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VO ÄLTERE DT. LIT.: HELDEN UND HELDENDICHTUNG
ALFRED EBENBAUER
VO 5. März
Heute kopierter Text, ansonsten werden die Texte ins Netz gestellt.
Wir gehen medias en res – mit dem Hildebrandslied. Er hat einen Wikipedia-Artikel vor sich –
er meint, für die harten Fakten reicht Wiki auch.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hildebrandslied
Althochdeutsch aufgezeichnet. Die heldenepischen Stoffe spielen aber in der Völkerwanderung
(4., 5., 6. Jh.). Nibelungenlied wird erst 1200 aufgezeichnet, was passiert in den 700 Jahren
dazwischen? Dazwischen haben wir nichts. Außer zwei Seiten Hildebrandslied. Darum ist es –
vielleicht – möglich, von diesem Text aus auszugehen, bestimmte Dinge aus- und abzurollen.
Gattungsbezeichnung Heldenlied – nicht sehr einfach. Mit dem Begriff Lied kommen wir in zu
einer sehr schwierigen Frage.
Stoffgeschichte – um welchen Sagenkreis geht es? Wie ist historischer Stoff in die Dichtung
übertragen worden – eine unendlich schwierige und umstrittene Frage.
Dietrich von Bern = Theoderich der Große > in der Sage hat er ein mieses Schicksal, warum?
Heikle Frage – wie sind die Veränderungen zwischen Geschichte und Dichtung zu stehen?
Hildebrand – Waffenmeister des Dietrichs, ging mit seinem Herrn ins Exil, nach 30 Jahren
kehrt er heim. (Hildebrandslied weiter lesen)
In Skandinavien gibt es „Hildebrands Sterbelied“ – er trauert, denn er musste seinen Sohn
erschlagen.
Thematik der Heldendichtung? Kein Happy End, die Thematik ist tragisch.
Einstieg – ich hörte sagen – ein Erzähler sagt, er habe eine Geschichte gehört. Diese Geschichte
ist keine Fiktion, Beziehung zur Oralität, zur Memoria, zur Erinnerung.
sunofatarungo – Zusammenfügung zweier Wörter + Suffix > Sohnvaterung.
hild = Kampf (Kriemhild)
ibu – engl. if – wenn
chud – kund (ein n nach einem Vokal fällt öfters aus, wie im Englischen (Gans, der Andere))
deot – Volk (in „Deutsch“ drinnen – Volkssprache)
nid – früher Hass, hat eine Bedeutungsverschiebung erfahren
Odoaker: Theoderich floh nicht, er zog gen Rom zu Odoaker.
put in bure – Braut in der Burg
barn – kleines Kind (geboren, barn)
irmin – sehr mythisches Wort – gewaltig
goldene Armringe – der Alte bietet dem Heißsporn Gold an, um einen Kampf zu vermeiden.
ort – Spitze, Punkt
wic – Kampf (Ludwig) – Kampfwörter gibt es eine Menge
furnam – fortnahm
garcon – etymologisch das Wort Recke (dt. Wort im Franz.)
sceotan – schießen
brünne – Rüstung
scritan – schreiten
Dieses Lied wurde gesungen – eine Laute, eine Lyra war wohl dabei. Es handelt sich um
Stabreime, es ist die Altgermanische Langzeile.
Jüngeres Hildebrandslied
Bearbeitung des 15. Jahrhunderts.
Wir nehmen beim Alten Lied an, dass es tragisch ausgeht, wer jetzt wen tötet, ist unklar, aber es
wird jemand sterben. Beim Jüngeren reiten beide Heim, die Frau freut sich, und schenkt dem
Mann Wein ein. Dieses Lied ist eher schon Volkslied- oder Balladenton, aber es hat weit nicht
die Wucht des alten Liedes.
HELDEN UND SUPERHELDEN – PHÄNOMENOLOGIE
HELDENDICHTUNG
UND
WIRKUNGSGESCHICHTE
VON
Was ist ein Held?
Es gibt Heldenfriedhöfe, Heldendenkmäler, Helden werden besungen, Superman und Co,
Achill und Siegfried.
Mit Helden tun wir uns ein wenig schwer (Heldenpathos, Heldenkraft, Heldengetue – es
verlockt zur Heldenparodie; Helden in Strumpfhosen).
Persides wird verspottet bei Shakespeare (…)
Orpheus in der Unterwelt
Karl Kraus zeigt in den letzten Tagen der Menschheit ein Zerrbild heldischen Getues
starke, mächtige, tapfere Männer – die Griechen nannten sie heros. Bei uns nennt man sie
Helden und Recken. Im Französischen die Chavaliers, etc. Kosaken, etc
In der Ilias ist es ganz einfach – Ilias VI, Zeile 6 – du sollt immer der Erste sein und dich
auszeichnen vor allen, sagt man zu Achill
Und genauso sollen sich die Artusritter verhalten.
Der Bereich in dem sich heldisches bewährt, ist der Kampf.
1965: Cecil Maurice Bowra: Heldendichtung (1961)
Der große Mensch hat eine harte Prüfung zu bestehen um sich zu beweisen. Und diese Prüfung
ist sehr oft eine Gewalttat. Diese zwingt den Helden zu zeigen, wie weit er für Ruhm geht.
Troja, Schlacht auf dem Amselfeld, Schlachten zwischen Goten und Hunnen, etc. Gelegentlich
auch Zweikämpfe ohne Schlacht – im MA werden diese Zweikämpfe sehr versportlicht.
Zum Wesen des heldischen gehört ein extremes Elitedenken. Die außerordentliche Stellung des
Menschen wird sichtbar im Vergleich mit anderen Menschen – die als der Durchschnitt gelten.
Von den Soldaten ist wenig die Rede, das Interesse gilt den Heerführern etc. Sein personeller
Wert und seine Ehre machen ihn verletzlich – dies ist zentral für das heldische Wesen. Durch
die Freier seiner Frau ist Odysseus in seiner Ehre beleidigt, er ist nicht so sehr eifersüchtig. Die
Ehrenbeleidigung ist auch eine wichtige Thematik in der Ilias – Menelaos (glaub ich) nimmt
Achill eine Sklavin weg – er ist in seiner Ehre beleidigt.
„Die Rühme der Männer“ besingt Achill in seinem Zelt.
Der Held genießt auch Verehrung, in Griechenland vergöttert man sie (Herakles).
Elitär, Außergewöhnlich, Ruhmbesessen, Verehrt. Der Ruhm wird erst dann außergewöhnlich,
wenn der Held zum Tode bereit ist, und das treibt Achill dazu, dass er in Troja bleibt. Er wird
sterben, aber sein Ruhm wird ewig sein. Kehrt er zurück, lebt er lange, wird aber nach seinem
Tod vergessen werden.
„Edda“: Liedersammlung aus Island: Besitz stirbt, Sippen sterben, du stirbst wie sie, der Toten
Nachruhm. – und für den muss der wirkliche Held in den Tod gehen.
Der Held ist Individualist, das ist nicht so selbstverständlich in frühen Kulturen, in
Gesellschaften, die auf Gemeinsamkeit bauen. Er wird durch sein Handeln zum Individuum.
Megalopsychie: Das Trachten des Helden ist nur auf Großes gerichtet. Nur wenige Dinge sind
ihm wichtig, er ist daher unabhängig, furchtlos und wahr.
Eine Tugend der Maße ist ihm fremd, der zentrale Kulturwert des MA ist ihm fremd.
Das Wesen des Helden ist Hybris (dt. Übermut, trifft es nicht genau; lat: superbia).
Der Chanson des Rolands: Maßlosigkeit, Rückzug Karl des Großen aus Spaniens – Roland hat
die Nachhut unter sich, die überfallen wird. Roland weigert sich ins Horn zu stoßen, alle 12
sterben. > Heroische Blödheit, hybride Maßlosigkeit.
Hagen zerschlägt das Schiff an der Donau, er weiß es gibt keine Umkehr – warum kehren sie
nicht um?
Heldendichtung hat viel mit Sterben und Tod zu tun.
Anders als in der Ritterdichtung gibt es in der Heldendichtung keinen Optimismus. Die
Heldendichtung ist eine Poesie des Verhängnisses und des Untergangs, aber man geht lachend
in den Tod. Hagen geht in Skandinavien so in den Tod – man schneidet ihm das Herz aus der
lebenden Brust, und er lacht. Sterben ist in der Heldendichtung Alltag, er ist aber nicht
unbedingt tragisch. In der Substanz natürlich, nur kommt der andere Aspekt – Apotheose –
hinzu. Der Held der tragisch stirbt, wird verklärt. Er geht in den Untergang, aber dieser
Untergang ist kein trostloser, sinnloser. Es schwingt Stolz mit. Hektors Tod und Andromaches
Klage ist tragisch, aber sein Tod ist beinahe vorbildhaft.
Der Ruhm ihres Untergangs überstrahlt ihren Tod.
VO 19. März
2. Bemerkungen zum Heroic Age
Es geht um die Zeitstruktur der Heldendichtung. Helden gehören einer vergangenen Epoche
an, sie sind immer schon vergangen – also wenn wir von Heldendichtung sprechen.
Hesiod, Zeitgenosse Homers, schreibt dass die Helden irgendwo zwischen Bronze- und Eisenzeit
anzusiedeln seien (meint nicht die Zeitalter, sondern bronzene Geschlechter und eiserne
Geschlechter – Bronzeleute quasi). Bereits 800 vor Chr. hat Hesiod das Heldenzeitalter noch
früher angesiedelt. Troja war ca. 1200 BC.
Nibelungen – um 1200 erzählt der Nibelungendichter von „alten Mähren“. Im Hildebrandslied
– „ich hörte sagen“.
Heldenlieder spielen in einer früheren Zeit.
In der französischen Heldendichtung – das Rolandslied ist um 1130 verfasst, spielen tut es um
630 AD.
Es ist immer ein aristokratisches, feudalistisches Zeitalter, das herrscht. Verwandtschaft,
Ehrgefühl spielt eine große Rolle.
Die archaische Adelsklasse hat eine eigene, sehr aristokratische Form der Weltdeutung.
Heldengedichte sind alte Mähren. Gab es auch eine Heldendichtung im Heldenzeitalter? Gab
es während des Trojanischen Krieg Heldendichtung, Lieder auf Achill und Agamemnon? Oder
immer erst ein paar Jahrhunderte später?
3. Heroisches und bürgerliches Zeitalter
Wieso beschäftigen wir / er sich damit? Als friedfertige Menschen – wie gehen wir mit diesen
alten Heldendichtungen um? Man kann es parodieren. Man kann es wie Karl Kraus
herunterreißen und verspotten. Wie nähert sich eine bürgerliche Epoche diesem Feudalismus,
Brutalität und Gewalt?
Helden gehören in eine Heroenzeit in der das Subjekt in seinem ganzen Tun, Wollen und
Vollbringen in Zusammenhang bleibt, das Epische = Heroische Zeitalter zeigt so etwas wie eine
totale Geschlossenheit. Lukacs: Ein Zeitalter in dem es keine Zweifel gibt, das Individuum
braucht nicht nachzudenken, der Sternenhimmel der Gewissheit bleibt über allem. Achill hat
kein Problem mit der Entscheidung jung zu sterben und berühmt zu werden oder alt und
vergessen. Epische, heroische Totalität.
Das romantische Denken hat diesen Zustand zum Urzustand der Welt erklärt – das Epische
und Heroische verkörpern Inbegriff und Totalität des Lebens.
Heute – wie geht man damit um?
4. Griechische Heldendichtung und deutsches Bildungsideal
Bereits 500 BC behauptet Xenophanes dass die Griechen aus Homer (800 BC) alles gelernt
hätten.
