Roths Westatelier in Hellnar, Island

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Ein Film von Edith Jud
Kamera: Pio Corradi
Schnitt: Loredana Cristelli
Musik: Dieter Roth (und Freunde)
Ton: Martin Witz
Produzentin: Franziska Reck
Mitwirkende
Björn Roth
Oddur Roth
Sigrídur Björnsdóttir
Dorothy Iannone
Emmett Williams
Richard Hamilton
Arnulf Rainer
Hermann Nitsch
Jan Voss
Kurt Kalb
Hansjörg Mayer
Wolfgang Roth
Gunnar Helgason
Pétur Kristjánsson
Gudmundur Oddur Magnusson
Eggert Einarsson
Dadi Gudbjörnsson
Ari Kristinsson
Gedreht in Hamburg/Berlin/Island/London/Wien/Gerlafingen/Basel
Eine Produktion der RECK Film Zürich
in Zusammenarbeit mit der Laurenz-Stiftung Basel / SCHAULAGER
in Koproduktion mit SF DRS und 3sat
www.looknow.ch
Verleih:
Gasometerstrasse 9- 8005 Zürich - Telefon 01 440 25 44 - Fax 01 440 26 52 – email: [email protected]
Der Film
Dieter Roth lebte zwanzig Biografien und hinterliess ein
titanenhaftes Werk.
Kunst und Person fliessen auf einmalige Weise zusammen, diese
wechselseitigen Bewegungen nimmt der Film auf. Er ist als eine
innere und äussere Reise konzipiert und konzentriert sich dabei auf
die Themen Kunst – Leben und Autonomie – Zusammenarbeit.
Dieter Roth tritt in eigenen Videos auf, als Performer oder Selbstdarsteller seines
Alltags, diese Dokumente und die Werke bilden Zentrum und Ausgangspunkt, sie
führen an die Schauplätze seines Wirkens und zu seinen Mitarbeitern, Weggefährtinnen
und Weggefährten - auch diese sind in Dokumenten festgehalten. Sie erzählen und
erinnern aus dem Heute an kreative, wilde, zärtliche und traurige Momente mit
Dieter Roth. Hauptperson ist sein Sohn Björn, er hat die letzten zwanzig Jahre
zusammen mit seinem Vater gearbeitet.
Dieter Roth (1930-1998) gilt als Multitalent unter den Künstlern unserer Zeit, als einer der wenigen
Universalkünstler, am ehesten vergleichbar mit Andy Warhol und Joseph Beuys.
Er arbeitete als Maler, Zeichner, Plastiker, Designer, Dichter, Musiker, Filmer, Verleger, Installationskünstler,
Lehrer, Kurator seiner eigenen Ausstellungen und war Mäzen von jungen Künstlerfreunden.
Seinen Namen mag er oft geändert haben (diter rot / Diter Roth), seine Arbeit hingegen ist unverwechselbar
(man denke an seine Schokoladen- und Abfallarbeiten oder an überbordend grosse Installationen und Skulpturen).
Roths internationale Bedeutung wächst nach wie vor, denn er bleibt eine der einflussreichsten Figuren für
nachfolgende Künstlergenerationen in Europa und in den USA – sein Werk weist über die Gegenwart hinaus.
Grundimpuls seines Schaffens war sein Verständnis von Zeit als Inbegriff und Ausdruck von Zufall, ständigem
Wandel und Vergänglichkeit. Dieter Roth thematisiert die Prozesse von Wandel und Vergehen, nimmt sie aber
nicht einfach hin und bildet sie ab, sondern ergründet sie und mischt sich in ihren Verlauf ein. Daraus entfaltet
sich die werkbestimmende Dialektik von Zerstörung und Kreativität, die seinem Werk die einmalige Dynamik,
Lebensfülle und Menschlichkeit gibt
«Roth-Zeit. Eine Dieter Roth Retrospektive» ist die erste grosse Überblicksausstellung nach dem Tod des Künstlers.
Die Ausstellung wird vom Schaulager Basel, in Zusammenarbeit mit dem Museum of Modern Art New York
und dem Museum Ludwig, Köln, organisiert. (In Basel vom 25. Mai bis 14. September 2003, danach in Köln und New York.)
Das Schaulager Basel ist ein neuer Ort für Kunst. Im markanten Gebäude (Architekten: Herzog & de Meuron) lagert die
Sammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung und wird so für die Forschung zugänglich.. Einmal pro Jahr wird das Schaulager
eine Ausstellung der Öffentlichkeit vorstellen, in der restlichen Zeit ist der Ort vor allem für Fachleute geöffnet.
Drehorte und Personen in der Reihenfolge ihres Auftritts
(Zitate und Zitatausschnitte Dieter Roths in kursiver Schrift, ohne Berücksichtigung typographischerEigenheiten von ihm)
Eine Kiste geht auf und gibt den Blick frei in Dieter Roths “kleines Theater”, wie er es nannte, ein Element
seiner “begehbaren Gartenskulptur”.
Wie bist Du Künstler geworden? “Ich weiss nicht wie und ob.”
Beziehung zur Musik? “Es hört sich so an.”
Beziehung zur Vergangenheit? “Starke Vergesslichkeit.”
Gibt es für Dich in der Kunst ewige Werte? “Ich sehe nichts.”
