Die Europäische Union (EU) ist ein

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Die Europäische Union (EU) ist ein Zusammenschluss demokratischer
europäischer Länder, die sich der Wahrung des Friedens und dem Streben nach
Wohlstand verschrieben haben. Sie versteht sich nicht als ein neuer Staat, der an die
Stelle bestehender Staaten tritt. Allerdings ist die Europäische Union auch mehr als alle
sonstigen internationalen Organisationen. Die EU ist im Wortsinne einzigartig. Die Mitgliedstaaten der
EU haben gemeinsame Organe eingerichtet. Teile ihrer einzelstaatlichen Souveränität haben sie
diesen Organen übertragen, damit in bestimmten Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse auf
europäischer Ebene demokratische Entscheidungen getroffen werden können. Diese
Zusammenführung der Souveränität wird auch als "Europäische Integration" bezeichnet.
Historisch gesehen war die Entstehung der heutigen Europäischen Union die Folge des
Zweiten Weltkriegs. Der Gedanke der europäischen Integration sollte verhindern, dass Europa
jemals wieder von Krieg und Zerstörung heimgesucht wird. In einer Rede am 9. Mai 1950 sprach sich
Robert Schuman, damaliger französischer Außenminister, erstmals für diese Integration aus. Dieses
Datum gilt als Geburtstag der heutigen EU und wird jährlich als Europatag gefeiert.
Das institutionelle System der EU besteht aus fünf Organen jeweils mit spezifischen
Aufgaben:

Europäisches Parlament (gewählt von der Bevölkerung der Mitgliedstaaten),

Rat der Europäischen Union (Vertretung der Regierungen der Mitgliedstaaten),

Europäische Kommission (Motor und ausführendes Organ),

Europäischer Gerichtshof (gewährleistet die Einhaltung der Rechtsvorschriften) und

Europäischer Rechnungshof (kontrolliert die nachhaltige und rechtmäßige Verwaltung des
EU-Haushalts).
Diese Organe werden durch fünf weitere wichtige Einrichtungen ergänzt:

Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (vertritt die Standpunkte der organisierten
Bürgergesellschaft in wirtschaftlichen und sozialen Belangen),

Ausschuss der Regionen (vertritt die Interessen regionaler und örtlicher Behörden),

Europäische Zentralbank (ist für Geldpolitik und für den Euro zuständig),

Europäischer Bürgerbeauftragter (setzt sich mit Beschwerden der Bürger über Missstände in
der Verwaltung bei beliebigen Organen oder Stellen der EU auseinander) und

Europäische Investitionsbank (trägt durch die Finanzierung von Investitionsprojekten zur
Umsetzung der Ziele der EU bei).
Außerdem umfasst das System verschiedene Einrichtungen und sonstige Stellen.
Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit ist wesentlich für die Europäische Union. Alle
Entscheidungen und alle Verfahren der EU beruhen auf den EG-Verträgen, die von allen EU-Ländern
vereinbart wurden.
Anfänglich bestand die EU aus nur sechs Ländern: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien,
Luxemburg und den Niederlanden. Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich kamen 1973
hinzu, Griechenland 1981, Spanien und Portugal 1986, Österreich, Finnland und Schweden 1995. Im
Jahre 2004 wird dann mit weiteren 10 Ländern die umfangreichste Erweiterung in der Geschichte der
EU erfolgen.
In den ersten Jahren beschränkte sich die Zusammenarbeit hauptsächlich auf Handel und Wirtschaft.
Heute jedoch befasst sich die EU auch mit vielen anderen Fragen, die sich unmittelbar auf unser
tägliches Leben auswirken: z. B. Wahrung der Bürgerrechte, Gewährleistung von Freiheit, Sicherheit
und Gerechtigkeit; Schaffung von Arbeitsplätzen; Regionalentwicklung; Umweltschutz ; und eine
diskriminierungsfreie Globalisierung.
Die Europäische Union hat ein halbes Jahrhundert für Stabilität, Frieden und Wohlstand
gesorgt. Sie hat dazu beigetragen, den Lebensstandard zu heben,einen gemeinsamen europäischen
Markt geschaffen, die gemeinsame europäische Währung, den Euro eingeführt und der Stimme
Europas in der Welt
stärkeres Gewicht verliehen.
Einheit in der Vielfalt : Europa ist ein Kontinent mit vielen unterschiedlichen Traditionen und
Sprachen, aber auch mit gemeinsamen Werten. Die EU verteidigt diese Werte. Sie fördert die
Zusammenarbeit der Völker Europas, indem sie die Einheit unter Wahrung der Vielfalt stärkt und
sicherstellt, dass Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden.
In unserer zunehmend durch globale Verflechtungen gekennzeichneten Welt des 21. Jahrhunderts
wird es für jeden europäischen Bürger immer unumgänglicher, mit Menschen aus anderen Ländern im
Geist der Aufgeschlossenheit, Toleranz und Solidarität zusammenzuarbeiten.
Der Euro - die gemeinsame Währung der Europäer
Der "Euro" ist die gemeinsame europäische Währung, die am 1. Januar 2002 in Umlauf gebracht
wurde. € ist das Symbol für den Euro.
In 12 Ländern der Europäischen Union (Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland,
Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien) hat der Euro die früheren
Nationalwährungen abgelöst.
Die gemeinsame Währung macht Reisen in die Teilnehmerländer bequemer, erleichtert
Preisvergleiche und bietet der europäischen Wirtschaft die zur Förderung von Wachstum und
Wettbewerbsfähigkeit erforderliche Stabilität.
Freizügigkeit
In den 15 Ländern der Europäischen Union können Sie sich als EU-Bürger frei bewegen. Sie können
reisen und an beliebigen Orten studieren und arbeiten. Die EU arbeitet beständig darauf hin, ihren
Bürgern als eines der Grundrechte größere Freizügigkeit zu ermöglichen und jegliche Diskriminierung
aufgrund der Staatsangehörigkeit zu überwinden.
In die meisten Länder der EU können Sie ohne Reisepass einreisen; zudem werden Sie nicht mehr
durch Grenzkontrollen aufgehalten. Mit wenigen Ausnahmen können Sie an beliebigen Orten alles
kaufen und unbeschränkt mit nach Hause nehmen.
Die EU entscheidet nicht darüber, was Sie in der Schule lernen. Sie ist jedoch bestrebt
sicherzustellen, dass Ihre schulischen und beruflichen Abschlüsse auch in anderen Ländern der EU
anerkannt werden. Die EU bemüht sich, allen Zugang zu Bildungsangeboten zu ermöglichen; im
Herkunftsland und im Ausland, durch Partnerschaften und Austauschprogramme sowie durch den
Abbau bürokratischer Hindernisse. Über eine Million junger Menschen haben EU-Programme wie
"ERASMUS" als Möglichkeit genutzt, im europäischen Ausland zu studieren und Auslandserfahrung
zu erwerben.
Den Frieden sichern
Dank der immer engeren Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Ländern in den letzten 50
Jahren ist es heute überhaupt nicht mehr vorstellbar, dass Länder der EU gegeneinander Krieg
führen. Die Mitgliedstaaten bemühen sich nun zunehmend darum, diesen Frieden zu wahren und
angrenzende Länder zu stabilisieren.
Die Europäische Union hilft Konflikte zu vermeiden. Dafür unterstützt sie in Not geratene Regionen mit
finanziellen Mitteln. Die EU ist bemüht, Frieden zu bewahren und Frieden zu stiften, und sie führt eine
ganze Reihe konkreter Projekte durch, um Menschenrechte und Demokratie zu fördern.
Damit ihre Mitgliedstaaten in der Weltpolitik mit einer Stimme sprechen und gemeinsam handeln
können, gestaltet die EU eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik; eine engere
Zusammenarbeit in Verteidigungsangelegenheiten ist beabsichtigt.
Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
Wir alle wollen in Frieden und Sicherheit leben. Viele der Gefahren, die uns in unserem lokalen
Umfeld bedrohen, sind zum Teil internationalen Ursprungs. Daher bekämpfen die Europäer derartige
Probleme am wirksamsten gemeinsam. Der internationale Terrorismus, Drogenhandel und missbrauch, Menschenhandel und die illegale Ausbeutung ausländischer Frauen zum Zweck der
Prostitution sind z. B. solche Probleme. Die EU-Staaten sind entschlossen, diese Bedrohungen durch
gemeinsame Regelwerke sowie durch die Zusammenarbeit von Polizei, Zoll und Justiz zu
bekämpfen.
Die EU spielt eine wichtige Rolle in der Asyl- und Migrationspolitik. Sie garantiert das Asylrecht.
Gleichzeitig koordinieren die EU-Länder ihre nationale Flüchtlingspolitik und bemühen sich, die
Ursachen der Probleme zu beseitigen, indem sie die Armut bekämpfen und Konflikte in potenziellen
Fluchtländern verhüten.
Weniger Grenzen: mehr Arbeitsplätze!
Eine ihrer wichtigsten Aufgaben sieht die Europäische Union darin, die Beschäftigung in Europa zu
sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die europäische Wirtschaft kann aber nur dann mehr
Beschäftigte einstellen, wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen. Genau darum geht es
der Union: Sie möchte für die nötigen Rahmenbedingungen sorgen.
Durch die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes ohne innere Grenzen und mit einer
einheitlichen Währung, dem Euro, hat die EU bereits wichtige Voraussetzungen für den Handel und
neue Arbeitsplätze in Europa geschaffen. Die von der EU beschlossene Strategie soll das Wachstum
fördern und mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen. Die Arbeitsplätze von morgen werden durch
Forschung sowie durch Aus- und Weiterbildung, durch Unternehmergeist, durch die Fähigkeit zur
Anpassung an neue Arbeitsverfahren und durch Chancengleichheit für alle geschaffen.
Ein Drittel des gesamten EU-Haushalts fließt in die so genannten Strukturfonds, die Wachstum und
Beschäftigung in benachteiligten Regionen fördern. Mit ihrer Hilfe wird der Wohlstand in Europa
gleichmäßiger und gerechter verteilt.
Eine Informationsgesellschaft für alle
In einer durch rasanten technologischen Wandel gekennzeichneten Welt setzt sich die EU immer
stärker dafür ein, die europäische Forschung an die Spitze des wissenschaftlichen Fortschritts zu
führen. In einer Vielzahl von Sektoren, die das gesamte Spektrum der modernen Technologie
abdecken, finanziert die EU Forschungsprojekte in Universitäten, Forschungszentren und in der
Industrie.
Dabei ist die EU vor allem bestrebt, Forschung und Innovation auf klare sozioökonomische Ziele
auszurichten, wie Arbeitsplatzschaffung und höhere Lebensqualität. Die Forschungsprioritäten der EU
liegen u.a. in den Biowissenschaften sowie den Bereichen Nanotechnologie, Raumfahrt,
Lebensmittelqualität, nachhaltige Entwicklung und Wissensgesellschaft.
Die EU versucht, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die neuen Technologien in unserem
täglichen Leben auch genutzt werden. EU-Entscheidungen über die technische Norm "GSM" z. B. ist
zu verdanken, dass die Europäer heute im Gebrauch und in der Herstellung mobiler Telefone weltweit
führend sind.
Aktiver Umweltschutz
Umweltverschmutzung macht nicht an nationalen Grenzen halt. Daher spielt die Europäische Union im
Umweltschutz eine bedeutende Rolle. Viele Umweltprobleme in Europa wären ohne gemeinsame
Maßnahmen aller Länder der EU nicht zu bewältigen.
Die EU hat mehr als 200 Umweltschutzrichtlinien verabschiedet, die in allen Mitgliedstaaten
angewendet werden. Der Großteil dieser Richtlinien zielt darauf ab, die Verschmutzung von Luft und
Wasser einzudämmen und die Abfallentsorgung zu verbessern. Andere zentrale Themen sind der
Naturschutz sowie die Überwachung gefährlicher Produktionsverfahren. Die Verkehrs-, Industrie-,
Landwirtschafts-, Energie- und Fremdenverkehrspolitik müssen langfristig so betrieben werden, dass
sie unsere natürlichen Ressourcen nicht zerstören. Kurz gesagt: die Entwicklung muss nachhaltig
sein.
Unsere Luft zum Beispiel ist sauberer geworden dank der Entscheidung der EU in den neunziger
Jahren, alle Automobile mit Katalysatoren auszurüsten und auf Bleizusätze in Benzin zu verzichten.
1993 hat die EU eine Europäische Umweltagentur mit Sitz in Kopenhagen eingerichtet. Die Agentur
sammelt Informationen über die Umweltsituation und liefert somit eine solide Grundlage für
Entscheidungen über Umweltschutzmaßnahmen und -gesetze.
Weitere Stärkung und Stabilisierung durch Erweiterung
Bis Mai 2004 umfassen die 15 Mitgliedstaaten der EU insgesamt 380 Millionen Bürger. Im Jahre 2004
werden zehn weitere Länder, vorwiegend aus Mittel- und Osteuropa, der EU beitreten. Bulgarien und
Rumänien werden sich der Gemeinschaft voraussichtlich 2007 anschließen. Damit erhöht sich die
Gesamtbevölkerung der EU auf fast 500 Millionen. Als weiterer Beitrittskandidat könnte die Türkei zu
einem späteren Zeitpunkt hinzukommen, wenn die Bedingungen für eine Mitgliedschaft vollständig
erfüllt sind.
Mitglied der EU können nur die Länder werden, in denen eine stabile Demokratie besteht, die
Rechtsstaatlichkeit, Wahrung der Menschenrechte und Minderheitenschutz garantiert. Darüber hinaus
muss eine funktionierende Marktwirtschaft bestehen und eine öffentliche Verwaltung vorhanden sein,
die in der Lage ist, die Rechtsvorschriften der EU anzuwenden und in die Praxis umzusetzen.
Die EU bietet erhebliche finanzielle Unterstützung sowie die erforderliche Beratung, damit sich die
Beitrittsländer auf die Mitgliedschaft vorbereiten können. Diese beispiellose Zusammenarbeit geht für
die Bürger bisheriger und künftiger Mitgliedstaaten gleichermaßen mit beträchtlichen Vorteilen einher.
Der Handel hat erheblich zugenommen, und es ist leichter geworden, Probleme anzugehen, die uns
alle betreffen (wie grenzüberschreitende Umweltverschmutzung oder Kriminalität).
Die Europäische Union sieht sich der größten Erweiterung seit ihrem Bestehen gegenüber. Nie zuvor
hat die EU so viele neue Länder aufgenommen, und nie zuvor ist die EU hinsichtlich ihrer Fläche und
der Bevölkerungszahl derart gewachsen oder hat derart viele unterschiedliche Geschichtserfahrungen
und Kulturen einbezogen. Diese historische Chance wird den europäischen Kontinent einigen,
Frieden, Stabilität und Demokratie stärken und die Menschen an dem Fortschritt und dem Wohlstand
teilhaben lassen, der aus der europäischen Integration erwachsen ist.
Eine demokratische, faire und handlungsfähige EU erhalten
Angesichts der Erweiterung von 15 auf 25 (und später noch mehr) Mitgliedstaaten benötigt die EU ein
straffes, handlungsfähiges System der Entscheidungsfindung. Wichtig ist, dass für alle Mitgliedstaaten
- alte, neue, große und kleine - faire Regelungen getroffen werden.
Die EU-Staaten verfügen jeweils eine bestimmte Anzahl von Stimmen, die bei Entscheidungen im
Ministerrat eingebracht werden können. Darüber hinaus wählt die Bevölkerung jeden Landes eine
bestimmte Zahl von Abgeordneten in das Europäische Parlament. Diese Anzahlen richten sich etwa
nach der Größe der einzelnen Länder. Im Jahre 2004, nach dem Beitritt von zehn weiteren Ländern
und nach den Wahlen zum Europäischen Parlament werden sich diese Zahlen ändern.
Festgelegt wurden folgende Zahlen (in alphabetischer Reihenfolge nach dem Namen der Länder in
der jeweiligen Landessprache). Für Entscheidungen des Rates wird eine Mehrheit von etwa 72 % aller
Länderstimmen benötigt.
Zahl der Stimmen im
Ministerrat
Belgien
Zypern
Tschechische
Republik
Dänemark
Deutschland
Griechenland
Spanien
Estland
Frankreich
Ungarn
Irland
Italien
Lettland
Litauen
Luxemburg
Malta
Niederlande
Österreich
Polen
Portugal
Slowakei
Slowenien
Finnland
Schweden
Vereinigtes Königreich
GESAMT
12
4
Zahl der
Abgeordneten im
Parlament
24
6
12
24
7
29
12
27
4
29
12
7
29
4
7
4
3
13
10
27
12
7
4
7
10
29
321
14
99
24
54
6
78
24
13
78
9
13
6
5
27
18
54
24
14
7
14
19
78
732
Außerdem benötigt die Europäische Union einen einfacheren Vertrag - eine Verfassung, in der die
Ziele und Werte der EU klar beschrieben sind und festgelegt wird, wer welche Kompetenzen ausübt.
Um einen solchen Entwurf auszuarbeiten, wurde 2002 ein Konvent unter Beteiligung von Vertretern
aller Mitgliedstaaten und aller Beitrittskandidaten sowie von Vertretern der EU-Organe einberufen.
Im Anschluss an den Konvent wird eine Regierungskonferenz stattfinden, auf der die Staats- und
Regierungschefs der EU-Länder den neuen Vertrag über die Europäische Union unterzeichnen
werden.
Das Europäische Parlament: Stimme des Volkes
Das Europäische Parlament (EP) ist die demokratische Stimme der Bürger Europas. Es wird alle fünf
Jahre direkt gewählt; die Sitzordnung im Plenum richtet sich nicht nach nationaler Zugehörigkeit der
Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEP), sondern nach sieben Fraktionen. Die Fraktionen sind
Ausdruck der politischen Grundhaltung der nationalen Partei, der die Mitglieder jeweils angehören.
Einige Abgeordnete gehören allerdings keiner Fraktion an. Bei der letzten Wahl im Juni 1999 betrug
der Anteil weiblicher Abgeordneter etwa 30 %.
Zu den wichtigsten Aufgaben des Europäischen Parlaments zählen:

Prüfung und Genehmigung der europäischen Gesetzgebung; durch das
Mitentscheidungsverfahren hat das EP in diesem Bereich die gleichen Rechte wie der Rat;

Genehmigung des EU-Haushalts;

demokratische Kontrolle der anderen EU-Organe; dies beinhaltet das Recht,
Untersuchungsausschüsse einzusetzen;

Zustimmung zu wichtigen internationalen Abkommen, z. B. dem Beitritt neuer Mitgliedstaaten
zur EU sowie Handels- und Assoziationsabkommen zwischen der EU und Drittländern.
Das EP hat den Sacharow-Preis ins Leben gerufen, mit dem das Parlament alljährlich
Einzelpersonen oder Einrichtungen auszeichnet, die sich, gleich wo auf der Welt, um die Verteidigung
der Menschenrechte verdient gemacht haben.
Wie die nationalen Parlamente verfügt das EP über parlamentarische Ausschüsse, die sich mit
speziellen Fragen befassen (auswärtige Angelegenheiten, Haushalt, Umwelt usw.).
Über einen dieser Ausschüsse, den Petitionsausschuss, können
europäische Bürger Petitionen unmittelbar an das Parlament richten. Zudem
ernennt das Parlament einen europäischen Bürgerbeauftragten, der
Beschwerden von Bürgern über Missstände in der EU-Verwaltung nachgeht.
Pat Cox ist Präsident des Europäischen Parlaments.
Der Rat der Europäischen Union: Stimme der Mitgliedstaaten
Der Rat der Europäischen Union - früher auch als Ministerrat bekannt - ist das wichtigste
gesetzgebende Organ und Entscheidungsgremium der EU. In ihm kommen die Vertreter der
Regierungen der 15 Mitgliedstaaten zusammen, die Sie auf nationaler Ebene wählen. Er ist das
Forum, in dem die Vertreter Ihrer Regierung Ihre Interessen vertreten und Kompromisse aushandeln.
Die regelmäßigen Sitzungen finden auf Minister- oder Botschafterebene sowie in Form von
Arbeitsgruppen statt. Wenn es um die Grundzüge der Politik geht, treten die Staats- und
Regierungschefs als Europäischer Rat zusammen.
Gemeinsam mit dem Europäischen Parlament legt der Rat Regeln für alle Tätigkeiten der
Europäischen Gemeinschaft (EG) fest, die den so genannten ersten Pfeiler der EU bilden. Die EG
befasst sich mit dem Binnenmarkt sowie mit den meisten gemeinschaftlichen Politikbereichen und
garantiert den freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr.
Darüber hinaus besitzt der Rat die wesentliche Zuständigkeit für die Zusammenarbeit zwischen den
Regierungen im Rahmen des so genannten zweiten und dritten Pfeilers, d. h. in den Bereichen
gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie Justiz und Inneres.
Die Regierungen arbeiten in der EU z. B. bei der Bekämpfung von
Terrorismus und Drogenhandel zusammen. Die Mitgliedstaaten vereinen
ihre Kräfte und sprechen mit einer Stimme in auswärtigen Angelegenheiten,
unterstützt von dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik.
Javier Solana gibt der EU-Diplomatie ein Gesicht als Hoher Vertreter
für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik.
Die Europäische Kommission: Der Motor der Union
Die Europäische Kommission ist hauptsächlich für das politische Tagesgeschäft in der Europäischen
Union zuständig.
Sie erarbeitet Vorschläge für neue europäische Rechtsvorschriften, die sie dem Europäischen
Parlament und dem Rat vorlegt. Sie ist verantwortlich für die praktische Umsetzung der EU-Aktivitäten
und überwacht die Verwaltung des EU-Haushalts. Zudem wacht sie darüber, dass die europäischen
Verträge und die europäischen Rechtsvorschriften eingehalten werden.
Die Europäische Kommission besteht aus 20 Frauen und Männern (die Zahl erhöht sich 2004) und
wird von etwa 24 000 Beamten unterstützt. Der Präsident wird von den Regierungen der EUMitgliedstaaten ausgewählt und muss vom Europäischen Parlament bestätigt werden. Die weiteren
Mitglieder der Kommission werden von den jeweiligen Mitgliedstaaten in Absprache mit dem künftigen
Präsidenten ernannt und bedürfen ebenfalls der Bestätigung durch das Parlament. Die Kommission
wird auf fünf Jahre ernannt; sie kann jedoch vor Ablauf dieser Zeit vom Parlament ihres Amtes
enthoben werden.
Die Kommission ist unabhängig von den Regierungen der Mitgliedstaaten. Der Großteil ihrer
Mitarbeiter arbeitet in Brüssel.
Romano Prodi steht als Präsident der Europäischen Kommission
an der Spitze des Exekutivorgans der EU.
Der Europäische Gerichtshof: Die Einhaltung der Gesetze sichern
Wenn gemeinsame Regelwerke in der EU beschlossen werden, ist natürlich auch sicherzustellen,
dass sie in der Praxis eingehalten und überall gleich ausgelegt werden. Dies zu gewährleisten ist
Aufgabe des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften. Er legt Rechtsstreitigkeiten über die
Auslegung der EU-Verträge und EU-Rechtsvorschriften bei. Nationale Gerichte müssen sich bei
Unsicherheiten in der Anwendung der EU-Rechtsvorschriften an den Gerichtshof wenden, und
Einzelpersonen können beim Gerichtshof gegen EU-Organe klagen. Der Gerichtshof besteht aus
jeweils einem unabhängigen Richter aus jedem EU-Land und hat seinen Sitz in Luxemburg.
Der Europäische Rechnungshof: Gutes Wirtschaften mit Ihrem guten Geld
Die Finanzmittel der EU müssen vorschriftsgemäß, wirtschaftlich und zweckgebunden verwendet
werden. Der Rechnungshof, ein unabhängiges EU-Organ mit Sitz in Luxemburg, kontrolliert, wie und
wofür dieses Geld ausgegeben wird. Der Rechnungshof strebt an, dass der Steuerzahler mehr
Gegenwert für das Geld bekommt, das der EU zur Verfügung gestellt wird.
Die Europäische Zentralbank: Eine stabile Währung für Europa
Die Europäische Zentralbank ist zuständig für die einheitliche Währung, den Euro. Als unabhängige
Instanz entscheidet sie über die europäische Währungspolitik, wie beispielsweise die Höhe der
Zinssätze. Das Hauptziel der Bank ist die Gewährleistung der Preisstabilität, d. h., sie will verhindern,
dass die europäische Wirtschaft durch Inflation geschädigt wird. Aber die Währungspolitik spielt auch
eine Rolle bei anderen politischen Zielsetzungen der EU. Die Europäische Zentralbank ist in Frankfurt
am Main ansässig. Geleitet wird sie von einem Präsidenten und einem Direktorium in enger
Zusammenarbeit mit den Zentralbanken der EU-Staaten.
Die Europäische Investitionsbank: Investitionen in die Zukunft
Die Bank leiht Geld zur Finanzierung von Projekten, die im europäischen Interesse liegen,
insbesondere für Projekte, die benachteiligten Regionen zugute kommen. So finanziert sie
beispielsweise Bahnverbindungen, Autobahnen, Flughäfen, Umweltschutzmaßnahmen und, über
Partnerbanken, Investitionen der kleinen und mittleren Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen und
Wachstum fördern. Die Anleihen unterstützen auch den Erweiterungsprozess der Union sowie deren
Entwicklungshilfepolitik. Die Bank hat ihren Sitz in Luxemburg und nimmt Geldmittel auf dem
Kapitalmarkt auf. Als nicht gewinnorientierte Organisation kann sie zu günstigen Konditionen Geld
leihen.
Der Wirtschafts- und Sozialausschuss: Einbindung der Sozialpartner
Unter den 222 Mitgliedern des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (ab 2004 mehr) sind
die wichtigsten Interessengruppen der EU vertreten: von den Arbeitgebern bis zu den Gewerkschaften
und von den Verbrauchern bis zu den Umweltschützern. Der Ausschuss hat beratende Funktion und
nimmt Stellung zu wichtigen Aspekten neuer EU-Initiativen. Mit diesem Gremium wird die
gemeinsame europäische Tradition der Einbeziehung der Zivilgesellschaft in das politische Leben
fortgesetzt.
Der Ausschuss der Regionen: Die lokale Perspektive
Viele Entscheidungen in der EU wirken sich unmittelbar auf die kommunale und regionale Ebene aus.
Über den Ausschuss der Regionen werden die kommunalen und regionalen Behörden gehört, bevor
die EU Entscheidungen in so unterschiedlichen Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Beschäftigung
oder Verkehr fällt. Der Ausschuss besteht aus 222 Mitgliedern (ab 2004 mehr), darunter zahlreiche
führende Regionalpolitiker und Bürgermeister.
Europa in zehn Lektionen
von Pascal Fontaine

Die Etappen der Europäischen Einigung

Die Organe der Union

Der Binnenmarkt

Die gemeinsamen Politiken

Die Wirtschafts- und Währungsunion

Die Außen- und Verteidigungspolitik

Das Europa der Bürger

Die Erweiterung der Europäischen Union

Die Europäische Union in der Welt

Wie soll das Europa des 21. Jahrhunderts aussehen?

Chronik der europäischen Einigung

Bibliographische Angaben
DIE ETAPPEN DER EUROPÄISCHEN EINIGUNG
Bevor der europäische Gedanke seinen konkreten Niederschlag in einem politischen Projekt
fand und zum erklärten Ziel der Politik wurde, war er lange auf den Kreis der Philosophen
und Schwärmer beschränkt. Schon für Victor Hugo waren die Vereinigten Staaten von Europa
ein humanistisches und pazifistisches Ideal, das dann von den tragischen Konflikten, die
Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschütterten, Lügen gestraft wurde. Erst aus
dem Widerstand gegen den Totalitarismus im zweiten Weltkrieg entstand ein Konzept für das
Zusammenleben der Völker auf dem Kontinent, das die Möglichkeit eröffnete, die nationalen
Gegensätze zu überwinden. Der italienische Föderalist Altiero Spinelli und Jean Monnet, der
Vater des Schuman-Plans und der 1950 als erste Europäische Gemeinschaft gegründeten
Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), stehen am Anfang der beiden
wichtigsten Geistesströmungen, die dem europäischen Integrationsprozeß Gestalt verliehen
haben: das auf Dialog und Komplementarität zwischen lokalen, regionalen, nationalen und
europäischen Instanzen basierende föderalistische Konzept und der funktionalistische Ansatz
auf der Grundlage der schrittweisen Übertragung von Souveränitätsrechten von der nationalen
Ebene auf die Gemeinschaftsebene. Beide Thesen finden sich heute in der Überzeugung
wieder, daß neben den nationalen und regionalen Hoheitsträgern eine europäische Gewalt
bestehen muß, die sich auf demokratische und unabhängige Organe stützt und in der Lage ist,
diejenigen Bereiche zu regeln, in denen sich ein gemeinsames Vorgehen als wirksamer
erweist als Einzelaktionen der Staaten wie Binnenmarkt, Währung, wirtschaftlicher und
sozialer Zusammenhalt, Beschäftigungspolitik, Umweltschutz, Außen- und
Verteidigungspolitik, Schaffung eines Raums der Freiheit und der Sicherheit.
Die Europäische Union in ihrer Form von 1998 ist das Ergebnis der unermüdlichen Arbeit,
die die Förderer des europäischen Gedankens seit 1950 geleistet haben. Keine Organisation ist
so weit integriert, keine ist für so viele Sektoren zuständig wie Wirtschaft, Soziales, Politik,
Bürgerrechte und Außenbeziehungen der fünfzehn Mitgliedstaaten. Die
verfassungsrechtlichen Grundlagen sind der Pariser Vertrag zur Gründung der EGKS aus dem
Jahr 1951, die Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
(EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) von 1957, geändert 1986 durch
die Einheitliche Europäische Akte und 1992 durch den Maastrichter Vertrag über die
Europäische Union sowie schließlich 1997 durch den Vertrag von Amsterdam. Sie schaffen
rechtliche Bande zwischen den Mitgliedstaaten, die weit über vertragliche Beziehungen
zwischen souveränen Staaten hinausgehen. Die Europäische Union gibt sich selbst Gesetze,
die für die europäischen Bürger unmittelbar gelten und für sie eigene Rechte begründen.
Die Gemeinschaft, die zunächst auf einen gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl der sechs
Gründerstaaten (Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg,
Niederlande) beschränkt war, hat von Anfang an zur Erhaltung des Friedens beigetragen. Ihr
ist es gelungen, Sieger und Besiegte des letzten europäischen Krieges in einem institutionellen
Rahmen auf der Grundlage des Gleichheitsprinzips zu vereinigen.
Nachdem das Projekt einer europäischen Armee 1954 am Widerstand der französischen
Nationalversammlung gescheitert war, beschlossen die sechs Mitgliedstaaten bereits 1957,
eine Wirtschaftsgemeinschaft mit freiem Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehr zu
gründen. Die Zölle für gewerbliche Erzeugnisse sollten zum 1. Juli 1968 vollständig
abgeschafft und die gemeinsamen Politiken, vor allem die Agrarpolitik und die
Handelspolitik, innerhalb des gleichen Jahrzehnts verwirklicht werden.
Angesichts der Erfolge der Sechs beschlossen das Vereinigte Königreich, Dänemark und
Irland, der Gemeinschaft beizutreten. Nach schwierigen Verhandlungen, bei denen Frankreich
unter De Gaulle zweimal, nämlich 1961 und 1967, sein Veto eingelegt hatte, kam es 1973 zur
ersten Erweiterung der Gemeinschaft. Mit der Erweiterung auf neun Mitgliedstaaten wurde
gleichzeitig das Wirken der Gemeinschaft durch neue Politiken (Sozial-, Regional- und
Umweltpolitik) verstärkt.
Anfang der 70er Jahre wurde die Notwendigkeit einer Konvergenz der Wirtschafts- und
Währungspolitik immer deutlicher. Die Aufhebung der Golddeckung des Dollars führte
weltweit zu einer großen Instabilität im Währungsbereich, die durch die Auswirkungen der
Ölkrisen von 1973 und 1979 noch verstärkt wurde. Die Einführung des Europäischen
Währungssystems im Jahr 1979 hat beträchtlich zur Stabilisierung der Wechselkurse
beigetragen und die Mitgliedstaaten zu einer Sparpolitik gezwungen, die es ihnen
ermöglichte, untereinander die Bande der Solidarität und die Disziplin eines offenen
Wirtschaftsraumes aufrechtzuerhalten.
1981 und 1986 wurde die Südflanke der Gemeinschaft durch den Beitritt Griechenlands,
Spaniens und Portugals verstärkt. Damit wurde die Durchführung von Strukturprogrammen
dringlicher, um das wirtschaftliche Entwicklungsgefälle innerhalb der Gemeinschaft zu
verringern. Auch im Außenbereich konnte die Gemeinschaft ihren Einfluß stärken und ihre
Beziehungen zu den Ländern des südlichen Mittelmeerraumes sowie zu den Staaten Afrikas,
der Karibik und des Pazifik festigen, die durch die Lomé-Abkommen (1975 bis 1989 Lomé I,
II, III und IV) assoziiert wurden.
Das Abkommen, das in Marrakesch am 14. April 1994 von allen GATT-Mitgliedstaaten
unterzeichnet wurde, leitete eine neue Phase für den Welthandel ein. Die Europäische Union,
die am Verhandlungstisch als geschlossene Einheit auftrat, legte während der gesamten
Verhandlungen das Schwergewicht darauf, das Abkommen aktiv mitzugestalten und ihre
Interessen geltend zu machen.
Als führende Handelsmacht in der Welt ist die Union im Begriff, sich mit Instrumenten
auszustatten, die es ihr ermöglichen, sich auch im diplomatischen Bereich entsprechend zu
behaupten. Sie setzt sich das Ziel, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu
betreiben.
Der "Europessimismus", der sich Anfang der 80er Jahre breit machte, wurde durch die
Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise sowie durch Unstimmigkeiten über die
Verteilung der Finanzlasten genährt. Er wurde ab 1985 von neuen Hoffnungen abgelöst, die
europäische Dynamik wieder in Gang zu bringen. 1985 legte die Kommission unter der
Präsidentschaft von Jacques Delors ein Weißbuch vor, in dem die Errichtung des einheitlichen
Binnenmarktes zum 1.1993 vorgesehen war. Dieses Datum, von dem eine mobilisierende
Wirkung ausgehen sollte, und die Rechtsvorschriften, die die Verwirklichung eines so
ehrgeizigen Zieles ermöglichten, wurden in der Einheitlichen Europäische Akte verankert, die
im Februar 1986 unterzeichnet wurde und am 1. Juli 1987 in Kraft trat.
Der Fall der Berliner Mauer, die deutsche Einigung am 3. Oktober 1990 und die
Demokratisierung der Länder Mittel- und Osteuropas, die nunmehr von der Bevormundung
durch die Sowjetunion befreit waren, die sich ihrerseits im Dezember 1991 auflöste,
bewirkten eine grundlegende Veränderung der politischen Struktur des Kontinents. Die
Mitgliedstaaten leiteten einen Prozeß der Vertiefung ihrer Union ein, indem sie einen neuen
Vertrag aushandelten, dessen Leitlinien vom Europäischen Rat von Maastricht am 9. und 10.
Dezember 1991 festgeschrieben wurden.
Der Vertrag über die Europäische Union, der am 1. November 1993 in Kraft getreten ist, setzt
den Mitgliedstaaten ehrgeizige Ziele: Währungsunion bis 1999, neue gemeinsame Politiken,
Unionsbürgerschaft, gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, innere Sicherheit. Eine im
Vertrag von Maastricht festgeschriebene Revisionsklausel veranlaßte die Mitgliedstaaten,
einen neuen Vertrag auszuhandeln, der am 2. Oktober 1997 in Amsterdam unterzeichnet
wurde und der die Zuständigkeiten und Instrumente der Union, vor allem im Bereich der
Justitiellen Zusammenarbeit, des freien Personenverkehrs, der Außen- und Gesundheitspolitik
neu ordnen und stärken soll. Das Europäische Parlament als unmittelbares demokratisches
Sprachrohr der Union wird mit neuen Befugnissen ausgestattet, die seine Rolle im
Gesetzgebungsprozeß bekräftigen.
Am 1. Januar 1995 sind der Europäischen Union drei weitere Länder beigetreten. Finnland,
Österreich und Schweden bereichern die Union mit ihren Eigenheiten und eröffnen ihr neue
Dimensionen in Mittel- und Nordeuropa. Die Union der Fünfzehn sieht sich heute zwei
großen Herausforderungen gegenüber:

die erfolgreiche Vorbereitung des Beitritts von zehn osteuropäischen Ländern und
Zypern, mit denen gemäß einem Beschluß des Europäischen Rates von
Luxemburg vom 13.1997 ab Frühjahr 1998 Beitrittsverhandlungen aufgenommen
werden;

die Nutzung der Dynamik der Währungsunion, die auf der Grundlage der
endgültigen Entscheidung für den Euro am 2. Mai 1998 eine bessere Konvergenz
der Wirtschaften der Mitgliedstaaten gewährleisten und die Voraussetzungen für
ein nachhaltiges und beschäftigungswirksames Wachstum schaffen soll.
Diese beiden Herausforderungen werden große Anstrengungen erfordern. Wenn eine Union
mit mehr als 25 Mitgliedern funktionsfähig sein soll, gilt es, die Entscheidungsmechanismen
zu stärken und eine effiziente und gerechte Finanzierung der Solidaritätspolitiken und
gemeinsamen Aktionen zu gewährleisten. Es gilt, auch wenn durch die Erweiterung die
Heterogenität der Interessen und Auffassungen innerhalb der Union noch zunehmen wird, den
Konsens der Staaten zu den großen gemeinsamen Zielen der Europäer und den
Mitteln zu ihrer Umsetzung zu bewahren. Die Europäische Kommission unter
dem Vorsitz von Jacques Santer hat im Juli 1997 ihre "Agenda 2000" vorgelegt,
auf deren Grundlage die Regierungen eine umfassende Reform der Strukturpolitiken und der
Gemeinsamen Agrarpolitik in Angriff nehmen wollen.
In Zukunft bleibt der Union keine andere Wahl, als auf dem Weg einer gleichermaßen
wirkungsvollen wie demokratischen Organisation, die entscheidungs- und handlungsfähig ist,
ohne die Identität ihrer Mitgliedstaaten preiszugeben, weiter voranzuschreiten. Wenn sie es
versäumt, ihre Strukturen zu stärken und ihre Entscheidungsmechanismen effizienter zu
gestalten, läuft die Union Gefahr, auseinanderzubrechen oder in ihrer Handlungsfähigkeit
gelähmt zu werden. Das "große Europa" vom Atlantik bis zum Ural, das gegenwärtig im
Entstehen begriffen ist, kann nur zu einer organisierten Macht werden, wenn es über
handlungsfähige Strukturen verfügt und in der Lage ist, in der Weltpolitik geschlossen
aufzutreten.
Nahezu ein halbes Jahrhundert des europäischen Aufbaus hat die Geschichte des Kontinents
und die Mentalität der Europäer tief geprägt sowie das Machtgefüge verändert. Die
Regierungen der Mitgliedstaaten, unabhängig davon, welcher politischen Tendenz sie
angehören, wissen sehr wohl, daß die Ära der absoluten nationalen Souveränität vorüber ist
und daß die bisherigen Nationen nur dann auf dem Weg des wirtschaftlichen und sozialen
Fortschritts weitergehen und ihren Einfluß in der Welt erhalten können, wenn sie ihre Kräfte
einen, und um mit Robert Schuman zu sprechen, ihre "Geschicke teilen".
Die Verfahrensweise der Gemeinschaft, die sich auf einen ständigen Abgleich zwischen den
nationalen Interessen und dem gemeinsamen Interesse gründet und bei der Herausbildung
einer eigenen Identität der Union stets die nationalen Verschiedenheiten achtet, hat von ihrem
ursprünglichen Wert nichts eingebüßt. Sie wurde entwickelt, um die Feindschaften, das
Hegemoniedenken und die Gewaltanwendung, die jahrhundertelang die Beziehungen
zwischen den Staaten bestimmten, zu überwinden, und hat den Zusammenhalt des
demokratischen und den Werten der Freiheit verpflichteten Europas während des kalten
Krieges ermöglicht. Die Überwindung des Ost-West-Gegensatzes und die politische wie
wirtschaftliche Einigung des Kontinents sind ein Sieg des europäischen Geistes, den die
Völker mehr denn je für ihre Zukunft benötigen.
DIE ORGANE DER UNION
Die Europäische Union ist durch eine institutionelle Grundstruktur gekennzeichnet, die sie
von den traditionellen internationalen Organisationen unterscheidet. Mit der Unterzeichnung
des europäischen Vertragswerks haben die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ihre Bereitschaft
bekräftigt, einen Teil ihrer Hoheitsrechte unabhängigen Organen zu übertragen, die die
Interessen der Einzelstaaten ebenso wie das Gesamtinteresse der Gemeinschaft vertreten.
Diese Organe sind durch sehr komplexe komplementäre Beziehungen miteinander verbunden,
aus denen sich der Entscheidungsprozeß ergibt.
Der Rat der Europäischen Union ist das zentrale Entscheidungsorgan der Europäischen
Union. Er setzt sich aus den für das jeweilige Thema der Tagesordnung zuständigen Ministern
der 15 Mitgliedstaaten zusammen. So gibt es den Rat der Außenminister, der
Landwirtschaftsminister, der Industrieminister, der Verkehrsminister, der Umweltminister
usw.
Als Vertreter der Mitgliedstaaten beschließt der Rat alle wesentlichen Rechtsakte, d.h.
Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse. Er verfügt über Rechtsetzungsbefugnisse, die er
mit dem Europäischen Parlament teilt. Auch die Haushaltsbefugnisse nimmt er gemeinsam
mit dem Parlament wahr. Der Rat schließt die internationalen Abkommen ab, die zuvor von
der Kommission ausgehandelt wurden.
Gemäß Artikel 202 (Die zitierten Artikel beziehen sich auf den Vertrag in der nach der
Unterzeichnung des Vertrages von Amsterdam am 2. Oktober 1997 "konsolidierten Fassung".
Diese Numerierung wird erst nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages nach seiner
Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten wirksam) (bisher Artikel 145) des EG-Vertrages sorgt
der Rat für die Abstimmung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten.
Gemäß Artikel 205 (bisher Artikel 148) des EG-Vertrags ist zu unterscheiden zwischen
Beschlüssen, die mit einfacher Mehrheit, mit qualifizierter Mehrheit (mindestens 62 von 87
Stimmen) oder einstimmig getroffen werden.
Zur Berechnung der qualifizierten Mehrheit (mindestens 62 Stimmen) werden die Stimmen
der Mitgliedstaaten wie folgt gewichtet: Deutschland, Frankreich, Italien und Vereinigtes
Königreich: 10 Stimmen; Spanien: 8 Stimmen; Belgien, Griechenland, Niederlande und
Portugal: 5 Stimmen; Österreich und Schweden: 4 Stimmen; Dänemark, Finnland und Irland:
3 Luxemburg: 2 Stimmen.
Nach dem Vertrag von Amsterdam wird der Anwendungsbereich der qualifizierten Mehrheit
auf neue Bereiche ausgedehnt. So gilt die qualifizierte Mehrheit für die meisten neuen
Bestimmungen des EG-Vertrages: Maßnahmen für beschäftigungspolitische Initiativen,
Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen, Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung,
Gesundheitswesen, Betrugsbekämpfungsmaßnahmen, Transparenz, Zollzusammenarbeit,
Statistik, ultraperiphere Regionen sowie das Rahmenprogramm für Forschung, bei dem bisher
Einstimmigkeit erforderlich war. Einstimmige Beschlüsse bleiben im wesentlichen Bereichen
"konstitutioneller" Art (wie Vertragsänderungen, Beitritt eines neuen Staates) oder
bestimmten sensiblen Bereichen wie der Steuerpolitik vorbehalten.
Die Präsidentschaft im Rat wird für die Dauer von sechs Monaten abwechselnd von jeweils
einem Mitgliedstaat wahrgenommen. Die Beschlüsse des Rates werden von dem Ausschuß
der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (AStV) vorbereitet, der durch Ausschüsse aus
Fachbeamten der nationalen Ministerien unterstützt wird. Der Rat verfügt darüber hinaus über
ein Generalsekretariat in Brüssel, dem die Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse
obliegt.
Der Europäische Rat ist aus der 1974 eingeführten Praxis entstanden, in regelmäßigen
Abständen gemeinsamen Sitzungen der Staats- bzw. Regierungschefs der Europäischen
Gemeinschaft einzuberufen. Diese Praxis wurde 1987 in der Einheitlichen Europäischen Akte
vertraglich fixiert. Seitdem kommt der Europäische Rat, dem der Präsident der EUKommission als gleich- und stimmberechtigtes Mitglied angehört, mindestens zweimal
jährlich zusammen. Anfangs sollten auf diese Weise die seit 1961 auf Initiative eines
Mitgliedstaats sporadisch einberufenen Gipfeltreffen institutionalisiert werden.
Die zunehmende Bedeutung der Gemeinschaftsangelegenheiten im politischen Leben der
Mitgliedstaaten erforderte jedoch eine regelmäßige Zusammenkunft der Staats- und
Regierungschefs, um gemeinsam die für die Gemeinschaft wesentlichen Fragen zu erörtern.
Im Vertrag von Maastricht wurde die Rolle des Europäischen Rates als Impulsgeber für die
wichtigsten politischen Initiativen der Union und Schiedsorgan für Streitfragen, zu denen
innerhalb des Rates der Europäischen Union keine Einigung erzielt werden konnte, verankert.
Aufgrund des hohen Bekanntheitsgrads seiner Mitglieder und des Gewichts bestimmter von
ihm behandelter Fragen werden die Tagungen des Europäischen Rates von der Öffentlichkeit
mit Interesse verfolgt. Im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP),
die ein geschlossenes Auftreten der Fünfzehn nach außen ermöglicht, berät der Europäische
Rat auch über die aktuellen Probleme der internationalen Politik.
Das Europäische Parlament ist die demokratisch gewählte Vertretung und das politische
Kontrollorgan der Völker der in den Europäischen Gemeinschaften zusammengeschlossenen
Staaten. Es ist darüber hinaus am Rechtsetzungsprozeß beteiligt.
Das seit Juni 1979 direkt gewählte Europäische Parlament umfaßt derzeit 626 Abgeordnete,
die auf fünf Jahre gewählt werden. Dabei verteilen sich die Sitze im Europäischen Parlament
wie folgt: 99aus Deutschland, je 87 aus Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich,
64 Abgeordnete aus Spanien, 31 aus den Niederlanden, je 25 aus Belgien, Griechenland und
Portugal, 22 aus Schweden, 21 aus Österreich , je 16 aus Dänemark und Finnland, 15 aus
Irland und 6 aus Luxemburg. Im Hinblick auf die Erweiterung der EU ist die Anzahl der
Abgeordneten im Vertrag von Amsterdam auf 700 begrenzt worden.
Die Plenarsitzungen des Parlaments finden normalerweise in Straßburg statt. Die 20
Ausschüsse, die die Beratungen der Plenarsitzungen vorbereiten, sowie die Fraktionen des
Europäischen Parlaments treten überwiegend in Brüssel zusammen. Sitz des
Generalsekretariats ist Luxemburg.
Das Parlament übt gemeinsam mit dem Rat legislative Befugnisse aus: Es wirkt an der
Ausarbeitung der Richtlinien und Verordnungen der Gemeinschaft mit, indem es zu den
Vorschlägen der Kommission Stellung nimmt und diese unter Umständen auffordert, ihren
Vorschlag unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Parlaments zu ändern.

Die Einheitliche Akte, mit der die europäischen Verträge geändert wurden, sieht
ein Verfahren in Form von zwei Lesungen im Parlament und im Rat vor. Dieses
Verfahren der Zusammenarbeit verstärkt die legislativen Befugnisse des
Parlaments auf zahlreichen Gebieten, so beispielsweise im Bereich der Vollendung
des Europäischen Binnenmarktes. Das Verfahren der Zusammenarbeit wurde (mit
Ausnahme einiger Fälle im Kapitel zur Wirtschafts- und Währungsunion) durch
den Vertrag von Amsterdam im Rahmen der Vereinfachung der
Gesetzgebungsverfahren und einer Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens
wieder abgeschafft.

