John Fiske Fernsehen: Polysemie und Popularität (aus: Fiske, John; Winter, Rainer (Hrg): die Fabrikation des Populären: der John Fiske-Reader. Transcript: Bielefeld, 2001) Abstract Fiske kritisiert an den heutigen Fernsehtexten die Beherrschung durch eine dominante Ideologie, sowohl in deren Produktion als auch in deren Kritik. In der Fernsehwelt herrscht ein Kampf zwischen Herrschern und Unterdrückten, wie in der Zeit des Kapitalismus. Das Fernsehen verallgemeinert Bedeutungen, schafft sozusagen Meinungen und meistens folgt der Fernsehtext nur einer ideologischen Linie. Das Resultat daraus sind meist Identifikationskonflikte in der Kultur der Unterdrückten, sowie in Sub- bzw. Alternativkulturen. Schlagwörter John Fiske, Fernsehkritik, Polysemie, Populärkultur, Medienethik, Semiotik, Sinnbildungsprozess, Identifikationskonflikt, Subkultur Nadja Sulek, 0303169 696511 VO Medienpädagogik: Medienbildung, Medienkompetenz, Medienkultur Univ.-Prof. Dr. Thomas A. Bauer, Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft, Universität Wien, WS 2004/2005 Zusammenfassung Die Bedeutung eines Fernsehtextes ist unmittelbar mit dem Sinnbildungsprozess eines Individuums verbunden. Eine Text-Bedeutung wird durch soziale Beziehungen und daraus resolutierende Kommunikationstechniken konstruiert.1 Das Individuum ist umgeben von einer dominanten Ideologie und einer "unterdrückten Ideologie. Je nachdem in welcher sozialen Schicht es lebt bezieht sie eine Seite. Wenn es sozial gesehen die herrschende Position einnimmt, so ist es aber dennoch nicht zu vermeiden, dass es mit der "unterdrückten" Kultur in Kontakt kommt und umgekehrt sind auch die Unterdrückten nicht vor der dominanten Ideologie gefeiht. Bei der Rezeption eines Fernsehtextes werden die sozialen Positionen eines Subjekts miteinbezogen und oftmals hat das Fernsehen auch die Macht (soziale, kulturelle) Bedeutungen zu schaffen. 2 Damit das Fernsehen auch unter Subkulturen populär sein kann, beinhaltet der Fernsehtext eine Vielfalt an verschiedenen Lesarten, damit die Bedürfnisse von subkulturellen Identitäten ebenfalls "gedeckt" werden können. (Polysemie) 3 Fiske verweist auf den Medientheoretiker Douglas Kellner, der das Fernsehen beschreibt als eine Methode der "Konfliktlösung", die bei Widersprüchen 1 Fiske, 2001. S. 85. ebd. S. 86. 3 ebd. S. 87. 2 innerhalb eines Fernsehtextes, eingesetzt wird. „Die Fernsehmythologie beseitigt vordergründig Konflikte, um den Individuen eine Anpassung zu ermöglichen.“4 Fiskes angesprochene Polysemie des Fernsehens besteht sowohl in der Heteroglossie (der Beziehung zwischen den verschiedenen Textsprachen und dem Publikum) als auch in der unterschiedlichen Aktivierung von Bedeutungserlangungen in den verschiedenen Kulturen.5 Somit spielt nicht nur die Unterschiede von Sprachen eine Rolle, sondern auch die kulturelle Auffassung von „Bedeutung“. Die Popularität eines Fernseh- oder Medientextes fordert ein allgemeines, ideologisches Bezugssystem.6 Aus diesem Bezugssystem für Fernsehtextanalysen werden die Strategien für die Bedeutungskonstruktion bezogen. So kann es passieren, dass, während der Fernsehanalyse des sozial integrierten Individuums eine subjektive Auffassung oder Bedeutung angenommen wird, die nicht der eigenen sozialen oder materiellen Erfahrung entspricht.7 (z.B. schwarzes Kind identifiziert sich mit dem Helden, dessen Hautfarbe weiss ist– Identifikationskonflikt!8) Die Fernsehkritik sollte deshalb die Charakteristika und Handlungen von Helden und Bösewichten im Fernsehen nicht nur personal bezogen, sondern auch in ihrem sozialen Kontext analysieren.9 Subjektivitäten sind durch inhaltliche Widersprüche in den Fernsehtexten austauschbar. Verschiedene Subjektivitäten spiegeln sich innerhalb der 4 ebd. S. 88. Fiske, 2001. S. 89. 