Probleme der Meritokratie (= Leistungsgesellschaft) von Michael

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Bildungssoziologie
Lektüre vom 03.11.08
Dr. Rolf Becker
Probleme der Meritokratie
Meritokratie = Leistungsgesellschaft
Michael Young entwickelte die soziologische Fantasie „Der Aufstieg der Meritokratie“
1) Die Karriere, welche nur Talenten offen steht
Verantwortungspositionen in der Gesellschaft soll nur einnehmen können, wer Kompetenzen
nachweisen kann. Vetternwirtschaft, Patronat, Bestechung und Ankauf sind nicht mehr wirksam.
Der Zugang zu solchen Positionen ist nun also abhängig von den Bildungsleistungen.
2) Die Passung zwischen Bildungsgelegenheiten und der natürlichen Begabung
Die Massenbildung machte es notwendig, zwischen guten und schlechten Kindern zu unterscheiden
(die guten würden in der Bildungsleiter weiter aufsteigen können). Kinder aus benachteiligten
Familienverhältnissen wurden vernachlässigt. Diese Politik der Bildungsselektion wurde gefördert
durch das Aufkommen von mentalen Tests (Bsp. IQ-Tests), die Selektion der „guten“ Schüler wurde
dadurch noch erleichtert.
3) Leistung & Erfolg als Grundlage der sozialen Ungleichheit in der Industriegesellschaft
Wandel vom Traditionalismus zum Industrialismus  von „Zuschreibung“ zu „Leistung“
Zu zeigen, zu was man fähig ist (Leistungsnachweise) ist wichtiger als die soziale Herkunft.
Leistung wird zur Grundlage der Belohnung.
Die verschiedenen Positionen bieten Belohnung, welche der funktionellen Wichtigkeit der jeweiligen
Position entspricht  wichtigere Positionen sollen fähigere Individuen anlocken, welche zu hohen
Leistungsstandards motiviert werden sollen.
Die daraus resultierende soziale Ungleichheit ist gerechtfertigt und verdient, weil sie ja der effizienten
Funktionsfähigkeit der Gesellschaft dient  höhere Entlohnungen widerspiegeln höhere Leistung.
Solange die Selektion leistungsorientiert bleibt, kann die Elite behaupten, dass ihre Privilegien nur
Belohnung für ihre Leistungen sind!
Eine Schwachstelle von Youngs Utopie wird ersichtlich durch seine Ideen zum Verhältnis zwischen
dem Konzept des Talents (natürliche Begabung) und dem Konzept der Leistung.
Talent = Leistungspotential / Leistung = tatsächliche Leistung
In modernen Gesellschaften sollen die „menschlichen Ressourcen“ vollständig ausgeschöpft werden.
Talent muss aber nicht nur entdeckt werden, es soll auch durchwegs in Leistung umgeformt werden
 dazu dienen ungleiche Belohnungen (hohe Belohnung = Anreiz, sein Talent in Leistung
umzuwandeln)
Offizielle Definition von Leistung = „IQ plus Anstrengung“ (dies entspricht Youngs Ansicht)
Bildungssoziologie
Die
Frage
ist
Lektüre vom 03.11.08
jetzt
aber:
„Wie
kommt
man
Dr. Rolf Becker
von
der
Begabung
zur
Leistung?“
 Dies bestimmt die Elite! Die Elite definiert Leistung!
Fazit: Es gelingt nicht, die Struktur der Ungleichheit in modernen Gesellschaften meritokratisch zu
legitimieren! (Nach dem Motto: „Es geht ihnen besser, weil sie mehr Leistung erbringen“)
Die Ungleichheit ist also nicht auf unterschiedliche Leistungen zurückzuführen!
Meritokratie messen
Bedingung einer meritokratischen Gesellschaft: Leistung wird zum neuen Schlüsselkriterium für
soziale Selektion und Belohnung (Leistung ersetzt Zuschreibung)
Nach Bell ist jede postindustrielle Gesellschaft meritokratisch. Unterschiedlicher Staus und
unterschiedliche Einkommen basieren auf technischen Fertigkeiten und höherer Bildung. Ohne diese
Leistungen kann man die Anforderungen der neuen sozialen Arbeitsteilung nicht erfüllen. Nach Bell
ist die soziale Ungleichheit also durch die Meritokratie zu erklären. Formale Qualifikationen
ermöglichen den Zugang zum System, aber erst die darauf folgende Leistung erbringt die verdienten
Belohnungen.
IMS-Hypothese (Increased Merit Selection)  In modernen Gesellschaften ist Leistung der
entscheidende Faktor beim Zugang zu höherer Bildung und folglich nimmt der Einfluss der sozialen
Herkunft immer mehr ab.