Der Vertrag von Maastricht hat zu einer Stärkung der legislativen Befugnisse des
Parlaments beigetragen, da ihm für die nachstehenden Bereiche
Mitentscheidungsbefugnisse verliehen wurden: Freizügigkeit,
Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit, Binnenmarkt, allgemeine Bildung,
Forschung, Umwelt, Transeuropäische Netze, Gesundheitswesen, Kultur,
Verbraucherschutz. So kann das Europäische Parlament den gemeinsamen
Standpunkt des Rates mit absoluter Mehrheit seiner Mitglieder ablehnen und das
Verfahren beenden. Allerdings sieht der Vertrag auch ein Vermittlungsverfahren
vor.

Der Vertrag von Amsterdam hat die legislativen Befugnisse des Parlaments weiter
gestärkt, indem er das Mitentscheidungsverfahren mit dem Rat auf weitere
Bereiche wie Gesundheitswesen, Verkehrspolitik, Freizügigkeit der Bürger sowie
bestimmte Bestimmungen zur Sozial- und Beschäftigungspolitik ausgeweitet hat.
So kann der Erlaß eines Rechtsakts im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens
(Artikel 249 bisher Artikel 189b des Vertrages) nur erfolgen, wenn die
ausdrückliche Zustimmung des Rates und des Parlaments vorliegt bzw. wenn
letzteres keinen Einspruch erhebt.
Die Einheitliche Europäische Akte sieht vor, daß der Abschluß internationaler Assoziierungsund Kooperationsabkommen sowie jede Erweiterung der Gemeinschaft die Zustimmung des
Parlaments erfordert. In Maastricht wurde darüber hinaus festgelegt, daß auch Rechtsakte zum
einheitlichen Wahlrecht, zur Freizügigkeit und zum freien Aufenthaltsrecht sowie zu den
Strukturfonds der Zustimmung des Parlaments bedürfen (vgl. Kapitel IV). Der Vertrag von
Amsterdam sieht darüber hinaus diese Zustimmung auch für Sanktionen im Falle einer
schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der Grundrechte durch einen Mitgliedstaat vor.
Gemeinsam mit dem Rat verfügt das Europäische Parlament über weitreichende
Haushaltsbefugnisse: Ihm obliegt die Verabschiedung des Gesamthaushaltsplans. Das
Parlament kann den Haushaltsplan auch ablehnen, was es bereits mehrfach getan hat, und
dadurch ein neues Haushaltsverfahren erzwingen.
Der Haushaltsplan wird durch die Kommission erarbeitet und pendelt dann zwischen dem Rat
und dem Parlament als den zwei Institutionen mit Haushaltsbefugnissen hin und her. Bei den
sogenannten "obligatorischen" Ausgaben - zum größten Teil Agrarausgaben - hat der Rat das
letzte Wort. Bei den übrigen - "nicht obligatorischen" - Ausgaben liegt die letzte
Entscheidung beim Parlament, das diese Ausgaben unter den in den Verträgen festgelegten
Bedingungen abändern kann.
Das Parlament hat seine Haushaltsbefugnisse stets wahrgenommen, um auf die
Gemeinschaftspolitik Einfluß zu nehmen.
Eine wesentliche Aufgabe des Europäischen Parlaments besteht darin, der Gemeinschaft neue
politische Impulse zu geben. Als Vertreter von 373 Millionen Bürgern, als europäisches
Forum par excellence und als Spiegelbild der politischen Strömungen und nationalen
Besonderheiten in den fünfzehn Mitgliedstaaten ist das Parlament geradezu prädestiniert,
Anstöße zur Weiterentwicklung und Neugestaltung von Politiken zu geben. So wurde der
Entwurf für einen Vertrag über die Europäische Union, den das Parlament 1984 angenommen
hat, zum entscheidenden Anstoß, der die Regierungen zur Unterzeichnung der Einheitlichen
Akte veranlaßt hat. Auch die Einberufung der beiden Regierungskonferenzen zur Wirtschaftsund Währungsunion und zur Politischen Union geht auf eine Initiative des Europäischen
Parlaments zurück. Durch Entsendung von zwei Beobachtern war es auch eng in den Prozeß
der Aushandlung des Vertrages von Amsterdam eingebunden, verlangt aber eine noch
stärkere Einbeziehung bei künftigen Vertragsänderungen.
Darüber hinaus ist das Parlament das demokratische Kontrollorgan der Gemeinschaft: Die
Ernennung des Präsidenten der Kommission bedarf der Zustimmung des Europäischen
Parlaments; es kann die Kommission durch Annahme eines Mißtrauensantrages mit
Zweidrittel-Mehrheit zum Rücktritt veranlassen. Es äußert sich zum Arbeitsprogramm der
Kommission und leitet ihr seine Bemerkungen zu.
Im Vertrag von Amsterdam ist festgelegt, daß das Europäische Parlament einen Entwurf
erarbeitet, nach dem seine Wahl in allgemeinen unmittelbaren Wahlen nach "einem auf
gemeinsamen Grundsätzen aller Mitgliedstaaten beruhenden Verfahren" erfolgen soll.
Das Parlament kontrolliert die ordnungsgemäße Durchführung der Gemeinschaftspolitiken
und stützt sich dabei insbesondere auf die Berichte des Rechnungshofes. Es kontrolliert ferner
die tägliche Umsetzung dieser Politiken und richtet zu diesem Zweck insbesondere mündliche
und schriftliche Anfragen an die Kommission und den Rat.
Schließlich will es der Brauch, daß der amtierende Präsident des Europäischen Rates das
Parlament über die im Europäischen Rat erzielten Ergebnisse unterrichtet.
Seit Januar 1997 ist José Gil-Roblès Gil-Delgado Präsident des Europäischen Parlaments.
Die Europäische Kommission ist eines der Schlüsselorgane des institutionellen Systems der
Gemeinschaft. Mit Inkrafttreten des Fusionsvertrags am 1. Juli 1967 verschmolzen die Hohe
Behörde der EGKS und die Kommissionen von EWG und Euratom zur Kommission der
Europäischen Gemeinschaften. Seit dem 5. Januar 1995 gehören der Kommission 20
Mitglieder an: zwei Deutsche, zwei Spanier, zwei Franzosen, zwei Italiener, zwei Briten und
je ein Mitglied für die übrigen Länder. Die Mitglieder der Kommission werden von den
Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen für fünf Jahre ernannt; ihre
Benennung unterliegt der zweifachen Zustimmung des Europäischen Parlaments. Der Vertrag
von Amsterdam sieht vor, daß der Präsident der Kommission im gegenseitigen Einvernehmen
durch die Regierungen der Mitgliedstaaten ernannt wird und die Ernennung der Zustimmung
des Europäischen Parlaments bedarf. Im Anschluß daran benennen die Regierungen der
Mitgliedstaaten im Einvernehmen mit dem designierten Präsidenten die übrigen Mitglieder
der Kommission. Dann hat sich das gesamte Kollegium einem Zustimmungsvotum des
Parlaments zu stellen.
Bei der Ausübung ihrer Befugnisse ist die Kommission weitgehend unabhängig. Sie handelt
allein im Interesse der Gemeinschaft und unterliegt keinerlei Weisungen seitens eines
Mitgliedstaates. Als Hüterin der Verträge wacht die Kommission über die korrekte
Durchführung der Verordnungen und Richtlinien des Rates. Sie kann den Gerichtshof
anrufen, um dem Gemeinschaftsrecht Geltung zu verschaffen. Da die Kommission das
alleinige Initiativrecht besitzt, kann sie jederzeit tätig werden, um Vereinbarungen im Rat
oder zwischen Rat und Parlament zu erleichtern. Sie führt die Gemeinschaftspolitik auf der
Grundlage der Ratsbeschlüsse durch (z.B. im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik). Sie
besitzt weitreichende Befugnisse bei der Durchführung der gemeinsamen Politiken, für deren
Etat sie zuständig ist: Forschung und Technologie, Entwicklungshilfe, regionaler
Zusammenhalt usw..
Die Kommission ist dem Europäischen Parlament gegenüber verantwortlich, das sie im Wege
eines Mißtrauensantrags geschlossen zum Rücktritt veranlassen kann. Dieser Fall ist bislang
jedoch noch nicht eingetreten.
Die Kommission stützt sich zur Durchführung ihrer Tätigkeit auf Dienststellen, die sich
hauptsächlich in Brüssel, zu einem geringeren Teil aber auch in Luxemburg, befinden. Den 25
Generaldirektionen sind bei der Durchführung der gemeinsamen Politiken und der
allgemeinen Verwaltung spezielle Aufgabenbereiche zugewiesen. Im Gegensatz zu den
Sekretariaten herkömmlicher internationaler Organisationen hat die Kommission als Hüterin
der Verträge Finanzautonomie und kann ihre Vorrechte in voller Unabhängigkeit
wahrnehmen. Seit Januar 1995 ist Jacques Santer Präsident der Kommission der Europäischen
Gemeinschaften.
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Sitz in Luxemburg setzt sich aus
15und 9 Generalanwälten zusammen, die von den Regierungen der Mitgliedstaaten in
gegenseitigem Einvernehmen auf sechs Jahre ernannt werden. Die Wiederernennung ist
zulässig, und ihre Unabhängigkeit ist gewährleistet. Der Gerichtshof hat die Aufgabe, die
Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge zu sichern.
Zu diesem Zwecke kann er feststellen, daß ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus den
Verträgen verstoßen hat, die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Institutionen überwachen
und diese gegebenenfalls für nichtig erklären oder auch die Untätigkeit des Europäischen
Parlaments, des Rates oder der Kommission feststellen.
Der Gerichtshof ist auch die einzige zuständige Instanz, die sich auf Ersuchen eines
nationalen Gerichts über die Auslegung der Verträge oder die Gültigkeit und die Auslegung
der Handlungen der Organe der Gemeinschaft äußern kann. Wird eine solche Fragen in einem
schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, kann - und in
bestimmten Fällen muß - dieses den Gerichtshof in Luxemburg um eine Vorabentscheidung
ersuchen. Dadurch ist eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts
im gesamten Gebiet der Gemeinschaft gewährleistet.
Der Vertrag von Amsterdam gestattet dem Gerichtshof ausdrücklich, sich für zuständig zu
erklären, um zu überprüfen, daß die gemeinschaftlichen Rechtsakte die Grundrechte wahren,
und dehnt seine Zuständigkeit auf die Bereiche der Freiheit und der Sicherheit der Person aus.
Das 1989 geschaffene Gericht erster Instanz, dem 15 Richter angehören, entscheidet

vorbehaltlich eines auf Rechtsfragen beschränkten Rechtsmittelverfahrens vor
dem Gerichtshof

über alle Klagen natürlicher bzw. juristischer Personen gegen die Gemeinschaft
sowie über Klagen nach dem EGKSV gegen die Kommission und ist für
Streitsachen zwischen der Gemeinschaft und deren Bediensteten zuständig
Der Rechnungshof, der mit dem Vertrag vom 22. Juli 1975 eingesetzt wurde, besteht aus 15
Mitgliedern, die von den Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen nach Anhörung des
Europäischen Parlaments für sechs Jahre ernannt werden. Er prüft die Rechtmäßigkeit und
Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaft und überzeugt sich von
der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Nach Abschluß eines jeden Haushaltsjahres
erstattet er einen Jahresbericht. Im Maastrichter vertrag über die Europäische Union erfährt
der Rechnungshof eine Aufwertung, da er dort als fünftes Gemeinschaftsorgan eingestuft
wird.
Der Vertrag von Amsterdam ermöglicht ihm, zur Wahrung seiner Rechte den Gerichtshof
anzurufen, und erweitert seine Kontrollbefugnisse auf die von externen Einrichtungen
verwalteten Gemeinschaftsfonds.
In Fragen, die die EG und Euratom betreffen, werden Rat und Kommission vom Wirtschaftsund Sozialausschuß unterstützt. Dieser setzt sich aus 222 Mitgliedern zusammen, die die
Interessengruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens vertreten. In vielen Fällen muß er
angehört werden, ehe ein Beschluß ergeht, doch kann er auch aus eigener Initiative
Stellungnahmen abgeben.
Der Wirtschafts- und Sozialausschuß ermöglicht eine aktive Beteiligung von Vertretern der
Wirtschaft und der Gewerkschaften an der Entwicklung der Gemeinschaft.
Dem durch den Vertrag von Maastricht eingesetzten Ausschuß der Regionen gehören 222
Vertreter der regionalen und kommunalen Körperschaften an, die vom Rat auf Vorschlag der
Mitgliedstaaten für vier Jahre ernannt werden. Der Ausschuß der Regionen wird vom Rat
oder von der Kommission in den im Vertrag genannten Fällen gehört und kann auch aus
eigener Initiative Stellungnahmen abgeben.
Der Vertrag von Amsterdam weitet die Bereiche, in denen diese beiden Ausschüsse gehört
werden müssen, noch aus und ermöglicht ihre Anhörung durch das Europäische Parlament.
DER BINNENMARKT
Artikel 2 des Gründungsvertrags der EG legt folgendes Ziel fest: " ... eine harmonische
Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft, eine beständige und
ausgewogene Wirtschaftsausweitung, eine größere Stabilität, eine beschleunigte Hebung
der Lebenshaltung und engere Beziehungen zwischen den Staaten zu fördern, die in
dieser Gemeinschaft zusammengeschlossen sind". Dieses Ziel sollte durch die Öffnung
der Grenzen, die zu Freizügigkeit und einem freien Waren- und Dienstleistungsverkehr
führen sollte, und die Schaffung solidarischer Strukturen durch Einführung
gemeinsamer Politiken und Einsetzung entsprechender Finanzinstrumente verwirklicht
werden.
Mit der Vollendung des Binnenmarktes am 1. Januar 1993 ist dieses Vertragsziel praktisch
erfüllt. Dazu bedurfte es indessen eines Zeitraums von fast vierzig Jahren, obwohl doch
bereits im Juli 1968 - 18 Monate früher als im Zeitplan vorgesehen - Binnenzölle und
Kontingente abgeschafft worden waren. Diese Verzögerung ist darauf zurückzuführen, daß
die Harmonisierung von Zöllen einfacher ist als die des Steuerwesens, daß die freien Berufe
in jedem Land anderen Regelungen unterliegen, daß starre protektionistische Maßnahmen im
Zusammenspiel mit einer Zunahme von technischen Normen unsinnigerweise dazu geführt
haben, daß sich die Märkte Anfang der 80er Jahre zunehmend abschotteten.
Einige von der Wirtschaftskrise als Folge der beiden Ölkrisen von 1973 und 1980 besonders
betroffene Mitgliedstaaten hatten zu protektionistischen Maßnahmen gegriffen, um ihre
Märkte vor der wachsenden internationalen Konkurrenz zu schützen.
In ihrem Weißbuch von 1985 stellte die Kommission unter Jacques Delors kritisch fest, daß
Europa immer weiter hinter den Entwicklungen zurückblieb und noch allzu viele Hindernisse
der Verwirklichung eines großen Wirtschaftsraums, der einen Markt mit über 380 Millionen
Verbrauchern darstellen könnte, im Wege standen.
Die dadurch entstehenden "Kosten des Nicht-Europas", die auf Wartezeiten an den Grenzen,
technische Barrieren und die Abschottung des öffentlichen Beschaffungswesens
zurückzuführen sind, betrugen bekanntermaßen annähernd 200 Mrd. ECU (1 ECU
(Europäische Währungseinheit) entspricht etwa 1,97 DM (Wechselkurs von März 1998).
Mit der Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte im Februar 1986, die die
Etappen und Fristen für die etwa 270 für die Verwirklichung des Binnenmarktes
erforderlichen Maßnahmen festlegte, setzten sich die Zwölf ein neues Ziel, dessen positive
Auswirkungen rasch spürbar wurden. Unternehmer, Berufsverbände und Gewerkschaften
nahmen den Termin 1993 spontan vorweg und paßten ihre Strategien bereits den neuen
Spielregeln an. Allen Bürgern bieten sich heute vielfältigere Konsum-, Reise- und
Arbeitsmöglichkeiten.
Der in Gang gebrachte Prozeß, der auf Freizügigkeit, Wettbewerb und Wachstum setzt, ist
nicht mehr aufzuhalten. Nacheinander fallen die materiellen, steuerrechtlichen und
technischen Grenzen, auch wenn in bestimmten, besonders sensiblen Bereichen wie der
Harmonisierung der Quellensteuer noch keine Einigung erzielt wurde.
Bestandsaufnahme
Die Bilanz ist insgesamt gesehen zufriedenstellend.
Fortschritte wurden hauptsächlich in den folgenden Bereichen erzielt:

öffentliches Auftragswesen: durch die Ausweitung der Richtlinien über öffentliche
Liefer- und Bauaufträge auf die sogenannten "ausgeschlossenen Sektoren"
Verkehr, Energie, Telekommunikation, wobei größere Transparenz und Kontrolle
angestrebt wird;

Beseitigung steuerlicher Unterschiede durch die Angleichung der nationalen
Vorschriften über indirekte Steuern, Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern;

Liberalisierung der Kapitalmärkte und der Finanzdienstleistungen;

Technische Harmonisierung und Normung: durch die gegenseitige Anerkennung
nationaler Vorschriften und Bescheinigungen sowie durch die Anerkennung des
Grundsatzes der Äquivalenz der nationalen Normen neben bestimmten
Harmonisierungsmaßnahmen auf den Gebieten Sicherheit und
Umweltbelastungen;

Beseitigung technischer Hindernisse (freie Berufsausübung und äquivalente
Ausbildungsgänge) und materieller Hindernisse (Grenzkontrollen) für die
Freizügigkeit; so erleichtert beispielsweise die im November 1997 beschlossene
Richtlinie zum Rechtsanwaltsberuf die unionsweite Ausübung dieses Berufs;

Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die industrielle Zusammenarbeit
durch Harmonisierung des Gesellschaftsrechts und Angleichung der
Rechtsvorschriften über das geistige und gewerbliche Eigentum (Warenzeichen
und Patente);

Liberalisierung des Dienstleistungssektors (Telekommunikation, Energie usw.),
der mehr als 70&nbsp% des BIP der Europäischen Union erbringt.
Das Ziel der Freizügigkeit ist allerdings noch bei weitem nicht vollständig erreicht. So sehen
sich einige Kategorien von Arbeitnehmern, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen oder
arbeiten möchten, vielfältigen Hemmnissen gegenüber. Im Ergebnis der Feststellungen der
hochrangigen Arbeitsgruppe zum Thema Freizügigkeit unter Vorsitz von Frau Simone Veil
(Bericht an die Europäische Kommission, 18. März 1997) hat die Kommission Initiativen
ergriffen, um die Mobilität dieser Arbeitnehmer vor allem mittels der Anerkennung der
Zeugnisse und Berufsabschlüsse (Klempner, Tischler usw.) zu fördern.
Auf dem Wege zu einem neuen "Ziel 1999"
Der Binnenmarkt existiert und funktioniert insgesamt zufriedenstellend. Er stellt jedoch einen
"ständigen Prozeß" dar und kann und muß ständig ergänzt und verbessert werden. In diesem
Sinne und unter Berücksichtigung der festgestellten Unzulänglichkeiten und Rückstände hat
die Kommission am 16. und 17.1997 auf dem Amsterdamer Gipfel ihren neuen Aktionsplan
für den Binnenmarkt vorgelegt. Es wurde festgestellt, daß mehr als drei Jahre nach
Inkrafttreten des Binnenmarktes nur 65&nbsp% der Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten
voll umgesetzt wurden. Das Programm erstreckt sich auf die Bereiche Steuern
(Verhaltenskodex, Quellensteuer auf Kapitaleinnahmen, Besteuerung von Energieträgern),
Wettbewerbspolitik (neue Regelungen für staatliche Beihilfen und Absprachen),
Gasbinnenmarkt, Pensionsfonds usw.
Der Raum der inneren Sicherheit
Die große Mehrheit der europäischen Bürger sieht in dem Grundsatz der Freizügigkeit eine
Chance für ihr persönliches und berufliches Leben. Jedoch haben die Regierungen unter
Beachtung der Sicherheitsbedürfnisse, die auch von den Bürgern geteilt werden, das
Instrumentarium der Freizügigkeit durch Maßnahmen ergänzt, die die öffentliche Sicherheit
im Gemeinschaftsraum und den Schutz der Außengrenzen gewährleisten sollen.
Die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (Titel VI des Vertrags über die
Europäische Union) deckt im wesentlichen vier Bereiche ab:

Harmonisierung des Asylrechts;

unionsweit einheitliche Einwanderungsbestimmungen für Staatsangehörige dritter
Länder;

polizeiliche Zusammenarbeit zur wirksamen Bekämpfung der internationalen
Kriminalität;

justitielle Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen.
Die neuen Vertragsbestimmungen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und
Inneres sollen in erster Linie zum Abbau der Hemmnisse für die Freizügigkeit beitragen. Zu
diesem Zweck werden die von den Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens von Schengen
(siehe Kasten) vereinbarten Maßnahmen schrittweise auf alle Mitgliedstaaten ausgeweitet
werden.
Mit dem Vertrag von Amsterdam erwachsen der Gemeinschaft neue Verantwortlichkeiten im
Bereich der Politik der inneren Sicherheit. So wird nunmehr ein großer Teil der
Zusammenarbeit durch Gemeinschaftsvorschriften geregelt. Allerdings ist ab Inkrafttreten des
Vertrages ein Übergangszeitraum von fünf Jahren vorgesehen, in dem der Rat weiterhin
einstimmig handelt.
Die Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Polizeidienststellen und den übrigen für
die Verbrechensbekämpfung zuständigen Behörden fällt auch weiterhin in den
zwischenstaatlichen Rahmen, wobei allerdings die Mittel der Zusammenarbeit mit dem Ziel
ihrer höheren Effizienz deutlich verbessert werden sollen.
Schengen: Ein Raum ohne Grenzen für mehrere
europäische Staaten
1. Eckdaten:
Juni 1984: Der Europäische Rat von Fontainebleau beschließt die
Abschaffung der Polizeikontrollen und Zollformalitäten im
innergemeinschaftlichen Reiseverkehr.
Juli 1984: Das in Saarbrücken zwischen Deutschland und
Frankreich geschlossene Abkommen ist ein erster Schritt in dieser
Richtung.
14. Juni 1985: Belgien, Deutschland, Frankreich, die Niederlande
und Luxemburg unterzeichnen das Übereinkommen von Schengen
über den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen
Grenzen, das den freien Personenverkehr für alle Staatsangehörigen
der Unterzeichnerstaaten, der sonstigen Mitgliedstaaten der
Gemeinschaft oder dritter Länder vorsieht.
19. Juni 1990: Die fünf Staaten unterzeichnen das
Zusatzübereinkommen, in dem alle Maßnahmen zur völligen
Abschaffung der Personenkontrollen an ihren gemeinsamen
Grenzen festgelegt sind. Dieses aus rund 142 Artikeln bestehende
Übereinkommen, das an die Stelle der nationalen Gesetze tritt, muß
von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden.
27. November 1990: Italien tritt dem Übereinkommen bei.
18. November 1991: Spanien und Portugal treten dem
Übereinkommen bei.
6. November 1992: Beitritt Griechenlands.
26. März 1995: Das Übereinkommen von Schengen tritt zwischen
Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden,
Spanien und Portugal in Kraft. Die übrigen Unterzeichnerstaaten
werden folgen, sobald entsprechende Kontrollmaßnahmen an den
Außengrenzen gewährleistet sind.
21. April 1995: Beitritt Österreichs zu dem Übereinkommen.
16. Juni 1995: Die Verhandlungen über einen Beitritt der
nordischen Länder werden aufgenommen.
19. Dezember 1996: Protokoll und Abkommen über den Beitritt
Dänemarks, Finnlands und Schwedens.
2. Oktober 1997: Ratifizierung des Vertrages von Amsterdam, der
den Schengen-Besitzstand einschließt. Irland und das Vereinigte
Königreich gehören dem Schengener Raum nicht an.
26. Oktober 1997: Inkrafttreten der Anwendungsvereinbarung mit
Italien über die Kontrollen im Luftverkehr.
1. Dezember 1997: Inkrafttreten der Anwendungsvereinbarung mit
Österreich über die Kontrollen im Luftverkehr.
bis 31. März 1998: Abschaffung der Kontrollen an den
Landgrenzen Italiens und Österreichs.
2. Der "Schengener Raum"
Der Grundsatz des freien Personenverkehrs gilt für alle
Staatsangehörigen unabhängig von ihrer Nationalität:

Für die Bürger der EU-Mitgliedstaaten ist der freie
Personenverkehr innerhalb des neuen Raums bereits
weitgehend verwirklicht.

