Rede der Vorsitzenden Frau Breckheimer zum Volkstrauertag 2009 Liebe Gäste des Mahn- und Gedenktreffens, „Wir müssen uns die Hoffnung erkämpfen, jeden Tag neu. Sie wird uns nicht geschenkt, eher Minute für Minute gestohlen.“ Vielleicht können Sie diesem Satz innerlich zustimmen. Wir treffen uns nun schon jahrelang, um uns eines Teils der deutschen Geschichte zu erinnern, die andere gern vergessen würden oder leugnen. Wir treffen uns und erinnern uns, während andere nicht einmal wahrnehmen, was wir tun. Wir erkämpfen uns eine Hoffnung, - die Hoffnung, dass durch unser Erinnern kein Mensch vergessen wird, der hier gestorben ist, - die Hoffnung, dass durch diese Erinnerung Menschen aufmerken und sich dem Unrecht entgegenstellen, das heute geschieht, - die Hoffnung, dass Menschen es endlich lassen, Kriege zu führen und einander zu vernichten, - die Hoffnung, dass wir nicht vergeblich hoffen - angesichts des nicht kleiner werdenden Elends um uns herum und in allen Teilen der Welt. Terror, Gewalt, Folter und Unterdrückung, Macht und Ohnmacht, Not und Angst, das alles sind Worte für Zustände, mit denen viele Menschen dieser Erde jeden Tag leben müssen. Diese Worte beschreiben Dinge, die heutzutage nicht mehr nur anderenorts geschehen. Die Bedrohung ist auch hier in Deutschland spürbar. Wir können nicht dankbar genug sein, dass in Deutschland seit mehr als 60 Jahren Frieden herrscht. 1 Wir dürfen aber auch nicht nachlassen, das Recht auf Frieden und Freiheit für uns und für andere, die es nicht haben, zu fordern. Wir wollen uns die Hoffnung erkämpfen, dass diese Welt mit uns Menschen trotzdem eine andere, eine bessere werden kann. Ich will glauben, dass Menschen fähig sind, mitfühlend zu sein, Anteil an ihren Mitmenschen nehmen- und gewaltfrei leben und handeln können. Heute ist es das erste Mal, dass ich hier vor Ihnen stehe und eine – meine Rede als Vorsitzende des örtlichen VdK zu diesem Volkstrauertag halte. Natürlich habe ich mich gefragt, was mich persönlich mit diesem Tag verbindet – ohne Phrasen. Kriege haben eine lange Auswirkung auf Menschen- und auch auf mich. Mein Vater war Jahrgang 1922 und einer der ganz jungen Kriegsteilnehmer. Er hatte in den letzten Kriegstagen einen Fußdurchschuss. Durch Wundbrand hat er dann sein Bein verloren. Natürlich ging das Leben weiter. Aber was musste er entbehren, was für Schmerzen ertragen, wie oft konnte er Dinge nicht tun, die ein gesunder Mensch machen konnte. Und auch wir Kinder waren davon betroffen. Wenn sein Beinstumpf entzündet war, konnte er nicht seine Prothese anziehen. Dann musste er sich mit Krücken in der Wohnung fortbewegen. Wir konnten nicht zusammen Radfahren oder Fußballspielen. Denn damals gab es noch keine guten Prothesen. So könnte ich viele Dinge aufzählen, die mich bis heute noch an diese Kriegsauswirkungen erinnern, die nun schon solange her sind, aber mich immer noch betroffen machen. Darum liebe Gäste, bedenken wir an diesem Tag, um wie viel diese Welt menschlicher und lebenswerter wäre, wenn es endlich gelingen würde Terror, Gewalt und Krieg in ihren Ansätzen zu ersticken. Umso wichtiger ist es, dass wir, die Angehörigen der Nachkriegsgeneration, es als moralische Verpflichtung ansehen, dass die Opfer nicht vergessen werden, dass sie immer in unserer Erinnerung bleiben. Deshalb gedenken wir heute der Opfer von Gewalt und Krieg, der Kinder, Frauen und Männer aller Völker. 2 Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren. Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde. Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten. Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren. Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind. Wir trauern mit den Menschen, die Leid tragen um ihre Toten. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der Welt. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit