Die Europäische Union (EU) ist ein Zusammenschluss demokratischer europäischer Länder, die sich der Wahrung des Friedens und dem Streben nach Wohlstand verschrieben haben. Sie versteht sich nicht als ein neuer Staat, der an die Stelle bestehender Staaten tritt. Allerdings ist die Europäische Union auch mehr als alle sonstigen internationalen Organisationen. Die EU ist im Wortsinne einzigartig. Die Mitgliedstaaten der EU haben gemeinsame Organe eingerichtet. Teile ihrer einzelstaatlichen Souveränität haben sie diesen Organen übertragen, damit in bestimmten Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse auf europäischer Ebene demokratische Entscheidungen getroffen werden können. Diese Zusammenführung der Souveränität wird auch als "Europäische Integration" bezeichnet. Historisch gesehen war die Entstehung der heutigen Europäischen Union die Folge des Zweiten Weltkriegs. Der Gedanke der europäischen Integration sollte verhindern, dass Europa jemals wieder von Krieg und Zerstörung heimgesucht wird. In einer Rede am 9. Mai 1950 sprach sich Robert Schuman, damaliger französischer Außenminister, erstmals für diese Integration aus. Dieses Datum gilt als Geburtstag der heutigen EU und wird jährlich als Europatag gefeiert. Das institutionelle System der EU besteht aus fünf Organen jeweils mit spezifischen Aufgaben: Europäisches Parlament (gewählt von der Bevölkerung der Mitgliedstaaten), Rat der Europäischen Union (Vertretung der Regierungen der Mitgliedstaaten), Europäische Kommission (Motor und ausführendes Organ), Europäischer Gerichtshof (gewährleistet die Einhaltung der Rechtsvorschriften) und Europäischer Rechnungshof (kontrolliert die nachhaltige und rechtmäßige Verwaltung des EU-Haushalts). Diese Organe werden durch fünf weitere wichtige Einrichtungen ergänzt: Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (vertritt die Standpunkte der organisierten Bürgergesellschaft in wirtschaftlichen und sozialen Belangen), Ausschuss der Regionen (vertritt die Interessen regionaler und örtlicher Behörden), Europäische Zentralbank (ist für Geldpolitik und für den Euro zuständig), Europäischer Bürgerbeauftragter (setzt sich mit Beschwerden der Bürger über Missstände in der Verwaltung bei beliebigen Organen oder Stellen der EU auseinander) und Europäische Investitionsbank (trägt durch die Finanzierung von Investitionsprojekten zur Umsetzung der Ziele der EU bei). Außerdem umfasst das System verschiedene Einrichtungen und sonstige Stellen. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit ist wesentlich für die Europäische Union. Alle Entscheidungen und alle Verfahren der EU beruhen auf den EG-Verträgen, die von allen EU-Ländern vereinbart wurden. Anfänglich bestand die EU aus nur sechs Ländern: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden. Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich kamen 1973 hinzu, Griechenland 1981, Spanien und Portugal 1986, Österreich, Finnland und Schweden 1995. Im Jahre 2004 wird dann mit weiteren 10 Ländern die umfangreichste Erweiterung in der Geschichte der EU erfolgen. In den ersten Jahren beschränkte sich die Zusammenarbeit hauptsächlich auf Handel und Wirtschaft. Heute jedoch befasst sich die EU auch mit vielen anderen Fragen, die sich unmittelbar auf unser tägliches Leben auswirken: z. B. Wahrung der Bürgerrechte, Gewährleistung von Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit; Schaffung von Arbeitsplätzen; Regionalentwicklung; Umweltschutz ; und eine diskriminierungsfreie Globalisierung. Die Europäische Union hat ein halbes Jahrhundert für Stabilität, Frieden und Wohlstand gesorgt. Sie hat dazu beigetragen, den Lebensstandard zu heben,einen gemeinsamen europäischen Markt geschaffen, die gemeinsame europäische Währung, den Euro eingeführt und der Stimme Europas in der Welt stärkeres Gewicht verliehen. Einheit in der Vielfalt : Europa ist ein Kontinent mit vielen unterschiedlichen Traditionen und Sprachen, aber auch mit gemeinsamen Werten. Die EU verteidigt diese Werte. Sie fördert die Zusammenarbeit der Völker Europas, indem sie die Einheit unter Wahrung der Vielfalt stärkt und sicherstellt, dass Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden. In unserer zunehmend durch globale Verflechtungen gekennzeichneten Welt des 21. Jahrhunderts wird es für jeden europäischen Bürger immer unumgänglicher, mit Menschen aus anderen Ländern im Geist der Aufgeschlossenheit, Toleranz und Solidarität zusammenzuarbeiten. Der Euro - die gemeinsame Währung der Europäer Der "Euro" ist die gemeinsame europäische Währung, die am 1. Januar 2002 in Umlauf gebracht wurde. € ist das Symbol für den Euro. In 12 Ländern der Europäischen Union (Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien) hat der Euro die früheren Nationalwährungen abgelöst. Die gemeinsame Währung macht Reisen in die Teilnehmerländer bequemer, erleichtert Preisvergleiche und bietet der europäischen Wirtschaft die zur Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit erforderliche Stabilität. Freizügigkeit In den 15 Ländern der Europäischen Union können Sie sich als EU-Bürger frei bewegen. Sie können reisen und an beliebigen Orten studieren und arbeiten. Die EU arbeitet beständig darauf hin, ihren Bürgern als eines der Grundrechte größere Freizügigkeit zu ermöglichen und jegliche Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit zu überwinden. In die meisten Länder der EU können Sie ohne Reisepass einreisen; zudem werden Sie nicht mehr durch Grenzkontrollen aufgehalten. Mit wenigen Ausnahmen können Sie an beliebigen Orten alles kaufen und unbeschränkt mit nach Hause nehmen. Die EU entscheidet nicht darüber, was Sie in der Schule lernen. Sie ist jedoch bestrebt sicherzustellen, dass Ihre schulischen und beruflichen Abschlüsse auch in anderen Ländern der EU anerkannt werden. Die EU bemüht sich, allen Zugang zu Bildungsangeboten zu ermöglichen; im Herkunftsland und im Ausland, durch Partnerschaften und Austauschprogramme sowie durch den Abbau bürokratischer Hindernisse. Über eine Million junger Menschen haben EU-Programme wie "ERASMUS" als Möglichkeit genutzt, im europäischen Ausland zu studieren und Auslandserfahrung zu erwerben. Den Frieden sichern Dank der immer engeren Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Ländern in den letzten 50 Jahren ist es heute überhaupt nicht mehr vorstellbar, dass Länder der EU gegeneinander Krieg führen. Die Mitgliedstaaten bemühen sich nun zunehmend darum, diesen Frieden zu wahren und angrenzende Länder zu stabilisieren. Die Europäische Union hilft Konflikte zu vermeiden. Dafür unterstützt sie in Not geratene Regionen mit finanziellen Mitteln. Die EU ist bemüht, Frieden zu bewahren und Frieden zu stiften, und sie führt eine ganze Reihe konkreter Projekte durch, um Menschenrechte und Demokratie zu fördern. Damit ihre Mitgliedstaaten in der Weltpolitik mit einer Stimme sprechen und gemeinsam handeln können, gestaltet die EU eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik; eine engere Zusammenarbeit in Verteidigungsangelegenheiten ist beabsichtigt. Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts Wir alle wollen in Frieden und Sicherheit leben. Viele der Gefahren, die uns in unserem lokalen Umfeld bedrohen, sind zum Teil internationalen Ursprungs. Daher bekämpfen die Europäer derartige Probleme am wirksamsten gemeinsam. Der internationale Terrorismus, Drogenhandel und missbrauch, Menschenhandel und die illegale Ausbeutung ausländischer Frauen zum Zweck der Prostitution sind z. B. solche Probleme. Die EU-Staaten sind entschlossen, diese Bedrohungen durch gemeinsame Regelwerke sowie durch die Zusammenarbeit von Polizei, Zoll und Justiz zu bekämpfen. Die EU spielt eine wichtige Rolle in der Asyl- und Migrationspolitik. Sie garantiert das Asylrecht. Gleichzeitig koordinieren die EU-Länder ihre nationale Flüchtlingspolitik und bemühen sich, die Ursachen der Probleme zu beseitigen, indem sie die Armut bekämpfen und Konflikte in potenziellen Fluchtländern verhüten. Weniger Grenzen: mehr Arbeitsplätze! Eine ihrer wichtigsten Aufgaben sieht die Europäische Union darin, die Beschäftigung in Europa zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die europäische Wirtschaft kann aber nur dann mehr Beschäftigte einstellen, wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen. Genau darum geht es der Union: Sie möchte für die nötigen Rahmenbedingungen sorgen. Durch die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes ohne innere Grenzen und mit einer einheitlichen Währung, dem Euro, hat die EU bereits wichtige Voraussetzungen für den Handel und neue Arbeitsplätze in Europa geschaffen. Die von der EU beschlossene Strategie soll das Wachstum fördern und mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen. Die Arbeitsplätze von morgen werden durch Forschung sowie durch Aus- und Weiterbildung, durch Unternehmergeist, durch die Fähigkeit zur Anpassung an neue Arbeitsverfahren und durch Chancengleichheit für alle geschaffen. Ein Drittel des gesamten EU-Haushalts fließt in die so genannten Strukturfonds, die Wachstum und Beschäftigung in benachteiligten Regionen fördern. Mit ihrer Hilfe wird der Wohlstand in Europa gleichmäßiger und gerechter verteilt. Eine Informationsgesellschaft für alle In einer durch rasanten technologischen Wandel gekennzeichneten Welt setzt sich die EU immer stärker dafür ein, die europäische Forschung an die Spitze des wissenschaftlichen Fortschritts zu führen. In einer Vielzahl von Sektoren, die das gesamte Spektrum der modernen Technologie abdecken, finanziert die EU Forschungsprojekte in Universitäten, Forschungszentren und in der Industrie. Dabei ist die EU vor allem bestrebt, Forschung und Innovation auf klare sozioökonomische Ziele auszurichten, wie Arbeitsplatzschaffung und höhere Lebensqualität. Die Forschungsprioritäten der EU liegen u.a. in den Biowissenschaften sowie den Bereichen Nanotechnologie, Raumfahrt, Lebensmittelqualität, nachhaltige Entwicklung und Wissensgesellschaft. Die EU versucht, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die neuen Technologien in unserem täglichen Leben auch genutzt werden. EU-Entscheidungen über die technische Norm "GSM" z. B. ist zu verdanken, dass die Europäer heute im Gebrauch und in der Herstellung mobiler Telefone weltweit führend sind. Aktiver Umweltschutz Umweltverschmutzung macht nicht an nationalen Grenzen halt. Daher spielt die Europäische Union im Umweltschutz eine bedeutende Rolle. Viele Umweltprobleme in Europa wären ohne gemeinsame Maßnahmen aller Länder der EU nicht zu bewältigen. Die EU hat mehr als 200 Umweltschutzrichtlinien verabschiedet, die in allen Mitgliedstaaten angewendet werden. Der Großteil dieser Richtlinien zielt darauf ab, die Verschmutzung von Luft und Wasser einzudämmen und die Abfallentsorgung zu verbessern. Andere zentrale Themen sind der Naturschutz sowie die Überwachung gefährlicher Produktionsverfahren. Die Verkehrs-, Industrie-, Landwirtschafts-, Energie- und Fremdenverkehrspolitik müssen langfristig so betrieben werden, dass sie unsere natürlichen Ressourcen nicht zerstören. Kurz gesagt: die Entwicklung muss nachhaltig sein. Unsere Luft zum Beispiel ist sauberer geworden dank der Entscheidung der EU in den neunziger Jahren, alle Automobile mit Katalysatoren auszurüsten und auf Bleizusätze in Benzin zu verzichten. 1993 hat die EU eine Europäische Umweltagentur mit Sitz in Kopenhagen eingerichtet. Die Agentur sammelt Informationen über die Umweltsituation und liefert somit eine solide Grundlage für Entscheidungen über Umweltschutzmaßnahmen und -gesetze. Weitere Stärkung und Stabilisierung durch Erweiterung Bis Mai 2004 umfassen die 15 Mitgliedstaaten der EU insgesamt 380 Millionen Bürger. Im Jahre 2004 werden zehn weitere Länder, vorwiegend aus Mittel- und Osteuropa, der EU beitreten. Bulgarien und Rumänien werden sich der Gemeinschaft voraussichtlich 2007 anschließen. Damit erhöht sich die Gesamtbevölkerung der EU auf fast 500 Millionen. Als weiterer Beitrittskandidat könnte die Türkei zu einem späteren Zeitpunkt hinzukommen, wenn die Bedingungen für eine Mitgliedschaft vollständig erfüllt sind. Mitglied der EU können nur die Länder werden, in denen eine stabile Demokratie besteht, die Rechtsstaatlichkeit, Wahrung der Menschenrechte und Minderheitenschutz garantiert. Darüber hinaus muss eine funktionierende Marktwirtschaft bestehen und eine öffentliche Verwaltung vorhanden sein, die in der Lage ist, die Rechtsvorschriften der EU anzuwenden und in die Praxis umzusetzen. Die EU bietet erhebliche finanzielle Unterstützung sowie die erforderliche Beratung, damit sich die Beitrittsländer auf die Mitgliedschaft vorbereiten können. Diese beispiellose Zusammenarbeit geht für die Bürger bisheriger und künftiger Mitgliedstaaten gleichermaßen mit beträchtlichen Vorteilen einher. Der Handel hat erheblich zugenommen, und es ist leichter geworden, Probleme anzugehen, die uns alle betreffen (wie grenzüberschreitende Umweltverschmutzung oder Kriminalität). Die Europäische Union sieht sich der größten Erweiterung seit ihrem Bestehen gegenüber. Nie zuvor hat die EU so viele neue Länder aufgenommen, und nie zuvor ist die EU hinsichtlich ihrer Fläche und der Bevölkerungszahl derart gewachsen oder hat derart viele unterschiedliche Geschichtserfahrungen und Kulturen einbezogen. Diese historische Chance wird den europäischen Kontinent einigen, Frieden, Stabilität und Demokratie stärken und die Menschen an dem Fortschritt und dem Wohlstand teilhaben lassen, der aus der europäischen Integration erwachsen ist. Eine demokratische, faire und handlungsfähige EU erhalten Angesichts der Erweiterung von 15 auf 25 (und später noch mehr) Mitgliedstaaten benötigt die EU ein straffes, handlungsfähiges System der Entscheidungsfindung. Wichtig ist, dass für alle Mitgliedstaaten - alte, neue, große und kleine - faire Regelungen getroffen werden. Die EU-Staaten verfügen jeweils eine bestimmte Anzahl von Stimmen, die bei Entscheidungen im Ministerrat eingebracht werden können. Darüber hinaus wählt die Bevölkerung jeden Landes eine bestimmte Zahl von Abgeordneten in das Europäische Parlament. Diese Anzahlen richten sich etwa nach der Größe der einzelnen Länder. Im Jahre 2004, nach dem Beitritt von zehn weiteren Ländern und nach den Wahlen zum Europäischen Parlament werden sich diese Zahlen ändern. Festgelegt wurden folgende Zahlen (in alphabetischer Reihenfolge nach dem Namen der Länder in der jeweiligen Landessprache). Für Entscheidungen des Rates wird eine Mehrheit von etwa 72 % aller Länderstimmen benötigt. Zahl der Stimmen im Ministerrat Belgien Zypern Tschechische Republik Dänemark Deutschland Griechenland Spanien Estland Frankreich Ungarn Irland Italien Lettland Litauen Luxemburg Malta Niederlande Österreich Polen Portugal Slowakei Slowenien Finnland Schweden Vereinigtes Königreich GESAMT 12 4 Zahl der Abgeordneten im Parlament 24 6 12 24 7 29 12 27 4 29 12 7 29 4 7 4 3 13 10 27 12 7 4 7 10 29 321 14 99 24 54 6 78 24 13 78 9 13 6 5 27 18 54 24 14 7 14 19 78 732 Außerdem benötigt die Europäische Union einen einfacheren Vertrag - eine Verfassung, in der die Ziele und Werte der EU klar beschrieben sind und festgelegt wird, wer welche Kompetenzen ausübt. Um einen solchen Entwurf auszuarbeiten, wurde 2002 ein Konvent unter Beteiligung von Vertretern aller Mitgliedstaaten und aller Beitrittskandidaten sowie von Vertretern der EU-Organe einberufen. Im Anschluss an den Konvent wird eine Regierungskonferenz stattfinden, auf der die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder den neuen Vertrag über die Europäische Union unterzeichnen werden. Das Europäische Parlament: Stimme des Volkes Das Europäische Parlament (EP) ist die demokratische Stimme der Bürger Europas. Es wird alle fünf Jahre direkt gewählt; die Sitzordnung im Plenum richtet sich nicht nach nationaler Zugehörigkeit der Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEP), sondern nach sieben Fraktionen. Die Fraktionen sind Ausdruck der politischen Grundhaltung der nationalen Partei, der die Mitglieder jeweils angehören. Einige Abgeordnete gehören allerdings keiner Fraktion an. Bei der letzten Wahl im Juni 1999 betrug der Anteil weiblicher Abgeordneter etwa 30 %. Zu den wichtigsten Aufgaben des Europäischen Parlaments zählen: Prüfung und Genehmigung der europäischen Gesetzgebung; durch das Mitentscheidungsverfahren hat das EP in diesem Bereich die gleichen Rechte wie der Rat; Genehmigung des EU-Haushalts; demokratische Kontrolle der anderen EU-Organe; dies beinhaltet das Recht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen; Zustimmung zu wichtigen internationalen Abkommen, z. B. dem Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur EU sowie Handels- und Assoziationsabkommen zwischen der EU und Drittländern. Das EP hat den Sacharow-Preis ins Leben gerufen, mit dem das Parlament alljährlich Einzelpersonen oder Einrichtungen auszeichnet, die sich, gleich wo auf der Welt, um die Verteidigung der Menschenrechte verdient gemacht haben. Wie die nationalen Parlamente verfügt das EP über parlamentarische Ausschüsse, die sich mit speziellen Fragen befassen (auswärtige Angelegenheiten, Haushalt, Umwelt usw.). Über einen dieser Ausschüsse, den Petitionsausschuss, können europäische Bürger Petitionen unmittelbar an das Parlament richten. Zudem ernennt das Parlament einen europäischen Bürgerbeauftragten, der Beschwerden von Bürgern über Missstände in der EU-Verwaltung nachgeht. Pat Cox ist Präsident des Europäischen Parlaments. Der Rat der Europäischen Union: Stimme der Mitgliedstaaten Der Rat der Europäischen Union - früher auch als Ministerrat bekannt - ist das wichtigste gesetzgebende Organ und Entscheidungsgremium der EU. In ihm kommen die Vertreter der Regierungen der 15 Mitgliedstaaten zusammen, die Sie auf nationaler Ebene wählen. Er ist das Forum, in dem die Vertreter Ihrer Regierung Ihre Interessen vertreten und Kompromisse aushandeln. Die regelmäßigen Sitzungen finden auf Minister- oder Botschafterebene sowie in Form von Arbeitsgruppen statt. Wenn es um die Grundzüge der Politik geht, treten die Staats- und Regierungschefs als Europäischer Rat zusammen. Gemeinsam mit dem Europäischen Parlament legt der Rat Regeln für alle Tätigkeiten der Europäischen Gemeinschaft (EG) fest, die den so genannten ersten Pfeiler der EU bilden. Die EG befasst sich mit dem Binnenmarkt sowie mit den meisten gemeinschaftlichen Politikbereichen und garantiert den freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Darüber hinaus besitzt der Rat die wesentliche Zuständigkeit für die Zusammenarbeit zwischen den Regierungen im Rahmen des so genannten zweiten und dritten Pfeilers, d. h. in den Bereichen gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie Justiz und Inneres. Die Regierungen arbeiten in der EU z. B. bei der Bekämpfung von Terrorismus und Drogenhandel zusammen. Die Mitgliedstaaten vereinen ihre Kräfte und sprechen mit einer Stimme in auswärtigen Angelegenheiten, unterstützt von dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Javier Solana gibt der EU-Diplomatie ein Gesicht als Hoher Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Die Europäische Kommission: Der Motor der Union Die Europäische Kommission ist hauptsächlich für das politische Tagesgeschäft in der Europäischen Union zuständig. Sie erarbeitet Vorschläge für neue europäische Rechtsvorschriften, die sie dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegt. Sie ist verantwortlich für die praktische Umsetzung der EU-Aktivitäten und überwacht die Verwaltung des EU-Haushalts. Zudem wacht sie darüber, dass die europäischen Verträge und die europäischen Rechtsvorschriften eingehalten werden. Die Europäische Kommission besteht aus 20 Frauen und Männern (die Zahl erhöht sich 2004) und wird von etwa 24 000 Beamten unterstützt. Der Präsident wird von den Regierungen der EUMitgliedstaaten ausgewählt und muss vom Europäischen Parlament bestätigt werden. Die weiteren Mitglieder der Kommission werden von den jeweiligen Mitgliedstaaten in Absprache mit dem künftigen Präsidenten ernannt und bedürfen ebenfalls der Bestätigung durch das Parlament. Die Kommission wird auf fünf Jahre ernannt; sie kann jedoch vor Ablauf dieser Zeit vom Parlament ihres Amtes enthoben werden. Die Kommission ist unabhängig von den Regierungen der Mitgliedstaaten. Der Großteil ihrer Mitarbeiter arbeitet in Brüssel. Romano Prodi steht als Präsident der Europäischen Kommission an der Spitze des Exekutivorgans der EU. Der Europäische Gerichtshof: Die Einhaltung der Gesetze sichern Wenn gemeinsame Regelwerke in der EU beschlossen werden, ist natürlich auch sicherzustellen, dass sie in der Praxis eingehalten und überall gleich ausgelegt werden. Dies zu gewährleisten ist Aufgabe des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften. Er legt Rechtsstreitigkeiten über die Auslegung der EU-Verträge und EU-Rechtsvorschriften bei. Nationale Gerichte müssen sich bei Unsicherheiten in der Anwendung der EU-Rechtsvorschriften an den Gerichtshof wenden, und Einzelpersonen können beim Gerichtshof gegen EU-Organe klagen. Der Gerichtshof besteht aus jeweils einem unabhängigen Richter aus jedem EU-Land und hat seinen Sitz in Luxemburg. Der Europäische Rechnungshof: Gutes Wirtschaften mit Ihrem guten Geld Die Finanzmittel der EU müssen vorschriftsgemäß, wirtschaftlich und zweckgebunden verwendet werden. Der Rechnungshof, ein unabhängiges EU-Organ mit Sitz in Luxemburg, kontrolliert, wie und wofür dieses Geld ausgegeben wird. Der Rechnungshof strebt an, dass der Steuerzahler mehr Gegenwert für das Geld bekommt, das der EU zur Verfügung gestellt wird. Die Europäische Zentralbank: Eine stabile Währung für Europa Die Europäische Zentralbank ist zuständig für die einheitliche Währung, den Euro. Als unabhängige Instanz entscheidet sie über die europäische Währungspolitik, wie beispielsweise die Höhe der Zinssätze. Das Hauptziel der Bank ist die Gewährleistung der Preisstabilität, d. h., sie will verhindern, dass die europäische Wirtschaft durch Inflation geschädigt wird. Aber die Währungspolitik spielt auch eine Rolle bei anderen politischen Zielsetzungen der EU. Die Europäische Zentralbank ist in Frankfurt am Main ansässig. Geleitet wird sie von einem Präsidenten und einem Direktorium in enger Zusammenarbeit mit den Zentralbanken der EU-Staaten. Die Europäische Investitionsbank: Investitionen in die Zukunft Die Bank leiht Geld zur Finanzierung von Projekten, die im europäischen Interesse liegen, insbesondere für Projekte, die benachteiligten Regionen zugute kommen. So finanziert sie beispielsweise Bahnverbindungen, Autobahnen, Flughäfen, Umweltschutzmaßnahmen und, über Partnerbanken, Investitionen der kleinen und mittleren Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen und Wachstum fördern. Die Anleihen unterstützen auch den Erweiterungsprozess der Union sowie deren Entwicklungshilfepolitik. Die Bank hat ihren Sitz in Luxemburg und nimmt Geldmittel auf dem Kapitalmarkt auf. Als nicht gewinnorientierte Organisation kann sie zu günstigen Konditionen Geld leihen. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss: Einbindung der Sozialpartner Unter den 222 Mitgliedern des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (ab 2004 mehr) sind die wichtigsten Interessengruppen der EU vertreten: von den Arbeitgebern bis zu den Gewerkschaften und von den Verbrauchern bis zu den Umweltschützern. Der Ausschuss hat beratende Funktion und nimmt Stellung zu wichtigen Aspekten neuer EU-Initiativen. Mit diesem Gremium wird die gemeinsame europäische Tradition der Einbeziehung der Zivilgesellschaft in das politische Leben fortgesetzt. Der Ausschuss der Regionen: Die lokale Perspektive Viele Entscheidungen in der EU wirken sich unmittelbar auf die kommunale und regionale Ebene aus. Über den Ausschuss der Regionen werden die kommunalen und regionalen Behörden gehört, bevor die EU Entscheidungen in so unterschiedlichen Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Beschäftigung oder Verkehr fällt. Der Ausschuss besteht aus 222 Mitgliedern (ab 2004 mehr), darunter zahlreiche führende Regionalpolitiker und Bürgermeister. Europa in zehn Lektionen von Pascal Fontaine Die Etappen der Europäischen Einigung Die Organe der Union Der Binnenmarkt Die gemeinsamen Politiken Die Wirtschafts- und Währungsunion Die Außen- und Verteidigungspolitik Das Europa der Bürger Die Erweiterung der Europäischen Union Die Europäische Union in der Welt Wie soll das Europa des 21. Jahrhunderts aussehen? Chronik der europäischen Einigung Bibliographische Angaben DIE ETAPPEN DER EUROPÄISCHEN EINIGUNG Bevor der europäische Gedanke seinen konkreten Niederschlag in einem politischen Projekt fand und zum erklärten Ziel der Politik wurde, war er lange auf den Kreis der Philosophen und Schwärmer beschränkt. Schon für Victor Hugo waren die Vereinigten Staaten von Europa ein humanistisches und pazifistisches Ideal, das dann von den tragischen Konflikten, die Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschütterten, Lügen gestraft wurde. Erst aus dem Widerstand gegen den Totalitarismus im zweiten Weltkrieg entstand ein Konzept für das Zusammenleben der Völker auf dem Kontinent, das die Möglichkeit eröffnete, die nationalen Gegensätze zu überwinden. Der italienische Föderalist Altiero Spinelli und Jean Monnet, der Vater des Schuman-Plans und der 1950 als erste Europäische Gemeinschaft gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), stehen am Anfang der beiden wichtigsten Geistesströmungen, die dem europäischen Integrationsprozeß Gestalt verliehen haben: das auf Dialog und Komplementarität zwischen lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Instanzen basierende föderalistische Konzept und der funktionalistische Ansatz auf der Grundlage der schrittweisen Übertragung von Souveränitätsrechten von der nationalen Ebene auf die Gemeinschaftsebene. Beide Thesen finden sich heute in der Überzeugung wieder, daß neben den nationalen und regionalen Hoheitsträgern eine europäische Gewalt bestehen muß, die sich auf demokratische und unabhängige Organe stützt und in der Lage ist, diejenigen Bereiche zu regeln, in denen sich ein gemeinsames Vorgehen als wirksamer erweist als Einzelaktionen der Staaten wie Binnenmarkt, Währung, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt, Beschäftigungspolitik, Umweltschutz, Außen- und Verteidigungspolitik, Schaffung eines Raums der Freiheit und der Sicherheit. Die Europäische Union in ihrer Form von 1998 ist das Ergebnis der unermüdlichen Arbeit, die die Förderer des europäischen Gedankens seit 1950 geleistet haben. Keine Organisation ist so weit integriert, keine ist für so viele Sektoren zuständig wie Wirtschaft, Soziales, Politik, Bürgerrechte und Außenbeziehungen der fünfzehn Mitgliedstaaten. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen sind der Pariser Vertrag zur Gründung der EGKS aus dem Jahr 1951, die Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) von 1957, geändert 1986 durch die Einheitliche Europäische Akte und 1992 durch den Maastrichter Vertrag über die Europäische Union sowie schließlich 1997 durch den Vertrag von Amsterdam. Sie schaffen rechtliche Bande zwischen den Mitgliedstaaten, die weit über vertragliche Beziehungen zwischen souveränen Staaten hinausgehen. Die Europäische Union gibt sich selbst Gesetze, die für die europäischen Bürger unmittelbar gelten und für sie eigene Rechte begründen. Die Gemeinschaft, die zunächst auf einen gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl der sechs Gründerstaaten (Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande) beschränkt war, hat von Anfang an zur Erhaltung des Friedens beigetragen. Ihr ist es gelungen, Sieger und Besiegte des letzten europäischen Krieges in einem institutionellen Rahmen auf der Grundlage des Gleichheitsprinzips zu vereinigen. Nachdem das Projekt einer europäischen Armee 1954 am Widerstand der französischen Nationalversammlung gescheitert war, beschlossen die sechs Mitgliedstaaten bereits 1957, eine Wirtschaftsgemeinschaft mit freiem Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehr zu gründen. Die Zölle für gewerbliche Erzeugnisse sollten zum 1. Juli 1968 vollständig abgeschafft und die gemeinsamen Politiken, vor allem die Agrarpolitik und die Handelspolitik, innerhalb des gleichen Jahrzehnts verwirklicht werden. Angesichts der Erfolge der Sechs beschlossen das Vereinigte Königreich, Dänemark und Irland, der Gemeinschaft beizutreten. Nach schwierigen Verhandlungen, bei denen Frankreich unter De Gaulle zweimal, nämlich 1961 und 1967, sein Veto eingelegt hatte, kam es 1973 zur ersten Erweiterung der Gemeinschaft. Mit der Erweiterung auf neun Mitgliedstaaten wurde gleichzeitig das Wirken der Gemeinschaft durch neue Politiken (Sozial-, Regional- und Umweltpolitik) verstärkt. Anfang der 70er Jahre wurde die Notwendigkeit einer Konvergenz der Wirtschafts- und Währungspolitik immer deutlicher. Die Aufhebung der Golddeckung des Dollars führte weltweit zu einer großen Instabilität im Währungsbereich, die durch die Auswirkungen der Ölkrisen von 1973 und 1979 noch verstärkt wurde. Die Einführung des Europäischen Währungssystems im Jahr 1979 hat beträchtlich zur Stabilisierung der Wechselkurse beigetragen und die Mitgliedstaaten zu einer Sparpolitik gezwungen, die es ihnen ermöglichte, untereinander die Bande der Solidarität und die Disziplin eines offenen Wirtschaftsraumes aufrechtzuerhalten. 1981 und 1986 wurde die Südflanke der Gemeinschaft durch den Beitritt Griechenlands, Spaniens und Portugals verstärkt. Damit wurde die Durchführung von Strukturprogrammen dringlicher, um das wirtschaftliche Entwicklungsgefälle innerhalb der Gemeinschaft zu verringern. Auch im Außenbereich konnte die Gemeinschaft ihren Einfluß stärken und ihre Beziehungen zu den Ländern des südlichen Mittelmeerraumes sowie zu den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik festigen, die durch die Lomé-Abkommen (1975 bis 1989 Lomé I, II, III und IV) assoziiert wurden. Das Abkommen, das in Marrakesch am 14. April 1994 von allen GATT-Mitgliedstaaten unterzeichnet wurde, leitete eine neue Phase für den Welthandel ein. Die Europäische Union, die am Verhandlungstisch als geschlossene Einheit auftrat, legte während der gesamten Verhandlungen das Schwergewicht darauf, das Abkommen aktiv mitzugestalten und ihre Interessen geltend zu machen. Als führende Handelsmacht in der Welt ist die Union im Begriff, sich mit Instrumenten auszustatten, die es ihr ermöglichen, sich auch im diplomatischen Bereich entsprechend zu behaupten. Sie setzt sich das Ziel, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu betreiben. Der "Europessimismus", der sich Anfang der 80er Jahre breit machte, wurde durch die Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise sowie durch Unstimmigkeiten über die Verteilung der Finanzlasten genährt. Er wurde ab 1985 von neuen Hoffnungen abgelöst, die europäische Dynamik wieder in Gang zu bringen. 1985 legte die Kommission unter der Präsidentschaft von Jacques Delors ein Weißbuch vor, in dem die Errichtung des einheitlichen Binnenmarktes zum 1.1993 vorgesehen war. Dieses Datum, von dem eine mobilisierende Wirkung ausgehen sollte, und die Rechtsvorschriften, die die Verwirklichung eines so ehrgeizigen Zieles ermöglichten, wurden in der Einheitlichen Europäische Akte verankert, die im Februar 1986 unterzeichnet wurde und am 1. Juli 1987 in Kraft trat. Der Fall der Berliner Mauer, die deutsche Einigung am 3. Oktober 1990 und die Demokratisierung der Länder Mittel- und Osteuropas, die nunmehr von der Bevormundung durch die Sowjetunion befreit waren, die sich ihrerseits im Dezember 1991 auflöste, bewirkten eine grundlegende Veränderung der politischen Struktur des Kontinents. Die Mitgliedstaaten leiteten einen Prozeß der Vertiefung ihrer Union ein, indem sie einen neuen Vertrag aushandelten, dessen Leitlinien vom Europäischen Rat von Maastricht am 9. und 10. Dezember 1991 festgeschrieben wurden. Der Vertrag über die Europäische Union, der am 1. November 1993 in Kraft getreten ist, setzt den Mitgliedstaaten ehrgeizige Ziele: Währungsunion bis 1999, neue gemeinsame Politiken, Unionsbürgerschaft, gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, innere Sicherheit. Eine im Vertrag von Maastricht festgeschriebene Revisionsklausel veranlaßte die Mitgliedstaaten, einen neuen Vertrag auszuhandeln, der am 2. Oktober 1997 in Amsterdam unterzeichnet wurde und der die Zuständigkeiten und Instrumente der Union, vor allem im Bereich der Justitiellen Zusammenarbeit, des freien Personenverkehrs, der Außen- und Gesundheitspolitik neu ordnen und stärken soll. Das Europäische Parlament als unmittelbares demokratisches Sprachrohr der Union wird mit neuen Befugnissen ausgestattet, die seine Rolle im Gesetzgebungsprozeß bekräftigen. Am 1. Januar 1995 sind der Europäischen Union drei weitere Länder beigetreten. Finnland, Österreich und Schweden bereichern die Union mit ihren Eigenheiten und eröffnen ihr neue Dimensionen in Mittel- und Nordeuropa. Die Union der Fünfzehn sieht sich heute zwei großen Herausforderungen gegenüber: die erfolgreiche Vorbereitung des Beitritts von zehn osteuropäischen Ländern und Zypern, mit denen gemäß einem Beschluß des Europäischen Rates von Luxemburg vom 13.1997 ab Frühjahr 1998 Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden; die Nutzung der Dynamik der Währungsunion, die auf der Grundlage der endgültigen Entscheidung für den Euro am 2. Mai 1998 eine bessere Konvergenz der Wirtschaften der Mitgliedstaaten gewährleisten und die Voraussetzungen für ein nachhaltiges und beschäftigungswirksames Wachstum schaffen soll. Diese beiden Herausforderungen werden große Anstrengungen erfordern. Wenn eine Union mit mehr als 25 Mitgliedern funktionsfähig sein soll, gilt es, die Entscheidungsmechanismen zu stärken und eine effiziente und gerechte Finanzierung der Solidaritätspolitiken und gemeinsamen Aktionen zu gewährleisten. Es gilt, auch wenn durch die Erweiterung die Heterogenität der Interessen und Auffassungen innerhalb der Union noch zunehmen wird, den Konsens der Staaten zu den großen gemeinsamen Zielen der Europäer und den Mitteln zu ihrer Umsetzung zu bewahren. Die Europäische Kommission unter dem Vorsitz von Jacques Santer hat im Juli 1997 ihre "Agenda 2000" vorgelegt, auf deren Grundlage die Regierungen eine umfassende Reform der Strukturpolitiken und der Gemeinsamen Agrarpolitik in Angriff nehmen wollen. In Zukunft bleibt der Union keine andere Wahl, als auf dem Weg einer gleichermaßen wirkungsvollen wie demokratischen Organisation, die entscheidungs- und handlungsfähig ist, ohne die Identität ihrer Mitgliedstaaten preiszugeben, weiter voranzuschreiten. Wenn sie es versäumt, ihre Strukturen zu stärken und ihre Entscheidungsmechanismen effizienter zu gestalten, läuft die Union Gefahr, auseinanderzubrechen oder in ihrer Handlungsfähigkeit gelähmt zu werden. Das "große Europa" vom Atlantik bis zum Ural, das gegenwärtig im Entstehen begriffen ist, kann nur zu einer organisierten Macht werden, wenn es über handlungsfähige Strukturen verfügt und in der Lage ist, in der Weltpolitik geschlossen aufzutreten. Nahezu ein halbes Jahrhundert des europäischen Aufbaus hat die Geschichte des Kontinents und die Mentalität der Europäer tief geprägt sowie das Machtgefüge verändert. Die Regierungen der Mitgliedstaaten, unabhängig davon, welcher politischen Tendenz sie angehören, wissen sehr wohl, daß die Ära der absoluten nationalen Souveränität vorüber ist und daß die bisherigen Nationen nur dann auf dem Weg des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts weitergehen und ihren Einfluß in der Welt erhalten können, wenn sie ihre Kräfte einen, und um mit Robert Schuman zu sprechen, ihre "Geschicke teilen". Die Verfahrensweise der Gemeinschaft, die sich auf einen ständigen Abgleich zwischen den nationalen Interessen und dem gemeinsamen Interesse gründet und bei der Herausbildung einer eigenen Identität der Union stets die nationalen Verschiedenheiten achtet, hat von ihrem ursprünglichen Wert nichts eingebüßt. Sie wurde entwickelt, um die Feindschaften, das Hegemoniedenken und die Gewaltanwendung, die jahrhundertelang die Beziehungen zwischen den Staaten bestimmten, zu überwinden, und hat den Zusammenhalt des demokratischen und den Werten der Freiheit verpflichteten Europas während des kalten Krieges ermöglicht. Die Überwindung des Ost-West-Gegensatzes und die politische wie wirtschaftliche Einigung des Kontinents sind ein Sieg des europäischen Geistes, den die Völker mehr denn je für ihre Zukunft benötigen. DIE ORGANE DER UNION Die Europäische Union ist durch eine institutionelle Grundstruktur gekennzeichnet, die sie von den traditionellen internationalen Organisationen unterscheidet. Mit der Unterzeichnung des europäischen Vertragswerks haben die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ihre Bereitschaft bekräftigt, einen Teil ihrer Hoheitsrechte unabhängigen Organen zu übertragen, die die Interessen der Einzelstaaten ebenso wie das Gesamtinteresse der Gemeinschaft vertreten. Diese Organe sind durch sehr komplexe komplementäre Beziehungen miteinander verbunden, aus denen sich der Entscheidungsprozeß ergibt. Der Rat der Europäischen Union ist das zentrale Entscheidungsorgan der Europäischen Union. Er setzt sich aus den für das jeweilige Thema der Tagesordnung zuständigen Ministern der 15 Mitgliedstaaten zusammen. So gibt es den Rat der Außenminister, der Landwirtschaftsminister, der Industrieminister, der Verkehrsminister, der Umweltminister usw. Als Vertreter der Mitgliedstaaten beschließt der Rat alle wesentlichen Rechtsakte, d.h. Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse. Er verfügt über Rechtsetzungsbefugnisse, die er mit dem Europäischen Parlament teilt. Auch die Haushaltsbefugnisse nimmt er gemeinsam mit dem Parlament wahr. Der Rat schließt die internationalen Abkommen ab, die zuvor von der Kommission ausgehandelt wurden. Gemäß Artikel 202 (Die zitierten Artikel beziehen sich auf den Vertrag in der nach der Unterzeichnung des Vertrages von Amsterdam am 2. Oktober 1997 "konsolidierten Fassung". Diese Numerierung wird erst nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages nach seiner Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten wirksam) (bisher Artikel 145) des EG-Vertrages sorgt der Rat für die Abstimmung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten. Gemäß Artikel 205 (bisher Artikel 148) des EG-Vertrags ist zu unterscheiden zwischen Beschlüssen, die mit einfacher Mehrheit, mit qualifizierter Mehrheit (mindestens 62 von 87 Stimmen) oder einstimmig getroffen werden. Zur Berechnung der qualifizierten Mehrheit (mindestens 62 Stimmen) werden die Stimmen der Mitgliedstaaten wie folgt gewichtet: Deutschland, Frankreich, Italien und Vereinigtes Königreich: 10 Stimmen; Spanien: 8 Stimmen; Belgien, Griechenland, Niederlande und Portugal: 5 Stimmen; Österreich und Schweden: 4 Stimmen; Dänemark, Finnland und Irland: 3 Luxemburg: 2 Stimmen. Nach dem Vertrag von Amsterdam wird der Anwendungsbereich der qualifizierten Mehrheit auf neue Bereiche ausgedehnt. So gilt die qualifizierte Mehrheit für die meisten neuen Bestimmungen des EG-Vertrages: Maßnahmen für beschäftigungspolitische Initiativen, Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen, Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung, Gesundheitswesen, Betrugsbekämpfungsmaßnahmen, Transparenz, Zollzusammenarbeit, Statistik, ultraperiphere Regionen sowie das Rahmenprogramm für Forschung, bei dem bisher Einstimmigkeit erforderlich war. Einstimmige Beschlüsse bleiben im wesentlichen Bereichen "konstitutioneller" Art (wie Vertragsänderungen, Beitritt eines neuen Staates) oder bestimmten sensiblen Bereichen wie der Steuerpolitik vorbehalten. Die Präsidentschaft im Rat wird für die Dauer von sechs Monaten abwechselnd von jeweils einem Mitgliedstaat wahrgenommen. Die Beschlüsse des Rates werden von dem Ausschuß der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (AStV) vorbereitet, der durch Ausschüsse aus Fachbeamten der nationalen Ministerien unterstützt wird. Der Rat verfügt darüber hinaus über ein Generalsekretariat in Brüssel, dem die Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse obliegt. Der Europäische Rat ist aus der 1974 eingeführten Praxis entstanden, in regelmäßigen Abständen gemeinsamen Sitzungen der Staats- bzw. Regierungschefs der Europäischen Gemeinschaft einzuberufen. Diese Praxis wurde 1987 in der Einheitlichen Europäischen Akte vertraglich fixiert. Seitdem kommt der Europäische Rat, dem der Präsident der EUKommission als gleich- und stimmberechtigtes Mitglied angehört, mindestens zweimal jährlich zusammen. Anfangs sollten auf diese Weise die seit 1961 auf Initiative eines Mitgliedstaats sporadisch einberufenen Gipfeltreffen institutionalisiert werden. Die zunehmende Bedeutung der Gemeinschaftsangelegenheiten im politischen Leben der Mitgliedstaaten erforderte jedoch eine regelmäßige Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs, um gemeinsam die für die Gemeinschaft wesentlichen Fragen zu erörtern. Im Vertrag von Maastricht wurde die Rolle des Europäischen Rates als Impulsgeber für die wichtigsten politischen Initiativen der Union und Schiedsorgan für Streitfragen, zu denen innerhalb des Rates der Europäischen Union keine Einigung erzielt werden konnte, verankert. Aufgrund des hohen Bekanntheitsgrads seiner Mitglieder und des Gewichts bestimmter von ihm behandelter Fragen werden die Tagungen des Europäischen Rates von der Öffentlichkeit mit Interesse verfolgt. Im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), die ein geschlossenes Auftreten der Fünfzehn nach außen ermöglicht, berät der Europäische Rat auch über die aktuellen Probleme der internationalen Politik. Das Europäische Parlament ist die demokratisch gewählte Vertretung und das politische Kontrollorgan der Völker der in den Europäischen Gemeinschaften zusammengeschlossenen Staaten. Es ist darüber hinaus am Rechtsetzungsprozeß beteiligt. Das seit Juni 1979 direkt gewählte Europäische Parlament umfaßt derzeit 626 Abgeordnete, die auf fünf Jahre gewählt werden. Dabei verteilen sich die Sitze im Europäischen Parlament wie folgt: 99aus Deutschland, je 87 aus Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich, 64 Abgeordnete aus Spanien, 31 aus den Niederlanden, je 25 aus Belgien, Griechenland und Portugal, 22 aus Schweden, 21 aus Österreich , je 16 aus Dänemark und Finnland, 15 aus Irland und 6 aus Luxemburg. Im Hinblick auf die Erweiterung der EU ist die Anzahl der Abgeordneten im Vertrag von Amsterdam auf 700 begrenzt worden. Die Plenarsitzungen des Parlaments finden normalerweise in Straßburg statt. Die 20 Ausschüsse, die die Beratungen der Plenarsitzungen vorbereiten, sowie die Fraktionen des Europäischen Parlaments treten überwiegend in Brüssel zusammen. Sitz des Generalsekretariats ist Luxemburg. Das Parlament übt gemeinsam mit dem Rat legislative Befugnisse aus: Es wirkt an der Ausarbeitung der Richtlinien und Verordnungen der Gemeinschaft mit, indem es zu den Vorschlägen der Kommission Stellung nimmt und diese unter Umständen auffordert, ihren Vorschlag unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Parlaments zu ändern. Die Einheitliche Akte, mit der die europäischen Verträge geändert wurden, sieht ein Verfahren in Form von zwei Lesungen im Parlament und im Rat vor. Dieses Verfahren