Das Übereinkommen wurde auf Staatsbürger dritter
Länder, Asylbewerber und legale Einwanderer erweitert,
um einheitliche Verfahren für das unter das
Übereinkommen fallende Gebiet zu erarbeiten.
Polizei und Sicherheit:

Die Polizei gewährleistet die öffentliche Sicherheit zwar
nach wie vor innerhalb der Binnengrenzen, in Häfen und
auf Flughäfen, doch unter Anwendung neuer Methoden.
Die Kontrollen an den Außengrenzen werden dank einer
besseren polizeilichen Zusammenarbeit verstärkt.

Das Übereinkommen enthält gemeinsame Regeln für die
Bekämpfung des Terrorismus, des Schmuggels und des
organisierten Verbrechens. Darüber hinaus ist eine
verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz,
Polizei und Verwaltung vorgesehen.

Nach der Ratifizierung des Vertrags von Amsterdam
sollen auch die Bereiche Visa, Asylrecht, Einwanderung
und sonstige Politiken im Zusammenhang mit der
Freizügigkeit in die gemeinschaftliche Zuständigkeit
überführt werden. An die Stelle des Exekutivkomitees
von Schengen soll der Rat der Union treten; die
Kommission wird eine Initiativrolle übernehmen und der
Gerichtshof kann in diesen Bereichen für zuständig
erklärt werden.
Für Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich gelten
gesonderte Bestimmungen.
DIE GEMEINSAMEN POLITIKEN
Die Verfasser des Vertrags von Rom haben - wie bereits weiter oben angeführt - der
Europäischen Gemeinschaft die Aufgabe übertragen, "durch die Errichtung eines
Gemeinsamen Marktes und die schrittweise Annäherung der Wirtschaftspolitik der
Mitgliedstaaten eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der
Gemeinschaft, eine beständige und ausgewogene Wirtschaftsausweitung, eine größere
Stabilität, eine beschleunigte Hebung der Lebenshaltung und engere Beziehungen
zwischen den Staaten zu fördern, die in dieser Gemeinschaft zusammengeschlossen
sind".
DIE SOLIDARITÄTSORIENTIERTEN POLITIKEN
Das im Vertrag von Rom festgelegte Gesamtziel sollte mit der Verwirklichung des freien
Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs sowie einer Wettbewerbspolitik, die
auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen und den Schutz der
Verbraucherinteressen abzielt, erreicht sein. Soll der europäische Binnenmarkt jedoch allen
Wirtschaftsbereichen und allen Regionen Nutzen bringen, muß er von auf
Gemeinschaftsebene durchgeführten und finanzierten Strukturpolitiken flankiert werden. Die
Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts hat sich rasch als ein Gebot der
Solidarität erwiesen, das in einer gezielten Regionalpolitik und einer mit jeder
Gemeinschaftserweiterung umfassender werdenden Sozialpolitik seinen Ausdruck fand.
Förderung der Regionen
Seit dem Inkrafttreten der Einheitlichen Akte ist die Stärkung des wirtschaftlichen und
sozialen Zusammenhalts untrennbar mit der Errichtung des Wirtschaftsraums ohne
Binnengrenzen verknüpft.
Im Februar 1988 beschlossen die Mitgliedstaaten eine Verdoppelung der Finanzmittel für
Strukturausgaben. So wurden zwischen 1989 und 1993 jährlich 14&nbspMrd. ECU für die
Entwicklung der rückständigen Regionen, die Umstrukturierung bestimmter Industriegebiete,
Hilfen an Langzeitarbeitslose und die berufliche Eingliederung junger Menschen, die
Modernisierung der Strukturen in der Landwirtschaft und benachteiligte ländliche Gebiete
aufgewendet. Diese Mittel werden durch die bestehenden Fonds vergeben, die tiefgreifend
reformiert wurden, d.h. den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), den
Europäischen Sozialfonds (ESF), den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die
Landwirtschaft (EAGFL) sowie das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei
(FIAF). Sie sollen die Anstrengungen der Staaten, Regionen und privaten Investoren
stimulieren und ergänzen. Für den Zeitraum 1993-1999 stehen für Strukturmaßnahmen
(Strukturfonds und Kohäsionsfonds) 200&nbspMrd.zur Verfügung. So sind die Europäischen
Fonds das wichtigste Instrument der Wirtschafts- und Sozialpolitik zur Förderung der
innergemeinschaftlichen Solidarität.
Soziale Dimension
Mit gezielten sozialpolitischen Maßnahmen wird versucht, die gravierendsten
Disproportionen zu beseitigen. Der Europäische Sozialfonds (ESF) wurde 1961 eingerichtet,
um die Beschäftigungsmöglichkeiten und die räumliche und berufliche Mobilität der
Arbeitskräfte zu fördern. Dieser Fonds ergänzte das Instrumentarium der EGKS, das in den
60er Jahren stark in Anspruch genommen wurde, als es darum ging, Tausende von Bergleuten
umzuschulen, die durch Zechenstillegungen erwerbslos geworden waren.
Die finanzielle Hilfe ist nicht das einzige Instrument, das die sozialpolitischen Bestrebungen
der Gemeinschaft verdeutlicht. Sie würde auch nicht ausreichen, um allen Krisensituationen
und den Entwicklungsrückständen bestimmter Regionen abzuhelfen. Die dynamischen
Wachstumskräfte, die durch die Politik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft gestärkt
werden, sollen in erster Linie den sozialen Fortschritt fördern. Entsprechende Impulse gehen
insbesondere von Rechtsvorschriften aus, die auf europäischer Ebene einen "Sockel" von
Mindestrechten gewährleisten. Die Grundlage für diesen sozialen Raum bilden zum einen die
im Vertrag verankerten Regeln, wie etwa der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und
Frauen bei gleicher Arbeit, zum anderen die unlängst verabschiedeten Richtlinien, die den
Schutz der Arbeitnehmer (Hygiene und Sicherheit am Arbeitsplatz) und die Anerkennung von
grundlegenden Sicherheitsvorschriften betreffen.
In dem Protokoll zur Anwendung der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der
Arbeitnehmer hat der Europäische Rat im Dezember 1991 in Maastricht die Rechte festgelegt,
die in der gesamten Gemeinschaft für die Arbeitswelt gelten sollten: Freizügigkeit, gerechte
Entlohnung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, sozialer Schutz, Koalitionsfreiheit und
Tarifverhandlungen, berufliche Bildung, gleiches Entgelt für Männer und Frauen bei gleicher
Arbeit, Unterrichtung, Anhörung und Mitwirkung der Arbeitnehmer, Gesundheitsschutz und
Sicherheit am Arbeitsplatz, Schutz der Kinder, der älteren Menschen und der Behinderten.
Aufgrund der veränderten Haltung der neuen britischen Labour-Regierung wurde im Juni
1997 in Amsterdam beschlossen, dieses Sozialprotokoll in den für die 15 Mitgliedstaaten
anwendbaren Hauptteil des Vertrages zu integrieren.
Beschäftigungspolitik
Während sie unaufhaltsam auf dem Wege zur Wirtschafts- und Währungsunion
voranschreiten, wurden sich die Mitgliedstaaten bewußt, welch große Erwartungen die
Unionsbürger in eine aktivere Beschäftigungspolitik setzen. Das Vertrauen der Europäer in
die Vorteile und die Zukunft des europäischen Aufbauwerks sind schwer mit der Tatsache
vereinbar, daß in allen Mitgliedstaaten eine strukturelle Arbeitslosigkeit herrscht, von der
1997 noch 17,9Menschen betroffen waren. Deshalb wurde in den Vertrag von Amsterdam ein
neues Kapitel zur Beschäftigungspolitik aufgenommen, das dieses Thema zu einem
Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik der Union macht. Auf der Tagung des Europäischen
Rates am 20. und 21. 1997 in Luxemburg legten die 15 Mitgliedstaaten eine gemeinsame
Strategie zur Stärkung der Politik der Mitgliedstaaten vor allem im Bereich der beruflichen
Bildung, der Hilfe für Existenzgründer und der Verbesserung des sozialen Dialogs fest. Es
wurden beschäftigungspolitische Leitlinien beschlossen, deren Umsetzung regelmäßig durch
die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsinstitutionen nach einem gemeinsamen Verfahren
der Ergebnisbewertung kontrolliert werden soll.
Die Finanzierung der Gemeinschaftspolitiken
Der Europäische Rat von Edinburgh nahm am 12. Dezember 1992 die Finanzielle
Vorausschau für 1993-1999 an. Sie sah eine Erhöhung des Gemeinschaftshaushalts von 69
Mrd. ECU (Verpflichtungsermächtigungen) für 1993 auf 84 Mrd. ECU für 1999 vor.
Die Obergrenze der Eigenmittel der Gemeinschaft wurde leicht angehoben (von derzeit 1,2%
auf 1,27 % des BSP der Gemeinschaft).
Die infolge dieser Erhöhung verfügbaren Mittel werden auf drei vorrangige Ziele
konzentriert: Ausbau der Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich der Außenbeziehungen
(aufgrund der fortschreitenden Integration wird die Bedeutung der Gemeinschaft auf
internationaler Ebene zunehmen), Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts
(als unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen des Binnenmarktes) und Errichtung der
Wirtschafts- und Währungsunion sowie Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen
Unternehmen.
Auf der Grundlage von Initiativen der Kommission wurden die in den Beschlüssen von
Maastricht vorgesehen Neuerungen eingeführt: Errichtung eines Kohäsionsfonds zugunsten
Griechenlands, Spaniens, Portugals und Irlands, neue Leitlinien für die Wettbewerbspolitik,
Einführung einer Industriepolitik, Förderung der Forschung und technologischen
Entwicklung, Stärkung der Sozialpolitik und der beruflichen Bildung, Ausbau der
bestehenden Infrastrukturnetze.
Der neuen Politik der Union liegen zwei Leitgedanken zugrunde: der Grundsatz der
Subsidiarität, nach dem die Gemeinschaft - ausgenommen die Bereiche, in denen sie
ausschließliche Zuständigkeit besitzt - nur dann tätig wird, wenn ihre Intervention wirksamer
ist als eine Intervention auf nationaler Ebene und der Grundsatz der Solidarität, der die
Voraussetzung für die Realisierung des Gemeinschaftsziels "Stärkung des wirtschaftlichen
und sozialen Zusammenhalts" bildet.
Die Herausforderung besteht darin, unter Einhaltung einer für die erfolgreiche Realisierung
der WWU erforderlichen strengen Haushaltsdisziplin und trotz begrenzter
Finanzierungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten die Grundsätze der Subsidiarität und der
Solidarität miteinander in Einklang zu bringen und - ungeachtet der zusätzlichen finanziellen
Anstrengungen - den Abbau der regionalen Unterschiede zu ermöglichen.
Da die Finanzplanung nur bis zum 31. Dezember 1999 feststeht, legte die Kommission im Juli
1997 ein Dokument unter dem Titel "Agenda 2000" vor, das insbesondere den neuen
Herausforderungen Rechnung trägt, denen die Union sich im Zeitraum 2000-2006
gegenübersieht. Im Mittelpunkt stehen dabei die Perspektive des Beitritts mehrerer Länder
aus Mittel- und Osteuropa sowie die Notwendigkeit, die öffentlichen Ausgaben zu
beschränken und den zunehmenden Sorgen einiger Mitgliedstaaten hinsichtlich ihres
finanziellen Beitrags zum EU-Haushalt zu begegnen. Deshalb schlägt die Kommission vor,
für die Jahre 2000-2006 einen haushaltspolitischen "Status-quo" festzuschreiben, indem die
Eigenmittelobergrenze von 1,27&nbsp% des BSP beibehalten und gleichzeitig die
unerläßlichen Finanzströme gewährleistet werden, um den Grundsatz der Solidarität zwischen
den Mitgliedstaaten sowie zwischen der Union und den Beitrittsländern Rechnung zu tragen.
Was die Strukturfonds betrifft, so wird für die 15 Mitgliedstaaten ein Finanzrahmen von
210&nbspMilliarden vorgeschlagen, zu denen dann noch 20&nbspMilliardenaus dem
Kohäsionsfonds hinzukommen. Um diese Finanztransfers rationeller und wirksamer zu
gestalten, schlägt die Kommission vor, die Zahl der vorrangigen Ziele auf drei zu reduzieren:

Ziel 1 beinhaltet die Hilfe für die Regionen, deren Pro-Kopf-BIP weniger als
75&nbsp% des Gemeinschaftsdurchschnitts beträgt. Hierfür sollen 2/3 aller Mittel
aufgewandt werden.

Ziel 2 betrifft die übrigen Regionen mit Strukturproblemen, d.h. in
wirtschaftlichem Wandel begriffene Gebiete, ländliche Gebiete mit rückläufiger
Entwicklung, von der Fischerei abhängige Krisengebiete und um städtische
Problemgebiete.

Ziel 3 besteht in der Entwicklung der Humanressourcen und der Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit entsprechend dem neuen Beschäftigungskapitel im Vertrag.
Darüber hinaus wird in der Agenda 2000 eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, um die
Heranführungsstrategie und die regionalen Kohäsionsanstrengungen gegenüber den neuen
Beitrittsländern zu verstärken (siehe Kapitel VIII).
Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
Im Juni 1992 beschloß der Rat eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, deren Ziel es ist,
bei Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit die Kosten zu senken.
Die in Artikel 33 (bisher Artikel 39) des Römischen Vertrages festgelegten Ziele der GAP,
nämlich den Landwirten einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen, die Märkte zu
stabilisieren, den Verbrauchern angemessene Preise zu sichern und die landwirtschaftlichen
Strukturen zu modernisieren, sind heute weitgehend erreicht. Die Grundsätze der Einheit des
Marktes, der Gemeinschaftspräferenz und der finanziellen Solidarität haben sich im Rahmen
einer defizitären Landwirtschaft bewährt. Die Sicherstellung der Versorgung der Verbraucher
zu stabilen, von den Schwankungen des Weltmarkts unbeeinflußten Preisen wurde
gewährleistet. Die Landflucht und die Modernisierung der landwirtschaftlichen Berufe ließen
den Anteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung an der Erwerbsbevölkerung der EU von 20
auf unter 8&nbsp% schrumpfen und förderten die Schaffung eines wettbewerbsfähigen
Produktionssektors.
Die Agrarpolitik ist zum Opfer ihres eigenen Erfolges geworden. Sie muß heute ihre
Konzepte neu bestimmen, um das Produktionswachstum (im Zeitraum 1973 bis 1988 jährlich
2&nbsp%) zu begrenzen, das die Zunahme des Verbrauchs (0,5&nbsp% jährlich) bei weitem
überschreitet und derart hohe Kosten zu Lasten des Gemein schaftshaushalts verursacht, daß
dadurch die Weiterentwicklung anderer Politiken gefährdet wird. Das Hauptziel der Reform
besteht darin, die Beihilfen von Produktionsvolumen abzukoppeln, um so der Qualität den
Vorrang zu geben, ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Produktion und Nachfrage
herzustellen und die die Umwelt belastende Intensivbewirtschaftung zu reduzieren.
Obwohl diese Maßnahmen an der Schwelle zum neuen Jahrtausend erste Früchte tragen, sind
in der europäischen Landwirtschaft weitere Anpassungsschritte erforderlich, um für die
wichtigsten Herausforderungen gewappnet zu sein, so die Erweiterung der Europäischen
Union auf die Länder Mittel- und Osteuropas, die in der Mehrzahl noch Agrarländer sind, die
Eröffnung einer neuen Etappe multilateraler Verhandlungen am 1. Januar 2000 und die
Verabschiedung des neuen Finanzrahmens der Gemeinschaft. In den in ihrer Agenda 2000
festgelegten Leitlinien für die Gemeinsame Agrarpolitik schlägt die Kommission vor, die
Reform von 1992 weiter zu vertiefen, indem die Preise für Agrarerzeugnisse in den Sektoren
Ackerkulturen, Rindfleischerzeugung und Milchproduktion weiter gesenkt werden und den
Erzeugern ein Ausgleich in Form von Direktzahlungen gewährt wird.
FORTSCHRITTSORIENTIERTE POLITIKEN
Im Zuge der Vollendung des Binnenmarktes hat sich die Tätigkeit der Gemeinschaft
schrittweise auf zahlreiche andere Bereiche ausgeweitet. Die europäische Dimension reicht
heute bis in den Alltag der Bürger hinein, da sie die konkreten Herausforderungen der
Gesellschaft aufgreift: Umweltschutz, Gesundheit, Verbraucherrechte, Wettbewerb und
Sicherheit im Verkehr, Bildung, Zugang zur Kultur. Die Frage ist jedoch, ob Europa auch in
diesen Bereichen tätig werden soll oder muß, da doch die demokratisch verfaßten
Mitgliedstaaten durchaus in der Lage sind, in der Tätigkeit der nationalen oder lokalen
Behörden den Erwartungen und Bedürfnissen der Bürger gerecht zu werden. Die Antwort
liegt auf der Hand: Die Tragweite bestimmter Probleme erfordert grenzübergreifend
abgestimmtes Handeln, für das in den meisten Fällen die Gemeinschaft die geeigneten
Vorschriften erlassen und die angemessenen Mittel bereitstellen kann. Es ist sogar
festzustellen, daß die Lösungen der Union in vielen Fällen Ausgangspunkt für weitere
Fortschritte und Anregungen waren und daß sie Möglichkeiten bieten, die noch intensiver
genutzt werden müßten.
So sah sich die Kommission im Ergebnis der schweren Vertrauenskrise, die durch das
Auftreten der Bovinen Spongiformen Enzephalopathie (BSE), des sogenannten
Rinderwahnsinns, ausgelöst worden war, veranlaßt, ein Embargo für zahlreiche Erzeugnisse
des Rindfleischsektors zu verhängen. Auf der Grundlage der Schlußfolgerungen, die am 8.
November 1997 von einem zeitweiligen Untersuchungsausschuß vorgelegt wurden,
unterstützte das Europäische Parlament die Bemühungen der Kommission um die
Umstrukturierung ihrer Dienste und die Intensivierung der gemeinschaftlichen Aktionen
zugunsten der öffentlichen Gesundheit.
Um den Anliegen der Bürger zu entsprechen, wurden die Vertragsbestimmungen zur
öffentlichen Gesundheit und zum Verbraucherschutz in Amsterdam deutlich ausgebaut.
Insbesondere im Umweltbereich ist das Zusammenwirken zwischen der Öffentlichkeit und
den Institutionen der Gemeinschaft am stärksten ausgeprägt. Nachdem sich in weiten Teilen
der Öffentlichkeit die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß nicht nur die Natur geschützt, sondern
auch der Verbraucherschutz und der Schutz der menschlichen Lebensqualität verstärkt
werden muß, hat die Union mit konkreten Maßnahmen wie gemeinsamen Normen für die
Bekämpfung der Luftverschmutzung, Reduzierung der die Ozonschicht schädigenden
Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), Klärung städtischer Abwässer, Überwachung
chemischer Produkte, Abfallwirtschaft, Verringerung der Lärmbelästigung durch Fahrzeuge
usw. reagiert.
Doch die Verschärfung der Normen und Rechtsvorschriften für den Umweltschutz bringen
nicht nur Auflagen mit sich. Die EU stellte auch finanzielle Mittel bereit, um entsprechende
Vorhaben zu fördern oder Unternehmer bei der Anpassung an die Gemeinschaftsvorschriften
zu unterstützen.
Die Europäische Gemeinschaft war sich von Anfang an darüber im klaren, daß die Zukunft
Europas von der Fähigkeit seiner Mitgliedstaaten abhängt, ihre Stellung im technologischen
Wettbewerb zu behaupten, und daß gemeinsam durchgeführte Forschungsvorhaben als
Zukunftsinvestition mobilisierende Wirkung zeitigen. Zusammen mit der EWG wurde 1958
die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) gegründet, die sich mit der gemeinsamen
Nutzung der Kernenergie zu zivilen Zwecken befaßt. Die Gemeinschaft verfügt über ein
eigenes Forschungszentrum, die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS), die aus neun Instituten
an vier Standorten besteht: Ispra (Italien), Karlsruhe (Deutschland), Petten (Niederlande) und
Geel (Belgien). Der innovative Wettbewerb erforderte jedoch eine möglichst intensive
Zusammenarbeit der Wissenschaftler. Hierzu mußten Forschungsvorhaben vernetzt, die
industriellen Anwendungen ausgebaut sowie Bürokratismus und finanzielle Hürden
überwunden werden.
Die Politik der Gemeinschaft versteht sich als Ergänzung zu der Politik der Mitgliedstaaten.
Unterstützt werden vorzugsweise Vorhaben, bei denen Forschungsinstitute aus verschiedenen
Mitgliedstaaten zusammenarbeiten. Das betrifft sowohl die
Grundlagenforschung, z.B. auf dem Gebiet der kontrollierten Kernfusion - der
potentiell unerschöpflichen Energiequelle des 21.(JET-Programm, Joint
European Torus) - als auch Projekte in den unter starkem Wettbewerbsdruck
stehenden strategischen Industriezweigen wie Elektronik und Datenverarbeitung.
Das von der Kommission vorgeschlagene und mit einem Finanzvolumen in
Höhe von 16,3 Mrd. ECU ausgestattete Fünfte Forschungsrahmenprogramm 1999-2003 gibt
der Gemeinschaft die Möglichkeit, eine Reihe unterschiedlicher Programme zu finanzieren,
durch die gemeinschaftsweit Kontakte zwischen Tausenden von Wissenschaftlern hergestellt
werden.
Die transeuropäischen Netze
Auf der Grundlage der im Weißbuch "Wachstum, Wettbewerb und Beschäftigung" der
Kommission formulierten Vorschläge hat der Europäische Rat am 25. Juni 1994 elf
bedeutende Vorhaben im Verkehrsbereich beschlossen. An erster Stelle ist der Bau von
Hochgeschwindigkeitsstrecken zu nennen, die die Metropolen mehrerer Mitgliedstaaten
miteinander verbinden sollen. Im Rahmen weiterer Projekte sollen zusätzliche Arbeitsplätze
mit dem Ziel geschaffen werden, die Wirtschaft anzukurbeln und gleichzeitig die für den
europäischen Kontinent notwendige Infrastruktur auf den Gebieten Information
("Datenautobahnen") und Energie aufzubauen. Als Beitrag zur Finanzierung dieser Projekte
wurde aus dem EU-Haushalt 1997 eine halbe Milliarde ECU bereitgestellt.
DIE WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION (WWU)
Als logische Ergänzung zum Binnenmarkt wird die Wirtschafts- und Währungsunion
die europäische Einigung auch politisch einen bedeutenden Schritt voranbringen. Die
Ablösung der Währungen, die für die europäischen Länder jahrhundertelang Symbol
und Werkzeug ihrer Souveränität waren, durch eine gemeinsame Währung ist ein
Unternehmen, für das es weder in unserer Geschichte seit dem Römischen Reich noch in
der übrigen Welt einen Präzedenzfall gibt. Die gemeinsame Währung soll am 1. Januar
1999 eingeführt werden und ab 1. Januar 2002 die nationalen Währungen ablösen und
so dazu beitragen, daß sich beim Bürger das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer neuen
Einheit verfestigt.
Die Schaffung der einheitlichen europäischen Währung ist das Ergebnis eines langwierigen
Entwicklungsprozesses.
Bereits 1970 schlug der Werner-Bericht die Errichtung einer Wirtschafts- und
Währungsunion in drei Stufen in einem Zeitraum von zehn Jahren vor. Doch der politische
Wille der Mitgliedstaaten zur Errichtung einer solchen Union erlahmte infolge der
Auswirkungen der ersten Erdölkrise und verlor seine Dynamik.
1972 wurde der unter dem Namen "Europäische Währungsschlange" bekannte europäische
Währungsverbund gegründet. 1974 verabschiedete der Rat eine Entscheidung, mit der ein
hoher Grad an wirtschaftlicher Konvergenz in der Gemeinschaft erreicht werden sollte, sowie
eine Richtlinie über Stabilität, Wachstum und Vollbeschäftigung. Doch die zunehmende
wirtschaftliche Instabilität höhlte das Fundament aus, auf dem das System basierte: der
Französische Franc, das Englische Pfund und die Italienische Lira verließen die
Währungsschlange.
DIE EUROPÄISCHE WÄHRUNGSSYSTEM (EWS)
Auf der Europäischen Ratstagung am 6. und 7. Juli 1978 in Bremen beschlossen die Staatsund Regierungschefs die Errichtung eines Europäischen Währungssystems (EWS), das am 13.
März 1979 in Kraft trat.
Dies war ein erster erfolgreicher Schritt auf dem Wege zu einer stabilen Währungszone,
kräftigem Wachstum und größerer Investitionsbereitschaft in Europa.
Das EWS stützt sich im wesentlichen auf drei Pfeiler:

Der Ecu: als zentrales Element im EWS stellt er einen Korb dar, in den alle
Währungen der Mitgliedstaaten eingehen.