Goethe schreibt an Schiller über Homer – wird mit der Hölle in Zsmhg. gebracht.
Auch Probleme blitzen auf in Zusammenhang mit Homer – Blut, Gewalt, etc. Warum also
dieses ungeheuere Prestige dieser Kriegsdichtung, die Gewalt und Töten heroisiert?
Wirkungsgeschichte Homers ist noch nicht geschrieben.
Eine Möglichkeit des Umgangs mit Heldendichtung: Jugendbücher und Comicstrips.
Alte Heldendichtung kann man leicht verwendbar machen für politische Zwecke –
Stalingradrede von Göring 1944.
Ganz andere Formen: Es ist Tatsache, dass die Heldendichtung besonders als Jugendliteratur
vorliegt. Warum ist das so?
Lesen der Heldensagen leitet das Abenteuerlesealter ein – zitiert er. Liest ein Stück einer
Nacherzählung des Nibelungenliedes vor.
Comics – Sigurt. In den Bildgeschichten – Heldentum als Individuelles Heldentum, die feudalaristokratische Welt fehlt aber. Man weiß wer gut und böse ist, das weiß man in den Epen
nicht, die Welt dazu fehlt.
Comics beziehen grundlegendes aus den Heldendichtungen, aber nicht alles – die Gegner sind
nicht seinesgleichen, es sind die Superschurken, die Asozialen (im Sinne von Gegner der
Gesellschaft) etc.
EINE LITERATURGESCHICHTE DER DEUTSCHEN HELDENDICHTUNG
Das Hildebrandslied
Überlieferung
Sprache (eigentümliche Mischung von Oberdeutsch und Niederdeutsch)
Inhalt
Motiv und Thema (Vater-Sohn-Konflikt)– man kann sagen, diese Dichtungen haben nichts
miteinander zu tun. 2. Persisch, Irisch und Deutsch kommen aus dem Indogermanischen.
Hatten die Indogermanen eine Heldendichtung, die sich in alle diese Sprachen übertrug? Es
wurde erwogen. 3. Das eine ist das Vorbild des anderen, Motivwanderung.
> alles sehr spekutlativ.
Stoffliche Grundlagen
Form des Hildebrandliedes: Germanische stabreimende Langzeile. Zwei Kurzzeilen mit einer
Zäsur. Die Alliteration hält die Langzeile zusammen. Basisschema:
á a à a | á a à a || á a à a | á a à a |
Prinzip der germanischen Langzeile – Prinzip der Füllungsfreiheit.
Stichisch – nicht strophisch. Genau wie die Illias, die Aenäis. Das Nibelungenlied ist
strophisch.
Was ist das Hildebrandslied für eine Gattung? Kein Epos, ein Lied (dramatisch zugespritzt.)
Funktion des Heldenlieds? Kriegsstimulation, politisch oder nicht…?
Entstehung des Hildebrandslied: Vermutung, bei den Langobarden entstanden.
Offene Fragen:
Verhältnis von Heiden- und Christentum.
Sippe, Verwandtschaft und Ehre.
Rechtsprobleme.
Was ist das für ein Kampf, für eine Konfrontation? Stellvertreterkampf? Zwei Kundschafter
treffen aufeinander? Zufall oder Gottesgericht?
Waltharius – Rec. lat. dt 4174
Heldendichtung des 4., 5. Jahrhunderts, behandelt die germanisch-deutsche Walthersage.
Drei Königskinder kommen als Geiseln an den Hof König Attilas.
In 7 Handschriften, also relativ gut, überliefert. Ein Problem ist der Autor.
VO 26. März
Überlieferung des Walters – ist relativ gut überliefert, in 7 Handschriften – für so einen
extravaganten Text erstaunlich.
Der Autor – eine intensive Gelehrtendebatte wurde um die Autorschaft des Textes geführt, es
gibt zwei Kandidaten: Geraldus – schreibt einen Prolog zum Waltarius und widmet es einem
Bischof Erkanwald. Es gibt aber sehr viele Geralduse, es gibt einige weniger Bischöfe die
Erkanwald heißen – von Mainz etwa.
Zweitens – Ort St. Gallen in der Schweiz, prominentes Stift und große Klosteranlage. Eckehard
IV hat gegen 1050 ein Werk verfasst – Casus St. Gallie/Gallen (?) – und in diesem Werk über
St. Gallen schreibt, dass einer seiner Mönchsvorgänger, Eckehard I., als Schüler ein Werk
verfasst hat – Walter mit der starken Hand.
Beide Möglichkeiten sind nicht sicher – der Prolog des Geraldus ist in einem nicht gerade
guten Latein, während der Text relativ gutes Latein ist. Es kann sein, dass Geraldus ein
Schreiber war, der dem Bischof mit einem Dedikationsgedicht überreicht hat.
Eckehard IV schreibt dazu, dass es in Eckehards I Schülerschrift von Germanismen und
Barbarismen nur so gewimmelt hätte – stimmt nicht, auf den Text bezogen.
Beide möglichen Autoren würden ins 10. Jh. gehören. Wenn beide aber nicht die Autoren
sind, muss der Text von früher stammen. Eventuell aus der Zeit Karl des Großen
(Bildungsprogramme, Reformen, etc). In diesem Kontext steht der neueste Versuch, den
Waltarius zu stellen. Gerade in der Hofakademie hat man Epik und lateinische Lyrik sehr
gepflegt, es ist also durchaus möglich.
Quellenfrage
Der Dichter nennt sein Werk selbst „poesis“ – eine Großform der Dichtung. Was heißt es,
wenn der Autor sagt, ich habe eine Großform geschrieben. Länge und Kürze von Erzählungen
ist von einer gewissen Relevanz – es ist ein Unterschied eine große Erzählwelt auszubreiten oder
auf einen Punkt hin zu kommen wie in der Novelle.
In dieser frühen Zeit 9., 10.Jh. haben wir hier ein Gattungsproblem: in der Zeit Karls wurden
Versuche wieder in Richtung Aenäis gemacht, epische Hexametertexte, lange Texte. Waltarius
übt sich an den antiken Vorbildern, es ist zwar nicht soo lang, aber doch relativ. Statius
(Thebais > über Theben, Ödipus, 7 gegen Theben, etc), Vergil (Aenäis) werden zum Vorbild
genommen, viele Zitate. Er zitiert auch streckenweise christliche Epik, etc. Der will schon ein
Epos schreiben. Andererseits ist es kein Heldenepischer Stoff der Antike, sondern ein
germanischer Stoff – woher nimmt er den Stoff? Und das ist ein großes Problem.
Aus dieser Zeit haben wir nur das Hildebrandslied und das ist eine Kurzform. Was steht an
Quellen noch dahinter? Rekonstruktionen – Spielmannslied, etc. Eine andere Möglichkeit – er
könnte den Stoff erdichtet haben. Das wäre aber sehr modern, das wird man doch nicht
annehmen.
Stoff
Ein Argument, dass es keine erfundene Geschichte ist: Die Geschichte taucht auch sonst noch
auf. Historische Grundlage? – Kennen wir einen Waltarius aus Aquitanien, einen Gunter,
einen Etzel, einen Hagen, eine Hildgund? Waltarius und Hildgund kennt man nicht in der
Geschichte, die anderen schon – schwierig.
Die Hunnen kommen aber bis Aquitanien, Burgund und Franken – ein historischer
Zusammenhang ist da, aber die Geschichte lässt sich nicht ganz festmachen daran.
Geographisch findet der Kampf mit Gunter im Baskenwald statt – bei Strassburg eventuell,
oder im Baskenland – liegt sehr weit auseinander.
Der Stoff kommt auch sonst vor – in England gibt es ein Bruchstück eines Textes: Waldere.
Zwei Bruchstücke wurden 1860 in England entdeckt und gut editiert in der Zwischenzeit und
im Reclam Heft hinten abgedruckt in Altenglisch. Aus Namen und Anspielungen geht hervor,
es muss unsere Geschichte sein. Aber wie dieses überliefert wurde oder ausgesehen hat zur
Gänze – keine Ahnung.
Nibelungenlied – 28.Aventiure tritt die Geschichte kurz auf.
In der Didrekssaga, einer norwegischen Kontemplation des 13.Jh., taucht Walter auf, der
Hildegund raubt vom Hof Attilas, Hagen setzt ihm im Auftrag Attilas nach.
Zwei Fragmente eines Epos über Walter und Hildgund – aus Wien und Graz, in
Nibelungenstrophen.
Waltarius-Stoff ist scheinbar Vorbild eines Dietrich-Epos mit dem Namen Biterolf und Dietlieb
(13.Jh.).
Interpretation
Germanischer Stoff, lateinische Form.
Wenn das Gedicht nicht am Hofe Karls entstanden ist, ist es wohl in St. Gallen, im
klösterlichen Bereich, entstanden.
Anrede – fratres – Brüder. Im Text selber steht christliches und nicht christliches in einer
gewissen Opposition. Es gibt christliche Gesinnung, wenn auch wenig, Hauptaugenmerk liegt
auf germanischen Wertvorstellungen. Treue, Racheverpflichtung, Ehrenkodizes der
Heldendichtung kommen zum Tragen.
Die Elemente des Textes sind aber eher ironisch überformt. Am Ende ist es doch sehr skurril.
Hermann Schneider – Germanische Heldensagen (2 Bd. Standartwerke der Heldendichtung,
heute schon etwas veraltet)
Einbein, Einhand, Einauge – reißen Scherze am Ende – kommt sonst nicht vor. Schneider
meint, es ist ein grotesker Spielmannshumor, der hier durchbricht. Der tragische Schluss
kommt nicht durch. Er meint, eine Heldendichtung muss tragisch sein und konstruiert den
Gedanken an ein älteres Walter-Lied, dessen tragische Form schon abgeschwächt wurde.
Angebliche Mängel des Liedes werden beiseite geschoben, weil Schneider davon ausgeht, dass
der Schluss und die humoristischen Teile nicht dazu passen und „verfälscht“ wurden mit der
Zeit.
Langosch Richter (?): Hildegund als schreckhaftes Weib, keine Walküre. Ereignisse und Szenen
werden begründet und miteinander verbunden. Angelhaken werden vor der Flucht besorgt – ist
lebendig und logisch für Richter, Schneider würde es als ein unnützes Detail sehen, ein Held
muss sich nicht um Essen sorgen.
Die Fisch-Geschichte zieht sich als Motivationsfaden durch den Text.
Szenisch erzählt. Zwölf Einzelkämpfe hintereinander zu schildern ist nicht einfach, er meistert
es souverän. Die Komposition ist meisterlich.
Beginn der Erzählung – wie fängt es an: wohlgelehrt. Ganz anders als Hildebrandslied oder
Nibelungenlied – keine Erinnerung wird hervorgerufen, sondern das Wissen der gebildeten
Schicht.
Vers 213 f. (bitte notieren Sie sich diese Verszahlen) – ein Held ist normal nicht müde – der
Autor holt das Pathos der heroischen Literatur etwas herunter. Und dann verschmachtet er
schier vor Erschöpfung. Und er geht zu seiner Freundin – ein sentimentales, unübliches
Element.
Vers 362 f. Walter hat die Hunnen eingeladen um in der Nacht zu fliehen. Attila hat einen
Kater und Kopfweh – normal wird das bei einem König nicht beschrieben.
Wir springen aus Karolinger oder frühen Ottonenzeit in die Staufferzeit, wir kommen zum
Nibelungenlied und -klage.
Rüdiger von Pöchlarn – in Pöchlarn findet alle zwei Jahre ein Nibelungensymposium statt.
