interaktiv Biologie: Menschenkunde Nieren und Ausscheidung 19 19 88 Sekundarstufen I und II Sachinformation Aufgabe der Nieren Nieren sind die Kontrollorgane unserer Körperflüssigkeiten. Durch die Bildung und Ausscheidung von Harn – regulieren sie das Flüssigkeitsvolumen des Körpers; – sorgen sie dafür, dass die Zusammensetzung der extrazellulären Körperflüssigkeiten, z. B. ihr Elektrolytgehalt und damit ihr pH-Wert, konstant bleibt; – reinigen sie das Blut von giftigen oder nicht mehr verwertbaren Stoffwechselprodukten, den sogenannten „harnpflichtigen“ Stoffen; das sind insbesondere die Produkte des Eiweißstoffwechsels, wie Harnstoff, Harnsäure, Kreatin und Kreatinin. Darüber hinaus wirken die Nieren als Hormondrüsen. So spielt z. B. das von ihnen produzierte Renin eine Rolle bei der Regulation des Blutflüssigkeitsvolumens; das Nierenhormon Erythropoetin regelt die Produktion von roten Blutkörperchen. Lage und Bau der Nieren Die beiden bohnenförmigen, beim Erwachsenen je 150 g schweren, zehn bis zwölf Zentimeter langen und fünf bis sechs Zentimeter breiten Nieren liegen links und rechts der Wirbelsäule hinter der Bauchhöhle, unterhalb von Leber und Milz. Die rechte Niere liegt wegen der darüberliegenden Leber etwa einen Wirbelkörper tiefer als die linke. Jede Niere ist von einer festen Bindegewebskapsel, der Nierenkapsel, umgeben und lagert in einer Fettschicht, die das Organ vor Erschütterungen schützt. An der eingedellten Seite, der Nierenpforte, treten Blutgefäße und Nervenfasern ein. Hier befindet sich auch das Nierenbecken, das den aus dem Nierenmark kommenden Urin auffängt und das in den Harnleiter übergeht. Das eigentliche Nierengewebe besteht aus zwei Schichten, der Rindenschicht und der Markschicht. In der Rindenschicht befinden sich die Nierenkörperchen, in denen der Primärharn gebildet wird, und die gewundenen Teile der Nierenkanälchen. Das fein gestreifte Nierenmark setzt sich aus den Nierenpyramiden zusammen, die von den geradeverlaufenden Teilen der Nierenkanälchen, von den Sammelröhren und den Blutgefäßen gebildet werden. Sie laufen spitz zu und münden mit ihren Enden, den Nierenpapillen, in das etwa 30 ml Harn fassende Nierenbecken. Durch die mikroskopisch kleinen Öffnungen jeder Nierenpapille tröpfelt der Harn in die Nierenkelche, wo er aufgefangen und in das Nierenbecken weitergeleitet wird. Harnbildung Die Leistungen der Niere beruhen auf der Ultrafiltration des Blutes, der Regulation des so gewonnenen Primär- harns durch Resorption und Sekretion sowie dessen Konzentration zum Endharn bei gleichzeitiger Rückgewinnung der noch für den Körper wichtigen Stoffe. Dazu werden konstant in jeder Minute 1,2 l Blut durch die Niere geschleust. An der Autoregulation der Nierendurchblutung ist auch das Nierenhormon Renin beteiligt. Am stärksten durchblutet wird hierbei die Nierenrinde, wo sich die etwa 1,2 Millionen Nephrone befinden, die Funktionseinheiten der Niere. Ein Nephron besteht aus einem Nierenkörperchen und seinem Nierenkanälchen. Ein Nierenkörperchen hat einen Durchmessser von 1/6 mm. Seine Wand wird als Bowman-Kapsel bezeichnet. Am Gefäßpol der Kapsel tritt eine Arteriole ein, die sich zunächst im Kapselinneren in zahlreiche Kapillaren verzweigt, die ein Gefäßknäuel, den Glomerulus, bilden, um sich dann wieder zu einer ableitenden, gegenüber der zuführenden aber engeren Arteriole zu vereinigen. Am Harnpol des Nierenkörperchens setzt das Nierenkanälchen an. In der Umgebung seines Körperchens verläuft es zunächst vielfach gewunden und verknäuelt, dann in einer geraden Strecke in die äußere Markschicht auf seine Pyramide zu. Vor ihrem Erreichen kehrt es in einer engen, haarnadelförmigen Kurvenbahn, der Henle-Schleife, fast bis zu seinem Nierenkörperchen zurück. Dabei liegt es immer eng an einer Arterie, so dass ein Austausch von Substanzen zwischen Arterie und Nierenkanälchen möglich ist. Die letzten Abschnitte des etwa 24 mm langen Nierenkanälchens sind wieder stark gewunden, bis es in ein Sammelrohr mündet, in das auch andere Nierenkanälchen ihren Harn abgeben. In seinem Verlauf zeigt das Nierenkanälchen unterschiedliche Weiten. Seine Zellen sind asymmetrisch strukturiert. An der flüssigkeitszugewandten Seite sind sie mit einem dichten Bürstensaum ausgestattet, der die Ober- und Austauschfläche und damit die Kontaktflüssigkeit zum Filtrat um das 40fache vergrößert. Eine weitere Oberflächenvergrößerung wird durch die spaltenbildenden Fußfortsätze der inneren Zellen erreicht. In den Nierenkörperchen findet der Filtrationsprozess des Blutes statt. Der nötige Filtrationsdruck wird weitgehend durch den Blutdruck in den Kapillaren bewirkt, der durch das weite zuführende und das enge ableitende Gefäß doppelt so hoch ist wie in anderen Gewebskapillaren. Das Blut in den Kapillaren wird so in den „Glomerulusfilter“ gepresst, der aus drei Wirkschichten besteht: dem stark gefensterten Kapillarendothel, der Basalmembran und dem Epithel der Bowman-Kapsel. – Kapillarendothel: Seine Poren sind jedoch nur 50 nm bis 100 nm groß, so dass die zellulären Bestandteile des Blutes nicht hindurchwandern können. – Basalmembran: Sie umgibt das Kapillarendothel und hält die größeren Proteinmoleküle zurück. 1 – Epithel der Bowman-Kapsel: Es ist an den Berührungsstellen mit den Kapillaren zu besonderen Fortsätzen, den Podozyten, umgeformt, die wie Füßchen der Basalmembran aufliegen. Diese Fußfortsätze sind miteinander verzahnt und bilden Filtrationsschlitze mit einer Weite von 20 nm bis 50 nm. Die Schlitze sind mit einem Polysaccharid angefüllt und zur Basalmembran hin mit einem dünnen Häutchen abgegrenzt. So bilden sie ein Filtersystem, das Makromolekülen, z. B. roten Blutzellen, Blutplättchen sowie den meisten Blutproteinen aufgrund ihrer Größe, den Durchtritt verwehrt bzw. erschwert. Wasser und kleinmolekulare Plasmabestandteile können die Filtrationsschlitze passieren. Durch das Filtersystem des Glomerulus wird etwa ein Fünftel des Blutplasmas als Primärharn abfiltriert. Die restliche Blutmenge wird durch die ableitende Arteriole dem Blutkreislauf wieder zugeführt. Würden die Kapillaren eines Menschen aneinander gereiht, ergäben sie eine Gesamtlänge von 25 Kilometern. Die Gesamtfilterfläche betrüge dabei 1,5 Quadratmeter. Durchschnittlich werden pro Minute 125 ml Primärharn abfiltriert. Die Primärharnproduktion schwankt jedoch im Tagesverlauf und steigt zumeist nach Mahlzeiten an. Die Bildung von Primärharn kann durch Schock akut gestört werden. Der Primärharn ist frei von zellulären Blutbestandteilen und nahezu eiweißfrei. Seine Konzentration an Ionen (z. B. Na+, K+, Ca+, Cl-, HCO-) und sein osmotischer Druck entsprechen in etwa den Werten des Blutplasmas. Bei Passage der Nierenkanälchen werden ihm aber ca. 99 % des Wassers und ein Teil der gelösten Stoffe wieder entzogen und in den Blutkreislauf zurückgeführt (rückresorbiert), so z. B. Elektrolyte wie Chlor, Bikarbonat, Kalzium, Kalium, aber auch Aminosäuren, Glukose und Wasser. Die Steuerung dieser Transport- und Resorptionsvorgänge erfolgt dabei durch in der Niere selbst gebildete Mediatorensubstanzen und durch Hormone aus Hypothalamus, Hypophyse, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Nebennierenrinde und Herz. An der Resorption der im Primärharn gelösten Stoffe und des Wassers sind die einzelnen Abschnitte des Nierenkanälchens in unterschiedlichem Maße beteiligt. Die stärkste Resorption findet im Anfangsteil, dem proximalen Tubulus, statt. Dieser wird eng von efferenten (wegführenden) Arteriolen umschlungen. Zwischen proximalem Tubulus und Arteriolen findet eine intensive Resorption statt. Sie richtet sich hier immer nach der Filtratmenge aus dem Glomerulus und beträgt konstant 65 % des Filtratvolumens und des im Filtrat enthaltenen Natriumchlorids. Daher spricht man von einer glomerulotubulären Balance. Diese verhindert zum einen, dass bei einer geringen Primärharnmenge diese schon im proximalen Tubulus vollständig resorbiert wird. Zum anderen schützt sie bei größeren Priimärharnmengen die nachfolgenden Kanalabschnitte vor Überlastung. Der genaue Mechanismus der glomerulotubulären Balance ist noch nicht hinreichend geklärt. Der proximale Tubulus verengt sich zur Henle-Schleife. In deren absteigendem Schenkel werden weitere 15 % der Filtratmenge wieder zurückgewonnen. Die Restresorption erfolgt im Endteil des Nierenkanälchens, dem distalen Tubulus, und im Sammelrohr. In diesen Abschnitten findet auch die genaue Einstellung des Salz- und Wasserhaushaltes unter hormoneller Steuerung statt, bei der das aus dem Hypothalamus stammende Hormon Adiuretin (ADH) die entscheidende Rolle für die Wasserresorption spielt, während das in den Herzvorhöfen produzierte Hormon ANF (atrialer natriuretischer Faktor) die Natriumresorption steuert. In den Nierenkanälchen werden jedoch nicht nur Inhaltsstoffe des Primärharns resorbiert. In den Bereichen des proximalen Tubulus werden auch Stoffe aus den Zellen ausgeschleust und in den Primärharn überführt (sezerniert). So beschleunigt die Niere auch die Ausscheidung von körperfremden Stoffen. Neben körpereigenen Abbaustoffen wie Harnsäure sind es vor allem Medikamente, z. B. Antibiotika, Sulfonamide und Barbiturate sowie Röntgenkontrastmittel. Die Inhaltsstoffe des Primärharns werden sowohl transzellulär – durch die Tubuszellen hindurch – als auch parazellulär – zwischen den Zelleisten hindurch – transportiert. Man unterscheidet dabei einen passiven und einen aktiven Stofftransport. Passive Transportkräfte sind vor allem Osmose und Diffusion. Eine Rolle spielen aber auch die sogenannten solvent drag, das sind Moleküle, die durch das strömende Wasser mitgerissen werden, und der Transport durch Trägermoleküle. Etwa vier Fünftel aller Inhaltsstoffe des Primärharns sind Natriumsalze. Ein Drittel des Natriums wird durch aktiven Transport, d. h. auf Energie verbrauchenden Wegen, transportiert. Daher ist der Energieaufwand der Niere in Abhängigkeit von der Natriumresorption zu sehen. Bei voller Nierenleistung ist er höher als der Energieverbrauch des Herzmuskels. Die für einen aktiven Transport benötigte Energie wird von einem ATP-spaltenden Enzym, der Na+K+-ATPase, freigesetzt und betreibt eine Na+-K+-lonenaustauschpumpe. Diese bewirkt, dass Natrium aus der Tubenflüssigkeit in die Zelle bzw. den extrazellulären Raum (Interstitium) gelangt. Dieser Natriumtransport geschieht entweder als gekoppelter Transport, bei dem das Natrium an ein Anion gebunden ist, oder durch einen Gegentransport, einen Na+-H+-Austausch. Abb. 1: Lokalisation der Transportvorgänge im Nephron Ein Großteil der gelösten Substanzen wird im proximalen Tubulus resorbiert. Ein weiterer Resorptionsschwerpunkt liegt im dickeren Teil des aufsteigenden Schenkels der Henle-Schleife (distaler Tubulus). Dessen Epithel ist jedoch wasserundurchlässig, so dass hier keine Wasserresorption stattfinden kann. Daher sinkt in der Tubulusflüssigkeit der osmotische Druck, während das Resorbat gegenüber dem Plasma einen erhöhten osmotischen Druck aufweist. Diese Druckunterschiede im Nierenmark ermöglichen es der Niere, den Endharn je nach Bedarf sowohl osmotisch zu konzentrieren als auch zu verdünnen. Die osmotische Konzentration des Endharns ist dabei von dem Ausmaß der Wasserresorption und von der Menge der auszuscheidenden harnpflichtigen Substanzen abhängig. Das bedeutet, dass in der Regel der Endharn osmotisch konzentriert werden muss. Der osmotische Druck einer Lösung wird von der Anzahl der im Lösungsmittel frei beweglichen Teilchen bestimmt. Seine Maßeinheit ist das Osmol, das ist 1 mol, geteilt durch die Anzahl der gelösten Teilchen. 1 mmol ist der tausendste Teil eines Osmols. Blutplasma hat eine Osmolarität von ca. 300 mmol/1. Lösungen mit der gleichen Osmolarität nennt man isoton. Bei hypertonen Lösungen ist der osmotische 2 Druck höher als im Plasma, bei hypotonen Lösungen geringer. Die Harnkonzentrierung, also die Produktion eines hypertonen Endharns, erfolgt durch einen Gegenstrommechanismus, der durch die Struktur der Henle-Schleife und die unterschiedliche Durchlässigkeit ihres Epithels für Wasser und Harnstoff ermöglicht wird. Das Glomerulusfiltrat ist zunächst isoton. Durch Wasserentzug und Diffusion von Natrium und Harnstoff aus dem aufsteigenden Schenkel wird der osmotische Druck im absteigenden Schenkel der Henle-Schleife zunehmend vergrößert, und er ist an der Schleifenspitze am höchsten. Weil das Epithel des aufsteigenden Schenkels wasserundurchlässig ist, kann hier kein Wasserentzug erfolgen. Da aber Natrium und Harnstoff resorbiert werden, verringert sich in seinen Abschnitten zunehmend die Osmolarität der Tubulusflüssigkeit. Diese wird schließlich hypoton. Durch Wasserresorption im Endabschnitt des Nierenkanälchens wird die Tubulusflüssigkeit dann volumenmäßig halbiert und daher wieder isoton. Weiterer Wasserentzug, das Eindringen von Harnstoff und die Feinregulation der Natriumresorption während des Durchgangs im Sammelrohr sorgen für ein zunehmendes Ansteigen des osmotischen Druckes, so dass schließlich ein gegenüber dem Plasma osmotisch stark konzentrierter Endharn das Sammelrohr verlässt. Alle Transportmechanismen dienen dazu, für den Körper wichtige Stoffe zu resorbieren. Während viele Inhaltsstoffe des Primärharns quantitativ unbeschränkt resorbierbar sind, gibt es Substanzen, die ab einer bestimmten Konzentration, die man „Nierenschwelle“ nennt, nicht mehr resorbiert, sondern mit dem Endharn ausgeschieden werden. So wird z. B. Glucose bei normaler Konzentration im Plasma wieder vollständig aus dem Primärharn resorbiert. Ist aber, z. B. diabetisch bedingt, die Blutzuckerkonzentration so stark erhöht, dass sie im Glomerulusfiltrat eine Konzentration von 2 g/l übersteigt, ist der Überschuss im Endharn nachweisbar. Einer Nierenschwelle unterliegen neben Glucose auch Sulfat, Phosphat, Aminosäuren und Bicarbonat. Bei einem erwachsenen Menschen werden täglich etwa 1,5 Liter Endharn gebildet. Er besteht zu 95 % aus Wasser. Sein wichtigster Bestandteil ist der in der Leber gebildete Harnstoff, ein Endprodukt des Eiweiß-Stoffwechsels. Durch den Harn werden in 24 Stunden durchschnittlich ausgeschieden: – organische Stoffe 25 bis 30 g Harnstoff 1,3 g Kreatinin 0,5 bis 1,0 g Harnsäure – anorganische Stoffe 5,9 g Na+ 2,7 g K+ 0,5 g Ca+ 0,4 g Mg2+ 0,7 g NH3+ 8,9 g CI4,1 g PO2,4 g SODie gelbe Farbe des Harns wird vor allem durch das Urobilinogen, ein Abbauprodukt des Blutfarbstoffs Hämoglobin und durch das Urochrom (Produkt des Eiweiß- und Hämoglobinstoffwechsels) erzeugt. Die ableitenden Harnwege Aus den Sammelröhrchen tropft der Endharn in die acht bis zehn Nierenkelche, die sich zum Nierenbecken vereinigen. Dieses geht in den 25 cm bis 30 cm langen und 3 bis 7 mm breiten Harnleiter über, dessen Peristaltik den Harn – durchschnittlich 3 bis 6 Tropfen pro Minute – zur Harnblase befördert. Die Harnblase ist ein Hohlorgan, das schüsselförmig im vorderen Teil des Beckens liegt. Ihre Wand, außen elastische Fasern und innen glatte Muskulatur, ist dehnbar und kann sich unterschiedlichen Füllungszuständen bis zu maximal 1,5 Litern anpassen. Die Blaseninnenfläche ist mit Schleimhaut ausgekleidet, die im Bereich des Blasengrundes stark schmerzempfindlich ist. Hier liegen auch etwa 3 cm bis 5 cm voneinander entfernt die schrägen Einmündungen der beiden Harnleiter und die Ausmündung der Harnröhre. Die Harnröhre ist bei Frauen gerade, nur wenige Zentimeter lang und mündet in den Scheidenvorhof. Bei Männern vereinigt sie sich in der Prostata mit den Samenleitern und verläuft als Harnsamenröhre durch das Geschlechtsglied. Die Entleerung der Blase wird durch zwei Schließmuskeln geregelt, dem aus glatter Muskulatur bestehenden Blasenschließmuskel und dem Harnröhrenschließmuskel aus quer gestreifter Muskulatur. Der Harndrang