(Aus “Diter Rot / Serge Stauffer: 100 fragen an diter rot”)
Björn Roth
Björn Roth wurde 1961 in Reykjavik geboren. Er sieht seinem Vater besonders ähnlich, hat dieselbe Stimme und
lacht oft über das selbe. Nach dem Abschluss der Kunstakademie in Reykja- vik war Björn Roth ohne zu zögern
dem Angebot seines Vaters gefolgt, mit ihm zu arbeiten, obwohl der ihn vor einem “Scheissleben” gewarnt hatte.
Im Laufe der über 20 Jahre Zusammenarbeit entstanden viele gemeinsame Werke. Insbesondere in den Aufbau
der grossen Skulpturen brachte sich Björn Roth ein und dirigierte das laufend wachsende Team um
Dieter Roth, denn sein Vater, wie Björn Roth sagt, konnte “aussergewöhnlich brillant, und daneben unmöglich,
hilflos und betrunken sein”. Björn Roth ist verheiratet und hat drei Kinder.
Heute führt er das Werk seines Vaters weiter. In der Szene im Schimmelmuseum sieht man ihn an der Arbeit.
“Ein kleines Gedicht über das Leben”, kommentiert Björn Roth, “Das Leben als grosse Last. Dieter hat sehr an
diesen Ideen gearbeitet, wie man sichtbar machen kann, was alles um uns herum ist”.
“Schimmelmuseum” in Hamburg
Die Idee zum “Schimmelmuseum” entstand Mitte der sechziger Jahre, als sich Dieter Roth mit Philipp R. Buse
anfreundete, der als erfolgreicher Hamburger Anwalt Roths Werke zu sammeln begann und dem Künstler in
seiner Villa zusätzlich zu Basel und Island ein Atelier samt Wohnung einrichtete. Über die Jahrzehnte wurde
diese Villa zu einem privaten Roth-Museum, das vom Künstler selber eingerichtet worden ist und heute die
umfassendste Gruppe von Roth-Werken besitzt. Im “Schimmelmuseum” stehen die zwei riesigen Türme aus
Schokoladen- und Zuckerbüsten von Dieter Roth und Dorothy Iannone.
«Gegenstände dürfen oder sollen vergehen und das tut ihnen und uns gut.»
Island
Diese nördlichste Insel im Atlantik war Ende der fünfziger Jahre, als Dieter Roth seiner Liebe Sigridur Björnsdottir nach Reykjavik folgte, terra incognita, auch für ihn.
“In meinen Schulbüchern stand, dass in Island eine Menge Schafe lebten. Das ist alles, was ich wusste. Es war
am 7.2.1957, es war dunkel, als wir ankerten. Als wir in die Bucht hinein segelten, sah ich überall Lichter.
Also dachte ich, ich komme in eine grosse Stadt.”
Trotz harter Landung in einen kalten und düsteren Winter, ohne Aussicht auf Arbeit und in künstlerischer
Isolation, wurde diese immer bewegte Natur Islands zum späteren Ruhepol in Dieter Roths Leben. Auf dem
Kontinent stellte er aus und verdiente Geld. Dazwischen zog er sich auf die Insel zurück, um entlastet vom
Chaos des Alltags in den Städten, Ideen zu entwickeln.
Sigridur Björnsdottir in Reykjavik
Für die Kunsttherapeutin, Tochter aus einer gutbürgerlichen Pastorenfamilie, geschiedene Ehefrau und Mutter
von drei Kindern Dieter Roths, war die Beziehung mit Dieter Roth ein Markstein ihres Lebens. Nach über 30
Jahren Trennung erzählt sie im Film erstmals von ihrer turbulenten Ehe.
Sigridur Björnsdottir hatte Dieter Roth an der 1. August-Feier 1956 in der Schweizer Botschaft in Kopenhagen
kennen- gelernt. Sie besuchte dort eine Kunstschule, er arbeitete als Designer. Es war “Liebe auf den ersten
Blick”. Ihre Familie in Island nahm Dieter Roth gut auf – belesen, wie er war, debattierte er mit dem Pastor
stundenlang über Philosophie.
Reykjavik, dieser “Häusersalat”, wie Dieter Roth die Stadt nannte, war bis in die sechziger Jahre sein Wohnund Arbeitsort. Die Familie war arm und ernährte sich hauptsächlich von Fisch. Roth baute die Betten und
Möbel in seinem Stil und entwarf für seine Frau Kleider und Schmuck. “Er arbeitete unentwegt an seiner
Kunst: Zeichnungen, Drucke, Malerei”, erzählt Sigridur Björnsdottir, “wir waren ein gutes Team, bis wir uns
auseinander entwickelten”. “Nicht viele mochten damals Dieter Roths Kunst”, sagt Björn Roth.
Besonders angetan war Roth vom Hafen Reykjaviks:
“Hier oft hingegangen (1957 bis 62), nach Hausstreit. Sonntag spät nachmittag, wenn die Sonne von Westen
an die rostigen Schiffswände scheint. Die überall verspritzte und verschmierte Schiffsfarbe zu betrachten und
Bilder auszudenken von mir selber gemalt in diesem Stil. Das Tage- und Skizzenbuch schreiben habe ich auf
diesen Sitzungen angefangen, die ersten 16mm-Filme hier gemacht.”