Wechselkurs- und Interventionsmechanismen: Jeder Einzelwährung wird ein
Leitkurs zum ECU zugeordnet. Daraus ergeben sich bilaterale Wechselkurse, die
bis August 1993 innerhalb einer Bandbreite 2,25&nbsp% (in Ausnahmefällen bis
zu 6&nbsp%) schwanken konnten. Diese Spanne wurde seitdem nach starken
Turbulenzen auf dem Wechselkursmarkt auf ±&nbsp15&nbsp% erweitert.

Kreditmechanismen: sobald der bilaterale Wechselkurs die Grenze der Spanne von
±&nbsp15&nbsp% erreicht, sind die Zentralbanken verpflichtet, in unbegrenzter
Höhe zu intervenieren, um zu verhindern, daß diese Schwelle überschritten wird.
Das EWS hat zur Schaffung einer zunehmend stabilen Währungszone in Europa beigetragen,
doch wurde das Potential des EWS bei weitem nicht ausgeschöpft, da mehrere
Mitgliedstaaten dem Währungsmechanismus nicht beitraten oder größere Bandbreiten in
Anspruch nahmen. Die mangelnde Konvergenz der Haushaltspolitiken führte zu Spannungen,
und die Einheit des Binnenmarktes wurde durch zahlreiche wettbewerbsbedingte
Abwertungen gefährdet.
Die letzten Etappen auf dem Weg zur WWU
Um die nichttarifären Hemmnisse für den freien Waren-, Kapital-, Dienstleistungs- und
Personenverkehr abzuschaffen und den Binnenmarkt zu vollenden, erwies sich die
gemeinsame Währung sehr bald als unabdingbare Notwendigkeit.
Auf der Grundlage des von Kommissionspräsident Jacques Delors im Juni 1989 vorgelegten
Berichts legte der Europäische Rat auf seiner Tagung in Madrid die allgemeinen Grundsätze
für die Wirtschafts- und Währungsunion fest: Einführung einer einheitlichen Währung,
stufenweise Verwirklichung der WWU, wobei die erste Stufe am 1.1990 beginnen sollte sowie parallele Entwicklung des währungspolitischen und des wirtschaftspolitischen
Bereichs.
In dieser ersten Phase verpflichteten sich die Mitgliedstaaten, "Konvergenzprogramme" zur
Annäherung und Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Leistungen vorzulegen und so feste
Wechselkurse zwischen ihren Währungen zu ermöglichen.
Der Vertrag von Maastricht
Durch den am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeichneten Vertrag wurde das Ziel einer
einheitlichen Währung unwiderruflich festgeschrieben und ein Zeitplan für deren Einführung
in drei Stufen festgelegt.
Für den Eintritt in die dritte Stufe wurden folgende Kriterien festgelegt:

Preisstabilität: Die Inflationsrate darf nicht mehr als 1,5über dem Mittelwert der
drei Mitgliedstaaten mit der geringsten Inflation liegen.

Zinssätze: Der durchschnittliche langfristige Nominalzinssatz darf um nicht mehr
als 2über dem entsprechenden Satz in den drei Mitgliedstaaten mit den
niedrigsten Zinssätzen liegen.

Haushaltsdefizite: Die nationalen Haushaltsdefizite dürfen 3&nbsp% des
Bruttosozialprodukts nicht übersteigen.

Verschuldung: Die öffentliche Verschuldung darf 60&nbsp% des
Bruttosozialprodukts nur übersteigen, wenn die entsprechende Entwicklung
rückläufig ist.

Währungsstabilität: Ein Mitgliedstaat darf seine Währung in den zwei Jahren vor
der Überprüfung der Kriterien nicht abgewertet und die vom EWS vorgesehene
Bandbreite von 2,25&nbsp% nicht überschritten haben.
Die zweite Stufe der WWU, die am 1. Januar 1994 begann, stellte eine Übergangszeit dar,
während derer die Konvergenzbemühungen weitergeführt und ausgeweitet wurden. Das
Europäische Währungsinstitut (EWI) mit Sitz in Frankfurt wurde gegründet. Es hat die
Aufgabe, die Koordinierung der Geldpolitiken zu verstärken, die Verwendung des ECU zu
fördern und die für die dritte Stufe vorgesehene Errichtung der Europäischen Zentralbank
vorzubereiten.
Die Staats- und Regierungschefs gaben auf der Tagung des Europäischen Rates am 15. und
16. 1995 in Madrid der künftigen europäischen Währung den Namen "Euro" und beschlossen
die technischen Modalitäten für deren Einführung.
Die dritte Stufe beginnt am 1. Januar 1999. Im Mai 1998 ermitteln die Finanzminister der
Fünfzehn auf der Grundlage der Berichte der Kommission und des EWI die Mitgliedstaaten,
die die für die Einführung einer einheitlichen Währung notwendigen Voraussetzungen
erfüllen. Nach Auffassung der Kommission wird gemäß der wirtschaftlichen Vorausschau für
die nächsten Jahre die Mehrzahl der Staaten die für den Euro festgelegten Kriterien zum 1.
Januar 1999 erfüllen. Der Rat wird auf der Ebene der Staats- bzw. Regierungschefs nach
Stellungnahme des Europäischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit die endgültige
Entscheidung darüber treffen, welche Mitgliedstaaten die erforderlichen Voraussetzungen für
die Einführung der gemeinsamen Währung erfüllen.
Mit Beginn der dritten Stufe werden die Wechselkurse der beteiligten Mitgliedstaaten
unwiderruflich festgelegt und die Europäische Zentralbank errichtet. Als
regierungsunabhängige Einrichtung wird sie die Währungspolitik der teilnehmenden Staaten
verwalten. Die Staaten, die noch nicht zu dieser Gruppe gehören, werden sich ihr anschließen,
sobald ihre wirtschaftliche Leistungskraft dies zuläßt bzw. sobald sie die entsprechende
politische Entscheidung treffen.
Für Verwaltungen und Banken soll die Einführung der gemeinsamen Währung am 1.1999
erfolgen. Spätestens am 1. Januar 2002 müssen Münzen und Banknoten in Euro in Umlauf
gebracht werden. Die Münzen weisen eine einheitliche Vorderseite auf, die auf dem
Europäischen Rat von Amsterdam offiziell vorgestellt wurde. Bei den technischen
Gesprächen im Vorfeld wurden hinsichtlich der Form und der Gestaltung auch Meinungen
von sehbehinderten Personen und Verbraucherverbänden eingeholt.
Am 1. Juli 2002 wird der Euro in den Mitgliedstaaten, die an der gemeinsamen Währung
teilnehmen, an die Stelle der nationalen Währungen treten. In der Zeit zwischen diesen beiden
Zeitpunkten ist eine doppelte Preisauszeichnung in Euro und in nationaler Währung
vorgesehen, um es den europäischen Verbrauchern zu ermöglichen, sich allmählich mit der
neuen Währung vertraut zu machen.
In dem Vertrag beigefügten Protokollen behalten sich Dänemark und das Vereinigte
Königreich vor, selbst dann nicht in die dritte Stufe einzutreten, wenn sie die Kriterien
erfüllen (Opting-out-Klausel). Dänemark hat sich in einer Volksbefragung gegen eine
Teilnahme ausgesprochen. Auch Schweden hat Vorbehalte geäußert.
In Ergänzung der Bestimmungen des Vertrages von Maastricht nahm der Europäische Rat am
17.1997 in Amsterdam zwei wichtige Entschließungen an:

Die erste Entschließung zum "Stabilitäts- und Wachstumspakt" verpflichtet die
Mitgliedstaaten, ihre Haushaltsdisziplin beizubehalten, die durch eine multilaterale
Überwachung und ein Verbot zu hoher Defizite gewährleistet werden soll.

Die zweite Entschließung betrifft das Wachstum und besagt, daß die
Mitgliedstaaten und die Kommission sich verpflichtet haben, der
Beschäftigungspolitik als vorrangiges politisches Anliegen der Union neue Impulse
zu verleihen.
Im Rahmen der am 13. Dezember 1997 in Luxemburg angenommenen Entschließung über die
"wirtschaftspolitische Koordinierung in der dritten Stufe der WWU" traf der Europäische Rat
eine wichtige Festlegung, die vorsieht, daß die "Minister der dem Euro-Währungsgebiet
angehörenden Staaten in informellem Rahmen Fragen erörtern können, die im
Zusammenhang mit ihrer gemeinsam getragenen besonderen Verantwortung für die
gemeinsame Währung stehen". Auf diese Weise haben die Regierungschefs der Fünfzehn den
Weg für einen Annäherungsprozeß geebnet, der die Länder, die den Euro eingeführt haben,
über die Währungsunion hinaus auch in ihrer Konjunktur-, Haushalts-, Sozial- und
Steuerpolitik noch weiter zusammenführen soll.
Die Einführung der gemeinsamen Währung bis zur Jahrtausendwende stellt eine große
Herausforderung für die Europäische Union dar, die nur zu meistern ist, wenn die beteiligten
Staaten über den notwendigen politischen Willen verfügen. Zugleich hängt der Erfolg des
Euro auch von der Schlüsselfrage ab, daß die Öffentlichkeit eine Neuerung akzeptiert, die den
Alltag jedes einzelnen Bürgers berührt.
Der Zeitplan für den Euro
10. Dezember 1991 : Unterzeichnung des Vertrages über die
Europäische Union

Beschluß zur Schaffung der Währungsunion und
Annahme von fünf Konvergenzkriterien
1. Januar 1994 : zweite Stufe der WWU (Übergangsphase)

Gründung des EWI in Frankfurt;

Stärkung der Verfahren zur Koordinierung der
Wirtschaftspolitiken auf europäischer Ebene;

Bekämpfung übermäßiger Defizite und Politik der
wirtschaftlichen Konvergenz der Mitgliedstaaten;

Unabhängigkeit der nationalen Zentralbanken.
16. Dezember 1995 : Europäischer Rat in Madrid

Beschlußfassung über die Bezeichnung "Euro";

Festlegung der technischen Modalitäten für die
Einführung des Euro und des Zeitplans für den Übergang
zur gemeinsamen Währung.
14. Dezember 1996 : Europäischer Rat in Dublin

Beschluß eines Paktes für Haushaltsstabilität und
Wachstum

rechtlicher Status des Euro.
16. Juni 1997 : Europäischer Rat von Amsterdam;

Bestätigung des Stabilitäts- und Wachstumspakts;

Verabschiedung von Verordnungen über den rechtlichen
Status des Euro;

Entschließung über die Wechselkursmechanismen
gegenüber den nicht dem Euro-Währungsgebiet
angehörenden Ländern;

Entscheidung über Form und Gestalt der Münzen.
13. Dezember 1997 : Europäischer Rat in Luxemburg:

Entschließung über die wirtschaftspolitische
Koordinierung in der dritten Stufe der WWU
(multilaterale Überwachung) sowie über Artikel 109 und
109b des Vertrages (Wechselkursfestlegung nach außen;
internationale Vereinbarungen)
1. und 2. Mai 1998: Der Europäische Rat legt die Länder fest, die
auf der Basis der Konvergenzkriterien am Euro teilnehmen;

Anhörung des Europäischen Parlaments;

Festlegung der unwiderruflichen bilateralen
Wechselkurse.
1998 : Errichtung der Europäischen Zentralbank (EZB),

Ernennung ihres Direktoriums

Aufnahme der Produktion der Banknoten und Münzen.
1. Januar 1999 :

Dritte Stufe der WWU; der Euro wird zur vollwertigen
Währung;

Einführung des Euro für Banken und Unternehmen.
1. Januar 2002 : Einführung des Euro;

Beginn des Umlaufs der Münzen und Geldscheine.
spätestens 1. Juli 2002: Münzen und Geldscheine in nationaler
Währung sind kein gesetzliches Zahlungsmittel mehr.
DIE AUßEN- UND VERTEIDIGUNGSPOLITIK
Das aus dem Bemühen um Frieden und Versöhnung hervorgegangene Europa hat seit
dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu keinem Zeitpunkt versucht, in der Welt auf andere
Weise zu Ansehen zu gelangen als mit den Mitteln seiner exemplarischen
Schlichtungsmechanismen. In dem Maße, wie die Bedeutung der Gemeinschaft in
Wirtschaft und Handel zunahm, nahm man ihre Hilfe als Vermittler und als
ausgleichende Kraft in der Welt in Anspruch.
Nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) traten Deutschland
und Italien am 30.&nbspAugustder Westeuropäischen Union (WEU) bei, die 1948 von
Belgien, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich auf der
Grundlage eines Paktes zur kollektiven Ver teidigung und politischen Konsultation gegründet
worden war. Garantie für eine mehr als vier Jahrzehnte andauernde Sicherheit bot den
westeuropäischen Ländern dann jedoch der euro-atlantische Rahmen, die Nordatlantische
Allianz, in der sie seitdem im engen Bündnis mit den Vereinigten Staaten und Kanada
zusammenarbeiten.
Es bedurfte der Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte 1986, damit die von den
Mitgliedern der Europäischen Gemeinschaft nach rein pragmatischen Gesichtspunkten
eingeführten Verfahren der politischen Zusammenarbeit in die Gemeinschaftsverträge
aufgenommen wurden. Die vom Europäischen Rat und dem Rat der Außenminister
eingerichtete Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) war vor allem auf gegenseitige
Konsultationen der Außenminister und zwischenstaatliche Koordinierung angelegt, bezog
jedoch die anderen Gemeinschaftsorgane wie Parlament und Kommission nur am Rande mit
ein.
Dennoch haben die Kooperationsmechanismen bewirkt, daß die europäische Identität in den
internationalen Gremien wie der UNO ständig zum Ausdruck kommt und das Bild einer
kohärenten Außenpolitik der Gemeinschaft vermittelt wird.
Die Veränderung der geopolitischen Landschaft des europäischen Kontinents, die sich mit der
Auflösung des Warschauer Paktes, der Einigung Deutschlands, dem Zerfall der Sowjetunion begleitet vom Wiederaufflammen nationalistischer Konflikte, die sich zum Bürgerkrieg
ausweiteten - und dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens seit 1989 vollzog, veranlaßte die
Mitgliedstaaten, die politische Zusammenarbeit auf eine neue Grundlage zu stellen.
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
Der Vertrag über die Europäische Union begründet eine echte Politische Union, die sich
künftig auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) mit folgender
Zielstellung stützen wird:

"Wahrung der gemeinsamen Werte, der grundlegenden Interessen und der
Unabhängigkeit der Union;

Stärkung der Sicherheit der Union und ihrer Mitgliedstaaten in allen ihren Formen;

Wahrung des Friedens und die Stärkung der internationalen Sicherheit;

Förderung der internationalen Zusammenarbeit;

