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DOSSIER
SCHÖPFUNGSTAG
ZEIT DER SCHÖPFUNG
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2005
Schöpfungstag: 1. September
Zeit der Schöpfung: 1. September bis 4. Oktober
EUROPÄISCHES CHRISTLICHES UMWELTNETZWERK (ECEN)
"Europaweiter Autofreier Tag": 22. September!
Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - INDEX
1. Jahresspezifischer Teil - GLAUBE und PHYSIK
1.1 Glaube und Physik - Schöpfungstag und Zeit der Schöpfung 2005
Georg Ziselsberger, SVD
1.2 Naturwissenschaftliche Erkenntnisse und ihre Grenzen: Der Auftrag Gottes
Univ. Prof. Dr. Hans P. Aubauer
2. Kirchliche Dokumente / Theologie / Ethik
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Handlungsempfehlungen der II. EÖV/97, Graz
Eine Zeit der Schöpfung, Theologische Begründung, Prof. Lukas Vischer
Den Schöpfer und die Schöpfung feiern - Theologische Überlegungen, Pf. Klaus Hoof
Ökologisches Verständnis der Schöpfung bei Vladimir Solov´jev, Prof. Andrej Danilov
Theologisch-sozialethische Anmerkungen zum Schöpfungstag, Prof. Karl Golser
3. Praxis
ARGE Schöpfungsverantwortung:
3.1 Schöpfungstag und Zeit der Schöpfung - Ursprung, Entwicklung, Deutung
3.2 Empfehlungen zur Wahrnehmung des Schöpfungstages und der Zeit der Schöpfung
o für das persönliche Leben
o für den kirchlichen Alltag
o für das liturgische Leben der Kirche (s. auch Dossier - Liturgie 2003)
3.3 Empfohlene biblische Textstellen zur Betrachtung
3.4 Zitate - die ökologische Krise
3.5 „Bilanzen der Gerechtigkeit“ - ein Umsetzungsmodell für den Alltag der Christen
3.6 Europaweiter Autofreier Tag - 22. September - sanfte Mobilität/Klimaschutz
3.7 Montagsgebet - Einladung an alle Christen zum Morgengebet
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Glaube und Physik I
Physik und Glaube - Schöpfungszeit 2005
Die Feier eines Schöpfungstages und einer Zeit der Schöpfung als Teil des christlichen liturgischen
Kalenders sind ein wesentlicher Beitrag zur Neuorientierung und Verlebendigung christlichen
Schöpfungsglaubens, die helfen können, die ökologische Krise zu überwinden.
In Erinnerung an Albert Einsteins „Wunderjahr“ vor hundert Jahren hat die UNO das Jahr 2005 zum
Interantionalen Jahr der Physik erklärt. Albert Einstein hat 1905 eine handvoll Artikel veröffentlicht, die
auch zur Entwicklung der Quantentheorie und der Relativitätstheorie geführt haben. Als solche haben sie
auch zu einem neuen Selbst- und Weltverständnis der Physik geführt, das sich aus einer fundamentalen
Krise der Physik entwickelt hat. Ein positives Ergebnis der Krise der Physik war der neue Beginn des
Dialogs zwischen Wissenschaft und Tehologie nach dreieinhalb Jahrhunderten. Dieser wurde ermöglicht
durch die Überwindung des klassischen deterministischen Weltbildes der Physik mit seiner
cartesianischen Trennung von Subjekt und Objekt, die Entwicklung der Theorie Offenener Systeme und
eines neuen Verständnisses der Zeit.
Die traumatische „Causa Galileo Galilei“ zu Beginn des 17. Jahrhunderts gilt im allgemeinen als
wirkungsgeschichtlich bedeutsamer Meilenstein im Verhältnis von Wissenschaft und Theologie.
Historisch gesehen ist und bleibt das Verhältnis zwischen diesen beiden Erkenntnisformen der
Wirklichkeit ein schwieriges und spannungsgeladenes. Aus wissenschaftstheoretischer Warte werden die
Wahrheitsansprüche für die jeweiligen Erkenntnisse durch unterschiedliche Verfahrensweisen und nicht
kompatible Methoden gestellt. Auch haben Geistes- wie Naturwissenschaftler heute mit der Spannung zu
leben, im eigenen immer komplexeren Forschungsbereich Experten zu sein, Laien hingegen in dem was
außerhalb liegt.
Jedoch, der Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften ist heute umso notwendiger, weil
sowohl in der Reflexion des Glaubens wie auch in der empirischen Erforschung von Kosmos, Leben und
Geist Grenzfragen auftauchen, die mittels des jeweils eigenen Instrumentariums nicht mehr beantwortet
werden können. In dieser Situation befinden wir uns heute nicht zuletzt deswegen, weil es von
theologischer wie auch naturwissenschaftlicher Seite auch darum geht sich ein Bild von der
Gesamtwirklichkeit zu machen, was nur mehr aus einer multiperspektivischen Zugangsweise möglich
und sinnvoll ist.
Die damals von Galileo Galilei angewandte neue empirische Erkenntnismethode führte zum Konflikt
zwischen Physik und Theologie, weil nun wissenschaftlich beweisbare Wahrheit gegen missverstandene
Offenbarungswahrheit stand. Es war ein tragisch sich zuspitzender, jedoch unvermeidbarer Konflikt, weil
damals aus historischen Gründen noch keine kirchlich-theologische Unterscheidung zwischen
empirischer Wahrheit und religiöser Wahrheit möglich war. Und auch, weil die Kirche den von Galileo
Galilei vorgeschlagenen Weg zur Lösung des Konflikts nicht aufgenommen hat, wenn er darauf hinwies,
dass „die Bibel uns lehrt, wie wir in den Himmel kommen, aber nicht, wie die Himmelskörper sich
bewegen.“
Dieser Ausspruch Galileo Galileis weist auf die heute – nach mehr als 350 Jahren - allgemein anerkannte
wissenschaftstheoretische Unterscheidung zwischen empirischen und religiösen Erkenntnissen und
daraus folgenden theoretischen Wahrheitsaussagen und existenziellen Wahrheitsansprüchen. Doch führte
der Weg dazu über den falschen naturwissenschaftlichen Glauben, die absolute Wahrheit der
Wirklichkeit erkennen zu können, eine Ideologie, die als Szientismus bekannt wurde.
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Glaube und Physik I
Moderne Soziologie und Systemtheorie helfen auf dem Weg zur Konfliktlösung, wenn sie den
theologischen wie auch philosophischen Grundbegriff „Gott“ als letzten Horizont von Glauben und
Existenz, als Einheit stiftenden Grund von Immanenz und Transzendenz zur Sprache bringen. In jedem
Akt des Beobachtens und Erkennens wird das beobachtete Objekt vom unbestimmten Kontext
abgehoben. So geschieht eine systemtheoretisch Grenzziehung zwischen einem beobachtbaren Objekt
(Immanenz) und einer prinzipiell unerreichbaren Unbestimmtheit (Transzendenz). Wird diese
Transzendenz sprachlich und rituell dargestellt so entsteht Religion als ein soziales System.
Diese neuen systemtheoretischen Einsichten werfen nun ein erhellendes Licht auf die Anfänge der
konfliktreichen und spannungsgeladenen Auseinandersetzung zwischen Naturwissenschaft und
Theologie. War das Problem aus kirchentheologischer Sicht vor 400 Jahren eine Grenzüberschreitung, so
lebt der Dialog zwischen diesen beiden Erkenntniswegen heute aus der Anerkennung ihrer jeweiligen
Grenzen. Theologie beschäftigt sich in existenziell reflexiver Weise mit dem ultimativen und
grundlegenden Horizont hinter aller phänomenaler Wirklichkeit, d.h. mit dem Ganzen der Wirklichkeit ,
die sie Gott nennt, und wie sich die Menschen dazu angemessen verhalten (Glaube). Naturwissenschaft
sucht nach der empirischen Wahrheit der phänomenalen Welt (Immanenz) während die Theologie sich
um die Wahrheit eines transzendentalen Sinns bemüht. Dieser Sinnzusammenhang kann nicht aus der
klassischen wissenschaftlichen Position des neutralen Beobachters erkannt werden. Vielmehr eröffnet er
sich den Menschen nur aus der existentiellen Teilnehmerperspektive.
Wenn dem so ist, dann ist damit auch die im Verhältnis von Physik und Glaube häufig zitierte
Provokation „Urknall oder Schöpfung“ als falsche Suggestion durchschaut. Schöpfungsglaube will nicht
eine wissenschaftlich beobachtbare Wirklichkeit erklärend zur Sprache bringen, sondern drückt eine
Einstellung zur immanenten Wirklichkeit (Welt) in der Bezogenheit zu einer transzendenten Wirklichkeit
(Gott) aus. Schöpfungstheologie macht das gläubige Vertrauen in einen alle Wirklichkeit umfassenden
Grund verständlich.
Die klassischen Naturwissenschaften formulieren ihre Aussagen aus der „Dritte-Person-Perspektive“.
Diese Beobachtersprache ist der sprachliche Modus zur Erklärung von Tatsachen. Glaubensaussagen als
theologische Wissensform hingegen drückt sich vornehmlich aus der Perspektive der ersten Person aus,
also als eine Teilnehmersprache.
Die neue Quantenphysik wie auch die Ökologie stellen von naturwissenschaftlicher Seite die
Herausforderung an uns, die Welt vornehmlich als partizipativen Prozess zu verstehen, als Spiel oder als
Fest, an dem wir mehr teilnehmen als das wir es beobachten. Religiöse Erkenntnis ist rituelle und
erzählende Erkenntnis. Die Feier der Schöpfungszeit und die Erkenntnisse der neuen Physik –
Wirklichkeit als Prozess, an dem die Menschen teilnehmen – können so dazu beitragen, die sozial und
ökologisch zerstörerischen Folgen aus dem Erbe der Neuzeit zu überwinden. So kann christlicher Glaube
die moderne Physik feiern und im Dialog mit ihr zur Gestaltung einer nachhaltig lebenswerten Welt für
die künftigen Generationen beitragen.
Dieses Jahr gedenken wir auch des 50. Todestages von Pierre Teilhard de Chardin, dem Französischen
Jesuiten und großen Wisssenschafter und Mystiker, dessen Lebenswerk stark der Verbindung von
Wissenschaft und Glaube gewidmet war, weil – wie er in seinem Tagebuch schrieb: „In meinem Streben
zu Gott mischt sich, so fühle ich, eine große Liebe zur Erde und ihrem greifbaren Werden, und mir
scheint, diese beiden Leidenschaften müssen sich verbünden.“
Georg Ziselsberger, SVD
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Glaube und Physik II
Naturwissenschaftliche Erkenntnisse und ihre Grenzen:
Gottes Auftrag?
Hans P. Aubauer
Fakultät für Physik der Universität Wien, A-1090 Wien; [email protected]
1. Der Mensch zerstört die Schöpfung und damit seine Lebensmöglichkeiten
Noch nie in ihrer Geschichte stand die Menschheit vor einer größeren Herausforderung:
Entweder senkt sie ihre Ausbeutung der Natur überall rasch und erheblich auf ein dauernd
aufrecht erhaltbares Niveau oder die Natur senkt die Möglichkeiten ihrer Ausbeutung auf ein
weit darunter liegendes Niveau, dadurch dass sie zusammenbricht. Bei einem Zusammenbruch
würde einem Vielfachen der Anzahl von Menschen die Lebensmöglichkeit geraubt, die
gegenwärtig leben:
Innerhalb der nächsten Milliarden Jahre sind keine natürlichen Grenzen menschlicher
Existenz sichtbar1. Bis dahin könnte der Erdplanet etwa eine Million Mal so viele Menschen
tragen, als bisher gelebt haben und leben2. Bei einem Fortdauern der derzeitigen Trends der
Lebensstile und Geburtenraten überlebt die Menschheit hingegen kaum das nächste Jahrtausend
und schlittert wahrscheinlich schon innerhalb der nächsten zwei Jahrhunderte in Hunger, Elend
und Kriege3 4.
Die winzige Minderheit des lebenden einen Millionstel aller Menschen ist im Begriff
innerhalb weniger Jahrzehnte der überwältigenden Mehrheit der Menschen (die derzeit und
potentiell zukünftig leben könnten) sowie nahezu allem anderen Leben die natürliche
Existenzgrundlage zu entziehen. Dies geschieht dadurch, dass sie das Klima destabilisiert, die
Tier- und Pflanzenarten ausrottet, die Böden degradiert, die Wälder abholzt, die Gewässer
verschmutzt usw. Darauf weisen naturwissenschaftliche Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte mit
immer mehr Deutlichkeit hin5.
2. Keine Schöpfung ohne Schöpfer
1
Die Sonne hat etwa die Lebensmitte erreicht und zerstört erst in vier bis fünf Milliarden Jahren das Leben ihres
Planetensystems durch ihr Wachstum zu einem roten Riesen. Außerdem droht erst bis dahin der Verlust des
leichten terrestrischen Wasserstoffes an das Weltall das Leben zu beenden.
2
Eine mathematische (zeitliche) Integration der Anzahl der Menschen aus der gesamten Vergangenheit bis zur
Gegenwart ergibt eine Größenordnung von 1012 (zehn hoch zwölf) Menschenjahren. Konservativ angenommen
könnte der Planet innerhalb der nächsten Milliarde Jahre nicht mehr als eine Milliarde an Menschen tragen. Eine
Milliarde zum Quadrat ergibt 1018 Menschenjahre (109.109=1018). Das ist eine Million Mal so viel, als bisher leben
bzw. gelebt haben (1018/1012=106).
3
Dies hatte der Priester Thomas Robert Malthus (1766 -1834) schon Ende des achtzehnten Jahrhunderts
prognostiziert (First Essay on Population 1798, Reprinted for the Royal Economic Society and Published by
Macmillan & Co. Ltd. St. Martins Treet, London, 1926). Die Malthus-Prognose wurde global mehrfach bestätigt
(u.a.: D. Meadows, J. Randers und D. Meadows: „The Limits to Growth“, Chelsea Green Publishing Co. White
River Junction, Vermont, USA, 2004.)
4
Wissenschaftlich technische Durchbrüche zu vermehrten Naturausbeutungen (etwa durch die Kernfusion) machen
den Menschheitszusammenbruch nur noch wahrscheinlicher.
5
Z.B.: der aktuelle UNO-Bericht unter : <http://www.maweb.org//en/Products.Synthesis.aspx>
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Glaube und Physik II
Deutlich geworden ist inzwischen aber auch die Unmöglichkeit, die Herkunft der
Schöpfung naturwissenschaftlich erklären zu können. Woher kommen der Urstoff des Lebens
(etwa heißes Plasma aus Quarks, Elektronen und anderen Elementarteilchen) und seine
Gestaltungsgesetze (die Naturgesetze)? Ob von der Theorie eines Urknalls, eines Vakuums mit
Quantenfluktuationen für den Beginn des Kosmos oder von der eines stationären Zustandes
ausgegangen wird, immer ist eine außerhalb der naturgesetzlich beschreibbaren Welt
existierende erste Ursache (causa prima) erforderlich, um aus dem Nichts erstens die
Materie/Energie (causa materialis) mit einer bestimmten Struktur (causa formalis) zu schaffen
und zweitens die Regeln (Naturgesetze), nach der sie sich zur unbeschreiblich wunderbaren
Vielfalt des Lebens unseres Heimatplaneten entwickeln konnte (causa efficiens). Die Existenz
eines Schöpfers6, der die Schöpfung aus dem Nichts geschaffen hat, ist notwendig, weil dieses
Schaffen grundsätzlich naturwissenschaftlich nicht erklärbar sein kann.
Einerseits die unfassbare Großartigkeit der Schöpfung und andererseits ihr naturwissenschaftlich unerklärbarer Ursprung machen Naturwissenschaftler gläubig: So stellte der
bedeutende Wiener Relativitätstheoretiker Roman Sexl (1939-1986) bezüglich des
Urknallbeginns des Universums die schwerwiegende Frage: „Wer hat denn eigentlich
urgeknallt?“7 Der heuer allerorts gefeierte Physiker Albert Einstein (1879-1955) wiederum sah
im Weltbild der Naturwissenschaften eine fundamentale Ordnung, die so logisch, einfach und
wahr war, dass sie nur göttlichen Ursprungs sein konnte. Im Jahr 1932 meinte er in einer Rede in
Wiesbaden8: „ ...Das Schönste und Tiefste, was der Mensch erleben kann, ist das Gefühl des
Geheimnisvollen. Es liegt der Religion sowie allem tieferen Streben in Kunst und Wissenschaft
zugrunde. Wer des nicht erlebt hat, erscheint mir, wenn nicht wie ein Toter, so doch wie ein
Blinder. Zu empfinden, dass hinter dem Erlebbaren ein für unseren Geist Unerreichbares sei,
dessen Schönheit und Erhabenheit uns nur mittelbar und in schwachem Widerschein erreicht,
das ist Religiosität. In diesem Sinne bin ich religiös. Es ist mir genug, diese Geheimnisse
staunend zu ahnen und zu versuchen, von der erhabenen Struktur des Seienden in Demut ein
knappes Abbild geistig zu erfassen." . Dabei sah er keinerlei Gegensatz zwischen Wissen und
Gläubigkeit9: “Je weniger Kenntnis ein Forscher besitzt, umso ferner fühlt er sich von Gott. Je
größer aber sein Wissen ist, umso mehr nähert er sich ihm.“. Nach Einsteins Überzeugung
brauchen Wissenschaft und Religion einander9: „Wissenschaft ohne Religion ist lahm, Religion
ohne Wissenschaft (ist) blind.“
Eine Wissenschaft ohne Religion macht den Menschen vor allem verantwortungslos
gegenüber der Schöpfung und anderen Menschen! Und eine Religion im Gegensatz zu
Naturwissen macht sich lächerlich! Sie wird einfach hinweggefegt von Ideologien, wie etwa
eines zerstörerischen neoliberalen Materialismus, der längst quasireligiöse Charakterzüge
anzunehmen beginnt. Die nach jahrhunderte langen Auseinandersetzungen auf der Basis
gegenseitiger Irrelevanz friedlich gewordene Koexistenz10 zwischen der Theologie und
Naturwissenschaft muss raschest einem Zusammenwirken weichen, wenn die wenigen
Jahrzehnte genutzt werden sollen, die zur Rettung der Schöpfung vor dem Menschen verfügbar
bleiben. Dazu muss sich die Theologie allerdings genau so dynamisch zu einer reifen
Wissenschaft weiter entwickeln, wie die Naturwissenschaften bisher. Fortschritte bei der Suche
nach Aristoteles eines „ersten, unbewegten, göttlichen Bewegers“ (griechisch: „proton kinoun“).
http://www.freenet.de/freenet/wissenschaft/pm_specials/wissensgott/05.html
H. Pietschmann:“Aufbruch in neue Wirklichkeiten“ Weitbrecht Verlag, 1997, Seite 176.
8
Albert Einstein: Rede im Sept. 1932 in Wiesbaden B003851674; 3'58" (http://www.dra.de/online/w05-03.htm)
9
http://www2.inforadio.de/radiotoread.do?subpage=science&command=detailview&dataid=28377
10
J. Moltmann :„Gott in der Schöpfung“ Chr. Kaiser/Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1985.
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Glaube und Physik II
nach den göttlichen Orientierungen für uns Menschen sind zumindest so wichtig wie Fortschritte
bei der Suche nach Naturgesetzmäßigkeiten. Es darf nicht mehr genügen, die Theologie statisch
unveränderlich auf immer dieselbe Auslegung historischer Schriften zu begrenzen! Schon
Baruch Spinoza (1632-1677) wies im siebzehnten Jahrhundert darauf hin, dass die menschlichen
Autoren der biblischen Schriften weit von naturwissenschaftlicher Bildung entfernt durch das
Prisma ihrer Einbildungskraft über Ereignisse berichteten und folglich in Widersprüche zu
Naturgesetzlichkeiten geraten mussten11. Auch konnten sie zweitens damals die enorme Gefahr
des Zusammenbruches der „Ökologischen Tragfähigkeit“12 der Erde für menschliches Leben (1.
Abschnitt) nicht erkennen. Drittens ist die Grenzenlosigkeit des Wunders der Schöpfung erst
innerhalb der letzten Zeit erkennbar geworden.
3. Das Wunder der Schöpfung
Die größte Barriere zwischen Gott und dem Menschen ist dessen Selbstüberschätzung.
Denn diese steht der Ehrfurcht vor der Schöpfung im Wege und damit erst recht der Ehrfurcht
vor dem Schöpfer. Wurzel dieser Hybris mag die Illusion der Überlegenheit gegenüber den
Tieren im Verteilungskampf um die knappen natürlichen Ressourcen im Speziellen sowie
gegenüber der Natur im Allgemeinen sein. Die ersten aufrecht gehenden Menschen (homo
erectus) wurden vor etwa vier Millionen Jahren13 in der afrikanischen Steppe noch in etwa
gleichem Ausmaß von Tieren erbeutet, als sie selbst Tiere erbeuteten. Vor allem die
Entwicklung des Gehirnes und mit ihm des Sprach-, Hand-, sowie Werkzeuggebrauches
durchbrach diese Naturgrenzen. Daraus zogen und ziehen Menschen den falschen Schluss, dass
die so erlangte vermeintliche Überlegenheit gegenüber der Natur ihr eigener Verdienst sei.
Die „heiligen“ Schriften verstärken diese Überheblichkeit, indem sie den Menschen in
einer engstirnigen anthropozentrischen Sicht nahezu ausschließlich auf sich selbst beziehen. Das
mag auch an den äquatornahen Flusskulturen liegen, in denen sie geschrieben wurden. Denn mit
menschlichem Einfallsreichtum gelang es dort, etwa durch Bewässerung, wüstenartige
Landschaften in blühende Gärten zu verwandeln. Dies könnte den Irrtum verstärkt haben, das
einzige Wesen in der Welt zu sein, das in gottähnlicher Weise Leben hervorbringen kann.
Den größten Beitrag zur Selbstherrlichkeit scheint aber die industrielle Revolution vor
ca. eineinhalb Jahrhunderten gebracht zu haben. Durch Ausbeutung der in großem Ausmaß, aber