Überlieferung
Schon im MA ein wesentliches Werk – 25 handschriftliche Zeugnisse, einige nur
Bruchstückhaft. Bis auf eine Handschrift enthalten alle vollständigen auch die
Nibelungenklage!
Die meisten HS sind aus dem Süddeutschen Raum, aus Ö oder der Schweiz. Es gibt drei
Haupthandschriften: A – Hohenems-Münchner HS, 13.Jh. wird in München aufbewahrt. B –
St. Gallener Handschrift. C – Donaueschinger-Handschrift. Gehörte den Thurn und Taxis, war
im Privatbesitz, und man wollte es verkaufen – wieweit sind solche Kulturbesitztümer privates
Eigentum. Heute Staatsbesitz, in Baden-Württemberg.
A, B, C gelten als Hauptvertreter von drei Textfassungen – diese drei Handschriften enthalten
relativ unterschiedliche Texte. A und B bezeichnet man als Notfassung, die Handschrift C die
Liedfassung. Ende bei A & B – Das ist der Nibelungen Not, bei C: Das ist der Nibelungen
Lied.
Handelt es sich um drei Fassungen, drei Versionen – wie verhalten sich die Texte zueinander,
was ist die älteste Form? Was ist das „originalere“ etc.
Karl Lachmann – war der Ansicht, A ist am Besten und C hat am Meisten verändert.
Als ursprünglichste Fassung – sieht man heute Fassung B.
Verfasser und Entstehung
Wir kennen den Nibelungendichter nicht – in detektivischer Arbeit will man irgendjemanden
finden. Ist es nicht gerade ein Gattungsgesetz, dass die Heldendichtung anonym ist? Warum
könnte es so sein – mündlich tradiert, kollektive Memoria – Sprachrohr einer Gesamtheit,
Erinnerung an eine gemeinsame Vergangenheit vielleicht…
Man weiß nur: Zwischen Wien und Passau kennt der Dichter sich wirklich aus. Kriemhild und
Attila heiraten in Wien, etc. Besonders prominent kommt Passau vor – in Passau herrscht im
Nibelungenlied der Bischof Pilgrim, der kommt sehr prominent vor. Wolfger von Erlach – man
nimmt eine Entstehung in Passau vor, und eine Hommage an ihn in der Figur Pilgrims. (In
Erlachs Archiv – Urkunde über Walther von der Vogelweide). > Damit nimmt man an, dass
das Nibelungenlied um 1200 entstanden ist.
Die Klage – am Ende des Nibelungenliedes überleben Dietrich, Etzel und Hildebrand. Die
Klage berichtet, was weiter geschah. Verbrannte Halle und Leichen liegen herum, Etzel geht
hindurch und heult, die zwei anderen begleiten ihn und sie klagen über die Verluste. Es wird
erzählt was in Worms passiert, was in Pöchlarn passiert als die Verlustbotschaften die Städte
erreichen. Die Klage ist in Reimpaaren beschrieben. Wir finden die Mitteilung – es gäbe ein
lateinisches Nibelungenlied, geschrieben von einem gewissen Konrad von Passau – ist das eine
Fiktion, eine Quellenfiktion, eine Quellenbestätigung? Heute nimmt man eher an – es ist nicht
wahr. In der Diskussion spielte der Waltarius eine bedeutende Rolle, aber heute geht man
nicht mehr von einem lateinischen Text aus.
Form und Sprache
Mittelhochdeutsch,
gehört
in
den
bairisch-österreichischen
Raum.
Strophen,
Nibelungenstrophe. Endreim. Epische Breite, länger als das Hildebrandslied, auch wenn das
Nibelungenlied auch Lied heißt. Das Nibelungenlied wurde sicher gesungen. Die Alsfelder
Marienklage ist in Nibelungenstrophen geschrieben, da haben wir die Noten – es ist fraglich
diese auf das Nibelungenlied übertragen zu können oder nicht, aber man singt es heute danach.
Ästhetischer Effekt > warum ist das Nibelungenlied in Strophen geschrieben, Epik ist
normalerweise stychisch, es fließt dahin. Was hat die Strophe für einen Effekt – der epische
Fluss wird ständig unterbrochen. Der Schluss der Strophe ist metrisch auch immer
hervorgehoben. Dadam dadam dadam … Punkt. Eine Strophe ist eine Strophe. Punkt. Dann
kommt die nächste. Das ist kein breiter epischer Fluss wie in der Ilias.
Frage: 3 oder 4 Takte:
4: . á a | á a | ´_ | à ^|| á a | á a | á ^| ^ ^ | <
3: áa | áa | áa | ^ ^ |
letzte Zeile: á a | á a | ´_ | à ^ | | ú u a | á a | á a | ú u ^ | (zweiter Teil der Zeile: muget ihr
Wunder hören sagen)
Victor von Scheffel – Eckehard
VO 23. April
Handschrift C wesentlich länger als die anderen Fassungen – wer hat gelängert, wer hat gekürzt?
Frage nach dem Archetypus.
Historischer Hintergrund
Leicht in zwei Teile zu teilen: Siegfrieds Tod. Kriemhilds Rache.
Wer ist eigentlich, historisch gesehen, die Brünhild – er beginnt mit einer seiner Meinung nach
nicht sehr ernsthaften Fragestellung. Isländische, mythische Prinzessin. Ein Freund von ihm hat
folgende Theorie aufgestellt: in der skandinavischen Überlieferung ist Brünhild die Schwester
Etzels – gehört nach Ungarn eigentlich. Theorie – z’Isenland (ze Isenland – aus Island): heißt
eigentlich Zisenland > Zheiß > Theiß > Fluss, Herrin an der Theiß.
Erster Teil ist bezüglich historischer Wurzeln sehr schwierig.
Wer war Siegried – ein historischer oder mythischer Held. Grimms, Uhland, für sie war er ein
Gott, strahlend. Für einen Mythos braucht man keine historische Grundlage. Dann hielt man
ihn für Arminius: Häuptling der Cherusker, ein Germane. In der Schlacht im Teuteburger
Wald schlug man die Römer zurück, diese Schlacht verhinderte wahrscheinlich die
Romanisierung der Germanier. Im 19.Jh. stellte man Arminius als den Retter Germaniens vor
dem welschen Rom hin.
Tacitus: von ihm wissen wir, dass Arminius durch die List seiner Verwandten ermordet wurde,
das würde passen.
Ein weiteres Argument ist, Arminus wird oft übersetzt mit Hermann, aber Hermann ist ein
Deutscher Name und Arminus ist ein lateinischer Name. Wir wissen nicht, wie er auf Deutsch
genannt wurde. Zwei Verwandte wurden Sig… (?) genannt. Zwei Prinzipien der Namensgebung:
Stabreim oder gleiche Endung. > Wahrscheinlich, dass er einen Namen mit Sig gehabt hat.
Andere Theorie: Franken: Merowinger (blutige Geschichte) waren das erste Königsgeschlecht.
In der merowingischen Geschichte des 6.Jh. Wir finden Sigibert, Brunhild, Fredigundis als
Namen. Brunhild wurde von Pferden zerrissen, etc.
Man hat Elemente der Merowingischen Geschichte als historische Grundlage des ersten Teiles
angenommen, wobei hier die Familiengeschichte ausschlaggeben ist.
Zweiter Teil ist einfacher einzuordnen: Etzel = Attila. 453 AD gestorben. Niemand zweifelt
daran, dass Etzel = Attila ist. Attila = Väterchen (Atta unser > gotisch, Vater unser).
Lautgesetzlich wurde es zu Etzel. Attila starb in der Hochzeitsnacht an einem Blutsturz, seine
Gattin heißt Hildiko / Ildiko und war Germanin. Saß am Morgen weinend neben ihrem toten
Gatten. In skandinavischen Überlieferungen bringt Kriemhild Etzel um.
Dietrich von Bern = Theoderich der Große.
Attila und Theoderich konnten sich allerdings nie treffen, rein von den Daten her.
Die Burgundenkönige: Gunther, Gernot und Giselher: Burgundische Quellen: In einer
Schlacht wurden die Burgunden am Rhein von den Römern und Hunnen im Jahre 436
vernichtend geschlagen. Hunnen standen zum Teil im römischen Sold.
451 Schlacht auf den katalaunischen Feldern > die Hunnen wurden von den Römern besiegt.
In diesen Auseinandersetzungen spielen Hunnen und Römer eine Rolle.
Die Burgunder wurden umgesiedelt, die Könige waren alle gefallen. Man setzte sie an die
Rhone. Wurde mächtig dann in der Folge, als französisches Herzogtum.
6. neuere Positionen zur Interpretation, zur Nibelungenforschung, zu Interpretationsproblemen
Seit 1945 ca. 1800 Publikationen zum Nibelungenlied.
Vorletztes bedeutendes Buch, im Jahre 1998 von Jan-Dirk Müller: Spielregeln für den
Untergang. Joachim Heinzle – Gegner von Müller. Es geht darum, dass das Nibelungenlied
Brüche hat, Widersprüche, man ist sich nicht einig nach zweihundert Jahren Interpretation mit
dem Umgang. Ist es sinnvoll, dass der Hagen, der im ersten Teil der Mörder ist, im zweiten Teil
zum Superhelden wird? Passt nicht zusammen. Müller beginnt sein Buch mit der Frage – wer ist
eigentlich Kriemhild? Eine nette, blonde, schöne Prinzessin. Und am Ende ist sie eine rasende
Furie. Passt das? Oder ist das Nibelungenlied nicht ein Machwerk aus verschiedenen
Traditionen. Müller sagt, das Nibelungenlied ist kein gutes Werk, es ist zusammengestückelt.
Im 19.Jh. versuchte man die Brüche zu kitten > vieles ist Stoffmontage, manches nicht. Müller
bezeichnet sein Buch als eine historische Lektüre des Nibelungenlieds.
Historische Anthropologie: der Mensch ist historisch bedingt in seiner Situation. Wir können
historische Texte nicht so ohne weiteres verstehen. Wir sind permanent in Gefahr, Dinge
misszuverstehen. Ein Prof. versuchte einmal, die Kriemhild als geschlossene Figur zu sehen, die
eine logische Entwicklung durchmacht > das will Müller nicht machen. Unsere Vorstellung von
einem Kunstwerk ist Geschlossenheit, aber Müller sagt – Falsch. Wenn wir es so lesen, dann
lesen wir es modern. Wir können das aber nicht. Wir müssen uns langsam, mühevoll annähern
an den Text.
Müller hebt nun auf der Basis einer historischen Anthropologie einige Schlagworte hinaus: Die
Gesellschaft des Nibelungenlied. Wer oder was steht eigentlich im Zentrum – das ist nicht so
einfach. Viele sind wichtig. Der Personenverband ist wichtig. Frühere Staats- und Sozialwesen
waren durch den Personenverband definiert. Heute – Flächenstaat. Der mittelalterliche Staat ist
eine personelle Konstellation (13. 14. Jh. vor allem). Die Personen treten ständig in andere
Konstellationen – bei diesen gibt es drei Ordnungsprinzipien nach denen man sich richtet:
Verwandtschaft. Vasallität (Hagen als der treue Gefolgsmann schlechthin). Freundschaft.
Diese drei Kriterien spielen in den verschiedendsten Konstellationen zusammen, und über
diesen drei Schlagwörtern steht die Treue, triuwe. Die triuwe ist ein positiver Wert, wird aber
nicht so sehr eingehalten. Die Nibelungentreue – man stirbt gemeinsam. Aber Hagen bringt
treulos den Siegried um, getreu Brünhild. Etc. Auch diese Treue wird in den verschiedenen
Personalkonstellationen immer wieder gebrochen.