der Zusammenarbeit verstärkt die legislativen Befugnisse des Parlaments auf zahlreichen Gebieten, so beispielsweise im Bereich der Vollendung des Europäischen Binnenmarktes. Das Verfahren der Zusammenarbeit wurde (mit Ausnahme einiger Fälle im Kapitel zur Wirtschafts- und Währungsunion) durch den Vertrag von Amsterdam im Rahmen der Vereinfachung der Gesetzgebungsverfahren und einer Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens wieder abgeschafft. Der Vertrag von Maastricht hat zu einer Stärkung der legislativen Befugnisse des Parlaments beigetragen, da ihm für die nachstehenden Bereiche Mitentscheidungsbefugnisse verliehen wurden: Freizügigkeit, Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit, Binnenmarkt, allgemeine Bildung, Forschung, Umwelt, Transeuropäische Netze, Gesundheitswesen, Kultur, Verbraucherschutz. So kann das Europäische Parlament den gemeinsamen Standpunkt des Rates mit absoluter Mehrheit seiner Mitglieder ablehnen und das Verfahren beenden. Allerdings sieht der Vertrag auch ein Vermittlungsverfahren vor. Der Vertrag von Amsterdam hat die legislativen Befugnisse des Parlaments weiter gestärkt, indem er das Mitentscheidungsverfahren mit dem Rat auf weitere Bereiche wie Gesundheitswesen, Verkehrspolitik, Freizügigkeit der Bürger sowie bestimmte Bestimmungen zur Sozial- und Beschäftigungspolitik ausgeweitet hat. So kann der Erlaß eines Rechtsakts im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens (Artikel 249 bisher Artikel 189b des Vertrages) nur erfolgen, wenn die ausdrückliche Zustimmung des Rates und des Parlaments vorliegt bzw. wenn letzteres keinen Einspruch erhebt. Die Einheitliche Europäische Akte sieht vor, daß der Abschluß internationaler Assoziierungsund Kooperationsabkommen sowie jede Erweiterung der Gemeinschaft die Zustimmung des Parlaments erfordert. In Maastricht wurde darüber hinaus festgelegt, daß auch Rechtsakte zum einheitlichen Wahlrecht, zur Freizügigkeit und zum freien Aufenthaltsrecht sowie zu den Strukturfonds der Zustimmung des Parlaments bedürfen (vgl. Kapitel IV). Der Vertrag von Amsterdam sieht darüber hinaus diese Zustimmung auch für Sanktionen im Falle einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der Grundrechte durch einen Mitgliedstaat vor. Gemeinsam mit dem Rat verfügt das Europäische Parlament über weitreichende Haushaltsbefugnisse: Ihm obliegt die Verabschiedung des Gesamthaushaltsplans. Das Parlament kann den Haushaltsplan auch ablehnen, was es bereits mehrfach getan hat, und dadurch ein neues Haushaltsverfahren erzwingen. Der Haushaltsplan wird durch die Kommission erarbeitet und pendelt dann zwischen dem Rat und dem Parlament als den zwei Institutionen mit Haushaltsbefugnissen hin und her. Bei den sogenannten "obligatorischen" Ausgaben - zum größten Teil Agrarausgaben - hat der Rat das letzte Wort. Bei den übrigen - "nicht obligatorischen" - Ausgaben liegt die letzte Entscheidung beim Parlament, das diese Ausgaben unter den in den Verträgen festgelegten Bedingungen abändern kann. Das Parlament hat seine Haushaltsbefugnisse stets wahrgenommen, um auf die Gemeinschaftspolitik Einfluß zu nehmen. Eine wesentliche Aufgabe des Europäischen Parlaments besteht darin, der Gemeinschaft neue politische Impulse zu geben. Als Vertreter von 373 Millionen Bürgern, als europäisches Forum par excellence und als Spiegelbild der politischen Strömungen und nationalen Besonderheiten in den fünfzehn Mitgliedstaaten ist das Parlament geradezu prädestiniert, Anstöße zur Weiterentwicklung und Neugestaltung von Politiken zu geben. So wurde der Entwurf für einen Vertrag über die Europäische Union, den das Parlament 1984 angenommen hat, zum entscheidenden Anstoß, der die Regierungen zur Unterzeichnung der Einheitlichen Akte veranlaßt hat. Auch die Einberufung der beiden Regierungskonferenzen zur Wirtschaftsund Währungsunion und zur Politischen Union geht auf eine Initiative des Europäischen Parlaments zurück. Durch Entsendung von zwei Beobachtern war es auch eng in den Prozeß der Aushandlung des Vertrages von Amsterdam eingebunden, verlangt aber eine noch stärkere Einbeziehung bei künftigen Vertragsänderungen. Darüber hinaus ist das Parlament das demokratische Kontrollorgan der Gemeinschaft: Die Ernennung des Präsidenten der Kommission bedarf der Zustimmung des Europäischen Parlaments; es kann die Kommission durch Annahme eines Mißtrauensantrages mit Zweidrittel-Mehrheit zum Rücktritt veranlassen. Es äußert sich zum Arbeitsprogramm der Kommission und leitet ihr seine Bemerkungen zu. Im Vertrag von Amsterdam ist festgelegt, daß das Europäische Parlament einen Entwurf erarbeitet, nach dem seine Wahl in allgemeinen unmittelbaren Wahlen nach "einem auf gemeinsamen Grundsätzen aller Mitgliedstaaten beruhenden Verfahren" erfolgen soll. Das Parlament kontrolliert die ordnungsgemäße Durchführung der Gemeinschaftspolitiken und stützt sich dabei insbesondere auf die Berichte des Rechnungshofes. Es kontrolliert ferner die tägliche Umsetzung dieser Politiken und richtet zu diesem Zweck insbesondere mündliche und schriftliche Anfragen an die Kommission und den Rat. Schließlich will es der Brauch, daß der amtierende Präsident des Europäischen Rates das Parlament über die im Europäischen Rat erzielten Ergebnisse unterrichtet. Seit Januar 1997 ist José Gil-Roblès Gil-Delgado Präsident des Europäischen Parlaments. Die Europäische Kommission ist eines der Schlüsselorgane des institutionellen Systems der Gemeinschaft. Mit Inkrafttreten des Fusionsvertrags am 1. Juli 1967 verschmolzen die Hohe Behörde der EGKS und die Kommissionen von EWG und Euratom zur Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Seit dem 5. Januar 1995 gehören der Kommission 20 Mitglieder an: zwei Deutsche, zwei Spanier, zwei Franzosen, zwei Italiener, zwei Briten und je ein Mitglied für die übrigen Länder. Die Mitglieder der Kommission werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen für fünf Jahre ernannt; ihre Benennung unterliegt der zweifachen Zustimmung des Europäischen Parlaments. Der Vertrag von Amsterdam sieht vor, daß der Präsident der Kommission im gegenseitigen Einvernehmen durch die Regierungen der Mitgliedstaaten ernannt wird und die Ernennung der Zustimmung des Europäischen Parlaments bedarf. Im Anschluß daran benennen die Regierungen der Mitgliedstaaten im Einvernehmen mit dem designierten Präsidenten die übrigen Mitglieder der Kommission. Dann hat sich das gesamte Kollegium einem Zustimmungsvotum des Parlaments zu stellen. Bei der Ausübung ihrer Befugnisse ist die Kommission weitgehend unabhängig. Sie handelt allein im Interesse der Gemeinschaft und unterliegt keinerlei Weisungen seitens eines Mitgliedstaates. Als Hüterin der Verträge wacht die Kommission über die korrekte Durchführung der Verordnungen und Richtlinien des Rates. Sie kann den Gerichtshof anrufen, um dem Gemeinschaftsrecht Geltung zu verschaffen. Da die Kommission das alleinige Initiativrecht besitzt, kann sie jederzeit tätig werden, um Vereinbarungen im Rat oder zwischen Rat und Parlament zu erleichtern. Sie führt die Gemeinschaftspolitik auf der Grundlage der Ratsbeschlüsse durch (z.B. im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik). Sie besitzt weitreichende Befugnisse bei der Durchführung der gemeinsamen Politiken, für deren Etat sie zuständig ist: Forschung und Technologie, Entwicklungshilfe, regionaler Zusammenhalt usw.. Die Kommission ist dem Europäischen Parlament gegenüber verantwortlich, das sie im Wege eines Mißtrauensantrags geschlossen zum Rücktritt veranlassen kann. Dieser Fall ist bislang jedoch noch nicht eingetreten. Die Kommission stützt sich zur Durchführung ihrer Tätigkeit auf Dienststellen, die sich hauptsächlich in Brüssel, zu einem geringeren Teil aber auch in Luxemburg, befinden. Den 25 Generaldirektionen sind bei der Durchführung der gemeinsamen Politiken und der allgemeinen Verwaltung spezielle Aufgabenbereiche zugewiesen. Im Gegensatz zu den Sekretariaten herkömmlicher internationaler Organisationen hat die Kommission als Hüterin der Verträge Finanzautonomie und kann ihre Vorrechte in voller Unabhängigkeit wahrnehmen. Seit Januar 1995 ist Jacques Santer Präsident der Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Sitz in Luxemburg setzt sich aus 15und 9 Generalanwälten zusammen, die von den Regierungen der Mitgliedstaaten in gegenseitigem Einvernehmen auf sechs Jahre ernannt werden. Die Wiederernennung ist zulässig, und ihre Unabhängigkeit ist gewährleistet. Der Gerichtshof hat die Aufgabe, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge zu sichern. Zu diesem Zwecke kann er feststellen, daß ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen hat, die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Institutionen überwachen und diese gegebenenfalls für nichtig erklären oder auch die Untätigkeit des Europäischen Parlaments, des Rates oder der Kommission feststellen. Der Gerichtshof ist auch die einzige zuständige Instanz, die sich auf Ersuchen eines nationalen Gerichts über die Auslegung der Verträge oder die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft äußern kann. Wird eine solche Fragen in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, kann - und in bestimmten Fällen muß - dieses den Gerichtshof in Luxemburg um eine Vorabentscheidung ersuchen. Dadurch ist eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts im gesamten Gebiet der Gemeinschaft gewährleistet. Der Vertrag von Amsterdam gestattet dem Gerichtshof ausdrücklich, sich für zuständig zu erklären, um zu überprüfen, daß die gemeinschaftlichen Rechtsakte die Grundrechte wahren, und dehnt seine Zuständigkeit auf die Bereiche der Freiheit und der Sicherheit der Person aus. Das 1989 geschaffene Gericht erster Instanz, dem 15 Richter angehören, entscheidet vorbehaltlich eines auf Rechtsfragen beschränkten Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof über alle Klagen natürlicher bzw. juristischer Personen gegen die Gemeinschaft sowie über Klagen nach dem EGKSV gegen die Kommission und ist für Streitsachen zwischen der Gemeinschaft und deren Bediensteten zuständig Der Rechnungshof, der mit dem Vertrag vom 22. Juli 1975 eingesetzt wurde, besteht aus 15 Mitgliedern, die von den Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen nach Anhörung des Europäischen Parlaments für sechs Jahre ernannt werden. Er prüft die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaft und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Nach Abschluß eines jeden Haushaltsjahres erstattet er einen Jahresbericht. Im Maastrichter vertrag über die Europäische Union erfährt der Rechnungshof eine Aufwertung, da er dort als fünftes Gemeinschaftsorgan eingestuft wird. Der Vertrag von Amsterdam ermöglicht ihm, zur Wahrung seiner Rechte den Gerichtshof anzurufen, und erweitert seine Kontrollbefugnisse auf die von externen Einrichtungen verwalteten Gemeinschaftsfonds. In Fragen, die die EG und Euratom betreffen, werden Rat und Kommission vom Wirtschaftsund Sozialausschuß unterstützt. Dieser setzt sich aus 222 Mitgliedern zusammen, die die Interessengruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens vertreten. In vielen Fällen muß er angehört werden, ehe ein Beschluß ergeht, doch kann er auch aus eigener Initiative Stellungnahmen abgeben. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß ermöglicht eine aktive Beteiligung von Vertretern der Wirtschaft und der Gewerkschaften an der Entwicklung der Gemeinschaft. Dem durch den Vertrag von Maastricht eingesetzten Ausschuß der Regionen gehören 222 Vertreter der regionalen und kommunalen Körperschaften an, die vom Rat auf Vorschlag der Mitgliedstaaten für vier Jahre ernannt werden. Der Ausschuß der Regionen wird vom Rat oder von der Kommission in den im Vertrag genannten Fällen gehört und kann auch aus eigener Initiative Stellungnahmen abgeben. Der Vertrag von Amsterdam weitet die Bereiche, in denen diese beiden Ausschüsse gehört werden müssen, noch aus und ermöglicht ihre Anhörung durch das Europäische Parlament. DER BINNENMARKT Artikel 2 des Gründungsvertrags der EG legt folgendes Ziel fest: " ... eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft, eine beständige und ausgewogene Wirtschaftsausweitung, eine größere Stabilität, eine beschleunigte Hebung der Lebenshaltung und engere Beziehungen zwischen den Staaten zu fördern, die in dieser Gemeinschaft zusammengeschlossen sind". Dieses Ziel sollte durch die Öffnung der Grenzen, die zu Freizügigkeit und einem freien Waren- und Dienstleistungsverkehr führen sollte, und die Schaffung solidarischer Strukturen durch Einführung gemeinsamer Politiken und Einsetzung entsprechender Finanzinstrumente verwirklicht werden. Mit der Vollendung des Binnenmarktes am 1. Januar 1993 ist dieses Vertragsziel praktisch erfüllt. Dazu bedurfte es indessen eines Zeitraums von fast vierzig Jahren, obwohl doch bereits im Juli 1968 - 18 Monate früher als im Zeitplan vorgesehen - Binnenzölle und Kontingente abgeschafft worden waren. Diese Verzögerung ist darauf zurückzuführen, daß die Harmonisierung von Zöllen einfacher ist als die des Steuerwesens, daß die freien Berufe in jedem Land anderen Regelungen unterliegen, daß starre protektionistische Maßnahmen im Zusammenspiel mit einer Zunahme von technischen Normen unsinnigerweise dazu geführt haben, daß sich die Märkte Anfang der 80er Jahre zunehmend abschotteten. Einige von der Wirtschaftskrise als Folge der beiden Ölkrisen von 1973 und 1980 besonders betroffene Mitgliedstaaten hatten zu protektionistischen Maßnahmen gegriffen, um ihre Märkte vor der wachsenden internationalen Konkurrenz zu schützen. In ihrem Weißbuch von 1985 stellte die Kommission unter Jacques Delors kritisch fest, daß Europa immer weiter hinter den Entwicklungen zurückblieb und noch allzu viele Hindernisse der Verwirklichung eines großen Wirtschaftsraums, der einen Markt mit über 380 Millionen Verbrauchern darstellen könnte, im Wege standen. Die dadurch entstehenden "Kosten des Nicht-Europas", die auf Wartezeiten an den Grenzen, technische Barrieren und die Abschottung des öffentlichen Beschaffungswesens zurückzuführen sind, betrugen bekanntermaßen annähernd 200 Mrd. ECU (1 ECU (Europäische Währungseinheit) entspricht etwa 1,97 DM (Wechselkurs von März 1998). Mit der Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte im Februar 1986, die die Etappen und Fristen für die etwa 270 für die Verwirklichung des Binnenmarktes erforderlichen Maßnahmen festlegte, setzten sich die Zwölf ein neues Ziel, dessen positive Auswirkungen rasch spürbar wurden. Unternehmer, Berufsverbände und Gewerkschaften nahmen den Termin 1993 spontan vorweg und paßten ihre Strategien bereits den neuen Spielregeln an. Allen Bürgern bieten sich heute vielfältigere Konsum-, Reise- und Arbeitsmöglichkeiten. Der in Gang gebrachte Prozeß, der auf Freizügigkeit, Wettbewerb und Wachstum setzt, ist nicht mehr aufzuhalten. Nacheinander fallen die materiellen, steuerrechtlichen und technischen Grenzen, auch wenn in bestimmten, besonders sensiblen Bereichen wie der Harmonisierung der Quellensteuer noch keine Einigung erzielt wurde. Bestandsaufnahme Die Bilanz ist insgesamt gesehen zufriedenstellend. Fortschritte wurden hauptsächlich in den folgenden Bereichen erzielt: öffentliches Auftragswesen: durch die Ausweitung der Richtlinien über öffentliche Liefer- und Bauaufträge auf die sogenannten "ausgeschlossenen Sektoren" Verkehr, Energie, Telekommunikation, wobei größere Transparenz und Kontrolle angestrebt wird; Beseitigung steuerlicher Unterschiede durch die Angleichung der nationalen Vorschriften über indirekte Steuern, Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern; Liberalisierung der Kapitalmärkte und der Finanzdienstleistungen; Technische Harmonisierung und Normung: durch die gegenseitige Anerkennung nationaler Vorschriften und Bescheinigungen sowie durch die Anerkennung des Grundsatzes der Äquivalenz der nationalen Normen neben bestimmten Harmonisierungsmaßnahmen auf den Gebieten Sicherheit und Umweltbelastungen; Beseitigung technischer Hindernisse (freie Berufsausübung und äquivalente Ausbildungsgänge) und materieller Hindernisse (Grenzkontrollen) für die Freizügigkeit; so erleichtert beispielsweise die im November 1997 beschlossene Richtlinie zum Rechtsanwaltsberuf die unionsweite Ausübung dieses Berufs; Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die industrielle Zusammenarbeit durch Harmonisierung des Gesellschaftsrechts und Angleichung der Rechtsvorschriften über das geistige und gewerbliche Eigentum (Warenzeichen und Patente); Liberalisierung des Dienstleistungssektors (Telekommunikation, Energie usw.), der mehr als 70&nbsp% des BIP der Europäischen Union erbringt. Das Ziel der Freizügigkeit ist allerdings noch bei weitem nicht vollständig erreicht. So sehen sich einige Kategorien von Arbeitnehmern, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen oder arbeiten möchten, vielfältigen Hemmnissen gegenüber. Im Ergebnis der Feststellungen der hochrangigen Arbeitsgruppe zum Thema Freizügigkeit unter Vorsitz von Frau Simone Veil (Bericht an die Europäische Kommission, 18. März 1997) hat die Kommission Initiativen ergriffen, um die Mobilität dieser Arbeitnehmer vor allem mittels der Anerkennung der Zeugnisse und Berufsabschlüsse (Klempner, Tischler usw.) zu fördern. Auf dem Wege zu einem neuen "Ziel 1999" Der Binnenmarkt existiert und funktioniert insgesamt zufriedenstellend. Er stellt jedoch einen "ständigen Prozeß" dar und kann und muß ständig ergänzt und verbessert werden. In diesem Sinne und unter Berücksichtigung der festgestellten Unzulänglichkeiten und Rückstände hat die Kommission am 16. und 17.1997 auf dem Amsterdamer Gipfel ihren neuen Aktionsplan für den Binnenmarkt vorgelegt. Es wurde festgestellt, daß mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Binnenmarktes nur 65&nbsp% der Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten voll umgesetzt wurden. Das Programm erstreckt sich auf die Bereiche Steuern (Verhaltenskodex, Quellensteuer auf Kapitaleinnahmen, Besteuerung von Energieträgern), Wettbewerbspolitik (neue Regelungen für staatliche Beihilfen und Absprachen), Gasbinnenmarkt, Pensionsfonds usw. Der Raum der inneren Sicherheit Die große Mehrheit der europäischen Bürger sieht in dem Grundsatz der Freizügigkeit eine Chance für ihr persönliches und berufliches Leben. Jedoch haben die Regierungen unter Beachtung der Sicherheitsbedürfnisse, die auch von den Bürgern geteilt werden, das Instrumentarium der Freizügigkeit durch Maßnahmen ergänzt, die die öffentliche Sicherheit im Gemeinschaftsraum und den Schutz der Außengrenzen gewährleisten sollen. Die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (Titel VI des Vertrags über die Europäische Union) deckt im wesentlichen vier Bereiche ab: Harmonisierung des Asylrechts; unionsweit einheitliche Einwanderungsbestimmungen für Staatsangehörige dritter Länder; polizeiliche Zusammenarbeit zur wirksamen Bekämpfung der internationalen Kriminalität; justitielle Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen. Die neuen Vertragsbestimmungen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres sollen in erster Linie zum Abbau der Hemmnisse für die Freizügigkeit beitragen. Zu diesem Zweck werden die von den Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens von Schengen (siehe Kasten) vereinbarten Maßnahmen schrittweise auf alle Mitgliedstaaten ausgeweitet werden. Mit dem Vertrag von Amsterdam erwachsen der Gemeinschaft neue Verantwortlichkeiten im Bereich der Politik der inneren Sicherheit. So wird nunmehr ein großer Teil der Zusammenarbeit durch Gemeinschaftsvorschriften geregelt. Allerdings ist ab Inkrafttreten des Vertrages ein Übergangszeitraum von fünf Jahren vorgesehen, in dem der Rat weiterhin einstimmig handelt. Die Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Polizeidienststellen und den übrigen für die Verbrechensbekämpfung zuständigen Behörden fällt auch weiterhin in den zwischenstaatlichen Rahmen, wobei allerdings die Mittel der Zusammenarbeit mit dem Ziel ihrer höheren Effizienz deutlich verbessert werden sollen. Schengen: Ein Raum ohne Grenzen für mehrere europäische Staaten 1. Eckdaten: Juni 1984: Der Europäische Rat von Fontainebleau beschließt die Abschaffung der Polizeikontrollen und Zollformalitäten im innergemeinschaftlichen Reiseverkehr. Juli 1984: Das in Saarbrücken zwischen Deutschland und Frankreich geschlossene Abkommen ist ein erster Schritt in dieser Richtung. 14. Juni 1985: Belgien, Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Luxemburg unterzeichnen das Übereinkommen von Schengen über den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, das den freien Personenverkehr für alle Staatsangehörigen der Unterzeichnerstaaten, der sonstigen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft oder dritter Länder vorsieht. 19. Juni 1990: Die fünf Staaten unterzeichnen das Zusatzübereinkommen, in dem alle Maßnahmen zur völligen Abschaffung der Personenkontrollen an ihren gemeinsamen Grenzen festgelegt sind. Dieses aus rund 142 Artikeln bestehende Übereinkommen, das an die Stelle der nationalen Gesetze tritt, muß von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden. 27. November 1990: Italien tritt dem Übereinkommen bei. 18. November 1991: Spanien und Portugal treten dem Übereinkommen bei. 6. November 1992: Beitritt Griechenlands. 26. März 1995: Das Übereinkommen von Schengen tritt zwischen Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Spanien und Portugal in Kraft. Die übrigen Unterzeichnerstaaten werden folgen, sobald entsprechende Kontrollmaßnahmen an den Außengrenzen gewährleistet sind. 21. April 1995: Beitritt Österreichs zu dem Übereinkommen. 