6 ebd. S.102. 7 ebd. S. 106. 8 ebd. S. 104. 9 ebd. S. 105. 5 Widersprüche in der Gesellschaft.10 Es gilt daher - als eine Strategie der Textanalyse – dass Subkulturen und dominante Kulturformen ihre individuellen, semiotischen Verfahrensweisen anwenden, ohne dass eine Kulturform eine kulturelle Beherrschung vornimmt. Die Zentralisierung und Einseitigkeit von Bedeutungen muss ausgeschalten werden, um Kulturformen zu erhalten.11 Medienpädagogischer Diskurs Eine Gesellschaft begründet sich auf Kommunikation und sprachlichen sowie symbolischen Austausch. Medien sind Werkzeuge der Kommunikation. Im Hinblick auf die medienpädagogische Sozialisationsperspektive ist das Medium Fernsehen auf Popularität ausgerichtet, es ist jedoch nicht objektiv und die Fernsehkritik richtet sich nicht auf eine soziokulturelle Analyse. Das Fernsehen stellt ein geschlossenes Medium dar. Es umschließt meistens eine dominante Ideologie, an die sich die unterdrückte Gesellschaftsgruppe anpassen muss, obwohl sie vielleicht nicht diese Ideologie vertritt. Auch gesellschaftliche Bedeutungen manifestieren sich durch Kommunikation. Im Hinblick auf die Kommunikationskultur spielt die Medienethik eine grosse Rolle. Die Gesellschaft definiert sich in seiner Kultur durch ethnisches Programm. „Ethik ist ein Grundmuster des menschlichen Wissens“, es schafft ein Modell der Wirklichkeitsauffassung und des Wirklichkeitsumgang.12 10 Ebd. S. 106. Fiske, 2001. S. 107. 12 Bauer, 2004. S.1. 11 Die Ursache für Identifikationskonflikten in der Mediengesellschaft13 ist die klare Trennung zwischen den verschiedenen Rollen in der Gesellschaft. Eine Gesellschaft definiert sich durch Differenzen innerhalb ihrer Kulturen14, in der Medienkommunikation spielt Differenz jedoch eine abwertende oder abzugrenzende Rolle. Medienkommunikation ist an Medienkompetenz gebunden. Medienkompetenz (Umgang mit Medien und deren Wirkung) ist ein erlernter Prozess in unserer Gesellschaft. Sie beinhaltet die technische Kompetenz (Schreiben, Lesen, PC-Kenntnisse), die Zeichenkompetenz (das Verstehen und Kombinieren von Informationen) und die Kulturkompetenz (technische Informationen in den sozialen Kontext eingesetzt). 15 Der soziale Mediengebrauch unterliegt wiederum dem sozialen Wandel. 16 Soziale Wirklichkeiten im Hinblick auf das Milieu- und Alltagsleben werden immer wieder unter dem Rückgriff auf Mediendiskursen neu orientiert und diskutiert. Alle drei Diskurswelten vermischen sich mit ihren Bedeutungen und entstandenen Bedeutungswelten (Kulturen) erhalten eine Position der gesellschaftlichen Referenz. Bedeutungen werden in kommunikativen Kontexten geschaffen. Diese differieren in einer multikulturellen Gesellschaft, doch in einem Fernsehtext und vielen anderen medialen Formen werden kulturelle Widersprüche innerhalb von Bedeutungen abgeschafft. Medienethik benötigt jedoch eine auf Widersprüche 13 siehe oben. Bauer, 2004. S.3. 15 Bauer, 2004. S.7. 16 ebd. S. 10. 14 ausgerichtete gesellschaftliche Kommunikationspraxis und diese sollte durch Medien zum Vorschein kommen.17 17 Bauer, 2004. S. 16. Bibliographie Bauer, Thomas: Medienethik – Eine Frage der Kommunikationskultur. http://www.thomasbauer.at/tab/media/pdf/artikel/Article_ME_Sarajevo.pdf . Stand: 15.10.2004. Fiske, John: „Fernsehen: Polysemie und Popularität“. In: Fiske, John; Winter, Rainer (Hrg): die Fabrikation des Populären: der John Fiske-Reader. Transcript: Bielefeld, 2001. S. 85-110.