C Die Neuordnung Europas und die Weimarer Republik I Kriegsverlauf und Sturz autoritärer Systeme 1 Ursachen und Verlauf der Russischen Revolution Das zaristische Russland / Ursachen der russischen Revolution Enorme Rückständigkeit im vergleich mit anderen Ländern: Keine Erschließung der Rohstoffe durch fehlende Infrastruktur und klimatische Bedingungen Nur bedingte Nutzung der landwirtschaftlichen Nutzflächen Industrialisierung nur in Moskau und St. Petersburg Veraltete Produktionsmethoden Landwirte (80%) waren weitgehend noch immer von Grundherrn abhängig spätfeudale Strukturen Autokratische Herrschaft des Zaren (mit brutaler Polizeigewalt) Die Revolution von 1905/06 1905: Niederlage Russlands im russisch-japanischen Krieg friedliche Kundgebungen für bessere Lebensbedingungen in St. Petersburg werden durch das Militär blutig niedergeschlagen allgemeiner Aufstand: Streiks, weitere Kundgebungen und Attentate Bildung von Arbeiterräten (Sowjets), die sich zu Arbeitsparlamenten zusammenschlossen kurzfristiger Anschluss von Bürgern, Adligen, landbegehrenden Bauern (Sozialrevolutionäre) Ab 1903: Arbeiterbewegung Menschewiki: Gemäßigte demokratische Gruppe (ähnlich der SPD in Deutschland) Bolschewiki: Autoritär gelenkte Kaderpartei von Berufsrevolutionären 1906: Die Revolution scheitert an der Gutgläubigkeit eines Teils ihrer Vertreter gegenüber dem Zaren Ein auf Drängen der Bolschewiki erfolgter Aufstand der Moskauer Sowjets scheiterte. Massenverhaftungen und Staatsterror Eröffnung einer Volksvertretung (Duma) Scheinkonstitutionalismus (keine politischen Freiheitsrechte) Strukturprobleme Russlands konnten nicht gelöst werden. Russland im Ersten Weltkrieg Ziele: Expansion, Streben nach Macht und Prestige Aber: weder militärisch noch wirtschaftlich oder politisch vorbereitet 1914: Patriotische Welle, die Opposition verstummt. Der Krieg wurde zur militärischen Katastrophe. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung nahm zu: Bevölkerung: Stellungskrieg Soldaten: Schlechtes Transportsystem, schlechte Versorgung Bauern: Verlust der Existenzgrundlage durch mangelnder Bewirtschaftung Streiks unter Beteiligung der Beamten, die Opposition erwachte wieder, das Vertrauen in den Zar sinkt -1- Februarrevolution 1917 Die Unzufriedenheit steigerte sich zu Streiks, Demonstrationen und Straßenkämpfen. 1917: Der Zar löste die Duma auf. Die Duma widersetzt sich und übernimmt die Regierungsgewalt, sie wählt ein Exekutivkomitee als provisorische Regierung Der Zar dankt ab Russland wird Republik Doppelherrschaft Provisorische Regierung (Duma) Vertritt bürgerliche und liberale Ideen Ziel: Wahl einer Nationalversammlung Exekutivkomitee (Sowjets) Arbeiter- und Soldatenräte Sozialrevolutionäre Menschewiki und Bolschewiki Ziel: Sozialrevolution Sowohl Duma als auch Sowjets befürworteten eine Fortsetzung des Krieges, allein die Bolschewiki lehnten einen Krieg ab und forderten einen Waffenstillstand. Der Vormarsch der Bolschewiki 1905: Lenin geht nach Zürich ins Exil. 1917: Lenin kehrt mit Hilfe der deutschen Regierung nach Russland zurück. Aprilthesen: „Alle Macht den Räten“ Aufforderung zum Bruch mit den gemäßigten Revolutionären. Ziele: Abschaffung von Heer, Polizei und Bürokratie Sozialisierung der Banken Verteilung von Land an die Bauern Kontrolle über Produktion und Handel durch die Arbeiter Diktatur des Proletariats Juli 1917: Aufstand der Bolschewiki und Putsch des Militärs scheitert. Schwache Stellung der provisorischen Regierung Anhängerzahl der Bolschewiki steigt Trotkij wird Präsident der Sowjets in Petersburg. Oktoberrevolution 1917 25. Oktober 1917: Putsch Besetzung der strategischen Punkte mit Hilfe der Petersburger Regimenter Regierung kapituliert Menschewiki und Sozialrevolutionäre geben auf Der verbleibende Rumpfkongress setzt den „Rat der Volkskommissare“ unter Vorsitz Lenins als Regierung ein. -2- Wegweisende Beschlüsse „Dekret über den Frieden“: Sofortiger Waffenstillstand Verzicht auf Annexionen und Reparationen „Dekret über Grund und Boden“: Enteignung von 150 Millionen Hektar gutsherrlichen Landes Lenin gesteht den gemäßigten Kräften aus taktischen Gründen die Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung. Vernichtende Niederlage Bolschewiki: 24% Sozialrevolutionäre: 62% Bürgerliche: 13% 1918: Gewaltsame Auflösung der Konstituante Bolschewiki übernehmen die Macht Aber: wenig Rückhalt in der Bevölkerung Gründung der Tscheka (Sicherheitspolizei) zur Durchsetzung ihrer Macht mit Gewalt. 