wird normalerweise vom Füllungszustand der Blase – etwa bei 400 cm3 – ausgelöst, kann aber auch durch Reizung der Blasenschleimhaut bei einer Entzündung oder durch Erregungs- und Angstzustände verursacht werden. Die Blasenentleerung erfolgt zunächst reflektorisch. Die Beherrschung der Schließmuskulatur wird im Laufe der Kindheitsentwicklung gelernt, so dass die Blasenentleerung in der Regel willkürlich vorgenommen wird. Erkrankungen der Niere und der Harnwege Erkrankungen der Niere und der Harnwege können vor allem durch Harnuntersuchungen festgestellt werden. Im Normalfall ist der Harn klar und von gelblicher Färbung. Trübungen weisen in der Regel auf Erkrankungen hin. Sie werden durch Beimengungen von roten und weißen Blutkörperchen, Eiweiß, Bakterien sowie Gewebeteilchen aus Blase und Niere hervorgerufen. Weitere Hilfsmittel zur Diagnose von Nierenerkrankungen sind Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen sowie die Computertomographie. Grundsätzlich sollte ein Arzt aufgesucht werden, wenn folgende Symptome auftreten: – Brennen in der Harnröhre, – vermehrter Harndrang, – Verfärbung und Trübung des Harns, – Schmerzen in der Nierengegend, – Kopfschmerzen und Sehstörungen, – Wasseransammlungen im Gesicht, am Leib und an den Beinen. Nicht ausgeheilte Nierenerkrankungen, aber auch wiederholte Harnwegsinfektionen und Nierenbeckenentzündungen, können zu einer chronischen Niereninsuffizienz führen. Mit fortschreitendem Funktionsverlust der Nieren häufen sich dann die harnpflichtigen Stoffe im Blut so an, dass es schließlich zu einer Harnvergiftung (Urämie) kommt, die zum Tode führen kann. Daher müssen die Funktionsverluste bei einem chronischen Nierenversagen, bei dem Nierengewebe zerstört ist, durch Blutwäschen ausgeglichen werden. Bei einem akuten Nierenversagen, das durch Schock, Vergiftungen, größeren Blutverlust oder ausgedehnte Verbrennungen ausgelöst wird, können dagegen die Nierenfunktionen wiederhergestellt werden. Vorbeugung von Harnwegsinfektion und Nierenerkrankung Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft empfiehlt: – Intimsprays, Schaumbäder, desinfizierende Lösungen und schärfere Seifen vermeiden, weil sie Haut und Schleimhaut im Bereich der Geschlechtsorgane schädigen und dadurch für Bakterien einen besseren Nährboden schaffen. – Bei Ausfluss immer einen Arzt zu Rate ziehen, weil Ausfluss die Gefahr von Infektionen erhöht. – Viel trinken (Durchspülung) hemmt die Besiedlung der Harnröhre mit Bakterien. – Harn nicht zu lange anhalten, weil eine starke Blasenfüllung die Abwehr gegen Bakterien schwächt. Rezepturen für Blasen- und Nierentees: – 20 g Birkenblätter 20 g Queckenwurzelstock 20 g Riesengoldrutenkraut 20 g Hauhechelwurzel 20 g Süßholzwurzel 3 – 5 g Ringelblumenblüten 10 g Heidekrautblüten 15 g Bärentraubenblätter 10 g Brennnesselblätter 10 g Hagebutten, geschnitten 20 g Wacholderbeeren, gestoßen 10 g Schließgraswurzel 10 g Hauhechelwurzel Harnsteine Harnsteine können sich in der Niere, in den Nierenkelchen, im Nierenbecken, in den Harnleitern und in der Blase befinden. Ihre Entstehungsursachen sind noch nicht restlos geklärt. Man nimmt jedoch an, dass Stoffwechselstörungen und/oder eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen dabei eine Rolle spielen. Eine Steinbildung wird begünstigt durch Harnstauungen, Infektionen und Verletzungen der Nierenbeckenschleimhaut. Männer leiden häufiger an Harnsteinbildungen als Frauen. Harnsteine entstehen aus ausgefällten Harnsalzen und Kolloiden. Sie sind aus organischer Gerüstbausubstanz und kristallinen Steinbildnern aufgebaut. Nach ihrer chemischen Zusammensetzung unterscheidet man u. a. Urat-, Oxalat-, Cystin-, Kreatin-, Phosphat- und Carbonatsteine. Farbe, Form und Konsistenz sind von der chemischen Zusammensetzung abhängig. Die Größe der Steine ist sehr variabel, Ausguss- oder Korallensteine können das gesamte Nierenbecken ausfüllen. Während Blasensteine relativ wenig Beschwerden verursachen, kann es bei der Wanderung von Nierensteinen zu äußerst schmerzhaften Koliken und zu Harnstauungen kommen. Ob Steine auf chemischem Weg aufgelöst werden können, hängt von ihrer Zusammensetzung ab. Leider ist dies nur in wenigen Fällen möglich und sehr langwierig. Blasensteine können in den meisten Fällen bei einer Blasenspiegelung problemlos zertrümmert werden. Dies geschieht durch Einführung eines geeigneten Instrumentes von außen in die Blase. Bleiben Harnsteine im unteren Drittel eines Harnleiters oder in der Blase stecken, kann der Arzt versuchen, sie unter Röntgenkontrolle mittels einer Schlinge herauszuziehen. Nierensteine müssen dagegen in 10 bis 15 % der Fälle operativ entfernt werden. Seit 1980 werden Nierensteine mit großem Erfolg durch Ultraschall zertrümmert. Bei diesem Verfahren wurde der Patient anfangs in Vollnarkose oder nach einer Rückenmarksbetäubung so in einer wassergefüllten Wanne postiert, dass sich der Nierenstein im Brennpunkt der Schallwellen befand. Diese wirken einerseits beim Durchlauf als Druckwellen, zum anderen agieren sie, an der Rückseite des Steines reflektiert, als Zugwellen und lockern so das mineralische Gefüge des Steins auf. In einer 45- bis 60-minütigen Behandlung wirken 800 bis maximal 1500 Stoßwellen auf den Stein ein, bis er in