begrenzt vorhandenen nicht erneuerbaren Ressourcen (insbesondere der fossilen Energie)
gelingt es praktisch alle jene Naturbegrenzungen vorübergehend zu durchbrechen, die über
Jahrtausende das menschliche Leben scheinbar behindert haben.
Dazu kommt die Verdrängung der Natur aus der alltäglichen Erfahrung: Die immer mehr
in Städten lebenden Menschen erleben nahezu nur mehr Menschenwerke. Wie sollen wir den
Schöpfer über dessen Schöpfung verehren, wenn wir diese immer weniger direkt und stattdessen
ausschließlich uns selbst und die selbst geschaffene Kunstwelt erleben? Am ehesten erfahren wir
die Natur noch negativ als Katastrophe, die in unsere naturferne Menschenwelt einbricht und
11
Baruch Spinoza: Sämtliche Werke, 5 Bde., aus dem Lat. Mit dem Leben Spinozas von B. Auerbach, Stuttgart
1841, 1871.
12
Hans P. Aubauer: „Biologisch produktive Bodenflächen als Voraussetzung zukünftigen Lebens“ Wissenschaft &
Umwelt 2004 – INTERDISZIPLINÄR Nr. 8 Seite 11, Dez. 2004 Forum Österreichischer Wissenschaftler für
Umweltschutz; Wien.
13
Rainer Koltermann: „Universum Mensch Gott“, Verlag Styria 1997.
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Glaube und Physik II
Furcht wie Schrecken verbreitet. All dies verstellt den Blick auf den unendlichen Zauber der
Schöpfung und damit den Blick auf Gott.
Die Leichtfertigkeit, mit der wir eine lästig erscheinende Fliege erschlagen, hindert uns
daran zu begreifen, dass alle Erkenntnisse und Fähigkeiten der Menschheit bei weitem nicht
ausreichen würden, um nur annähernd so etwas Wunderbares wie dieses Insekt zu schaffen,
nicht einmal dessen Flugfähigkeiten. Wie viel mehr Freude bringt es, die Fliege als
unschuldigen Teil eines wunderbaren Ganzen zu bestaunen, jene Freude, die aus Einsteins
Religiosität quillt. Einstein weiß von der Größe menschlicher Werke, weiß aber auch von deren
beschämenden Bescheidenheit im Vergleich zur Großartigkeit natürlicher Schöpfungswerke.
Alles liegt daran, zunächst und vor allem das allergrößte Wunder zu begreifen – das
Wunder des Lebens und seiner Entwicklung inmitten eines großartigen, aber durch und durch
lebensfeindlichen Universums aufgrund einfachster Naturgesetze:
- die Entstehung der anorganischen Welt, der fast hundert Elemente des
Periodensystems aus einem Einzigen, dem Wasserstoff.
- die Anhäufung der lebensnotwendigen Elemente Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff
und Stickstoff auf einem Planeten in gerade richtigem Abstand zu seiner Sonne.
Wodurch sich zwischen der extremen Kälte des Universums von mehreren hundert
Grad unter null und der extremen Hitze von tausenden Grad über null gerade ein recht
stabiler Mittelwert von plus 15 Grad einstellt. Unter null Grad oder über hundert Grad
wäre Leben unmöglich.
- die Entstehung der organischen Welt, der organischen Moleküle inmitten der
anorganischen Umwelt dieser Elemente.
- vor allem das Wunder der Auslese aus mehr oder weniger zufälligen Kombinationen
dieser Moleküle über die sehr lange Zeitdauer von Milliarden Jahren, die nicht nur die
Vielfalt an Leben brachte, sondern auch die Voraussetzungen dieses Lebens zu
erhalten, wie etwa die genau richtige Sauerstoff-, Stickstoff-, Ozon-, oder
Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre.
Wenn einige Naturkonstanten oder Naturgesetze nur ganz klein wenig anderes wären,
wenn es keinen Mond gäbe, der die Erdachse stabilisiert, oder kein Erdmagnetfeld, das vor
schädlichen Sonnenteilchen schützt, wenn es nicht die einzigartige Ausnahme des Wassers gäbe,
das im festen Zustand leichter, als im flüssigen ist, so dass Eis auf Wasser schwimmen kann;
ohne all das hätte Leben nicht entstehen können.
4. Die Entstehung des Menschen
Die göttlichen Naturgesetze ermöglichten aber nicht nur die wunderbare Entfaltung des
Lebens im Allgemeinen, sondern auch des Menschen im Besonderen: Naturgesetze bewirken
keine auf ein Ziel ausgerichtete deterministische Entwicklungen. Ausgehend von der
uhrwerkartigen Mechanik Sir Isaac Newtons (1643-1727) nahm der französische Physiker
Pierre-Simon de Laplace (1749-1827) noch im neunzehnten Jahrhundert eine durch ihren
Anfangszustand vorherbestimmte Welt an14: „Ein Dämon, der für einen Augenblick alle Kräfte,
die die Natur beleben und die Lage aller Dinge, aus denen sie besteht, kennen würde…, könnte
in derselben Formel die Bewegungen der größten Körper des Weltalls und die des kleinsten
Atoms einschließen. Für ihn würde nichts unbestimmt sein, und die Zukunft wie die
14
R. Starkl: „Naturwissenschaft&Glaubenslehren“ Verlag für Aussergewöhnliche Perspektiven; 2000, Seite 145.
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Glaube und Physik II
Vergangenheit würde offen vor ihm liegen.“. Diesen „Laplace-Dämon“ vertrieb der Physiker
Werner Heisenberg (1901-1976) mit seiner „Unschärferelation“. Nach ihr ist es grundsätzlich
unmöglich, sowohl die Lage als auch den Impuls (bzw. Geschwindigkeit) eines Massepunktes
beliebig genau kennen zu können. Daher sind keine exakten Aussagen über die zukünftige
Bewegung eines Massepunktes und nur statistische Aussagen über die Bewegung mehrerer von
ihnen möglich. Auch die vom englischen Botaniker Robert Brown (1773-1858) entdeckte völlig
ungeordnete thermische Bewegung kleiner Teilchen, oder das bei extrem kleinen
Veränderungen des Anfangszustandes völlig veränderte zukünftige Verhalten (strikt kausal
wechselwirkender) komplizierterer Systeme („Deterministisches Chaos“15) lassen eine einerseits
(bis auf ihre Herkunft) restlos naturgesetzlich beschreibbare, andererseits eine in ihrer
zukünftigen Entwicklung unbestimmte, offene Welt erkennen.
Daher konnte es in der Evolution der Tierarten geschehen, dass eine von ihnen die
Konkurrenz der anderen völlig durchbrach und zur dominanten Menschheit wurde, die nun die
Weiterexistenz des Lebens auf unserem Planeten und damit von sich selbst gefährdet. Ab dem
Ende des Pleistozäns vor drei bis fünf Millionen Jahren - innerhalb einer erdgeschichtlich
winzigen Zeitspanne - drängte die Menschheit alle anderen Arten rücksichtslos zurück. Keine
Art lebt, wie die Menschheit, dauernd auf Kosten anderer Arten. Jede andere Art ist Teil der
ökologischen Nische oder des Lebensraumes anderer, so dass das Ökosystem leidet, wenn sie
verschwindet. Es gibt nur eine Art, an deren Verschwinden die ganze Natur gewinnen würde16.
Das ist die Menschheit!
5. Gottes Auftrag?
Wie konnte Gott dies zulassen? Wie konnte der Schöpfer mit der Schöpfung auch die
Menschheit schaffen, die nun die Schöpfung zerstört? Nicht dass sie die ganze Schöpfung
vernichten würde, wohl aber ihren für uns wesentlichsten Teil, nämlich die Lebensmöglichkeiten innerhalb des Sonnensystems17. Hat Gott den Menschen wirklich als sein Ebenbild
erschaffen als „Krone der Schöpfung“ und die ganze subhumane Welt auf ihn hingeordnet, wie
dies der Theologe Schlitt behauptet18!
Auf der Hand erscheint dagegen etwas völlig anderes: Die göttlichen Naturgesetze
ermöglichten mit der Entwicklung seines Gehirns nicht nur die bisher zerstörerische Dominanz
des Menschen (3.Abschnitt), sondern auch die außerordentliche Ausweitung seiner
Möglichkeiten, sein und anderes Leben gezielt gestalten zu können. Erstmalig ist die künftige
Entwicklung des Lebens auf der Erde nicht allein von Naturgesetzen, sondern in entscheidender
Weise auch vom auf diese Weise frei gewordenen Willen des Menschen abhängig. Wenn schon
kleine zufällige Veränderungen sehr große zukünftige Veränderungen auslösen können (4.
H. G. Schuster: „Deterministic Chaos“ VCH Verlag, Weinheim 1989.
Gegenwärtig rotten die Menschen Tier- und Pflanzenarten mit einer Rate aus, die größer ist, als je zuvor in der
Erdgeschichte. Jährlich werden schätzungsweise 30.000 Tier und Pflanzenarten vernichtet, das sind etwa
dreieinhalb Arten pro Stunde. (Franz. M. Wuketits: „Naturkatastrophe Mensch“; Patmos, 1998). Die Aussterberate
ist zwischen tausend- und zehntausendmal größer als vor dem Eingreifen des Menschen.
17
Denn angesichts der Größe des Universums mag sich irgendwo in ihm, oder in anderen möglichen Universen
auch Leben entwickelt haben. Angesichts der Unwahrscheinlichkeit der Lebensentfaltung auf unserem Planeten (3.
Abschnitt) ist die Entfernung bis dorthin aber utopisch groß. Bestrebungen der Menschheit zur Kontaktaufnahme
mit diesem Leben oder zu ihrem Auswandern auf andere Planeten sind irreal und nur Ausdruck ihrer geistesarmen
Hybris.
18
M. Schlitt: „Umweltethik. Philosophisch-ethische Reflexionen – Theologische Grundlagen – Kriterien, Paderborn
u.a. 1992, 156 -160.
15
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Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Glaube und Physik II
Abschnitt), kann erst recht des Menschen Wille „Berge versetzen“. Damit erwächst ihm aber
eine übergroße Verantwortung: Gott hat das zukünftige Schicksal seiner Schöpfung in die
Hände jedes Menschen gelegt. Die Menschheit kann die Zerstörung der Schöpfung entweder
vollenden oder sie vor sich selber retten! Der Mensch ist aufgefordert, seine Verantwortung
seiner extrem gewachsenen Macht anzupassen und dementsprechend seine Ausbeutung der
Natur und seine Zeugung von Nachkommen extrem stark zu senken. Wir dürfen die begrenzten
natürlichen Ressourcen (Energie, Materialien, Wasser, Böden, Nahrung usw.) nicht nutzen, als
ob wir die letzte Generation oder allein auf der Welt wären. Die Ressourcen müssen gerecht
zwischen den und innerhalb der Generationen aufgeteilt werden. Zum Ersten muss jeder
Generation dieselbe Ressourcenmenge (etwa quantifiziert als ökologischer Fußabdruck19) zur
Verfügung stehen. Zum Zweiten müssen die Ressourcen gerecht zwischen den Ländern und
zwischen den in ihnen lebenden Bürgern verteilt werden. Kein Bereich der Theologie kann
wichtiger sein als dieser! Denn die Missachtung dieses Auftrages durch einen Menschen raubt
den anderen Menschen die Möglichkeiten überhaupt, oder auf lebenswerte Weise, existieren zu
können. Zu viel Naturverbrauch zu vieler Menschen verwüstet die Welt. Eine vom Menschen
verwüstete Welt ist eine gottlose20 und damit freudlose Welt.
Bisher wurden Argumente für einen deistischen Gott und gegen den theistischen Gott der
bisher starren Theologe gebracht. Gott bestraft Menschen, die seine Schöpfung oder andere
Menschen schädigen nicht direkt und nicht in einem jenseitigen Leben, sondern im Irdischen
indirekt über seine Naturgesetze21, die ja auch die Gesetze der Psychologie sind: Gott hat uns
Menschen und Mitgeschöpfen einen Lebensraum geschenkt. Dieses göttliche Haus ist nicht
beliebig groß. Doppelt so vielen Menschen steht (pro Kopf) nur der halbe Lebensraum zur
Verfügung. Die Halbierung des Wohnraumes senkt das Wohlbefinden. In manchen
Landschaften ist das Haus sehr bequem, in anderen unwirtlich. Auf einem anderen Planeten
könnte das Haus noch kleiner und unwirtlicher sein. Wenn einige mehr Naturraum nutzen, bleibt
den anderen weniger Naturraum. Die Überlastung und Überbelegung des Naturhauses verringert
seine Größe: dadurch sinkt die Menschenzahl, die es dauernd beherbergen kann. Zu viele
Menschen senken die Anzahl der Überlebenden. Auch die Fauna und Flora benötigen einen
eigenen Überlebensraum. Dessen Beeinträchtigung beeinträchtigt auch den der Menschheit. Es
gibt keinen Grund, warum Gott das Wohl der von ihm geschaffenen Tiere oder Pflanzen
weniger am Herzen liegen soll, als des Menschen. Im Gegensatz zu diesem dienen sie ja nur
dem Gemeinwohl. Wie wir in unserer göttlichen Behausung miteinander und mit unseren
Mitgeschöpfen zusammen leben und das Haus selbst pflegen, das liegt allein an uns und nicht an
Gott. Gott braucht damit keine Rechtfertigung angesichts der Übel dieser Welt (Theodizee).
Nicht er, sondern jeder von uns trägt oder trägt nicht innerhalb der von ihm geschenkten
Heimstätte zum Leid unserer Mitmenschen und Mitgeschöpfe bei, aber auch zu deren Freude. Es
liegt an uns durch Hilfe für unsere Mitmenschen oder Mitgeschöpfe Leid zu lindern und Freude
M. Wackernagel, W. Rees: “Our Ecological Footprint” New Society Publishers, Gabriola Island, BC, 1996.
M. Wackernagel Mathis, W. Rees William: „Unser ökologischer Fußabdruck“ Birkhäuser, 1997.
Der aktuelle errechnete „Ökologische Fußdruck“ für alle Länder findet sich als „Living Planet Report“ im Internet
unter: http://www.faktor-x.info/cms.php?id=939, oder unter der Adresse WWF International Avenue du MontBlanc 1196 Gland, Switzerland.
Der „Ökologische Fußabdruck“ rechnet natürliche Ressourcen in die Fläche um, die erforderlich ist, um sie mit
ihren erneuerbaren Quellen und Senken dauernd bereit stellen zu können.
20
„Gottlos“, weil Gott nicht erlebt werden kann.
21
Die die Naturgesetze missachtenden „Wunder“ der bisherigen Theologie (auch ein angeblich jenseitiges Leben)
behindern die Orientierung im Leben. Sie sind unaufrichtig und fördern nur Enttäuschungen und ein Scheitern an
der Wirklichkeit. Auch hat der Schöpfer der Schöpfung nicht die Demonstration notwendig, selbst gegen die von
ihm geschaffenen Naturgesetze verstoßen zu können.
19
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Glaube und Physik II
zu spenden und damit selbst Sinn zu finden: Viktor Frankl zeigt, welche Sinnerfüllung das
Aufgehen eines Menschen in anderen Menschen oder in einer Aufgabe bringen kann22.
Falls es aber einen persönlichen, theistischen Gott mit seinem jenseitigen „Jüngsten
Gericht“ geben sollte, dann „Gnade Gott“ jenen, die sich an der Zerstörung seiner Schöpfung
schuldig machen (auch indem sie an einer starren, unreifen und überholten Theologie/Exegese
festhalten)! Gott könnte schrecklich direkt in ihr (irdisches, oder jenseitiges) Leben
hineinwirken.
6. Göttliche Lebensorientierungen
Der Philosoph Hans Jonas (1903-1993) zeigt die Notwendigkeit einer räumlichen und
zeitlichen Erweiterung der Verantwortung des Menschen in dem Ausmaß auf, in dem sein
Zerstörungspotential raumzeitliche Grenzen sprengt23: „Indem sie den Horizont raumzeitlicher
Nachbarschaft überschreitet, bricht jene erweiterte Reichweite der menschlichen Macht das
anthropozentrische Monopol der meisten früheren ethischen Systeme, seien diese nun religiös
oder säkular…. Das Alleinrecht des Menschen auf menschliche Rücksicht und sittliche
Beachtung ist genau mit seinem Gewinn einer fast monopolistischen Macht über alles andere
Leben durchbrochen worden. Als eine planetarische Macht ersten Ranges darf er nicht mehr
nur an sich selbst denken … Die erweiterte Sicht verbündet das menschlich Gute mit der Sache
des Lebens im Ganzen…und gewährt dem außermenschlichen Leben sein eigenes Recht …Denn
ein verarmtes außermenschliches Leben, verarmte Natur, bedeutet auch ein verarmtes
menschliches Leben ... Es bedurfte der sichtbar werdenden Bedrohung des Ganzen, der
tatsächlichen Anfänge seiner Zerstörung, um uns dazu zu bringen, unsere Solidarität mit ihm zu
entdecken: ein beschämender Gedanke.“
Vielleicht könnten sieben Orientierungen Gottes Auftrag demgemäß zusammenfassen:
1) Behüte die Schöpfung wie dein eigenes Leben (Schöpfungsverantwortung).
2) Nimm im Zweifel über die Höhe der Umweltschadwirkungen deiner Handlungen stets
deren oberen Grenze an (Vorsorgeprinzip).
3) Liebe alles Leben wie dich selbst (Ökosoziale Nächstenliebe).
4) Beute mit deiner Lebensweise die Natur nicht mehr aus als sie ohne unumkehrbaren
Schaden aushielte, wenn alle anderen sie ebenso ausbeuteten (Verantwortbarer
Lebensstil).
5) Zeuge nicht mehr Nachkommen, als die globale Natur schadlos aushielte, wenn alle
Menschen ebenso viele Nachkommen zeugten (Verantwortbare Zeugung).
6) Achte den Eigenwert der Tiere und Pflanzen, unabhängig von ihrem menschlichen
Nutzen (Eigenwert außermenschlichen Lebens).
7) Schöpfe deine Möglichkeiten aus, damit jene, die sich nach den obigen sechs
Orientierungen richten, ausreichend belohnt werden, zu Lasten jener, die dies nicht tun
(Verursacherprinzip).
Frankl V. E.: „Das Leiden am sinnlosen Leben“ Herderverlag, Freiburg, Basel, Wien 2000.
Frankl V. E.: „ Der Wille zum Sinn“, Ausgewählte Vorträge über Logotherapie. Piper Verlag, München-Zürich
1985.
Frankl V. E.: „Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn. Eine Auswahl aus dem Gesamtwerk. Piper Verlag,
München-Zürich 1985.
Frankl, V. E.: Der unbewusste Gott. Psychotherapie und Religion. Kösel-Verlag, München 1991.
23
Hans Jonas: „Universitas 42 (1987), 103 -115.
22
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Handlungsempfehlungen
Auszug aus den Dokumenten für eine neue Praxis ökologischer Verantwortung in
den Kirchen:
(B45) Die Geschichte lehrt, dass die christlichen Kirchen das notwendige Umdenken bei sich
selbst beginnen müssen
DIE HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
der II. Europäischen Ökumenischen Versammlung von Graz 97
Neue Praxis ökologischer Verantwortung, jetzt und im Hinblick auf kommende
Generationen
5.1. Wir empfehlen den Kirchen, die Bewahrung der Schöpfung als Bestandteil des kirchlichen Lebens
auf all seinen Stufen zu betrachten und zu fördern. Das könnte auch durch einen gemeinsamen Tag der
Schöpfung geschehen, wie er vom Ökumenischen Patriarchat gefeiert wird.
Begründung: Es kommt angesichts der Bedeutung der ökologischen Problematik für die Zukunft der Menschheit
darauf an, in den Kirchen das Bewusstsein dafür zu wecken und zu stärken, dass das Engagement für die
Bewahrung der Schöpfung kein beliebiges Arbeitsfeld neben vielen anderen darstellt, sondern eine wesentliche
Dimension kirchlichen Lebens bilden muss.
5.2. Wir empfehlen den Kirchen, die Entwicklung eines Lebensstils zu fördern, der an den Kriterien der
Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit ausgerichtet ist, und alle Bestrebungen zu unterstützen, die auf
eine Wirtschaft abzielen, die den gleichen Maßstäben genügt.
Begründung: Ökologische Verantwortung muss sowohl das persönliche als auch das politische und wirtschaftliche
Handeln bestimmen. Mit Blick auf das Kriterium der Nachhaltigkeit kommt dabei dem Einsparen von Energie und
der Erschließung und Nutzung erneuerbarer Energieformen unverändert große Bedeutung zu. Christinnen und
Christen sollten sich, unterstützt von ihrer Gemeinde und ihrer Kirche, um einen vorbildlichen Lebensstil bemühen,
der verdeutlicht, dass es möglich ist, sich von Konsumzwängen zu befreien und auf wirkliche Lebensqualität Wert
zu legen.
5.3. Wir empfehlen den Kirchen, sich dem Agenda 21-Prozess anzuschließen und ihn mit dem
ökumenischen bzw. konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung zu
verbinden.
Begründung: Die Agenda 21 bietet eine international vereinbarte Handlungsgrundlage, die wichtige gemeinsame
Merkmale mit dem JPIC-Prozess aufweist und besonders die Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen und
politischen Kräften auf lokaler und kommunaler Ebene anregen und organisieren mithelfen kann.
5.4. Wir empfehlen KEK und CCEE, ein europäisches Netz von Umweltverantwortlichen einzurichten
und bei ihren Aktivitäten als Partner anzuerkennen.
Begründung: Um das Anliegen der Bewahrung der Schöpfung im Leben der Kirchen zu verankern und politisch
wirksam werden zu lassen, bedarf es der institutionellen Absicherung fachlicher Kompetenz. Daher sollten die
Mitgliedskirchen der KEK und die CCEE-Bischofskonferenzen eigene Verantwortliche für Umweltfragen ernennen
und für ihre Vernetzung eine geeignete Organisationsform schaffen, die sie als Kooperationspartner nutzen.