16. Juni 1995: Die Verhandlungen über einen Beitritt der nordischen Länder werden aufgenommen. 19. Dezember 1996: Protokoll und Abkommen über den Beitritt Dänemarks, Finnlands und Schwedens. 2. Oktober 1997: Ratifizierung des Vertrages von Amsterdam, der den Schengen-Besitzstand einschließt. Irland und das Vereinigte Königreich gehören dem Schengener Raum nicht an. 26. Oktober 1997: Inkrafttreten der Anwendungsvereinbarung mit Italien über die Kontrollen im Luftverkehr. 1. Dezember 1997: Inkrafttreten der Anwendungsvereinbarung mit Österreich über die Kontrollen im Luftverkehr. bis 31. März 1998: Abschaffung der Kontrollen an den Landgrenzen Italiens und Österreichs. 2. Der "Schengener Raum" Der Grundsatz des freien Personenverkehrs gilt für alle Staatsangehörigen unabhängig von ihrer Nationalität: Für die Bürger der EU-Mitgliedstaaten ist der freie Personenverkehr innerhalb des neuen Raums bereits weitgehend verwirklicht. Das Übereinkommen wurde auf Staatsbürger dritter Länder, Asylbewerber und legale Einwanderer erweitert, um einheitliche Verfahren für das unter das Übereinkommen fallende Gebiet zu erarbeiten. Polizei und Sicherheit: Die Polizei gewährleistet die öffentliche Sicherheit zwar nach wie vor innerhalb der Binnengrenzen, in Häfen und auf Flughäfen, doch unter Anwendung neuer Methoden. Die Kontrollen an den Außengrenzen werden dank einer besseren polizeilichen Zusammenarbeit verstärkt. Das Übereinkommen enthält gemeinsame Regeln für die Bekämpfung des Terrorismus, des Schmuggels und des organisierten Verbrechens. Darüber hinaus ist eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz, Polizei und Verwaltung vorgesehen. Nach der Ratifizierung des Vertrags von Amsterdam sollen auch die Bereiche Visa, Asylrecht, Einwanderung und sonstige Politiken im Zusammenhang mit der Freizügigkeit in die gemeinschaftliche Zuständigkeit überführt werden. An die Stelle des Exekutivkomitees von Schengen soll der Rat der Union treten; die Kommission wird eine Initiativrolle übernehmen und der Gerichtshof kann in diesen Bereichen für zuständig erklärt werden. Für Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich gelten gesonderte Bestimmungen. DIE GEMEINSAMEN POLITIKEN Die Verfasser des Vertrags von Rom haben - wie bereits weiter oben angeführt - der Europäischen Gemeinschaft die Aufgabe übertragen, "durch die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes und die schrittweise Annäherung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft, eine beständige und ausgewogene Wirtschaftsausweitung, eine größere Stabilität, eine beschleunigte Hebung der Lebenshaltung und engere Beziehungen zwischen den Staaten zu fördern, die in dieser Gemeinschaft zusammengeschlossen sind". DIE SOLIDARITÄTSORIENTIERTEN POLITIKEN Das im Vertrag von Rom festgelegte Gesamtziel sollte mit der Verwirklichung des freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs sowie einer Wettbewerbspolitik, die auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen und den Schutz der Verbraucherinteressen abzielt, erreicht sein. Soll der europäische Binnenmarkt jedoch allen Wirtschaftsbereichen und allen Regionen Nutzen bringen, muß er von auf Gemeinschaftsebene durchgeführten und finanzierten Strukturpolitiken flankiert werden. Die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts hat sich rasch als ein Gebot der Solidarität erwiesen, das in einer gezielten Regionalpolitik und einer mit jeder Gemeinschaftserweiterung umfassender werdenden Sozialpolitik seinen Ausdruck fand. Förderung der Regionen Seit dem Inkrafttreten der Einheitlichen Akte ist die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts untrennbar mit der Errichtung des Wirtschaftsraums ohne Binnengrenzen verknüpft. Im Februar 1988 beschlossen die Mitgliedstaaten eine Verdoppelung der Finanzmittel für Strukturausgaben. So wurden zwischen 1989 und 1993 jährlich 14&nbspMrd. ECU für die Entwicklung der rückständigen Regionen, die Umstrukturierung bestimmter Industriegebiete, Hilfen an Langzeitarbeitslose und die berufliche Eingliederung junger Menschen, die Modernisierung der Strukturen in der Landwirtschaft und benachteiligte ländliche Gebiete aufgewendet. Diese Mittel werden durch die bestehenden Fonds vergeben, die tiefgreifend reformiert wurden, d.h. den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), den Europäischen Sozialfonds (ESF), den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) sowie das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF). Sie sollen die Anstrengungen der Staaten, Regionen und privaten Investoren stimulieren und ergänzen. Für den Zeitraum 1993-1999 stehen für Strukturmaßnahmen (Strukturfonds und Kohäsionsfonds) 200&nbspMrd.zur Verfügung. So sind die Europäischen Fonds das wichtigste Instrument der Wirtschafts- und Sozialpolitik zur Förderung der innergemeinschaftlichen Solidarität. Soziale Dimension Mit gezielten sozialpolitischen Maßnahmen wird versucht, die gravierendsten Disproportionen zu beseitigen. Der Europäische Sozialfonds (ESF) wurde 1961 eingerichtet, um die Beschäftigungsmöglichkeiten und die räumliche und berufliche Mobilität der Arbeitskräfte zu fördern. Dieser Fonds ergänzte das Instrumentarium der EGKS, das in den 60er Jahren stark in Anspruch genommen wurde, als es darum ging, Tausende von Bergleuten umzuschulen, die durch Zechenstillegungen erwerbslos geworden waren. Die finanzielle Hilfe ist nicht das einzige Instrument, das die sozialpolitischen Bestrebungen der Gemeinschaft verdeutlicht. Sie würde auch nicht ausreichen, um allen Krisensituationen und den Entwicklungsrückständen bestimmter Regionen abzuhelfen. Die dynamischen Wachstumskräfte, die durch die Politik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft gestärkt werden, sollen in erster Linie den sozialen Fortschritt fördern. Entsprechende Impulse gehen insbesondere von Rechtsvorschriften aus, die auf europäischer Ebene einen "Sockel" von Mindestrechten gewährleisten. Die Grundlage für diesen sozialen Raum bilden zum einen die im Vertrag verankerten Regeln, wie etwa der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit, zum anderen die unlängst verabschiedeten Richtlinien, die den Schutz der Arbeitnehmer (Hygiene und Sicherheit am Arbeitsplatz) und die Anerkennung von grundlegenden Sicherheitsvorschriften betreffen. In dem Protokoll zur Anwendung der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer hat der Europäische Rat im Dezember 1991 in Maastricht die Rechte festgelegt, die in der gesamten Gemeinschaft für die Arbeitswelt gelten sollten: Freizügigkeit, gerechte Entlohnung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, sozialer Schutz, Koalitionsfreiheit und Tarifverhandlungen, berufliche Bildung, gleiches Entgelt für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit, Unterrichtung, Anhörung und Mitwirkung der Arbeitnehmer, Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz, Schutz der Kinder, der älteren Menschen und der Behinderten. Aufgrund der veränderten Haltung der neuen britischen Labour-Regierung wurde im Juni 1997 in Amsterdam beschlossen, dieses Sozialprotokoll in den für die 15 Mitgliedstaaten anwendbaren Hauptteil des Vertrages zu integrieren. Beschäftigungspolitik Während sie unaufhaltsam auf dem Wege zur Wirtschafts- und Währungsunion voranschreiten, wurden sich die Mitgliedstaaten bewußt, welch große Erwartungen die Unionsbürger in eine aktivere Beschäftigungspolitik setzen. Das Vertrauen der Europäer in die Vorteile und die Zukunft des europäischen Aufbauwerks sind schwer mit der Tatsache vereinbar, daß in allen Mitgliedstaaten eine strukturelle Arbeitslosigkeit herrscht, von der 1997 noch 17,9Menschen betroffen waren. Deshalb wurde in den Vertrag von Amsterdam ein neues Kapitel zur Beschäftigungspolitik aufgenommen, das dieses Thema zu einem Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik der Union macht. Auf der Tagung des Europäischen Rates am 20. und 21. 1997 in Luxemburg legten die 15 Mitgliedstaaten eine gemeinsame Strategie zur Stärkung der Politik der Mitgliedstaaten vor allem im Bereich der beruflichen Bildung, der Hilfe für Existenzgründer und der Verbesserung des sozialen Dialogs fest. Es wurden beschäftigungspolitische Leitlinien beschlossen, deren Umsetzung regelmäßig durch die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsinstitutionen nach einem gemeinsamen Verfahren der Ergebnisbewertung kontrolliert werden soll. Die Finanzierung der Gemeinschaftspolitiken Der Europäische Rat von Edinburgh nahm am 12. Dezember 1992 die Finanzielle Vorausschau für 1993-1999 an. Sie sah eine Erhöhung des Gemeinschaftshaushalts von 69 Mrd. ECU (Verpflichtungsermächtigungen) für 1993 auf 84 Mrd. ECU für 1999 vor. Die Obergrenze der Eigenmittel der Gemeinschaft wurde leicht angehoben (von derzeit 1,2% auf 1,27 % des BSP der Gemeinschaft). Die infolge dieser Erhöhung verfügbaren Mittel werden auf drei vorrangige Ziele konzentriert: Ausbau der Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich der Außenbeziehungen (aufgrund der fortschreitenden Integration wird die Bedeutung der Gemeinschaft auf internationaler Ebene zunehmen), Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (als unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen des Binnenmarktes) und Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen. Auf der Grundlage von Initiativen der Kommission wurden die in den Beschlüssen von Maastricht vorgesehen Neuerungen eingeführt: Errichtung eines Kohäsionsfonds zugunsten Griechenlands, Spaniens, Portugals und Irlands, neue Leitlinien für die Wettbewerbspolitik, Einführung einer Industriepolitik, Förderung der Forschung und technologischen Entwicklung, Stärkung der Sozialpolitik und der beruflichen Bildung, Ausbau der bestehenden Infrastrukturnetze. Der neuen Politik der Union liegen zwei Leitgedanken zugrunde: der Grundsatz der Subsidiarität, nach dem die Gemeinschaft - ausgenommen die Bereiche, in denen sie ausschließliche Zuständigkeit besitzt - nur dann tätig wird, wenn ihre Intervention wirksamer ist als eine Intervention auf nationaler Ebene und der Grundsatz der Solidarität, der die Voraussetzung für die Realisierung des Gemeinschaftsziels "Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts" bildet. Die Herausforderung besteht darin, unter Einhaltung einer für die erfolgreiche Realisierung der WWU erforderlichen strengen Haushaltsdisziplin und trotz begrenzter Finanzierungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten die Grundsätze der Subsidiarität und der Solidarität miteinander in Einklang zu bringen und - ungeachtet der zusätzlichen finanziellen Anstrengungen - den Abbau der regionalen Unterschiede zu ermöglichen. Da die Finanzplanung nur bis zum 31. Dezember 1999 feststeht, legte die Kommission im Juli 1997 ein Dokument unter dem Titel "Agenda 2000" vor, das insbesondere den neuen Herausforderungen Rechnung trägt, denen die Union sich im Zeitraum 2000-2006 gegenübersieht. Im Mittelpunkt stehen dabei die Perspektive des Beitritts mehrerer Länder aus Mittel- und Osteuropa sowie die Notwendigkeit, die öffentlichen Ausgaben zu beschränken und den zunehmenden Sorgen einiger Mitgliedstaaten hinsichtlich ihres finanziellen Beitrags zum EU-Haushalt zu begegnen. Deshalb schlägt die Kommission vor, für die Jahre 2000-2006 einen haushaltspolitischen "Status-quo" festzuschreiben, indem die Eigenmittelobergrenze von 1,27&nbsp% des BSP beibehalten und gleichzeitig die unerläßlichen Finanzströme gewährleistet werden, um den Grundsatz der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen der Union und den Beitrittsländern Rechnung zu tragen. Was die Strukturfonds betrifft, so wird für die 15 Mitgliedstaaten ein Finanzrahmen von 210&nbspMilliarden vorgeschlagen, zu denen dann noch 20&nbspMilliardenaus dem Kohäsionsfonds hinzukommen. Um diese Finanztransfers rationeller und wirksamer zu gestalten, schlägt die Kommission vor, die Zahl der vorrangigen Ziele auf drei zu reduzieren: Ziel 1 beinhaltet die Hilfe für die Regionen, deren Pro-Kopf-BIP weniger als 75&nbsp% des Gemeinschaftsdurchschnitts beträgt. Hierfür sollen 2/3 aller Mittel aufgewandt werden. Ziel 2 betrifft die übrigen Regionen mit Strukturproblemen, d.h. in wirtschaftlichem Wandel begriffene Gebiete, ländliche Gebiete mit rückläufiger Entwicklung, von der Fischerei abhängige Krisengebiete und um städtische Problemgebiete. Ziel 3 besteht in der Entwicklung der Humanressourcen und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit entsprechend dem neuen Beschäftigungskapitel im Vertrag. Darüber hinaus wird in der Agenda 2000 eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, um die Heranführungsstrategie und die regionalen Kohäsionsanstrengungen gegenüber den neuen Beitrittsländern zu verstärken (siehe Kapitel VIII). Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik Im Juni 1992 beschloß der Rat eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, deren Ziel es ist, bei Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit die Kosten zu senken. Die in Artikel 33 (bisher Artikel 39) des Römischen Vertrages festgelegten Ziele der GAP, nämlich den Landwirten einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen, die Märkte zu stabilisieren, den Verbrauchern angemessene Preise zu sichern und die landwirtschaftlichen Strukturen zu modernisieren, sind heute weitgehend erreicht. Die Grundsätze der Einheit des Marktes, der Gemeinschaftspräferenz und der finanziellen Solidarität haben sich im Rahmen einer defizitären Landwirtschaft bewährt. Die Sicherstellung der Versorgung der Verbraucher zu stabilen, von den Schwankungen des Weltmarkts unbeeinflußten Preisen wurde gewährleistet. Die Landflucht und die Modernisierung der landwirtschaftlichen Berufe ließen den Anteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung an der Erwerbsbevölkerung der EU von 20 auf unter 8&nbsp% schrumpfen und förderten die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Produktionssektors. Die Agrarpolitik ist zum Opfer ihres eigenen Erfolges geworden. Sie muß heute ihre Konzepte neu bestimmen, um das Produktionswachstum (im Zeitraum 1973 bis 1988 jährlich 2&nbsp%) zu begrenzen, das die Zunahme des Verbrauchs (0,5&nbsp% jährlich) bei weitem überschreitet und derart hohe Kosten zu Lasten des Gemein schaftshaushalts verursacht, daß dadurch die Weiterentwicklung anderer Politiken gefährdet wird. Das Hauptziel der Reform besteht darin, die Beihilfen von Produktionsvolumen abzukoppeln, um so der Qualität den Vorrang zu geben, ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Produktion und Nachfrage herzustellen und die die Umwelt belastende Intensivbewirtschaftung zu reduzieren. Obwohl diese Maßnahmen an der Schwelle zum neuen Jahrtausend erste Früchte tragen, sind in der europäischen Landwirtschaft weitere Anpassungsschritte erforderlich, um für die wichtigsten Herausforderungen gewappnet zu sein, so die Erweiterung der Europäischen Union auf die Länder Mittel- und Osteuropas, die in der Mehrzahl noch Agrarländer sind, die Eröffnung einer neuen Etappe multilateraler Verhandlungen am 1. Januar 2000 und die Verabschiedung des neuen Finanzrahmens der Gemeinschaft. In den in ihrer Agenda 2000 festgelegten Leitlinien für die Gemeinsame Agrarpolitik schlägt die Kommission vor, die Reform von 1992 weiter zu vertiefen, indem die Preise für Agrarerzeugnisse in den Sektoren Ackerkulturen, Rindfleischerzeugung und Milchproduktion weiter gesenkt werden und den Erzeugern ein Ausgleich in Form von Direktzahlungen gewährt wird. FORTSCHRITTSORIENTIERTE POLITIKEN Im Zuge der Vollendung des Binnenmarktes hat sich die Tätigkeit der Gemeinschaft schrittweise auf zahlreiche andere Bereiche ausgeweitet. Die europäische Dimension reicht heute bis in den Alltag der Bürger hinein, da sie die konkreten Herausforderungen der Gesellschaft aufgreift: Umweltschutz, Gesundheit, Verbraucherrechte, Wettbewerb und Sicherheit im Verkehr, Bildung, Zugang zur Kultur. Die Frage ist jedoch, ob Europa auch in diesen Bereichen tätig werden soll oder muß, da doch die demokratisch verfaßten Mitgliedstaaten durchaus in der Lage sind, in der Tätigkeit der nationalen oder lokalen Behörden den Erwartungen und Bedürfnissen der Bürger gerecht zu werden. Die Antwort liegt auf der Hand: Die Tragweite bestimmter Probleme erfordert grenzübergreifend abgestimmtes Handeln, für das in den meisten Fällen die Gemeinschaft die geeigneten Vorschriften erlassen und die angemessenen Mittel bereitstellen kann. Es ist sogar festzustellen, daß die Lösungen der Union in vielen Fällen Ausgangspunkt für weitere Fortschritte und Anregungen waren und daß sie Möglichkeiten bieten, die noch intensiver genutzt werden müßten. So sah sich die Kommission im Ergebnis der schweren Vertrauenskrise, die durch das Auftreten der Bovinen Spongiformen Enzephalopathie (BSE), des sogenannten Rinderwahnsinns, ausgelöst worden war, veranlaßt, ein Embargo für zahlreiche Erzeugnisse des Rindfleischsektors zu verhängen. Auf der Grundlage der Schlußfolgerungen, die am 8. November 1997 von einem zeitweiligen Untersuchungsausschuß vorgelegt wurden, unterstützte das Europäische Parlament die Bemühungen der Kommission um die Umstrukturierung ihrer Dienste und die Intensivierung der gemeinschaftlichen Aktionen zugunsten der öffentlichen Gesundheit. Um den Anliegen der Bürger zu entsprechen, wurden die Vertragsbestimmungen zur öffentlichen Gesundheit und zum Verbraucherschutz in Amsterdam deutlich ausgebaut. Insbesondere im Umweltbereich ist das Zusammenwirken zwischen der Öffentlichkeit und den Institutionen der Gemeinschaft am stärksten ausgeprägt. Nachdem sich in weiten Teilen der Öffentlichkeit die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß nicht nur die Natur geschützt, sondern auch der Verbraucherschutz und der Schutz der menschlichen Lebensqualität verstärkt werden muß, hat die Union mit konkreten Maßnahmen wie gemeinsamen Normen für die Bekämpfung der Luftverschmutzung, Reduzierung der die Ozonschicht schädigenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), Klärung städtischer Abwässer, Überwachung chemischer Produkte, Abfallwirtschaft, Verringerung der Lärmbelästigung durch Fahrzeuge usw. reagiert. Doch die Verschärfung der Normen und Rechtsvorschriften für den Umweltschutz bringen nicht nur Auflagen mit sich. Die EU stellte auch finanzielle Mittel bereit, um entsprechende Vorhaben zu fördern oder Unternehmer bei der Anpassung an die Gemeinschaftsvorschriften zu unterstützen. Die Europäische Gemeinschaft war sich von Anfang an darüber im klaren, daß die Zukunft Europas von der Fähigkeit seiner Mitgliedstaaten abhängt, ihre Stellung im technologischen Wettbewerb zu behaupten, und daß gemeinsam durchgeführte Forschungsvorhaben als Zukunftsinvestition mobilisierende Wirkung zeitigen. Zusammen mit der EWG wurde 1958 die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) gegründet, die sich mit der gemeinsamen Nutzung der Kernenergie zu zivilen Zwecken befaßt. Die Gemeinschaft verfügt über ein eigenes Forschungszentrum, die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS), die aus neun Instituten an vier Standorten besteht: Ispra (Italien), Karlsruhe (Deutschland), Petten (Niederlande) und Geel (Belgien). Der innovative Wettbewerb erforderte jedoch eine möglichst intensive Zusammenarbeit der Wissenschaftler. Hierzu mußten Forschungsvorhaben vernetzt, die industriellen Anwendungen ausgebaut sowie Bürokratismus und finanzielle Hürden überwunden werden. Die Politik der Gemeinschaft versteht sich als Ergänzung zu der Politik der Mitgliedstaaten. Unterstützt werden vorzugsweise Vorhaben, bei denen Forschungsinstitute aus verschiedenen Mitgliedstaaten zusammenarbeiten. Das betrifft sowohl die Grundlagenforschung, z.B. auf dem Gebiet der kontrollierten Kernfusion - der potentiell unerschöpflichen Energiequelle des 21.(JET-Programm, Joint European Torus) - als auch Projekte in den unter starkem Wettbewerbsdruck stehenden strategischen Industriezweigen wie Elektronik und Datenverarbeitung. Das von der Kommission vorgeschlagene und mit einem Finanzvolumen in Höhe von 16,3 Mrd. ECU ausgestattete Fünfte Forschungsrahmenprogramm 1999-2003 gibt der Gemeinschaft die Möglichkeit, eine Reihe unterschiedlicher Programme zu finanzieren, durch die gemeinschaftsweit Kontakte zwischen Tausenden von Wissenschaftlern hergestellt werden. Die transeuropäischen Netze Auf der Grundlage der im Weißbuch "Wachstum, Wettbewerb und Beschäftigung" der Kommission formulierten Vorschläge hat der Europäische Rat am 25. Juni 1994 elf bedeutende Vorhaben im Verkehrsbereich beschlossen. An erster Stelle ist der Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken zu nennen, die die Metropolen mehrerer Mitgliedstaaten miteinander verbinden sollen. Im Rahmen weiterer Projekte sollen zusätzliche Arbeitsplätze mit dem Ziel geschaffen werden, die Wirtschaft anzukurbeln und gleichzeitig die für den europäischen Kontinent notwendige Infrastruktur auf den Gebieten Information ("Datenautobahnen") und Energie aufzubauen. Als Beitrag zur Finanzierung dieser Projekte wurde aus dem EU-Haushalt 1997 eine halbe Milliarde ECU bereitgestellt. DIE WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION (WWU) Als logische Ergänzung zum Binnenmarkt wird die Wirtschafts- und Währungsunion die europäische Einigung auch politisch einen bedeutenden Schritt voranbringen. Die Ablösung der Währungen, die für die europäischen Länder jahrhundertelang Symbol und Werkzeug ihrer Souveränität waren, durch eine gemeinsame Währung ist ein Unternehmen, für das es weder in unserer Geschichte seit dem Römischen Reich noch in der übrigen Welt einen Präzedenzfall gibt. Die gemeinsame Währung soll am 1. Januar 1999 eingeführt werden und ab 1. Januar 2002 die nationalen Währungen ablösen und so dazu beitragen, daß sich beim Bürger das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer neuen Einheit verfestigt. Die Schaffung der einheitlichen europäischen Währung ist das Ergebnis eines langwierigen Entwicklungsprozesses. Bereits 1970 schlug der Werner-Bericht die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion in drei Stufen in einem Zeitraum von zehn Jahren vor. Doch der politische Wille der Mitgliedstaaten zur Errichtung einer solchen Union erlahmte infolge der Auswirkungen der ersten Erdölkrise und verlor seine Dynamik. 