Werkstatt von Gunnar Helgason in Reykjavik
Der Zimmermann Gunnar Helgason gehörte von Beginn weg zum Team Dieter Roths, seinem
“Wanderzirkus”, wie Roth gerne sagte, der jeweils die grossen Skulpturen aufbaute und mit dem Roth
den “nine-to-five”-Betrieb der Museen aus-schaltete. Helgason betreibt eine grössere Werkstatt, die er
nach dem Vorbild von Roth gebaut hatte, und realisierte aufgrund Dieter Roths Anleitung auch dessen
Hausrenovationen und Möbelentwürfe. “Dieter zeichnete genau auf, was und wie ich es auszuführen
auszuführen hatte”, berichtet Gunnar Helgason, “dafür gabe es in jedem Haus einen Ordner. Wenn ich
etwas an der Ausführung änderte, war das kein Problem, wenn es dadurch besser funktionierte. Zum
Beispiel der fest montierte Kleiderbügel für das Jackett an seinen Stühlen, das war meine Idee!”
Heute arbeitet Gunnar Helgason genauso eng mit Björn Roth zusammen.
Atelier von Arnulf Rainer in Wien
Arnulf Rainer und Dieter Roth waren Gegensätze, Rainer suchte verbissen ernsthaft nach seinem malerischen
und skulpturalen Ausdruck, Roth entwickelte seine Formen spielerisch neugierig auf vielen Wegen. Trotzdem
haben die beiden ein grosses, gemeinsames Werk geschaffen, das Bilder, Perfomances und Videos umfasst.
“Ich komme hierher seit 1972, glaube ich. Zuerst habe ich bei Rainer gewohnt. Der hat mich eingeladen, mit
ihm zu malen. Da hatte ich ein Zimmer. Später habe ich eine Wohnung bekommen an den Tuchlauben, in
einem ganz alten Haus, ein Hinterhaus. Das war wohl das beste Atelier, das ich je hatte, weil ich hier Künstler
frequentiert habe in gegenseitiger Anerkennung, ohne gegenseitigen Neid. Allenfalls freudiger Neid.”
Von der Arbeit mit Roth erzählt Arnulf Rainer: “Wir haben nicht gewusst, wann‘s aus ist, und wir haben‘s so
lange gemacht, wie es einen gewissen Spass gemacht hat”. In der “Erschöpfung”, sei Roth stärker als er
gewesen. “Wir haben ein Stegreiftheater oder ein visuelles Theater gemacht.” “Das waren einfach Duelle und
Duette, und die Duelle waren so, dass der eine den anderen versucht hat zu korrigieren oder zu überarbeiten,
und wenn einer gesagt hat, das ist aber besonders gelungen, dann ist der Roth sofort gekommen und hat das
dann verschmiert.”
Emmett Williams in Berlin
Der Amerikaner Emmett Williams, 1925 geboren, ist der älteste, noch lebende Fluxus-Künstler. Seit dem
legendären Festum Fluxorum in Wiesbaden 1962 prägte er diese Bewegung als Performer, Maler, Dichter und
Büchermacher wesentlich und war wohl der treueste Freund Dieter Roths. Sie trafen sich, wann immer sie es
richten konnten, in Kalifornien, New York, Island, Frankreich, der Schweiz und sehr oft in Berlin, wo Emmett
Williams seit 1980 lebt. “In New York”, erzählt er eine seiner vielen Geschichten, “gingen wir nach ein
paar Drinks zu einem Sammler. Dieter sagte ihm kurz angebunden, er wolle das Bild zurück kaufen, denn er
möge es nicht und der Sammler ruiniere seine Arbeit. Er zahlte ihn bar aus, nahm das Bild und zerstörte es auf
der Strasse vor dem Appartementhaus. Doch fünf Minuten später konnte Dieter der netteste Mann sein.”
“Wir hatten wunderbare Gespräche”, erinnert sich Emmett Williams, “tranken Wein, und Dieter machte diese
Zeichnungen, zweihändig, einfach so. Diese Energie! Er führte kein sehr reges Gesellschaftsleben, er arbeitete,
arbeitete, arbeitete. Er war kein lockerer Sommervogel, eher das Gegenteil.” 1982 hielt Emmett Williams in
Basel anlässlich der Verleihung des Rembrandt-Preises an Dieter Roth die Laudatio und sprach auch an den
Trauerfeiern nach dessen Tod. Zur Verleihung des Rembrandtpreises notierte Roth:
“Emmett aufsuchen in seinem Zimmer. Gutes Gleichgewicht der beiden von sich selber redenden Menschen.
Äusserstes Wohlsein, jedenfalls bei mir. Trostversuche beiderseits gelingen spielend. Euphorie wie seit Jahren
nicht. Ungefähr 17 Uhr, auf Emmetts Zimmer, Whisky, Bier. Können uns nicht aufraffen, zur Preisverleihung
zu gehen. Kommen zu spät dort an. Ich weder Scham noch Lampenfieber.”
Und als er den Preis entgegennahm, sagte er:
“Schönen Dank. Muss ich noch was sagen? Ok, ich sag noch was: Auf Wiedersehen.”
Dorothy Iannone in Berlin
Dorothy Iannone, verheiratet mit einem reichen amerikanischen Künstler, lernte Dieter Roth 1967 kennen, als sie
ihren Mann und Emmett Williams auf eine Reise nach Island begleitete. “Dieter Roth”, erzählt die Künstlerin,
“diese grosse, grosse Schönheit, erwartete uns am Pier, unter dem Arm einen ganz frischen, in Zeitungspapier
eingewickelten Fisch. Er war selber so frisch, so erfüllt von Verantwortlichkeit, so beansprucht von der Dringlichkeit seiner Kunst, und als ich ihn sah, wusste ich, dass ich mein Leben ändern würde.”