CCEE: Consilium Conferentiarum Episcoporum Europae ( Rat Europäischer Bischofskonferenzen)
KEK: Konferenz Europäischer Kirchen
ECEN, EUROPÄISCHES CHRISTLICHES UMWELTNETZWERK gilt als Frucht der II. EÖV von Graz 1997, fachspezifische Arbeit in
Coalitions auf internationaler Ebene
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologische Begründung
Eine Zeit der Schöpfung
Prof. Dr. Lukas Vischer
Einleitung
Auf der Zweiten Ökumenischen Europäischen Versammlung in Graz (1997) wurde unter anderem folgende
Resolution verabschiedet: " Wir empfehlen den Kirchen, die Bewahrung der Schöpfung als Bestandteil des
kirchlichen Lebens auf allen seinen Stufen zu betrachten und zu fördern. Das könnte auch durch einen
gemeinsamen Tag der Schöpfung geschehen, wie er vom Ökumenischen Patriarchat gefeiert wird.
Begründung: Es kommt angesichts der ökologischen Problematik für die Zukunft der Menschheit darauf an, in
den Kirchen das Bewusstsein dafür zu wecken und zu stärken, dass das Engagement für die Bewahrung der
Schöpfung kein beliebiges Arbeitsfeld neben vielen andern darstellt, sondern eine wesentliche Dimension des
kirchlichen Lebens ist" (1)
Diese Empfehlung ist eine späte Antwort für einen Vorschlag, den der Ökumenische Patriarch Dimitrios I
bereits vor zehn Jahren machte. In einer am
September 1989 veröffentlichten Botschaft lesen wir: "Therefore, we invite through this our Patriarchal
Message, the entire Christian world , to offer together with the Mother Church of Christ, the Ecumenical
Patriachate, every year on this day prayers und supplications to the Maker of all, both as thanksgiving for the
great gift of creation and as petitions for its protection and salvation. At the same time we paternally urge on
the one hand the faithful in the world to admonish themselves and their children to respect and protect the
natural environment, and on the other hand all those who are entrusted with the responsibility of governing the
nations to act without dely taking all necessary measures for the protection and preservation of natural
creation." (2)
Wie kann die Empfehlung von Graz im Leben der Kirchen umgesetzt werden?
Wie lässt sich die Verantwortung für Gottes Schöpfung im Gottesdienst und insbesondere im Kirchenjahr
verankern?
Welcher Platz kommt dabei dem Vorschlag des Ökumenischen Patriarchen zu?
1. Gott der Schöpfer im Kirchenjahr
Es ist offensichtlich, dass Gott der Schöpfer im sog. Kirchenjahr keine zentrale Stelle einnimmt. Die großen
Feste im christlichen Kalender haben Gottes "große Taten" in Christus zum Inhalt. Kreuz und Auferstehung,
die Ausgießung des Heiligen Geistes und Christi Menschwerdung. Im Laufe eines Jahres feiert die
Christenheit die grundlegenden Ereignisse der Offenbarung in Christus. Sie lässt sich aber zu keiner Zeit und
an keinem Tag an Gott den Schöpfer erinnern. Das Kirchenjahr konzentriert sich fast ausschließlich auf den
zweiten und dritten Teil des christlichen Credo. Lässt sich dieser Zustand angesichts der ökologischen Krise
aufrechterhalten? Ist nicht die Zeit gekommen, den Ablauf des Kirchenjahrs neu zu überdenken?
Gewiss, der Glaube an "Gott, den Allmächtigen, Schöpfer Himmels und der Erden" wird bei allen Festen
selbstverständlich vorausgesetzt. Wie könnte Epiphanias oder Trinitatis gefeiert werden, ohne auch Gottes des
Schöpfers zu gedenken? Reicht diese Auskunft aber aus? Angesichts der Kritik, dass die jüdisch- christliche
Tradition wesentlich zu dem heutigen zerstörerischen Umgang mit der Natur beigetragen habe, erhaben sich
immer mehr Stimmen, die auf eine Reform des
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologische Begründung
Kirchenjahrs drängen. Denn wenn sich auch zeigen lässt, dass die Kritik auf einer voreingenommenen
Interpretation der biblischen Texte beruht, gibt doch die Abwesenheit Gottes des Schöpfers in der Folge der
christlichen Feste zu denken. Wenn es zutrifft, dass nicht die Lehre, sondern der Gottesdienst das Bewusstsein
der Gläubigen in erster Linie prägt, muss der Glaube an den Schöpfer Himmels und der Erde eigenständigen
Ausdruck erhalten. Der gesamte Inhalt des Credo muss gottesdienstlichen Ausdruck finden.
2. Gottes Offenbarung in der Geschichte
Die Folge der christlichen Feste ist eingebettet in den Wechsel der Jahre. Mit jedem Jahr schließt sich der
Kreis und beginnt von neuem. Das Kirchenjahr hat insofern den Rhythmus der Natur zum Rahmen. Die Feste
haben aber nicht den Rhythmus der Natur zum Inhalt, sondern erinnern an die Ereignisse, die mit Gottes
Offenbarung in Christus verbunden sind. Im Zyklus der Jahre wird die geschichtliche Wende gegenwärtig, die
mit Christus eingetreten ist.
Diese Tendenz lässt sich bereits in Israel beobachten. Die großen Feste, die Israel feierte, waren ursprünglich
im Zyklus der Natur verankert. Das Passah -Fest stammt aus der Nomadenzeit; es war ein Frühlingsfest, an
dem erste Lämmer dargebracht wurden. Drei andere Feste haben ihren Ursprung im kanaanäischen Kontext
und hatten mit der Bebauung des Bodens zu tun: a) das Fest der Mazzen, d.h. der ungesäuerten Brote, wurde
bei der Einbringung der Gerste gefeiert; b) das Fest der Weizenernte, Schawuot, wurde sieben Wochen nach
dem Mazzen- Fest gefeiert und darum auch Wochenfest genannt; und c) das Laubhüttenfest, Sukkot, war das
Fest der Wein- und Obsternte, und konnte auch einfach das Fest genannt werden. Vor allem in den
Festbräuchen ist die ursprüngliche Bedeutung dieser Feste noch erkennbar. Am Mazzen- Fest wurde eine
Erstlingsgarbe geweiht und am Wochenfest Erstlingsbrote dargebracht. Die Verwendung von Zweigen am
Laubhüttenfest geht auf ein in Wein- und Obstgärten gefeiertes Lesefest zurück
Alle diese Feste wurden aber in Israel neu gedeutet. Am Passah- Fest wurde des Auszugs aus Ägypten
gedacht. Auch das Mazzen- Fest und das Laubhüttenfest standen in Dienste dieser Erinnerung. Der Gebrauch
von Mazzen wurde jetzt damit erklärt, dass die Israeliten, von den Ägyptern zu schleunigem Abzug gedrängt,
keine Zeit hatten, den sonst jeden Morgen zubereiteten Brotteig zu säuern und ihn so am ersten Rastort zu
ungesäuerten Broten verbacken mussten (Ex. 12, 34,39).
Das Laubhüttenfest soll nach Jahwes Gebot gefeiert werden, damit "eure Nachkommen erfahren, dass ich die
Israeliten in Hütten habe wohnen lassen, als ich sie aus dem Lande Ägypten herausführte, ich, der Herr, euer
Gott" (Lev.23, 39-43).
Das Wochenfest wurde in späterer Zeit als Fest der Erinnerung an die Sinai- Offenbarung verstanden. Das
heißt nicht, dass Israel damit den Bezug zur Schöpfung verloren hätte. Grundlegend für das Bewusstsein
Israels war die alle sieben Tage sich wiederholende Feier des Sabbats. Was immer der Ursprung dieses
Ruhetags war, wurde er im Laufe der Geschichte Israels mit Gottes Schöpfung in Verbindung gebracht. "
Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles was drinnen ist; und er
ruhte am siebenten Tag: darum segnete der Herr den Sabbattag und heiligte ihn (Ex. ,11)." Der Sabbath war
ein Ruhetag nicht nur für Menschen und Vieh, sondern zugleich auch für die Erde. Die Ausdehnung des
Sabbathrhythmus auf Sabbath- und Halljahre macht dies besonders deutlich. Im siebenten Jahr kam dem Land
eine "hohe Feierzeit" zu; es durfte weder gesät noch geerntet werden (Lev. 25,4). Aber auch die im Lichte der
geschichtlichen Erfahrung neu gedeuteten Feste verloren ihre Verankerung im Zyklus der Natur nicht ganz.
Wie hätten Erstlingsgaben dargebracht werden können, ohne des Schöpfers zu gedenken?
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologische Begründung
Die geschichtliche Deutung der Feste setzte sich in der christlichen Kirche fort. Das von jetzt an alles
bestimmende Ereignis war die Auferstehung Christi. In den christlichen Gemeinden setzte sich der Brauch
durch, am Abend des ersten Tags der Woche, das heißt am Tage von Christi Auferstehung, zur Feier des
Brotbrechens zusammenzukommen. Schrittweise zog dieser Tag der Auferstehung, der Herren- oder
Sonnentag, die Tradition des Sabbaths an sich. Der Sabbath verschob sich für die Christenheit vom Samstag
auf den Sonntag. Damit veränderte sich aber auch seine Bedeutung. Der zentrale Inhalt des Tages war jetzt die
Feier von Christi Sieg über den Tod. Die Gemeinde versammelte sich, um mit Wort, Gebet und Mahl die
Gegenwart des Herrn zu feiern und auf seine Wiederkunft zu warten. Der Bezug auf die Schöpfung trat in den
Hintergrund. Gewiss war im Herrenmahl auch ein Hinweis auf die Schöpfung angelegt. Brot und Wein
konnten als Gottes Gaben verstanden werden. Die primäre Bedeutung des gemeinsamen Mahls war aber die
Gemeinschaft mit Christi Kreuz und Auferstehung.
Die jüdischen Feste wurden z.T. nicht mehr begangen oder durch christliche Feste abgelöst. Der Bezug zur
Schöpfung, der in ihnen noch vorhanden war, ging damit verloren.
3. Das allmähliche Werden des Kirchenjahrs
Das Kirchenjahr, wie wir es heute kennen, ist das Ergebnis einer langen und komplizierten Entwicklung. Es ist
ein Gebäude, das nicht in einem Anlauf entstanden ist. Es ist darum auch nicht ein in jeder Hinsicht stimmiger
Bau, sondern spiegelt Vorstellungen und Perspektiven verschiedener Epochen wider. " Unterschiedliche
Zeitebenen und Zeitkreise, konkurrierenden Kalendern und ihren Zyklen verpflichtet, überlagern sich, erben in
der Summe ein höchst komplexes Gefüge von Daten, Begehungen, Festen und Festzeiten – ein verwirrend –
kunstvoll geschichtetes architektonisches Gebilde (3) ." Die Trennung der Kirchen führt zu unterschiedlichen
Ausprägungen des Kirchenjahrs. Jede konfessionelle Tradition weist Eigenarten auf. In erster Linie gehen Ost
und West getrennte Wege, aber auch die Trennung, die mit der Reformation des 16. Jahrhunderts eintritt, hat
Besonderheiten zur Folge. Die Verständigung unter den Konfessionen in der Ordnung des Kirchenjahrs ist
darum keineswegs selbstverständlich.
Verschiedene Kreise bestimmen den Grundriss des Baus. Der erste Kreis ist die Folge der Sonntage. So wie
für Israel ist auch für die Kirche die Einheit von sieben Tagen maßgebend. Sie ist grundlegend für das
Kirchenjahr.
An zweiter Stelle ist der Osterkreis zu nennen. Ostern, das Fest der Auferstehung, ist das erste christliche Fest,
das jährlich gefeiert wurde. Um Ostern herum entwickeln sich zu verschiedenen Zeiten weitere Feste: vor
Ostern die Fastenzeit, der Palmsonntag mit der Karwoche, vor allem der Karfreitag, nach Ostern die Osterzeit
mit Himmelfahrt und Pfingsten und um die Jahrtausendwende als Zusammenfassung die Feier der Trinität.
Ostern wird am ersten Sonntag, der auf den ersten Vollmond nach Frühjahrs- Tag- und Nachtgleiche folgt,
gefeiert und ist darum variabel. Mit Ostern wechseln alle Daten des Osterkreises.
Der dritte Kreis, der Weihnachtskreis, wird durch zwei Feste bestimmt – das Fest der Geburt Christi und
Epiphanias am 6. Januar. Im Gegensatz zu Ostern wurde Weihnachten auf ein Datum im solaren Kalender
festgelegt, ist darum nicht variabel und fällt auch nicht jedes Jahr auf einen Sonntag. Da Weihnachts- und
Osterkreis auf unterschiedlichen Berechnungen beruhen, ergeben sich zwischen ihnen von Jahr zu Jahr
unterschiedliche Zeitabstände. Sowohl die Zahl der Sonntage zwischen Epiphanias und dem Beginn der
Fastenzeit als auch diejenige zwischen Pfingsten und dem Beginn des Advents variiert. Über das Jahr verteilt
sind im Kirchenjahr weitere Feste angesiedelt, einige lose mit den großen Kreis verknüpft, andere wie das Fest
der Verklärung (am 6. August) ohne sofort ersichtlichen Zusammenhang mit ihnen. Einige Feste wie der
Reformationssonntag sind Gedenktage, andere wie das Neujahrsfest sind durch den zivilen Kalender fixiert.
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologische Begründung
Der vierte Kreis sind die Tage der Heiligen. Schon in früher Zeit setzte sich der Brauch durch, der " Wolke der
Zeugen" an bestimmten Tagen des Jahres zu gedenken. Die Listen der Heiligen sind nicht in allen Kirchen
dieselben. Sie sind unterschiedlich in Ost und West. In den Kirchen der Reformation verlor der Kalender
durch die Verwerfung der Heiligenverehrung weitgehend seine Bedeutung. Die Tage der Heiligen wurden zu
bloßen "Gedenktagen" oder gerieten überhaupt in Vergessenheit.
4. Eine sich wandelnde Ordnung
So unumstößlich die grundlegenden Kreise im Leben der Kirche verankert sind, ist doch das Kirchenjahr
keine endgültig abgeschlossene Ordnung. Das Gebäude befindet sich im Bau. Jedes Jahrhundert leistet seinen
Beitrag. Feste, die zu einer bestimmten Zeit unverrückbar schienen, treten in den Hintergrund, andere werden
neu hinzugefügt. Auswüchse, die sich entwickelt haben, werden durch radikale Reformen beseitigt, am
radikalsten in der Zeit der Reformation. Sanftere Reformen, wie z.B. diejenigen des Zweiten Vatikanischen
Konzils suchen Unstimmigkeiten zu beseitigen und die Ordnung transparenter zu machen. Der Versuch, in das
Kirchenjahr eine Zeit einzufügen, die in besonderer Weise dem Lob des Schöpfers und der Schöpfung dient,
ist legitim (4).
Warum sollte die Kirche angesichts der ökologischen Krise nicht dafür sorgen, dass ihr Bekenntnis zu Gott
dem Schöpfer auch in ihrem liturgischen Leben deutlicheren Ausdruck findet? Einzelne Kirchen haben bereits
Schritte in diese Richtung unternommen. In zahlreichen Kirchen besteht – vor allem in ländlichen Gebieten
die Tradition des Erntedankfestes. Da und dort werden heute Versuche unternommen, diese Tradition neu zu
beleben. In der römisch- katholischen Kirche spielt der Tag des Heiligen Franz von Assisi am 4. Oktober eine
zunehmende Rolle. In immer weiteren Kreisen wird das Bedürfnis empfunden, Gottes Schöpfung und ihre
Bewahrung im Gottesdienst zum ausdrücklichen Thema zu machen.
5. Der Vorschlag des Ökumenischen Patriarchen
Besondere Bedeutung kommt dem Vorschlag des Ökumenischen Patriarchen zu, den 1. September als Tag der
"Danksagung für die große Gabe der Schöpfung und der Bitte für ihre Bewahrung und Befreiung" zu feiern.
Was steht hinter der Wahl dieses Datums?
Für die orthodoxen Kirchen ist der 1. September der Beginn des Kirchenjahrs. Diese Regelung hat eine lange
Tradition. Sie geht zurück auf die Zeitzählung im byzantinischen Kaiserreich. Sie erfolgte aufgrund von
Indiktionen. Indiktionen sind Perioden einer bestimmten Anzahl von Jahren. In offiziellen Dokumenten
wurden jeweils die Indiktion und das Jahr innerhalb der Indiktion angegeben. Dieses System der Datierung