2 Kriegsverlauf und innere Entwicklung in Deutschland Kriegsverlauf von 1914 – November 1918 1914 4. August: Deutscher Einmarsch in Belgien 12. September: Sieg in Ostpreußen gegen russische Armee (Hindenburg/Ludendorff) Vordringen bis in die Nähe von Paris, Offensive scheiterte Stellungskrieg 1915 4. Februar : englische Seeblockade „uneingeschränkter U-Boot-Krieg" 7. Mai: Versenkung der „Lusitania" Einstellung des U-Boot-Kriegs auf amerikanischen Druck Kriegseintritt Italiens auf Seiten der Alliierten 1916 Februar – September: 31. Mai: Schlacht um Verdun Seeschlacht im Skagerrak mit England 29. August: Hindenburg und Ludendorff übernehmen OHL 1917 1. Februar: Wiederaufnahme des U-Boot-Kriegs April: Kriegseintritt der USA 1918 8. Januar: Wilsons „14 Punkte" werden von Deutschland und Österreich abgelehnt 3. März: Friede von Brest-Litowsk mit Russland ab Juli: Westoffensive der Alliierten Zusammenbruch der Süd-Ost-Front der Mittelmächte 28. September: Waffenstillstandsgesuch von Ludendorff gefordert 11. Nov: Waffenstillstand in Compiègne -3- Die wesentlichen Bedingungen der 14 Punkte Wilsons Allgemeine Bedingungen: Diplomatie soll sich in der Öffentlichkeit abspielen (keine Geheimbündnisse) Absolute Freiheit der Schifffahrt Keine wirtschaftlichen Schranken Nationale Rüstung auf ein Minimum einschränken Unparteiische Ordnung aller Kolonien (Unabhängigkeit der Kolonialvölker) politische Unabhängigkeit der einzelnen Länder, territoriale Integrität, Staatenbund soll dafür sorgen, dass die Bedingungen eingehalten werden Bedingungen einzelner Länder: Komplette Räumung Russlands Belgien muss Souveränität zurückerlangen, Abzug der Truppen aus Belgien Französische Gebiete müssen befreit und wiederhergestellt werden, Elsass– Lothringen zurück an Frankreich Berichtigung der Grenzen Italiens nach den Nationalitäten Autonome Entwicklung Österreich/Ungarns und dessen einzelner Kleinstaaten Rumänien, Serbien und Montenegro müssen geräumt und wiederhergestellt werden, Serbien sollte einen gesicherter Zugang zum Meer gegeben werden Souveränität der Türkei und des türkischen Volkes muss gesichert werden, Dardanellen (Meerenge) für alle Nationen frei befahrbar Errichtung eines unabhängigen polnischen Staates, freien und sicheren Zugang zur Ostsee, ökonomische Unabhängigkeit Polens soll gewährleistet sein Folgen: Deutschland: territoriale Einschränkungen im Osten und Westen und Rückgabe von ElsassLothringen starke wirtschaftliche Folgen: hohe Kosten durch Wiederherstellung der einzelnen Länder Österreich/Ungarn: Abgabe von Gebieten und finanzielle Verluste durch die Wiederherstellung einzelner Länder Kleinstaaten mit eigener Souveränität dürfen sich wieder bilden (widerspricht den Österreich/Ungarischen Vorstellungen) löst erneut Spannungen zwischen den einzelnen Ländern aus Spaltung der Sozialdemokratie September 1914: Burgfrieden der Parteien Bewilligung der Kriegskredite April 1917: wachsender Unmut über den „sinnlosen“ Krieg Zerfall des Burgfriedens Abspaltung der USPD (gegen Kriegskredite) von der SPD der Rest der alten SPD wird zur MSDP (Mehrheits-SDP) der radikale Flügel der USPD (Unabhängige SPD) ist der Spartakusbund unter Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Ziele der USPD: Sofortiger Friedensschluss Aufhebung der Militärdiktatur -4- Siegfrieden oder Verständigungsfrieden Polarisierung zweier Meinungen: Siegfrieden (maximale Kriegsziele von 1914) Deutsche Vaterlandspartei Verständigungsfrieden (rasches Kriegsende, Verzicht auf Annexion Wilsons 14 Punkte) Die Anhänger des Siegfriedens erreichten ihr Ziel im Frieden von Brest-Litowsk Rebellion im Reichstag Juli 1917: Bildung des „interfraktionellen Ausschuss“ (MSDP, Zentrum, Freisinnige) Friedensresolution Ziele: Verständigungsfrieden Verfassungsreform (mehr Rechte für den Reichstag) Aber: Budgetrecht wird aus politischen Gründen nicht ausgereizt weitere Bewilligung von Kriegskrediten Januar 1918: Streiks Massenverhaftungen August 1918: Vernichtende Niederlage des deutschen Heeres in Amiens „Schwarzer Tag des deutschen Heeres“ September 1918: OHL gesteht Niederlage ein und fordert Waffenstillstand ( Forderung nach Demokratie von Wilson) Das Volk ist geschockt, da es bis zu diesem Zeitpunkt immer noch durch Kriegspropaganda beeinflusst war. OHL übergibt den Politikern die Verantwortung 3.10.1918: Oktoberverfassung Einsetzung von Prinz Max von Baden als Reichskanzler (durch Wilhelm II., wird aber auch von den Parteien akzeptiert, da er liberal ist) Erste Parlamentarische Regierung Abgeordnete der Parteien werden in die Regierung berufen Übergang von der konstitutionellen zur parlamentarischen Monarchie 3 Das Ende der Monarchie in Deutschland Ursachen für die Radikalisierung der Arbeiterschaft während des 1. Weltkriegs Äußerste Anspannung aller in der Kriegswirtschaft Beschäftigten unter der Kontrolle der OHL Schwerstarbeit für Frauen und Kinder Verschlechterung von Versorgung und Gesundheitszustand Verlängerung der Arbeitszeit (Nachtarbeit bei sinkenden