Bedingungen des freien
Wettbewerbs einzuschlagen, wobei Marktbedingungen erforderlich sind, die zu einer
Verringerung der bestehenden Unterschiede in Bezug auf die wirtschaftlichen Verhältnisse,
das verfügbare Instrumentarium und die Infrastrukturen führen.
Mindeststandard
Die Definition eines Mindeststandards setzt objektiv gültige und allgemein anerkannte
Entscheidungen voraus, die auf der Grundlage eines Minimums an „natürlichen
Bedingungen“ zu treffen sind.
Was muss einem Armen also zugestanden werden, damit er über einen „Mindeststandard“
verfügt, der ihm hilft, aus seiner Armutssituation herauszukommen?
1.
Das Recht auf Leben, ohne Ansehen des Geschlechts, der Rasse oder des
Geburtsortes;
2.
das Recht auf Überleben, also auf Nahrung;
3.
das Recht auf Wohnung, also einen soliden Schutz vor vorhersehbaren klimatischen
und ökologischen Einflüssen sowie das Recht auf den Besitz materieller und
immaterielle Güter;
4.
das Recht auf Gesundheit, was die Möglichkeit einschließt, sein Leben durch
Bekämpfung von Krankheit mittels neuzeitlicher wissenschaftlicher, medizinischer
und pharmazeutischer Mittel und Verfahren zu erhalten;
5.
das Recht auf Beteiligung am sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben
innerhalb des eigenen sozialen und staatlichen Umfeldes;
6.
das Recht auf Meinungsfreiheit, auch wenn es sich um eine Minderheitenmeinung
handelt;
7.
das Recht auf Unversehrtheit der eigenen Person;
8.
das Recht auf intellektuelle Meinungsfreiheit und freie Initiative;
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9.
das Recht, vor dem Gesetz allen übrigen Bürgern des Staates ohne Ansehen des
Geschlechts, der Rasse, der Religion oder der Überzeugung uneingeschränkt
gleichgestellt zu sein;
10.
das Recht auf staatliche Gerechtigkeit, die auf der gesetzlich anerkannten
Gleichbehandlung aller Bürger beruht.
Ziel
Nachdem also die geradezu exponentiell zunehmende Öffnung der Schere zwischen reichen
und armen Ländern beschrieben und dargelegt wurde, dass der Kampf ums Überleben, vor
allem in bestimmten Ländern, zu grausamen und blutigen Machtkämpfen führt und die
herrschende Klasse einen großen Teil der Ressourcen in den Erwerb von
Massenvernichtungswaffen investiert, dann wird, sofern man all dies auf das internationale
Szenario überträgt, die Armut zum destabilisierenden Faktor für eine auf Frieden und
Entwicklung gegründete Weltordnung.
Die Beseitigung der Armut muss also zum vorrangigen Ziel der entwickelten Länder werden,
wenn sie vermeiden wollen, dass dieses Phänomen den Prozess der Weltentwicklung
unwiderruflich gefährdet, indem sie ihn stoppt und barbarisiert. Voraussetzung für die
Ausrottung der Armut sind drei „Vor-Ziele“: Ernährung, Gesundheitsschutz sowie
Alphabetisierung und Schulbesuch.
Der Umstand, nicht mehr um ein Stück Brot kämpfen zu müssen, Krankheiten problemlos
heilen zu können und sich nicht mehr von aller Welt ausgegrenzt zu fühlen, wird den Armen
die erforderliche Sicherheit geben, neue Energie und Zuversicht zu entwickeln.
Umwelt
Die letzten Weltkonferenzen zum Thema Umwelt haben zu einer alarmierenden Analyse und
einer Therapie geführt, die noch kaum in die Tat umgesetzt wurde.
In den reichen Ländern wird das Thema Umwelt ausführlich diskutiert, gleichzeitig aber auch
mit Wettbewerbsaspekten verknüpft. Wenn von städtischem Smog die Rede ist, denkt jeder
an seine eigene Stadt.
Die Umweltdimension, die sich alle zu eigen machen sollten, ist eine globale Dimension, die
sich auf die gesamte Erde beziehen muss, auf die Oberfläche wie das Erdinnere, auf sämtliche
Gewässer und die gesamte Atmosphäre.
Die nahe Umgebung ist untrennbar verbunden mit der entferntesten und entlegensten Region,
weshalb die Umweltschutzprogramme der entwickelten Länder notwendigerweise Bestandteil
von globalen Programmen sein müssen.
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Das unkontrollierte Abholzen der Wälder, die Verschmutzung der Luft und der
wasserführenden Schichten, die Verseuchung der Meere und die Beeinträchtigung des
gesamten Ökosystems, das enorme Problem der Abfallbeseitigung, das in sämtlichen
Ballungsgebieten festzustellen ist, sind Probleme, die eine Verbesserung der Lebensqualität
auf weltweiter Ebene erheblich erschweren.
Die Wüstenbildung und die Entstehung von Megastädten - nicht nur, aber auch eine Folge der
Umweltzerstörung - sind ein Symbol für ein Phänomen, das unbedingt mittels Durchsetzung
einer weltweiten Umweltschutzordnung bekämpft werden muss, die alle sechs Milliarden
Menschen einbezieht.