wurde unter Kaiser Diokletian im Jahre 297/98 eingeführt und von Kaiser Justinian I. 462/63 für obligatorisch
erklärt (5) Die Jahre begannen zuerst am 23. September, später seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts am
September. Die Länge einer einzelnen Indiktion betrug zuerst fünf und später 15 Jahre. Nach Ablauf dieser
Zeit begann die folgende Indiktion. Auch die Kirche folgte dieser Zeitzählung. Der Beginn jedes einzelnen
Jahres und insbesondere einer neuen Indiktion wurde feierlich begangen. In Konstantinopel wurde das Jahr
der Indiktion durch den Patriarchen angekündigt.
Nach der Feier der Liturgie in der Hagia Sophia versammelten sich der Patriarch und die Mitglieder des
Heiligen Synod in einer großen Halle. Nach Geben und liturgischen Hymnen nannte der Patriarch das neue
Jahr und erteilte allgemeine Absolution. Er bestätigte dann durch seine Unterschrift unter das offizielle
Dokument den Beginn des neuen Jahres. (6)
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologische Begründung
Diese Tradition verlor mit dem Ende des byzantinischen Reiches ihre praktische Bedeutung. Die Kirche
behielt das Datum aber bei. Bis zum heutigen Tag wird in den orthodoxen Kirchen der 1. September als
Beginn des Jahres gefeiert. Das Fest hat allerdings im Leben der Kirche keine tragende Bedeutung. Das Jahr
wird nicht durch den Beginn am 1. September strukturiert. (7) Das Fest gehört zu den Relikten, die aus
vergangenen Kalendern stammen. Der Ökumenische Patriarch geht denn in seiner Botschaft über die
überlieferte Bedeutung des Tages kaum ein; er beschränkt sich darauf, sie ohne weitere Erklärung zu
erwähnen.
So ist der Vorschlag des Patriarchen als Versuch zu verstehen, ein Fest, das seine Bedeutung weitgehend
verloren hat, mit neuem Inhalt zu füllen. Das Kirchenjahr soll mit der Besinnung auf Gott den Schöpfer, die
Gabe seiner Schöpfung und unsere Verantwortung vor ihm und gegenüber unseren Mitgeschöpfen beginnen.
6. Welche Neuansätze sind möglich?
Wie kann der Lobpreis des Schöpfers im Gottesdienst verstärkt werden? Welche Neuansätze sind im Rahmen
des Kirchenjahrs möglich?
Das wichtigste Element ist ohne Zweifel der Sonntag. Zu Unrecht ist die Beziehung des Sabbaths/ Sonntag zur
Schöpfung in den Hintergrund getreten. Kein Zweifel, der zentrale Inhalt des Sonntags sind Christi
Auferstehung und der Sieg über den Tos. Der Sonntag ist in gewissem Sinne ein Osterfest im Kleinen. Dieser
neue Inhalt muss aber keineswegs als Gegensatz zu der im Alten Testament überlieferten Bedeutung des
Sabbaths als Ruhetag in Analogie zu Gottes Schöpfung in sieben Tagen verstanden werden. Gottes neue Welt
ist die Erfüllung der Schöpfung. Als Gottes Geschöpfe preisen wir den Schöpfer, der diese Welt ins Leben
gerufen hat und erhält, der sich um seine Geschöpfe kümmert und ihnen ihre Speise gibt zu seiner Zeit, der
dem Tod ein Ende bereitet und sein Reich anbrechen lässt. Der Sonntag erinnert uns an unsere Verantwortung
gegenüber Mitmenschen und allen Mitgeschöpfen. Er setzt der blinden Tätigkeit Schranken und lässt uns
einen Schritt zurücktreten, um uns vor Gott und seiner Schöpfung neu zu erkennen. Der Sonntag ist eine
Kritik an der menschlichen Selbstentfaltung, die den Zugang zu Gottes neuer Welt versperrt.
Ist aber im Kirchenjahr nicht auch Platz für besondere Tage der Schöpfung oder vielleicht noch angemessener
eine Zeit, in der Gottes des Schöpfers besonders gedacht wird? Ist es nicht sinnvoll, den 1. September, den
Erntedank oder den 4. Oktober zu feiern?
Ein gewisses Malaise stellt sich fast unwillkürlich ein. In den letzten Jahrzehnten haben zahlreiche neue
Sonntage in die Kirchen Einzug gehalten, die an besondere ethische Verpflichtungen erinnern – der
Flüchtlingstag, der Tag der Behinderten, der Menschenrechtstag und ähnliches mehr. So etwas wie ein
zweites, ethisch orientiertes Kirchenjahr hat sich herausgebildet. Soll die Reihe dieser Tage durch einen
Sonntag der ökologischen Verantwortung erweitert werden?
Die Zeit der Schöpfung ist zugleich Beginn und Ende des Kirchenjahrs. Indem wir uns auf den Schöpfer
besinnen, werden wir auch auf Gottes neue Schöpfung hingewiesen. Gottes Schöpfung läßt sich letztlich
losgelöst von der Vollendung in Christus nicht verstehen. Über dem Horizont dieser Schöpfung leuchtet von
Anfang Gottes Reich auf. In der Zeit der Schöpfung feiern wir darum den Ursprung als auch die Vollendung –
Alpha und Omega.
Es geht aber um mehr als einen zusätzlichen Sonntag. Es geht darum, einem grundlegenden Teil des
christlichen Bekenntnisses deutlicheren Ausdruck zu verschaffen. Die Aufgabe ist, zu zeigen, dass – um mit
der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung zu reden – " das Engagement für die Bewahrung der
Schöpfung kein beliebiges Arbeitsfeld neben vielen andern ist, sondern eine wesentliche Dimension des
kirchlichen Lebens darstellt".
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologische Begründung
Es mag aus diesem Grunde angemessen sein, nicht einen Tag, sondern eine Zeit der Schöpfung vorzusehen.
Sie könnte mit dem 1. September oder dem Sonntag der auf den 1. September folgt, beginnen und bis zum 4.
Oktober oder dem Sonntag, der auf den 4. Oktober folgt, dauern. Tage, die verschiedene Traditionen
angehören, würden auf diese Weise zu einem ganzen vereinigt. In diese Zeit fällt in manchen Teilen der Welt
auch das Erntefest. Eine solche Zeit der Schöpfung würde sich unerzwungen in das bestehende Kirchenjahr
einfügen. Bevor die memoria der großen Heilsereignisse von der Geburt bis zur Ausgießung des Heiligen
Geistes beginnt, würden wir an den Gott, die Quelle alles Lebens, erinnert. Und nachdem wir durch die Folge
der großen Taten Gottes geführt worden sind, würden wir wiederum zurückgeführt zu dem Gott, der alle
Zeiten umspannt.
Eine Schwierigkeit mag dadurch entstehen, dass diese Zeit in der nördlichen und südlichen Hemisphäre in
unterschiedliche Jahreszeiten fällt.
Wenn in Europa geerntet wird, bricht in Argentinien, Südafrika und Australien das Frühjahr an. Ist aber die
memoria des Schöpfers von Jahreszeiten abhängig? Sie kann sich genau so an das "Werden" der Natur wie an
ihr "Vergehen" anschließen. So wenig wie Weihnachten an den Winter und Ostern an den Frühling gebunden
sind, ist der Lobpreis des Schöpfers mit einer bestimmten Jahreszeit verknüpft. Es werden einzig in der
Meditation andere Aspekte in den Vordergrund treten müssen
7. Alpha und Omega
Eine Zeit der Schöpfung im Kirchenjahr! Diese Ordnung hätte den Vorzug, dass sie den Glauben an Gott den
Schöpfer mit dem Ganzen des Credo verbindet. Wenn heute von ökologischer Verantwortung die Rede ist,
entsteht leicht der Eindruck, dass es sich um eine neue und dazu noch politische Aufgabe handle. Noch immer
ist für viele Christen nicht klar, dass es dabei um einen Imperativ des christlichen Glaubens geht. Der heutige
Umgang mit den Gaben der Schöpfung kommt einer Leugnung Gottes gleich. Jede Isolierung dieser
Verantwortung vom Ganzen des Glaubens ist darum eine Verharmlosung.
Die Zeit der Schöpfung legt den Grund für ein vertieftes Verständnis von Weihnachten, Ostern und Pfingsten.
Die Struktur des Credos wiederholt sich im Kirchenjahr. Gott der Schöpfer Himmels und der Erde ist die
Voraussetzung und der Hintergrund all dessen, was folgt. Gott geht durch die Menschwerdung in diese
Schöpfung ein, er lässt durch die Auferstehung neues Leben aufbrechen und gießt die Gabe des Geistes über
Menschen und über die gesamte Schöpfung aus. Durch die Zeit der Schöpfung wird ein vertieftes Verständnis
der Trinität – Vater, Sohn und Heiliger Geist – ermöglicht. Vor allem aber ruft uns die Zeit der Schöpfung in
Erinnerung, dass wir Geschöpfe unter Geschöpfen sind. Sie gibt uns Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie
wir mit Gottes Gaben umgegangen sind und umgehen werden. Sie gibt der Kirche Gelegenheit, einen neuen
verantwortlicheren Lebensstil einzuüben. In der Botschaft des Ökumenischen Patriarchen heißt es sehr
eindringlich:
"We must attempt to return to a proper relationship with the Creator and the creation. This may well mean that
just as a shepherd will in times of greatest hazard, lay down his life for his flock, so human beings may need
to forgot part of their wants and needs in order that the survival of the natural world can be assured. This is a
new situation – a nex challenge. It calls for humanity to bear some of the pain of creation as well as to enjoy
and celebrate it. It calls first and formost for repentance – but of an order not previously unterstood by many".
Wenn eine Zeit der Schöpfung einen Beitrag zu dieser Umkehr leistet, hat sie ihre Aufgabe erfüllt.
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologische Begründung
Anmerkungen
(1) Versöhnung, Gabe Gottes und Quelle des Lebens, Dokumente der Zweiten Europäischen
Ökomenischen Versammlung in Graz 1997, Graz 1998, p. 57
(2) Message of His All-Holiness the Ecumenical Patriarch Dimitrios on the Day of Protection of
the Environment, in: Orthodox
and the Ecological Crisis, 1990
(3) Karl-Heinrich Bieritz, in: Hans-Christoph Lauber und Karl-Heinrich Bieritz (ed) Handbuch
der Liturgik, Leipzig und Göttingen 1995, p.453
(4) a.a.O, p 487
(5) Corpus Iuris civilis, Nov. 47,2
(6) V. Grumel, Indiction, in: New Catholic Encyclopedia, New York 1967, vol. 7, p. 466-468
(6) "The idea of the year as a unit and as a real time within which the church dowells for the
purpose of ist fulfilment is so weak that the Byzantine list of months begins with
September, a month which in our present calendar has no special liturgical "significance"
whatever", Alexander Schmemann Introduction to liturgical theology, London 1966,
p.136
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologische Überlegungen
Den Schöpfer und die Schöpfung feiern! - Theologische Überlegungen zur
Einführung eines Tages der Schöpfung im Kirchenjahr
Pfarrer Klaus Hoof
Krise des menschlichen Selbst- und Weltverständnisses
Die heutige Krise der Umwelt ist keine Krise der Schöpfung, sondern eine Krise des Menschen!
Nicht die Schöpfung ist gefährdet – sie ist erstaunlich wandelbar – das Weiterleben des
Menschen ist gefährdet. Bei dieser Krise des Menschen handelt es sich letztlich um eine Krise
des menschlichen Selbst- und Weltverständnisses, seiner Gottvergessenheit.
Wenn diese Analyse stimmt, dann ist neben einem kräftigen, handlungsorientierten Engagement
zur Bewahrung der Schöpfung – gerade von den Kirchen – auch noch anderes gefordert: Die
Kirchen haben von ihrer ureigensten Glaubensinhalten her die Aufgabe, die Krise des
menschlichen Selbst- und Weltverständnisses anzusprechen und zur Heilung dieser Krise
beizutragen.
Ein unverzichtbarer Teil dieses Beitrages besteht darin, das im Bekenntnis zu Gott als Schöpfer
und Erhalter enthaltene Heil des Kosmos und des Menschen regelmäßig zu feiern und zu
vergegenwärtigen. Das Heil will gefeiert sein. Es will neu erlebt, angeeignet und gültig werden.
Dafür benötigt seine Feier kultisch-rituelle Formen und erlebbare Gestalt. Dadurch erhält es
einen Platz im Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft und Auswirkungen auf das
menschliche Selbst- und Weltverständnis.
Trinitarische Herausforderungen für ein neues und feierbares Selbstverständnis des Menschen
Eine biblischen Schöpfungstheologie kommt ohne die Wiederentdeckung des dreieinigen Gottes
nicht weiter. zu recht betonen die ökologischen Leitlinien der Evang. Landeskirche in
Württemberg deshalb: „ Die Verantwortung für die Mitwelt ergibt sich aus dem Bekenntnis zu
dem dreieinigen Gott... „ Aber was heißt das?
Ein wesentlicher Aspekt der altkirchlichen Trinitätslehre besagt: Vater, Sohn und Heiliger Geist
leben miteinander, füreinander und ineinander. Sie leben eine lebendige Beziehung in höchster
und vollkommenster Gemeinschaft und Liebe untereinander. Dieses trinitarische Leitbild von
Gott setzt über die Vorstellung von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen auch ein anderes
Bild vom Menschen frei. Menschen leben ihre Gottesebenbildlichkeit, wenn sie lebendige und
lebensfördernde Beziehungen leben, wenn sie Gemeinschaft leben: In Gemeinschaft mit Gott
und mit Menschen, in Gemeinschaft mit der ganzen Schöpfung.
Diesem Aspekt sich nur über theologische Reflexionen zu nähern greift zu kurz. Beziehungen
müssen gestaltet und gelebt werden. Wo wird das im Raum der Kirchen als liturgische
Gestaltungsaufgabe begriffen?
Es kann für Kirche und Christen nicht ohne Folgen bleiben, ob sie mit diesen Fragen regelmäßig
umgehen oder nicht. Muss eine Kirche, die sich nicht stets neu dieser Glaubensinhalte
vergewissert, nicht irgendwann ihr Gespür und ihre Kompetenz für diese Themen, ihre
Vollmacht zu einem glaubwürdigen Zeugnis verlieren?
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologische Überlegungen
Nach neutestamentlichem Verständnis ist klar: Gott der Vater schafft durch den Sohn in der
Kraft des Heiligen Geistes: Auf diesem Hintergrund kann Paulus sagen:“ Denn von ihm und
durch ihn und zu ihm sind alle Dinge“ (Rö.11,36). Alle Dinge und Lebewesen sind von Gott
geschaffen, durch Gott geformt und existieren in Gott. Gott ist sichtbar, hörbar, schmeckbar,
riechbar, erleb- und erfahrbar in der Welt. Das ist das eigentliche Geheimnis der Fleischwerdung
Gottes.
Dieses Geheimnis der heilsamen Präsenz Gottes in der Schöpfung kann letztlich nicht begriffen
werden, es will erlebt, gespürt und gefeiert werden. Nur durch die Erfahrung, dass in allem was
ist und lebt, Gottes lebensschaffender Geist und Lebenswillen enthalten ist, wird neu und tief
gegründet die Ehrfurcht vor allem, was ist und lebt wachsen. Das rituell erfahrbar zu machen, ist
eine zentrale spirituelle und liturgische Aufgabe der Christenheit.
Anfragen an das Kirchenjahr
„Ich glaube an Gott den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde“ –
wo wird diese Erfahrung des Glaubens im Kirchenjahr regelmäßig gefeiert und neu
vergegenwärtigt? Theologisch ist klar: Das Bekenntnis zu Gott als dem Schöpfer muß beim
Feiern des Heiles in Christus, dem Kommen und Wirken des Heiligen Geistes vorausgesetzt und
mitbedacht werden. Aber es fällt auf, dass das Bekenntnis zu Gott als dem Schöpfer von keinem
Fest im Ablauf des Kirchenjahres zum direkten Gegenstand des Feierns und Nachdenkens
gemacht wird.
Traditionell spielt zwar der erste Artikel des Glaubensbekenntnisses im Erntedankfest eine
wesentliche Rolle. Das Erntedankfest hat jedoch seine sehr spezielle Ausrichtung: Mitte des