Reallöhnen) Konfrontation mit wachsenden sozialen Spannungen Enttäuschung über Stegfriedenpolitik Verweigerung von Reformen Enttäuschung über pragmatisch-loyale Haltung der MSPD Erfolg der Agitation von Pazifisten und Linkssozialisten Radikalisierung durch das Vorbild des russischen Proletariats -5- Novemberrevolution 1918 und weitere innenpolitische Entwicklung Auslöser der Revolution: Meuterei der Matrosen in Kiel gegen Auslaufbefehl Revolution greift auf ganz Deutschland über 9.11.1918: Ausrufung der Republik durch Scheidemann (MSPD) und Liebknecht (Spartakusbund) Max von Baden übergibt das Amt des Reichskanzlers an Friedrich Ebert Rat der Volksbeauftragten Vorsitzender: Friedrich Ebert Jeweils 3 Mitglieder von MSPD und USPD wurde von Arbeiter- und Soldatenräten in Berlin gewählt (Legitimation von Unten) Absage an Spartakusbund und die Revolution 10.11: Ebert-Groener Bündnis (Heeresleitung) 11.11: Waffenstillstand (Matthias Erzberger) 15.11: Stinnes–Leghien Abkommen 16-20.12: Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte Entscheidung für Wahl einer Nationalversammlung Die Dolchstoßlegende Nach dem Krieg verbreitete Hindenburg die Dolchstoßlegende, seine Meinung wieso Deutschland den Krieg verloren hätte: Heer „im Felde unbesiegt“ „ehrenvoller Friede im Herbst 1918 noch möglich“ Heimat „erdolchte“ die Front Niederlage als Folge der Novemberrevolution Sozialisten, Demokraten = Vaterlandsverräter Kritikpunkte an der Legende: Rückzug an der Westfront Frühes Eingeständnis der Niederlage durch die OHL Übermacht der Alliierten Novemberrevolution als Folge der Niederlage politisches und militärisches Versagen von OHL und Kaiser Hindenburgs Absichten: Bewahrung der Autorität von OHL/Kaiser nach dem militärischen Zusammenbruch Abschiebung der Verantwortung, für die Folgen des Versailler Vertrags Stigmatisierung der Revolutionäre vom November 1918 (Linksparteien, Juden) Diffamierung der Weimarer Republik und der sie tragenden Parteien Rede vom Dolchstoß = interessenbedingte Geschichtsfälschung -6- II Die parlamentarische Demokratie der Republik von Weimar 1 Räteherrschaft oder Parlamentarismus? Rätesystem Fundamentaldemokratisierung direkte Beteiligung vor allem der bisher unterprivilegierten Schichten Selbstvertretung der Betroffenen Örtliche Basisversammlungen entscheiden ihre Belange selbst Räte müssen Beschlüsse ihrer Wähler durchsetzten (= imperatives Mandat) Räte sind jederzeit abwählbar dauernden, engen Kontakt mit den Massen Rotationsprinzip (Ablösung nach festen Fristen) Basisvertreter: gleiche soziale Schicht wie ihre Wähler, kein höheres Einkommen Alternativ zur parlamentarischen Demokratie Ablehnung von Gewaltenteilung, Fraktionsbildung und Parteienpluralismus Möglichkeit einer Diktatur Rededuell zwischen Max Cohen (MSPD) und Ernst Däumig (USPD) Max Cohen: Beseitigung der Desorganisation Ankurblung der Produktion dafür notwendig: Zentralgewalt Zentralgewalt nur gefestigt, wenn sie auf dem Volkswillen aufgebaut ist Wahl einer Nationalversammlung aber: Arbeiter- und Soldatenräte drücken nur einen Teilwillen des Volkes aus keine Alternative zur Nationalversammlung Vorraussetzung für eine gewollte Sozialisierung ist eine intensivere Produktion Rätesystem = Diktatur (Scheitern in Russland) um Wille eines Teils der Arbeiterschaft Eine Möglichkeit: Nationalversammlung Ernst Däumig: Nationalversammlung = Todesurteil für das Rätesystem Auf eine bürgerliche Demokratie muss eine proletarische Folgen Rätesystem Vorwurf Rätesystem = Diktatur ist unberechtigt Bisher: Diktatur einer ökonomisch überlegenen Minderheit Auch eine Nationalversammlung könne eine Revolution nicht abhalten 2 Die Weimarer Reichsverfassung Die Verfassung der Weimarer Republik Grundrechte persönliche und politische Freiheiten soziale Gesetzesbestimmungen (Achtstundentag, Tarifverträge, Betriebsräte) durch 2/3 Mehrheit veränderbar keine Bindung der Parteien an Grundrechte Grundpflichten: Erziehung, Wehrpflicht -7- Wahlsystem und Volksbeteiligung gleiche, allgemeine, direkte und geheime Wahl ab 20 (auch Frauen) Wahl zum Reichstag im reinen Verhältniswahlrecht, keine Sperrklausel Volksbegehren (10% der Wahlberechtigten: Gesetzesvorschlag) Recht auf Volksentscheid bei Ablehnung des Volksbegehrens Reichsrat Vertreter aus den Landtagen von 18 Ländern Aufschiebendes Veto gegen Gesetze des Reichstages (vom Reichstag mit 2/3 der Stimmen außer Kraft zu setzen) Reichstag Gesetzesinitiative und Gesetzesbeschluss Stellung der Regierung aus den Reihen des Reichstages Kontrolle der Regierung durch einfaches Misstrauensvotum Vetorecht gegen die Notverordnungen des Reichspräsidenten Reichsregierung Stellung des Reichskanzlers aus der Mehrheitsfraktion bzw. Koalition im Reichstag Abhängigkeit