Die Unterscheidung zwischen erneuerbaren und sich erschöpfenden Ressourcen und die
Betonung einer Kultur der Wiederherstellung und Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts
als bestimmende Faktoren für die Entwicklung einer solchen Kultur können und müssen die
Welt insgesamt in die Pflicht nehmen, ungeachtet des Entwicklungsniveaus der Völker.
Die weltweite Wiederaufforstung ist eine der wichtigsten Aufgaben, die es wahrzunehmen
gilt, im Verein mit der spürbaren Verringerung der Emission von Kohlendioxid und anderen
Gasen, um Nachhaltigkeit in der Wechselbeziehung von Verschmutzung und natürlicher
Reinigung wiederherzustellen.
Ein adäquates Wiederaufforstungsprogramm, das mit einer deutlichen Verringerung der
Emission von CO2 und anderen Gasen einhergeht, führt auch zur Wiederherstellung des
Gleichgewichts bei den Niederschlägen, die - neben anderen Faktoren - die Temperatur
beeinflussen.
Menschenrechte
Unbestreitbar werden die von der UN-Deklaration anerkannten „Menschenrechte“ in den
Entwicklungsländern gewahrt und verwirklicht.
Diese Aussage dürfte jedoch von lediglich „grundsätzlicher“ Bedeutung und ohne praktische
Auswirkungen bleiben, wenn es nicht gelingt, eine effiziente Dialektik zwischen der
Philosophie der Menschenrechtscharta und der Gesamtheit der verschiedenen Kulturen
herzustellen, von denen die einzelnen Völker beeinflusst sind.
Die Gefahr eines kulturellen Neokolonialismus ist groß, wenn sich die dialektische
Auseinandersetzung nicht in Richtung auf ein ziviles Zusammenleben entwickelt, das auf
neuen Entwicklungsperspektiven basiert. Eine Entwicklung, die zunächst von den
dominierenden Ländern ausgehen muss, die auch nicht frei sind von
Menschenrechtsverletzungen (Todesstrafe, ungerechte Haftbedingungen, Auswüchse im
Justizwesen), um dann auch die Entwicklungsländer zu erreichen.
Es gilt, den kulturellen Austausch mit den Menschen zu intensivieren, mit Individuen aller
Generationen, ohne die eine Kultur der anderen aufzwingen zu wollen, sondern um ein
Interesse am Werden der Geschichte zu wecken, an einem unaufhaltsamen Prozess, in dem
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ein immer wieder neues Gleichgewicht zwischen Tradition und Erneuerung angestrebt
werden muss. Um neue Horizonte für alle zu schaffen.
Demokratie
Das weltweit erprobte und der griechischen Kultur entlehnte Modell der Demokratie wird in
vielen Entwicklungsländern nur eingeschränkt und bruchstückhaft umgesetzt, da dort einige
grundlegende Werte fehlen, die seine Voraussetzung bilden.
Freiheit, Gleichheit und das Bewusstsein von den Rechten und Pflichten sind in den
Entwicklungsländern sehr stark von den herrschenden Klassen beeinflusst. Diese Schichten
erwerben Macht durch den Erwerb und die Bewirtschaftung der öffentlichen Ressourcen,
wobei die eigene Familie oder Klientel bzw. privatistische Interessen bedient werden, so dass
Korruption im Entscheidungsprozess zur Regel wird.
Außerdem alimentieren und fördern neutrale internationale Organisationen, die mit enormen
finanziellen Mitteln ausgestattet sind, solche Regime, die am Ausbau des illegalen Handels
interessiert sind, um die ebenso illegalen Gewinne zu vervielfachen.
Die Demonstration von Stärke, Gewalt, Drohungen und Terror sind die Instrumente der
Machterhaltung, während große Bevölkerungsschichten im Elend leben, aus dem des keinen
Ausweg gib.
In einigen Entwicklungsländern, die sich demokratisch nennen, gibt es eine „Einheitspartei“.
Skepsis ist hier jedoch angebracht, denn meistens handelt es sich nicht um Sammelbecken, in
denen die verschiedenen politischen Tendenzen, und zwar auch abweichende Meinungen,
zum Ausdruck kommen, sondern vielmehr um Parteien, die die Entstehung alternativer oder
andersdenkender Gruppierungen verhindern. In diesen Fällen haben wir es meist mit
antidemokratischen Regimen zu tun.
Der Anspruch auf totale Freiheit für einen jeden Bürger, der sich auf der Grundlage der
Gleichheit seiner Rechte und Pflichten bewusst ist, muss die conditio sine qua non für die
Gewährung von Hilfen seitens der Geberländer sein. Wenn man eine solche Bedingung stellt,
bedeutet dies auch, automatisch den Übergang von einer diktatorischen zu einer
demokratischen Staatsführung zu fördern.
Deshalb ist es wichtig, nichtdemokratische Staaten nicht zu isolieren, da Embargos faktisch
nur die Unterdrückten treffen, die Bevölkerung, die nur immer tiefer in den Abgrund des
Elends gestürzt wird.
Staatliche Organisation und ethnische, kulturelle sowie religiöse Vielfalt
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Die modernen demokratischen Staaten definieren sich als „laizistische“ Staaten, um zu
unterstreichen, dass sich das Zusammenleben in ihnen an Werten wie Freiheit, Gleichheit und
Gerechtigkeit für alle Bürger orientiert, ungeachtet des Geschlechts, der Rasse, der Religion,
der Kultur oder der politischen Überzeugungen.