Sie flog mit ihrem Mann zurück in die USA, aber nur, um die Koffer zu packen. Sieben Jahre lang blieb sie die
Lebens- und Arbeitspartnerin von Dieter Roth. Für ihn besiegelten diese wilden Jahre den Bruch mit seiner
bürgerlichen Vergangenheit.
In der jetzigen Wohnung von Dorothy Iannone in Berlin ist Dieter Roth omnipräsent. “Dieter was my root in
the world”. Vor kurzem hat sie ihren Briefwechsel mit Dieter Roth herausgegeben. “Ich hatte viele Namen für
Dieter, als wir zusammen waren”, erinnert sie sich an jene Zeit. “Er war der Kaiserkönig, der Kaiser. Ich hatte
all die Namen für ihn aus der Mythologie und so, und eines Tages nannte ich ihn einfach Dieter. Das gefiel
ihm am besten.”
“Hello Dorothy,
I am depressed and in bad shape. I beg you, do let me alone for another while, I am afraid of you. It is not like
this because some other female being is on my mind, no! It is simply this: I am shaking afraid, and I have to be
alone. I beg you. You will maybe understand me, who else would?”
“Hallo Dorothy,
Ich bin deprimiert, in schlechter Verfassung. Ich bitte Dich, lass mich noch etwas allein. Ich habe Angst vor
Dir. Nicht, dass es eine andere Frau gäbe, nein! Es ist einfach so: Ich zittere vor Angst, und ich muss alleine
sein. Ich bitte Dich darum. Vielleicht kannst Du mich verstehen, wer sonst könnte es?”
Roths Westatelier in Hellnar, Island
Der Film begleitet Björn Roth von Reykjavik Richtung Westen, durch weites Stein- und Moosland, dem Meer
entlang, vorbei an Farmen und Schafherden und einer Raststation, in der Dieter Roth gerne Pause machte, bis
zum Westatelier Roths, einem Haus in Hellnar. Hellnar liegt in einer Bucht am Meer und am Fusse des
Gletschervulkans, den man aus dem Roman von Jules Vernes “Reise zum Mittelpunkt der Erde” kennt. Als
Dieter Roth das baufällige Haus kaufte, das direkt über einer Klippe steht, wohnte nur eine Bauernfamilie an
diesem Ort.
Der Nomade Dieter Roth machte sich in der Welt heimisch, indem er sich Inseln baute. Er, der das Chaos
meisterlich ins Bild gesetzt hat, hielt in seinen Arbeitsräumen strikte Ordnung. Eine Vorliebe für Apparate fällt
auf: Telefone, Faxe, elektrische Werkzeuge, Polaroid-, Foto-, Video- und Filmkameras, Transistorradios und
Tonbandgeräte, elektronische Musikinstrumente. Ein Gästebuch und das Arbeitsbuch für die Handwerker.
Auf dem kleinen Friedhof am Fusse des Vulkans liegt Dieter Roths Asche begraben.
“Um 1960, als ich die erste Zeit in Hellnar verbrachte, fing ich an ums Haus herum aufzuräumen. Bretter aus
zerbrochenen Booten, die daran waren in Gras und Erde überzugehen; Eisenbänder, Steuerhäuschen, Netze,
Schwimmkörper lagen der Klippe entlang verstreut. Ich traf Kristinn Kristiansson, der dort spazieren ging und
offensichtlich mit Vergnügen und Zufriedenheit diese sich dem Boden angleichenden Gegenstände betrachtete.
Als ich ihn über die (so schien es mir) erstaunliche Unordnung befragte, sagte er, er wolle diese Dinge zur
Erinnerung an seinen Vater, der dort als Fischer gelebt hatte, wie in einem Museum aufbewahren - ein Museum,
darin die aufbewahrten Dinge langsam verschwinden. Damit wurde eine gewisse Art meiner Aufräumkrankheit
weitgehend kuriert. Nicht nur bequem ist es, das herum liegende nicht aufheben zu müssen, sondern auch
rührend euphorisierend, es zu betrachten und zu beobachten, wie es untergeht.”
“Ich schrieb in diesem Haus die meisten der Prosatexte meiner 70er-Jahre. Wenn ich allein dort wohnte,
konnte ich ziemlich ruhige und euphorische Wochen haben, allerdings immer durchsetzt mit Geldbeschaffungssorgen, Reisesorgen.”
Jan Voss in Hjalteyri, Island
Der Künstler Jan Voss war in den 70-er Jahren an der Akademie in Düsseldorf Student von Roth. Roth lehrte
dort zugleich mit Joseph Beuys. Jan Voss betreibt in Amsterdam den Künstlerbuchladen “Boekie Wookie”.
Dieter Roth förderte dieses Projekt finanziell und ideell, er war es, der das Künstlerbuch in den 60-er Jahren
neu erfunden hat.
“Ich verdanke ihm furchtbar viel”, sagt Jan Voss, “Island zum Beispiel.” In Island hat Voss ein Sommerhaus.