Dabei wird angenommen, dass Leistung indiziert wird durch den Bildungslevel den man erreicht hat
 „Zeitdauer der Schulbildung“ oder „Level der erreichten Qualifikation“
Die IMS-Hypothese wurde öfters in Frage gestellt (weil eben die soziale Herkunft doch auch eine
wichtige Rolle Spielt).
Kritiken: 1) Das Prinzip der formellen Qualifikationen als Bedingung für bestimmte Berufstätigkeiten
könnte sich schädlich auf die Leistungsfähigkeit auswirken. 2) Zunehmende Bedeutung von formellen
Qualifikationen garantiert keine Chancen-Gleichheit für Individuen unterschiedlicher sozialer Herkunft
 reichere Menschen können mehr in die Bildung ihrer Kinder investieren!
Zuschreibende Einflüsse (also Faktoren der sozialen Herkunft) finden einen Weg, sich als Leistung
auszurücken. 3) Der allgemeine Einfluss der sozialen Herkunft auf den Status eines Individuums wird
nicht wirklich schwächer und ist sehr konstant über die Zeit.
Fazit: Der Entscheidende Konflikt ist also, ob sich der Einfluss der Bildung auf den sozialen Status
wirklich zunehmend vergrössert (und sich folglich der Einfluss der sozialen Herkunft verringert), oder
ob es keinen Nachweis gibt, dass der Einfluss der sozialen Herkunft auf den sozialen Status
abgenommen hat. (beide Positionen werden vertreten)
Bildungssoziologie
Lektüre vom 03.11.08
Dr. Rolf Becker
Leistung, der Markt und Management
Hayek  Er ist der Ansicht, dass Kindern gleichwertige Möglichkeiten der Bildung geboten werden
sollten (abhängig von den jeweiligen Fähigkeiten)
Nach Hayek ist es nicht möglich, dass Leistung die Grundlage von Belohnung ist. Entscheidend ist
(nach Hayek) nur der Wert der Güter oder Leistungen des Arbeitenden für die Gesellschaft oder die
Organisation. Talent und Anstrengung enden nur in Belohnung, wenn sie einen Wert für den Markt
haben.
Belohnung wird nicht gegeben für das, was geleistet wurde, sondern sie ist ein Signal für das, was
noch geleistet werden soll, falls man die Belohnung beibehalten oder verbessern will.
Hayek ist also gegen jeden Versuch, soziale Ungleichheit durch Meritokratie zu rechtfertigen.
Nach Hayek ist Ungleichheit das unvermeidliche Produkt der Markt-Ökonomie.
Leistung kann nicht unterschieden werden in mehr oder weniger lobenswert in Bezug auf die
Interessen der Gesellschaft, denn Güter und Service sind für unterschiedliche Individuen
unterschiedlich wertvoll. Das heisst, unterschiedliche Belohnungen können nicht auf unterschiedliche
„Werte“ von Leistungen zurückgeführt werden!
Hayeks Theorie zeigt aber Schwächen bezüglich selbständig Arbeitenden und Produktion für den
Eigenbedarf.
Kritik an der Theorie einer zunehmenden meritokratischen Selektion
1) Betriebe und Unternehmungen haben sehr unterschiedliche Ansichten von dem, was Leistung
ausmacht. 2) Oft definieren Betriebe Leistung durch Einstellungen und Verhaltenseigenschaften (und
diese werden durch Bildung wenig beeinflusst)  Disziplin, Zuverlässigkeit, Verantwortung
„Der interne Arbeitsmarkt ist eine Ausbildung zur Zusammenarbeit“
„Zeige Disziplin und du wirst belohnt!“
An Bedeutung gewinnen Qualitäten wie: Loyalität, Einsatz, Anpassungsfähigkeit und Teamfähigkeit
 und die Einschätzung dieser Qualitäten wird VOR der Abklärung der erreichten Bildung
vorgenommen!
Fazit: 1) Das, was als Leistung angesehen wird, ist so zufällig und variabel, dass viel
Raum offen gelassen wird für das „Glückspiel“ einer Person mit Eigenschaften, welche
unter
bestimmten
Umständen
als
„Anerkennung
verdienend“
angesehen
werden
 „Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein!“
2) Eine Schwächung der Assoziation zwischen der sozialen Herkunft und der Bildung ist nicht
ersichtlich, da Bildung einen Wert als Investition hat.
3) Eine beständig stärker werdende Assoziation zwischen Bildung und dem Status ist nicht
ersichtlich.
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