Vom laizistischen Staat unterscheidet sich der „ethische“ Staat, in dem die Unterscheidung
zwischen „gut und böse“, „legal und illegal“, „erlaubt und verboten“ nicht auf der Basis der
mehrheitlichen Überzeugung der Bevölkerung oder ihrer Vertreter definiert wird, sondern „a
priori“ und als „abstrakte Größe“ existiert, festgelegt von einer angeblichen Autorität. Ein
„ethischer“ Staat ist per definitonem kein demokratischer Staat.
Die zahlreichen ethnischen und religiösen Konflikte zwingen dazu, erneut zu betonen, dass
der Staat sich wieder als laizistisch begreifen muss, um die Bedingungen zu schaffen, unter
denen jeder Bürger seine Überzeugung frei äußern kann, ohne um seine Unversehrtheit
fürchten zu müssen.
Wenn innerhalb eines Staates die zivile Koexistenz mehrerer Ethnien, mehrerer religiöser
Gruppen, mehrerer kultureller Strömungen nicht gelingt, wie kann man dann von diesem
Staat fordern, Beziehungen zu anderen Staaten aufzunehmen, zu denen ja noch weitaus
größere Unterschiede bestehen?
Ein Staat muss sich zur multiethnischen, multikulturellen, multireligiösen Dimension
bekennen, da diese als Gradmesser für seinen demokratischen Charakter und seine
Glaubwürdigkeit gegenüber dem Rest der Welt unverzichtbar ist.
Die Rechte der Kinder
Wenn die Armen in der Welt keine Stimme haben, so sind die Ärmsten der Armen die
Kinder, deren Lebensbedingungen die dramatischsten überhaupt sind.
Stellen Unterernährung oder falsche Ernähung als direkte Folge der Armut bereits ein
außerordentlich schwerwiegendes Problem dar, so wird die Situation der Kinder geradezu
unerträglich, wenn ihnen völlige Gleichgültigkeit entgegengebracht wird oder sie, was noch
schlimmer ist, kriminellen Organisationen zum Opfer fallen, die die ohnehin schon Gewalt
erzeugende Verzweiflung der Familie ausbeutet.
Kinder, die auf unserer Erde in den Slums bestimmter Städte leben, Kinder, die bei ethnischen
Massakern ihre Eltern verloren haben, Kinder, die zwecks Prostitution verkauft werden oder
der Adoptionsmafia zum Opfer fallen, Kinder, denen Organe (Hornhaut, Nieren usw.)
entnommen werden, die als Sklaven für schwere und gesundheitsschädliche Arbeiten
missbraucht werden, die geraubt und unter Drogen gesetzt werden, um aus ihnen
Kindersoldaten zu machen, Kinder, die unterdrückt werden, weil sie Mädchen sind, stellen
eine Wirklichkeit dar, die in den Nachrichten nicht genügend berücksichtigt wird, unser
Gewissen jedoch zutiefst erschüttern müsste. Eine scheinbar wohlanständige und verbal
puritanische Gesellschaft muss sich fragen, von welchen Werten und Idealen sie sich leiten
lässt, welcher Grad der Vernichtung erreicht werden muss, bevor gehandelt wird. Welche
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Gefühle werden sich in den sozialen Gruppen entwickeln, die von den Verbrechen an Kindern
betroffen sind? Wie tief wird das Gefühl der Verzweiflung bei den neuen Generationen von
Armen sein?
Es gilt, auf diese Fragen eine rasche und entschlossene Antwort zu finden.
Die Rolle der Frau
In vielen Gesellschaften wird der Frau noch nicht dieselbe Würde zugestanden wie dem
Mann. In den Entwicklungsländern ist dies noch häufiger der Fall als anderswo.
Wenn man die spezifische Rolle der Frauen im Entwicklungsprozess der Entwicklungsländer
im Rahmen eines integrationsbetonten Konzepts definieren will, so beinhaltet dies – sofern
eine Kollision bzw. ein Tausch mit der Rolle des Mannes vermieden werden soll – große
Herausforderungen in Bezug auf einen kulturellen Wandel, der nicht nur und nicht in erster
Linie bedeutsame wirtschaftliche Vorteile verspricht, sondern vor allem eine Verbesserung
der Qualität der gesellschaftlichen Strukturen, da die weibliche Komponente zum Tragen
kommt, die sich durch Genauigkeit, hohe Sensibilität und Intuition auszeichnet.
Die Frau steht von Natur aus für eine Interpretation der universellen Werte, die ihr aus ihrer
Fähigkeit zur Mutterschaft erwachsen.
Mutterschaft steht für die exklusive Stärke der Bindung an den Nachwuchs und überträgt sich
auf alle Objekte, denen die Frau Gefühle entgegenbringt. Man könnte sagen, die Frau stellt
ihre lebensspendende Kraft nicht nur durch Mutterschaft unter Beweis, sondern durch alles,
was direkt oder indirekt von ihrer Initiative, ihrem Handeln, ja bereits ihrer schieren Präsenz
abhängt.