sandkorngroße Teilchen zerlegt ist, die mit dem Harn ausgespült werden können. Um den Abgang der Steinteilchen zu fördern, muss der Patient zusätzlich bei jeder Therapie viel trinken. Abb. 2: Niere mit Harnsteinen Da es immer wieder zu einer neuen Steinbildung kommen kann, wird den Betroffenen vorsorglich empfohlen, – viel zu trinken, – sich ausreichend körperlich zu betätigen, – für eine geregelte Verdauung zu sorgen, – unter Umständen eine bestimmte Diät einzuhalten. Mit diesem Verfahren wurden alleine in der Urologischen Klinik in Wuppertal-Barmen seit 1983 mehr als 9000 Nierensteine zertrümmert. Seit 1991 gibt es Apparaturen, bei denen der Patient während der Behandlung nicht mehr im Wasser liegen muss, sondern im Bett unter das Gerät gerollt werden kann bzw. auf dem Gerät liegt. Die Steine werden dann mittels Ultraschall geortet und durch Stoßwellen zerstört. Dialyse Menschen, deren Nieren chronisch oder akut versagen, kann durch Blutwäsche mittels einer künstlichen Niere (Dialyse) geholfen werden. Für ca. 28.000 Menschen in Deutschland ist die Dialyse lebensnotwendig. Unter „Dialyse“ versteht man ein physikalisches Verfahren, bei dem lösliche Stoffe mit niedrigem Molekulargewicht mit Hilfe semipermeabler (halbdurchlässiger) Membranen aus Lösungen hochmolekularer Stoffe entfernt werden. Dabei nutzt man aus, dass wässrige Lösungen mit unterschiedlicher Konzentration bestrebt sind, einen Konzentrationsausgleich herbeizuführen, wenn sie durch eine semipermeable Membran getrennt sind. Für eine Blutwäsche müssen Membranen mit einer Porengröße gewählt werden, durch die Salze, Glukose, Endprodukte des Eiweißstoffwechsels, z. B. Harnstoff, sowie Medikamentenrückstände und ähnliche Stoffe in die Spülflüssigkeit hinüberwandern können, während Blutzellen, Eiweiße und Fette in der Blutflüssigkeit zurückgehalten werden. Zur Dialyse wird eine Trennflüssigkeit benutzt, die in ihrer Zusammensetzung weitgehend der Gewebeflüssigkeit entspricht. Wird die Dialyse in Vergiftungsfällen eingesetzt, z. B. bei Pilzvergiftungen, kann die Flüssigkeit so zusammengestellt werden, dass sie die spezifischen Gifte herauswäscht. Bei der Blutwäsche unterscheidet man die Hämodialyse, die außerhalb des Körpers mittels einer künstlichen Niere durchgeführt wird, von der Peritonealdialyse, die im Körper des Patienten selbst durchgeführt wird, indem die Gefäßwände im Bauchfell als Membranen genutzt werden. Zur Hämodialyse werden unterschiedliche Apparaturen (Dialysatoren) eingesetzt, die sich durch den Aufbau der Membraneinheiten unterscheiden: – Spulendialysator: Membranschläuche aus Zellophan werden auf Zylinder gewickelt und durch ein Kunststoffmaschennetz zusammengehalten. Das Blut wird durch die Zellophanschläuche gepumpt, während die Spülflüssigkeit an der Außenwand der Schläuche entlangfließt. – Plattendialysator: Je zwei Zellophanmembranen werden zwischen Kunststoffplatten zusammengepresst. Das Blut fließt zwischen den Membranen hindurch, während die Spülflüssigkeit im Gegenstrom an den Außenseiten vorbeigeleitet wird. – Kapillardialysator: Er besteht aus etwa 10.000 gebündelten hohlen Zellulosefasern mit einem Durchmesser von 1/200.000 mm. Das Blut fließt durch diese künstlichen Haargefäße, die von der Dialyseflüssigkeit umspült werden. Ein Patient mit chronischem Nierenversagen muss sich lebenslang drei- bis viermal wöchentlich einer Blutwäsche unterziehen. Das Verfahren dauert vier bis acht Stunden und kann bei entsprechender Einrichtung auch zu Hause durchgeführt werden. Um die sich ständig wiederholende Dialyse zu erleichtern, bei der das Blut des Patienten mehrere Male durch das Dialysegerät geleitet wird, werden dem Dialysepatienten Kunststoffkatheter in je eine Arterie und Vene des Unterarms oder Unterschenkels eingelegt. Sie werden mit einem Verbindungsstück verschlossen, das zur Dialyse abgenommen wird. Dann wird das Blut aus der Arterie in 4 die Dialyseapparatur geleitet, dort „gewaschen“, das heißt von den harnpflichtigen Stoffen befreit, und in die Vene zurückgeführt. Dialysepatienten müssen sich in ihrer ganzen Lebensführung nach dem Dialyserhythmus richten und außerdem eine spezifische Diät einhalten, z. B. kein Salz, Alkohol oder zu üppige Mahlzeiten. Die Dialyse stellt auf Dauer eine große psychische und physische Belastung für den Kranken dar. Als alleiniger Ausweg bietet sich die Transplantation einer Spenderniere an. Nierentransplantation Die Transplantation von Organen wird vorgenommen, wenn es keine anderen auf Dauer Erfolg versprechenden Mittel oder Methoden zur Rettung eines Kranken mehr gibt. Dabei ist es heute möglich, nahezu alle Organe von Mensch zu Mensch zu übertragen. Vorrangig werden dabei Organe von Toten verwendet. Sie stammen in der Regel von Unfallopfern. In Deutschland ist eine Organentnahme nur möglich, wenn die Angehörigen einwilligen, bzw. wenn eine schriftliche Willenserklärung (Spenderpass) des Verstorbenen vorliegt. Vor einer Organentnahme müssen zwei nicht am Transplantationsverfahren beteiligte Ärzte den Hirntod des Spenders festgestellt haben. Eine Organentnahme aus einem lebenden Spender (Niere, Knochenmark) wird nur vorgenommen, wenn dieser volljährig ist und nach umfassender ärztlicher Aufklärung seine Zustimmung gegeben hat. Ein neues Transplantationsgesetz ist in Vorbereitung. Die in der ehemaligen DDR praktizierte Regelung, eine Organentnahme nicht von einer Einwilligung abhängig zu machen, sondern sie zu erlauben, wenn keine Widerspruchserklärung des Verstorbenen vorliegt, trifft in den Diskussionen nicht immer auf Zustimmung. Nieren waren die ersten Organe, die erfolgreich übertragen werden konnten. Die erste Nierentransplantation fand 1961 in den USA statt. 