Entwicklung und Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die
Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten."
Diese Ziele können auf zweierlei Weise umgesetzt werden: durch "Einrichtung einer
regelmäßigen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Führung ihrer Politik", indem
gemeinsame Standpunkte festgelegt werden, sowie "durch stufenweise Durchführung
gemeinsamer Aktionen in den Bereichen, in denen wichtige gemeinsame Interessen der
Mitgliedstaaten bestehen".
Im Rahmen ihrer systematischen Zusammenarbeit informieren und konsultieren die
Mitgliedstaaten sich gegenseitig zu allen außen- und sicherheitspolitischen Fragen von
allgemeinem Interesse. Gemeinsame Standpunkte werden festgelegt, sobald der Rat dies für
erforderlich hält. Sie sind bindend für die Mitgliedstaaten, die dafür Sorge tragen, daß ihre
einzelstaatliche Politik sowie ihr Handeln in internationalen Gremien damit in Einklang
stehen.
Der Europäische Rat bleibt die höchste Autorität, die im Wege des Konsens die allgemeinen
Leitlinien der Außenpolitik bestimmt; der Grundsatz der gemeinsamen Aktionen der
Fünfzehn wird beibehalten.
Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit (soweit es sich um eine Frage handelt, die von ihm
einstimmig festgelegt wurde) gemeinsame Aktionen beschließen, um das Vorgehen der
Mitgliedstaaten und ihre Stellungnahmen zu vereinheitlichen. Die Europäische Union nimmt
in gemeinsamen Erklärungen Stellung zu internationalen Ereignissen, insbesondere zu
Verletzungen der Menschenrechte. So bestehen in einer institutionellen Struktur
gemeinschaftliche und intergouvernementale Verfahren nebeneinander.
Die GASP bildet eine Säule der Europäischen Union und umfaßt alle Bereiche der
Außenpolitik, einschließlich der Sicherheit. Die Bestimmungen, die die GASP regeln,
berühren in keiner Weise den "besonderen Charakter der Sicherheits- und
Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten". So genießen die neutralen Staaten
weiterhin einen besonderen Status, und Frankreich und das Vereinigte Königreich können
ihre eigenständige Verteidigungspolitik als Nuklearmächte fortsetzen.
Mit dem Vertrag von Amsterdam hat sich die Europäische Union mit neuen institutionellen
und operationellen Instrumenten ausgestattet. Die impulsgebende und orientierende Rolle
liegt jetzt bei dem Europäischen Rat, der "gemeinsame Strategien" beschließt, die durch
"gemeinsame Aktionen" und "gemeinsame Standpunkte" umgesetzt werden. Die Einführung
des Grundsatzes der Beschlußfassung mit qualifizierter Mehrheit über Aktionen und
Standpunkte des Rates in Anwendung gemeinsamer Beschlüsse des Europäischen Rates
erfolgte in Amsterdam mit der Annahme des Grundsatzes der konstruktiven Enthaltung, die es
in bestimmten Fällen einem Mitgliedstaat gestattet, sich an der Aktion nicht zu beteiligen,
ohne daß dadurch die Annahme durch die anderen verhindert wird.
Der Generalsekretär des Rates übt die neue Funktion des Hohen Vertreters für die GASP aus
und unterstützt den Rat, indem er insbesondere zur Formulierung, Vorbereitung und
Durchführung politischer Entscheidungen beiträgt. Der Rat kann darüber hinaus, wenn er es
für notwendig hält, einen Sonderbeauftragten ernennen, dem ein Mandat im Zusammenhang
mit besonderen politischen Fragen übertragen wird. Die große Neuerung dieses Vertrages
besteht jedoch in der Schaffung einer "Strategieplanungs- und Frühwarneinheit" innerhalb des
Rates. Die Aufgabe dieser Einheit ist es, die Entwicklungen in den unter die GASP fallenden
Bereichen zu überwachen und zu analysieren, Ereignisse oder Situationen zu bewerten, die
bedeutende Auswirkungen auf die Außen- und Sicherheitspolitik der Union haben können
und frühzeitig auf solche Ereignisse und Situationen hinzuweisen.
Auf dem Wege zu einer europäischen Verteidigungsidentität
Die Außen- und Sicherheitspolitik könnte langfristig zu einer gemeinsamen Verteidigung
führen. Die relativ vorsichtige Formulierung im Vertrag von Maastricht trägt zum einen den
Auffassungen der Mitgliedstaaten Rechnung, die die Bekräftigung einer
verteidigungspolitischen Identität Europas für notwendig halten, und zum anderen den
Befürchtungen jener, die nicht das Risiko der Auflösung der im Rahmen der atlantischen
Allianz gewachsenen solidarischen Bindungen eingehen wollen. Doch der Begriff
"gemeinsame Verteidigung" ist der Beweis für den Willen der EU-Mitgliedstaaten, weiter
voranzukommen auf dem Weg zu einer Europäischen Union, die auch die strategische und
militärische Dimension umfaßt.
Indem die Union "die Westeuropäische Union, die integraler Bestandteil der Entwicklung der
Europäischen Union ist, (ersucht,) die Entscheidungen und Aktionen der Union, die
verteidigungspolitische Bezüge haben, auszuarbeiten und durchzuführen", stellt die Union
eine Verbindung zu der einzigen für Verteidigungsfragen zuständigen europäischen
Organisation her. Die WEU, der zehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die den
Vertrag von Brüssel unterzeichnet haben, und fünf Beobachter (Irland, Dänemark, Österreich,
Finnland und Schweden) angehören, verfügt über eine in Paris tagende Versammlung mit 108
Mitgliedern und einen Ministerrat mit Sitz in Brüssel.
Indem die WEU neun mittel- und osteuropäischen Ländern den Status von "assoziierten
Partnern" gewährte und die am 27. Mai 1997 in Paris unterzeichnete Grundlagenakte
zwischen Rußland und der NATO befürwortete, unterstreicht die WEU ihre Solidarität mit
ihren unmittelbaren Nachbarn in Mittel- und Osteuropa in Fragen der Sicherheit.
Der Vertrag von Amsterdam nennt die von der WEU am 19. Juni 1992 festgelegten
Petersberg-Missionen (humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende
Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender
Maßnahmen). Die WEU unterstützt die Union bei der Festlegung der Aspekte der GASP, die
verteidigungspolitische Bezüge haben. Die Leitlinien für die Inanspruchnahme der WEU
durch die Union legt der Europäische Rat fest. Darüber hinaus empfiehlt der Vertrag von
Amsterdam die rüstungspolitische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, wie sie
innerhalb der WEU bereits über die gemeinsame Stelle für rüstungspolitische
Zusammenarbeit (OCCAR) eingeleitet wurde.
Die Frage einer eventuellen Integration der WEU in die Europäische Union ist jedoch noch
nicht entschieden. Der Vertrag von Amsterdam sieht, ohne Daten zu nennen, eine weitere
Regierungskonferenz vor, die die Durchführung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik
voranbringen soll.
Zahlreiche Fragen zu den Modalitäten der diplomatischen und militärischen Zusammenarbeit,
zu der sich die Mitgliedstaaten der Union verpflichtet haben, sind noch ungelöst. Gleichwohl
steht außer Zweifel, daß es einer Friedens- und Sicherheitsordnung bedarf, die den ganzen
Kontinent abdeckt und vor den Gefahren schützt, die weniger durch ideologische
Auseinandersetzungen als vielmehr durch das Wiederaufleben nationalistischer
Konflikte drohen. Wie kann nun die Europäische Union bei der Ausgestaltung
der neuen Spielregeln mitwirken? Welche Rolle soll dabei die Organisation für
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) spielen, der alle europäischen
Staaten, die Staaten der ehemaligen Sowjetunion, die USA und Kanada
angehören und die in der am 21.&nbspNovemberangenommenen "Charta von
Paris für ein neues Europa" als zentrales Gremium für politische Konsultationen
zu Fragen des neuen Europa bezeichnet wird? Wie soll die Aufgabenverteilung zwischen der
auf dem Gipfeltreffen in Rom im Novemberumgestalteten Nordatlantischen Allianz, der 1998
auch Polen, Ungarn und die Tschechische Republik beitreten sollen, auf der einen und der
Westeuropäischen Union und der Europäischen Union auf der anderen Seite aussehen? Der
europäische Stabilitätspakt, der am 21. März 1995 in Paris unterzeichnet wurde, ist ein erster
wesentlicher Beitrag der Europäischen Union zu einer Architektur der Sicherheit im neuen
Europa. Der Beschluß des Nordatlantikrates vom 3. Juni 1996 in Berlin, den Europäern für
Militäraktionen, die ausschließlich die Europäer betreffen, bestimmte Kapazitäten der NATO
zur Verfügung zu stellen (Combined Joint Task forces - CJTF), ist noch vielversprechender
und ebnet den Weg für die Herausbildung einer europäischen Verteidigungsidentität. So
könnte schrittweise die "europäische Säule" der Atlantischen Allianz aufgebaut werden, die
aus den Staaten der Europäischen Union besteht, die eine engere Zusammenarbeit sowohl in
der WEU als auch in der NATO anstreben.
DAS EUROPA DER BÜRGER
Ein Europa der Völker oder ein Europa der Händler? Das europäische Einigungswerk
ist ursprünglich aus einer politischen Vision der Gründerväter hervorgegangen, deren
Streben der Schaffung von Verhältnissen galt, die ein Wiederaufleben der
innereuropäischen Feindseligkeiten, die den Kontinent in Schutt und Asche gelegt
hatten, unmöglich machten. In dem Bestreben nach Effizienz entschieden sich die
Begründer der Gemeinschaft für ein pragmatisches, von konkreter Solidarität geprägtes
Vorgehen: Mit der Einführung einer gemeinsamen Kohle- und Stahlpolitik, des
Gemeinsamen Marktes, der Agrar- und Wettbewerbspolitik erhielt die Gemeinschaft
eine solide Grundlage. Das so entstandene Europa wird von seinen Kritikern als
technokratisch bezeichnet, weil es sich auf Sachverständige, Wirtschaftswissenschaftler
und Beamte stützt. Doch ohne den politischen Willen der Gemeinschaftsorgane hätte
das ursprünglich angestrebte Ziel niemals erreicht werden können.
Heute sind die in den Verträgen festgeschriebenen Ziele zum größten Teil erreicht: die
Binnenzölle sowie steuer- und ordnungspolitische Barrieren sind abgeschafft und behindern
nicht länger den freien Personen-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr. Jeder genießt in
seinem Alltag die Vorteile, die die Vollendung des Binnenmarktes mit sich bringt: Zugang zu
einer größeren Produktvielfalt, den Preisanstieg bremsender Wettbewerb, Maßnahmen zum
Schutz der Verbraucher und der Umwelt, europaweit nach strengsten Kriterien harmonisierte
Normen.
Den Bewohnern der Randregionen der Gemeinschaft kommen die verschiedenen
Strukturfonds zugute, so vor allem der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).
Die vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) vor
Jahrzehnten geschaffenen Preisstützungsmechanismen erweisen sich insbesondere für die
Landwirte als äußerst vorteilhaft.
Die im Haushaltsplan der Europäischen Union veranschlagten Mittel (über 91&nbspMrd.für
Zahlungsverpflichtungen 1998) werden fast ausschließlich für Maßnahmen aufgewendet, die
Auswirkungen auf den Alltag der Bürger haben.
Wurden die Bürger der Mitgliedstaaten bislang eher als Verbraucher oder Akteure des
Wirtschafts- und Soziallebens betrachtet, genießen sie nunmehr den Status von Bürgern der
Union. Seit Inkrafttreten des Römischen Vertrags im Jahre 1958 ist der europäische
Gesetzgeber bemüht, die Bestimmungen zur Förderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer,
des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit für freie Berufe mit
konkretem Inhalt zu füllen. Arbeitnehmern, die auf der Suche nach einem Arbeitsplatz in
einem andern Mitgliedstaat sind, dürfen keinerlei Beschränkungen im Zusammenhang mit
ihrer Staatsangehörigkeit auferlegt werden. Außerdem haben Arbeitnehmer und ihre Familien
gemäß Artikel 39 und 42 (bisher Artikel 48 und 51) EG-Vertrag in ihrem Aufnahmeland
dieselben sozialen und steuerlichen Rechte wie die Arbeitnehmer des betreffenden Staates
(Inanspruchnahme von Sozialleistungen, Zugang zu beruflicher Bildung). Die freien Berufe
sind Gegenstand zahlreicher Richtlinien, durch die die Bedingungen für den Zugang zu
reglementierten Berufen harmonisiert werden sollen.
Nach diesen langwierigen Bemühungen zur Annäherung der Rechtsvorschriften konnte
erreicht werden, daß die Abschlüsse von Ärzten, Anwälten, Krankenschwestern, Tierärzten,
Apothekern, Architekten, Versicherungsmaklern usw. gegenseitig anerkannt wurden.
Dennoch gab es weiterhin eine Vielzahl von Bereichen, die in jedem Staat unterschiedlichen
Regelungen unterlagen, bis die Zwölf am 21.1988 eine Richtlinie über die gegenseitige
Anerkennung der Hochschulabschlüsse verabschiedeten.
Die Richtlinie gilt für alle Hochschulausbildungsgänge von mindestens drei Jahren Dauer und
beruht auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Qualität der Bildungs- und
Ausbildungsgänge.
Freizügigkeit, Niederlassungsfreiheit und Aufenthaltsrecht innerhalb der gesamten Union sind
somit die elementarsten Rechte, die jeder Unionsbürger in Anspruch nehmen kann. In drei im
Juli 1990 verabschiedeten Richtlinien wird das Aufenthaltsrecht auf Studenten, ehemalige
Erwerbstätige und nicht erwerbstätige Personen erweitert und im Vertrag von Maastricht in
dem Kapitel über die Unionsbürgerschaft verankert.
Die Wahrnehmung der sozialen Rechte, die von einer gezielten sozialpolitischen
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg bekräftigt wurde, hätte jedoch
kaum ausgereicht, um aus dem Bürger eines Mitgliedstaats einen Unionsbürger zu machen.
Es mußten weitere formellere Rechte hinzukommen, die sich aus der Übertragung von
Hoheitsrechten ergaben. Mit Ausnahme von Tätigkeiten, die direkt mit der Teilnahme an der
Ausübung hoheitlicher Befugnisse zusammenhängen (Polizei, Streitkräfte, äußere
Angelegenheiten), können bestimmte Beschäftigungen im öffentlichen Dienst
(Gesundheitswesen, Bildungswesen, öffentliche Dienstleistungsunternehmen)
Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten geöffnet werden. Warum sollte nicht ein britischer
Lehrer Schülern in Rom die englische Sprache nahebringen oder ein frisch diplomierter
Verwaltungswissenschaftler an einem Auswahlverfahren für Verwaltungsbeamte in Belgien
teilnehmen können?
Das Europa der Bürger hat mit den in Maastricht verankerten Bestimmungen zur
Unionsbürgerschaft einen beträchtlichen Schritt vorwärts getan, wonach jeder Unionsbürger
mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, das aktive
und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen und bei den Wahlen zum Europäischen
Parlament besitzt. Dieser Grundsatz wird in Artikel 17 des Vertrags von Amsterdam
festgeschrieben: "Es wird eine Unionsbürgerschaft eingeführt. Unionsbürger ist, wer die
Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Die Unionsbürgerschaft ergänzt die nationale
Staatsbürgerschaft, ersetzt sie aber nicht".
Diese neuen Rechte haben bestimmte Einwände hinsichtlich der nationalen Identität und
Souveränität ausgelöst. Die Argumentation, daß die Unionsbürgerschaft eine Ergänzung und
Bereicherung der nationalen Staatsbürgerschaft darstellt, ist in der Tat so gewagt und
neuartig, daß sie beinahe zwangsläufig Fragen aufwirft, die eine politische Antwort erfordern.
Das Europa der Bürger läßt erahnen, wie das politische Europa in einem noch festzulegenden
Stadium seiner Vollendung aussehen wird. Welche gemeinsamen Werte und Ziele werden die
in einer Europäischen Union zusammengeschlossenen Völker teilen, die nach einer erneuten
Phase der Erweiterung mehr als 20 Mitglieder umfassen wird? Das Gefühl, einer
Gemeinschaft anzugehören und ein gemeinsames Schicksal zu teilen, läßt sich nicht künstlich
erzeugen oder vermitteln.
Das Europa der Kultur muß künftig mit dem Europa der Wirtschaft gleichziehen und einen
Beitrag zur Herausbildung eines gemeinsamen kulturellen Bewußtseins leisten.
Die von der Gemeinschaft geförderten Bildungs- und Ausbildungsprogramme ERASMUS
(Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft zur Förderung der Mobilität von
Hochschulstudenten), COMETT (Gemeinschaftsprogramm der Aus- und Weiterbildung auf
dem Gebiet der Technologie), LINGUA (Förderung der fremdsprachlichen Ausbildung)
zielen in diese Richtung. Mit Hilfe von Stipendien konnten so bereits rund 60.000 junge
Menschen ein Studium in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft aufnehmen. Soll
jedoch das Ziel erreicht werden, 10&nbsp% Jugendlichen einer Altersstufe die Möglichkeit
zu geben, ein Studienjahr in einem Partnerland zu absolvieren, so ist eine Aufstockung der
Gemeinschaftsmittel für die Bildungspolitik unumgänglich. Die neuen Programme Socrates,
Leonardo da Vinci und Jugend für Europa III dürften weitere Fortschritte ermöglichen.
Darüber hinaus beteiligt sich die Gemeinschaft an der Wiedereingliederung von Jugendlichen
mit starken Lernschwierigkeiten im Rahmen von "Schulen der zweiten Chance". Vier
europäische Städte (Marseille, Bilbao, Catania und Hämeenlinna) haben beschlossen, die
ersten Schulen dieser Art aufzunehmen, um so gegen schulische und soziale Ausgrenzung zu
kämpfen.
Im Januar 1996 hat die Kommission im Rahmen des Programms "Europäischer
Freiwilligendienst" die Möglichkeit geschaffen, daß junge Europäer an sozial nützlichen
Vorhaben (soziale, humanitäre, kulturelle Aktionen oder Umweltmaßnahmen) in einem
anderen Mitgliedstaat mitwirken. Damit soll die Mobilität der Jugendlichen unter 25 Jahre
gefördert und ihre Eingliederung in das Erwerbsleben erleichtert werden. Tausende
Jugendliche haben dieses Programm bereits genutzt.
Obwohl sich das Europa der Bürger erst in Ansätzen abzeichnet, kann es sich bereits auf
zahlreiche Symbole der europäischen Identität stützen, wie den 1985 eingeführten Europapaß,
die Europahymne ("Ode an die Freude" von Beethoven) und die Europaflagge (12 goldene
Sterne im Kreis auf blauem Grund). Seit 1996 stellen die Mitgliedstaaten auch einen
europäischen Führerschein aus. Denkbar sind künftig auch europäische Olympiamannschaften
sowie ein Militär- bzw. Zivildienst in multinationalen Einheiten.
Von der in Maastricht beschlossenen Einführung einer gemeinsamen Währung bis spätestens
1999 wird eine nachhaltige psychologische Wirkung ausgehen. Von jenem Zeitpunkt an wird
der Verbraucher seine Bankkonten in Euro führen. Da dann die Preise für Konsumgüter und
Dienstleistungen im überwiegenden Teil des EU-Territoriums in der gleichen Währung
festgelegt sein werden, wird der Markt für ihn sehr viel transparenter werden, so daß er seine
Kaufentscheidungen nach dem besten Angebot treffen kann. Dies wiederum dürfte dazu
beitragen, daß der Wettbewerb sich ausweitet und die Preise sinken. Außerdem wird der
Wegfall der Polizeikontrollen an den Binnengrenzen der Unterzeichnerstaaten des
Übereinkommens von Schengen (dem nach und nach alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft
beitreten werden) das Gefühl verstärken, einem gemeinsamen Raum anzugehören.
Jean Monnet sagte bereits 1952: "Wir einigen keine Staaten, wir bringen Menschen einander
näher"(Rede von Washington, 30. April 1952).
Auch heute ist es nach wie vor eine der großen Herausforderungen der Gemeinschaftsorgane,
die öffentliche Meinung weiterhin für die europäische Idee zu begeistern.
Die Bürger müssen sich der Rechte und Möglichkeiten bewußt werden, die ihnen der
Binnenmarkt und die anderen Politiken der Union eröffnen. Zu diesem Zweck wurden 1996
bedeutende Informationskampagnen gestartet, so "Bürger Europas", "Euro - eine Währung für
Europa" und "Europa gemeinsam gestalten".
Um dem europäischen Bürger die Europäische Union näherzubringen, hat der Vertrag über
die Europäische Union (Artikel 195 bisher Artikel 138e) den Bürgerbeauftragten geschaffen.
Der Bürgerbeauftragte - nach skandinavischer Tradition auch Ombudsman genannt - wird
durch das Europäische Parlament für die Dauer der Wahlperiode ernannt. Er ist befugt,
Beschwerden über Mißstände in der Tätigkeit der Organe oder Institutionen der Gemeinschaft
entgegenzunehmen. Der Bürgerbeauftragte kann von jedem Bürger der Union oder von jeder
natürlichen oder juristischen Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem
Mitgliedstaat angerufen werden und versucht dann, den Streitfall mit den
Gemeinschaftsinstitutionen gütlich zu regeln.. So sind seit Einführung dieses Amtes im
September 1995 bisher mehr als 1400 Beschwerden eingegangen. Darüber hinaus ist die
bereits seit langem eingeführte Praxis, daß jede Person mit Wohnort in einem Mitgliedstaat
eine Petition an das Europäische Parlament richten kann, nach wie vor ein wichtiges
Bindeglied zwischen Bürgern und Institutionen. Von 1994 bis 1997 gingen dem Europäischen
Parlament mehr als 4000 Petitionen zu.
Im Sinne der Annäherung zwischen der Union und ihren Bürgern will der Vertrag von
Amsterdam auch Antworten auf Anliegen geben, die die Bürger besonders bewegen, so das
Problem der Arbeitslosigkeit und Probleme im Sicherheitsbereich und im Zusammenhang mit
Einwanderungsfragen.
Zugleich werden mit dem Vertrag von Amsterdam die Grundrechte weiter gestärkt. Ein
Sanktionsverfahren ermöglicht die Aussetzung der Rechte eines Mitgliedstaates, der
Grundrechte verletzt. In Amsterdam wurde weiterhin der Grundsatz der Nichtdiskriminierung,
der bisher nur für die Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit galt (Artikel 6A),
auf Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der Religion oder des
Glaubens, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung ausgedehnt. Verstärkt wurde dieser
Grundsatz der Nichtdiskriminierung auch hinsichtlich der Gleichstellung von Männern und
Frauen.
Schließlich enthält der Vertrag von Amsterdam auch Verbesserungen in Fragen der Politik
der Transparenz und des Zugangs der Bürger zu den Dokumenten der europäischen
Institutionen.
Durch die seit 1979 eingeführte Direktwahl des Europäischen Parlaments wurde der
Einigungsprozeß enger mit dem unmittelbaren Volkswillen verbunden. Der Ausbau des
demokratischen Europas kann nur über die Erweiterung der Befugnisse des Parlaments, eine
stärkere Einbeziehung der Bürger über Verbände und politische Gruppierungen sowie durch
die Schaffung echter europäischer Parteien gewährleistet werden. Konkret heißt das: Während
Europa im Alltag bereits vielfach greifbare Realität geworden ist, steckt die
Unionsbürgerschaft noch in den Anfängen.
DIE ERWEITERUNG DER EUROPÄISCHEN UNION
Die Länder Mittel- und Osteuropas (MOEL) und Zypern
Am 13. Dezember 1997 beschloß das Europa der Fünfzehn, sich nach Osten zu öffnen. Das
ist die Bilanz der Tagung des Europäischen Rates vom 12. und 13. Dezember 1997 in
Luxemburg. Der Europäische Rat hat damit den Erweiterungsprozeß der Union eingeleitet,
der "stufenweise und in einem vom Stand der Vorbereitung der einzelnen Bewerberstaaten
abhängigen Tempo" verlaufen wird. Das Ziel besteht darin, "die Staaten, die den Beitritt
anstreben, in die Lage zu versetzen, Mitglieder der Union zu werden, und die Union darauf
vorzubereiten, ihre Erweiterung unter guten Bedingungen durchzuführen".
Dieser Beschluß ist das Ergebnis eines langen Prozesses von Beziehungen zu den Ländern
Mittel- und Osteuropas und zu Zypern, der nach dem Fall der Berliner Mauer und dem
anschließenden Zerfall des Sowjetimperiums begann.
Auf dem Pariser Wirtschaftsgipfel im Juli 1989 beauftragten die Mitglieder der G7 (die
führenden Industrieländer) die Kommission mit der Koordinierung des
Wirtschaftshilfeprogramms zugunsten von Polen und Ungarn. Die anderen Mitgliedstaaten
der OECD schlossen sich an und bildeten so die Gruppe der 24 (EG: seinerzeit 12; EFTA: 6;
Australien, Japan, Kanada, Neuseeland, Türkei und USA).
Das PHARE-Programm wurde inzwischen auf die Tschechische Republik, die
Slowakei, Bulgarien, Rumänien, die drei baltischen Staaten, Albanien und einige
Staaten des ehemaligen Jugoslawien ausgedehnt.
Diese Programme basieren auf fünf Schwerpunktbereichen: Öffnung der Märkte der
Geberländer für die Waren aus den Empfängerländern, Landwirtschaft und
Nahrungsmittelindustrie, Investitionsförderung, Ausbildung und Umweltschutz.
Entsprechend dem Leitgedanken des PHARE-Programms sollen die Gemeinschaftsmittel zur
wirtschaftlichen und sozialen Umgestaltung der Länder Mittel- und Osteuropas und deren
Einbindung in den europäischen Integrationsprozeß beitragen.
Die Europäische Union finanziert nicht so sehr Einzelprojekte als vielmehr Programme, die
dezentral verwaltet und durchgeführt werden. Die EU und das jeweilige Empfängerland
bemühen sich - unabhängig vom jeweiligen Interventionsbereich - verstärkt
Nichtregierungsorganisationen einzubinden, um die Entwicklung einer Zivilgesellschaft zu
fördern.
Die Mittel, die die Europäischen Union und die Mitgliedstaaten seit 1990 für Kredite und
Beihilfen zugunsten der MOEL und der aus der ehemaligen UdSSR hervorgegangenen Neuen
Unabhängigen Staaten bereitgestellt haben, belaufen sich insgesamt auf etwa 140 Mrd. ECU
(Erklärung von Jacques Santer auf dem transatlantischen Gipfel am 28. Mai 1997).
Die Europa-Abkommen
Um die Integration des Kontinents stärker voranzutreiben, hat die Union besondere
Assoziierungsabkommen mit den mittel- und osteuropäischen Staaten sowie den baltischen
Staaten abgeschlossen, die über das PHARE-Programm hinausgehen. Diese EuropaAbkommen gemäß Artikel 310 (bisher Artikel 238) EGV betreffen sowohl
Zuständigkeitsbereiche der Mitgliedstaaten als auch der Gemeinschaft.
Die wichtigsten Ziele dieser Abkommen sind:

politischer Dialog

freier Handel und freier Verkehr

wirtschaftliche Zusammenarbeit

finanzielle Zusammenarbeit

kulturelle Zusammenarbeit
Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung am 22. Juni 1993 in Kopenhagen die Kriterien
festgelegt, nach denen die MOEL, sofern sie es wünschen, Mitglieder der Europäischen
Union werden können: "Die Aufnahme erfolgt, sobald das Land die wirtschaftlichen und
politischen Voraussetzungen erfüllt". Dies beinhaltet stabile demokratische Verhältnisse, den
Schutz von Minderheiten, eine Marktwirtschaft, die dem Wettbewerbsdruck innerhalb der
Gemeinschaft standhält, sowie die Fähigkeit, die Ziele der politischen Union sowie der
Wirtschafts- und Währungsunion zu erfüllen.
Am 16. Juli 1997 legte die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament die
Agenda 2000 vor, eine Mitteilung, die ausführlich auf die Vorbereitungen für den Beitritt
dieser Länder eingeht. Zehn osteuropäische Staaten sowie Zypern haben offiziell den Antrag
auf Beitritt zur Europäischen Union gestellt (Malta hatte seine Bewerbung im Oktober 1996
zurückgezogen). Angesichts dieses von den "neuen" Staaten des ehemaligen Ostblocks
bekundeten Interesses mußte die Union reagieren. Nach eingehender Prüfung des den MOEL
übersandten Fragebogens hinsichtlich ihrer Institutionen und der laufenden Reformen
empfiehlt die Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Estland, Ungarn,
Polen, der Tschechischen Republik und Slowenien. Nach ihrer Einschätzung sind diese
Staaten am ehesten in der Lage, die vom Europäischen Rat in Kopenhagen im Juni 1993
festgelegten Kriterien zu erfüllen. Trotz dieser Empfehlung sind auch Bulgarien, Lettland,
Litauen, Rumänien und die Slowakei weiterhin potentielle Kandidaten für den Beitritt zur
Europäischen Union. Der Europäische Rat von Luxemburg hat am 13. Dezember 1997 die
Staaten festgelegt, mit denen die Verhandlungen aufgenommen werden können. Auf der
Grundlage der Stellungnahme der Kommission wird der Beitrittsprozeß mit den
Bewerberstaaten aus Mittel- und Osteuropa und Zypern eingeleitet.
Im Vorfeld wird eine Europa-Konferenz eingerichtet, "in der sich die Mitgliedstaaten der
Europäischen Union sowie diejenigen europäischen Staaten zusammenfinden, die für einen
Beitritt in Frage kommen und die Werte sowie die internen und externen Ziele der Union
teilen". Die Konferenz steht in einer ersten Phase Zypern, den mittel- und osteuropäischen
Bewerberstaaten und der Türkei offen.
Die Europa-Konferenz wird ein der politischen Konsultation dienendes multilaterales
Gremium sein, in dem Fragen, die für die Teilnehmer von allgemeinem Interesse sind, erörtert
werden sollen, um die Zusammenarbeit in den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik,
Justiz und Inneres sowie in anderen Bereichen von gemeinsamem Interesse - insbesondere
Wirtschaft und regionale Zusammenarbeit - auszubauen und zu intensivieren. Die erste
Tagung der Konferenz fand am 12. März 1998 in London statt. Die Türkei war dort nicht
vertreten.
Der eigentliche Beitrittsprozeß begann am 30. März 1998 mit der Schaffung eines
einheitlichen Rahmens. Er steht in engem Zusammenhang mit der aktiven
Heranführungsstrategie, die darauf abzielt, daß die Bewerberstaaten sich bereits vor dem
Beitritt weitgehend dem gemeinschaftlichen Besitzstand anpassen. Zu diesem Zweck werden
die Mittel für die Heranführungshilfe deutlich aufgestockt, und ab dem Jahre 2000 sind
zusätzlich zum PHARE-Programm Mittel zur Agrarförderung sowie Mittel zur
Strukturförderung - in Analogie zu den Maßnahmen aus dem Kohäsionsfonds - vorgesehen.
In der Agenda 2000 schlägt die Kommission vor, bis zum Jahre 2006 zugunsten der
Beitrittsländer Mittel in Höhe von insgesamt 45 Mrd.bereitzustellen, davon 7 Mrd. in Form
von Heranführungshilfen.
Für Zypern ist unter Berücksichtigung seines fortgeschrittenen Entwicklungsstandes und der
bereits ausgeprägten Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes eine spezielle
Strategie vorgesehen.
Die Beitrittsverhandlungen wurden am 31. März 1998 in Form von bilateralen
Regierungskonferenzen mit Estland, Polen, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ungarn
und Zypern eröffnet. Die Vorbereitung der Beitrittsverhandlungen mit den übrigen
Bewerberländern soll beschleunigt werden.
Die eingeleitete Erweiterung der Europäischen Union stellt für diese angesichts der großen
Zahl von Beitrittskandidaten, der hohen Bevölkerungszahl und des beträchtlichen Abstands
des Entwicklungsniveaus gegenüber dem Gemeinschaftsdurchschnitt eine besondere
Herausforderung dar. Es geht um nicht weniger als die Integration von insgesamt 110
Millionen Einwohnern, die ein Fünftel der EU-Bevölkerung ausmachen, aber nur ein BIP von
weniger als 5 % der Union erwirtschaften.
Dies bedeutet im kommenden Jahrzehnt eine gewaltige Aufgabe für die
Gemeinschaftsorgane, die gleichzeitig dafür sorgen müssen, ihre eigenen
Entscheidungsprozesse zu verbessern, um Lähmungserscheinungen und einen
Effektivitätsverlust zu vermeiden (Erklärung des Europäischen Rates von Luxemburg am 13.
Dezember 1997: "Im Vorfeld der Erweiterung der Union müssen ihre Organe entsprechend
den diesbezüglichen Bestimmungen des Vertrags von Amsterdam gestärkt und in ihrer
Funktionsweise verbessert werden").
Die Beziehungen der Europäischen Union zur Türkei
Die vertragliche Beziehungen der Europäische Gemeinschaft zur Türkei wurden 1963 mit der
Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit dem Ziel der Schaffung einer Zollunion
aufgenommen. Das Abkommen über die Zollunion zwischen der Europäischen Gemeinschaft
und der Türkei trat allerdings erst am 31. Dezember 1995 in Kraft. Dieses Abkommen
gestattet die sofortige und gegenseitige Aufhebung der Zollgebühren für Fertigerzeugnisse.
Die Türkei verpflichtet sich zur Anwendung eines gemeinsamen Zolltarifs.
Die Türkei war jedoch stets um eine Vertiefung ihrer Beziehungen zur Union über den engen
Rahmen der Zollunion hinaus interessiert. Deshalb stellte sie am 14. April 1987 den Antrag
auf Beitritt zur Union.
Der spezielle Fall der Türkei ist seit Jahren Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen. Der
Europäische Rat von Luxemburg am 13. Dezember 1997 bekräftigte "daß die Türkei für einen
Beitritt zur Europäischen Union in Frage kommt", und forderte sie zur Teilnahme an der
Europa-Konferenz, "in der sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie diejenigen
europäischen Staaten zusammenfinden, die für einen Beitritt in Frage kommen und die Werte
sowie die internen und externen Ziele der Union teilen", auf. Allerdings vertrat man
angesichts der derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen die Auffassung, daß
die Beitrittskriterien noch nicht erfüllt sind. Es wurde jedoch eine Strategie entwickelt, die
sich insbesondere auf die Vertiefung des Assoziierungsabkommens gründet.
Die Staaten der ehemaligen Sowjetunion
Der Zerfall der Sowjetunion und der Übergang der Neuen Unabhängigen Staaten zur
Marktwirtschaft war Anlaß für die Europäische Union, Beziehungen der Solidarität zu den
aus der ehemaligen UdSSR hervorgegangenen Staaten (Armenien, Aserbaidschan, Belarus,
Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldau, Rußland, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine,
Usbekistan) sowie zur Mongolei aufzunehmen. Analog zum PHARE-Programm für die
mittel- und osteuropäischen Länder erhalten diese Staaten technische und wirtschaftliche
Hilfe über das Programm TACIS mit dem Ziel des Übergangs zur Marktwirtschaft. Dieses
Programm umfaßt Fördermaßnahmen in zahlreichen Sektoren: nukleare Sicherheit, Energie,
Umwelt, Reform der öffentlichen Verwaltung, Gründung von Unternehmen usw. So wurde
die Europäische Union, die im Zeitraum von 1991 bis 1995 Mittel in Höhe von 2,27
Mrd.bereitgestellt hat, zum wichtigsten Geldgeber für diese Länder.
Parallel zum TACIS-Programm wurden mit einigen Staaten direkte Abkommen
abgeschlossen. So zielen die zwischen der Europäischen Union, Rußland und der Ukraine im
Juni 1994 geschlossenen Partnerschaftsabkommen darauf ab, bis zur Jahrhundertwende eine
Freihandelszone schaffen sowie in diesen beiden großen Partnerländern der Union den
Übergang zur Marktwirtschaft und eine Stabilisierung der Währungen ermöglichen.
Das im Februar 1996 in Kraft getretene Interimsabkommen zwischen Rußland und der
Europäischen Union entspricht dem kommerziellen Teil des im Juni 1994 geschlossenen und
am 1. Dezember 1997 in Kraft getretenen Partnerschaftsabkommens. Ziel des
Abkommens ist es insbesondere, Rußland die Meistbegünstigungsklausel zu
gewähren. Neben diesem Abkommen werden auch Strukturen für die
Entwicklung des politischen Dialogs geschaffen.
Jedoch bestehen für diese Länder derzeit keine realen Aussichten auf einen Beitritt zur
Europäischen Union, da es an ausreichenden Infrastrukturen fehlt und sie sich in erster Linie
auf ihren eigenen Neuaufbau konzentrieren müssen.
DIE EUROPÄISCHE UNION IN DER WELT
Politische Großmacht oder regionaler Wirtschaftszusammenschluß? Weltoffener
Handelspartner oder Schutzzone? Die Europäische Union wird heutzutage von den
Drittländern unterschiedlich beurteilt, je nachdem, ob die wirtschaftlichen,
diplomatischen, kulturellen oder strategischen Beziehungen im Vordergrund stehen.
Als größte Handelsmacht der Welt könnte sich die Europäische Union auch zu einer
führenden politischen Macht entwickeln. Der Vertrag von Maastricht gibt den Mitgliedstaaten
die Möglichkeit, die beiden wichtigsten Machtinstrumente - Währung und gemeinsame
Verteidigung - zu nutzen. Aber die Fünfzehn müssen einen ausreichenden politischen Willen
zeigen, um in diesen Kernbereichen ihre Souveränität gemeinsam auszuüben.
Der von den Gründern vorgezeichnete Weg hat bereits beträchtliche Fortschritte bei der
Herausbildung einer europäischen Identität ermöglicht. Konkret zeigte sie sich bei der
Einführung gemeinsamer Zolltarife im Jahr 1968 nach der Abschaffung der Zoll- und
Einfuhrbeschränkungen im Innern. Die europäische Wirtschaft gründet sich hauptsächlich auf
die Verarbeitung von importierten Rohstoffen zu Fertigerzeugnissen mit hoher
Wertschöpfung. Daher hat sich die Gemeinschaft bemüht, ein weltweit offenes
Handelssystem zu entwickeln. Im Rahmen des GATT und später der WTO, in denen die
Mitgliedstaaten zwar Vertragspartner sind, deren wichtigste internationale Abkommen jedoch
von der Union als solcher unterzeichnet werden, war sie die treibende Kraft im Rahmen der
großen Verhandlungsrunden zur weiteren Liberalisierung des Handels. Im Römischen Vertrag
wird den Organen der EU die ausschließliche Zuständigkeit für die Aushandlung der Zölle,
die Anwendung der Schutzmaßnahmen, die Antidumpingmaßnahmen und die Regeln für die
Vergabe von öffentlichen Aufträgen zuerkannt.
Das gewichtete Mittel der Zölle für gewerbliche Erzeugnisse, die in die Union eingeführt
werden, liegt unter 5&nbsp%. 1994 hat die Europäische Union mit ihren Partnern der
Uruguay-Runde im Rahmen des GATT neue Regelungen für den Handel mit Dienstleistungen
und Agrarprodukten vereinbart. Bei den Verhandlungen im Agrarsektor wurden die
unterschiedlichen Bedingungen für die Erzeuger auf beiden Seiten des Atlantiks deutlich. Nur
aufgrund ihrer einheitlichen Verhandlungsführung konnte die Union den Standpunkt jedes
einzelnen Mitgliedstaates wirksam vertreten.
Die Vollendung des Binnenmarktes im Jahr 1993 hat auch die gemeinsame Handelspolitik
verstärkt. Schrittweise werden nunmehr die letzten Einfuhrbeschränkungen beseitigt.
Aufgehoben wird auch die Kontigentierung sogenannter sensibler Produkte innerhalb des
Gemeinsamen Marktes, wie japanische Automobile und Elektronikgeräte, Textilwaren und
Stahl. Einer der wichtigsten Erfolge der Konferenz von Marrakesch war die von den
Europäern angestrebte Gründung einer Welthandelsorganisation (WTO), die einen
dauerhaften Rahmen zur Schlichtung multilateraler Handelsstreitigkeiten darstellt.
Wird der europäische Binnenmarkt der Versuchung des Protektionismus erliegen und die
Union zu einer "Festung" Europa machen, oder wird er im Gegenteil dem ungehemmten
Wettbewerb schutzlos ausgesetzt sein? Ein Wirtschaftsraum mit 373 Millionen kaufkräftigen
Verbrauchern und harmonisierten Normen macht die Union zu einem besonders attraktiven
Partner für die Exporteure in Drittländern. Die Union ist nunmehr in der Lage, von ihren
Partnern die Einhaltung der Spielregeln, die einen fairen Wettbewerb und gleiche
Bedingungen für den Marktzugang sicherstellen, durchzusetzen.
Die Auswirkungen der in Einführung begriffenen Wirtschafts- und Währungsunion und die
Stellung der europäischen Währung im internationalen Währungssystem können noch nicht
bewertet werden. Für europäische und außereuropäische Investoren bietet eine stabile Zone
mit einer einheitlichen Währung beträchtliche Vorteile. Die Kosten für Transaktionen, die mit
der Existenz unterschiedlicher Währungen innerhalb der Gemeinschaft verbunden sind,
werden entfallen. Großunternehmen und Drittstaaten können einen wachsenden Teil ihrer
Reserven in Euro anlegen und sich so gegen die Dollar- und Yen-Schwankungen schützen.
Die Europäische Union als Wirtschafts-, Handels- und Währungsmacht kann zu einer
politischen Macht werden, wenn sie sämtliche durch den Unionsvertrag gebotenen
Möglichkeiten nutzt. Schon jetzt erweist sich die Trennung zwischen der Außenwirtschaft
und der Außenpolitik der Union als künstlich, wenn es um die konkrete Anwendung geht.
Politische Beschlüsse, die im Rahmen der Regierungszusammenarbeit gefaßt werden,
bedürfen zu ihrer Umsetzung gemeinschaftlicher Durchführungsbestimmungen. Die
Sanktionen gegen Argentinien im Falklandkrieg und im August 1990 gegen den Irak wurden
auf Gemeinschaftsebene beschlossen und angewendet. In internationalen Organisationen wie
der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) oder den Vereinten
Nationen kann die Union bei ihrer Verhandlungsführung wirtschaftliche und politische
Aspekte nicht voneinander trennen, ohne unglaubwürdig zu werden. In der UNO ist die
Europäische Union durch eine ständige Delegation der Kommission und den amtierenden
Ratsvorsitz als Beobachter vertreten. Sie hat als solche etwa 50 Abkommen, die unter der
Schirmherrschaft der Vereinten Nationen abgeschlossen wurden, unterzeichnet und an
zahlreichen internationalen Konferenzen wie dem Welternährungsgipfel und der Konferenz
über Klimaänderungen von Kyoto im Dezember 1997 teilgenommen.
Auch im Rahmen multilateraler Strukturen wirkt die Europäische Union gemäß ihrem
Hauptanliegen und fördert Zusammenschlüsse und gemeinsame Aktionen sowohl unter ihren
Mitgliedstaaten als auch mit anderen Ländern.
Ein großer Partner in einer industrialisierten Welt
Für die Vereinigten Staaten ist das sich einigende Europa ein Verbündeter, der die gleichen
Werte vertritt, und gleichzeitig ein Konkurrent im technologischen und wirtschaftlichen
Bereich. Die am 20. November 1990 von den Vereinigten Staaten und der Europäischen
Gemeinschaft sowie ihren Mitgliedstaaten unterzeichnete Transatlantische Erklärung
bekräftigt die politische Unterstützung, die Washington traditionsgemäß dem Entstehen eines
demokratischen und stabilen europäischen Partners entgegenbringt. Die politische und
strategische Allianz, die fast alle Länder der Union und die Vereinigten Staaten im Rahmen
der Nordatlantischen Allianz verbindet, hat zur Relativierung der handelspolitischen
Konflikte in den Bereichen landwirtschaftliche Erzeugnisse, Stahl und Luftfahrtindustrie
beigetragen. Im Rahmen der im Dezember 1995 angenommenen neuen Transatlantischen
Agenda wurden zwei Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten
Staaten durchgeführt, um über verschiedene Gebiete der Zusammenarbeit zu diskutieren.
Aufgrund der tiefgreifenden Veränderungen, die sich am Ende dieses Jahrhunderts in der
internationalen Arena vollzogen haben, und insbesondere aufgrund der Beendigung des kalten
Krieges stehen die Verbündeten vor der Notwendigkeit, die transatlantischen Bindungen neu
zu definieren. Die europäisch-amerikanische Zusammenarbeit muß sich neue Ziele stellen und
die Anstrengungen koordinieren, um den mit der Verbreitung der Kernwaffen verbundenen
Gefahren, den Forderungen von Minderheiten, der Entwicklung des internationalen
Verbrechens und dem Drogenhandel sowie dem Migrationsdruck zu begegnen. In bezug auf
Handel und Investitionen ist die Europäische Union der größte Partner der Vereinigten
Staaten und der einzige, mit dem die Beziehungen ausgewogen sind. Gleichwohl muß sie
Versuchen des Kongresses der Vereinigten Staaten zur Anwendung einseitiger oder
extraterritorialer Maßnahmen (Helms-Burton- und Amato-Kennedy-Gesetz) entgegenwirken,
die die europäischen Interessen in der Welt gefährden. Die schrittweise Einführung des Euro
und seine mögliche Attraktivität könnten dem Dollar in seiner Funktion als Reservewährung
Konkurrenz machen.
Die Beziehungen zu Japan, dem anderen großen Partner der industrialisierten Welt, sind
ebenfalls von großer Bedeutung. Die Europäer bemühen sich seit langem um eine stärkere
Öffnung des japanischen Marktes als unerläßliche Gegenleistung für das spektakuläre
Vordringen japanischer Erzeugnisse auf dem europäischen Markt. Die Europäische Union
versucht, ihre Zusammenarbeit mit Japan insbesondere im Rahmen des politischen Dialogs
sowie der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu vertiefen.
Die Beziehungen zwischen der EU und den Mittelmeerländern: Entwicklung einer
neuen Mittelmeerpolitik
Gegenüber den Ländern des südlichen Mittelmeers, die aufgrund ihrer geographischen Nähe,
der historischen und kulturellen Verbindungen sowie der derzeitigen und künftigen
Wanderungsströme wichtige Partner sind, hat die Union stets eine Politik der regionalen
Integration im Rahmen des globalen Mittelmeerkonzepts gefördert.
Die am Mittelmeer gelegenen Nachbarländer der Union gehörten zu den ersten, die besondere
Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu ihr herstellten. Diese Länder sind wichtige Partner
für die Union. Sie sind nicht nur erstrangige Handelspartner, sondern einige von ihnen sind
darüber hinaus durch besondere historische und kulturelle Bande mit bestimmten
Mitgliedstaaten verbunden.
Die Union ist mit den meisten Mittelmeerländern durch Assoziierungs- oder
Kooperationsabkommen verbunden.

Malta, die Türkei und Zypern sind mit der Union durch Assoziierungsabkommen
zur schrittweisen Einführung einer Zollunion verbunden. Alle haben ihre
Bewerbung für den Beitritt offiziell eingereicht (die Türkei 1987, Zypern und Malta
1990), doch nur der Antrag Zyperns wurde von der Kommission befürwortet.

Die Maghreb-Länder (Algerien, Marokko, Tunesien), die Maschrik-Länder
(Ägypten, Jordanien, Libanon, die palästinensischen Gebiete und Syrien) sowie
Israel sind durch Kooperationsabkommen mit der Union verbunden, die sich auf
den Handel, die industrielle Zusammenarbeit sowie die technische und finanzielle
Hilfe erstrecken.
Das Europäische Parlament ist für eine Änderung der Politik der Union eingetreten, deren
Erfolge von ihm als relativ beurteilt wurden. Das Europäische Parlament wünscht eine globale
und ausgewogenere Politik. Die künftigen Herausforderungen sind in der Tat beträchtlich:
Gefahr von Konflikten und Instabilität, galoppierende Bevölkerungsentwicklung, hohe
Arbeitslosenquote (über 20 &nbsp%), unausgeglichene Zahlungsbilanzen,
Auslandsverschuldung, unzureichendes internes Wirtschaftswachstum und massive
Nahrungsmitteleinfuhren. Die Union muß stärker zur Entwicklung der Betriebsswirtschaft
beitragen, wobei der Umwelt, dem Verkehr, der Energie und der regionalen Zusammenarbeit
Vorrang einzuräumen ist. Die Europäische Kommission hat sich ebenfalls in diesem Sinne
geäußert.
Als Antwort auf diese Herausforderungen hat die Europäische Union eine neue
Mittelmeerpolitik in drei Phasen festgelegt:

1992 formulierte die Gemeinschaft das Ziel einer Partnerschaft Europa-Maghreb;

1993 nahm die Europäische Union eine dauerhafte Zusammenarbeit mit Isreal
und seinen arabischen Maschrik-Nachbarn auf;

diese beiden Initiativen führten zur Herstellung einer globalen Europa-MittelmeerPartnerschaft, in deren Rahmen Verhandlungen über Assoziierungsabkommen mit
Israel, Marokko und Tunesien zum Abschluß gebracht wurden.
Im November 1995 legte die Europäische Union auf der Konferenz von Barcelona, an der alle
EU-Mitgliedstaaten und die Mittelmeeranliegerstaaten (mit Ausnahme von Libyen, Albanien
und der Länder des ehemaligen Jugoslawien) teilnahmen, die Grundlagen der neuen EuropaMittelmeer-Partnerschaft. Auf dieser Konferenz wurde eine neue Partnerschaft konzipiert, die
folgendes umfaßt:

einen Dialog und eine Sicherheitspartnerschaft zwischen den Teilnehmerländern,
die insbesondere auf Mechanismen zur friedlichen Beilegung von Konflikten und
der Rüstungskontrolle beruht;

die Verstärkung der interregionalen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Der
wichtigste Aspekt ist die Schaffung einer euro-mediterranen Freihandelszone bis
zum Jahre 2010 unter Beachtung der Vorschriften der Welthandelsorganisation.
Von dieser Zeit an kann der Warenverkehr mit gewerblichen Erzeugnissen auf
dem transmediterranen Markt, der mit über 600 Millionen Verbrauchern die größte
Freihandelszone der Welt sein wird, zollfrei erfolgen;