“Als Künstler”, erinnert sich Jan Voss an Dieter Roth, “als einer der Bilder erzeugt auf Papier, flachem
Untergrund, so was gemaltes, oder farbig hin und her geschobenes, ist er eine ganz ausserordentliche
Erscheinung, und ich meine, so moralisch einwandfrei, eben nicht den Supermann darstellend, sondern den
Supermann gebrochen als Clown darstellend. Das hat keiner gemacht.” “Er war vollgeladen mit Wissen über
technische Prozesse, und die konnte er einem ohne weiteres auch vermitteln, aber er wollte nie der Besserwisser sein. Er hat es zwar häufig besser gewusst, aber die poetische Wahrheit zu erkennen war seine
eigentliche Lektion.”
Wolfgang Roth in Gerlafingen SO
Der Bruder von Dieter Roth, ehemaliger Inhaber der Gerüstbau Roth AG, betreibt heute ein Malergeschäft in
Gerlafingen, Solothurn. Er hat wie Dieter Roth etwas Bestimmendes und Raumfüllendes. Äusserlich verlief
das Leben der Brüder sehr verschieden, doch in einem sind sie sich ähnlich: Beide sind und waren grosse
Schaffer, Tag und Nacht, Samstag und Sonntag - und sie pflegten ein gutes Verhältnis.
“Als Bruder war man immer ein bisschen im Schatten seiner Intelligenz”, sagt Wolfgang Roth. “Sein ganzes
Wesen war nicht so, wie der übliche Junge eigentlich ist. Es war ganz früh schon zu erkennen, dass da einer
einen ganz speziellen Weg machen würde. Sein ganzes Trachten war, dass ihn niemand stört. Samstag,
Sonntag war er im Wald, war er weg und hat gemalt, überall.”
Obwohl beide unter der Brutalität des Vaters litten, hatten beide Heimweh, als sie aus dem bombardierten
Deutschland in die Schweiz geschickt wurden. Ein Brief Dieter Roths aus jener Zeit, und eine spätere Notiz:
“Liebe Mutti, lieber Vati, liebe Oma und lieber Hartwig,
Ich war sehr traurig, als ich hörte, wie unser Haus entzwei ging und als ich daran dachte, dass ich in der
Masch und so wohl nie mehr spielen kann. Aber es ist ja nur gut, dass euch nichts passiert ist. Hoffentlich seid
ihr jetzt in Görlitz sicher.”
“Als ich, Dieter Roth, als 13jähriger Schuljunge begann Gedichte zu schreiben, dachte ich nicht an
Veröffentlichung. Das war eher privat gewidmet den Jungen und Mädchen, die ich heimlich liebte. Aber als
ich dann 20 Jahre alt war, schrieb ich Gedichte in Prosaform. Zusammen mit zwei Freunden gründete ich den
hauptsächlich selbst finanzierten Verlag Spirale. Als ich meine Gedichte zur Veröffentlichung einbrachte,
lehnten die beiden anderen Herausgeber sie ab. Sie fanden die Texte zu sentimental. Mein Traum eines
eigenen Lyrikbandes wurde dadurch abrupt beendet. Ich hörte auf zu schreiben, doch der Traum verliess mich
nie ganz. 1964, geschieden, unglücklich, ich unterrichtete in den USA, begann ich erneut Gedichte zu
schreiben, auf eine humorvolle Weise über meine Wut und Trauer: ‚Scheisse‘.”
Dieter Roths Atelier an der Hegenheimerstrasse, Basel
Basel war für Dieter Roth neben Island immer ein Heimatort. Hier sah er zum ersten Mal eine Ausstellung von
Jean Tinguely, die ihn nachhaltig beeindruckte, und lernte auch spätere Freunde wie Daniel Spoerri, Bernhard Luginbühl und Maja Oeri kennen. Nach Basel kehrte er immer wieder zurück. Eines seiner Ateliers liegt
an der Hegenheimerstrasse, in einem Hinterhofgebäude. Der Raum gehörte seinem Bruder Wolfgang. Roth hat
aus Abfallholz alles selbst gebaut. In die Mitte des Raumes konstruierte er eine Art Podest, ein offenes, zweites
Stockwerk, Zeit sparend über drei Treppen erreichbar, gleichzeitig Büro und Schlafplatz.
Kirche in Mödrudalur, Island
Wenn Dieter Roth in sein Ostatelier in Seydisfjördur fuhr, wählte er immer dieselben Routen und machte an
den gleichen Stationen Rast, meist einsam gelegene Tankstellen. Dort ass er entweder Hotdog oder Kuchen
und trank Kaffee. Eine ihm immer wichtige Station war Mödrudalur, weil ein Farmer sich dort eine eigene
Kirche gebaut hatte und berühmt dafür war, der schlechteste Organist Islands zu sein, wie Björn Roth erzählt:
“Aber sein Spiel kam von Herzen. Und der Farmer dachte, seine Musik wäre schön. Dieter muss hier gesessen
haben, während der Farmer auf der Orgel herum hämmerte und seine schönen Lieder heraus schrie. Und wie
ich meinen Vater kenne, wird er hier geweint haben, wie immer wenn ihn etwas berührte, besonders Musik.”
Kurt Kalb in Wien
Kurt Kalb war in den Sechzigern Galerist der Wiener Aktio-nisten, die erste Adresse für Avantgarde-Kunst.
Arnulf Rainer hatte den jungen Kalb auf Dieter Roth aufmerksam gemacht. “Ich konnte ihn nie besonders gut
verkaufen”, erinnert sich Kalb, “und wenn, wurde das Geld sofort in neue Arbeiten investiert. Das war das
Fundament unserer guten Zusammen-arbeit”. Kalb blieb der einzige Galerist, mit dem sich Roth nie zerstritten
hat. Er hatte ihm auch ein Atelier eingerichtet, das Roth von den sechziger bis in die achtziger Jahre benutzte.
“In den 70er Jahren war das Leben nachts in Restaurants und Bars und den Bordellen äusserst lebendig,
reichhaltig befriedigend.”
“Ich habe allen, die mir nicht wohlgesinnt sind, ausweichen können.”
Kalb erzählt in einer Bar über die nächtlichen Eskapaden Dieter Roths: “Er war verzweifelt über die Menschen, und gleichzeitig hatte er gar nicht anders gekonnt, als weiter zu leben. Er hat oft gesagt, dass er am
liebsten gar nicht mehr weiter leben möchte, aber jetzt schaue er sich noch eine Zeit lang an, wie das geht.”
Hansjörg Mayer in London
Die Beziehung mit Hansjörg Mayer geht auf das Jahr 1963 zurück, als der Wissenschaftstheoretiker Max
Bense den jungen Verlegersohn auf Dieter Roth aufmerksam machte. Auf dem Weg in die USA suchte Mayer
in Reykjavik in allen möglichen Restaurants nach Dieter Roth, bis er ihn endlich fand. Daraus entwickelte sich
eine intensive Freundschaft und Zusammen-arbeit, mit ebenso schmerzlichen Brüchen. Dieter Roth beteiligte
sich am Verlag von Hansjörg Mayer in Stuttgart, gemeinsam gaben sie die “gesammelten Werke” heraus, eine
der wichtigsten Arbeiten Roths. Auch Roths “Piccadilly Mappe” entstand bei Mayer in London. “Er hat den
Siebdruck um einiges erweitert. Niemand hat so dick Farbe aufgetragen und es war ganz schwierig, es zu
drucken, oder den entsprechenden Siebdrucker dazu zu bringen, es zu tun”, erzählt er.
“Er machte nicht nur Bücher”, erinnert sich Mayer, “er musste Ausstellungen organisieren oder weiss ich was.
Mit traumhafter Sicherheit wusste er immer jedes kleine Detail und erinnerte sich auch Jahre zurück an
unglaubliche Details. Er hatte ein phänomenales Gehirn, würde ich sagen.”
“Fühle immer leichten bis nicht ganz leichten Neid, wenn Hansjörg Bücher für andere zusammen stellt.
Obwohl mir sagen kann, (muss): So viele Bücher, wie mit mir, hat er für keinen heraus gegeben”. – Wut auf
selbst, (dass Neid stört), aber jedesmal nur kurz - mit den Jahren immer kürzer und leichter.”
Flacher Abfall und Pétur Kristiansson in Seydisfjördur, Island
“1972 auf Reisen stellte ich fest, dass ich immer irgendwelche Papierabfälle in meinem Koffer mit trug.
Hansjörg Mayer war das aufgefallen und er fragte mich nach dem Grund. Ich hatte keine Erklärung dafür. Ich
konnte nur sagen, dass ich anscheinend nicht fähig sei, sie weg zu werfen.”
Der isländische Künstler Pétur Kristiansson studierte Ethnologie und kuratiert heute das Industriemuseum in
Seydisfjördur. Daneben führt er im ältesten Kioskhaus von Island einen Laden für Elektronikartikel. Er war
der ‚Mann für Alles‘ im Rothschen Wanderzirkus und hat einen Teil des “Flachen Abfall” geordnet, in dem er,
nach klaren Kriterien, einzelne Gegenstände in Cellophanhüllen und nach Datum eingereiht in Ordner
abzulegen hatte. Björn Roth erzählt, Pétur habe vor Rührung geweint, als er die Abfallsäcke gesehen habe.
“Menschen sammeln sehr eigenartige Sachen”, erinnert sich Kristiansson an diese Arbeit, “Sie sammeln,
was Politiker sagen, und sie bewahren das alles in grossen Häusern auf. Und sie drucken es, wieder und
wieder. Und sie zeigen es. Das ist verrückt!”
Roths Ostatelier in Seydisfjördur, Island
Der Ort Seydisfjördur mit seinen 800 Einwohnern ist Anlegeplatz für die Fähre aus Dänemark. Hier wird
Geschichte sichtbar. Ein Industriemuseum, eine Idee Dieter Roths, hält die Erinnerung wach. Wichtig ist auch
das Kulturzentrum, für dessen Renovation die Roths das Geld spendierten. Wie in Reykjavik hat Dieter Roth
auch in Seydisfjördur jedes Haus fotografiert, einmal in den achtziger, und dann in den neunziger Jahren. Auf
die Präsentation dieser Diashow zum 100-jährigen Stadtjubiläum 1995 waren die Bewohner sehr stolz.
Dieter Roths Haus in Seydisfjördur liegt direkt am Fjord, ein Pierhaus unter einem Lawinenhang, an einem
gefährlichen Ort, der eigentlich nicht mehr bewohnt sein dürfte. Roth errichtete in dem verrotteten Haus die
gleiche Innenarchitektur wie in seinen anderen Ateliers, baute zusätzlich aber noch ein Kinderatlier für seine
Enkel ein mit Staffelei, Arbeitstischen und kleinem Sandkasten. In seinen letzten Jahren wurde Seydisfjördur
für Dieter Roth eine Art geistiges Zentrum. Hier drehte er einen grossen Teil der “Soloszenen”. 131 Videos, in
denen er seine alltäglichen Beschäftigungen “dokumentiert”.