1967 wurde dieses Verfahren erstmalig in Deutschland (Bonn) angewandt. 1990 wurden in Deutschland 2358 Nieren transplantiert; davon stammten 3 % von lebenden Spendern. Voraussetzung für eine erfolgreiche Organübertragung ist, dass Spenderorgan und Gewebe des Empfängers immunologisch weitgehend übereinstimmen. Da eine funktionstüchtige Niere genügt, um alle Aufgaben im Körper zu erfüllen, wird jeweils nur eine Niere übertragen. Das Ersatzorgan wird in der Regel im rechten Unterbauch an die Blutgefäße angeschlossen. Dieser Transplantationsort hat sich bewährt, weil die Niere dort geschützt liegt, problemlos mit der Blase verbunden werden kann und gut zugänglich ist. Abstoßreaktionen des Körpers können heute meist erfolgreich mit Medikamenten bekämpft werden. Das Verfahren ist technisch und medizinisch so ausgereift, dass nach einem Jahr noch etwa 90 %, nach fünf Jahren noch 50 % der transplantierten Nieren funktionsfähig sind. Selbst wiederholte Nierentransplantationen sind möglich. Eine Nierentransplantation verschafft dem Kranken die nötigen körperlichen Funktionen, befreit ihn von der belastenden maschinellen Therapie und gibt ihm seine Lebensqualität zurück. Insbesondere bei chronisch nierenkranken Kindern ist sie wegen der Bedeutung der Nieren für das Wachstum und für die Produktion wichtiger Hormone unumgänglich. In Deutschland besteht zurzeit ein jährlicher Bedarf an 3500 Spendernieren, der jedoch nur zu Zweidritteln gedeckt werden kann. Nierenkranke müssen so bis zu drei Jahren auf eine Transplantation warten. Oft können lebensnotwendige Transplantationen nicht durchgeführt werden, weil es in breiten Bevölkerungskreisen an Wissen um das Verfahren und um die Notwendigkeit von Organspenden fehlt. Der folgende Text ist ein Auszug aus der Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zu Organtransplantationen: „Der Fortschritt der Medizin rückt vieles von dem, was einst schicksalhaft hinzunehmen war, in den Bereich menschlicher Planung und damit menschlicher Verantwortung. So stellen sich mit den heutigen Möglichkeiten der Gewebe- und Organtransplantation auch ethische Fragen. Die ethische Beurteilung von Organtransplantationen erstreckt sich zunächst auf die Belange des Empfängers und des Spenders sowie auf die Aufgaben des Arztes. Daneben sind auch kulturelle und soziale Auswirkungen sowie rechtliche Bestimmungen mitzubedenken. Die beiden ärztlichen Grundsätze „Das Wohl des Kranken ist das oberste Gesetz“ und „Dem Kranken nicht schaden“ gelten auch für die Transplantation. Auf Seiten des Empfängers ist der zu erwartende Nutzen gegen den möglichen Schaden abzuwägen. Transplantationen sollen Leben erhalten, verlängern und verbessern; sie können bestimmte Leiden verringern und bestimmte Erkrankungen heilen. Niemand hat allerdings einen Anspruch auf Körperteile eines lebenden oder toten Mitmenschen. Kranke dürfen jedoch zu ihrer Behandlung freiwillig gespendete Gewebe und Organe als Geschenk von anderen annehmen; sie müssen aber auch wissen, dass nicht alle Transplantationen gelingen. Der Empfänger eines Organs braucht keine Änderung seines Wesens zu befürchten, kann aber zuweilen bedenken, dass er das Organ eines anderen, meist eines verstorbenen Menschen in sich trägt. Auf Seiten des Spenders bestehen neben medizinischen und rechtlichen auch ethische Grenzen der Organentnahme. Ein lebender Spender darf mit einer Organspende nicht seinen Tod herbeiführen. Er darf also nur ein paariges Organ (z. B. eine Niere) spenden, von unpaarigen Organen und Geweben nur Teile. Ganze, lebensnotwendige Organe dürfen überhaupt nur von Toten entnommen werden. Kein Lebender darf aus irgendeinem Grund zu einer Organspende genötigt werden. Eine Organspende aus ökonomischen Motiven ist ebenso wie der Organhandel ethisch nicht vertretbar. Der Verkauf eigener Organe ist ein Verstoß gegen die Würde des Menschen. Handelt es sich um einen toten Spender, so gebührt dem Leichnam respektvolle Behandlung und dem Willen des Verstorbenen besondere Beachtung. Wer sich zu Lebzeiten zur Organspende nach seinem Tod äußert, nimmt seinen Angehörigen die zuweilen schmerzliche Last einer Entscheidung ab und erspart ihnen die Not von Mutmaßungen über seinen Willen. Die Regeln und Richtlinien sind für die einzelnen Organe unterschiedlich: Herz- und Lebertransplantationen werden nach ihrer Dringlichkeit durchgeführt. Bei der Nierentransplantation gibt die bestmögliche Gewebeübereinstimmung und damit der langfristige Erfolg den Ausschlag. Dank der künstlichen Niere gibt es bei Erwachsenen kaum akut dringliche Nierentransplantationen. Bei Kindern allerdings gilt die Nierentransplantation wegen deren Bedeutung für das Wachstum grundsätzlich als vordringlich. Bei gleicher oder weitgehend ähnlicher Gewebeverträglichkeit entscheidet die Wartezeit.