Heros (Siegried), Adel (Fürsten und Krieger), Landesadel (Chef, König) > und dieses Verhältnis
wird auch immer wieder unendlich thematisiert. Heros – wer ist ein Held, Siegfried platzt
hinein, ständig hat er Probleme, er ist intellektuell nicht sehr groß da. Er tritt auf und wird
liquidiert als Held. Zweiter Teil – eher heroisch und gigantisch – der geordnete Hof kippt im
zweiten Teil. Gunther ist nicht der Führer, Hagen ist es.
Frauen im Nibelungenlied – die Frauen sind schön, werden verprügelt, behütet, untergeordnet.
Aber sie spielen eine ganz zentrale Rolle, die weibliche Macht erscheint letztlich als gefährliche
Macht, die man patriarchalisch eliminieren muss.
Wie sieht es mit den Klerikern aus, mit der Kirche: Goethe meint, es ist nur oberflächlich
christlich, und sonst urheidnisch. Messen gibt es, Priester gibt es, etc. Aber es gibt keine
Vergebung, keine Gnade, keine Erlösung, etc.
Christliche Welt wird körperlich entfernt – Hagen schmeißt den Pfaffen zum Test in die
Donau, nachdem er die Prophezeiung der Nixen gehört hat. Der Nichtschwimmer überlebt
und kommt ans andere Ufer, und Hagen weiß nun, die Prophezeiung stimmt. Die Kirche wird
entfernt aus diesem Bereich des Nibelungenlieds. Der Moment ist gekommen, wo die
burgundischen Ritter immer mehr von ihrer Ritterlichkeit verlieren und zu einer Meute
werden, genauso wie die Hunnen.
Öffentlichkeit und Heimlichkeit: vieles drehte sich um: Geburten von Adeligen in der
Öffentlichkeit, damit kein Bastard untergeschoben werden konnte, essen alleine, Klo gehen
gemeinsam. Vieles was heimlich war, wird im Nibelungenlied öffentlich gemacht und
umgekehrt und zum Problem. Mord ist hochgeheim > Hagen geht zur Bahre, die Wunden
Siegrieds bluten, es wird öffentlich gemacht – dies ist der Mörder. Gunther nimmt die
Öffentlichkeit zurück und sagt, nein, das stimmt nicht.
Blickrichtungen, wer wen ansieht, sind von hoher Bedeutung. Das Verwirrspiel in Isenstein.
Räume im Nibelungenlied – die Raumregie ist hochspannend. Es gibt konkrete Räume,
mythische und mystische Räume (was ist Island), wo ist der Sachsenkrieg, wo wird Siegfried
umgebracht, die konkrete Halle am Ende.
Hauptachsen des Raumes: erster Teil: N – S (Rhein und Island); zweiter Teil: O – W (die
Donau entlang).
Wie viele Reisen gibt es vom Hofe Attilas nach Worms: 5 Mal. Rüdiger kommt nach Worms,
Heiratsantrag. Reise Kriemhilds zu Attila, mit vielen Stationen. Einladung Kriemhilds, zwei
Boten werden geschickt. Boten reisen zurück. Dann reisen die Burgunden donauabwärts in den
Tod.
Die beiden wichtigen Reisen haben gemeinsam: Vom Rhein kommt man irgendwo an die
Donau. Erstaunlich ist, als die Kriemhild abreist, verabschiedet man sich erst an der Donau,
man verabschiedet sich dort. Dann fährt Kriemhild donauabwärts, ein Ort ist besonders
wichtig: Passau, Onkel der Kriemhild ist Bischof. Weiter, zweite große Station Pöchlarn; dritte
große Station Wien > Hochzeit mit Etzel. (Egalienz) Zu Etzels Burg. Gute, geordnete Reise.
Burgunden: wieder bis zu Donau. Die Donau führt Hochwasser, man hat kein Schiff zum
Übersetzen, 1000 Mann auf Reise. Das folgende Bayern ist ein ungutes Land, kriegerische
Konflikte, morastiges Land. Donaunixen, Fährmann will nicht übersetzen, Hagen setzt alle
selbst über. Die Donau beinahe als Grenze zwischen Tod und Leben, eine Grenze ins Jenseits.
Durch die Wasserfrauen wissen sie es auch, dass die Überschreitung des Flusses in den Tod
führt.
Gestörte und problematisierte …: Verhaltensnormen gehen durcheinander, Lug, Trug,
Heimlichkeiten. Wie verkehren die Leute miteinander, Extravaganzen werden immer gemacht,
die unnötig sind und normalem Verhalten widersprechen. Der tote Siegfried – normalerweise
würde man ihn in die Kirche tragen. Hagen lässt ihn vor die Tür Kriemhild legen, das ist nicht
üblich. Erst jetzt, nach dem überflüssigen, grausamen Zwischenstück, wird Siegfried in den Sarg
gelegt. Der tote Siegfried blutet wieder.
Verspielen der höfischen Verhaltensweise in solchen Szenen. Diese Verhaltensweisen werden
runtergemacht im Nibelungenlied. Ordnungen der Gesellschaft und des höfischen werden
verspielt, um am Ende zieht sich eine Blutspur durch die Geschichte, die ganz anders angelegt
war. Die soziale Ordnung geht nicht einfach zu Bruch, sie wird als blutiges Gegenfest gefeiert.
Kriemhilds Fest.
Ziel der Bewegung ist nicht Lösung des Problems, man endet in der Zerstörung. Es sind die
Dissonanzen und Ambiguitäten die den Zusammenhang stiften (…).
Die Brüche werden zu Alternativen – es hätte anders gehen können, aber hier führen alle
Spielregeln in den Untergang. (Müller geht hier doch wieder in die Gesamtinterpretation, was
er vorerst vermeiden wollte.)
VO 30.April
Zwei Ansätze in der Forschung: Psychologie harmonisieren, Bruchstellen kitten, Forderung
einer Gesamtheit. Oder: Gut, man kann nichts machen, es gibt diese Bruchstellen, aber
warum? Mehrhundertjährige Entwicklungsgeschichte, Vorgeschichte des Werkes, verschiedene
Fassungen – es muss Bruchstellen und Inkonsistenzen geben.
Müller – Spielregeln für den Untergang: Im Nibelungenlied werden auch die Alternativen, die
Bruchstellen fruchtbar gemacht. Es entsteht kein geschlossenes Werk, aber etwas, das voll
Spannung ist.
Annäherung an das komplexe System des Nibelungenlieds nur in jahrelanger Arbeit zu
erreichen, weil man die Figuren nur dann verstehen kann, wenn man ihren anthropologischen
Hintergrund versteht, und den versteht man nur, wenn man das MA versteht.
Nibelungische Anthropologie heißt ein Kapitel in Müllers Buch – wider die Psychologisierung.
Wie wurde Kriemhild zur Teufelin? Am Ende des Lieds müsste sie 80 Jahre alt sein, aber sie ist
zeitlos in ihrem Äußeren. Sie müsste, laut Müller, anthropologisch gelesen werden – wir sind in
einem Gebiet, das man Emotionsforschung nennt. (Projekt Emotionen im Mittelalter). Zorn,
Hass, Neid, Eifersucht, Liebe, etc. Müller wirft die Frage auf, wie sieht es mit dem Verständnis
von Emotionen aus – Müller sagt, wir verstehen den Zorn der Kriemhild, den Zorn des Achills
nicht, weil es zu lange her ist. Gegenposition: Diese elementar menschlichen Regungen sind
allgemein menschlich zu verstehen. Es geht nicht mehr um eine literaturwissenschaftliche
Frage, sondern um eine anthropologische.
Zitiert Müller – beim Zorn des Achill geht es nicht nur um Achill, sondern um den Zorn des
Helden an sich. Wir stehen nicht nur vor der Frage – verstehe ich den Zorn? Verstehe ich den
Zorn Achills? Sondern verstehe ich den literarisch-gattungsspezifischen Zorn?
Müller schiebt die Frage weg – wir brauchen nicht zu wissen, was Zorn emotional bedeutet, was
die Emotionen bedeuten – problematisch für Ebenbauer, denn wir lesen diese Emotionen.
Müller hat die Struktur des wechselseitigen Verhaltens in den Mittelpunkt gestellt, Gephart
streicht die emotionsgeschichtliche Neugierde und das psychologische Moment heraus. Sie geht
von der Affekten- und Triebwelt des Nibelungenlieds aus und untersucht sie. Bsp.: Siegfrieds
Ankunft in Worms: Gephart verweist hier auf den historischen Wandel – es wird deutlich, was
das Lied von der Wirklichkeit trennt, normal kommt man nicht einfach und fordert ein
Königreich. Der Zorn ist die treibende Kraft, Zorn bedeutet Energieaufwendung, aber auch
verminderte Selbstkontrolle. Siegfried offenbart komitive (?) Schwächen – König Gunther
hingegen hat Selbstkontrolle. Affektaufladung bei Siegfried versus Affektkontrolle bei Gunther.
Sachsenkrieg: Gegensatz der Affektwelt zeigt sich ebenfalls – Gunther kann sich beherrschen.
Der Sachsenkrieg ist durch Zorn und Grimm der Parteien geprägt. Zwei Herrschergestalten –
zwei unterschiedliche Positionen der europäischen Affekt…
Norbert Elias – eigenen Kultur- und Zivilisationstheorie: sollte man kennen, meint er.
Der aggressive Siegfried wird durch die höfische Kriemhild der höfische Held.
In Isenstein werden die Wormser ambivalent empfangen, meint Gephart. Symbolik der weit
geöffneten Tore der Frauenburg auf Isenstein und die phallischen Waffen der Männer – siehe
Freud. Gefahr der Entmannung steht im Raum. Erster Betrug an Brünhild – und erster Betrug
an der Sage, am Märchen – die stärkste und schönste Frau bekommt den stärksten und
schönsten Helden. Siegfried wird hier kein einziges Mal zornig, hier ist nur Brünhild zorning.
Siegfried bleibt affektiv beherrscht. Aggressionshemmung gegenüber einer Frau, meint
Gephart, er hat sich nicht grundlegend geändert.
Brünhild wird im Zweikampf, der eigentlich ein Dreikampf ist, besiegt. Zwischen Worms und
Isenstein verläuft eine ungeklärte patriarchalische Konfliktlinie. Die Rivalität zwischen Gunther
und Siegfried wächst. Siegfrieds Strategie sich als Gefolgsmann auszugeben, erweist sich als …
Siegfried duzt Gunther, infantilisiert den König unter der Tarnkappe. Er rächt sich an der
Macht Gunthers über Siegfrieds begehrtes Objekt Kriemhilds. Andererseits ist man
freundschaftlich zueinander, aber in solchen Szenen werden unterdrückte Emotionen spürbar,
die als Affekte das Magma des Nibelungenlieds bilden. Und so wird der unverwundbare
Siegfried erstmals verwundbar – er erfährt im matriarchalen Bereich einen Dämpfer.
Die betrogene Brünhild wird den ihr eigentlich bestimmten Siegfried nicht mehr loslassen und
seinen Tod vorbereiten. Das Paar Gunther und Brünhild verbindet nur mehr blanker Hass.