Der natürliche Wert der Familie schreibt der Frau die Hauptrolle beim Aufbau des
Beziehungsgeflechts zu, das die Grundlage für das soziale Band bildet, von dem die Gruppe
zusammengehalten wird. Die Fähigkeit, eine Idee zu entwickeln, ein Projekt zu verwirklichen,
eine Arbeit auszuführen, eine Gruppe zu leiten oder zu organisieren, ganz selbstverständlich
über alle Güter und Produktionsmittel zu verfügen, verhilft diesem Erbe zu seinem Recht und
weist der Frau in der Partnerschaft mit dem Mann nicht selten eine dominierende Rolle zu,
und zwar völlig natürlich und zum beiderseitigen Nutzen.
Die Weltgesellschaft muss die Notwendigkeit einer neuer Rollenverteilung zur Kenntnis
nehmen.
Die Akteure der Entwicklung
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In den 70er Jahren war die Meinung vorherrschend, Entwicklung und Fortschritt der
nichtindustrialisierten Länder könnte durch Kapitalakkumulation beschleunigt werden. Viele
Untersuchungen zur menschlichen Entwicklung haben jedoch belegt, dass der Mensch die
wichtigste Ressource darstellt und Investitionen in die menschlichen Fähigkeiten von
entscheidender Bedeutung sind, wenn eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden soll.
Viele Entwicklungsprojekte haben nicht zu den erwarteten Ergebnissen geführt, weil die
Adressaten nicht ausreichend einbezogen worden waren. Kurz, es fehlte die „Aneignung“ der
Entwicklung.
Der einzelne Mensch hat die Tendenz, sich mit anderen zusammenzuschließen. Der erste
Embryo dieses Zusammenschlusses ist die Verbindung Mann – Frau, also die Familie,
verstanden im allgemein natürlichen und laizistischen Sinn von Keimzelle. Die Verbesserung
der Lebensqualität von Familien überträgt sich auf die Gruppe und damit das Volk.
Sich an die Familien zu wenden und erst dann an die Regierungen, bedeutet demnach, die
wahren Adressaten der Entwicklung zu erfassen. Bekanntlich vermag der Staat sowieso nicht
alles zu richten, doch wurde dies allzu oft sogar von schwachen und ungenügend
strukturierten Staaten verlangt. Bisher erfolgte die Zusammenarbeit vor allem auf staatlicher
Ebene und beteiligte den Privatsektor und die Zivilgesellschaft nur am Rande. Das heißt nun
nicht, dass die Beziehungen zwischen den Staaten gekappt werden sollten, es soll lediglich ein
Weg aufgezeigt werden, der die Entwicklungsländer ermutigt, dafür zu sorgen, dass sich die
einzelnen Bürger ebenfalls und unmittelbar als Gestalter ihrer Zukunft fühlen.
Die Zivilgesellschaft zum Hauptakteur der Verbesserung der eigenen Situation zu machen
bedeutet außerdem, Einfluss auf das Problem des Bevölkerungswachstums zu nehmen.
Wenn Armut die demographischen Wachstumsraten ansteigen lässt und das
Entwicklungsniveau sie nach und nach verringert bzw. auf Null absenkt, dann bedeutet die
Übertragung der Verantwortung für die eigene Entwicklung auf die Keimzelle, sie vor die
Wahl einer Lebensperspektive für jedes einzelne Glied zu stellen. Je weniger Glieder es gibt,
desto höher wird die Lebensqualität sein. Das wird sich mittels natürlicher Osmose auf die
Gruppe und den Staat übertragen. Die ist in den Industriestaaten geschehen und wird auch in
den Entwicklungsländern eintreten.
Die Statistik und der Einzelne
Statistiken und große Zahlen sind wichtig, um die Gesamtheit des Phänomens, seine
Größenordnung, den Bedarf, die makroökonomische Planung, die strategischen
Entscheidungen, die ständige Kontrolle und die Annäherung an das Ergebnis zu erfassen.
Von Armut betroffen sind anderthalb Milliarden Menschen, die mit weniger als einem USDollar pro Tag auskommen müssen. Bei solchen Durchschnittszahlen heißt das, es gibt
Personen, die von zwei US-Dollar pro Tag leben und solche, die null US-Dollar pro Tag zur
Verfügung haben. Der Unterschied zwischen zwei Gruppen von Menschen, die sich in einer
prekären oder aber in einer völlig unerträglichen Situation befinden, ist geringfügig. Beide
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Gruppen leben in völliger Marginalisierung, was sie in eine reale und psychologische
Abhängigkeit von denjenigen treibt, die ihre Situation auf irgendeine Weise lindern können.
Jede Gruppe besteht jedoch aus Einzelpersonen, und die Geberländer haben gegenüber
anderthalb Milliarden Menschen - Männern, Frauen und Kindern - daher nicht nur die
Aufgabe, ökonomische und ökonometrische Modelle aufzustellen, sondern sie müssen sich
bewusst machen, dass sich diese große Zahl aus „menschlichen Wesen“ zusammensetzt, die
es aus der lebensgefährlichen Situation zu retten gilt, in der sie sich befinden.
Die Menschheit rettet sich selbst, nicht so sehr und nicht nur aus der wirtschaftlichen, sondern
auch aus der ideellen und geistigen Not; sie verteidigt ihre Art, indem sie einen Teil schützt,
um zu vermeiden, dass dieser, um es von der globalen Warte aus zu sehen, die gesamte
Spezies ins Elend treibt.