1972 wurde der unter dem Namen "Europäische Währungsschlange" bekannte europäische Währungsverbund gegründet. 1974 verabschiedete der Rat eine Entscheidung, mit der ein hoher Grad an wirtschaftlicher Konvergenz in der Gemeinschaft erreicht werden sollte, sowie eine Richtlinie über Stabilität, Wachstum und Vollbeschäftigung. Doch die zunehmende wirtschaftliche Instabilität höhlte das Fundament aus, auf dem das System basierte: der Französische Franc, das Englische Pfund und die Italienische Lira verließen die Währungsschlange. DIE EUROPÄISCHE WÄHRUNGSSYSTEM (EWS) Auf der Europäischen Ratstagung am 6. und 7. Juli 1978 in Bremen beschlossen die Staatsund Regierungschefs die Errichtung eines Europäischen Währungssystems (EWS), das am 13. März 1979 in Kraft trat. Dies war ein erster erfolgreicher Schritt auf dem Wege zu einer stabilen Währungszone, kräftigem Wachstum und größerer Investitionsbereitschaft in Europa. Das EWS stützt sich im wesentlichen auf drei Pfeiler: Der Ecu: als zentrales Element im EWS stellt er einen Korb dar, in den alle Währungen der Mitgliedstaaten eingehen. Wechselkurs- und Interventionsmechanismen: Jeder Einzelwährung wird ein Leitkurs zum ECU zugeordnet. Daraus ergeben sich bilaterale Wechselkurse, die bis August 1993 innerhalb einer Bandbreite 2,25&nbsp% (in Ausnahmefällen bis zu 6&nbsp%) schwanken konnten. Diese Spanne wurde seitdem nach starken Turbulenzen auf dem Wechselkursmarkt auf ±&nbsp15&nbsp% erweitert. Kreditmechanismen: sobald der bilaterale Wechselkurs die Grenze der Spanne von ±&nbsp15&nbsp% erreicht, sind die Zentralbanken verpflichtet, in unbegrenzter Höhe zu intervenieren, um zu verhindern, daß diese Schwelle überschritten wird. Das EWS hat zur Schaffung einer zunehmend stabilen Währungszone in Europa beigetragen, doch wurde das Potential des EWS bei weitem nicht ausgeschöpft, da mehrere Mitgliedstaaten dem Währungsmechanismus nicht beitraten oder größere Bandbreiten in Anspruch nahmen. Die mangelnde Konvergenz der Haushaltspolitiken führte zu Spannungen, und die Einheit des Binnenmarktes wurde durch zahlreiche wettbewerbsbedingte Abwertungen gefährdet. Die letzten Etappen auf dem Weg zur WWU Um die nichttarifären Hemmnisse für den freien Waren-, Kapital-, Dienstleistungs- und Personenverkehr abzuschaffen und den Binnenmarkt zu vollenden, erwies sich die gemeinsame Währung sehr bald als unabdingbare Notwendigkeit. Auf der Grundlage des von Kommissionspräsident Jacques Delors im Juni 1989 vorgelegten Berichts legte der Europäische Rat auf seiner Tagung in Madrid die allgemeinen Grundsätze für die Wirtschafts- und Währungsunion fest: Einführung einer einheitlichen Währung, stufenweise Verwirklichung der WWU, wobei die erste Stufe am 1.1990 beginnen sollte sowie parallele Entwicklung des währungspolitischen und des wirtschaftspolitischen Bereichs. In dieser ersten Phase verpflichteten sich die Mitgliedstaaten, "Konvergenzprogramme" zur Annäherung und Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Leistungen vorzulegen und so feste Wechselkurse zwischen ihren Währungen zu ermöglichen. Der Vertrag von Maastricht Durch den am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeichneten Vertrag wurde das Ziel einer einheitlichen Währung unwiderruflich festgeschrieben und ein Zeitplan für deren Einführung in drei Stufen festgelegt. Für den Eintritt in die dritte Stufe wurden folgende Kriterien festgelegt: Preisstabilität: Die Inflationsrate darf nicht mehr als 1,5über dem Mittelwert der drei Mitgliedstaaten mit der geringsten Inflation liegen. Zinssätze: Der durchschnittliche langfristige Nominalzinssatz darf um nicht mehr als 2über dem entsprechenden Satz in den drei Mitgliedstaaten mit den niedrigsten Zinssätzen liegen. Haushaltsdefizite: Die nationalen Haushaltsdefizite dürfen 3&nbsp% des Bruttosozialprodukts nicht übersteigen. Verschuldung: Die öffentliche Verschuldung darf 60&nbsp% des Bruttosozialprodukts nur übersteigen, wenn die entsprechende Entwicklung rückläufig ist. Währungsstabilität: Ein Mitgliedstaat darf seine Währung in den zwei Jahren vor der Überprüfung der Kriterien nicht abgewertet und die vom EWS vorgesehene Bandbreite von 2,25&nbsp% nicht überschritten haben. Die zweite Stufe der WWU, die am 1. Januar 1994 begann, stellte eine Übergangszeit dar, während derer die Konvergenzbemühungen weitergeführt und ausgeweitet wurden. Das Europäische Währungsinstitut (EWI) mit Sitz in Frankfurt wurde gegründet. Es hat die Aufgabe, die Koordinierung der Geldpolitiken zu verstärken, die Verwendung des ECU zu fördern und die für die dritte Stufe vorgesehene Errichtung der Europäischen Zentralbank vorzubereiten. Die Staats- und Regierungschefs gaben auf der Tagung des Europäischen Rates am 15. und 16. 1995 in Madrid der künftigen europäischen Währung den Namen "Euro" und beschlossen die technischen Modalitäten für deren Einführung. Die dritte Stufe beginnt am 1. Januar 1999. Im Mai 1998 ermitteln die Finanzminister der Fünfzehn auf der Grundlage der Berichte der Kommission und des EWI die Mitgliedstaaten, die die für die Einführung einer einheitlichen Währung notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Nach Auffassung der Kommission wird gemäß der wirtschaftlichen Vorausschau für die nächsten Jahre die Mehrzahl der Staaten die für den Euro festgelegten Kriterien zum 1. Januar 1999 erfüllen. Der Rat wird auf der Ebene der Staats- bzw. Regierungschefs nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit die endgültige Entscheidung darüber treffen, welche Mitgliedstaaten die erforderlichen Voraussetzungen für die Einführung der gemeinsamen Währung erfüllen. Mit Beginn der dritten Stufe werden die Wechselkurse der beteiligten Mitgliedstaaten unwiderruflich festgelegt und die Europäische Zentralbank errichtet. Als regierungsunabhängige Einrichtung wird sie die Währungspolitik der teilnehmenden Staaten verwalten. Die Staaten, die noch nicht zu dieser Gruppe gehören, werden sich ihr anschließen, sobald ihre wirtschaftliche Leistungskraft dies zuläßt bzw. sobald sie die entsprechende politische Entscheidung treffen. Für Verwaltungen und Banken soll die Einführung der gemeinsamen Währung am 1.1999 erfolgen. Spätestens am 1. Januar 2002 müssen Münzen und Banknoten in Euro in Umlauf gebracht werden. Die Münzen weisen eine einheitliche Vorderseite auf, die auf dem Europäischen Rat von Amsterdam offiziell vorgestellt wurde. Bei den technischen Gesprächen im Vorfeld wurden hinsichtlich der Form und der Gestaltung auch Meinungen von sehbehinderten Personen und Verbraucherverbänden eingeholt. Am 1. Juli 2002 wird der Euro in den Mitgliedstaaten, die an der gemeinsamen Währung teilnehmen, an die Stelle der nationalen Währungen treten. In der Zeit zwischen diesen beiden Zeitpunkten ist eine doppelte Preisauszeichnung in Euro und in nationaler Währung vorgesehen, um es den europäischen Verbrauchern zu ermöglichen, sich allmählich mit der neuen Währung vertraut zu machen. In dem Vertrag beigefügten Protokollen behalten sich Dänemark und das Vereinigte Königreich vor, selbst dann nicht in die dritte Stufe einzutreten, wenn sie die Kriterien erfüllen (Opting-out-Klausel). Dänemark hat sich in einer Volksbefragung gegen eine Teilnahme ausgesprochen. Auch Schweden hat Vorbehalte geäußert. In Ergänzung der Bestimmungen des Vertrages von Maastricht nahm der Europäische Rat am 17.1997 in Amsterdam zwei wichtige Entschließungen an: Die erste Entschließung zum "Stabilitäts- und Wachstumspakt" verpflichtet die Mitgliedstaaten, ihre Haushaltsdisziplin beizubehalten, die durch eine multilaterale Überwachung und ein Verbot zu hoher Defizite gewährleistet werden soll. Die zweite Entschließung betrifft das Wachstum und besagt, daß die Mitgliedstaaten und die Kommission sich verpflichtet haben, der Beschäftigungspolitik als vorrangiges politisches Anliegen der Union neue Impulse zu verleihen. Im Rahmen der am 13. Dezember 1997 in Luxemburg angenommenen Entschließung über die "wirtschaftspolitische Koordinierung in der dritten Stufe der WWU" traf der Europäische Rat eine wichtige Festlegung, die vorsieht, daß die "Minister der dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Staaten in informellem Rahmen Fragen erörtern können, die im Zusammenhang mit ihrer gemeinsam getragenen besonderen Verantwortung für die gemeinsame Währung stehen". Auf diese Weise haben die Regierungschefs der Fünfzehn den Weg für einen Annäherungsprozeß geebnet, der die Länder, die den Euro eingeführt haben, über die Währungsunion hinaus auch in ihrer Konjunktur-, Haushalts-, Sozial- und Steuerpolitik noch weiter zusammenführen soll. Die Einführung der gemeinsamen Währung bis zur Jahrtausendwende stellt eine große Herausforderung für die Europäische Union dar, die nur zu meistern ist, wenn die beteiligten Staaten über den notwendigen politischen Willen verfügen. Zugleich hängt der Erfolg des Euro auch von der Schlüsselfrage ab, daß die Öffentlichkeit eine Neuerung akzeptiert, die den Alltag jedes einzelnen Bürgers berührt. Der Zeitplan für den Euro 10. Dezember 1991 : Unterzeichnung des Vertrages über die Europäische Union Beschluß zur Schaffung der Währungsunion und Annahme von fünf Konvergenzkriterien 1. Januar 1994 : zweite Stufe der WWU (Übergangsphase) Gründung des EWI in Frankfurt; Stärkung der Verfahren zur Koordinierung der Wirtschaftspolitiken auf europäischer Ebene; Bekämpfung übermäßiger Defizite und Politik der wirtschaftlichen Konvergenz der Mitgliedstaaten; Unabhängigkeit der nationalen Zentralbanken. 16. Dezember 1995 : Europäischer Rat in Madrid Beschlußfassung über die Bezeichnung "Euro"; Festlegung der technischen Modalitäten für die Einführung des Euro und des Zeitplans für den Übergang zur gemeinsamen Währung. 14. Dezember 1996 : Europäischer Rat in Dublin Beschluß eines Paktes für Haushaltsstabilität und Wachstum rechtlicher Status des Euro. 16. Juni 1997 : Europäischer Rat von Amsterdam; Bestätigung des Stabilitäts- und Wachstumspakts; Verabschiedung von Verordnungen über den rechtlichen Status des Euro; Entschließung über die Wechselkursmechanismen gegenüber den nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Ländern; Entscheidung über Form und Gestalt der Münzen. 13. Dezember 1997 : Europäischer Rat in Luxemburg: Entschließung über die wirtschaftspolitische Koordinierung in der dritten Stufe der WWU (multilaterale Überwachung) sowie über Artikel 109 und 109b des Vertrages (Wechselkursfestlegung nach außen; internationale Vereinbarungen) 1. und 2. Mai 1998: Der Europäische Rat legt die Länder fest, die auf der Basis der Konvergenzkriterien am Euro teilnehmen; Anhörung des Europäischen Parlaments; Festlegung der unwiderruflichen bilateralen Wechselkurse. 1998 : Errichtung der Europäischen Zentralbank (EZB), Ernennung ihres Direktoriums Aufnahme der Produktion der Banknoten und Münzen. 1. Januar 1999 : Dritte Stufe der WWU; der Euro wird zur vollwertigen Währung; Einführung des Euro für Banken und Unternehmen. 1. Januar 2002 : Einführung des Euro; Beginn des Umlaufs der Münzen und Geldscheine. spätestens 1. Juli 2002: Münzen und Geldscheine in nationaler Währung sind kein gesetzliches Zahlungsmittel mehr. DIE AUßEN- UND VERTEIDIGUNGSPOLITIK Das aus dem Bemühen um Frieden und Versöhnung hervorgegangene Europa hat seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu keinem Zeitpunkt versucht, in der Welt auf andere Weise zu Ansehen zu gelangen als mit den Mitteln seiner exemplarischen Schlichtungsmechanismen. In dem Maße, wie die Bedeutung der Gemeinschaft in Wirtschaft und Handel zunahm, nahm man ihre Hilfe als Vermittler und als ausgleichende Kraft in der Welt in Anspruch. Nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) traten Deutschland und Italien am 30.&nbspAugustder Westeuropäischen Union (WEU) bei, die 1948 von Belgien, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich auf der Grundlage eines Paktes zur kollektiven Ver teidigung und politischen Konsultation gegründet worden war. Garantie für eine mehr als vier Jahrzehnte andauernde Sicherheit bot den westeuropäischen Ländern dann jedoch der euro-atlantische Rahmen, die Nordatlantische Allianz, in der sie seitdem im engen Bündnis mit den Vereinigten Staaten und Kanada zusammenarbeiten. Es bedurfte der Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte 1986, damit die von den Mitgliedern der Europäischen Gemeinschaft nach rein pragmatischen Gesichtspunkten eingeführten Verfahren der politischen Zusammenarbeit in die Gemeinschaftsverträge aufgenommen wurden. Die vom Europäischen Rat und dem Rat der Außenminister eingerichtete Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) war vor allem auf gegenseitige Konsultationen der Außenminister und zwischenstaatliche Koordinierung angelegt, bezog jedoch die anderen Gemeinschaftsorgane wie Parlament und Kommission nur am Rande mit ein. Dennoch haben die Kooperationsmechanismen bewirkt, daß die europäische Identität in den internationalen Gremien wie der UNO ständig zum Ausdruck kommt und das Bild einer kohärenten Außenpolitik der Gemeinschaft vermittelt wird. Die Veränderung der geopolitischen Landschaft des europäischen Kontinents, die sich mit der Auflösung des Warschauer Paktes, der Einigung Deutschlands, dem Zerfall der Sowjetunion begleitet vom Wiederaufflammen nationalistischer Konflikte, die sich zum Bürgerkrieg ausweiteten - und dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens seit 1989 vollzog, veranlaßte die Mitgliedstaaten, die politische Zusammenarbeit auf eine neue Grundlage zu stellen. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) Der Vertrag über die Europäische Union begründet eine echte Politische Union, die sich künftig auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) mit folgender Zielstellung stützen wird: "Wahrung der gemeinsamen Werte, der grundlegenden Interessen und der Unabhängigkeit der Union; Stärkung der Sicherheit der Union und ihrer Mitgliedstaaten in allen ihren Formen; Wahrung des Friedens und die Stärkung der internationalen Sicherheit; Förderung der internationalen Zusammenarbeit; Entwicklung und Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten." Diese Ziele können auf zweierlei Weise umgesetzt werden: durch "Einrichtung einer regelmäßigen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Führung ihrer Politik", indem gemeinsame Standpunkte festgelegt werden, sowie "durch stufenweise Durchführung gemeinsamer Aktionen in den Bereichen, in denen wichtige gemeinsame Interessen der Mitgliedstaaten bestehen". Im Rahmen ihrer systematischen Zusammenarbeit informieren und konsultieren die Mitgliedstaaten sich gegenseitig zu allen außen- und sicherheitspolitischen Fragen von allgemeinem Interesse. Gemeinsame Standpunkte werden festgelegt, sobald der Rat dies für erforderlich hält. Sie sind bindend für die Mitgliedstaaten, die dafür Sorge tragen, daß ihre einzelstaatliche Politik sowie ihr Handeln in internationalen Gremien damit in Einklang stehen. Der Europäische Rat bleibt die höchste Autorität, die im Wege des Konsens die allgemeinen Leitlinien der Außenpolitik bestimmt; der Grundsatz der gemeinsamen Aktionen der Fünfzehn wird beibehalten. Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit (soweit es sich um eine Frage handelt, die von ihm einstimmig festgelegt wurde) gemeinsame Aktionen beschließen, um das Vorgehen der Mitgliedstaaten und ihre Stellungnahmen zu vereinheitlichen. Die Europäische Union nimmt in gemeinsamen Erklärungen Stellung zu internationalen Ereignissen, insbesondere zu Verletzungen der Menschenrechte. So bestehen in einer institutionellen Struktur gemeinschaftliche und intergouvernementale Verfahren nebeneinander. Die GASP bildet eine Säule der Europäischen Union und umfaßt alle Bereiche der Außenpolitik, einschließlich der Sicherheit. Die Bestimmungen, die die GASP regeln, berühren in keiner Weise den "besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten". So genießen die neutralen Staaten weiterhin einen besonderen Status, und Frankreich und das Vereinigte Königreich können ihre eigenständige Verteidigungspolitik als Nuklearmächte fortsetzen. Mit dem Vertrag von Amsterdam hat sich die Europäische Union mit neuen institutionellen und operationellen Instrumenten ausgestattet. Die impulsgebende und orientierende Rolle liegt jetzt bei dem Europäischen Rat, der "gemeinsame Strategien" beschließt, die durch "gemeinsame Aktionen" und "gemeinsame Standpunkte" umgesetzt werden. Die Einführung des Grundsatzes der Beschlußfassung mit qualifizierter Mehrheit über Aktionen und Standpunkte des Rates in Anwendung gemeinsamer Beschlüsse des Europäischen Rates erfolgte in Amsterdam mit der Annahme des Grundsatzes der konstruktiven Enthaltung, die es in bestimmten Fällen einem Mitgliedstaat gestattet, sich an der Aktion nicht zu beteiligen, ohne daß dadurch die Annahme durch die anderen verhindert wird. Der Generalsekretär des Rates übt die neue Funktion des Hohen Vertreters für die GASP aus und unterstützt den Rat, indem er insbesondere zur Formulierung, Vorbereitung und Durchführung politischer Entscheidungen beiträgt. Der Rat kann darüber hinaus, wenn er es für notwendig hält, einen Sonderbeauftragten ernennen, dem ein Mandat im Zusammenhang mit besonderen politischen Fragen übertragen wird. Die große Neuerung dieses Vertrages besteht jedoch in der Schaffung einer "Strategieplanungs- und Frühwarneinheit" innerhalb des Rates. Die Aufgabe dieser Einheit ist es, die Entwicklungen in den unter die GASP fallenden Bereichen zu überwachen und zu analysieren, Ereignisse oder Situationen zu bewerten, die bedeutende Auswirkungen auf die Außen- und Sicherheitspolitik der Union haben können und frühzeitig auf solche Ereignisse und Situationen hinzuweisen. Auf dem Wege zu einer europäischen Verteidigungsidentität Die Außen- und Sicherheitspolitik könnte langfristig zu einer gemeinsamen Verteidigung führen. Die relativ vorsichtige Formulierung im Vertrag von Maastricht trägt zum einen den Auffassungen der Mitgliedstaaten Rechnung, die die Bekräftigung einer verteidigungspolitischen Identität Europas für notwendig halten, und zum anderen den Befürchtungen jener, die nicht das Risiko der Auflösung der im Rahmen der atlantischen Allianz gewachsenen solidarischen Bindungen eingehen wollen. Doch der Begriff "gemeinsame Verteidigung" ist der Beweis für den Willen der EU-Mitgliedstaaten, weiter voranzukommen auf dem Weg zu einer Europäischen Union, die auch die strategische und militärische Dimension umfaßt. Indem die Union "die Westeuropäische Union, die integraler Bestandteil der Entwicklung der Europäischen Union ist, (ersucht,) die Entscheidungen und Aktionen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben, auszuarbeiten und durchzuführen", stellt die Union eine Verbindung zu der einzigen für Verteidigungsfragen zuständigen europäischen Organisation her. Die WEU, der zehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die den Vertrag von Brüssel unterzeichnet haben, und fünf Beobachter (Irland, Dänemark, Österreich, Finnland und Schweden) angehören, verfügt über eine in Paris tagende Versammlung mit 108 Mitgliedern und einen Ministerrat mit Sitz in Brüssel. Indem die WEU neun mittel- und osteuropäischen Ländern den Status von "assoziierten Partnern" gewährte und die am 27. Mai 1997 in Paris unterzeichnete Grundlagenakte zwischen Rußland und der NATO befürwortete, unterstreicht die WEU ihre Solidarität mit ihren unmittelbaren Nachbarn in Mittel- und Osteuropa in Fragen der Sicherheit. Der Vertrag von Amsterdam nennt die von der WEU am 19. Juni 1992 festgelegten Petersberg-Missionen (humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen). Die WEU unterstützt die Union bei der Festlegung der Aspekte der GASP, die verteidigungspolitische Bezüge haben. Die Leitlinien für die Inanspruchnahme der WEU durch die Union legt der Europäische Rat fest. Darüber hinaus empfiehlt der Vertrag von Amsterdam die rüstungspolitische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, wie sie innerhalb der WEU bereits über die gemeinsame Stelle für rüstungspolitische Zusammenarbeit (OCCAR) eingeleitet wurde. Die Frage einer eventuellen Integration der WEU in die Europäische Union ist jedoch noch nicht entschieden. Der Vertrag von Amsterdam sieht, ohne Daten zu nennen, eine weitere Regierungskonferenz vor, die die Durchführung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik voranbringen soll. Zahlreiche Fragen zu den Modalitäten der diplomatischen und militärischen Zusammenarbeit, zu der sich die Mitgliedstaaten der Union verpflichtet haben, sind noch ungelöst. Gleichwohl steht außer Zweifel, daß es einer Friedens- und Sicherheitsordnung bedarf, die den ganzen Kontinent abdeckt und vor den Gefahren schützt, die weniger durch ideologische Auseinandersetzungen als vielmehr durch das Wiederaufleben nationalistischer Konflikte drohen. Wie kann nun die Europäische Union bei der Ausgestaltung der neuen Spielregeln mitwirken? Welche Rolle soll dabei die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) spielen, der alle europäischen Staaten, die Staaten der ehemaligen Sowjetunion, die USA und Kanada angehören und die in der am 21.