“ In der Bundesrepublik Deutschland werden die Organe vor allem über die Zentrale der Eurotransplant Foundation im niederländischen Leiden verteilt. Hier sind alle wichtigen Daten der Kranken registriert, die auf eine Niere, ein Herz, eine Leber oder eine Bauchspeicheldrüse warten. Eine mögliche Organspende wird sofort diesem Zentrum gemeldet; dort werden die Empfänger im Eurotransplant-Bereich (Benelux-Staaten, Deutschland, Österreich) ermittelt, für die sich die entnommenen Organe besonders eignen. Aus christlicher Sicht gibt es keinen grundsätzlichen Einwand gegen eine freiwillige Organspende. Bedenken ergeben sich nur aus der Möglichkeit des Missbrauchs (z. B. Organhandel). Für die Transplantation von Geweben und Organen eines Verstorbenen müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: – Die Möglichkeit einer Organentnahme darf die Bemühungen um das Leben des Spenders und seine Behandlung nicht behindern oder einschränken. 5 – Der Tod des Spenders muss vor der Explantation zweifelsfrei feststehen. – Die rechtlichen Voraussetzungen der Extransplantation müssen erfüllt sein. – Der Eingriff muss die Würde des Verstorbenen achten und darf die Empfindungen von Angehörigen nicht leichtfertig verletzen. – Die Organe müssen nach sachlich und ethisch vertretbaren Regeln verteilt werden. Kopiervorlagen [Abb. 08 - interaktiv ] Arbeitsblatt 1: Erkrankungen der Blase und Nieren _______________________________________________________________________ Krankheit Blasenentzündung Nierenbeckenentzündung _______________________________________________________________________ Ursachen Unterkühlung, Durchnässung vorangegangene Mandelentzündung oder Scharlach Erreger Bakterien Bakterien (Kolibakterien) Bakterien (Streptokokken) betroffener Personenkreis, v. a. Symptome Mädchen und Frauen Mädchen und Frauen Kinder und Jugendliche Methodisch-didaktische Hinweise Das Kapitel „Ausscheidung – Niere“ bietet Material für einen Unterricht, der – Kenntnisse über den Bau und die Funktion der Nieren vermittelt, – über Erkrankungen des Nieren-Harnwegesystems sowie über entsprechende Vorbeugungsmaßnahmen informiert, – Einblick in moderne, apparative Behandlungsmethoden gewährt, – für die Problematik und die Notwendigkeit einer Organspende sensibilisieren will. Anhand von Abb. 01 und 02 kann der Aufbau der Niere erarbeitet werden. Die Schemazeichnung des Nephrons bildet die Anschauungsgrundlage für die unterschiedlichen Strukturen der Niere und ihrer entsprechenden Funktionen. Information über die Endharnbereitung sind den Möglichkeiten der Lerngruppe anzupassen. Als Basiswissen gilt, dass – in den Nierenkörperchen das Blut gefiltert wird; – das Filtrat, der Primärharn, neben den harnpflichtigen Stoffen noch für den Körper wichtige und verwertbare Substanzen enthält; – diese Substanzen auf dem Weg durch das Tubulussystem des Nephrons zurückgewonnen werden; – der Großteil des Wassers wieder resorbiert wird; – bei der Aufarbeitung des Primärharns zum Endharn gleichzeitig der Mineralstoffhaushalt (Salzhaushalt) und der Wasserhaushalt des Körpers reguliert werden. Es empfiehlt sich zur Vertiefung, die Nephronzeichnung auf ein Arbeitsblatt zu kopieren. Die Schüler können dann die einzelnen Strukturen benennen und die Funktionen zuordnen sowie den Vorgang der Endharnbereitung schriftlich festhalten. Arbeitsblatt 1 informiert über die häufigsten Erkrankungen von Blase und Niere. An seine Bearbeitung sollte sich die Ableitung von Regeln zur Gesunderhaltung dieser Organe anschließen. Ergänzend kann ein Nierentee zusammengestellt, aufgebrüht und probiert werden. Da von Blasen- und Nierenbeckenentzündungen vor allem Frauen betroffen sind, können anschließend die Bildung von Harnsteinen und deren Zertrümmerung besprochen werden. Anhand der Abbildung des Dialysators (Abb. 05) kann mit der Funktionsbeschreibung gleichzeitig eine Wiederholung der Nierenfunktionen erfolgen. Mit diesem Bild kann auch der Unterrichtsschwerpunkt „Nierentransplantation“ beginnen. Hierbei sollten die Schüler ausreichend Gelegenheit erhalten, die Problematik der Organtransplantation und der Organspende zu diskutieren und ihre eigenen Ängste zur Sprache zu bringen. An einem realen Beispiel will das Arbeitsblatt 2 Informationen über die Problematik geben. Die Bedeutung einer Nierentransplantation für den Empfänger des Transplantates soll dabei herausgestellt und die Notwendigkeit von Organspenden ins Bewusstsein gerufen werden. Die Schemazeichnung auf Abb. 06 erklärt wie und wo das Transplantat (die Spenderniere) im Körper des Empfängers eingesetzt und angeschlossen wird. Zum Abschluss der Unterrichtseinheit kann das Arbeitsblatt 3 eingesetzt werden, das wichtige Begriffe der Thematik noch einmal aufgreifen und festigen will. Nierenentzündung häufiger Harn- hohes Fieber, drang Kopfschmerzen, Schmerzen In der Nierengegend beim Wasserlassen aufgedunsenes Gesicht, Fieber, Kopf- und Nierenschmerzen, hoher Blutdruck, zuweilen Erbrechen Beschaffentrüb, zuweilen trüb und dunkel trüb und dunkel, heit des Harns eitrig/blutig Menge nur gering Medikamente Sulfonamide Antibiotika Antibiotika Antibiotika Verhaltensregeln Bettruhe, viel trinken strenge Bettruhe, viel trinken strenge Bettruhe, wenig trinken, salz- und eiweißarme Kost _______________________________________________________________________ Arbeitsblatt 2: Nierentransplantation Lösungen: 1. Die Niere stammte von einem 18-jährigen Unfallopfer. 