vom Vertrauen des Reichspräsidenten Reichspräsident Wird direkt vom Volk gewählt auf 7 Jahre Völkerrechtliche Vertretung nach außen Kann den Reichstag auflösen, aber nur einmal aus dem selben Grund (§ 25) Kann Grundrechte außer Kraft setzen und militärische Maßnahmen ergreifen (§ 48) Ernennt Reichkanzler und Minister und kann sie entlassen (§ 53) Kann Gesetze zum Volksentscheid bringen Oberbefehl über das Heer sehr starke Stellung des Reichspräsidenten (Ersatzkaiser) Verfassungsvergleich Paulskirchenverfassung (1849) – Bismarck (1871) – Weimarer Republik (1918) Grundrechte Paulskirchenverfassung Individuelle Freiheitsrechte Abschaffung feudaler Rechte Bismarck Weimarer Republik keine Grund- und Menschenrechte individuelle und wirtschaftliche Freiheit Obrigkeitsstaat Koalitionsrecht/Betriebsräte Wehrpflicht Wehrpflicht Grundrechte aufhebbar durch Notverordnung Verhältnis Reich/Länder Paulskirchenverfassung Fürstenbund deutscher Einzelstaaten Staatenhaus (Regierung/Volksvertreter) Übergewicht der Reichsgewalt Bismarck Fürstenbund aus 25 Staaten Bundesrat + Reichstag gesetzgebend Dominanz Preußens Reservatrechte der Einzelstaaten Reich als Kostgänger der -8- Weimarer Republik Bundesstaat der Einzelstaaten Reichsrat + Reichstag gesetzgebend Verteidigung Bundessache Exekutive durch Reichspräsident Länder zentralistische Tendenz Paulskirchenverfassung Bismarck Weimarer Republik allgemeine, direkte, öffentliche Wahl allgemeine, direkte, geheime Wahl gleiche, allgemeine, direkte, geheime Wahl absolutes Mehrheitswahlrecht Mehrheitswahlrecht (Männer über 25) Verhältniswahlrecht (auch Frauen) 3-Klassenwahlrecht Dynastisches Prinzip Plebiszite (bei Abstimmungsdifferenzen von Reichsrat und Reichstag durch Reichspräsident) Volksbegehren und Volksentscheid Wahlsystem Stellung des Parlamentes Paulskirchenverfassung Bismarck Weimarer Republik keine unmittelbare Kontrolle über die Reichsregierung Sturz der Reichsregierung durch Misstrauensvotum Übergewicht der monarchistischen Exekutive Auflösung durch Reichspräsidenten möglich Vetorecht gegen Notverordnungen des Reichspräsidenten Aufwertung: Republik Reichstag (Volkshaus und Staatenhaus) ohne unmittelbare Kontrollmöglichkeiten über Reichsregierung Regierung hat Veto gegenüber Reichstagsbeschlüssen Verhältnis von Reichspräsident und Reichsregierung Paulskirchenverfassung Bismarck Weimarer Republik Kaiser = Exekutive Kaiser = Exekutive Übergewicht des preußischen Monarchen erblicher Wahlkaiser als Bundespräsident Oberbefehl über Reichswehr Gesetzgebung über Art. 48 Kanzler vom Kaiser abhängig Reichskanzler von Reichspräsident ernannt und entlassen Möglichkeit einer Präsidialdiktatur („Ersatzkaiser") 3 Von der Monarchie zur Räterepublik in Bayern Bayerische Räterepublik Ursachen: Schuldzuweisung (1.Weltkrieg) an den preußischen Obrigkeitsstaat antipreußische Haltung des Volks und Autoritätsverlust der bayrischen Monarchie Versorgungskrise Protestpotential (Januarstreiks) -9- Verlauf: 7.11.1918: Sturz der Monarchie nach einer Kundgebung der USPD / MSPD auf der Theresienwiese durch einen Demonstrationszug der USPD unter Führung Kurt Eisners Besetzung aller wichtigen militärischen und politischen Einrichtungen durch USPD (MSPD Mitglieder verhalten sich friedlich und zurückhaltend) Bildung von Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräten (ASBR) Ausrufung des freien Volkstaates Bayern (Ende der Dynastie) und Machtübernahme in anderen Städten 8.11.: Revolutionsregierung Ziel: Kombination aus Rätesystem (Eisner: USPD) und Parlamentarismus (Auer: MSPD) Aber: inhaltlich große Unterschiede zwischen MSPD und USPD 12.1.1919: Wahlen zum verfassungsgebenden Landtag blutige Auseinandersetzungen nach Verleumdung durch BVP („Bolschewistenangst“) MSPD / BVP klarer Sieger der Wahl Verlierer USPD / Linkssozialisten MSPD plant Bündnis mit dem Bürgertum Gegensatz zwischen Arbeiterschaft und Bürgertum wird deutlich (Massendemonstrationen der Arbeiter für ihre Revolutionspartei USPD) 21.2.: Ermordung Eisners während seiner Rücktrittserklärung Generalstreiks in ganz Bayern 7.4.: Ausrufung der Räterepublik durch Sozialliberale 13.4.: KPD übernimmt die Macht Kommunistische Räterepublik Bürgerkrieg: „Rote Armee“ „Weiße Armee“ und Freikorps 02.5.: München wird von der weißen Armee eingenommen Regierung kehrt zurück Folge Rätedemokratische Denken war diskreditiert (schlecht angesehen) führende Persönlichkeiten waren Juden verstärkter Antisemitismus Stärkung der Nationalsozialisten III Die Pariser Vorortverträge 1 Die Pariser Friedenskonferenz und der Vertrag von Versailles Versailler Vertrag 28.6.1919 Vorraussetzungen: Besiegte waren von den Verhandlungen ausgeschlossen (nur schriftliche Stellungnahme) Oberster Rat der Großmächte: USA, England, Frankreich, (Italien, Japan) Grundlage: 14 Punkte Wilsons - 10 - Interessen der Großmächte Frankreich: Revanchepolitik extremes Sicherheitsbedürfnis größtmögliche Schwächung Deutschlands England: Unterstützung des Sicherheitsbedürfnisses Frankreichs Aber: o o Gegen hegemoniale Stellung Frankreichs in Europa Deutschland als Bollwerk gegen Russland (Kommunismus) USA: Wirtschaftliche Interessen Deutschland als Bollwerk gegen Russland Bestimmungen für Deutschland: Territorial Frankreich/Belgien o o o o Tschechoslowakei o o Sudeten Hultschiner Ländchen Polen Posen o o o o o Moresnet Eupen Malmedy Elsass-Lothringen Westpreußen Schlesische Gebiete Südostpreußen Pommersche Gebiete Ost-Oberschlesien Danzig freie Stadt Memelland Deutschland muss alle Kolonien abtreten Wirtschaftlich Reparationsleistungen Abtretungen der Kohlegruben im Saarland an Frankreich Abtretungen der oberschlesischen Kohlegruben an Polen Abtretung der Handelsflotte (90%) Abzahlung der Kriegskredite der USA an Frankreich und England Militärisch Reduktion des Heeres auf 100.000 Abrüstung der Marine Schleifung aller Festungen im Westen entmilitarisierte Zone im Rheinland (bis 50km rechtsrheinisch) Militärische Besetzung linksrheinischer Gebiete (Koblenz, Köln, Mainz) Politisch Alleinschuld Deutschlands § 231 - 11 - 2 Die neuen Nationalstaaten in Europa Österreichs – Ungarns In 5 selbständige Staaten unterteilt Österreich Anschluss an Deutschland verboten Österreich verliert Gebiete an Italien (Süd Tirol, Triest und Istrien) Name „Deutsch – Österreich“ wird verboten Ungarn Gründung einer Volksrepublik Trennung von Österreich Um Gebietsabtretungen zu verhindern Räterepublik Parlamentarisch – demokratisches System scheitert große Gebietsverluste Ungarn wird selbständiger Staat Tschechoslowakei Nationalratsgründung Grundlage für Staatenbildung Ab November 1918 Republik Jugoslawien Verhältniswahlrecht verhindert die Stabilisierung eines parlamentarischen Systems Krisenanfällig: religiösen Gründe / wurde künstlich zusammengewürfelt Rumänien Rumänien verdoppelt sich territorial Mehrheitswahlrecht schafft Übergewicht einzelner Regierungsparteien, was das Parlament bedeutungslos machte Bulgarien Verlor nur 10 % seines Staatsgebietes Zugang zum Mittelmeer verloren fordern Revision Albanien Wird unabhängig Ist jedoch insgesamt wirtschaftlich und politisch stark geschwächt Griechenland Wollen Einfluss auf asiatische Gebiet wird nicht gestattet Polen Wird eigener Staat Gewinnt drei wesentliche Gebietsgewinne dazu Baltische Staaten … TODO: 166 – 184 Nationalversammlung (Seite 183) http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalversammlung_%28Weimar%29 Ende der Monarchie/Des Krieges (174+175) Die neuen Nationalstaaten in Europa (Seite 200-205) Kriegsmüdigkeit nach dem „Hungerwinter“ 1916/17 - 12 - IV Krisen- und Stabilisierungsjahre der Weimarer Republik 1 Putsch- und Separationsversuche 1920-1923 Krisenjahre 1919 – 1923 Militärische Niederlage, Sturz der Monarchie Friedensbedingungen der Alliierten und Arbeitslosigkeit 5 jährige Krisenperiode Morde von Rechts Rechts gerichtete Kreise greifen gewaltsam in politische Auseinandersetzungen ein: Opfer waren vorerst Räteanhänger, später Vertreter der Regierungspolitik 1919 werden Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg von Freikorps ermordet USPD Vorsitzender aus Bayern und „Erfüllungspolitiker“ (Politiker welche den Versailler Vertrag umsetzen wollten) Trotz „Republikschutzgesetz“ bleiben die meisten Morde unbestraft, da die Justizvertreter insgeheim den Motiven den rechtsradikalen Tätern zustimmten. Kapp-Putsch 13. März 1920: Ursache: Reduktion des Heeres im Versailler Vertrag auf 100.000 Mann Soldaten aus dem Baltikum kommen zurück und schließen sich den Freikorps an Verbot der Freikorps Verlauf: Freikorpseinheiten rücken in Berlin ein Reichsregierung flieht der alldeutsche Wolfgang Kapp ernennt sich zum Reichskanzler Aber: die Reichswehr und Beamtenschaft erkennen ihn nicht an. Trotzdem weigert sie sich gegen die Putschisten zu agieren („Reichswehr schießt nicht auf Reichswehr“) Ablehnung Kapps im bürgerlichen Lager außer der DNVP Reichsregierung und Gewerkschaften rufen zum Generalstreik auf Rücktritt und Flucht Kapps am 17 März Putschisten werden nicht bestraft Ruhr und Mitteldeutscher Aufstand „Deutscher Oktober“ Folgen des Kapp-Putschs: KPD-Leitung gründet “Rote Ruhr-Armee“ im Ruhrgebiet mit 50.000 Mann die als Keimzelle einer deutschen Räterepublik wirken sollen Reichwehr und Freikorps schlagen den Versuch blutig nieder 1921: Märzkämpfe in Mitteldeutschland, erneuter Versuch der KPD eine Räterepublik zu bilden. 