Szene in der Hochzeitsnacht – Patriarchat verliert die Ordnungsgewalt. Siegried muss wieder
eingreifen, wieder Blut. Siegfried kämpft gegen sie als Vertreter aller Männer – nicht so sehr die
Tarnkappe, sondern der Zorn lässt ihn gewinnen. Er hat einen matriarchalen Drachen *g*
besiegt, die Ordnung wieder hergestellt, aber die patriarchale Ordnung am Wormser Hof bleibt
nachhaltig gestört. Die Gefahr bricht auf, wo Siegfrieds narzisstische Seite durchbricht – er hebt
sich zeichenhafte Beweise seiner Tat auf, prahlt später damit, um Gunther empfindlich zu
treffen. Er will seine Tat zumindest symbolisch zur Schau stellen. Weil wenn etwas geheim hätte
bleiben wollen, dann diese Sache – Brünhild wird zum zweiten Mal betrogen, Gunther als
ohnmächtig dargestellt – eine extreme Störung der höfischen Situation. Emotionale
Auseinandersetzung mit Gunther – obwohl sie sich sonst gegenseitig helfen, Freunde sind.
Alle Akteure des Dramas sind höfische, das heißt gesellschaftliche Figuren, aber das
Archaiische bricht durch, der Zorn erfasst auch die höfischen Frauen > Königinnenstreit. Tod
Siegfrieds. Äußerst differenziertes Wechselspiel.
Siegfried und Gunther erstreben beide, mit unterschiedlichen Mitteln, die Vormachtstellung.
Der zweite Teil des Lieds ist bestimmt durch den Hass zwischen Kriemhild und Hagen, die
Rivalität zwischen Etzel und Gunther.
Wechsel des Namens von Burgunden zu Nibelungen, in dem Augenblick, wo sie zu Etzel
ziehen. Nibelungen, sind jene Zwerge, die den Schatz zu beginn bewachen. Wieso werden die
mächtigen Könige aus Burgund plötzlich zu Zwergen. Die Könige verlassen, laut Gephart, das
geordnete System Worms, setzen über die Donau und mutieren zu einer wilden Meute. Mit der
Gestalt Hagen verbindet sich der Namenswechsel – der Mörder als Nachfolger Siegfrieds und
jetziger Besitzer des Schatzes, den er im Rhein versenkt. Das Szepter der Gewalt ist auf Hagen
übergegangen, der aber nicht narzistisch ist, sondern ein Führer. Hagen löst Gunther als Führer
immer mehr ab, Veränderung der Sozialstruktur zur Meute.
Alberich – Siegfried – Hagen. Auch psychologisch übernimmt Hagen die Einzelgängerrolle
Siegfrieds, aber nicht als narzistischer Held, sondern als Anführer. Hagen weiß um den Tod
aller, führt sie aber (unverantwortungslos eigentlich) in den Untergang.
„Die so genannte germanische Treue“
Hagen – idealisierte Vaterfigur und gekränkter Hofmann zugleich. Gunther wollte ihn mit
Kriemhild nach Xanten schicken.
Kriemhild sucht personale Lust an der Vergeltung. Hagen und Kriemhild – beide verbindet
eine wechselseitige Lust an der Vergeltung.
Mitschuld Kriemhilds am Tod Siegfrieds > das Kreuz > Kriemhild fällt auf Hagen rein? Oder
weiß sie was sie tut? Dürfen wir fragen, warum näht Kriemhild das Kreuz auf die Stelle? Ist das
nur Blödheit oder spielt Unterbewusstes hier eine Rolle?
Kriemhild erlangt erneut Macht – Demütigung Hagens quasi.
Müller – Kaplan wird üebr Bord geworfen, man macht Schluss mit dem Einfluss der
Geistlichkeit, denn jetzt geht es ins Wilde.
Gephart – Hinauswurf des Kaplans ist so etwas wie eine sakrale Weihe für Hagen und den
Untergang.
Burgunden – die Wilden, Archaiischen; Etzelhof > Affektregelnd zuerst. Aber auch dort
funktioniert die Affektregelung nicht.
Archetypische Mutter-Kind Szene in der Halle.
Wichtige Ordnungsfunktionen werden nihiliert; Nibelungen: regressive Geschlossenheit in der
kollektiven Angst wird in kollektive Aggression umgewandelt.
Text: Das Lied vom Hürnen Seyfrid. War relativ populär, wurde immer wieder, bis ins 17.Jh.
gedruckt, Zusammenhänge mit der Edda teilweise.
Wunderschöne Historie von gehörnten Siegfried.
Ab dem 14. Jh. spielt das so populäre Nibelungenlied bis 1755 keine Rolle mehr. Dann wurde
eine Handschrift von Myller wiederentdeckt und ins Neuhochdeutsche übertragen. Man
begann sich wieder dafür zu interessieren. Myller schickt es König Friedrich von Preußen – der
folgendes schrieb: das sei nicht einen Schuss Pulver wert und verdiente nicht, aus dem Staube
der Vergessenheit gezogen zu werden. Trotzdem war die Wiederentdeckung des
Nibelungenliedes nicht aufzuhalten, besonders in der zum MA gewandten Romantik. Hebbel
schreibt ein Nibelungendrama, Wagner – der Ring des Nibelungen (Text hält sich an die
skandinavische Überlieferung), etc. Nibelungenlied wurde als Text geschätzt, andererseits stellte
man sich die Frage – ist das Nibelungenlied die deutsche Ilias – man wollte eine
Nationaldichtung wie die Griechen, die Franzosen, die Italiener, etc.
Goethe: Die Kenntnis dieses Gedichte gehört zur … (las es wahrscheinlich nicht)
Zu einem Erziehungsbuch der Deutschen wurde das Nibelungenlied nie. In der
Rezeptionsgeschichte kann man verschiedene Phasen unterscheiden: Bis zur Gründung des dt.
Kaiserreiches im Spiegelsaal von Versailles: 1. Phase: romantische Sehnsucht nach dem MA
dominiert noch, Nibelungenlied wird aber auch schon zu einem patriotischen Instrument.
1848 – nationalliberale Begeisterung, romantische Begeisterung bereits relativ stark verflogen
durch die Unterdrückung der Revolution. Zunehmend nationale Euphorie, stärker in Dt. als in
Ö. 1871 Gründung des dt. Kaiserreiches in Versailles: Felix Dan 1859 ein Gedicht über den
Untergang der Germanen.
Friedrich Engels – Siegfried ist der Repräsentant der dt. Jugend, wir fühlen alle den selben
Tatendurst, den selben Trotz. Das Aufbrechen, das Störrische wird für Engels zum Symbol.
Bis Weimar – Nibelungenlied: Siegfried: Symbol für wiedererwachte Macht und Tatendrang.
1909 Reichskanzler im dt. Reichstag sagt: Meine Herrn, ic habe irgendwo ein höhnisches Wort
gelesen über unsere Vasallenschaft gegenüber Ö-U, das sind wir nicht, aber Nibelungentreue
wollen wir bewahren.
1914: Ö > ist Volker, D > Hagen.
Niederlage D nach dem 1. WK > wird durch den ermordeten Siegfried repräsentiert.
Dolchstoßlegende, dt. Pazifisten und Sozialdemokraten sind schuld am unrühmlichen Ende
des Krieges.
Nazis hatten mit dem Nibelungenlied nicht viel am Hut, bis es zu den ersten Niederlagen kam:
bis dato war es mit dem Untergangsgedanken noch nicht so weit her. Aber 1943: Göring am
30.1. an die eingeschlossene dt. 6. Armee bei Stalingrad: Mit ungebrochenem Mut, und doch
zum Teil ermattet und erschöpft, kämpfen sie gegen eine gewaltige Übermacht um jeden Block,
um jeden Stein, um jedes Loch, um jeden Graben. Wir kennen ein gewaltiges Heldenlied von
einem Kampf ohnegleichen, es heißt „Der Kampf der Nibelungen“. Auch sie standen in einer
Halle voll Feuer und Brand, löschten den Durst mit dem eigenen Blut, aber sie kämpften bis
zum Letzten. Ein solcher Kampf tobt heute dort, und noch in tausend Jahren wird jeder
Deutsche mit heiligem Schauer von diesem Kampf in Ehrfurcht sprechen und sich erinnern,
dass dort trotz allem Deutschlands Sieg entschieden worden ist. […]
VO 7. Mai
Dietrich-Epik
Dietrich von Bern
richtet sich nach einem Büchlein von Joachim Heinzle: Einführung in die ma Dietrich-Epik.
1.Kap. Theoderich der Große und Dietrich von Bern
… – Teilung des römischen Reiches, ursprünglich nur als Verwaltungsvereinfacherung gedacht.
Gr. sprechendes Ostrom, lat. sprechendes Westrom.
375 – Beginn der Völkerwanderung durch den Einbruch der Hunnen. Unterwerfen das
Ostgotische Königreich des Ermannerich (in der Ukraine, Südrussland – beim Schwarzen
Meer). Hunnen sind weiter marschiert in den Westen, Reich an der Theiß gegründet. Größte
Ausdehnung unter Attila. In der Schlacht auf den kattalaunischen Feldern wurden sie von den
Römern vernichtend geschlagen. Auf beiden Seiten kämpften germanische Hilfstruppen mit –
auf Hunnischer Seite Goten. Amaler – Königsfamilie der Ostgoten.
Dietrich wird zu den Amelungen gezählt.
Vater und die beiden Onkel des Theoderich kämpften auf Seite der Hunnen auf den
katalaunischen Feldern.
Name Attilas – ist germanisch, Atta – Vater; Attila – Väterlein.
Ostgoten ziehen herum, lassen sich in Pannonien, in Ungarn nieder. Wurden Nachbarn von
Byzanz. Goten waren Arianer (ist Christus Gott, etc), Ostrom war (noch) katholisch.
474 Theoderich übernimmt alleinige Herrschaft über das Ostgotenreich.
488 – Theoderich schließt mit Kaiser Zenon einen Vertrag – Th soll nach Italien, nach
Westrom gehen und das einkassieren.
… Belagerung von Ravenna, Theoderich siegt, schließt mit Odoaker einen Vertrag, die
Herrschaft über das (zerbröselnde) Weströmische Reich zu übernehmen.
Odoaker erstochen.
Zenon will Unterwerfung.
497 Theoderich wird als Herr Italiens anerkannt. Greift nie in die kaiserlichen Rechte ein
(Münzprägung, Porfür (roter Marmor))
Einige Jahrzehnte des Friedens, wirtschaftlicher Wohlstand, etc. Heiratspolitik (Vandalen,
Merowinger, etc). Je älter er wurde, desto mehr Probleme aber bekam er – der alte römische
Senat stellte sich gegen ihn. Führer im Senat – hatte einen Schwiegersohn: Boethius. Beide
landen im Kerker, Boethius schrieb dort die Tröstung der Philosophie. Beide wurden dann
hingerichtet. Hat Theoderich irrsinnig geschadet, waren beide Katholiken, Philosophen, etc.
Theoderich hat den greisen Papst als seinen Vertreter nach Byzanz geschickt, um zu verhandeln,
dieser erreichte aber nichts. Nach seiner Rückkehr ließ er in verhaften, und dieser starb in der
Gefangenschaft. Theoderich stand als Papstmörder da.
Starb 526.
Rund 20-jähriger Vernichtungskrieg von Seiten Byzanz gegen das Weströmische Reich begann.
Theoderich hatte keine Söhne, Tochter versuchte das Reich zusammenzuhalten. 555 wurden
die Goten vernichtend geschlagen, Ostrom hat Italien eigentlich wiedergewonnen. 568 aber
erobern die Langobarden Westrom, es wird fränkisch. Ostrom hatte immer noch Einfluss in
Westrom, aber keine militärische Macht mehr. Ravenna ist immer auf Seiten Byzanz (?).
MA – Theoderich wurde als Ketzer, etc im MA betrachtet.
K.d.G > holte ein Theoderich-Reiterstandbild nach Aachen. Wurde verrissen deswegen.