2. Der sicher festgestellte Hirntod des jungen Mannes (zweimaliges Messen der Hirnströme im Abstand von 6 Stunden) und die Einwilligung seiner Eltern waren nötig, um die Nieren entnehmen zu dürfen. 3. Die Nieren können außerhalb des Körpers höchstens 24 Stunden (im Notfall bis zu 30 Stunden) aufbewahrt werden. 4. Die Grobauswahl tätigte der Zentralcomputer in Leiden, die Feinauswahl wurde vom Institut für Immungenetik in Essen vorgenommen. Auswahlkriterien waren – die Übereinstimmung der Gewebeeigenschaften, – die Verträglichkeitsprobe mit dem Gewebe des Spenders und – die Wartezeit auf eine Transplantation. 5. Die Empfängerin musste seit ihrem 15. Lebensjahr dreimal in der Woche eine Blutwäsche vornehmen lassen. Sie musste sich beim Essen und Trinken nach ihren Diätvorschriften richten. Sie konnte keinen Beruf erlernen und keiner geregelten Berufstätigkeit nachgehen. Sie konnte nicht in Urlaub fahren. Arbeitsblatt 3: Nieren sind lebenswichtige Organe Lösung: 1. Harnuntersuchung N 2. Filtern I 3. Nierenmark E 4. Nierenkörperchen R 5. Blase E 6. Mineralstoffhaushalt N 7. Blasentee T 8. Harnröhre R 9. Nierenpyramide A 10 Bakterien N 11 Nierenkapsel S 12 Primärharn P 13. Ultraschall L 14. Diabetes A 15. Harnstein N 16. Harnleiter T 6 17. Sammelröhrchen A 18. Bettruhe T 19. Dialyse I 20. Antibiotika O 21. Nierenbecken N Lösungswort: Nierentransplantation meist nicht entfernt (Ausnahme: Krebs), sondern weiterhin durchblutet. Die Spenderniere übernimmt die Funktionen der funktionsuntüchtigen Nieren (Schrumpfnieren). Inhalt der interaktiven Tafelbilder Abb. 01 und 02: Bau und Funktion der Niere Ein detaillierter Längsschnitt durch die Niere zeigt die inneren Baumerkmale und die zu- und ableitenden Gefäße. Abb. 03: Nierenkörperchen Vergrößerter Ausschnitt aus der Nierenrinde. Die Schemazeichnung zeigt ein Nephron, die Filtrationseinheit einer Niere. Das Nierenkörperchen (Glomerulus mit Bowman’ scher Kapsel) befindet sich in der Nierenrinde, das Tubulussystem im Nierenmark. Abb. 04: Glomerulus Die rasterelektronenmikroskopischen Aufnahme zeigt Kapillarschlingen eines Glomerulus in 7000facher Vergrößerung. Deutlich sind die Podozyten des Kapselepithels, ihre Fußfortsätze und die von ihnen gebildeten Filtrationsschlitze zu sehen. Abb. 04: Funktion des Glomerulus Die Zeichnung stellt schematisch Filtriervorgänge im Glomerulus sowie Resorptions- und Sezernierungsmechanismen im Tubulussystem dar. Durch das Filtersystem des Glomerulus werden alle zellulären Blutbestandteile sowie die Makromoleküle des Plasmaeiweißes (Albumine und Globuline) zurückgehalten. Die Resorption im Tubulusbereich erfolgt vorwiegend durch aktive Transportmechanismen und durch Diffusion: Aktive Transportmechanismen: z. B. Natrium (Na +) durch die Na+-K+-Austauschpumpe, in geringem Maße auch Calcium (Ca2+) durch Na+-Ca2+-Austauschpumpe. Zu den aktiven Transportmechanismen zählt auch die Koppelung an Anionen, wie Cl- (z. B. Natrium als Natriumchlorid: NaCI) und -HCO3 (z. B. Natrium als Natriumcarbonat: NaHCO3). Sekundär aktiv transportiert werden auch Aminosäuren und Glucose (bis zum Schwellenwert) durch Koppelung mit Na +Transporten. Diffusion: Auf diesem Wege werden Na +-, Ca2+- und Mg2+-Ionen, Ammoniak (NH3) sowie Wasser resorbiert. Mit dem Wasserstrom können auch andere Substanzen, z. B. Harnstoff, mitgerissen und so resorbiert bzw. sezerniert werden. Vorrangig ist bei allen Resorptionsvorgängen die Aufnahme von Natrium, da etwa 80 % aller im Primärharn gelösten Stoffe Natriumsalze sind. Nicht resorbierbar sind dagegen z. B. Saccharose und Lactose. Abb. 06 und 07: Nierenerkrankungen und Behandlung Abb. 06: In der Schemazeichnung sind Aufbau und Anschluss eines Dialysegerätes, eines Plattendialysators, dargestellt. Zur Blutwäsche wird eine Vene des Patienten blockiert und durch einen „Shunt“ (engl.: Nebengleis) mit einer Arterie verbunden. Das arterielle Blut kann so aus der Vene entnommen und in den Dialysator geleitet werden. Hier fließt es durch Zellstoffmembranen, die durch Kunststoffplatten ummantelt sind. Die Poren der Membranen sind so klein, dass Blutzellen, Eiweiße und Fette im Blut zurückgehalten werden, während die harnpflichtigen Stoffe passieren und in die Spülflüssigkeit übergehen. Diese entspricht in ihrer Zusammensetzung der Gewebeflüssigkeit und wird im Gegenstrom an den Außenwänden der Membranplatten vorbeigeleitet. Das so gereinigte Blut wird in eine Vene des Patienten zurückgeleitet. Abb. 07: Die Schemazeichnung „Nierentransplantation“ zeigt, wie die Spenderniere im oberen rechten Beckenbereich an das Gefäßsystem des Empfängers angeschlossen ist. Die nicht mehr funktionsfähigen Nieren werden Autorin: Grafik: Fotos: Rosemarie Schatz Mario Bongartz Hagemann Bildungsmedien Step-Ani-Motion Rüdiger Sternal Prof. Wilhelm Kriz, Heidelberg Werner Müller, Stuttgart Siemens AG, Erlangen Die gesundheitlichen und medizinischen Aspekte in diesem Text sind von Autorin und Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. In Zweifelsfällen ist allerdings immer ein Arzt zu konsultieren. 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