Deshalb müssen die Geberländer ihre Hilfen den Menschen zugutekommen lassen bzw. sie
auf die Verbesserung der Lebensqualität von Männern, Frauen und Kindern ausrichten. Der
Arme muss als einzigartiges menschlichen Wesen wahrgenommen werden, mit seiner
Persönlichkeit, seiner Kultur, seiner Würde, seinen Hoffungen, seinen intellektuellen,
menschlichen, emotionalen Möglichkeiten und seinen charakterlichen und sozialen Grenzen
und seine Bildungsdefiziten. In unserer Gesellschaft ist in den Straßenverkehrsordnungen
vom Vergehen der „unterlassenen Hilfeleistung“ die Rede, wenn einem Verkehrsunfallopfer
nicht geholfen wird. Die Menschheit darf sich nicht das Vergehen der unterlassenen
Hilfeleistung in Bezug auf den einzelnen Armen, das einzelne menschliche Wesen zu
Schulden kommen lassen.
Eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung
Die einzige Option, die heutzutage wirklich erfolgversprechend zu sein scheint, ist die
zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung, die mit der Verantwortung korreliert, der Zukunft
der kommenden Generationen den Weg zu ebnen und sie nicht dem kurzfristigen Vorteil zu
opfern. Nachhaltige Entwicklung bedeutet folglich Erschließung der Ressourcen der
einzelnen Länder, was eine völlig andere Strategie voraussetzt als in der Vergangenheit. Die
Ressourcen der Entwicklungsländer umfassen vor allem landwirtschaftliche Erzeugnisse,
Bodenschätze, Landschaft und Fischbestände. Sie optimal zu erschließen heißt, Investitionen
und Infrastrukturmaßnahmen gezielt zu fördern. Es ist sinnlos, wenn nicht gar unproduktiv, in
den Bergbau zu investieren, wenn keine Strukturen für die Verarbeitung der Rohstoffe
existieren, die der Bevölkerung die Möglichkeit geben, von ihren Ressourcen auch zu
profitieren. Und welchen Sinn hätte es, weiterhin Bodenbearbeitungstechnologien
einzusetzen, wenn die lokale Bevölkerung nie in die Lage versetzt wird, Erfahrungen damit zu
sammeln, um diese Technologien eines Tages selbständig zu nutzen? Welchen Sinn hätte es,
energieerzeugende Industrien anzusiedeln, wenn sie das Land zerstören?
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Verkehr:
Im Kommissionsdokument ist ganz allgemein von hohen Anfangsinvestitionen für die
Verkehrsnetze die Rede. Auch hier möchten wir für neue Formen der Intervention plädieren.
Jeder weiß, welche enormen Summen der Bau und die Unterhaltung von Straßen
verschlingen. Und welche negativen Auswirkungen dies auf die Umwelt und die Luftqualität
hat. Weshalb nicht der Schaffung saubererer Verbindungen, beispielsweise der Schiene oder
Wasserstraßen, mehr Aufmerksamkeit schenken?
Energie:
Es verwundert, dass die Kommission in ihrem Dokument der Energie keine besondere
Beachtung schenkt. Die Energieerzeugung stellt ein unverzichtbares Element für jedweden
Entwicklungsprozess dar, und ganz besonders in einem Entwicklungsland. Auf der Basis der
Erfahrungen der reichen Länder sollten jedoch nicht wieder die alten Wege beschritten
werden, die dazu beigetragen haben, die Verschmutzungsrate weltweit zu erhöhen.
Vorrang muss daher die Definition von Programmen zur Erzeugung sauberer Energie haben.
In diesem Zusammenhang ist eine eingehende Analyse der ökologischen und klimatischen
Grundgegebenheiten in der einzelnen Staaten die Voraussetzung für die zivile und industrielle
Nutzung von Energieerzeugungssystemen auf der Basis von Wasser- oder Windkraft, Sonne,
Biomasse oder anderen Systemen, die von Wissenschaft und Technik noch zu entwickeln
sind. Es ist wichtig, die Forschungen und Versuche auf dem Gebiet der Kernfusion zu
fördern, die, wenngleich noch in der Anfangsphase begriffen, möglicherweise die Erzeugung
von sauberer Energie erlaubt.
Die Wahl der Energieart ist für die Entwicklungsländer von Bedeutung, weil sie zeigen kann,
dass die Geberländer konkret die Absicht haben, zum Fortschritt dieser Völker beizutragen,
ohne dass diese denselben Preis wie Erstere zu zahlen hätten; gleichzeitig können die
Geberländer eine neue Form von Entwicklung erproben und neue Wege für die menschliche
Entfaltung erschließen, bei der die Ziele im Vordergrund stehen, die die Lebensqualität eines
jeden Menschen betreffen.
Wasserversorgung
Unmittelbar verknüpft mit dem Thema Umweltschutz ist das Problem der Wasserversorgung.
Die Entwicklungsländer sehen sich in den Ballungsgebieten bereits einem gravierenden
Wassernotstand gegenüber, der in Regionen, in denen die Wüstenbildung voranschreitet, ein
geradezu erschreckendes und verzweifeltes Ausmaß angenommen hat.