(Interpretation bildlicher und dinglicher Quellen: Die Marc Aurel Statue ist deshalb erhalten,
weil man sie für eine Reiterstatue Kaiser Konstantins hielt, des ersten christlichen Kaisers.
526 starb Theoderich, Karl der Große ließ die Reiterstatue Aurels, die Theoderich nach
Ravenna gebracht hatte, von dort holen und stellte sie in Aachen auf.)
Gegensatz zum Epos – Dietrich ist ein Glitzerkönig.
Bis 13. Jh. Hildebrandslied, sonst nichts.
Dietrichsepik – zwei große Gruppen werden unterschieden: historische und aventiurehafte.
Historische Dietrichsepik – Dietrichs Flucht und Rabenschlacht (Ravenna).
Handschriftenlage ist sehr komplex.
Ab dem 14.Jh. neue Überlieferungsform entsteht – die Heldenbücher. Sammlungen von
Heldendichtungen, auch als frühe Drucke durchaus verbreitet (Dresdner Heldenbuch,
Nürnberger Heldenbuch, Straßburger Heldenlieder, Ambrasser Liederbuch (zu einem Großteil
ein Heldenbuch, Prachthandschrift; im Auftrag Maximilians I angefertigt) etc.). Maximilian
hatte scheinbar ohnehin ein Faible für Dietrich von Bern.
Ein berühmtes Stück in diesen Heldenbüchern ist die so genannte Vorrede zum Heldenbuch /
Heldenbuchprosa – ein Stück Text, das in mehreren Heldenbüchern als Anhang oder Vorwort
verwendet wird. Eine Darstellung, teils absurde, teils kunterbunte Darstellung der
Heldenfiguren wird versucht. Eine Genealogie der Helden wird versucht, in der Dietrich im
Mittelpunkt steht. Ein Heroenzeitalter wird konzipiert.
Sage um Tod Theoderichs – er in der Badewanne, ein schwarzes Pferd taucht auf und ein
Hirsch – er schwingt sich auf das schwarze Pferd, nackt, und jagt dem Hirsch nach und wurde
nie wieder gesehen (christliche Auffassung – schwarzes Pferd > Teufel)… etc.
Dietrichs Flucht – in Reimpaaren geschrieben. (wie Parzival, Tristan, etc) > das ist
außergewöhnlich, denn Reimpaare sind für die höfische Dichtung vorgesehen, heldische
Dichtung ist in Strophen geschrieben eigentlich. Rabenschlachtstrophe etwa, eine Abwandlung
der Nibelungenstrophe.
Dietwart hatte mit seiner Frau 44 Kinder, alle starben bis auf S., übertraf seinen Vater noch an
Vortrefflichkeit, auch er wurde 400 Jahre alt, hatte aber nur 31 Kinder, von denen ein Sohn
und eine Tochter am Leben blieben. Sohn – Ortlieb, Tochter – Siegelind, die mit Siegmund
verheiratet wurde (Eltern von Siegried von Worms). Ortlieb warb um eine Frau, aber der Vater
von der Frau ließ alle Freier seiner Tochter umbringen. Ortlieb verwüstete das Land des
Königs, zwingt zur Herausgabe der Tochter – Vater rächt sich, vier Drachen lässt er los, Ortlieb
wird aufgegfressen. Wolf-Dietrich kommt zu dieser Zeit ins Land, der hat aber seine eigene
Geschichte. Wolf-Dietrich erschlägt Drachen, heiratet Frau, hat 56 Kinder, ein Sohn überlebt,
heiratet. Hat nur einen Sohn – Amelung. Dieser hat drei Söhne – Dietmar, einer von diesen,
ist der Vater Theoderichs. Ermerich, Onkel des Dietrichs.
(…)
merkwürdiger Heldentypus – gewinnt immer, aber verliert immer im Endeffekt, muss wieder
zum Etzelhof. Dietrich flieht zweimal trotz Erfolgs.
Immer mit Dietrichs Flucht gemeinsam überliefert ist die Rabenschlachtstrophe – Etzel gibt
Dietrich wieder ein Heer, damit er Verona und seine Länder zurückerobern kann.
Wo die Texte entstanden sind, ist nicht ganz geklärt, vieles spricht aber für Österreich.
Stoffliche Grundlagen – bereits bekannt.
Erzählweise und Erzählintention – Steigerung und Wiederholung. Rückkehr, Exil, Rückkehr,
Exil, etc. Zeichnung der Charaktere relativ eindeutig, aber auch Zwischenregister. Im
Nibelungenlied taucht die Exilgeschichte das erste Mal auf.
Alpharts Tod – in einer eigenen Strophenform geschrieben, teils in Nibelungenstrophen, teils
in Hildebrandsstrophen. Geschichte eine jungen Helden, Alphart, die im Kontext der
Rabenschlacht spielt. Er sucht den Kampf, stößt auf Wittecke und Heime. Beginnt den Kampf,
davon ausgehend, dass sie im Einzelkampf gegen ihn antreten, aber sie werden in die Enge
getrieben, sie verbünden sich, Alphart wird erschlagen.
Aventiurehafte Dietrichsepik
Viele im Berner Ton geschrieben – eine unglaublich komplizierte Strophenform.
Goldemar – D zieht aus, will Riesen erschlagen, trifft auf einen Berg voller Zwerge, die ein
Mädchen bei sich haben. König der Zwerge – Goldemar. Text bricht ab. Aber in der
Heldenbuchprosa geht der Text weiter – D hat mit Frauen überhaupt nichts im Sinn. Er ist
merkwürdig frauenlos, und diese Geschichte ist ein Kontrapunkt zur sonstigen Dietrichprosa –
hier hat er sogar zwei Frauen. Einziger Text außerdem, der einen Autornamen kennt – Albrecht
von Kemenaten. Ist bei anderen Autoren als guter Dichter bekannt. Normalerweise ist
Heldendichtung anonym. Wieso wird ein Name genannt? Zufall, kann man sagen. Andererseits
– Artusepik, wir kennen die Namen. Heldendichtung als mündlich umlaufende –
Namenlosigkeit ein Gesetz? Kollektive Geschichtserinnerung. Albrecht kommt mit der
heroischen Zeit nicht ganz zusammen.
Eckenlied
VO 21. Mai
Goldemar – einziges Heldenlied wo ein Verfassername existiert.
Fragment. Es gibt so etwas wie eine Minnebeziehung. Inhalt lässt sich nur aus einer Stelle des
Heldenbuches rekonstruieren.
Eckelied – Ecke = ein Riese. Schwert – Eckesachs, Sachs = Kurzschwert, kommt in den
Dichtungen öfter auch ohne Ecke vor
Am Berg Jochgrimm hausen drei Königinnen, denen dient Ecke. Diese fordern Dietrich von
Bern zu sehen – und Ecke macht sich auf ihn zu holen. Zieht Richtung Verona. Intermezzi,
verschiedene Kämpfe.
Auch Riesenkämpfe, Riesen werden besiegt.
Siegenot – auch hier geht es um einen Riesen der erschlagen wird. Riesen kämpfen aggressiv,
brutal, ungehobelt, ohne Schwert (Ecke ist eine Ausnahme). Zwerge machen das anders. Laurin
– Rosengarten, sehr reich, Zwergenkönig. Dietrich begibt sich zum Rosengarten um Laurin
kennen zu lernen. Dietrich will den Zwergenkönig töten. Dietleids Schwester, der mit dabei ist,
ist aber vom Zwergenkönig gefangen, Dietleid befreit Laurin.
Geschichte weiter herausfinden, das ist ein bisschen kompliziert ^^
Laurin wird am Ende auf dem Jahrmarkt ausgestellt.
Der Rosengarten – hat nichts mit Laurins Rosengarten zu tun, sondern der „große
Rosengarten“, der wormser Rosengarten. Kriemhild hat einen Rosengarten. Anders als im
Nibelungenlied ist diese Kriemhild etwas kapriziös. Sie meint – wir sind die größten aller
Zeiten, aber da gibt es auch noch wen in Verona – Dietrich und Konsorten. Kriemhild schickt
Boten aus, um die Veroner herauszufordern. Zwölfkampfepen – von jeder Seite treten 12
Helden zu einem Kampf an, zu einem Turnierkampf. In der Regel siegen eher die Berner.
Dann treten die beiden Größten gegeneinander an – Dietrich und Siegfried. Dietrich ist einer
der nicht kämpfen möchte, er ist ein Zauderer, einer, der besänftigt, auch einen leicht
christlichen Touch. Wenn es aber dann zum Kampf kommt, wird er wild, und zwar so wild,
dass er Feuer speien kann – da steht der Siegfried dann mit der Hornhaut blöd da.
Dietrich gewinnt also – Kriemhild muss ihm einen Kuss auf die stachelige Wange geben, dass
sie blutet.
Kudrun – trägt er nicht vor, sehr extravagantes Werk. Das einzige heroische Großepos des MA.
Inhalt – besonders spannend, weil es eine Frau im Zentrum hat. Frauenheroik. In der
Heldendichtung gibt es viel mehr als dann im höfischen Roman auch Heldinnen.
Deutsche Heldendichtung, deutschsprachige Heldendichtung abgeschlossen, wir greifen aus
und machen einen Sprung.
Angelsächsische Heldendichtung
Beowulf (Reclam)
Spielt in Dänemark, beginnt mit dem dänischen Königsgeschlecht – heißt Skjöldungen (skjöl –
Schild, Schildleute). Einer dieser Skjöldungen ist der König Hrodtgar (dt - zusammengefasst),
Königshalle heißt die Hirschhalle. Was macht ma dort – saufen. Das erweist sich als fatal, denn
in der Nähe ist ein großer Sumpf, ein Moor, dort wohnt ein Ungeheuer, das Grendel heißt.
Der verspeist in der Nacht einige besoffen schlafende Krieger. Sie verlassen die Halle, die nun
bereits 12 Jahre leer steht. Das hört Beowulf. Er ist kein Däne, er ist aus dem Volk der Geaten.
= Gauten = vielleicht Goten.
Dieser Beowulf beschließt dem armen Hrodtgar zu helfen. Der verspricht ihm alles mögliche.
Ein gewaltiger Kampf in der Halle verwundet Beowulf Grendel und dieser stirbt, alle jubeln.
Aber Grendel hat eine Mutter, die nicht besser ist als der Sohn. Der ganze Pallawatsch fängt
von vorne an, Beowulf muss ein zweites Mal kämpfen. Besiegt die Mutter – wird dann König in
Schweden. Dann kommt ein großer Schnitt. Er regiert lange, 50 Jahre, als plötzlich ein Mann
kommt, der einem Feuerdrachen einen Teil seines Schatzes gestohlen hat. Dieser überfällt nun
das Land. Der alte Beowulf muss sein Land beschützen, ein einziger Mann bleibt bei ihm, alle
anderen fliehen. Sie können den Drachen besiegen, Beowulf aber ist tödlich verwundet, stirbt.
Er wird feierlich verbrannt, in einem großen Grabhügel wird er beigesetzt.
Wann geschrieben – zwischen 800 und 950 irgendwann. Das einzige Manuskript stammt von
ca. 1000 – ältester Text scheinbar diesbezüglich. Altenglisch geschrieben. Damals – 7
Königreiche, alle mit unterschiedlichen Dialekten.
Im British Museum: Suthen Hoo – Ausgrabung war eine Sensation, Stücke befinden sich im
B.M. – die Schwerter etc, Kriegsrat stimmen mit den Beschreibungen aus dem Beowulf überein.
Datierung des Grabes ca. 650 – würde ihn sehr alt machen.