&nbspNovemberangenommenen "Charta von Paris für ein neues Europa" als zentrales Gremium für politische Konsultationen zu Fragen des neuen Europa bezeichnet wird? Wie soll die Aufgabenverteilung zwischen der auf dem Gipfeltreffen in Rom im Novemberumgestalteten Nordatlantischen Allianz, der 1998 auch Polen, Ungarn und die Tschechische Republik beitreten sollen, auf der einen und der Westeuropäischen Union und der Europäischen Union auf der anderen Seite aussehen? Der europäische Stabilitätspakt, der am 21. März 1995 in Paris unterzeichnet wurde, ist ein erster wesentlicher Beitrag der Europäischen Union zu einer Architektur der Sicherheit im neuen Europa. Der Beschluß des Nordatlantikrates vom 3. Juni 1996 in Berlin, den Europäern für Militäraktionen, die ausschließlich die Europäer betreffen, bestimmte Kapazitäten der NATO zur Verfügung zu stellen (Combined Joint Task forces - CJTF), ist noch vielversprechender und ebnet den Weg für die Herausbildung einer europäischen Verteidigungsidentität. So könnte schrittweise die "europäische Säule" der Atlantischen Allianz aufgebaut werden, die aus den Staaten der Europäischen Union besteht, die eine engere Zusammenarbeit sowohl in der WEU als auch in der NATO anstreben. DAS EUROPA DER BÜRGER Ein Europa der Völker oder ein Europa der Händler? Das europäische Einigungswerk ist ursprünglich aus einer politischen Vision der Gründerväter hervorgegangen, deren Streben der Schaffung von Verhältnissen galt, die ein Wiederaufleben der innereuropäischen Feindseligkeiten, die den Kontinent in Schutt und Asche gelegt hatten, unmöglich machten. In dem Bestreben nach Effizienz entschieden sich die Begründer der Gemeinschaft für ein pragmatisches, von konkreter Solidarität geprägtes Vorgehen: Mit der Einführung einer gemeinsamen Kohle- und Stahlpolitik, des Gemeinsamen Marktes, der Agrar- und Wettbewerbspolitik erhielt die Gemeinschaft eine solide Grundlage. Das so entstandene Europa wird von seinen Kritikern als technokratisch bezeichnet, weil es sich auf Sachverständige, Wirtschaftswissenschaftler und Beamte stützt. Doch ohne den politischen Willen der Gemeinschaftsorgane hätte das ursprünglich angestrebte Ziel niemals erreicht werden können. Heute sind die in den Verträgen festgeschriebenen Ziele zum größten Teil erreicht: die Binnenzölle sowie steuer- und ordnungspolitische Barrieren sind abgeschafft und behindern nicht länger den freien Personen-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr. Jeder genießt in seinem Alltag die Vorteile, die die Vollendung des Binnenmarktes mit sich bringt: Zugang zu einer größeren Produktvielfalt, den Preisanstieg bremsender Wettbewerb, Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher und der Umwelt, europaweit nach strengsten Kriterien harmonisierte Normen. Den Bewohnern der Randregionen der Gemeinschaft kommen die verschiedenen Strukturfonds zugute, so vor allem der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Die vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) vor Jahrzehnten geschaffenen Preisstützungsmechanismen erweisen sich insbesondere für die Landwirte als äußerst vorteilhaft. Die im Haushaltsplan der Europäischen Union veranschlagten Mittel (über 91&nbspMrd.für Zahlungsverpflichtungen 1998) werden fast ausschließlich für Maßnahmen aufgewendet, die Auswirkungen auf den Alltag der Bürger haben. Wurden die Bürger der Mitgliedstaaten bislang eher als Verbraucher oder Akteure des Wirtschafts- und Soziallebens betrachtet, genießen sie nunmehr den Status von Bürgern der Union. Seit Inkrafttreten des Römischen Vertrags im Jahre 1958 ist der europäische Gesetzgeber bemüht, die Bestimmungen zur Förderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit für freie Berufe mit konkretem Inhalt zu füllen. Arbeitnehmern, die auf der Suche nach einem Arbeitsplatz in einem andern Mitgliedstaat sind, dürfen keinerlei Beschränkungen im Zusammenhang mit ihrer Staatsangehörigkeit auferlegt werden. Außerdem haben Arbeitnehmer und ihre Familien gemäß Artikel 39 und 42 (bisher Artikel 48 und 51) EG-Vertrag in ihrem Aufnahmeland dieselben sozialen und steuerlichen Rechte wie die Arbeitnehmer des betreffenden Staates (Inanspruchnahme von Sozialleistungen, Zugang zu beruflicher Bildung). Die freien Berufe sind Gegenstand zahlreicher Richtlinien, durch die die Bedingungen für den Zugang zu reglementierten Berufen harmonisiert werden sollen. Nach diesen langwierigen Bemühungen zur Annäherung der Rechtsvorschriften konnte erreicht werden, daß die Abschlüsse von Ärzten, Anwälten, Krankenschwestern, Tierärzten, Apothekern, Architekten, Versicherungsmaklern usw. gegenseitig anerkannt wurden. Dennoch gab es weiterhin eine Vielzahl von Bereichen, die in jedem Staat unterschiedlichen Regelungen unterlagen, bis die Zwölf am 21.1988 eine Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung der Hochschulabschlüsse verabschiedeten. Die Richtlinie gilt für alle Hochschulausbildungsgänge von mindestens drei Jahren Dauer und beruht auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Qualität der Bildungs- und Ausbildungsgänge. Freizügigkeit, Niederlassungsfreiheit und Aufenthaltsrecht innerhalb der gesamten Union sind somit die elementarsten Rechte, die jeder Unionsbürger in Anspruch nehmen kann. In drei im Juli 1990 verabschiedeten Richtlinien wird das Aufenthaltsrecht auf Studenten, ehemalige Erwerbstätige und nicht erwerbstätige Personen erweitert und im Vertrag von Maastricht in dem Kapitel über die Unionsbürgerschaft verankert. Die Wahrnehmung der sozialen Rechte, die von einer gezielten sozialpolitischen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg bekräftigt wurde, hätte jedoch kaum ausgereicht, um aus dem Bürger eines Mitgliedstaats einen Unionsbürger zu machen. Es mußten weitere formellere Rechte hinzukommen, die sich aus der Übertragung von Hoheitsrechten ergaben. Mit Ausnahme von Tätigkeiten, die direkt mit der Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse zusammenhängen (Polizei, Streitkräfte, äußere Angelegenheiten), können bestimmte Beschäftigungen im öffentlichen Dienst (Gesundheitswesen, Bildungswesen, öffentliche Dienstleistungsunternehmen) Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten geöffnet werden. Warum sollte nicht ein britischer Lehrer Schülern in Rom die englische Sprache nahebringen oder ein frisch diplomierter Verwaltungswissenschaftler an einem Auswahlverfahren für Verwaltungsbeamte in Belgien teilnehmen können? Das Europa der Bürger hat mit den in Maastricht verankerten Bestimmungen zur Unionsbürgerschaft einen beträchtlichen Schritt vorwärts getan, wonach jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament besitzt. Dieser Grundsatz wird in Artikel 17 des Vertrags von Amsterdam festgeschrieben: "Es wird eine Unionsbürgerschaft eingeführt. Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Die Unionsbürgerschaft ergänzt die nationale Staatsbürgerschaft, ersetzt sie aber nicht". Diese neuen Rechte haben bestimmte Einwände hinsichtlich der nationalen Identität und Souveränität ausgelöst. Die Argumentation, daß die Unionsbürgerschaft eine Ergänzung und Bereicherung der nationalen Staatsbürgerschaft darstellt, ist in der Tat so gewagt und neuartig, daß sie beinahe zwangsläufig Fragen aufwirft, die eine politische Antwort erfordern. Das Europa der Bürger läßt erahnen, wie das politische Europa in einem noch festzulegenden Stadium seiner Vollendung aussehen wird. Welche gemeinsamen Werte und Ziele werden die in einer Europäischen Union zusammengeschlossenen Völker teilen, die nach einer erneuten Phase der Erweiterung mehr als 20 Mitglieder umfassen wird? Das Gefühl, einer Gemeinschaft anzugehören und ein gemeinsames Schicksal zu teilen, läßt sich nicht künstlich erzeugen oder vermitteln. Das Europa der Kultur muß künftig mit dem Europa der Wirtschaft gleichziehen und einen Beitrag zur Herausbildung eines gemeinsamen kulturellen Bewußtseins leisten. Die von der Gemeinschaft geförderten Bildungs- und Ausbildungsprogramme ERASMUS (Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft zur Förderung der Mobilität von Hochschulstudenten), COMETT (Gemeinschaftsprogramm der Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Technologie), LINGUA (Förderung der fremdsprachlichen Ausbildung) zielen in diese Richtung. Mit Hilfe von Stipendien konnten so bereits rund 60.000 junge Menschen ein Studium in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft aufnehmen. Soll jedoch das Ziel erreicht werden, 10&nbsp% Jugendlichen einer Altersstufe die Möglichkeit zu geben, ein Studienjahr in einem Partnerland zu absolvieren, so ist eine Aufstockung der Gemeinschaftsmittel für die Bildungspolitik unumgänglich. Die neuen Programme Socrates, Leonardo da Vinci und Jugend für Europa III dürften weitere Fortschritte ermöglichen. Darüber hinaus beteiligt sich die Gemeinschaft an der Wiedereingliederung von Jugendlichen mit starken Lernschwierigkeiten im Rahmen von "Schulen der zweiten Chance". Vier europäische Städte (Marseille, Bilbao, Catania und Hämeenlinna) haben beschlossen, die ersten Schulen dieser Art aufzunehmen, um so gegen schulische und soziale Ausgrenzung zu kämpfen. Im Januar 1996 hat die Kommission im Rahmen des Programms "Europäischer Freiwilligendienst" die Möglichkeit geschaffen, daß junge Europäer an sozial nützlichen Vorhaben (soziale, humanitäre, kulturelle Aktionen oder Umweltmaßnahmen) in einem anderen Mitgliedstaat mitwirken. Damit soll die Mobilität der Jugendlichen unter 25 Jahre gefördert und ihre Eingliederung in das Erwerbsleben erleichtert werden. Tausende Jugendliche haben dieses Programm bereits genutzt. Obwohl sich das Europa der Bürger erst in Ansätzen abzeichnet, kann es sich bereits auf zahlreiche Symbole der europäischen Identität stützen, wie den 1985 eingeführten Europapaß, die Europahymne ("Ode an die Freude" von Beethoven) und die Europaflagge (12 goldene Sterne im Kreis auf blauem Grund). Seit 1996 stellen die Mitgliedstaaten auch einen europäischen Führerschein aus. Denkbar sind künftig auch europäische Olympiamannschaften sowie ein Militär- bzw. Zivildienst in multinationalen Einheiten. Von der in Maastricht beschlossenen Einführung einer gemeinsamen Währung bis spätestens 1999 wird eine nachhaltige psychologische Wirkung ausgehen. Von jenem Zeitpunkt an wird der Verbraucher seine Bankkonten in Euro führen. Da dann die Preise für Konsumgüter und Dienstleistungen im überwiegenden Teil des EU-Territoriums in der gleichen Währung festgelegt sein werden, wird der Markt für ihn sehr viel transparenter werden, so daß er seine Kaufentscheidungen nach dem besten Angebot treffen kann. Dies wiederum dürfte dazu beitragen, daß der Wettbewerb sich ausweitet und die Preise sinken. Außerdem wird der Wegfall der Polizeikontrollen an den Binnengrenzen der Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens von Schengen (dem nach und nach alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft beitreten werden) das Gefühl verstärken, einem gemeinsamen Raum anzugehören. Jean Monnet sagte bereits 1952: "Wir einigen keine Staaten, wir bringen Menschen einander näher"(Rede von Washington, 30. April 1952). Auch heute ist es nach wie vor eine der großen Herausforderungen der Gemeinschaftsorgane, die öffentliche Meinung weiterhin für die europäische Idee zu begeistern. Die Bürger müssen sich der Rechte und Möglichkeiten bewußt werden, die ihnen der Binnenmarkt und die anderen Politiken der Union eröffnen. Zu diesem Zweck wurden 1996 bedeutende Informationskampagnen gestartet, so "Bürger Europas", "Euro - eine Währung für Europa" und "Europa gemeinsam gestalten". Um dem europäischen Bürger die Europäische Union näherzubringen, hat der Vertrag über die Europäische Union (Artikel 195 bisher Artikel 138e) den Bürgerbeauftragten geschaffen. Der Bürgerbeauftragte - nach skandinavischer Tradition auch Ombudsman genannt - wird durch das Europäische Parlament für die Dauer der Wahlperiode ernannt. Er ist befugt, Beschwerden über Mißstände in der Tätigkeit der Organe oder Institutionen der Gemeinschaft entgegenzunehmen. Der Bürgerbeauftragte kann von jedem Bürger der Union oder von jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat angerufen werden und versucht dann, den Streitfall mit den Gemeinschaftsinstitutionen gütlich zu regeln.. So sind seit Einführung dieses Amtes im September 1995 bisher mehr als 1400 Beschwerden eingegangen. Darüber hinaus ist die bereits seit langem eingeführte Praxis, daß jede Person mit Wohnort in einem Mitgliedstaat eine Petition an das Europäische Parlament richten kann, nach wie vor ein wichtiges Bindeglied zwischen Bürgern und Institutionen. Von 1994 bis 1997 gingen dem Europäischen Parlament mehr als 4000 Petitionen zu. Im Sinne der Annäherung zwischen der Union und ihren Bürgern will der Vertrag von Amsterdam auch Antworten auf Anliegen geben, die die Bürger besonders bewegen, so das Problem der Arbeitslosigkeit und Probleme im Sicherheitsbereich und im Zusammenhang mit Einwanderungsfragen. Zugleich werden mit dem Vertrag von Amsterdam die Grundrechte weiter gestärkt. Ein Sanktionsverfahren ermöglicht die Aussetzung der Rechte eines Mitgliedstaates, der Grundrechte verletzt. In Amsterdam wurde weiterhin der Grundsatz der Nichtdiskriminierung, der bisher nur für die Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit galt (Artikel 6A), auf Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der Religion oder des Glaubens, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung ausgedehnt. Verstärkt wurde dieser Grundsatz der Nichtdiskriminierung auch hinsichtlich der Gleichstellung von Männern und Frauen. Schließlich enthält der Vertrag von Amsterdam auch Verbesserungen in Fragen der Politik der Transparenz und des Zugangs der Bürger zu den Dokumenten der europäischen Institutionen. Durch die seit 1979 eingeführte Direktwahl des Europäischen Parlaments wurde der Einigungsprozeß enger mit dem unmittelbaren Volkswillen verbunden. Der Ausbau des demokratischen Europas kann nur über die Erweiterung der Befugnisse des Parlaments, eine stärkere Einbeziehung der Bürger über Verbände und politische Gruppierungen sowie durch die Schaffung echter europäischer Parteien gewährleistet werden. Konkret heißt das: Während Europa im Alltag bereits vielfach greifbare Realität geworden ist, steckt die Unionsbürgerschaft noch in den Anfängen. DIE ERWEITERUNG DER EUROPÄISCHEN UNION Die Länder Mittel- und Osteuropas (MOEL) und Zypern Am 13. Dezember 1997 beschloß das Europa der Fünfzehn, sich nach Osten zu öffnen. Das ist die Bilanz der Tagung des Europäischen Rates vom 12. und 13. Dezember 1997 in Luxemburg. Der Europäische Rat hat damit den Erweiterungsprozeß der Union eingeleitet, der "stufenweise und in einem vom Stand der Vorbereitung der einzelnen Bewerberstaaten abhängigen Tempo" verlaufen wird. Das Ziel besteht darin, "die Staaten, die den Beitritt anstreben, in die Lage zu versetzen, Mitglieder der Union zu werden, und die Union darauf vorzubereiten, ihre Erweiterung unter guten Bedingungen durchzuführen". Dieser Beschluß ist das Ergebnis eines langen Prozesses von Beziehungen zu den Ländern Mittel- und Osteuropas und zu Zypern, der nach dem Fall der Berliner Mauer und dem anschließenden Zerfall des Sowjetimperiums begann. Auf dem Pariser Wirtschaftsgipfel im Juli 1989 beauftragten die Mitglieder der G7 (die führenden Industrieländer) die Kommission mit der Koordinierung des Wirtschaftshilfeprogramms zugunsten von Polen und Ungarn. Die anderen Mitgliedstaaten der OECD schlossen sich an und bildeten so die Gruppe der 24 (EG: seinerzeit 12; EFTA: 6; Australien, Japan, Kanada, Neuseeland, Türkei und USA). Das PHARE-Programm wurde inzwischen auf die Tschechische Republik, die Slowakei, Bulgarien, Rumänien, die drei baltischen Staaten, Albanien und einige Staaten des ehemaligen Jugoslawien ausgedehnt. Diese Programme basieren auf fünf Schwerpunktbereichen: Öffnung der Märkte der Geberländer für die Waren aus den Empfängerländern, Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie, Investitionsförderung, Ausbildung und Umweltschutz. Entsprechend dem Leitgedanken des PHARE-Programms sollen die Gemeinschaftsmittel zur wirtschaftlichen und sozialen Umgestaltung der Länder Mittel- und Osteuropas und deren Einbindung in den europäischen Integrationsprozeß beitragen. Die Europäische Union finanziert nicht so sehr Einzelprojekte als vielmehr Programme, die dezentral verwaltet und durchgeführt werden. Die EU und das jeweilige Empfängerland bemühen sich - unabhängig vom jeweiligen Interventionsbereich - verstärkt Nichtregierungsorganisationen einzubinden, um die Entwicklung einer Zivilgesellschaft zu fördern. Die Mittel, die die Europäischen Union und die Mitgliedstaaten seit 1990 für Kredite und Beihilfen zugunsten der MOEL und der aus der ehemaligen UdSSR hervorgegangenen Neuen Unabhängigen Staaten bereitgestellt haben, belaufen sich insgesamt auf etwa 140 Mrd. ECU (Erklärung von Jacques Santer auf dem transatlantischen Gipfel am 28. Mai 1997). Die Europa-Abkommen Um die Integration des Kontinents stärker voranzutreiben, hat die Union besondere Assoziierungsabkommen mit den mittel- und osteuropäischen Staaten sowie den baltischen Staaten abgeschlossen, die über das PHARE-Programm hinausgehen. Diese EuropaAbkommen gemäß Artikel 310 (bisher Artikel 238) EGV betreffen sowohl Zuständigkeitsbereiche der Mitgliedstaaten als auch der Gemeinschaft. Die wichtigsten Ziele dieser Abkommen sind: politischer Dialog freier Handel und freier Verkehr wirtschaftliche Zusammenarbeit finanzielle Zusammenarbeit kulturelle Zusammenarbeit Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung am 22. Juni 1993 in Kopenhagen die Kriterien festgelegt, nach denen die MOEL, sofern sie es wünschen, Mitglieder der Europäischen Union werden können: "Die Aufnahme erfolgt, sobald das Land die wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen erfüllt". Dies beinhaltet stabile demokratische Verhältnisse, den Schutz von Minderheiten, eine Marktwirtschaft, die dem Wettbewerbsdruck innerhalb der Gemeinschaft standhält, sowie die Fähigkeit, die Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion zu erfüllen. Am 16. Juli 1997 legte die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament die Agenda 2000 vor, eine Mitteilung, die ausführlich auf die Vorbereitungen für den Beitritt dieser Länder eingeht. Zehn osteuropäische Staaten sowie Zypern haben offiziell den Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union gestellt (Malta hatte seine Bewerbung im Oktober 1996 zurückgezogen). Angesichts dieses von den "neuen" Staaten des ehemaligen Ostblocks bekundeten Interesses mußte die Union reagieren. Nach eingehender Prüfung des den MOEL übersandten Fragebogens hinsichtlich ihrer Institutionen und der laufenden Reformen empfiehlt die Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Estland, Ungarn, Polen, der Tschechischen Republik und Slowenien. Nach ihrer Einschätzung sind diese Staaten am ehesten in der Lage, die vom Europäischen Rat in Kopenhagen im Juni 1993 festgelegten Kriterien zu erfüllen. Trotz dieser Empfehlung sind auch Bulgarien, Lettland, Litauen, Rumänien und die Slowakei weiterhin potentielle Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Union. Der Europäische Rat von Luxemburg hat am 13. Dezember 1997 die Staaten festgelegt, mit denen die Verhandlungen aufgenommen werden können. Auf der Grundlage der Stellungnahme der Kommission wird der Beitrittsprozeß mit den Bewerberstaaten aus Mittel- und Osteuropa und Zypern eingeleitet. Im Vorfeld wird eine Europa-Konferenz eingerichtet, "in der sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie diejenigen europäischen Staaten zusammenfinden, die für einen Beitritt in Frage kommen und die Werte sowie die internen und externen Ziele der Union teilen". Die Konferenz steht in einer ersten Phase Zypern, den mittel- und osteuropäischen Bewerberstaaten und der Türkei offen. Die Europa-Konferenz wird ein der politischen Konsultation dienendes multilaterales Gremium sein, in dem Fragen, die für die Teilnehmer von allgemeinem Interesse sind, erörtert werden sollen, um die Zusammenarbeit in den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik, Justiz und Inneres sowie in anderen Bereichen von gemeinsamem Interesse - insbesondere Wirtschaft und regionale Zusammenarbeit - auszubauen und zu intensivieren. Die erste Tagung der Konferenz fand am 12. März 1998 in London statt. Die Türkei war dort nicht vertreten. Der eigentliche Beitrittsprozeß begann am 30. März 1998 mit der Schaffung eines einheitlichen Rahmens. Er steht in engem Zusammenhang mit der aktiven Heranführungsstrategie, die darauf abzielt, daß die Bewerberstaaten sich bereits vor dem Beitritt weitgehend dem gemeinschaftlichen Besitzstand anpassen. Zu diesem Zweck werden die Mittel für die Heranführungshilfe deutlich aufgestockt, und ab dem Jahre 2000 sind zusätzlich zum PHARE-Programm Mittel zur Agrarförderung sowie Mittel zur Strukturförderung - in Analogie zu den Maßnahmen aus dem Kohäsionsfonds - vorgesehen. In der Agenda 2000 schlägt die Kommission vor, bis zum Jahre 2006 zugunsten der Beitrittsländer Mittel in Höhe von insgesamt 45 Mrd.bereitzustellen, davon 7 Mrd. in Form von Heranführungshilfen. Für Zypern ist unter Berücksichtigung seines fortgeschrittenen Entwicklungsstandes und der bereits ausgeprägten Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes eine spezielle Strategie vorgesehen. Die Beitrittsverhandlungen wurden am 31. März 1998 in Form von bilateralen Regierungskonferenzen mit Estland, Polen, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ungarn