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Dies führt zur Zerstörung des Lebensumfeldes, vertreibt die Bevölkerung aus ihren Dörfern
und drängt sie an die Ränder der Städte, so dass unmenschliche Megastädte entstehen, in
denen die Identität und Würde des Individuums verschwinden und das Phänomen der
Vermassung und der Zerstörung bzw. Schwächung aller Werte und Hoffnungen um sich
greift.
Die Erschließung und Nutzung der Wasserressourcen, um die Wüstenbildung zu stoppen und
Flächen für die landwirtschaftliche Produktion zu gewinnen, ist ein unverzichtbarer
Programmpunkt, wenn man den Teufelskreis der wild wuchernden und entmenschlichenden
Urbanisierung durchbrechen und zur Bildung von Gemeinschaften und Dörfern zurückkehren
will, die echte soziale Kerne bilden, die sich administrativ organisiert haben und ohne fremde
Hilfe in der Lage sind, die erforderliche Nahrung bereitzustellen.
Das Engagement zugunsten des Aufbaus von Infrastrukturen für die Wasserzufuhr und –
verteilung zu landwirtschaftlichen Zwecken kann und darf nicht nachlasse, es bedarf einer
sorgfältigen Planung und Überwachung und der Definition überprüfbarer Ziele.
Ferner ist ein Kontrollsystem erforderlich, um Verschmutzungen zu verhindern und die
unkontrollierte Ausbeutung der Meere und Ozeane einzudämmen, damit die bereits stark
geschädigte Meeresflora- und fauna nicht endgültig vernichtet wird.
Der natürliche Wasserkreislauf muss wiederhergestellt werden, um die Kosten für die
Versorgung mit Wasser und seine notwendige Reinigung zu senken.
Die heutigen Technologien erlauben die Einleitung chemisch und biologisch geklärter
Abwässer, die nur noch einen sehr geringen Verschmutzungsgrad aufweisen, in Wasserläufe
und Meere.
Information und Kommunikation
Ein Bereich, über den die Kommission so gut wie kein Wort verliert, ist der Sektor der
Informations- und Kommunikationstechnologie. Die globalisierte Wirtschaft basiert bereits
heute, und wird dies in Zukunft noch stärker tun, auf dem Zugang zu den neuen
Technologien. Allein in London gibt es mehr Internetanschlüsse als in ganz Afrika. Was die
Information in den Entwicklungsländern angeht, so ist sie im allgemeinen nahezu inexistent,
wenn sie sich gänzlich im Besitz der jeweiligen Regime befinden bzw. von diesen beherrscht
werden. Die Existenz einer freien, verantwortungsbewussten Presse, der kompetente
Mitarbeiter angehören und die möglichst weite Verbreitung findet, ist eine Voraussetzung für
die Stärkung der Demokratie. Der politische Dialog muss deshalb auch die Instrumente
umfassen, die dazu beitragen, die Schwierigkeiten zu beseitigen, denen die Presse ausgesetzt
ist (Zugang zu Papier, Ausbildung der Journalisten) und gleichzeitig darüber wachen, dass ein
Pressegesetz erlassen und angewendet wird.
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Justiz und Verwaltung
Die Existenz eines Zivil- und Strafjustizwesens ist von wesentlicher Bedeutung für eine
Demokratie, die allen Bürgern gleiche Rechte und Pflichten einräumt. Wir wissen jedoch alle,
dass in den meisten Entwicklungsländern keinerlei Rechtssicherheit existiert und
abweichende Meinungen bzw. Minderheiten sehr häufig furchtbaren Säuberungsaktionen zum
Opfer fallen. Der Bürger eines Staates ist dies ungeachtet der Zugehörigkeit zu einer
bestimmten Gruppe und des Willens, seine persönliche ideelle, kulturelle, politische und
religiöse Überzeugung auszudrücken. In diesem Rahmen scheinen Interventionen auf dem
Gebiet der Justiz, vor allem in Bezug auf die Arbeit der Gerichte und die garantierte
Anwendung der Gesetze, unverzichtbar. Ebenso unvermeidlich scheint eine – zentrale wie
periphere - administrative Organisation, die sich der modernen Informatiksysteme bedient.
Die Politik der EU und eine neue Partnerschaft
Die Kosten für die humanitären Maßnahmen sind sehr hoch, und Europa trägt den größten
Teil davon. Zum Beginn des Jahrtausends lässt sich mit absoluter Gewissheit sagen, dass die
Entwicklungsländer einen wichtigen, wachsenden Markt darstellen. Neue Investoren
interessieren sich bereits für diese Regionen, während die europäischen Investitionen sinken.
Immer dringlicher wird von daher eine neue Partnerschaft, die gegründet sein muss auf
gegenseitigem und gemeinsamem Interesse, kurz, eine ausgewogenere Partnerschaft, die dazu
beitragen kann, die Entwicklung der Menschen und das lokale Potential zu fördern. Die
Politik der Entwicklungszusammenarbeit konzentriert sich im allgemeinen auf die sozialen
Strukturen, die den Zahlern am vertrautesten sind (Staaten, die den westlichen am meisten
gleichen, Unternehmen, deren Buchführung möglichst der Norm entspricht), sie haben jedoch
die allergrößten Schwierigkeiten, bei den Menschen anzukommen, den Normalbürger zu
erreichen. Ein Test von grundlegender Bedeutung für die neue EU-Politik wird es sein, eine
Partnerschaft herzustellen, die die lokale Wirtschaft, die Wirtschaft des Volkes, fördert. Es
geht darum, eine neue Mentalität zu entwickeln und neue Wege zu beschreiten, die bisher
nahezu unbekannt sind, um die Bevölkerung in die Lage zu versetzen, die Armut direkt zu
bekämpfen.