1923: letzter Versuch zu einer Räterepublik: KPD und SPD bilden in Thüringen und Sachsen in einer Volksfront eine Koalitionsregierung KPD plant Reichsweite Machtübernahme Reichsregierung verlangt die Entlassung der KPD aus der Thüringer Regierung durch den Ministerpräsident (SPD) Da er dies verweigert wird er selbst abgesetzt ( Reichsexekution) Aufstandsplan der KPD wird niedergeschlagen Durch diese Fehlschläge nähet sich die KPD der internationalen KPdSU an. - 13 - Folgen für die Weimarer Republik: Radikalisierung links und rechts Gefährdung der Weimarer Republik von 2 Seiten Reichswehr hat Sonderstellung („Staat im Staat“) Entfremdung von SPD und Reichswehr Schonung der Gegner von rechts gestörtes Rechtsempfinden Hitler-Putsch 1923 Bayern: Zentrum des Rechtsradikalismus der Weimarer Republik Fluchtort für politische Attentäter Bayerischer Ministerpräsident von Kahr: Ab 1920 Reichsfeindliche Politik Wird im Herbst 1923 Generalstaatskommissar mit diktatorischen Vollmachten Ludendorff und Adolf Hitler (Führer der 150 000 Mann starken NDSAP) wollten von Kahr zu einem „Marsch auf Berlin“ bewegen. Nach anfänglicher Zustimmung lehnt von Kahr doch ab Putsch wird am 9.11.1923 vor der Münchener Feldherrnhalle durch die Landespolizei gestoppt. Ludendorff wird nicht belangt Hitler bekommt 5 Jahre Haft mit Aussicht auf Bewährung, wird allerdings nach 5 Monaten wieder freigelassen 2 Entstehung und Überwindung der Inflation Ruhrkampf Januar 1921: Reichstag lehnt Reparationsforderungen (269 Mrd. Goldmark) ab Alliierten besetzen Duisburg, Ruhrort und Düsseldorf Mai 1921: Drohung der Besetzung des ganzen Ruhrgebiets Winter 1922: Reichsregierung versucht die Reparationsleistungen zu bremsen Frankreich und Belgien besetzen Ruhrgebiet („Politik der produktiven Pfänder“) Bindung des Rheinlands an Frankreich 10.1.1923: Reichsregierung ruft zum passiven Widerstand auf und beendet Reparationen Das deutsche Volk steht zusammen Frankreich setzt eigenes Personal in den Betrieben ein Aber: Kein Gewinn durch die Kohlegruben Steuerausfälle Kohleimporte Bezahlung der Lohnausfälle durch die Reichsregierung Ruinierung der deutschen Wirtschaft und Währung Inflation 1923 Ursachen: Kriegsschulden (Kriegsanleihen) Kreditaufnahme zur Umstellung der Kriegswirtschaft auf Friedensproduktion Reparationsleistungen - 14 - Ruhrbesetzung (Ruhrkrise) Finanzierung durch die Notenpresse Verlauf: Sommer 1923: Reichsbank stellt die Stützungskäufe der Mark ein Löhne und Gehälter decken nicht das Existenzminimum Dollar steigt ins Unermessliche September 1923: England macht Neuverhandlungen über Reparationen von einer Währungsstabilisierung abhängig Reichsregierung beendet den Ruhrkampf November 1923: Einführung der Rentenmark (Parität zum Dollar: 4,2 Mark) Deckung durch Hypotheken (3,2 Mrd. Mark) auf Land und Industrieanlagen an das Reich Folgen: Gewinner: Staat (Kriegsschulden von 154 Mrd. Mark wurden zu 15,4 Pfennig) Sachwertbesitzer Spekulanten (Kreditaufnahme) Verlierer: Mittelstand (Verlust des in Geld angelegten Vermögens) Verlust des Vertrauens zum Staat 3 Deutsch Außenpolitik: zwischen Revision und Versöhnung Ausgangslage Deutschland war politisch und wirtschaftlich isoliert (vor allem durch Frankreich) Annäherung an Russland (ebenfalls isoliert durch Kommunismus) Ausweg: Zusammenarbeit mit Sowjetrussland Seit 1920 wirtschaftliche Absprachen Deutschland unterstützt Rüstungsaufbau Russlands Rote Armee bietet Deutschland Zusammenarbeit an (Truppenübungsplätze und Panzerstationierung in Russland) Unterlaufen des Versailler Vertrags) Vertrag mit Russland 1922: Vertrag von Rapallo (Rathenau) Bestimmungen: Verzicht auf Entschädigung der Kriegsschäden Diplomatische Beziehungen Grundsatz der Meistbegünstigung Beunruhigung bei den Westmächten (Bollwerk) 1924: Zustimmung zum Dawes-Plan (Anpassung der Reparationsleistungen an die Wirtschaftslage in Deutschland) August 1923: Stresemann wird Außenminister und Reichskanzler (große Koalition) 1924: Stresemann ist nur noch Außenminister - 15 - Ziele Gustav Stresemanns Klärung der Reparationsverpflichtungen Widererstarken Deutschlands Schutz der Auslandsdeutschen durch Eintritt in den Völkerbund (auch Nutzung des Vetorechts) (Polen, Tschechoslowakei, Jugoslawien, Rumänien) Revision des Versailler Vertrags Korrektur der Ostgrenzen „Anschluss“ an Frankreich Aussöhnung mit Frankreich Interesse der anderen Staaten England: Wiederherstellung des Gleichgewichts Verhinderung einer prosowjetischen Außenpolitik USA: Interesse an wirtschaftlicher Zusammenarbeit Stabilisierung Europas Frankreich: Sicherung des Status quo Rigorose Durchsetzung der Bestimmungen des Versailler Vertrags Verhinderung einer Wiederaufrüstung Polen: Absicherung gegen Russland Anlehnung an Frankreich Tschechoslowakei: Sicherung der tschechischen Vorherrschaft im Vielvölkerstatt Russland: Ausbruch