Form des Beowulfs – ein Epos. Wie muss man sich diese Heldendichtung formal vorstellen –
wie kommt es, dass an den Anfängen das Epos steht, wenn man sich dachte, dass am Anfang
das Lied stand. Man kommt auf die Mönche – England wurde früher christlich als
Deutschland.
Historische Anknüpfungen
Beowulf kann man nicht festmachen. Bienenwolf = Bär.
Die Schweden und Gauten waren verschiedene Stämme. Historisch gesehen dunkle Zeiten.
Deutungen des Beowulf sind kaum überschaubar – wie überall ein deutlicher Bezug –
mythologisch. Siegfried = Lichtgott. Beowulf = Sonne. Grendel = Herbstdämon, Mutter =
Winterdämon. (mehr oder weniger)
Geschlossenes Epos – wie viel ist heidnisch, wie viel ist christlich. Grendel und seine Mutter
werden als Nachfolger des Kain benannt, sonst kommt nicht sehr viel vor.
Kenning
Dichtung kann heißen – der Trunk Odins (geht auf eine Sage zurück)
Held – Brecher der Ringe (zerbricht Ringe der Rüstung ev.)
Stabreimende Langzeile
Stichische Dichtung (fortlaufend, im Unterschied zum strophischen)
Kampf um die Finnsburg
Inhalt der Finnsburggeschichte wird im Beowulf erzählt
Skandinavische Dichtung
Eines der kleinsten Länder Europas – Island – hat literarisch eine Produktivität hervorgebracht
bis heute, die enorm ist. Eine literarische Fundgrube.
Isländische Literatur des MA wird in drei Gruppen geteilt – Skaldendichtung(?)
(Hofdichtungen, Wikinger) – sehr kompliziert, meist Preisdichtung auf Könige, Führer, etc.
Hochartifizielle Form. Viele Kenning – Brecher der Ringe besiegt Wölfin der Sümpfe > noch
leicht, aber syntaktisch verzahnt wird es zu Rätseln > sehr schwierige Dichtung, aber wichtige
Quelle für germanische Mythologie und Dichtung.
876 von Norwegen aus besiedelt, harte Gegend, Großbauern. Harald Schönhaar – König über
Norwegen, manche wollten das nicht – gingen nach Island. Island war von Anfang an eine
Demokratie. Diese isländischen Bauern brachten eine große Literatur hervor. 1000 trat man
zum Christentum über, Odins Verehrung wurde abgeschafft – wurde abgestimmt darüber. Im
Geheimen durfte man noch Odin verehren, aber öffentlich nicht mehr.
Enge Beziehung zu Norwegen, kulturell doch eine Einheit. Altnorwegisch und Altisländisch ist
praktisch identisch = Altnordisch. Schweden und Dänemark traten nicht besonders hervor.
Bett Fafnir – Fafnir, Drache, schläft auf dem Hort > Gold.
Zweite große Gruppe – isländische Sagas. Sammlung Thule hat viele Sagas übersetzt. Auch gute
Übersetzungen in Penguin-Taschenbüchern.
Sagas teilt man in Isländer Sagas – bäuerlich, archaisch, wild. Egil (?) – wird ausgestoßen,
Todesurteil.
2.: Königssagen. Über norwegische Könige, die versuchten (schließlich mit Erfolg) Island wieder
zu Norwegen zu brigen.
3.: Vorzeit-Sagas – die interessieren uns. Fornaldasögur (Sögur – mz. von saga). Hierher gehört
die die Völsunga-Saga. Die Welsungen – Novelle von Thomas Mann. Die Welsungen ist die
Familie des Siegfried – Mutter Sieglinde, Vater Sieg…
Dritte große Gruppe – die Edda
Es gibt die ältere Edda und die jüngere Edda. Warum heißt es Edda? Weiß man nicht genau,
vielleicht Großmutter.
Liedersammlung, besteht aus Götterliedern und Heldenliedern. Diese Sammlung stammt aus
der Mitte des 13.Jh. und ist aufbewahrt in Codex Rigius (??), lange Zeit in Kopenhagen gewesen.
Wurde den Isländern zurückgegeben dann, ist in Reykjavik. Codex ist nicht vollständig.
Götterlieder interessieren uns jetzt nicht – Beginn liest er aber schnell vor. Der Seherin
Gesicht. Stille gebiet ich allen …
Heldenlieder: Wielandslied, Helgi (?), dann kommen jene, die uns interessieren –
Nibelungengeschichten.
[email protected]
VO 4. Mai
Island – 876 AD besiedelt
Skalden
Isländer Saga – Prosadichtung (selten), hochartifizielle Dichtung. Drei große Saga-Typen:
Isländer Sögur (Sagen von den Isländern), Königssagas, Geschichten aus der Vorzeit.
Die eddischen Dichtungen.
Bezeichnung Edda wurde zunächst verwendet für die Edda des Snorri Sturluson. Angesehener
Mann im 13. Jh., ein Gelehrter. Snorra Edda: Ist ein dichtungstheoretisches Werk. Dieses
Werk dient dazu, Dichtern eine Anleitung zu geben, auf dem Feld der Mythologie und Helden.
Dort steht dann drinnen – für Gold kann man sagen das Bett des Fafnir. Und er erklärt es,
warum man das sagen kann. Ein Dichterlehrbuch, aber alle Geschichten sind enthalten – wie
das Pferd Odins: Galgen (?), etc. Unglaubliche Fundgrube für Mythologie und Heldendichtung.
Großes Problem der Snorre-Edda – viele Dinge werden nur kurz erzählt angedeutet, die wir
aber sonst nicht kennen. Island ist 250 Jahre bereits christlich zu dieser Zeit – warum schreibt
der das alte Götter- und Heldenzeugs nieder? Theorie – hat vielleicht einiges nur erfunden? Ein
Tolkien etwa. Wäre sensationell, aber wahrscheinlich undenkbar. Warum tat er es?
Antiquarisches Interesse wie im 19.Jh.?
1241 wurde er umgebracht.
Im Spätmittelalter hat man den Kodex Regius gefunden, er wurde nach Dänemark gebracht.
Enthält die Ältere Edda. Die besteht aus Götterliedern und Heldenliedern. Uns interessieren
die Heldenlieder. Wurde Mitte des 13.Jh. aufgezeichnet. Liedersammlung wirft ein großes
Problem auf – wir wissen nicht, wie alt diese Lieder sind. Die Datierungen schwanken vom 9.
bis zum 12. Jh. Problem – was sagen uns diese Heldenlieder für die Literaturgeschichte? Sind es
Relikte altgermanischer Poesie, oder haben wir hier eine spezifisch skandinavische
Neuentwicklung?
Drei Gedichte irgendwas…
Vom Tod des Sin.. (Grundlage für Wagners Walküre)
Dann ein Überblicksgedicht – nicht normal.
Nibelungenstoff
Gedicht heißt > kvida (d mit Strich durch) oder mál (mál > Plural Wort! Beachten! Artikel DIE)
Wie heißen die einzelnen Geschichten
…
Fafnismál (á wie eher o aussprechen). Zwischen den Strophen immer wieder Prosastücke.
Sigrdrífumál > das Mädchen heißt Siegrifa > Siegtreiberin, eine Art Walküre
Die beiden werden hier kein Liebespaar, sie belehrt nur Siegfried. Wer ist sie? Brünhild hat
walkürische Züge, Frage – ist die später hier als Brünhild vorkommende Frau mit Siegrifa
identisch? Denn Siegfried hat ein Verhältnis mit ihr, bei Wagner auch, etc. Sagenüberlieferung
macht hier große Probleme, es gibt eine Lücke.
Gudrun – Siegfried bekommt seine Frau am Hof – hier heißt sie Gudrun.
Brünhild bringt sich später um, fährt in die Hel. Siegfried liebt sie nicht mehr, hat einen
Vergessenstrank bekommen, etc.
In jedem Fall lesen: Atlakvida (Das Gedicht von Attila – Etzel) – der Inbegriff eines eddischen
Heldenliedes quasi.
Großer Unterschied – Gudrun rächt ihre Brüder!
Die reiten bewusst in den Untergang
Attila bringt Gudruns Brüder um, wegen dem Hort. Große Trauer um Siegfried gibt es hier
nicht. Das Ganze läuft anders ab als im Nibelungenlied. Attila ist hier der Aktive, während er
im Nibelungenlied der ist, der übrig bleibt und trauert. Gudrun überlebt – sie hatte mit
Siegfried eine Tochter – die Geschichte geht weiter. Sie heiratet Jormunakr – Armanerich. Der
Feind Dietrichs von Bern taucht hier auf (Dietrich taucht nie auf).
Dieser lässt Gudruns Tochter zerreißen von Pferden, weil ihr ein Verhältnis vorgeworfen wird.
Gudrun schickt ihre drei Söhne, ihre Schwester zu rächen. Einer der Söhne ist ein Bastard, die
anderen erschlagen ihn. Dann erst rächen sie ihre Schwester, richten ein Blutbad an, können
den König zu zweit aber nicht töten, sie hätten den dritten gebraucht.
Vorzeitsaga – Volsungasaga. Ohne besonderen literarischen Wert, aber von einer ungeheueren
Wirkungsmacht – handelt von Siegfried, seinen Eltern. Volsungen – Welsungen. Eltern des
Siegfried sind Geschwister. (Welsungenblut – Novelle vom Thomas Mann) Geschwisterinzest,
große Helden werden oft inzestuös oder unter besonderen Umständen geboren.
Eltern kommen in einer dramatischen Geschichte zu Tode, Siegfried wächst im Wald bei
Zwergen auf. Ein ungebildeter Haudegen.
zweite große, wichtige Saga – letzte Quelle, die er noch nennt: Thidreksaga – Sage von Dietrich
von Bern. Sehr dicke Sagenkompilation des 13.Jh. Es gibt sogar eine altschwedische Fassung
aus dem 15.Jh.
Dietrich ist im Norden nicht bekannt, kommt im Norden nicht vor. Im 13. Jh. scheint der
Sagenkreis aber nach Skandinavien gekommen zu sein. Zusammengestellt nach der Erzählung
deutscher Männer – Dietrichdichtung kam aus D dorthin, und daraus hat man dann die Sagen
zusammengestellt. In dieser Thidrekssaga drang nun alles ein, auch Siegfrieds Drachenkampf.
Zyklische Tendenzen, die gesamte Heldendichtung wird miteinbezogen.
Texte – Dazu gibt es aber auch noch Zeugnisse – irgendwo redet jemand darüber. Bereits
Wilhelm Grimm hat diese Zeugnisse zusammengestellt. Zeugnisse zur dt. Heldendichtung.
Zeugnisse aus der Völkerwanderungszeit, aus verschiedenen Jh. finden sich dort.
Große zusammenfassende Fragen
Einige historische Anhaltspunkte haben wir, Texte und Zeugnisse.
Wie wird eigentlich Geschichte zur Sage? Zur Dichtung? Wie entsteht aus einer knappen
Mitteilung bei einem oder mehreren Historikern eine Sage? Der hunnische Herrscher starb bei
seiner Hochzeitsnacht an einem Blutsturz.
Was heißt Sage? Wie verhält sich Sage zur Dichtung? Wir haben einen riesigen Zeitraum über
den wir nichts wissen. 436 vom Untergang der Burgunden bis ins 15.Jh. vergeht viel Zeit.
Kein Stoff, den wir später als 568 datieren können – Errichtung des langobardischen
Königreiches. Das ist der stoffliche Grund. Aber wir wissen nicht, ob es nicht noch ältere
Dichtung gibt. Tatitus – schrieb die Germaniae – er schreibt: dann singen sie carmina (Lieder),
was bei ihnen die einzige Form geschichtlicher Erinnerung ist. Bei den Germanen.