Erntedankfestes ist der Dank für die lebensspendenden Gaben Gottes. Das Bekenntnis zu Gott
dem Schöpfer des Himmels und der Erde schließt jedoch mehr ein als den wichtigen Dank für
Früchte und Lebensmittel, für Brot und Kleidung, für Arbeit und Auskommen.
Die Frage also bleibt: Wo im Kirchenjahr kommen die grundlegenden Themen menschlicher
Geschöpflichkeit und der Geschöpflichkeit des Kosmos vor? Die Fragen menschlichen
Verhältnisses zum Himmel und zur Erde, zu Licht und Wasser, zu Sonne, Mond und Sternen, zu
Pflanzen und Tieren; Fragen des Menschen nach seiner Leiblichkeit und Identität als Mann oder
Frau, seiner Geborgenheit und Verlorenheit in diesem Kosmos; die Fragen nach einem klugen
Sich-Einfinden in schöpfungsmässig vorgegebene Ordnungen oder nach notwendigen
Grenzüberschreitungen, nach menschlicher Weltgestaltung und dafür geltenden Maßstäben – wo
werden diese zentralen Themen begangen, gefeiert und vergegenwärtigt? Auch die Fragen und
Inhalte, die es im weiteren Sinne mit Welterkenntnis zu tun haben, benötigen einen solchen
Platz, wie etwa die Frage nach dem Ursprung des Lebens und des Kosmos, danach, ob
Geschichte und Leben ein ziel hat oder sich in unendlichen Kreisläufen bewegt.
Ökumenische Betrachtungen
In den orthodoxen Kirchen wird in den letzten Jahren mit zunehmender Intensität theologisch an
den Themen Schöpfung und Schöpfungsbewahrung gearbeitet. Der Ökumenische Patriarch von
Konstantinopel hat im Jahr 1989 den 1. September zum „Tag der Schöpfung“ erklärt und ruft
jährlich neu dazu auf, diesen Tag entsprechend zu feiern. Da mit dem 1. September in der
Orthodoxie das neue Kirchenjahr beginnt, zeigt sich her die besondere Wertschätzung des
Schöpfungsglaubens und des 1. Glaubensartikels in orthodoxen Kirchen
Coalition des ECEN
20
Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologische Überlegungen
Die 2. Europäische Ökumenische Versammlung in Graz ruft die Konferenz europäischer
Kirchen (KEK) und den Rat der europäischen katholischen Bischofskonferenzen (CCEE) dazu
auf: „die Bewahrung der Schöpfung als Teil des kirchlichen Lebens (auf allen Stufen) zu
betrachten und zu fördern....Ein Beispiel: KEK und CCEE fordern ihre Mitgliedskirchen und
Bischofskonferenzen auf, einen Tag der Schöpfung einzuführen, wie er vom ökumenischen
Patriarchat gefeiert wird“ (Handlungsempfehlungen 5.1).
In Deutschland feiert die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) bereits seit 1986 einen „Tag
für Gottes gute Schöpfung“. Innerhalb der EmK erarbeitet ein Arbeitskreis Materialien und
Hilfen für die Feier dieses Tages in den Gemeinden.
In der Schweiz werden die vier Wochen vor dem Erntedankfest nach einem Vorschlag der
„Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft Kirche und Umwelt“ (OeKU) als „Schöpfungszeit“
begangen. Das Begehen dieser Schöpfungszeit soll den Gemeinden helfen, das Erntedankfest vor
der Gefahr einer bloß folkloristischen Erinnerung an vergangene Zeiten zu bewahren.
Das Heil feiern! – Wir brauchen einen „Tag der Schöpfung“ im Kirchenjahr
Die Christenheit kann einen wichtigen Beitrag zum überlebensnotwendigen Selbstverständnis
des Menschen leisten. Von ihrem Glauben an Gott den Schöpfer und Erhalter des Kosmos und
allen Lebens weiß sie um die Einbezogenheit des Menschen in alle Schöpfungsvollzüge. Im
Ablauf des Kirchenjahres sollten sich die Kirchen dafür einen festen Platz schaffen, wo sie dies
leben können und an dem die biblischen Traditionen dazu gehört werden. Dafür
Gestaltungselemente, rituelle und liturgische Formen zu finden, die den Menschen die
Einbezogenheit in Gottes gute Schöpfung feiern und nachempfinden lasse, ist eine lohnende
Herausforderung für die Gemeinden und für Theologinnen und Theologen.
Ein Fest,
1. an dem Menschen Gemeinschaft mit Gott und mit Menschen und mit der ganzen Schöpfung
erleben,
2. an dem Menschen Gott als Schöpfer und sich als Geschöpfe feiern,
3. an dem sie Augen, Ohren und alle Sinne für Gottes Schöpfung öffnen,
4. an dem sie den Geheimnissen des Lebens neu auf die Spur kommen,
an dem das im schöpferischen und erhaltenden Handeln Gottes gründende Heil immer wieder
Gestalt gewinnt und Menschen es sich neu aneignen,
das ist was im Kirchenjahresablauf fehlt!
Zahlreiche kirchliche Gruppen und Kreise gestalten Gottesdienste und Aktionstage unter dem Thema
Bewahrung der Schöpfung. Die kirchenrechtliche Einführung eines „Tages der Schöpfung“ in den liturgischen
Kalender des Kirchenjahres würde diese Aktivitäten theologisch besser fundieren, bündeln, neu ausrichten
und auf eine breitere Basis stellen. Das hätte Auswirkungen in zwei Richtungen: Nach innen in die Kirchen
hinein, in denen Kompetenz und Konsens zu diesen Fragen wachsen würden und nach außen in die
Gesellschaft hinein, in der christliche Überzeugungen zu Fragen der Schöpfungsbewahrung verstärkt und
profilierter zu hören wären. Beides ist um der Deutlichkeit des christlichen Schöpfungszeugnisses
wünschenswert.
Coalition des ECEN
21
Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Russ. Orthod. Vordenker
Ökologisches Verständnis der Schöpfung bei Vladimir Solov'jev
Prof. Dr. Andrej Danilov
In den letzten Jahren ist die ökologische Problematik eines der aktuellsten und meist diskutierten
Themen in der Theologie geworden. Es zeigt sich in der Theologie sogar die Herausbildung
eines neuen Wissenschaftsfeldes ab, der christlichen Ökologie. Es scheint, dass vor nur ein paar
Jahrzehnten sich die Theologen überhaupt nicht mit diesem Problemfeld beschäftigten. Aber
auch die Ökologie selbst ist eine ziemlich neue Disziplin.
Dennoch muss diese Ansicht korrigiert werden. Die Konzeption der Christlichen Ökologie
beginnt sich im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts zu bilden auf der Schnittebene der
orthodoxen Anthropologie und der religiös philosophischen Doktrin über die All-Einheit.
Zum ersten Mal wurde die Konzeption der christlichen Ökologie in den Werken des großen
russischen religiösen Denkers Vladimir Solov´jev (1853-1900) begründet. Das konzeptionelle
Herangehen dieses Philosophen an die Problematik der erforderlichen neuen Wechselbeziehung
zwischen dem Menschen und der Natur greift den Intentionen der gegenwärtigen ökologischen
Denkweise um ein Jahrhundert voraus.
Zusammenfassung der solov´jevschen Konzeption des Umweltbewusstseins in folgenden
Punkten:
1. Das natürlich Materielle und das Spirituelle sind von Grund auf unterschiedlich, aber sie
existieren und entwickeln sich in organischer Einheit. Die Natur, die Schöpfung ist in den
göttlichen Prozess der Transfiguration, der Auferstehung und des Aufstiegs eingebaut. Die
Menschheit zusammen mit der geschaffenen Natur "seufzt bis zum heutigen Tag und liegt in
Geburtswehen" (Röm. 8,22-23).
2. Die Unterwerfung der Natur und die Eroberung der Natur sind die beiden bisherigen
Entwicklungsstufen der Beziehung des Menschen mit der Natur. Die gegenwärtige
Einstellung in Bezug auf die Konsumierung und Ausnutzung der Natur, auf ihre Zerstörung
im Namen der künstlich gestalteten Zwecke muss für das Überleben und die Entwicklung
des Menschen überwunden werden. Man muss die echten Rechte der materiellen Natur
wiederherstellen. Die Menschen sollen Ehrfurcht vor der Natur gewinnen und in die
moralische Solidarität soll auch die subhumane Welt eingeschlossen sein.
3. Die Natur hat nicht nur das instrumentalisierte Niveau oder die funktionale Bedeutung
(Nützlichkeit), sondern auch den Eigenwert und das Recht der Materie. Sie ist kein Mittel
für die Erreichung des Zweckes, sondern ein besonderes selbstständiges Glied des Ziels der
menschlichen Existenz. Die materielle Natur ist ein wichtiger Bestandteil der menschlichen
Person.
4. Die materielle Natur hat das Recht auf ihre Vergeistigung.
5. Der Mensch hat die Pflicht, die Natur in ihrem Eigenwert zu sehen und anzuerkennen, sich
um sie zu sorgen und sie zu ihrem Wohle zu kultivieren. Die Natur bedarf des Menschen für
ihre Vervollkommnung, Humanisierung und Vergeistigung.
6. Die Liebe zum Schöpfer verwirklicht sich durch Seine Schöpfung (die Natur). Nicht nur der
Mensch ist dem anderem Menschen der Nächste, sondern auch die Umwelt, die Natur.
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Russ. Orthod. Vordenker
7. Die Katholizität der Kirche spiegelt die All-Einheit des Seins wider, in die auch die
materielle Natur eingebaut ist. Das Wachstum des Menschen in der Spiritualität und der
Kirchlichkeit setzt auch die Vergeistigung der Natur voraus. Als eines der Beispiele
erscheint das Sakrament der Eucharistie, wenn Brot und Wein - die Früchte der Synergie
des Menschen und der Natur - vom Heiligen Geist erfüllt werden und in die göttlichen
eucharistischen Gaben verwandelt werden.
8. Die Kirche soll die Menschen die Solidarität mit der Natur, die Ehrfurcht vor der Schöpfung
lehren. Sie soll an der Ausformung einer neuen, ökologischen Lebensweise aktiv
teilnehmen. Die Schöpfungsverantwortung ist die Maxime des christlichen Lebens.
Solov´jev verbindet die ökologische Frage direkt mit der feministischen Frage, "Die
unmoralische Ausbeutung der Erde", schreibt er, "kann nicht aufhören, solange die unmoralische
Ausnutzung der Frau fortdauert". Das sind die zwei Seiten der Beziehung zu dem einen Haus:
dem äußeren und dem inneren.
Auszug aus dem Referat anlässlich des Symposium "Kultur des Lebens" 2000,
das vollständige Referat ist bei der ARGE SVA erhältlich
Coalition des ECEN
23
Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Theologisch-sozialethische
Anmerkungen
Theologisch-sozialethische Anmerkungen zum Schöpfungstag
Prof. Dr. Karl Golser
Auf Anregung des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel sollte am 1. September, an
dem Tag, mit dem das Kirchenjahr im orthodoxen liturgischen Kalender beginnt, jeweils ein
Schöpfungstag gefeiert werden. Dies nimmt sicherlich Bezug auf den ersten Schöpfungstag im
1. Kapitel des Buches Genesis, also auf das Schöpferwirken Gottes, das zuerst Licht und
Finsternis geschieden und so den Anfang menschlicher Zeit gesetzt hat mit ihrer Einteilung in
Tag und Nacht, in Monate und Jahre (Gen 1,3-5). All unsere Zeit ist in Gottes Händen. Dabei
sollten wir auch auf den siebten Tag sehen, an dem Gott sein Werk vollendet und an dem er
geruht und damit diesen Tag und sein gesamtes vollbrachtes Werk gesegnet hat (Gen 2, 2-3).
Der Schöpfungstag, der nun in den christlichen Kirchen gefeiert wird, sollte deshalb auch diese Dimension der
Ruhe, des Gesamtblickes auf die geschaffenen Ordnungen, in denen wir stehen, haben. Gerade die Dimension des
Sabbats, der Ruhe von der Arbeit, hat eine eminent ökologische Bedeutung.
Wir haben in unserer sozialethischen Tradition, speziell in der Soziallehre der katholischen Kirche die menschliche
Arbeit sehr aufgewertet, nicht nur als notwendiges Tätigkeit, um unser Leben zu erhalten, sondern auch als
Selbstentfaltung des Menschen. Der Mensch als Subjekt der Arbeit wird berechtigterweise gegen jede
kapitalistische Ausbeutung der Arbeit betont, welche Arbeit als Objekt, als Marktware ansieht.
Die Wirtschaft berechnet die Produktionskosten für den erstrebten Gewinn. Es ist wichtig, dass in diese Berechnung
nicht nur Kapital und Arbeit einbezogen werden, sondern auch die bis jetzt als gratis zur Verfügung angesehene
Natur, also auch die Auswirkungen auf Luft, Wasser, Boden, Klima, Biodiversität usw. Eine Öko- oder
Energiesteuer, wie auch immer sie aussehen mag, ist unter dieser Rücksicht eine Frage der Gerechtigkeit (nach
dem Verursacherprinzip). Es kann durch die dadurch ermöglichte Herabsetzung der Arbeitskosten auch das sozial
sehr belastende Problem der Arbeitslosigkeit etwas entschärft werden.
Es ist hier aber auch zu fragen, ob wir nicht zu viel arbeiten wollen, ob wir die Arbeit nicht zu
sehr unter dem Aspekt des Erwerbs gesehen und dabei vergessen haben, dass der Mensch nicht
so sehr zur Arbeit berufen ist, sondern zur Tätigkeit, die allein umfassend alle Lebensbereiche
abdeckt und auch Momente der Muße und der Kontemplation kennt. Nicht von ungefähr sehen
wir den Aspekt des Schöpferischen und insofern der besonderen Anteilnahme an Gottes
Schöpferwirken gerade im musischen und künstlerischen Tun.
Möge der Tag der Schöpfung uns verhelfen, die Verantwortung für die uns anvertraute Schöpfung Gottes besser zu
erkennen und zu einer neuen Synthese von Zeit und Raum, von Arbeit und Ruhe, von Ökonomie und Ökologie zu
kommen, damit wir mit dem von Gott errichteten Haus des Lebens sorgsam und behütend (Gen 2,15) umgehen.
Dabei sollen wir wissen, dass letztlich nicht wir die Schöpfung „bewahren“ können - sie wird als endliche einmal
ein Ende haben -, obwohl wir heute die Möglichkeit haben, sie und vor allem das Leben in ihr zu zerstören. Nicht
Angst oder Resignation soll aber den Christen kennzeichnen, sondern der hoffnungsvolle Blick auf Gott, der durch
sein Schöpferwirken eine andauernde Beziehung zu allem Geschaffenen eingegangenen ist, ja der ein „Liebhaber
des Lebens“ (Weish11,26) ist.
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Exerzitien im Alltag
Schöpfungstag und Zeit der Schöpfung
zur Einübung in eine
ZUKUNFTSFÄHIGE LEBENSPRAXIS
I.
URSPRUNG DES SCHÖPFUNGSTAGES
Die 1989 im Jahr der EUROPÄISCHEN ÖKUMENISCHEN VERSAMMLUNG für
GERECHTIGKEIT, FRIEDEN und BEWAHRUNG der SCHÖPFUNG von Patriarch Dimitrios
I von Konstantinopel ergangene Einladung an die gesamte Christenheit, am 1. September (in
der antiken Tradition Beginn des neuen Jahres) in besonderer Dankbarkeit und Achtung dem
Schöpfer der Welt zu begegnen, bittend um Erlösung und Ermutigung, fand ihren liturgischen
Auftakt anlässlich der 10. Vollversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen 1992 in Prag.
„Allherrscher, der Du das All in Weisheit geschaffen und bewahrst und regierst mit Deiner allmächtigen
Hand, Wohlstand gewähre, der ganzen Schöpfung Wohlergehen und Bewahrung ohne Schaden von feindlichen
Stoffen, denn Du Herrscher hast geboten, dass unerschüttert bleiben die Werke Deiner Hände bis an das Ende der
Welt, weil Du sprachst und es wurde, und das Deine erfährt Erbarmen, zur Abwehr jeglichen Übels und Rettung des
Menschengeschlechts, das rühmt Deinen über Ruhm erhabenen Namen.“
(aus dem Abendgottesdienst, Hymnograph: Athos-Mönch Gerasimos Mikrayannanitis)
II.
AUFNAHME DES SCHÖPFUNGSTAGES
Anlässlich der EÖV II in Graz 1997 erhält SCHÖPFUNGSVERANTWORTUNG ihren
Niederschlag auch in den Handlungsempfehlungen :