aus der politischen und wirtschaftlichen Isolation Verbreitung des Kommunismus Verhinderung einer zu starken Westorientierung Deutschlands Italien: Sicherung der Nordgrenzen (Brenner) seit 1922 faschistisches System (Mussolini) Funktion der Vermittlung bei europäischen Streitigkeiten Hauptwerk Stresemanns Endgültige und gesicherte Grenzführung zu Frankreich und Belgien Anerkennung des Status quo und somit Bestätigung des Versailler Vertrags Verpflichtung zwischen Frankreich und Deutschland in Streitfällen keinen Krieg zu beginnen Ostgrenzen werden als unverletzlich aber nicht als endgültig erklärt Aussicht für Eintritt Deutschlands in den Völkerbund (Locarno-Vertrag 15.11.1925) September 1926: Eintritt Deutschlands in den Völkerbund Russlands Angst vor einer Westorientierung Deutschlands 1926: Vertrag mit Sowjetunion (Berliner Vertrag) - 16 - 4 Entwicklungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur Reparationen, Verschuldung, internationales Finanzsystem Reparationen über den Dawes-Plan = tragbare Last 1929/30 Young-Plan (Festlegung der Gesamtschulden 1987/88) Aufgrund der Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise Hoover Moratorium 1931 1932 Konferenz von Lausanne: Aufhebung der Reparationen Kapital aus dem Ausland (USA) fließt nach Deutschland Deutschland mehr Importe als Exporte Ungleichgewicht des deutschen Handels Aufnahme kurzfristiger Kredite im Ausland, um Ungleichgewicht auszugleichen Aufblähung des internationalen Finanzkreislaufs Deutschland macht 28 Mrd. Auslandsschulden Wirtschaftliche Stabilisierung und Strukturwandel Industrieproduktion erreicht Vorkriegsniveau (Modernisierung) Ausbau der Infrastruktur / Bau von Schulen, Krankenhäusern et. / Ausbau des Verkehrsnetzes / Wohnungsbau Chemische, optische und elektronische Industrie floriert Strukturwandel durch Rationalisierung Ausbreitung von Handel + Dienstleistungen (öffentlicher Dienst) Anteil an Beamten + Angestellten verdoppelt sich „Goldene Zwanziger“: Angestellte prägen das Bild der Bevölkerung (ist jedoch nur ein sehr geringer Teil der Bevölkerung) Soziale Verhältnisse Beginn einer umfassenden sozialen Absicherung Ab 1927 eine verbesserte Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung Einführung des Achtstundentages (wurde aber nicht eingehalten) Mindestjahresurlaub (3 - 6tägig) Relativ große Arbeitslosigkeit (durch Rationalisierung) Kulturelle Entwicklung Malerei: 1910 abstrakte Malerei (Wladimir Kandinsky) Architektur: Neue Sachlichkeit Bauhaus (Walter Gropius) Literatur: Orientierungslosigkeit (Franz Kafka) Schauspiel: episches Theater, Lehrstück (Berthold Brecht) Ausgleich zum harten Arbeiterleben: Massenkultur: Sport, Tonfilm, Rundfunk Heimatkunst (Sehnsucht nach Harmonie) Die Massenkultur der Medien- und Warenwelt faszinierte und desorientierte die Bevölkerung große Unsicherheit der Bevölkerung - 17 - 5 Republik ohne Republikaner? Wandel der Parteien Keine Erneuerung der Weimarer Koalition trotz 50% mehr Wähler durch Frauenwahlrecht und Herabsetzung des Wahlalters auf 20 Jahre. 1930: Große Koalition unter Müller (SPD) zerbricht an einer Nichtigkeit Parteien waren nicht kompromissfähig Radikalisierung: radikale Parteien werden stärker (KPD/NSDAP), gemäßigte Parteien verlieren Wähler Strukturprobleme der Parteien politische Funktion der Parteien nicht in der Verfassung verankert Unfähigkeit (waren vorher nie gezwungen ihre Ideen auf Durchführbarkeit zu prüfen) Splitterparteien: keine Sperrklausel (keine Bildung von Mehrheiten durch die Wähler) Verhältniswahlrecht (Zahl der Abgeordneten schwankt durch die Wahlkreise) keine Kompromissfähigkeit der Parteien Artikel 48 (ermöglichte Parteien ihre Verantwortung abzuschieben) Wirtschaftliche Krise 1932 lässt wenig materiellen Spielraum Republikfeindschaft der alten Eliten Vergleich der Reichspräsidentenwahl 1925 und 1932 1925 KPD SPD, DDP, Zentrum DVP, BVP, DNVP, NSDAP Thälmann Marx (Zentrum) von Hindenburg 6,4% 45,3% 48,3% KPD SPD, DDP, Zentrum, DVP, BVP DNVP, NSDAP Thälmann von Hindenburg Hitler 10,2% 53% 36,8% 1932 Radikalisierung der Wählerschaft Verhinderung eines Wahlsiegs Hitlers mit allen Mitteln: Der konservative „Held von Tannenberg“ Paul von Hindenburg wurde 1932 von den gemäßigten Parteien zur Kandidatur überredet, obwohl er eine Monarchie bevorzugte. Die gemäßigten Parteien schlossen sich mit den rechten Parteien DVP und BVP zusammen, um eine Mehrheit zu erlangen. - 18 - V Das Ende der Weimarer Republik 1 Die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen Indikatoren für eine Konjunkturelle und strukturelle Weltwirtschaftskrise hohe Arbeitslosigkeit rückläufiges Wirtschaftswachstum schwache Aktienkurse rückläufige Gewinne rückläufige Industrieproduktion Zunahme von Firmen die