Und dann gibt es eine weitere Stelle in seinen Annalen: Die Geschichte vom Cheruskerfürsten
Arminus, den sie noch heute in ihren Liedern besingen. Was heißt das? Traditionsbildend.
Quelle des Tatius, so eine Theorie, sei noch viel älter – würde das noch einmal relativieren.
Theorie – Arminius = Siegfried, da er durch die List seiner Verwandten getötet wurde.
Zweite Annahme – das waren keine Heldenlieder, sondern Preislieder. Preislieder gab es schon
lange. Zwischen Preis- und Heldenliedern gibt es große Unterschiede.
Verhältnis – Lied und Epos.
Jacob Grimm
Andreas Heusler – wir sind um 1900, nicht mehr in der Zeit der Romantik und der
Volksdichtung, wo das ältere das Bessere ist. Das Genie kommt wieder auf. Hat eine radikale
Gegenposition eingenommen – „Lied und Epos in der germanischen Sage“. War für
Individualismus, nicht das Volk, die Gesamtheit. Nicht das Volk dichtet, nur wenige Genies
können das. Heldendichtung ist große Dichtung. Es gibt wenige große Dichter in der
Weltgeschichte und auch in der Heldendichtung. Und außerhalb der Dichtung gibt es keine
Heldendichtungen, meint Heusler. Heldensage = Heldendichtung. Alles was erzählt wird, ist
Dichtung. Und das hat ein bestimmter geschrieben, kein Kollektiv. Weitergegeben wurde es
durch Auswendiglernen, Memorisation. Wurde es verändert, war das wieder ein Dichter, der es
umgemodelt und / oder weitergeschrieben hat. Die Zeit von den historischen Ereignissen bis zu
den uns erhaltenen überbrückt Häusler mit 4 oder 5, nicht mehr, Dichtungen dazwischen.
Weg vom Lied zum Epos: Prinzip der Aufschwellung kommt zur Geltung.
Epen seien entstanden durch ein aneinanderreihen von Liedern.
VO 11. Juni
mündliche Prüfungen – jederzeit in der Sprechstunde, kann auch immer schriftlich gemacht
werden, allein in einem Zimmerlein. Montag 16. Uhr.
Letzte Stunde Montag 25. Juni > Gastvortrag von der Uni Teheran über Nibelungenlied und …
Am 25. Juni wird von 15 bis 17 Uhr mündlich geprüft in seinem Zimmer. Immer drei auf
einmal.
Edda – Hamdismál (sprich Hamdismol) > er liest vor, Schwanhild, etc. Dritte Ehe mit einem
König – hat drei Söhne. Schwanhild ist Siegfrieds Tochter wächst auch dort auf. Stiefmutter
mit dem Sohn – Ehebruch. König lässt Sohn erhängen, Schwanhild zertreten von Pferden.
Gudrun erfährt das, will ihre Tochter rächen lassen von den Söhnen. Die zwei bringen ihren
jüngeren Bruder um, der ein Bastard ist, etc.
Im Zentrum der Heldensagen steht die Frage – wie verhält sich Heldendichtung und
Heldensage zur Geschichtstradition?
Historische Basis für das Hamdismál, hier wissen wir es besonders genau: Der gotische
Geschichtsschreiber Jordanes (schrieb Gethiker) hat im 6. Jh., 20 Jahre nach Theoderichs Tod
eine Geschichte der Goten geschrieben. Er berichtet, dass der Gotenkönig … im hohen Alter
an einer schweren Wunde litt, die ihm seine Beiden Brüder Ammius und Sarus beigebracht
hätten. Jordanes schreibt die Geschichte noch weiter: Diese beiden Brüder hätten eine
Schwester gehabt, Sunhilda (Sonnenhilde). Ermanerich hatte die Frau an wilde Pferde binden
lassen, weil ihr Gemahl dem treulosen Stamm der … angehörte. Es gab dort einen Aufstand.
Der politische Konflikt eines Aufstandes wurde umgedeutet in eine privatere Geschichte.
Ermanerich rächt in der Geschichte dass seine Frau ihn betrogen hat. > Tendenz, dass
politische Vorgänge in Familiengeschichte umgedeutet werden kommt oft vor. Auch im
Nibelungenlied, Untergang der Burgunden nicht durch die Römer, sondern durch einen
Familienkonflikt.
Was hat Jordanes hier eigentlich aufgeschrieben, welche Quelle hatte er, er war kein Zeitzeuge –
seinerseits kannte er vielleicht schon die Heldenlieder. Schwierige früher – später Fragen. Wie
kann man sich dieser Frage nähern? Zwei Hinweise als Beispiel, wie man argumentieren kann:
Man kann sich fragen, was es mit den Namen auf sich hat. Die Namen haben alle einen Sinn –
Hamdir – Held, Rüstung. Söri – die Sar ist ebenfalls die Rüstung. Mit der Rüstung ist etwas –
die beiden Herren Rüstung können nicht mit Eisen umgebracht werden, nur mit Steinen. So
betrachtet eher literarische Umformung als Geschichtsschreibung.
Zweitens: Indiz dafür, dass die Heldendichtung älter als Jordanes ist – ein anderer
Geschichtsschreiber schreibt früherim 4.Jh. (irgendwas Parzellinus oder so) schon etwas
gegenteiliges. Ermanerich wurde nicht von A und S umgebracht. Ermanerich habe sich, als die
Hunnen die Goten am schwarzen Meer besiegten, aufgehängt.
Mit Hängen hat die Sache auch etwas zu tun.
Frage ob das Nibelungenlied eine Vorgeschichte hat ist umstritten. Was geschah in den
Jahrhunderten zuvor? Haben solche Texte eine Vorstufe?
Es gibt natürlich viele Dichtungen, die auf historischen Grundlagen aufruhen. z.B. das befreite
Jerusalem von Torquato Tasso. Heroisches Epos, auf Quellen basierend. War das früher
vielleicht auch so?
Josephe Bedier hat so etwas behauptet beim Rolandslied – es gibt eine Geschichtsquelle, in der
steht, dass Roland von Bretagne in der Schlacht dort umgekommen ist. Sonst nichts. Drei, vier
Jh. später, dazwischen meint Bedier hätte es nichts gegeben, hätten sich ein paar Dichter
zusammengetan und das gedichtet. Zweck eventuell, um die Pilgerstraße nach Santiago zu
bewerben.
Frage also – haben diese Texte eine Vorgeschichte oder sind sie frei konzipiert auf der Basis
irgendwelcher Geschichten.
Position der heutigen Forschung sehr eindeutig. Joachim Heinzle vermeint, dass sich Vorstufen
des Nibelungenliedes kaum rekonstruieren lassen.
Jan-Dirk Müller: Überlieferung liegt im Dunkeln. Hinter dem Nibelungenlied steht eine breite,
diffuse Sagentradition, über das was der Nibelungenepiker davon wissen konnte sind
günstigenfalls Vermutungen anstellbar.
> Man kann nichts darüber sagen, es ist nichts mehr greifbar, alles darüber hinaus nur
Spekulation. Resignation prägt die germanistische Forschung, die nicht nur materialbedingte
Aspekte sondern auch biologische Gründe hat. Die Forschung der letzten zwei Jh. hat genau
diese Sagengeschichten in den Vordergrund gestellt. Dahinter stand immer wieder die
Vorstellung – das Ältere sei das Bessere. Es war nicht nur die Suche nach den Vorstufen,
sondern nach dem Original. Das was später kam war schon wieder dem Verfall preisgegeben.
Ebenbauer als Neo-Häuslerianer – der meinte schon damals (1920) dass das ursprüngliche nicht
das Wichtigere sei. Lebende Gebilde, die in die jüngere Geschichte hineinwachsen.
Veränderungen gibt es bessere und schlechtere.
Vorgeschichte des Nibelungenliedes meint man heute muss nicht bekannt sein um das
Nibelungenlied zu verstehen. Ebenbauer glaubt das nicht ganz. Das führt zu den Brüchen des
Liedes – war der Dichter zu blöd es richtig darzustellen oder sind diese Brüche wichtig?
Goldgieriger Attila und guter Attila > lassen sich nicht voneinander herleiten, meint Müller.
Ebenbauer meint, dass der goldgierige der Ältere ist. Ist die Bruderrache das Ältere oder ist die
Gattenrache das Ältere? Ebenbauer meint dass es da wohl keine Sicherheit gibt, aber gewisse
Wahrscheinlichkeiten. Blutsturz Attilas schon ein guter Ausgangspunkt, das weißt eher darauf
hin, wahrscheinlich, dass man zuerst Attila umgebracht hat.
Andreas Häulser – Müller und … sind sich hierin einig, dass dieses Modell überholt ist.
Häusler hat so Sätze geprägt wie Heldensage ist Heldendichtung. Außerhalb der
Heldendichtung gibt es keine Heldensagen, sehr antiromantisch. Für Häusler gibt es keine
Sagen, es gibt nur Dichtung. Sehr individualistisch. Zweitens: Entscheidend an der
Heldendichtung ist nicht, dass sich die Geschichten aus einem Geschichtsbewusstsein
ausgeformt haben, nein am Anfang war der Dichter. Kern jeder Dichtung ist die dramatische
Fabel, die von einem Dichter geformt wird. Häusler räumt ein, ganz ohne Sage geht es nicht,
aber grundsätzlich bleibt er bei dieser Position.
Generalangriff gegen Häusler wurde von Haug gestartet – schreibt über Häuslers
Heldensagenmodell (1975), würde der Heldensage nicht gerecht werden. Haug meint zwischen
Sage und Dichtung gibt es ein wesentlich trennendes Element. Was für Häusler die
Heldendichtung von der Geschichte unterscheidet ist die Autonomie der Dichtung.
Innerliterarisch-ästhetischer Raum den Häusler konstruiert hat muss aufgebrochen werden,
meint Haug hingegen. Haug setzt an die Stelle des dichtenden Individuums das Schema. Haug
sagt, am Anfang steht das Schema. Es gelingt ihm leicht zu zeigen, wie in der Heldendichtung
mit Schemata gearbeitet wird. Privatisierung von politischem Geschehen etwa. Einwand von
Ebenbauer – auch ein Schema macht noch keinen Helden aus.
Dianas Autounfall – auch Schema, eine Persönlichkeit die unerwartet stirbt muss schon durch
den Geheimdienst ermordet worden sein.
Ebenbauer: Ist der Beowulf nicht eine besondere Art der Geschichtsüberlieferung, etc. Frage ist
offen.
Die kleinen Fragen . wie hat das Heldenlied der Frühzeit ausgesehen? Heldenlied der
Völkerwanderungszeit meint Häusler hat ausgesehen wie die Edda-Lieder, andere sagen nein,
das stimmt nicht, diese Form des Stakatos passe gut zur Wikinger-Zeit, dies ist eine spezifische
Form der Ausprägung des nordischen Raums im 11., 12. Jh.
Formale Frage – war das Heldenlied stychisch oder strophisch?
Größte Frage – wie schaut es mit dem Epos aus, bis jetzt haben wir immer vom Lied
gesprochen. Beowulf, Nibelungen sind Epen. Wie ist denn das passiert? Durch eine
Aneinanderreihung von Liedern wie Lachmann es vermutete? Häusler: Durch Aufschwellung.
Ausschmücken, neue Personen, etc. Anschwellungstheorie. Epos ist für Häusler an die Schrift
gebunden. Das sei nicht mehr Memorisierung oder Improvisation.
Zwei Extreme – jeder dichtet (Grimm, Romantiker) versus dichterisches Individuum (Häusler,
etc)
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