III.
gemeinsamer Tag der Schöpfung
Entwicklung eines ökosozialen Lebensstils
Synergie von AGENDA 21 – PROZESS und dem KONZILIAREN PROZESS für
GERECHTIGKEIT, FRIEDEN und BEWAHRUNG der SCHÖPFUNG (dieser wirkte in die
Konzeption der Agenda 21 wesentlich hinein!) schaffen
EUROPÄISCHES NETZ von UMWELTVERANTWORTLICHEN
INITIATIVE DES ECEN FÜR EINE ZEIT DER SCHÖPFUNG
Die Coalition des ECEN tritt für die Einführung einer Zeit der Schöpfung im Kirchenjahr ein.
Diese soll am Schöpfungstag 1. September beginnen und bis 2. Sonntag im Oktober fortdauern.
Theologisch begründet wird diese Initiative mit dem Fehlen einer eigenen Zeit im Kirchenjahr
welche Gott dem Schöpfer geweiht ist.
IV.
PRAXIS DES SCHÖPFUNGSTAGES UND DER ZEIT DER
SCHÖPFUNG DURCH DIE
ARGE SCHÖPFUNGSVERANTWORTUNG
Seit 1996 tritt die Arbeitsgemeinschaft dafür ein, dass der Schöpfungstag konkret zur Einübung
in eine nachhaltige und damit christlich verantwortliche Lebenspraxis dienlich gemacht wird.
Dafür hat sie Richtlinien (einen nahezu alle Lebensbereiche betreffenden „Gewissensspiegel“)
vorbereitet, die sie jährlich aktualisiert.
Coalition des ECEN
25
Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Exerzitien im Alltag
Schöpfungsverantwortung ist Antwort auf den Anruf
aus den Offenbarungen der Bibel und der Schöpfung
Empfehlungen zur Wahrnehmung des
SCHÖPFUNGSTAGS und der SCHÖPFUNGSZEIT
a)
für das persönliche Leben