und Zypern eröffnet. Die Vorbereitung der Beitrittsverhandlungen mit den übrigen Bewerberländern soll beschleunigt werden. Die eingeleitete Erweiterung der Europäischen Union stellt für diese angesichts der großen Zahl von Beitrittskandidaten, der hohen Bevölkerungszahl und des beträchtlichen Abstands des Entwicklungsniveaus gegenüber dem Gemeinschaftsdurchschnitt eine besondere Herausforderung dar. Es geht um nicht weniger als die Integration von insgesamt 110 Millionen Einwohnern, die ein Fünftel der EU-Bevölkerung ausmachen, aber nur ein BIP von weniger als 5 % der Union erwirtschaften. Dies bedeutet im kommenden Jahrzehnt eine gewaltige Aufgabe für die Gemeinschaftsorgane, die gleichzeitig dafür sorgen müssen, ihre eigenen Entscheidungsprozesse zu verbessern, um Lähmungserscheinungen und einen Effektivitätsverlust zu vermeiden (Erklärung des Europäischen Rates von Luxemburg am 13. Dezember 1997: "Im Vorfeld der Erweiterung der Union müssen ihre Organe entsprechend den diesbezüglichen Bestimmungen des Vertrags von Amsterdam gestärkt und in ihrer Funktionsweise verbessert werden"). Die Beziehungen der Europäischen Union zur Türkei Die vertragliche Beziehungen der Europäische Gemeinschaft zur Türkei wurden 1963 mit der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit dem Ziel der Schaffung einer Zollunion aufgenommen. Das Abkommen über die Zollunion zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei trat allerdings erst am 31. Dezember 1995 in Kraft. Dieses Abkommen gestattet die sofortige und gegenseitige Aufhebung der Zollgebühren für Fertigerzeugnisse. Die Türkei verpflichtet sich zur Anwendung eines gemeinsamen Zolltarifs. Die Türkei war jedoch stets um eine Vertiefung ihrer Beziehungen zur Union über den engen Rahmen der Zollunion hinaus interessiert. Deshalb stellte sie am 14. April 1987 den Antrag auf Beitritt zur Union. Der spezielle Fall der Türkei ist seit Jahren Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen. Der Europäische Rat von Luxemburg am 13. Dezember 1997 bekräftigte "daß die Türkei für einen Beitritt zur Europäischen Union in Frage kommt", und forderte sie zur Teilnahme an der Europa-Konferenz, "in der sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie diejenigen europäischen Staaten zusammenfinden, die für einen Beitritt in Frage kommen und die Werte sowie die internen und externen Ziele der Union teilen", auf. Allerdings vertrat man angesichts der derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen die Auffassung, daß die Beitrittskriterien noch nicht erfüllt sind. Es wurde jedoch eine Strategie entwickelt, die sich insbesondere auf die Vertiefung des Assoziierungsabkommens gründet. Die Staaten der ehemaligen Sowjetunion Der Zerfall der Sowjetunion und der Übergang der Neuen Unabhängigen Staaten zur Marktwirtschaft war Anlaß für die Europäische Union, Beziehungen der Solidarität zu den aus der ehemaligen UdSSR hervorgegangenen Staaten (Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldau, Rußland, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan) sowie zur Mongolei aufzunehmen. Analog zum PHARE-Programm für die mittel- und osteuropäischen Länder erhalten diese Staaten technische und wirtschaftliche Hilfe über das Programm TACIS mit dem Ziel des Übergangs zur Marktwirtschaft. Dieses Programm umfaßt Fördermaßnahmen in zahlreichen Sektoren: nukleare Sicherheit, Energie, Umwelt, Reform der öffentlichen Verwaltung, Gründung von Unternehmen usw. So wurde die Europäische Union, die im Zeitraum von 1991 bis 1995 Mittel in Höhe von 2,27 Mrd.bereitgestellt hat, zum wichtigsten Geldgeber für diese Länder. Parallel zum TACIS-Programm wurden mit einigen Staaten direkte Abkommen abgeschlossen. So zielen die zwischen der Europäischen Union, Rußland und der Ukraine im Juni 1994 geschlossenen Partnerschaftsabkommen darauf ab, bis zur Jahrhundertwende eine Freihandelszone schaffen sowie in diesen beiden großen Partnerländern der Union den Übergang zur Marktwirtschaft und eine Stabilisierung der Währungen ermöglichen. Das im Februar 1996 in Kraft getretene Interimsabkommen zwischen Rußland und der Europäischen Union entspricht dem kommerziellen Teil des im Juni 1994 geschlossenen und am 1. Dezember 1997 in Kraft getretenen Partnerschaftsabkommens. Ziel des Abkommens ist es insbesondere, Rußland die Meistbegünstigungsklausel zu gewähren. Neben diesem Abkommen werden auch Strukturen für die Entwicklung des politischen Dialogs geschaffen. Jedoch bestehen für diese Länder derzeit keine realen Aussichten auf einen Beitritt zur Europäischen Union, da es an ausreichenden Infrastrukturen fehlt und sie sich in erster Linie auf ihren eigenen Neuaufbau konzentrieren müssen. DIE EUROPÄISCHE UNION IN DER WELT Politische Großmacht oder regionaler Wirtschaftszusammenschluß? Weltoffener Handelspartner oder Schutzzone? Die Europäische Union wird heutzutage von den Drittländern unterschiedlich beurteilt, je nachdem, ob die wirtschaftlichen, diplomatischen, kulturellen oder strategischen Beziehungen im Vordergrund stehen. Als größte Handelsmacht der Welt könnte sich die Europäische Union auch zu einer führenden politischen Macht entwickeln. Der Vertrag von Maastricht gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die beiden wichtigsten Machtinstrumente - Währung und gemeinsame Verteidigung - zu nutzen. Aber die Fünfzehn müssen einen ausreichenden politischen Willen zeigen, um in diesen Kernbereichen ihre Souveränität gemeinsam auszuüben. Der von den Gründern vorgezeichnete Weg hat bereits beträchtliche Fortschritte bei der Herausbildung einer europäischen Identität ermöglicht. Konkret zeigte sie sich bei der Einführung gemeinsamer Zolltarife im Jahr 1968 nach der Abschaffung der Zoll- und Einfuhrbeschränkungen im Innern. Die europäische Wirtschaft gründet sich hauptsächlich auf die Verarbeitung von importierten Rohstoffen zu Fertigerzeugnissen mit hoher Wertschöpfung. Daher hat sich die Gemeinschaft bemüht, ein weltweit offenes Handelssystem zu entwickeln. Im Rahmen des GATT und später der WTO, in denen die Mitgliedstaaten zwar Vertragspartner sind, deren wichtigste internationale Abkommen jedoch von der Union als solcher unterzeichnet werden, war sie die treibende Kraft im Rahmen der großen Verhandlungsrunden zur weiteren Liberalisierung des Handels. Im Römischen Vertrag wird den Organen der EU die ausschließliche Zuständigkeit für die Aushandlung der Zölle, die Anwendung der Schutzmaßnahmen, die Antidumpingmaßnahmen und die Regeln für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen zuerkannt. Das gewichtete Mittel der Zölle für gewerbliche Erzeugnisse, die in die Union eingeführt werden, liegt unter 5&nbsp%. 1994 hat die Europäische Union mit ihren Partnern der Uruguay-Runde im Rahmen des GATT neue Regelungen für den Handel mit Dienstleistungen und Agrarprodukten vereinbart. Bei den Verhandlungen im Agrarsektor wurden die unterschiedlichen Bedingungen für die Erzeuger auf beiden Seiten des Atlantiks deutlich. Nur aufgrund ihrer einheitlichen Verhandlungsführung konnte die Union den Standpunkt jedes einzelnen Mitgliedstaates wirksam vertreten. Die Vollendung des Binnenmarktes im Jahr 1993 hat auch die gemeinsame Handelspolitik verstärkt. Schrittweise werden nunmehr die letzten Einfuhrbeschränkungen beseitigt. Aufgehoben wird auch die Kontigentierung sogenannter sensibler Produkte innerhalb des Gemeinsamen Marktes, wie japanische Automobile und Elektronikgeräte, Textilwaren und Stahl. Einer der wichtigsten Erfolge der Konferenz von Marrakesch war die von den Europäern angestrebte Gründung einer Welthandelsorganisation (WTO), die einen dauerhaften Rahmen zur Schlichtung multilateraler Handelsstreitigkeiten darstellt. Wird der europäische Binnenmarkt der Versuchung des Protektionismus erliegen und die Union zu einer "Festung" Europa machen, oder wird er im Gegenteil dem ungehemmten Wettbewerb schutzlos ausgesetzt sein? Ein Wirtschaftsraum mit 373 Millionen kaufkräftigen Verbrauchern und harmonisierten Normen macht die Union zu einem besonders attraktiven Partner für die Exporteure in Drittländern. Die Union ist nunmehr in der Lage, von ihren Partnern die Einhaltung der Spielregeln, die einen fairen Wettbewerb und gleiche Bedingungen für den Marktzugang sicherstellen, durchzusetzen. Die Auswirkungen der in Einführung begriffenen Wirtschafts- und Währungsunion und die Stellung der europäischen Währung im internationalen Währungssystem können noch nicht bewertet werden. Für europäische und außereuropäische Investoren bietet eine stabile Zone mit einer einheitlichen Währung beträchtliche Vorteile. Die Kosten für Transaktionen, die mit der Existenz unterschiedlicher Währungen innerhalb der Gemeinschaft verbunden sind, werden entfallen. Großunternehmen und Drittstaaten können einen wachsenden Teil ihrer Reserven in Euro anlegen und sich so gegen die Dollar- und Yen-Schwankungen schützen. Die Europäische Union als Wirtschafts-, Handels- und Währungsmacht kann zu einer politischen Macht werden, wenn sie sämtliche durch den Unionsvertrag gebotenen Möglichkeiten nutzt. Schon jetzt erweist sich die Trennung zwischen der Außenwirtschaft und der Außenpolitik der Union als künstlich, wenn es um die konkrete Anwendung geht. Politische Beschlüsse, die im Rahmen der Regierungszusammenarbeit gefaßt werden, bedürfen zu ihrer Umsetzung gemeinschaftlicher Durchführungsbestimmungen. Die Sanktionen gegen Argentinien im Falklandkrieg und im August 1990 gegen den Irak wurden auf Gemeinschaftsebene beschlossen und angewendet. In internationalen Organisationen wie der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) oder den Vereinten Nationen kann die Union bei ihrer Verhandlungsführung wirtschaftliche und politische Aspekte nicht voneinander trennen, ohne unglaubwürdig zu werden. In der UNO ist die Europäische Union durch eine ständige Delegation der Kommission und den amtierenden Ratsvorsitz als Beobachter vertreten. Sie hat als solche etwa 50 Abkommen, die unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen abgeschlossen wurden, unterzeichnet und an zahlreichen internationalen Konferenzen wie dem Welternährungsgipfel und der Konferenz über Klimaänderungen von Kyoto im Dezember 1997 teilgenommen. Auch im Rahmen multilateraler Strukturen wirkt die Europäische Union gemäß ihrem Hauptanliegen und fördert Zusammenschlüsse und gemeinsame Aktionen sowohl unter ihren Mitgliedstaaten als auch mit anderen Ländern. Ein großer Partner in einer industrialisierten Welt Für die Vereinigten Staaten ist das sich einigende Europa ein Verbündeter, der die gleichen Werte vertritt, und gleichzeitig ein Konkurrent im technologischen und wirtschaftlichen Bereich. Die am 20. November 1990 von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Gemeinschaft sowie ihren Mitgliedstaaten unterzeichnete Transatlantische Erklärung bekräftigt die politische Unterstützung, die Washington traditionsgemäß dem Entstehen eines demokratischen und stabilen europäischen Partners entgegenbringt. Die politische und strategische Allianz, die fast alle Länder der Union und die Vereinigten Staaten im Rahmen der Nordatlantischen Allianz verbindet, hat zur Relativierung der handelspolitischen Konflikte in den Bereichen landwirtschaftliche Erzeugnisse, Stahl und Luftfahrtindustrie beigetragen. Im Rahmen der im Dezember 1995 angenommenen neuen Transatlantischen Agenda wurden zwei Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten durchgeführt, um über verschiedene Gebiete der Zusammenarbeit zu diskutieren. Aufgrund der tiefgreifenden Veränderungen, die sich am Ende dieses Jahrhunderts in der internationalen Arena vollzogen haben, und insbesondere aufgrund der Beendigung des kalten Krieges stehen die Verbündeten vor der Notwendigkeit, die transatlantischen Bindungen neu zu definieren. Die europäisch-amerikanische Zusammenarbeit muß sich neue Ziele stellen und die Anstrengungen koordinieren, um den mit der Verbreitung der Kernwaffen verbundenen Gefahren, den Forderungen von Minderheiten, der Entwicklung des internationalen Verbrechens und dem Drogenhandel sowie dem Migrationsdruck zu begegnen. In bezug auf Handel und Investitionen ist die Europäische Union der größte Partner der Vereinigten Staaten und der einzige, mit dem die Beziehungen ausgewogen sind. Gleichwohl muß sie Versuchen des Kongresses der Vereinigten Staaten zur Anwendung einseitiger oder extraterritorialer Maßnahmen (Helms-Burton- und Amato-Kennedy-Gesetz) entgegenwirken, die die europäischen Interessen in der Welt gefährden. Die schrittweise Einführung des Euro und seine mögliche Attraktivität könnten dem Dollar in seiner Funktion als Reservewährung Konkurrenz machen. Die Beziehungen zu Japan, dem anderen großen Partner der industrialisierten Welt, sind ebenfalls von großer Bedeutung. Die Europäer bemühen sich seit langem um eine stärkere Öffnung des japanischen Marktes als unerläßliche Gegenleistung für das spektakuläre Vordringen japanischer Erzeugnisse auf dem europäischen Markt. Die Europäische Union versucht, ihre Zusammenarbeit mit Japan insbesondere im Rahmen des politischen Dialogs sowie der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu vertiefen. Die Beziehungen zwischen der EU und den Mittelmeerländern: Entwicklung einer neuen Mittelmeerpolitik Gegenüber den Ländern des südlichen Mittelmeers, die aufgrund ihrer geographischen Nähe, der historischen und kulturellen Verbindungen sowie der derzeitigen und künftigen Wanderungsströme wichtige Partner sind, hat die Union stets eine Politik der regionalen Integration im Rahmen des globalen Mittelmeerkonzepts gefördert. Die am Mittelmeer gelegenen Nachbarländer der Union gehörten zu den ersten, die besondere Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu ihr herstellten. Diese Länder sind wichtige Partner für die Union. Sie sind nicht nur erstrangige Handelspartner, sondern einige von ihnen sind darüber hinaus durch besondere historische und kulturelle Bande mit bestimmten Mitgliedstaaten verbunden. Die Union ist mit den meisten Mittelmeerländern durch Assoziierungs- oder Kooperationsabkommen verbunden. Malta, die Türkei und Zypern sind mit der Union durch Assoziierungsabkommen zur schrittweisen Einführung einer Zollunion verbunden. Alle haben ihre Bewerbung für den Beitritt offiziell eingereicht (die Türkei 1987, Zypern und Malta 1990), doch nur der Antrag Zyperns wurde von der Kommission befürwortet. Die Maghreb-Länder (Algerien, Marokko, Tunesien), die Maschrik-Länder (Ägypten, Jordanien, Libanon, die palästinensischen Gebiete und Syrien) sowie Israel sind durch Kooperationsabkommen mit der Union verbunden, die sich auf den Handel, die industrielle Zusammenarbeit sowie die technische und finanzielle Hilfe erstrecken. Das Europäische Parlament ist für eine Änderung der Politik der Union eingetreten, deren Erfolge von ihm als relativ beurteilt wurden. Das Europäische Parlament wünscht eine globale und ausgewogenere Politik. Die künftigen Herausforderungen sind in der Tat beträchtlich: Gefahr von Konflikten und Instabilität, galoppierende Bevölkerungsentwicklung, hohe Arbeitslosenquote (über 20 &nbsp%), unausgeglichene Zahlungsbilanzen, Auslandsverschuldung, unzureichendes internes Wirtschaftswachstum und massive Nahrungsmitteleinfuhren. Die Union muß stärker zur Entwicklung der Betriebsswirtschaft beitragen, wobei der Umwelt, dem Verkehr, der Energie und der regionalen Zusammenarbeit Vorrang einzuräumen ist. Die Europäische Kommission hat sich ebenfalls in diesem Sinne geäußert. Als Antwort auf diese Herausforderungen hat die Europäische Union eine neue Mittelmeerpolitik in drei Phasen festgelegt: 1992 formulierte die Gemeinschaft das Ziel einer Partnerschaft Europa-Maghreb; 1993 nahm die Europäische Union eine dauerhafte Zusammenarbeit mit Isreal und seinen arabischen Maschrik-Nachbarn auf; diese beiden Initiativen führten zur Herstellung einer globalen Europa-MittelmeerPartnerschaft, in deren Rahmen Verhandlungen über Assoziierungsabkommen mit Israel, Marokko und Tunesien zum Abschluß gebracht wurden. Im November 1995 legte die Europäische Union auf der Konferenz von Barcelona, an der alle EU-Mitgliedstaaten und die Mittelmeeranliegerstaaten (mit Ausnahme von Libyen, Albanien und der Länder des ehemaligen Jugoslawien) teilnahmen, die Grundlagen der neuen EuropaMittelmeer-Partnerschaft. Auf dieser Konferenz wurde eine neue Partnerschaft konzipiert, die folgendes umfaßt: einen Dialog und eine Sicherheitspartnerschaft zwischen den Teilnehmerländern, die insbesondere auf Mechanismen zur friedlichen Beilegung von Konflikten und der Rüstungskontrolle beruht; die Verstärkung der interregionalen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Der wichtigste Aspekt ist die Schaffung einer euro-mediterranen Freihandelszone bis zum Jahre 2010 unter Beachtung der Vorschriften der Welthandelsorganisation. Von dieser Zeit an kann der Warenverkehr mit gewerblichen Erzeugnissen auf dem transmediterranen Markt, der mit über 600 Millionen Verbrauchern die größte Freihandelszone der Welt sein wird, zollfrei erfolgen; eine Partnerschaft in den Bereichen Soziales, Kultur und Humanressourcen. In der Folge fanden zahlreiche institutionelle Kontakte zwischen der Europäischen Union und den Mittelmeerländern statt. So konnten auf der zweiten Ministerkonferenz von Malta am 15. und 16. April 1997 die Leitlinien von Barcelona bestätigt werden. Gleichwohl wird durch die Verschlechterung des israelisch-arabischen Klimas, insbesondere durch die Lage in den palästinensischen Gebieten, die Tragweite dieser Konferenzen geschmälert. Nach Annahme der MEDA-Verordnung wurde den Mittelmeerländern für den Zeitraum 1995-1999 eine finanzielle Hilfe von 4,685 Milliarden ECU gewährt. Die Europäische Union ist an mehreren Großprojekten zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in den Mittelmeerländern beteiligt, insbesondere durch die Hilfe der Europäischen Investitionsbank in Form von langfristigen Darlehen. So ist die Europäische Union zum Hauptgeber für die Entwicklung der palästinensischen Gebiete (45&nbsp% der internationalen Hilfe) geworden, und sie trägt voll zur Reform der wirtschaftlichen und politischen Strukturen der Länder des südlichen Mittelmeerraumes bei. Afrika, Lateinamerika und Asien Die Beziehungen zwischen Europa und dem südlich der Sahara gelegenen Afrika sind alt: Bereits mit dem Römischen Vertrag von 1957 wurden überseeische Länder und Gebiete einiger Mitgliedstaaten assoziiert. Im Zuge der Anfang der 60er Jahre einsetzenden Entkolonisierung wurde diese Verbindung zu einer neuartigen Assoziation zwischen souveränen Staaten auf der Grundlage von Artikel 310 (früher Artikel 238) EG-Vertrag. Heute unterhalten 71 Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Ozeans im Rahmen des für den Zeitraum 1990-2000 geltenden vierten Lomé-Abkommens, dessen Finanzhilfe 1995 neu verhandelt wurde, privilegierte Beziehungen zur Union. Das Abkommen hat einen Finanzrahmen von 13,3 Mrd. ECU in Form von Zuschüssen und zinsvergünstigten Darlehen, mit denen der Europäische Entwicklungsfonds (EEF) wirtschaftliche und soziale Investitionsprogramme in den AKP-Ländern finanziert. Darüber hinaus besteht eine Zusammenarbeit im industriellen und landwirtschaftlichen Bereich. Im Rahmen dieses Abkommens können 99 % der Industrieerzeugnisse der AKP-Länder zollfrei und ohne Anwendung des Gegenseitigkeitsprinzips auf dem EU-Markt abgesetzt werden. Eine gewisse Stabilität der Ausfuhrerlöse von 48 landwirtschaftlichen Erzeugnissen der AKP-Länder wird durch den Stabex-Mechanismus gewährleistet. Ein ähnlicher Mechanismus (System zur Stabilisierung der Ausfuhrerlöse bei Bergbauerzeugnissen Sysmin) sichert die Ausfuhrerlöse bei Bodenschätzen. Durch das Abkommen von Lomé wurden auch die politischen Beziehungen institutionalisiert (Ministerrat, Botschafterausschuß, paritätische AKP-EU-Versammlung, in der auch Abgeordnete das Europäische Parlaments vertreten sind). Die verschiedenen Treffen zwischen Vertretern der AKP-Staaten und der Europäischen Union machten bewußt, daß die Partnerschaft AKP-EU heute mit neuem Leben erfüllt werden muß. Das Europäische Parlament schlägt neun Leitlinien vor, nach denen sich die neuen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den AKP-Ländern in den kommenden Jahren gestalten sollten. Unter Beibehaltung des Lomé-Abkommens und ohne Veränderung seines geographischen Rahmens wird vorgeschlagen seinen Inhalt durch die Aufnahme einer politischen Dimension so zu ändern, daß die Festigung der Demokratie und die Achtung der Menschenrechte gefördert werden. Das wichtigste Ziel des neuen Abkommens soll die Bekämpfung der Armut sein, wobei die Anstrengungen auf die ärmsten Länder konzentriert werden müssen. Gefordert wird eine erneute Prüfung der spezifischen Instrumente der AKP-EUZusammenarbeit (Stabex und Sysmin), um die Abhängigkeit der AKP-Länder von einer kleinen Zahl von Grunderzeugnissen zu beseitigen. Durch diese neue Partnerschaft soll die Entwicklungspolitik der Europäischen Union gegenüber den AKP-Ländern neuen Aufschwung erhalten. Die Zusammenarbeit zwischen der Union und den Ländern Asiens und Lateinamerikas ist weniger stark strukturiert. Die Entwicklungsländer dieser Regionen genießen im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems eine Vorzugsbehandlung ihrer Ausfuhren, die durch Finanzhilfen ergänzt wird. Rahmenabkommen zur Zusammenarbeit wurden mit Argentinien, Brasilien, Mexiko und Uruguay sowie mit den Ländern des Andenpaktes (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru, Venezuela) zur Förderung der regionalen Wirtschaftsintegration geschlossen. Nach der Tagung des Europäischen Rates von Madrid vom Dezember 1995, auf der der Wunsch nach Stärkung der Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und den Ländern Lateinamerikas zum Ausdruck gebracht wurde, beschloß die Gemeinschaft, ihre Zusammenarbeit in folgenden drei Schwerpunktbereichen zu vertiefen: Reform der Institutionen und Festigung des demokratischen Prozesses, Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie Unterstützung für die Wirtschaftsreformen. Verschiedene Treffen führten regionale Partner und Vertreter der Europäischen Union zusammen, so die Konferenz von San José und das Treffen der Rio-Gruppe. Neben diesen Treffen wurden schrittweise interregionale Rahmenabkommen mit dem Mercosur, mit Argentinien und Mexiko geschlossen. Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Asien beruhen auf "einer neuen Asien-Strategie", die auf der Tagung des Europäischen Rates von Essen im Dezember 1994 beschlossen wurde. Ziel dieser Strategie ist es, gemeinsame Beziehungen in den Bereichen Handel und industrielle Kooperation zu entwickeln und die Zusammenarbeit bei der Investitionsförderung, der Kooperation zwischen Unternehmen sowie in Forschung und Entwicklung zu verstärken. Der erste Europa-Asien-Gipfel in Bangkok am 1. und 2. März 1996 bot die Gelegenheit, das bekannte "schwache Kettenglied" des Dreiecks Europa/Asien/Vereinigte Staaten zu stärken. Die Partner legten gemeinsame Leitlinien fest und traten dabei für ein "offenes" multilaterales Handelssystem und eine "nichtdiskriminierende" Liberalisierung ein. Durch diese gestärkte Partnerschaft konnte die Europäische Union ihre Positionen in Asien, ihrem größten Handelspartner (23 % des Außenhandels der Union), festigen. Unabhängig davon, ob die Union im Rahmen ihrer Institutionen oder über die Mitgliedstaaten tätig wird, ist sie der wichtigste Partner der Entwicklungsländer. Sie nimmt 21,5&nbsp% ihrer Ausfuhren auf und stellt 36&nbsp% der gesamten internationalen öffentlichen Entwicklungshilfe bereit. Die Hilfe für die AKPLänder belief sich 1995 auf 33,8&nbsp% der Gesamtaufwendungen der Europäischen Union, die Hilfe für die Länder des südlichen Mittelmeerraumes betrug 11&nbsp%, und die Länder Lateinamerikas und Asiens erhielten 18&nbsp%. Zwei Drittel dieser Hilfe dienen der Finanzierung von Entwicklungsprojekten, ein Drittel wird für die Nahrungsmittelhilfe eingesetzt. Ist dies ausreichend? Sowohl hinsichtlich der Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion als auch der Länder des südlichen Mittelmeerraumes und Afrikas sieht sich Europa gewaltigen Herausforderungen gegenüber, die sich aus der wachsenden Diskrepanz zwischen den Einkommens- und Bevölkerungsentwicklungen zweier geographisch benachbarter Regionen mit so unterschiedlichem Entwicklungsniveau ergeben. WIE SOLL DAS EUROPA DES 21. JAHRHUNDERTS AUSSEHEN? Die Einigung des europäischen Kontinents nahm mit dem Zusammenschluß der sechs Gründerstaaten der Europäischen Gemeinschaft ihren Anfang und setzte sich in der Folge kontinuierlich fort: 1973 stieg die Zahl der Mitgliedstaaten auf neun, 1981 auf zehn, 1986 auf zwölf, 1995 auf fünfzehn und wird sich im kommenden Jahrzehnt voraussichtlich auf 25 erhöhen. Und der Einigungsprozeß geht weiter. Die Überwindung der Kriegsfolgen machte eine Versöhnung der europäischen Völker und den Wiederaufbau der Volkswirtschaften Westeuropas notwendig. Die Probleme, die Europa jetzt, ein halbes Jahrhundert später, zu lösen hat, sind nicht weniger schwierig. Die neuen Demokratien, die aus dem Zerfall des kommunistischen Blocks hervorgegangen sind, erwarten von ihren Nachbarn Solidarität beim Aufbau einer gemeinsamen Zukunft. Geschichte und Geographie des alten Kontinents werden sich endlich aussöhnen. Somit steht die neue Europäische Union allen europäischen Ländern offen. Die Mitgliedstaaten und die beitrittswilligen Staaten müssen daher gemeinsam die Lösung für eine neue Gleichung finden: Wie kann die Europäische Union, deren Strukturen ursprünglich auf eine kleine Zahl von Mitgliedstaaten zugeschnitten waren, erweitert werden, ohne daß ihre Entscheidungsfähigkeit geschwächt und ihre politische Identität verwässert wird? Wie kann der Wille so vieler Völker unterschiedlicher Herkunft und Kultur, einen Teil ihrer Souveränität gemeinsam auszuüben, dauerhaft mobilisiert werden? Es wäre paradox, wenn das Gemeinschaftskonzept, das seine Wirksamkeit bewiesen und die Stärke und den Zusammenhalt Europas bewirkt hat, gerade jetzt durch den Beitritt neuer Mitgliedstaaten ernsthaft in Frage gestellt würde. Es bestehen zwar gewisse Gefahren, die jedoch nicht überschätzt werden dürfen. Jedes beitrittswillige Land ist verpflichtet, den gemeinschaftlichen Besitzstand - das bestehende Gemeinschaftsrecht - zu übernehmen und die gemeinsamen Politiken nach Ablauf der vereinbarten Übergangsperioden ohne Ausnahme durchzuführen. Dies gilt auch für die im Maastrichter Vertrag angestrebte Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion bis spätestens 1999 sowie einer Politischen Union einschließlich einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Darüber müssen sich diejenigen Länder, die einen Beitritt ins Auge fassen, im klaren sein. Die Stärke der Union liegt in der konsequenten Umsetzung ihres Regelwerks, durch das sie sich seit jeher von einem klassischen Staatenbund unterscheidet. Die Europäische Union ist ein einzigartiges Gefüge, das zwischen Regierungszusammenarbeit und der Förderation angesiedelt ist. Ihre Grundlagen sind das Subsidiaritätsprinzip und die Durchführung gemeinsamer Aktionen. Dieser Union sollen auf längere Sicht sämtliche demokratischen Länder des Kontinents beitreten können. Dieser Prozeß wird sich jedoch aufgrund des unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungsstandes der jeweiligen Länder zwangsläufig in Etappen vollziehen. Diese sich erst herausbildende Architektur kann derzeit nur in Ansätzen umrissen werden. Ausgehend von den Realitäten am Ende dieses Jahrhunderts sind folgende Perspektiven denkbar: Die Union der Fünfzehn setzt auf der Grundlage des Vertrags von Maastricht und in Umsetzung des Vertrages von Amsterdam die Vertiefung im wirtschaftlichen, monetären und politischen Bereich fort. Durch interinstitutionelle Vereinbarungen werden die Verbindungen zwischen den Organen, den gemeinschaftsinternen Mechanismen und den Verfahren der diplomatischen Zusammenarbeit gestärkt. Das Europäische Parlament übt seine neuen Mitentscheidungsrechte uneingeschränkt aus. Nach einer erneuten Revision der Verträge werden die Institutionen den Anforderungen angepaßt, die die nächsten Beitritte an ihre Funktionsweise und Effizienz stellen. Für die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres sollen effizientere Mittel bereitgestellt werden. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) soll auf der Grundlage neuer glaubwürdiger Strukturen, der Stärkung der Westeuropäischen Union (WEU) und ihrer Anbindung an die gemeinsamen Institutionen gestaltet werden. Die Europäische Union, die sich auf die Europäische Gemeinschaft und die Politische Union stützt, bekräftigt ihre politische Identität innerhalb der Nordatlantischen Allianz, die zu einem großen europäisch-atlantischen Forum wird, in dem über die Sicherheit auf der nördlichen Halbkugel beraten wird. Überdies spielt sie eine führende Rolle beim Ausbau der Nord-Süd-Beziehungen sowohl über die Abkommen von Lomé als auch im Rahmen multinationaler Abkommen und Gremien (UNO, UNCTAD). Die Verhandlungen mit den MOEL und Zypern werden entsprechend den von diesen Ländern erzielten Ergebnissen von 1998 bis zum Beginn des nächsten Jahrhunderts zeitlich gestaffelt geführt. Die Mitgliedsländer der Euro-Zone stimmen sich regelmäßig über die Fortschritte der Wirtschafts- und Währungskonvergenz und die damit verbundene Entwicklung der Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitiken ab. Einige Mitgliedstaaten wenden als Vorläufer die im Vertrag von Amsterdam enthaltene Generalklausel über engere Zusammenarbeit an, um in einigen Kooperationsbereichen eine Dynamik in Gang zu setzen. Die Europäische Union mit 25 Mitgliedern wird Ende des nächsten Jahrzehnts Wirklichkeit sein. Dann wird Europa in den Bereichen Politik, Handel, Währung und Strategie aufgebaut sein. Aufgrund der wiederholten Forderung des Europäischen Parlaments wird sich die EU eine Verfassung geben, in der die Beziehungen zwischen der Union, den Mitgliedstaaten und den Bürgern festgeschrieben sind. Diese zwangsläufig unvollständige und von vielen Unwägbarkeiten geprägte Vorstellung von der Architektur Europas zu Beginn des nächsten Jahrtausends kann sich nur konkretisieren, wenn die Mitgliedstaaten der gegenwärtigen Union dieser die Rolle einer Triebkraft für den gesamten Kontinent ausdrücklich übertragen und sich rückhaltlos den im Vertrag vorgezeichneten politischen Zielen verschreiben. Dies wird nur unter der Voraussetzung gelingen, daß sie diesen seit der Gründung der Gemeinschaft eingeschlagenen Weg konsequent weiterverfolgen. CHRONIK DER EUROPÄISCHEN EINIGUNG 1950 9. Mai In seiner Rede stellt der französische Außenminister Robertden von Jean Monnet entwickelten Plan vor, die Kohle- und Stahlproduktion Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland zusammenzulegen und eine Organisation zu gründen, die den anderen europäischen Ländern zum Beitritt offenstehen soll. 1951 18. April Sechs Länder unterzeichnen in Paris den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). 1952 27. Mai In Paris wird der Vertrag zur Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) unterzeichnet. 1954 30. August Die französische Nationalversammlung lehnt den EVG-Vertrag ab. 20. bis 23. Oktober Im Anschluß an die Konferenz von London werden die Pariser Verträge abgeschlossen: In ihnen sind die Modalitäten für die Erweiterung des Brüsseler Pakts festgelegt, der zur Westeuropäischen Union (WEU) umgestaltet wird. 1955 1. und 2. Juni Auf der Konferenz von Messina beschließen die Außenminister der Sechs, die europäische Integration auf die gesamte Wirtschaft auszudehnen. 1957 25. März In Rom werden die Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG) unterzeichnet. 1958 1. Januar Die Römischen Verträge treten in Kraft; die Kommission der EWG und die Kommission der EAG nehmen ihre Arbeit in Brüssel auf. 1960 4. Januar Auf Initiative des Vereinigten Königreichs wird das Stockholmer Abkommen zur Gründung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) unterzeichnet. 1962 30. Juli Eine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wird eingeführt. 1963 14. Januar Auf einer Pressekonferenz erklärt General de Gaulle, Frankreich werde den Beitritt des Vereinigten Königreichs zur EWG ablehnen. 20. Juli In Jaunde wird das Assoziierungsabkommen zwischen der EWG und 18 afrikanischen Ländern unterzeichnet. 1965 April Der Vertrag zur Fusion der Exekutivorgane der drei Gemeinschaften und zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission wird unterzeichnet. Er tritt am 1. Juli 1967 in Kraft. 1966 29. Januar Nach dem sogenannten "Luxemburger Kompromiß" nimmt Frankreich wieder an den Sitzungen des Rates teil, fordert aber im Gegenzug die Beibehaltung der Einstimmigkeitsentscheidungen im Ministerrat, wenn "vitale Interessen" auf dem Spiel stehen. 1968 1. Juli 18 Monate früher als geplant werden die letzten Binnenzölle für gewerbliche Erzeugnisse abgeschafft; der gemeinsame Zolltarif (GZT) gegenüber dritten Ländern wird eingeführt. 1969 1. und 2. Dezember Auf dem Gipfeltreffen von Den Haag beschließen die Staats- bzw. Regierungschefs den Übergang von der Übergangsphase zur Endstufe der Gemeinschaft. Sie einigen sich auf endgültige Agrarregelungen und die Zuweisung eigener Mittel an die EWG. 1970 22. April In Luxemburg wird der Vertrag zur schrittweisen Finanzierung der Gemeinschaften durch Eigenmittel und die Erweiterung der Kontrollbefugnisse des Europäischen Parlaments unterzeichnet. 30. Juni In Luxemburg werden die Verhandlungen mit den vier beitrittswilligen Ländern (Dänemark, Irland, Norwegen, Vereinigtes Königreich,) aufgenommen. 1972 22. Januar In Brüssel werden die Beitrittsakte der neuen EWG-Mitglieder (Dänemark, Irland, Norwegen, Vereinigtes Königreich,) unterzeichnet. 24. April Die Sechs beschließen, das System der "Währungsschlange" einzuführen: Die maximalen Schwankungsbreiten der Wechselkurse der Mitgliedstaaten dürfen nicht mehr als 2,25&nbsp% betragen. 1973 1. Januar Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich treten der EWG bei (negatives Referendum in Norwegen). 1974 9. und 10. Dezember Auf dem Gipfeltreffen von Paris beschließen die neun Staats- bzw. Regierungschefs, dreimal jährlich im Europäischen Rat zusammenzukommen; sie schlagen die Direktwahl der Europäischen Versammlung vor und einigen sich auf die Gründung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). 1975 28. Februar In Lomé wird ein Abkommen (Lomé I) zwischen der Gemeinschaft und 46 Staaten Afrikas, des karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans (AKP) unterzeichnet. 22. Juli Der Vertrag über die Erweiterung der Haushaltsbefugnisse der Europäischen Versammlung und die Gründung des Europäischen Rechnungshofes wird unterzeichnet. Er tritt am 1. Juni 1977 in Kraft. 1978 6. und 7. Juli Auf dem Gipfeltreffen in Bremen regen Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland eine Neubelebung der Zusammenarbeit im Währungsbereich durch die Schaffung eines Europäischen Währungssystems (EWS) an, das an die Stelle der "Währungsschlange" treten soll. 1979 13. März Das EWS tritt in Kraft. 28. Mai Griechenland und die Europäische Gemeinschaft unterzeichnen den Vertrag über den Beitritt Griechenlands. 7. und 10. Juni Die erste allgemeine Wahl der 410 Mitglieder des Europäischen Parlaments findet statt. 31. Oktober In Lomé wird das zweite Abkommen (Lomé II) zwischen der EWG und 58 Staaten Afrikas, des karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans (AKP) unterzeichnet. 1981 1. Januar Griechenland tritt der Europäischen Gemeinschaft bei. 1984 28. Februar Das Esprit-Programm - Europäisches strategisches Programm für Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Informationstechnologie - wird angenommen. 14. und 17. Juni Das Europäische Parlament wird zum zweiten Mal gewählt. 8. Dezember In Togo wird das dritte Lomé-Abkommen zwischen der Zehnergemeinschaft und 66 Ländern Afrikas, des karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans (AKP) unterzeichnet. 1985 Januar Jacques Delors wird zum Präsidenten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ernannt. 2. bis 4. Dezember Auf der Tagung des Europäischen Rates von Luxemburg beschließen die Zehn die "Einheitliche Europäische Akte", durch die die Römischen Verträge geändert werden und die europäische Integration neuen Auftrieb erhalten soll. 1986 1. Januar Spanien und Portugal treten der Europäischen Gemeinschaft bei. 17. und 28. Februar In Luxemburg und Den Haag wird die Einheitliche Europäische Akte unterzeichnet. 1987 14. April Die Türkei beantragt die EWG-Mitgliedschaft. 1. Juli Die Einheitliche Europäische Akte tritt in Kraft. 27. Oktober Die WEU verabschiedet in Den Haag eine gemeinsame Sicherheitsplattform. 1988 Februar Reform der Finanzierung der Gemeinschaftspolitiken. Mehrjährige Ausgabenplanung 19881992, Reform der Strukturfonds. 1989 Januar Die Amtszeit des Präsidenten der EG-Kommission, Jacques Delors, wird um weitere vier Jahre verlängert. 15. und 18. Juni Das Europäische Parlament wird zum dritten Mal in allgemeiner Direktwahl gewählt. 17. Juli Österreich beantragt die Mitgliedschaft in der EWG. 9. November Die Berliner Mauer fällt. 9. Dezember Auf der Tagung des Europäischen Rates in Straßburg wird die Einberufung einer Regierungskonferenz beschlossen. 15. Dezember Unterzeichnung des vierten Lomé-Abkommens mit den Ländern Afrikas, des karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans. 1990 29. Mai Die Verträge über die Gründung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) werden unterzeichnet. 19. Juni Das Übereinkommen von Schengen wird unterzeichnet. 4. und 16. Juli Malta und Zypern beantragen die Mitgliedschaft in der EWG. 3. Oktober Vereinigung Deutschlands 14. Dezember In Rom werden die Regierungskonferenzen über die Wirtschafts- und Währungsunion und über die Politische Union eröffnet. 1991 1. Juli Schweden beantragt die Mitgliedschaft in der EWG. 21. Oktober Abkommen über die Errichtung des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), dem die Gemeinschaft und ihre westeuropäischen Nachbarländer angehören. 9. und 10. Dezember Tagung des Europäischen Rates in Maastricht. 1992 7. Februar Der Vertrag über die Europäische Union wird in Maastricht unterzeichnet. 18. März Finnland beantragt die Mitgliedschaft in der EWG. 25. März Norwegen beantragt die Mitgliedschaft in der EWG. 2. Mai In Porto wird das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) unterzeichnet. 2. Juni Dänemark spricht sich in einem Referendum gegen den Maastrichter Vertrag aus. 20. Juni Irland nimmt den Maastrichter Vertrag per Referendum an. 20. September Frankreich nimmt den Maastrichter Vertrag per Referendum an. 11. und 12. Dezember Tagung des Europäischen Rates in Edinburgh. 1993 1. Januar Verwirklichung des Binnenmarktes 18. Mai Zweites Referendum in Dänemark: Annahme des Maastrichter Vertrages. 1. November Inkrafttreten des Maastrichter Vertrages. 1994 1. April Ungarn beantragt die EU-Mitgliedschaft 8. April Polen beantragt die EU-Mitgliedschaft 15. April Unterzeichnung der Schlußakte der Verhandlungen der Uruguay-Runde im Rahmen des GATT in Marrakesch. 9. und 12. Juni Das Europäische Parlament wird zum vierten Mal in allgemeiner Direktwahl gewählt. Österreich stimmt der EU-Mitgliedschaft per Referendum zu. 24. und 25. Juni Tagung des Europäischen Rates in Korfu. Unterzeichnung der Beitrittsakte Österreichs, Finnlands, Norwegens und Schwedens. 16. Oktober Finnland stimmt der EU-Mitgliedschaft per Referendum zu. 13. November Schweden stimmt der EU-Mitgliedschaft per Referendum zu. 27. und 28. November Norwegen lehnt die EU-Mitgliedschaft per Referendum ab. 9. Dezember Tagung des Europäischen Rates in Essen. 1995 1. Januar Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens zur Europäischen Union. 23. Januar Die Kommission der EU nimmt unter dem Vorsitz von Jacques Santer ihre Amtsgeschäfte auf (1995-2000). 26. März Das Übereinkommen von Schengen tritt in Kraft. 2. Juni Erste Tagung der Reflexionsgruppe für eine neue Regierungskonferenz zur Überarbeitung der Verträge. 12. Juni Unterzeichnung von Europa-Abkommen mit Estland, Lettland und Litauen. 22. Juni Rumänien beantragt die EU-Mitgliedschaft. 26. und 27. Juni Tagung des Europäischen Rates in Cannes. Die Reflexionsgruppe erhält den Auftrag, die Regierungskonferenz vorzubereiten. 27. Juni Die Slowakei beantragt die EU-Mitgliedschaft. 27. Oktober Lettland beantragt die EU-Mitgliedschaft. 24. November Estland beantragt die EU-Mitgliedschaft. 27. und 28. November Europa-Mittelmeer-Konferenz in Barcelona. 8. Dezember Litauen beantragt die EU-Mitgliedschaft. 14. Dezember Bulgarien beantragt die EU-Mitgliedschaft. 15. und 16. Dezember Tagung des Europäischen Rates in Madrid. 1996 16. Januar Slowenien beantragt die EU-Mitgliedschaft. 17. Januar Die Tschechische Republik beantragt die EU-Mitgliedschaft. 29. März Eröffnung der Regierungskonferenz anläßlich der Tagung des Europäischen Rates in Turin. 21. und 22. Juni Tagung des Europäischen Rates in Florenz. 13. und 14. Dezember Tagung des Europäischen Rates in Dublin. 1997 17. Februar Rede von Jacques Santer zum Thema Spongiforme Rinderenzephalopathie (BSE) vor dem Europäischen Parlament. 16. und 17. Juni Tagung des Europäischen Rates in Amsterdam. 16. Juli Die Agenda 2000 wird dem Europäischen Parlament vorgelegt. 2. Oktober In Amsterdam wird der ,konsolidierte" Vertrag unterzeichnet. 20. und 21. November Beschäftigungsgipfel in Luxemburg. 1998 1. Januar Beginn der britischen Präsidentschaft. 30. März Einleitung des Beitrittsprozesses von zehn beitrittswilligen Staaten Mittel- und Osteuropas sowie Zyperns - gefolgt von bilateralen Regierungskonferenzen zunächst mit Zypern, Ungarn, Polen, Estland, der Tschechischen Republik und Slowenien. 31. März Schengen: Aufhebung der Personenkontrollen an den Landgrenzen zu Italien. 1. bis 3. Mai Tagung des Rates der Finanzminister der Fünfzehn und des Europäischen Rates. Bestimmung der Staaten, die zur dritten Stufe der WWU übergehen können. 15. und 16. Juni Tagung des Europäischen Rates in Cardiff. 1. Juli Beginn der österreichischen Präsidentschaft. 12. und 13. Dezember Tagung des Europäischen Rates in Luxemburg.. 1998 1. Januar Beginn der britischen Präsidentschaft. 30. März Einleitung des Beitrittsprozesses von zehn beitrittswilligen Staaten Mittel- und Osteuropas sowie Zyperns - gefolgt von bilateralen Regierungskonferenzen zunächst mit Zypern, Ungarn, Polen, Estland, der Tschechischen Republik und Slowenien. 31. März Schengen: Aufhebung der Personenkontrollen an den Landgrenzen zu Italien. 1. bis 3. Mai Tagung des Rates der Finanzminister der Fünfzehn und des Europäischen Rates. Bestimmung der Staaten, die zur dritten Stufe der WWU übergehen können. 15. und 16. Juni Tagung des Europäischen Rates in Cardiff. 1. Juli Beginn der österreichischen Präsidentschaft. 1999 1. Januar Beginn der deutschen Präsidentschaft. Frühjahr Wahl des Europäischen Parlaments. 1. Juli Beginn der finnischen Präsidentschaft. 1. Dezember Beitritt Griechenlands zum Schengen-Raum. 2000 1. Januar Beginn der portugiesischen Präsidentschaft. 1. Juli Beginn der französischen Präsidentschaft. 2002 1. Januar Die Euro-Münzen und -Scheine kommen in Umlauf. 1. Juli Die nationalen Münzen und Banknoten verlieren ihre Gültigkeit.