“Die Videofilme realisiert während einer Periode der Rekonvaleszenz in Island – und ihre Fortsetzung in
Basel – nahm ich unter dem Motto SOLOSZENEN auf, denn die Bemühungen aus einer Trinkphase
herauszufinden, muss eine totale Solo-Szene sein.”
Ehemalige Studenten Roths in Reykjavik
Ari Kristinsson, Dadi Gutbjörnsson und Eggert Einarsson erinnern sich an die Zeit, als Dieter Roth 1979 in
Reykjavik für einen Monat Gastdozent an der Kunstakademie und ihr Lehrer war:
“Am ersten Tag kam er sehr spät an, und meine erste Frage war: Dann sind Sie also hier?
Er sagte: Ja, haben Sie Zweifel, wollen Sie mich berühren, um ganz sicher zu sein?”
“Die anderen Lehrer mochten ihn nicht sehr.”
“Ja, sie waren skeptisch.”
“.... weil er ein berühmter Künstler war und sie lediglich Lehrer.”
“Man überlegte es sich zweimal, bevor man ihn etwas fragte. Weil er immer sehr ehrliche Antworten gab. Es
waren nie jene höflichen, üblichen Antworten. Und er forderte einen, kam auf den Punkt, wollte wissen,
warum man etwas sagte, warum man es so oder anders sah. Und das ist es, was ich vor allem von ihm lernte:
zu der Wahrheit der Dinge vorzustossen.”
“Ja, es war ein Glück für uns, ihn hier zu haben.”
“Das denke ich auch.”
“Ja, ein grosses Glück.”
Hermann Nitsch auf Schloss Prinzendorf bei Wien
Der Aktionist und Maler Hermann Nitsch lehrte auf Einladung Roths an der Kunstakademie in Reykjavik und
dirigierte eine Konzerttournee mit einem isländischen Laienorchester, für das sich Roth einsetzte. Roth
unterstützte Nitsch mäzenatisch, im Gegenzug richtete ihm Nitsch ein permanentes Zimmer auf Schloss
Prinzendorf ein, das noch existiert. Roth, der immer Probleme mit dem Schlafen hatte, habe sich einfach für
ein paar Minuten ins Bett gelegt und sich gefreut, ein eigenes Schloss-zimmer zu haben.
Roth und Nitsch trafen sich in einer gewissen Gigantomanie. Nitsch liebte an Roth seine Durchlässigkeit und
bewunderte seine Konsequenz, Ehrlichkeit und Verachtung jeder Leisetreterei: “Dieter Roth hatte zu den
wichtigsten Sachen ein natürliches Verhältnis, war aber oft zu Tränen gerührt, und obwohl gesellig, war sein
Leben von heroischer Einsamkeit”.
Richard Hamilton in Northend Henley-on-Thems bei London
London war im Leben von Dieter Roth von mehrfacher Bedeutung. Das Buch über Marcel Duchamp, das ihm
Richard Hamilton in den sechziger Jahren geschickte hatte, veränderte seine künstlerische Ausrichtung
grundsätzlich. Die beiden Künstler arbeiteten in der Folge immer wieder zusammen.
Richard Hamilton ärgerte sich oft über das chaotische Leben und den Alkoholismus von Roth. Doch während
in Roths Atelier und auf seinem Arbeitstisch akribische Ordnung herrschte, wucherte bei Hamilton das nackte
Chaos. Für Roth war die Beziehung zu Hamilton sehr wichtig, für Hamilton war sie zumindest ambivalent,
wobei er im Film ausdrücklich betont: “Für mich war Dieter ein ausserordentlich kultivierter Mensch. Er
beherrschte viele Sprachen, und Literatur interessierte ihn sehr, eigenartigerweise besonders die englische
Literatur.” “Eine Intention unserer Zusammenarbeit war die Idee, dass wir schlechte Kunst produzieren
könnten. Wir diskutierten oft über diese Idee der schlechten Kunst. Was ist das: schlecht? Warum ist es
schlecht? Und es gefiel uns, wenn wir etwas so hässliches zu Stande gebracht hatten, das keinem von uns
gefiel. Es musste aber immer im Werk eingebettet sein - mich kann ich darin aber nicht wirklich erkennen.”
Hamilton lebte auch in Cadaquez. Eine Tagebucheintragung Roths vor einem Besuch bei Hamilton:
“Wenn hinlege Herzklopfen und Angst vor dem abgemachten Treffen. Geldmangel, Angst die Reise nach
Spanien zu tun, da bei Richard wohnen will. Schwieriger Anfang. Bilder aber brauchbar (obschon wie immer
in meinem Leben nicht das werden was vorgestellt) oder gewünscht, (so dass anfänglich immer
Enttäuschungsbremse).”
Zwei Wochen vor Dieter Roths Tod erhielt Hamilton einen Telefonanruf von ihm, den Roth mit den Worten
begann: “I love you, Richard”. Hamilton dachte zuerst, Roth sei betrunken, vermutet jetzt aber, dass er seinen
Tod vorausgeahnt hatte und einen letzten Kontakt herstellen wollte.