MORGENBETRACHTUNG
Geschöpflichkeit

MOBILITÄT bedenken - eine nachhaltige Fortbewegungsmöglichkeit wählen: wie z.B.
öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad, Konditionstraining - Fußmarsch, Fahrgemeinschaft bilden!
Beachten Sie den Anstieg des Bodenozons im Sommer!!!

EINKAUF / KONSUM: die Notwendigkeit wie auch die Herstellungsart auf ökosoziale
Kriterien prüfen. Z.B. werden Blumen häufig unter gesundheitsgefährdenden
Arbeitsbedingungen produziert. Transit als rollende Lagerhäuser! Steuerung der
Biolandwirtschaft und Schutz der Artenvielfalt durch Bezug von Waren aus dem Biolandbau und
artgerechter Tierhaltung!

KONKRETE ÖKOSOZIALE PROJEKTE verwirklichen helfen, z.B. Klimabündnis, Clean
Clothes, FairTrade, Ökostrom, Nachhaltige Energie ...

INFORMATION einholen von den einschlägigen internationalen und lokalen Umwelt-,
Entwicklungs- und Friedensorganisationen. Auch via Internet möglich!

RESSOURCENSCHONUNG und ABFALLVERMEIDUNG: Überlegungen zu: Herkunft,
Produktionsweise und –verhältnisse, Wiederverwertung (Recycling), Entsorgung

BETRACHTUNG von Natur und Un-Natur
Großstadt: ein Baum stirbt mitten unter uns, ein Grashalm durchbricht den Asphalt
über
die
Verantwortung
im
Alltag
aus
der
eigenen
COURAGIERTES AUFTRETEN gegenüber Missständen und gefährlichen Entwicklungen,
wie z.B. in Biopolitik, wirtschaftliche Globalisierung, Atomgefahren, Klimawandel ... Setzen Sie
ein Zeichen: z.B. in Leistung einer Unterschrift, wenn diese notwendig ist, und sind Sie mit
dabei, wenn es gilt, politisch wirksame Maßnahmen zu unterstützen und den Schwächeren Ihre
Stimme zu leihen.
„Leben ist auch Abenteuer, eine Expedition in die Wirklichkeit“

LITERATUR: ein Besuch im Fachbuchhandel, Bibliothek...

DIALOG mit anderen suchen – Thematisierung ökosozialer Anliegen im persönlichen,
beruflichen und gesellschaftspolitischen Umfeld.
Coalition des ECEN
26
Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Exerzitien im Alltag

PÄDAGOGIK: Was können wir von anderen lernen?
Was können wir von Jesus Christus lernen?
Joh. 8,7-11: behutsamer Umgang – Mäeutik / Joh. 2,13-25: bei grob fahrlässigem Verhalten tritt
Jesus energisch auf

ZWÄNGE und ÄNGSTE: Welche Rolle spielt das Milieu, in dem ich mich bewege?
Loslassen!

SCHULD: Ist Schöpfungsverantwortung ein Thema der Pastoral?
”Umweltsünden - ein Kavaliersdelikt”?
denn, wer bloß eine Batterie über die Schulter wirft, greift damit die Gesundheit
und in weiterer Folge das Leben anderer an - TATORT: L e b e n

KIRCHLICHE AUSSAGEN: Wo finden Sie deren konkrete Anwendung ?
Suchen Sie das Gespräch mit den Verantwortungsträgern und setzen Sie sich für die Umsetzung
ein.

SCHÖPFUNGSTHEOLOGIE und SCHÖPFUNGSSPIRITUALITÄT sollen zu einer Basis
zeitgemäßer Verkündigung, in der Ausbildung, in der Pastoral, im täglichen Dienst der Kirche,
im eigenen Alltagsverhalten der Kirche und der Christen in der Gesellschaft werden.

G O T T E S D I E N S T zum Tagesabschluss
„wir legen dir vor großer Gott diesen Tag „
b)
für den kirchlichen Alltag

TAG der OFFENEN TÜR

Präsentation von einschlägigem Informationsmaterial, kirchlichen Aussagen, staatlichen
Handlungsrichtlinien (z.B. Agenda 21), Projekten, Büchertische zu Theologischen und Ökologischen
Themen ...

MUSIK: Kompositionen zur Schöpfung, Konzerte, Wettbewerbe ...

LITERATUR: Dichterlesungen, Wettbewerbe, Buchpräsentationen ...

BILDENDE KUNST: Malen und Gestalten zum Thema Schöpfung ...

DARSTELLENDE KUNST: Theater, Kabarett, Pantomime ...

VISIONEN: eigene Beiträge zur Verwirklichung von Nachhaltigkeitszielen z.B. Lebensstilmodell
„Bilanzen der Gerechtigkeit“ (siehe Anhang), Bezug von Bioprodukten, sanfte Mobilität, Solardach
und / oder andere nachhaltige Energieversorgung, „FairReisen“ ...
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Exerzitien im Alltag

EXKURSIONEN zu Orten geschädigter und heiler und heilender Natur:
 Mülldeponien, Atomkraftwerken, Intensivlandwirtschaft ...
 Berge, Wälder, Gewässer ...
 Forschungseinrichtungen – astronomische, biologische ...
 Biolandbau, Samenbanken, Kräutergärten ...

MEDIEN involvieren

AKTUELLE JAHRESTHEMEN der UNO u.a. ...