Private Investitionen
Der Privatsektor war bisher an der Durchführung der Zusammenarbeit so gut wie nicht
beteiligt. Private Akteure für die Belange der Entwicklungsländer zu interessieren, kann einen
qualitativen und quantitativen Sprung beim wirtschaftlichen Wachstum und dem sozialen
Fortschritt bewirken. Doch wie lässt sich das erreichen? Die privaten Akteure brauchen
Investitionsschutz und Investitionssicherheit. Die finanzielle und technische Hilfe der
Europäischen Union muss vor allem solchen Unternehmern vorbehalten bleiben, die
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entschlossen sind, sich auf eine ernsthafte Einbeziehung der örtlichen Bevölkerung
einzulassen, solchen, die tatsächlich Arbeitsplätze schaffen und in vielen Bereichen die
Defizite des Staates ausgleichen. Diesen Unternehmern muss geholfen werden, sich
zusammenzuschließen und ein reibungsloses Verhältnis zu den staatlichen Stellen
herzustellen, vor allem im Hinblick auf den Fiskus und de Arbeitsgesetzgebung (z. B: Beitritt
zur ILO). Deshalb sollten Instrumente wie Mikrokredite, wie dies bereits in einigen Ländern,
beispielsweise Bangladesch, üblich ist, eingeführt und finanziell ausgestattet werden.
Derartige Instrumente, die ihre Funktionsfähigkeit unter Beweis gestellt haben, zielen auf den
Aufbau einer nationalen Wirtschafts- und Handelsstruktur ab, die auf Binnennachfrage und –
angebot basiert. Angestrebt wird der Ausbau des Systems der Mikrounternehmen sowie der
kleinen und mittleren Unternehmen, die bei den meisten westlichen Ländern den wahren
wirtschaftlichen Reichtum, den wahren Arbeitsplatzfundus ausmachen.
Handel
Die Handelspolitik ist der wichtigste Motor der Entwicklung. Die Kommission erwähnt den
Sektor Handel vor allem im Hinblick auf die angestrebte Integration der Entwicklungsländer
in die Weltwirtschaft, die Notwendigkeit einer Liberalisierung des Handels, die der Situation
der Entwicklungsländer und der Konsolidierung der Kapazitäten Rechnung trägt . Sie erwähnt
jedoch nicht, dass die Entwicklungsländer nur dann von der Liberalisierung profitieren
können, wenn sie erheblich bessere Exportmöglichkeiten in die EU erhalten, eine Situation,
die so rasch wie geändert werden muss. In diesem Zusammenhang muss auf die mangelnde
Kohärenz zwischen der Agrar- und der Entwicklungspolitik der EU hingewiesen werden. Die
Chancen der Entwicklungsländer werden durch die Ausfuhrsubventionen der EU bzw.
Hindernisse beim Marktzugang für sensible Erzeugnisse erheblich eingeschränkt. Gleichzeitig
verfolgt die EU das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit ihres eigenen landwirtschaftlichen Sektors
auf dem Weltmarkt zu stärken, auch zum Nachteil der Entwicklungsländer (statt auf
Qualitätsverbesserungen zu setzen und die Subventionen so zu senken, dass die Preise die
tatsächlichen Gestehungskosten widerspiegeln). Das dauerhafte Dumping, das die EU im
Agrarsektor betreibt, steht im Widerspruch zur Entwicklungspolitik und hindert die
Entwicklungsländer daran, ihre Produktion auf Sektoren auszuweiten, in denen sie
wettbewerbsfähig sein könnten. Die westlichen Länder müssen den Handelsprotektionismus
beseitigen, der im übrigen in den Entwicklungsländern zu einem unmenschlichen System der
Ausbeutung von Arbeitskräften führt.
Die Durchführungsinstrumente der EU
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Die Politik der Europäischen Union auf dem Gebiet der Zusammenarbeit ist für alle
Entwicklungsländer also von lebenswichtiger Bedeutung, aber auch ein bedeutsamer Test für
die Union selbst.
Die Globalisierung der Wirtschaft und der Umweltprobleme dürfen Europa nicht von
Investitionen in den Entwicklungsländern abhalten. Es geht um neue Märkte, deren Lenkung
der wirtschaftlichen Entwicklung der Union einen enormen Schub nach oben geben kann.
Von der Umweltproblematik war ausführlich die Rede, doch sei nachdrücklich darauf
hingewiesen, dass unser Planet krank ist und wir in Zukunft alle für einen Heilungsprozess
verantwortlich sind, der heute unmöglich scheint. Trotz dieser Erkrankung müssen wir alles
versuchen, ihr und damit uns wieder zu einer guten Lebensqualität zu verhelfen.