eine Partnerschaft in den Bereichen Soziales, Kultur und Humanressourcen.
In der Folge fanden zahlreiche institutionelle Kontakte zwischen der Europäischen Union und
den Mittelmeerländern statt. So konnten auf der zweiten Ministerkonferenz von Malta am 15.
und 16. April 1997 die Leitlinien von Barcelona bestätigt werden. Gleichwohl wird durch die
Verschlechterung des israelisch-arabischen Klimas, insbesondere durch die Lage in den
palästinensischen Gebieten, die Tragweite dieser Konferenzen geschmälert.
Nach Annahme der MEDA-Verordnung wurde den Mittelmeerländern für den Zeitraum
1995-1999 eine finanzielle Hilfe von 4,685 Milliarden ECU gewährt.
Die Europäische Union ist an mehreren Großprojekten zur wirtschaftlichen und sozialen
Entwicklung in den Mittelmeerländern beteiligt, insbesondere durch die Hilfe der
Europäischen Investitionsbank in Form von langfristigen Darlehen. So ist die Europäische
Union zum Hauptgeber für die Entwicklung der palästinensischen Gebiete (45&nbsp% der
internationalen Hilfe) geworden, und sie trägt voll zur Reform der wirtschaftlichen und
politischen Strukturen der Länder des südlichen Mittelmeerraumes bei.
Afrika, Lateinamerika und Asien
Die Beziehungen zwischen Europa und dem südlich der Sahara gelegenen Afrika sind alt:
Bereits mit dem Römischen Vertrag von 1957 wurden überseeische Länder und Gebiete
einiger Mitgliedstaaten assoziiert. Im Zuge der Anfang der 60er Jahre einsetzenden
Entkolonisierung wurde diese Verbindung zu einer neuartigen Assoziation zwischen
souveränen Staaten auf der Grundlage von Artikel 310 (früher Artikel 238) EG-Vertrag.
Heute unterhalten 71 Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Ozeans im Rahmen des
für den Zeitraum 1990-2000 geltenden vierten Lomé-Abkommens, dessen Finanzhilfe 1995
neu verhandelt wurde, privilegierte Beziehungen zur Union. Das Abkommen hat einen
Finanzrahmen von 13,3 Mrd. ECU in Form von Zuschüssen und zinsvergünstigten Darlehen,
mit denen der Europäische Entwicklungsfonds (EEF) wirtschaftliche und soziale
Investitionsprogramme in den AKP-Ländern finanziert. Darüber hinaus besteht eine
Zusammenarbeit im industriellen und landwirtschaftlichen Bereich.
Im Rahmen dieses Abkommens können 99 % der Industrieerzeugnisse der AKP-Länder
zollfrei und ohne Anwendung des Gegenseitigkeitsprinzips auf dem EU-Markt abgesetzt
werden. Eine gewisse Stabilität der Ausfuhrerlöse von 48 landwirtschaftlichen Erzeugnissen
der AKP-Länder wird durch den Stabex-Mechanismus gewährleistet. Ein ähnlicher
Mechanismus (System zur Stabilisierung der Ausfuhrerlöse bei Bergbauerzeugnissen Sysmin) sichert die Ausfuhrerlöse bei Bodenschätzen. Durch das Abkommen von Lomé
wurden auch die politischen Beziehungen institutionalisiert (Ministerrat, Botschafterausschuß,
paritätische AKP-EU-Versammlung, in der auch Abgeordnete das Europäische Parlaments
vertreten sind).
Die verschiedenen Treffen zwischen Vertretern der AKP-Staaten und der Europäischen Union
machten bewußt, daß die Partnerschaft AKP-EU heute mit neuem Leben erfüllt werden muß.
Das Europäische Parlament schlägt neun Leitlinien vor, nach denen sich die neuen
Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den AKP-Ländern in den kommenden
Jahren gestalten sollten. Unter Beibehaltung des Lomé-Abkommens und ohne Veränderung
seines geographischen Rahmens wird vorgeschlagen seinen Inhalt durch die Aufnahme einer
politischen Dimension so zu ändern, daß die Festigung der Demokratie und die Achtung der
Menschenrechte gefördert werden.
Das wichtigste Ziel des neuen Abkommens soll die Bekämpfung der Armut sein, wobei die
Anstrengungen auf die ärmsten Länder konzentriert werden müssen.
Gefordert wird eine erneute Prüfung der spezifischen Instrumente der AKP-EUZusammenarbeit (Stabex und Sysmin), um die Abhängigkeit der AKP-Länder von einer
kleinen Zahl von Grunderzeugnissen zu beseitigen.
Durch diese neue Partnerschaft soll die Entwicklungspolitik der Europäischen Union
gegenüber den AKP-Ländern neuen Aufschwung erhalten.
Die Zusammenarbeit zwischen der Union und den Ländern Asiens und Lateinamerikas ist
weniger stark strukturiert. Die Entwicklungsländer dieser Regionen genießen im Rahmen des
Allgemeinen Präferenzsystems eine Vorzugsbehandlung ihrer Ausfuhren, die durch
Finanzhilfen ergänzt wird. Rahmenabkommen zur Zusammenarbeit wurden mit Argentinien,
Brasilien, Mexiko und Uruguay sowie mit den Ländern des Andenpaktes (Bolivien, Ecuador,
Kolumbien, Peru, Venezuela) zur Förderung der regionalen Wirtschaftsintegration
geschlossen. Nach der Tagung des Europäischen Rates von Madrid vom Dezember 1995, auf
der der Wunsch nach Stärkung der Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und den
Ländern Lateinamerikas zum Ausdruck gebracht wurde, beschloß die Gemeinschaft, ihre
Zusammenarbeit in folgenden drei Schwerpunktbereichen zu vertiefen: Reform der
Institutionen und Festigung des demokratischen Prozesses, Bekämpfung von Armut und
sozialer Ausgrenzung sowie Unterstützung für die Wirtschaftsreformen. Verschiedene Treffen
führten regionale Partner und Vertreter der Europäischen Union zusammen, so die Konferenz
von San José und das Treffen der Rio-Gruppe. Neben diesen Treffen wurden schrittweise
interregionale Rahmenabkommen mit dem Mercosur, mit Argentinien und Mexiko
geschlossen.
Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Asien beruhen auf "einer neuen
Asien-Strategie", die auf der Tagung des Europäischen Rates von Essen im Dezember 1994
beschlossen wurde. Ziel dieser Strategie ist es, gemeinsame Beziehungen in den Bereichen
Handel und industrielle Kooperation zu entwickeln und die Zusammenarbeit bei der
Investitionsförderung, der Kooperation zwischen Unternehmen sowie in Forschung und
Entwicklung zu verstärken.
Der erste Europa-Asien-Gipfel in Bangkok am 1. und 2. März 1996 bot die Gelegenheit, das
bekannte "schwache Kettenglied" des Dreiecks Europa/Asien/Vereinigte Staaten zu stärken.
Die Partner legten gemeinsame Leitlinien fest und traten dabei für ein "offenes" multilaterales
Handelssystem und eine "nichtdiskriminierende" Liberalisierung ein. Durch diese gestärkte
Partnerschaft konnte die Europäische Union ihre Positionen in Asien, ihrem größten
Handelspartner (23 % des Außenhandels der Union), festigen.
Unabhängig davon, ob die Union im Rahmen ihrer Institutionen oder über die Mitgliedstaaten
tätig wird, ist sie der wichtigste Partner der Entwicklungsländer. Sie nimmt
21,5&nbsp% ihrer Ausfuhren auf und stellt 36&nbsp% der gesamten
internationalen öffentlichen Entwicklungshilfe bereit. Die Hilfe für die AKPLänder belief sich 1995 auf 33,8&nbsp% der Gesamtaufwendungen der
Europäischen Union, die Hilfe für die Länder des südlichen Mittelmeerraumes
betrug 11&nbsp%, und die Länder Lateinamerikas und Asiens erhielten
18&nbsp%. Zwei Drittel dieser Hilfe dienen der Finanzierung von
Entwicklungsprojekten, ein Drittel wird für die Nahrungsmittelhilfe eingesetzt.
Ist dies ausreichend? Sowohl hinsichtlich der Nachfolgestaaten der ehemaligen
Sowjetunion als auch der Länder des südlichen Mittelmeerraumes und Afrikas
sieht sich Europa gewaltigen Herausforderungen gegenüber, die sich aus der wachsenden
Diskrepanz zwischen den Einkommens- und Bevölkerungsentwicklungen zweier
geographisch benachbarter Regionen mit so unterschiedlichem Entwicklungsniveau ergeben.
WIE SOLL DAS EUROPA DES 21. JAHRHUNDERTS AUSSEHEN?
Die Einigung des europäischen Kontinents nahm mit dem Zusammenschluß der sechs
Gründerstaaten der Europäischen Gemeinschaft ihren Anfang und setzte sich in der Folge
kontinuierlich fort: 1973 stieg die Zahl der Mitgliedstaaten auf neun, 1981 auf zehn, 1986 auf
zwölf, 1995 auf fünfzehn und wird sich im kommenden Jahrzehnt voraussichtlich auf 25
erhöhen. Und der Einigungsprozeß geht weiter. Die Überwindung der Kriegsfolgen machte
eine Versöhnung der europäischen Völker und den Wiederaufbau der Volkswirtschaften
Westeuropas notwendig. Die Probleme, die Europa jetzt, ein halbes Jahrhundert später, zu
lösen hat, sind nicht weniger schwierig. Die neuen Demokratien, die aus dem Zerfall des
kommunistischen Blocks hervorgegangen sind, erwarten von ihren Nachbarn Solidarität beim
Aufbau einer gemeinsamen Zukunft. Geschichte und Geographie des alten Kontinents werden
sich endlich aussöhnen.
Somit steht die neue Europäische Union allen europäischen Ländern offen. Die
Mitgliedstaaten und die beitrittswilligen Staaten müssen daher gemeinsam die Lösung für eine
neue Gleichung finden: Wie kann die Europäische Union, deren Strukturen ursprünglich auf
eine kleine Zahl von Mitgliedstaaten zugeschnitten waren, erweitert werden, ohne daß ihre
Entscheidungsfähigkeit geschwächt und ihre politische Identität verwässert wird? Wie kann
der Wille so vieler Völker unterschiedlicher Herkunft und Kultur, einen Teil ihrer
Souveränität gemeinsam auszuüben, dauerhaft mobilisiert werden?
Es wäre paradox, wenn das Gemeinschaftskonzept, das seine Wirksamkeit bewiesen und die
Stärke und den Zusammenhalt Europas bewirkt hat, gerade jetzt durch den Beitritt neuer
Mitgliedstaaten ernsthaft in Frage gestellt würde. Es bestehen zwar gewisse Gefahren, die
jedoch nicht überschätzt werden dürfen. Jedes beitrittswillige Land ist verpflichtet, den
gemeinschaftlichen Besitzstand - das bestehende Gemeinschaftsrecht - zu übernehmen und
die gemeinsamen Politiken nach Ablauf der vereinbarten Übergangsperioden ohne Ausnahme
durchzuführen. Dies gilt auch für die im Maastrichter Vertrag angestrebte Verwirklichung
einer Wirtschafts- und Währungsunion bis spätestens 1999 sowie einer Politischen Union
einschließlich einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Darüber müssen sich
diejenigen Länder, die einen Beitritt ins Auge fassen, im klaren sein. Die Stärke der Union
liegt in der konsequenten Umsetzung ihres Regelwerks, durch das sie sich seit jeher von
einem klassischen Staatenbund unterscheidet. Die Europäische Union ist ein einzigartiges
Gefüge, das zwischen Regierungszusammenarbeit und der Förderation angesiedelt ist. Ihre
Grundlagen sind das Subsidiaritätsprinzip und die Durchführung gemeinsamer Aktionen.
Dieser Union sollen auf längere Sicht sämtliche demokratischen Länder des Kontinents
beitreten können. Dieser Prozeß wird sich jedoch aufgrund des unterschiedlichen politischen
und wirtschaftlichen Entwicklungsstandes der jeweiligen Länder zwangsläufig in Etappen
vollziehen.
Diese sich erst herausbildende Architektur kann derzeit nur in Ansätzen umrissen werden.
Ausgehend von den Realitäten am Ende dieses Jahrhunderts sind folgende Perspektiven
denkbar:

Die Union der Fünfzehn setzt auf der Grundlage des Vertrags von Maastricht und
in Umsetzung des Vertrages von Amsterdam die Vertiefung im wirtschaftlichen,
monetären und politischen Bereich fort. Durch interinstitutionelle Vereinbarungen
werden die Verbindungen zwischen den Organen, den gemeinschaftsinternen
Mechanismen und den Verfahren der diplomatischen Zusammenarbeit gestärkt.
Das Europäische Parlament übt seine neuen Mitentscheidungsrechte
uneingeschränkt aus.

Nach einer erneuten Revision der Verträge werden die Institutionen den
Anforderungen angepaßt, die die nächsten Beitritte an ihre Funktionsweise und
Effizienz stellen. Für die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres
sollen effizientere Mittel bereitgestellt werden. Die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik (GASP) soll auf der Grundlage neuer glaubwürdiger Strukturen,
der Stärkung der Westeuropäischen Union (WEU) und ihrer Anbindung an die
gemeinsamen Institutionen gestaltet werden.

Die Europäische Union, die sich auf die Europäische Gemeinschaft und die
Politische Union stützt, bekräftigt ihre politische Identität innerhalb der
Nordatlantischen Allianz, die zu einem großen europäisch-atlantischen Forum
wird, in dem über die Sicherheit auf der nördlichen Halbkugel beraten wird.
Überdies spielt sie eine führende Rolle beim Ausbau der Nord-Süd-Beziehungen
sowohl über die Abkommen von Lomé als auch im Rahmen multinationaler
Abkommen und Gremien (UNO, UNCTAD).

Die Verhandlungen mit den MOEL und Zypern werden entsprechend den von
diesen Ländern erzielten Ergebnissen von 1998 bis zum Beginn des nächsten
Jahrhunderts zeitlich gestaffelt geführt.

Die Mitgliedsländer der Euro-Zone stimmen sich regelmäßig über die Fortschritte
der Wirtschafts- und Währungskonvergenz und die damit verbundene Entwicklung
der Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitiken ab. Einige Mitgliedstaaten wenden als
Vorläufer die im Vertrag von Amsterdam enthaltene Generalklausel über engere
Zusammenarbeit an, um in einigen Kooperationsbereichen eine Dynamik in Gang
zu setzen.

Die Europäische Union mit 25 Mitgliedern wird Ende des nächsten Jahrzehnts
Wirklichkeit sein. Dann wird Europa in den Bereichen Politik, Handel, Währung
und Strategie aufgebaut sein. Aufgrund der wiederholten Forderung des
Europäischen Parlaments wird sich die EU eine Verfassung geben, in der die
Beziehungen zwischen der Union, den Mitgliedstaaten und den Bürgern
festgeschrieben sind.
Diese zwangsläufig unvollständige und von vielen Unwägbarkeiten geprägte Vorstellung von
der Architektur Europas zu Beginn des nächsten Jahrtausends kann sich nur konkretisieren,
wenn die Mitgliedstaaten der gegenwärtigen Union dieser die Rolle einer Triebkraft für den
gesamten Kontinent ausdrücklich übertragen und sich rückhaltlos den im Vertrag
vorgezeichneten politischen Zielen verschreiben. Dies wird nur unter der Voraussetzung
gelingen, daß sie diesen seit der Gründung der Gemeinschaft eingeschlagenen Weg
konsequent weiterverfolgen.
CHRONIK DER EUROPÄISCHEN EINIGUNG
1950
9. Mai
In seiner Rede stellt der französische Außenminister Robertden von Jean Monnet
entwickelten Plan vor, die Kohle- und Stahlproduktion Frankreichs und der Bundesrepublik
Deutschland zusammenzulegen und eine Organisation zu gründen, die den anderen
europäischen Ländern zum Beitritt offenstehen soll.
1951
18. April
Sechs Länder unterzeichnen in Paris den Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS).
1952
27. Mai
In Paris wird der Vertrag zur Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG)
unterzeichnet.
1954
30. August
Die französische Nationalversammlung lehnt den EVG-Vertrag ab.
20. bis 23. Oktober
Im Anschluß an die Konferenz von London werden die Pariser Verträge abgeschlossen: In
ihnen sind die Modalitäten für die Erweiterung des Brüsseler Pakts festgelegt, der zur
Westeuropäischen Union (WEU) umgestaltet wird.
1955
1. und 2. Juni
Auf der Konferenz von Messina beschließen die Außenminister der Sechs, die europäische
Integration auf die gesamte Wirtschaft auszudehnen.
1957
25. März
In Rom werden die Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
(EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG) unterzeichnet.
1958
1. Januar
Die Römischen Verträge treten in Kraft; die Kommission der EWG und die Kommission der
EAG nehmen ihre Arbeit in Brüssel auf.
1960
4. Januar
Auf Initiative des Vereinigten Königreichs wird das Stockholmer Abkommen zur Gründung
der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) unterzeichnet.
1962
30. Juli
Eine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wird eingeführt.
1963
14. Januar
Auf einer Pressekonferenz erklärt General de Gaulle, Frankreich werde den Beitritt des
Vereinigten Königreichs zur EWG ablehnen.
20. Juli
In Jaunde wird das Assoziierungsabkommen zwischen der EWG und 18 afrikanischen
Ländern unterzeichnet.
1965
April
Der Vertrag zur Fusion der Exekutivorgane der drei Gemeinschaften und zur Einsetzung eines
gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission wird unterzeichnet. Er tritt am 1.
Juli 1967 in Kraft.
1966
29. Januar
Nach dem sogenannten "Luxemburger Kompromiß" nimmt Frankreich wieder an den
Sitzungen des Rates teil, fordert aber im Gegenzug die Beibehaltung der
Einstimmigkeitsentscheidungen im Ministerrat, wenn "vitale Interessen" auf dem Spiel
stehen.
1968
1. Juli
18 Monate früher als geplant werden die letzten Binnenzölle für gewerbliche Erzeugnisse
abgeschafft; der gemeinsame Zolltarif (GZT) gegenüber dritten Ländern wird eingeführt.
1969
1. und 2. Dezember
Auf dem Gipfeltreffen von Den Haag beschließen die Staats- bzw. Regierungschefs den
Übergang von der Übergangsphase zur Endstufe der Gemeinschaft. Sie einigen sich auf
endgültige Agrarregelungen und die Zuweisung eigener Mittel an die EWG.
1970
22. April
In Luxemburg wird der Vertrag zur schrittweisen Finanzierung der Gemeinschaften durch
Eigenmittel und die Erweiterung der Kontrollbefugnisse des Europäischen Parlaments
unterzeichnet.
30. Juni
In Luxemburg werden die Verhandlungen mit den vier beitrittswilligen Ländern (Dänemark,
Irland, Norwegen, Vereinigtes Königreich,) aufgenommen.
1972
22. Januar
In Brüssel werden die Beitrittsakte der neuen EWG-Mitglieder (Dänemark, Irland, Norwegen,
Vereinigtes Königreich,) unterzeichnet.
24. April
Die Sechs beschließen, das System der "Währungsschlange" einzuführen: Die maximalen
Schwankungsbreiten der Wechselkurse der Mitgliedstaaten dürfen nicht mehr als
2,25&nbsp% betragen.
1973
1. Januar
Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich treten der EWG bei (negatives Referendum
in Norwegen).
1974
9. und 10. Dezember
Auf dem Gipfeltreffen von Paris beschließen die neun Staats- bzw. Regierungschefs, dreimal
jährlich im Europäischen Rat zusammenzukommen; sie schlagen die Direktwahl der
Europäischen Versammlung vor und einigen sich auf die Gründung des Europäischen Fonds
für regionale Entwicklung (EFRE).
1975
28. Februar
In Lomé wird ein Abkommen (Lomé I) zwischen der Gemeinschaft und 46 Staaten Afrikas,
des karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans (AKP) unterzeichnet.
22. Juli
Der Vertrag über die Erweiterung der Haushaltsbefugnisse der Europäischen Versammlung
und die Gründung des Europäischen Rechnungshofes wird unterzeichnet. Er tritt am 1. Juni
1977 in Kraft.
1978
6. und 7. Juli
Auf dem Gipfeltreffen in Bremen regen Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland eine
Neubelebung der Zusammenarbeit im Währungsbereich durch die Schaffung eines
Europäischen Währungssystems (EWS) an, das an die Stelle der "Währungsschlange" treten
soll.
1979
13. März
Das EWS tritt in Kraft.
28. Mai
Griechenland und die Europäische Gemeinschaft unterzeichnen den Vertrag über den Beitritt
Griechenlands.
7. und 10. Juni
Die erste allgemeine Wahl der 410 Mitglieder des Europäischen Parlaments findet statt.
31. Oktober
In Lomé wird das zweite Abkommen (Lomé II) zwischen der EWG und 58 Staaten Afrikas,
des karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans (AKP) unterzeichnet.
1981
1. Januar
Griechenland tritt der Europäischen Gemeinschaft bei.
1984
28. Februar
Das Esprit-Programm - Europäisches strategisches Programm für Forschung und Entwicklung
auf dem Gebiet der Informationstechnologie - wird angenommen.
14. und 17. Juni
Das Europäische Parlament wird zum zweiten Mal gewählt.
8. Dezember
In Togo wird das dritte Lomé-Abkommen zwischen der Zehnergemeinschaft und 66 Ländern
Afrikas, des karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans (AKP) unterzeichnet.
1985
Januar
Jacques Delors wird zum Präsidenten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften
ernannt.
2. bis 4. Dezember
Auf der Tagung des Europäischen Rates von Luxemburg beschließen die Zehn die
"Einheitliche Europäische Akte", durch die die Römischen Verträge geändert werden und die
europäische Integration neuen Auftrieb erhalten soll.
1986
1. Januar
Spanien und Portugal treten der Europäischen Gemeinschaft bei.
17. und 28. Februar
In Luxemburg und Den Haag wird die Einheitliche Europäische Akte unterzeichnet.
1987
14. April
Die Türkei beantragt die EWG-Mitgliedschaft.
1. Juli
Die Einheitliche Europäische Akte tritt in Kraft.
27. Oktober
Die WEU verabschiedet in Den Haag eine gemeinsame Sicherheitsplattform.
1988
Februar
Reform der Finanzierung der Gemeinschaftspolitiken. Mehrjährige Ausgabenplanung 19881992, Reform der Strukturfonds.
1989
Januar
Die Amtszeit des Präsidenten der EG-Kommission, Jacques Delors, wird um weitere vier
Jahre verlängert.
15. und 18. Juni
Das Europäische Parlament wird zum dritten Mal in allgemeiner Direktwahl gewählt.
17. Juli
Österreich beantragt die Mitgliedschaft in der EWG.
9. November
Die Berliner Mauer fällt.
9. Dezember
Auf der Tagung des Europäischen Rates in Straßburg wird die Einberufung einer
Regierungskonferenz beschlossen.
15. Dezember
Unterzeichnung des vierten Lomé-Abkommens mit den Ländern Afrikas, des karibischen
Raums und des Pazifischen Ozeans.
1990
29. Mai
Die Verträge über die Gründung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
(EBWE) werden unterzeichnet.
19. Juni
Das Übereinkommen von Schengen wird unterzeichnet.
4. und 16. Juli
Malta und Zypern beantragen die Mitgliedschaft in der EWG.
3. Oktober
Vereinigung Deutschlands
14. Dezember
In Rom werden die Regierungskonferenzen über die Wirtschafts- und Währungsunion und
über die Politische Union eröffnet.
1991
1. Juli
Schweden beantragt die Mitgliedschaft in der EWG.
21. Oktober
Abkommen über die Errichtung des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), dem die
Gemeinschaft und ihre westeuropäischen Nachbarländer angehören.
9. und 10. Dezember
Tagung des Europäischen Rates in Maastricht.
1992
7. Februar
Der Vertrag über die Europäische Union wird in Maastricht unterzeichnet.
18. März
Finnland beantragt die Mitgliedschaft in der EWG.
25. März
Norwegen beantragt die Mitgliedschaft in der EWG.
2. Mai
In Porto wird das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) unterzeichnet.
2. Juni
Dänemark spricht sich in einem Referendum gegen den Maastrichter Vertrag aus.
20. Juni
Irland nimmt den Maastrichter Vertrag per Referendum an.
20. September
Frankreich nimmt den Maastrichter Vertrag per Referendum an.
11. und 12. Dezember
Tagung des Europäischen Rates in Edinburgh.
1993
1. Januar
Verwirklichung des Binnenmarktes
18. Mai
Zweites Referendum in Dänemark: Annahme des Maastrichter Vertrages.
1. November
Inkrafttreten des Maastrichter Vertrages.
1994
1. April
Ungarn beantragt die EU-Mitgliedschaft
8. April
Polen beantragt die EU-Mitgliedschaft
15. April
Unterzeichnung der Schlußakte der Verhandlungen der Uruguay-Runde im Rahmen des
GATT in Marrakesch.
9. und 12. Juni
Das Europäische Parlament wird zum vierten Mal in allgemeiner Direktwahl gewählt.
Österreich stimmt der EU-Mitgliedschaft per Referendum zu.
24. und 25. Juni
Tagung des Europäischen Rates in Korfu.
Unterzeichnung der Beitrittsakte Österreichs, Finnlands, Norwegens und Schwedens.
16. Oktober
Finnland stimmt der EU-Mitgliedschaft per Referendum zu.
13. November
Schweden stimmt der EU-Mitgliedschaft per Referendum zu.
27. und 28. November
Norwegen lehnt die EU-Mitgliedschaft per Referendum ab.
9. Dezember
Tagung des Europäischen Rates in Essen.
1995
1. Januar
Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens zur Europäischen Union.
23. Januar
Die Kommission der EU nimmt unter dem Vorsitz von Jacques Santer ihre Amtsgeschäfte auf
(1995-2000).
26. März
Das Übereinkommen von Schengen tritt in Kraft.
2. Juni
Erste Tagung der Reflexionsgruppe für eine neue Regierungskonferenz zur Überarbeitung der
Verträge.
12. Juni
Unterzeichnung von Europa-Abkommen mit Estland, Lettland und Litauen.
22. Juni
Rumänien beantragt die EU-Mitgliedschaft.
26. und 27. Juni
Tagung des Europäischen Rates in Cannes. Die Reflexionsgruppe erhält den Auftrag, die
Regierungskonferenz vorzubereiten.
27. Juni
Die Slowakei beantragt die EU-Mitgliedschaft.
27. Oktober
Lettland beantragt die EU-Mitgliedschaft.
24. November
Estland beantragt die EU-Mitgliedschaft.
27. und 28. November
Europa-Mittelmeer-Konferenz in Barcelona.
8. Dezember
Litauen beantragt die EU-Mitgliedschaft.
14. Dezember
Bulgarien beantragt die EU-Mitgliedschaft.
15. und 16. Dezember
Tagung des Europäischen Rates in Madrid.
1996
16. Januar
Slowenien beantragt die EU-Mitgliedschaft.
17. Januar
Die Tschechische Republik beantragt die EU-Mitgliedschaft.
29. März
Eröffnung der Regierungskonferenz anläßlich der Tagung des Europäischen Rates in Turin.
21. und 22. Juni
Tagung des Europäischen Rates in Florenz.
13. und 14. Dezember
Tagung des Europäischen Rates in Dublin.
1997
17. Februar
Rede von Jacques Santer zum Thema Spongiforme Rinderenzephalopathie (BSE) vor dem
Europäischen Parlament.
16. und 17. Juni
Tagung des Europäischen Rates in Amsterdam.
16. Juli
Die Agenda 2000 wird dem Europäischen Parlament vorgelegt.
2. Oktober
In Amsterdam wird der ,konsolidierte" Vertrag unterzeichnet.
20. und 21. November
Beschäftigungsgipfel in Luxemburg.
1998
1. Januar
Beginn der britischen Präsidentschaft.
30. März
Einleitung des Beitrittsprozesses von zehn beitrittswilligen Staaten Mittel- und Osteuropas
sowie Zyperns - gefolgt von bilateralen Regierungskonferenzen zunächst mit Zypern, Ungarn,
Polen, Estland, der Tschechischen Republik und Slowenien.
31. März
Schengen: Aufhebung der Personenkontrollen an den Landgrenzen zu Italien.
1. bis 3. Mai
Tagung des Rates der Finanzminister der Fünfzehn und des Europäischen Rates. Bestimmung
der Staaten, die zur dritten Stufe der WWU übergehen können.
15. und 16. Juni
Tagung des Europäischen Rates in Cardiff.
1. Juli
Beginn der österreichischen Präsidentschaft.
12. und 13. Dezember
Tagung des Europäischen Rates in Luxemburg..
1998
1. Januar
Beginn der britischen Präsidentschaft.
30. März
Einleitung des Beitrittsprozesses von zehn beitrittswilligen Staaten Mittel- und Osteuropas
sowie Zyperns - gefolgt von bilateralen Regierungskonferenzen zunächst mit Zypern, Ungarn,
Polen, Estland, der Tschechischen Republik und Slowenien.
31. März
Schengen: Aufhebung der Personenkontrollen an den Landgrenzen zu Italien.
1. bis 3. Mai
Tagung des Rates der Finanzminister der Fünfzehn und des Europäischen Rates. Bestimmung
der Staaten, die zur dritten Stufe der WWU übergehen können.
15. und 16. Juni
Tagung des Europäischen Rates in Cardiff.
1. Juli
Beginn der österreichischen Präsidentschaft.
1999
1. Januar
Beginn der deutschen Präsidentschaft.
Frühjahr
Wahl des Europäischen Parlaments.
1. Juli
Beginn der finnischen Präsidentschaft.
1. Dezember
Beitritt Griechenlands zum Schengen-Raum.
2000
1. Januar
Beginn der portugiesischen Präsidentschaft.
1. Juli
Beginn der französischen Präsidentschaft.
2002
1. Januar
Die Euro-Münzen und -Scheine kommen in Umlauf.
1. Juli
Die nationalen Münzen und Banknoten verlieren ihre Gültigkeit.
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