Grab
Dieter Roths Asche liegt auf dem kleinen Dorffriedhof von Hellnar am Meer begraben: Gras, zwei Pflänzchen
von Nachbarinnen spendiert, und ein Stein vom Enkel Oddur. Die Familie wollte ursprünglich Dieter Roths
Asche ins Meer streuen, doch dann dachte man an all die Menschen, die vielleicht gerne Zwiesprache mit
Dieter Roth an einem Grab führen möchten. An diesem Ort spricht Björn Roth im Film über die schwierigen
Zeiten mit seinem Vater, Momente, als er die Zusammenarbeit aufgeben wollte, weil der Vater betrunken und
am Ende war.
“Schaulager”, Basel
Das “Schaulager”, Ausstellungsraum der ersten umfassenden Dieter-Roth-Retrospektive 2003, ist der einzige
Ort im Film, den Dieter Roth nicht kannte. Hier baut ein Teil seines “Wanderzirkus” die “begehbare
Gartenskulptur auf”. “Das phantastische an dieser Skulptur ist”, sagt Björn Roth, “dass niemand weiss, was es
ist. Die Leute wissen, was es war. Doch was ist es jetzt? Da haben wir keine Ahnung. Schauen Sie es sich an.
Was ist das? Warum ist es so?”
Finanziert wurde das “Schaulager” dank Maja Oeri, der Freundin und Mäzenin Dieter Roths, und betrieben
von der “Laurenz-Stiftung”. Gebaut hat es das Architektenteam “Herzog & DeMeuron”. Das “Schaulager”,
eine öffentliche Lagerung von Werken der Gegenwartskunst aus der Sammlung der Emanuel HoffmannStiftung, soll hauptsächlich der Forschung dienen und in der Diskussion über Gegenwartskunst Akzente
setzen.
Björn Roth führt das Werk des Vaters fort: “Manchmal ist das etwas schwierig, wenn wir irgendwo hin
kommen mit all dem Zeugs, das wir hier haben, aber so haben wir mit ihm zusammen gearbeitet und ich finde
es sehr wichtig, dass es auf seine Art gemacht wird.”
Gegen Ende seines Lebens gefragt, ob Björn Roth nach seinem Tod weiter machen wird, antwortet Dieter
Roth:
“Wenn er denn Geld dafür bekommt, dass er weiter macht, dann ist ja gut. Dann brauche ich
nicht aufzupassen, dass das erhalten bleibt.”
Edith Jud – Filmo-/Biographie
1946 in der Schweiz geboren, Schulen in der Schweiz.
20 Jahre freie Mitarbeiterin beim Schweizer Fernsehen
und 3sat, Fachgebiet bildende Kunst und improvisierte
Musik.
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1967/68Studien an der Sorbonne Paris, französische Literatur und Kunstgeschichte
1974 Studienaufenthalt in London, Literatur und Kunstgeschichte
1978/79 Studienaufenthalt in Bombay, Frauenuniversität, Studien indische Philosophie und
Frauengeschichte.
1982/83 New York, School of visual arts, Animation, 16mm-Schnitt
Ägni Lüüt. Kulturgeschichtliche Dokumentation über Appenzell, 1990
Matias Spescha. Künstlerdokumentation, 1991
Miriam Cahn. Künstlerdokumentation, 1993
Die lachenden Aussenseiter. Dokumentation über improvisierte Musik, 1993
Alpenswing, Die ‚Entstehung‘ des Jazz in der Schweiz, 1993
Ich und Ich, Pipilotti Rist und Hannah Villiger, an der Kunstbiennale in Sao Paulo, 1994
Liebe, Leidenschaft, Vollendung. Die Schätze der Fondation Beyeler in Riehen, 1997
Raum – Stadt – Bauten. Neue Architektur in der französischen Schweiz, 1998
Conjunctio. Ein Porträt des Musikforum Zug mit dem Solisten und Komponisten Thomas Demenga, 1998
Carl Laszlo, der Kultursammler. Kunstsammler und Jahrhundertphänomen, 1999
Ich – Hannah Villiger. Ein retrospektives Porträt, 2001
Iwan Wirth, Der Kunstsinnliche. Ein Porträt, 2001
Dieter Roth, 35mm, 118 Minuten, 2003
Die grosse Gartenskulptur von Dieter Roth, 28 Minuten, Reck Filmproduktion/Arte, 2003
Annelies Strba, Die Präzision der Unschärfe, 30 Minuten, ein Portrait in der Reihe „Zeitgenossen“ auf 3sat, in
Arbeit
Franziska Reck, Produzentin
Geboren 1958 in Lenzburg. Studium der Soziologie und Ökonomie an der Universität Zürich,
seit 1983 Filmschaffende, u.a. auch als Filmverleiherin. Film- und kulturpolitische Tätigkeiten.
2001-2003
1999-2003
Dieter Roth von Edith Jud (Kinodokumentarfilm)
Namibia Crossing von Peter Liechti (Essay fürs Kino)
2000-2003
1999-2000
1998-2000
1993-1996
1990-1992
1989
Terra Incognita von Peter Volkart (fiktiver Kurzdokumentarfilm)
Virus-L von Gitta Gsell (experimenteller Kurzspielfilm)
Transito von Nino Jacusso (TV-Dokumentarfilm)
A propos de Joye von Isolde Marxer (Kinodokumentarfilm)
Traumzeit von Franz Reichle (Kinodokumentarfilm)
Lynx von Franz Reichle (Kinodokumentarfilm)
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