Das humanitäre Engagement der Union muss einen ganz anderen Charakter annehmen. Es
geht nicht nur um finanzielle Anstrengungen, sondern auch und vor allem darum, zu
erreichen, dass die Union mit dem ihr so wichtigem Anliegen der Solidarität identifiziert wird.
In diesem Sinn bedeutet Investieren in die Zusammenarbeit, das Mögliche, um nicht zu sagen,
Unmögliche zu tun, um das schreckliche Übel Armut zu beseitigen, die Leiden der zahllosen
Verzweifelten zu lindern, denen die Mittel zum Überleben fehlen. Sich mit diesen Problemen
auseinanderzusetzen, heißt für die EU, sich mit der eigenen Zukunft auseinanderzusetzen (die
Millionen von Einwanderern, die an unseren Grenzen stehen, sind nur eine Seite der
Medaille). Wenn die EU dabei der Solidarität den Vorrang gibt, wird sie als Großmacht
dastehen, die sich nicht blind von ausschließlich wirtschaftlichen Motiven leiten lässt:
Welches ist der grundlegende Wert, der uns alle, die wir Politik machen, umtreibt: Welches
müssen also die Instrumente zur Verwirklichung dieser politischen Verpflichtung der
Europäischen Union sein, um eine neue Entwicklungspolitik durchzuführen, die in die
Richtung geht, die bisher zu beschreiben versucht wurde?
Am Ende dieses ersten Arbeitsdokuments möchte ich mich auf die Aufzählung einiger Ziele
beschränken, die mir wichtig scheinen, wobei ich mir von der sicherlich lebhaften Diskussion
wertvolle Anregungen von allen Kollegen und Institutionen sowie der Zivilgesellschaft
erhoffe, die gemeinsam mit uns diese Herausforderung der Zukunft zu bewältigen haben.
Zu einem Zeitpunkt, zu dem wir einen nachlassenden Willen zum Engagement der Union in
der südlichen Welthälfte feststellen, scheint es geboten:
1)
eine Neufestsetzung der Beiträge der Mitgliedstaaten zu fordern, deren Höhe mit 1,7
% veranschlagt war, jedoch nie erreicht wurde;
2)
seitens der EU die Möglichkeit einer koordinierten Planung von 50% der Hilfen der
einzelnen Mitgliedstaaten vorzusehen, wobei den Mitgliedstaaten die Verwaltung
dieser Hilfen überlassen bleiben sollte;
3)
die Rückführung der Bilanz der Zusammenarbeit in die EEF–Bilanz zu fordern;
4)
die Umstrukturierung des UNDP vorzusehen, um dessen Effizienz in den Bereichen
Koordinierung und Projektmanagement zu steigern;
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5)
alle Durchführungsverfahren zu vereinheitlichen und nur nach dem Status der
Empfänger zu unterscheiden; so sollte es jeweils beispielsweise klar getrennte
Verfahren für Institutionen, Private, NGOS usw. geben. Dies würde außerdem die
Bekräftigung des Prinzips der guten Verwaltung und der Transparenz erlauben, da
sich im wuchernden Verfahrensgestrüpp nur allzu oft Missverständnisse und Konzepte
von zweifelhaftem Nutzen einzuschleichen drohen;
6)
einen Schuldennachlass für die Entwicklungsländer zu erwägen, jedoch nicht in der
demagogischen Weise, wie dies zur Zeit geschieht; die Schulden der
Entwicklungsländer auf Null zu drehen, ohne sie – natürlich in Abhängigkeit von den
jeweiligen Möglichkeiten der einzelnen Länder - als Entwicklungsfaktor zu nutzen,
würde lediglich einer womöglich unwürdigen herrschenden Klasse helfen, sich ihrer
Verantwortung zu entledigen, ohne dass dies einen Wachstumseffekt für die
Bevölkerung hätte;
7)
eine Unterstützung der Währungspolitik dieser Länder zwecks Aufbau effizienter und
stabiler Währungssysteme vorzusehen mit dem Ziel, die Konvertierbarkeit der
Währungen zu erreichen;
8)
Garantiefonds einzurichten oder zu stärken, um private Investitionen anzuziehen;
9)
ein paritätisches Gremium einzusetzen, dem die EU und der jeweilige Staat
angehören, um die Entwicklungsländer bei der Einstufung ihrer Bilanzen zu
unterstützen;
10)
die Bezeichnung der an den Hilfen beteiligten Einrichtungen zu vereinheitlichen. Sehr
oft enthalten die bei der Durchführung von Projekten verwendeten Abkürzungen
keinerlei Hinweis auf das Engagement der Union. Der Wiedererkennungseffekt ist für
die Europäische Union jedoch sehr wichtig, erstens, um die eigenen Verdienste
erkennbar werden zu lassen und zweitens, um einen Beitrag zur Schaffung eines
echten Vertrauensverhältnisses zur begünstigten Bevölkerung zu leisten. Nur allzu
häufig überlässt die Union trotz ihrer umfangreichen Investitionen die Lorbeeren
anderen;
11)
die Organisationen der Zivilgesellschaft voll und ganz in die Ziele der
Zusammenarbeit und die Definition aller Projekte einzubinden und ihnen dabei eine
zwar nur ergänzende, jedoch klar definierte und geregelte Rolle zuzugestehen.
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