EINLADUNG an Umwelt-, Entwicklungs- und Friedensorganisationen
Vertreter der Politik und Wirtschaft
c)
für das liturgische Leben der Kirche
 GOTTESDIENSTE ZUR SCHÖPFUNG





Feierliche Gestaltung unter Bedachtnahme auf ökosozialer Problemfelder
bis hin zu Katastrophen, 2003 – das Jahr des bedrohten Süss-Wassers
Biblischer Schöpfungsauftrag kontra Lebenspraxis – Bußakt !
Predigt
Hinführung zur Haltungsänderung – Beispiele, Projekte, Aktionen
Schwerpunkte gemäß dem Kirchenkalender und Gedenktage christlicher Vordenker
und Vorbilder, die eine Schöpfungsspiritualität lehrten und lebten

Weiheregeln auf Nachhaltigkeit, bzw. „Reich Gottes Verträglichkeit“ orientieren
(Konsumtempel, Autobahnen, Schilifte ... )

Bußpraxis: gezielt auf Wiederherstellung verlorener Lebensräume ausrichten
(Aufforstung, Biotope ... )
______________________________________________________
Wer Hoffnung verkündigt, muss Hoffnung haben
Wer bloß lässig ist, ist bereits ein Bruder dessen der niederreißt
(aus dem Jüdischen)
Wir dürfen nicht damit rechnen, dass Gott mit einem atemberaubenden Wunder
das Böse aus der Welt vertreiben wird. Solange wir das glauben, können unsere
Gebete nicht erhört werden; denn wir werden Gott um Dinge bitten, die er niemals
tun wird. Gott wird nicht alles für den Menschen tun, und der Mensch kann nicht
alles allein tun.
Wir müssen erkennen, dass es Aberglaube ist, wenn wir annehmen, Gott werde handeln,
wenn wir müßig bleiben.
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - biblische Empfehlungen
Empfohlene Textstellen zur Betrachtung:
Mt 16, 12
"Zeitzeichen" - Deutung
Da verstanden sie, dass er nicht gemeint hatte, sie sollten sich vor
dem Sauerteig hüten, mit dem man Brot backt, sondern vor der Lehre
der Pharisäer und Sadduzäer.
Die Zeichen unserer heutigen Zeit: Klimawandel, Ozonloch, Überschwemmungen, Missernten,
Flüchtlingsströme... können und wollen wir die Lehre daraus ziehen?
Mt 11,29
"Das Joch" - die Leichtigkeit des auferlegten Jochs
Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und
von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.
Gegen den Zeitgeist und den Machbarkeitswahn anzutreten ist wahrlich ein schweres Joch. Mit dem Blick auf
Jesus gewinnen wir die spirituelle Tugend der Gelassenheit - und können unser Joch tragen.
Mk 6,34
"Als Jesus etwas anderes vorhatte" - Zuwendung
Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit
ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er
lehrte sie lange.
Auch wir oft etwas anderes vor, haben genug eigene Sorgen, und da sollen wir uns noch um die Umwelt
kümmern? Doch die Kräfte kommen mit der Einsicht in die Notwendigkeit!
Mt 24,43
„Die Stunde“ - Wachheit und Aufmerksamkeit
Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, zu welcher Stunde in der
Nacht der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass
man in sein Haus einbricht.
Wollen wir warten, bis die ökologische Katastrophe wirklich mit voller Wucht einbricht? Hoffen wir darauf, „es
ohnehin nicht mehr zu erleben“ oder lassen wir uns in Verantwortung nehmen auch für die kommenden
Generationen!
Mt 7,21
"Was zählt, ist die Tat"
Nicht jeder, der zu mir sagt, Herr! Herr! wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines
Vaters im Himmel erfüllt.
Es genügt nicht, Gott, den Schöpfer, im Sonntagsgottesdienst zu loben und nicht Ordnung, Maß und Sinn der
Schöpfung im alltäglichen Verhalten zu respektieren.
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Zitate
ZITATE
der „Vorökologische Mensch“ verhält sich zum „Ökologischen Menschen“
von dem allenthalten seit mehr als hundert Jahren, die Rede ist,
wie der „Blinde“ zum „Sehenden“ (biblisch betrachtet)
das Prinzip der „Nachhaltigkeit ist“ bereits im Alten Testament grundgelegt,
„Leben und Tod lege ich dir vor, Segen oder Fluch,
ergreife das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen“
„Der Wissensstand über Entwicklungen, Krisen, Katastrophen ist, trotz gigantischer
Informationstechnologien, nicht ausreichend, um eine Kursänderung einzuleiten“
„Wir sehen uns an jenem Punkt angelangt,
wo das Ausmaß der Katastrophe nicht mehr erfasst werden kann,
so bleibt nur noch Flucht in die Selbstzerstörung“
„die Erde ist vergleichbar mit einem Raumschiff
auf welchem Proviant und Plätze gezählt sind“
"die Sonne geht auf über Guten und Bösen
- das Ozonloch auch"
„hat der Teufel sich verschworen gegen uns
führt uns im Kreis
haben uns im Schnee verloren, dass ich keinen Ausweg weiß“
Puschkin (in Dostojewskijs Dämonen)
Maß und Ordnung verloren
gehen im Kreis, anstatt leben in Kreisläufen
Konfusion regiert die Welt
eine Person, die ökologisch unsensibel ist, d. h. jemand der keine Beziehung zur Umwelt hat
oder sie nicht achtet, ist spirituell unvollständig.
eine spirituell unvollständige Person kann nicht glücklich sein
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - „Bilanzen der Gerechtigkeit“
ein Umsetzungsmodell für den Alltag der Christen
„Wir können etwas dagegen tun!“
Das Projekt „Bilanzen der Gerechtigkeit“ ein Lebenspraxismodell für den Alltag
zur Steuerung von Produktion und Arbeitsverhältnissen
Im Schatten der immer wieder aufflammenden Konflikte auf verschiedensten Schauplätzen der Welt wird
oft vergessen, dass solche Auseinandersetzungen fast immer aus Ressourcenknappheit (bzw. aus
Interesse an der Kontrolle über Ressourcen) geführt werden, und nicht aus religiösen Motiven.
Wasserknappheit, verseuchte Böden, überfischte Ozeane und dadurch bedingter Verlust an
Lebensgrundlagen sind der primäre Auslöser für Gewalt und Gegengewalt. In unserer überfütterten
Erste-Welt Gesellschaft klingt der Begriff Ressourcenmangel jedoch schon fast abstrakt. Er äußert sich
bestenfalls dadurch, dass der chilenische Wein oder die japanischen Reiscracker in unserem
Lieblingssupermarkt gerade nicht vorrätig sind.
Doch macht es für uns überhaupt Sinn, wenn wir auf Dinge verzichten, die nicht lebensnotwendig sind?
Können wir etwas in der Welt bewegen, wenn die eigentlichen Probleme nicht bei uns liegen, sondern
viele tausende Kilometer entfernt?
Wer sich schon einmal durch die schwelenden Abgasnebel von Istanbul, Bangkok oder Sao Paulo seinen
Weg bahnen musste, wird sich in Anbetracht dieses Horrors wahrscheinlich fragen, was er für die
Rettung der Atmosphäre denn schon bewirken kann, wenn er in seiner kleinen österreichischen
Heimatstadt täglich mit dem Rad in die Arbeit fährt, statt mit dem Auto. Noch dazu, wenn die gesamte
Nachbarschaft ihre 100 PS Gefährte bereits für den Weg zum Bäcker aus der Garage holt. Bin ich als
Einzelner in der Lage etwas zu verändern? Sind es nicht ohnehin immer die gleichen Personen, die sich
selbst einen Verzicht auferlegen?
Was im Kleinen beginnt kann im Großen enden
Die Bilanzen der Gerechtigkeit (BiGe) fordern uns als Individuen heraus, aus dem Alltagstrott
herauszutreten und eine Änderung unserer festgefahrenen Lebensgewohnheiten zu erreichen. Durch sie
schaffen wir eine gemeinsame Richtung, sozusagen ein Leitbild für all jene, die sich dem Gedanken des
nachhaltigen Lebensstils verbunden fühlen, denen aber bisher die Umsetzungsmöglichkeit fehlte. Und in
Anbetracht der transparenten und leicht nachvollziehbaren Methodik und der großen Effektivität die den
BiGe zugrunde liegen, wollen wir damit auch einen großen Teil derjenigen Personen ansprechen, die
Selbstkontrolle und Verhaltensänderungen üblicherweise nur mit Mühsal verbunden sehen.
Diese Form des bewussten Haushaltens kann tatsächlich einen langsamen Paradigmenwechsel in der
Wohlstandsgesellschaft auslösen. So utopisch und weltfremd-idealistisch dies vielleicht klingen mag,
eine ganze Reihe an Beispielen zeugt davon, dass gesellschaftliche Strömungen in jüngster Zeit
weitreichende Veränderungen mit sich bringen konnten: Erneuerbare Energien, alternative
Antriebssysteme bei Kraftfahrzeugen, die biologische Schädlingsbekämpfung, biologisch/organische
Ernährung oder der Ökotourismus sind bereits stark in unserer Welt verankert. Und was sich in der
Ersten Welt erfolgreich etabliert hat, wird nicht zuletzt dank der Globalisierung heutzutage rascher als
zuvor in alle Welt exportiert.
Mag. Georg Zimmermann MAS
Die Bilanzen der Gerechtigkeit starteten in Italien auf Initiative von Don Gianni Fazzini und bisher haben rd. 600 Familien
oder Einzelpersonen daran teilgenommen. Die ARGE Schöpfungsverantwortung hat die Idee übernommen und eine
entsprechende Initiative in Österreich gestartet. Wir laden zur Teilnahme ein; Auskunft gibt es auf der Homepage der ARGE
SVA: http://web.utanet.at/argeschoepfung
Coalition des ECEN
31
Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Autofreier Tag
EUROPAWEITER AUTOFREIER TAG: 22. September
Als Hauptverursacher für den Anstieg der Treibhausgase gilt der Verkehr, mit einer Steigerung der CO 2
Werte bis zu 30 % (Mitteleurop. Werte).
Wie die jüngsten Ergebnisse der Klimakonferenzen befürchten lassen, wird die notwendige Verringerung
der CO2-Emissionen um 28 % bis zum Jahr 2010, nur unter geänderten Verhältnissen möglich sein.
Geänderte Verhältnisse kann auch das "geänderte Alltagsverhalten" der Bürger schaffen.
Christen sind weder von den o. g. Verhältnissen noch von der Verantwortung gegenzusteuern
ausgenommen.
Der Anstieg der Todesfälle durch verkehrsbedingte Luftverschmutzung erhöhen die Todesrate der durch
den Verkehr ums Leben gekommenen Menschen.
Insbesondere in den Sommermonaten steigt durch Abgase das bodennahe Ozon, welches für Kleinkinder
ein erhöhtes Gesundheitsrisiko darstellt.
Christen sind nicht unbeteiligt an den Entwicklungen. Sie sind daher aufgerufen den "Autofreien Tag"
zum Anlass zu nehmen neue Wege der Mobilität zu suchen und sie zu verwirklichen.






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
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Autofasten, Bedarf klären, Notwendigkeit prüfen
Carsharing, teilen von Fahrzeugen, Mitfahrgemeinschaften gründen
Netzkarte für Öffentliche Verkehrsmittel, Anreiz für den "Umstieg"
Fit und Mobil, Einplanung von Geh- und Laufstrecken
Fahrrad, schnell, wendig, Transportmittel für Einkauf und Aktenmappe
Urlaubsziele prüfen!
Kostenbilanz, was kostet meine Mobilität?
Kirchgang, ob dieser wohl etwas mit Gehen zu tun hat?
Informations-Tag mit Fahrradinitiativen
In den Kindergarten gehen? Was blüht denn da am Weg?
Jüngst wurde eine Studie zur Klärung der zunehmenden Verletzungshäufigkeit bei Kindern
veröffentlicht. Demnach haben Verletzungen in den letzten Jahren um 20 % zugenommen.
Zurückzuführen ist dies, lt. Studie auf mangelndes Bewegungstraining im Alltag. Durch den Wegfall der
zu Fuß zurückgelegten Wegstrecken allein kommt es zu einer Degeneration der Muskulatur und einer
dadurch bedingten Verletzungshäufigkeit - Stürze und Verrenkungen.
Wie empfehlen den Kirchen am "Autofreien Tag" 2004 einen Schöpfungsgottesdienst
zu feiern und Aktionen zur „sanften Mobilität“ durchzuführen
bzw. Kooperationen mit anderen Umweltschutzorganisationen einzugehen
*
Andacht für die Verkehrsopfer der letzten Jahre
*
"Gehet hin und lebt in Achtsamkeit, Achtung und Teilnahme für das Leben der Erde,
denn Gott, der in der Ganzheitlichkeit seiner Schöpfung lebt, geht mit euch." Amen
Coalition des ECEN
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Dossier - Schöpfungstag / Zeit der Schöpfung - Gebetsanliegen
MONTAGSGEBET
Einladung zum Gebet
für das ganze Jahr
Der Konziliare Prozess für GERECHTIGKEIT FRIEDEN BEWAHRUNG DER SCHÖPFUNG
hat die Welt-Umwelt-Konferenz von Rio 1992 maßgeblich beeinflusst und lebt auch auf diese
Weise, oft unerkannt, weiter.
Viel zu wenig davon lebt in den Kirchen.
Ein Drittel der Menschheit gehört Christlichen Kirchen an, was könnten diese, in Wahrnehmung
ihrer Schöpfungsverantwortung, doch alles bewegen!
Wir sind besorgt, aber nicht ohne Hoffnung.
Wie schon zu Beginn unserer Initiative laden wir wieder zu einem regelmäßigen
MORGENGEBET ein:
Jeden Montag Morgen zwischen 6 und 8 Uhr
ein jeder an dem Ort, wo er sich befindet
Unser Gebetsanliegen:
"Umkehr" aus selbstzerstörerischen Prozessen und Gleichgültigkeit, hin zur
"Schöpfungsverantwortung".
Wir wissen um die Not so mancher Mitarbeiter in den Bürgerinitiativen und in der kirchlichen
Umweltarbeit - und beten für sie, ebenso für die Verantwortlichen in Kirche, Politik, Wirtschaft
und Wissenschaft.
Gebetsempfehlung *:
Wir schlagen den Psalm 119 für die nächsten Gebetstage vor und freuen uns auf die
Gemeinschaft im Gebet und Handeln.
"Deine Vorschriften sind auf ewig gerecht.
Gib mir Einsicht damit ich lebe"
Ps. 119,144
* nähere Information ARGE SVA!
Coalition des ECEN
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