Konkurs gehen Löhne und Gehälter stagnieren oder sinken Signifikante Entwicklungen die auf eine Wirtschaftskrise hinweisen (von 1928-1932) Das BIP (BSP) war 1932 nur noch 75% der Ergebnisse von 1928 Die Industrieproduktionen gehen um 1/3 zurück Die Arbeitslosigkeit steigt von 1 Millionen auf 6 Millionen Reallöhne sinken um mehr als 10 % Ursachen Wirtschaftskrise in den USA Verflechtung Deutschlands in den internationalen Finanzkreislauf Der Konjunkturaufschwung Deutschlands gründete sich auf die ausländischen Kredite Investitionen auf Fremdkapital (Kredite) aufgebaut Riskante Politik der deutschen Banken (kurzfristige Kredite wurden langfristig angelegt Banken gingen pleite) Hohe Verschuldung Deutschlands gegenüber dem Ausland (auch Reparationskosten) Verlauf 1927 gingen die deutschen Nettoinvestitionen zurück Konsumausgaben stagnieren Nachholbedarf ist gesättigt Konjunktureller Rückgang in Deutschland internationale Krise 26 Wochen Arbeitslosenunterstützung (35%-75%), dann 13 Wochen Krisenfürsorge Maßnahmen Steuererhöhungen (z.B. Einkommen-, Lohn-, Umsatzsteuer, Zollerhöhung) Gehalts- und Lohnkürzungen Reduzierung der Staatsaufträge Regierung aufgrund des Artikel 48 der Weimarer Verfassung Verzicht auf Steigerung der Staatsausgaben zur Krisenbekämpfung (Deflationspolitik) Begründung für diese Maßnahmen Verhinderung einer neuen Inflation Steigerung des Exportvolumens durch niedrige Produktionskosten Beendigung der Reparationen durch Nachweis der deutschen Zahlungsunfähigkeit Übergang zu einem autoritären System (= Instrumentalisierung der Krise) - 19 - 2 Die Präsidialkabinette der Weimarer Republik Präsidialsystem Staatsgewalt liegt bei Präsidenten Legitimation durch Direktwahl Regierung ist von Präsidenten abhängig Regierung ist von Parlament unabhängig Stellung des Reichspräsidenten in der Verfassung begründet: Artikel 25: Möglichkeit des Reichspräsidenten den Reichstag aufzulösen Artikel 48: Notverordnungsrecht Artikel 53: Reichspräsident ernennt und entlässt den Reichskanzler Die Präsidialkabinette der Weimarer Republik 27.3.1930: Auflösung der Großen Koalition Ende der letzten parlamentarischen Regierung Präsidialkanzler Diese Reichskanzler hatten nicht das Vertrauen des Parlaments, sie wurden vom Reichspräsidenten bestimmt. 1.4.1930: Brüning (Deflationspolitik: „Hungerkaiser“) 1.6.1932: Franz von Papen (ehemals rechtes Zentrum) 2.12.1932: von Schleicher (General und Reichswehrminister) Regierung ohne und gegen das Parlament Ausschalten des Reichstages durch Präsidialkanzler Extensive Auslegung des Notverordnungsrechtes um Gesetze durchzusetzen Tolerierungspolitik der SPD: anstatt die Notverordnung zu blockieren wurde versucht die Grundstrukturen der demokratischen Republik retten Abkehr von Weimar und das Scheitern von Brüning, Papen und Schleicher Die republikfeindlichen alten Eliten um Hindenburg wollten durch die Präsidialkanzler eine „autoritäre Wende“ einleiten: Schwächung des Reichstages zugunsten der Konzentration politischer Entscheidungen im Kanzleramt Abdrängung der Sozialdemokratie Ausschalten der Autonomie der Länder, vor allem der SPD in Preußen Schwächung der Gewerkschaften durch Abschaffung der Tarifverträge Ziele der Reichskanzler Brüning: Restauration der Hohenzollern-Monarchie von Papen: modernisierte Form der Ständeregierung v. Schleicher: Militärdiktatur, Spaltung der NSDAP durch Einbindung (scheitert an Hitler) alle drei gegen Adolf Hitler aber: Die NSDAP baute durch geschickte Propaganda bei den häufigen Neuwahlen ihre Macht aus, sie galt in der Bevölkerung als Hoffnungsträger „jenseits von Weimar“. Reichswehr will eine Revision des Versailler Vertrags, nähert sich der SA an April 1932: SA/SS werden von Brüning verboten von Papen hebt Verbot auf, um die NSDAP in eine konservative Regierung einzubinden - 20 - Ursachen des Scheiterns der Weimarer Republik Versailler Vertrag Reparationen territoriale Bestimmungen politische Folgen psychologische Folgen „Traumatisches Revolutionserlebnis“ Angst vor Bürgerkrieg und Bolschewismus wirtschaftliche Probleme Weltwirtschaftskrise hohe Arbeitslosigkeit Erfahrung der Inflation 1923 Mängel der Verfassung Stellung des Reichspräsidenten Wahlrecht Rolle der Parteien Versagen des Parlamentarismus mangelnde Kompromissfähigkeit (Spaltung der Linken) Dilemma zwischen Staats- und Parteiinteressen Antidemokratische Tendenzen Kommunismus Monarchismus („alte Eliten“) Justiz auf „rechtem Auge blind“ Stellung der Reichswehr („Staat im Staat) Mangel an demokratischer Tradition autoritäre Tradition Radikalisierung fehlende Regierungspraxis der Parteien Folgen: Beeinflussung des Wählerverhaltens Radikalisierung Delegitimierung der Republik Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung - 21 -