Schwingungen, Wellen, Akustik Die allgemeine Form der Schwingungsgleichung war die Differentialgleichung d 2 x(t ) 2 x(t ) 0 2 dt oder x(t ) 2 x(t ) 0 d.h. es ist eine Funktion x(t) gesucht, die mit 2 multipliziert, gerade zu der negativen doppelten Ableitung identisch ist. Lösungen waren der Sinus und der Cosinus: x1 (t ) sin(t ) x2 (t ) cos(t ) x1 (t ) cos(t ) x1 (t ) 2 sin(t ) x 2 (t ) sin(t ) x2 (t ) 2 cos(t ) 1 Gibt es noch andere (bessere, allgemeinere ?) Lösungen? Eine Funktion, die sich nach einer Ableitung reproduziert, ist die e-Funktion (Exponentialfunktion). Also reproduziert sie sich auch nach zwei Ableitungen. Wie aber kriegt man den Vorzeichentausch hin? Ansatz : also x(t) = exp(it) x (t ) i exp( it ) i und ist eine Konstante x(t ) (i ) 2 exp( it ) Einsetzen in Differentialgleichung: (i ) 2 exp( it ) 2 exp( it ) 0 also i2 1 0 also i 1 2 i ist eine sogenannte komplexe Zahl, Wurzel aus negativen Zahlen erlaubt!!! was bedeutet eit = exp(it) tatsächlich und wie ist diese Lösung mit den Sinus und Cosinus-Lösungen vereinbar??? Erinnerung: Taylor-Entwicklung einer Funktion (Näherung) 1 1 f ( x x) f ( x) f ' ( x)x f ' ' ( x)( x) 2 1 1 2 1 f ' ' ' ( x)( x) 3 1 2 3 also gilt für eine e-Funktion exp(0+x) : 3 1 0 1 0 2 exp( 0 x) e (e )' x (e )' ' (x) (e )' ' ' (x) 3 2 23 1 1 0 4 (e )' ' ' ' (x) (e 0 )' ' ' ' ' (x) 5 ... 23 4 23 4 5 0 0 x = it : 1 1 1 2 3 exp( it ) 1 it (it ) (it ) (it ) 4 2 23 23 4 1 (it ) 5 ... 23 45 1 1 2 1 (t ) (t ) 4 ... 23 4 2 1 1 3 5 i t (t ) (t ) ... 23 23 45 und für 4 Taylor-Entwicklungen des Cosinus und des Sinus: 1 1 2 sin( 0 x) sin( 0) cos( 0)x sin( 0)( x) cos( 0)( x) 3 2 23 1 1 4 5 sin( 0)( x) cos( 0)( x) 23 4 23 45 1 1 3 x (x) (x) 5 23 2 3 4 5 1 1 2 3 cos( 0 x) cos( 0) sin( 0)x cos( 0)( x) sin( 0)( x) 2 23 1 1 4 cos( 0)( x) sin( 0)( x) 5 2 3 4 23 45 1 1 2 1 (x) (x) 4 2 23 4 5 also folgt: eit =exp(it) = cos(t)+isin(t) = Realteil + Imaginärteil oder andersherum: (eit+ e-it)/2 = ½ [cos(t)+isin(t) + cos(-t)+isin(-t)] = ½ [cos(t)+isin(t) + cos(t)-isin(t)] = ½ [2cos(t)] = cos(t) (eit-e-it)/(2i) = [cos(t)+isin(t)-cos(-t)-isin(-t)]/(2i) = [cos(t)+isin(t)-cos(t)+isin(t)]/(2i) = [2isin(t)]/(2i) = sin(t) jede Zahl lässt sich so darstellen (also entweder getrennt in Real- und Imaginärteil oder als Exponentialfunktion) Aexp(i) = Acos+iAsin = a+ib a+ib =(a2+b2)1/2exp(iarctan[a/b])=Aexp(i) 6 „vektorielle“ Darstellung einer komplexen Zahl: Im Winkel , b A Aei = a+ib Betrag A=sqrt(Re2+Im2) ist Vektorlänge a Re z.B.: i = ei/2 ; -1 = ei Rechenregeln für komplexe Zahlen Merke: Manchmal ist die Exponentialdarstellung besser zum Rechnen, manchmal die getrennte (Real+Imaginärteil) a) [a1+ib1][a2+ib2] = (a1a2)+i(b1b2) b) [a1+ib1][a2+ib2] = a1a2+(ii)b1b2+i(a2b1+a1b2) = (a1a2-b1b2)+i(a2b1+a1b2) = oder A1eiA2ei = A1A2ei(+) 7 c) [a1+ib1]/[a2+ib2] = ([a1+ib1][a2-ib2])/( [a2+ib2][a2-ib2]) [(a1a2+b1b2)+i(a2b1-a1b2)]/(a22+b22) oder A1ei/(A2ei) = (A1/A2)ei(-) Betrag einer komplexen Zahl z = a+ib = Aei | z | | a ib | (a ib)( a ib) z z * a 2 b 2 (a-ib)=z* ist das sogenannte konjugiert Komplexe von z=(a+ib) Ae-i = z* ist das konjugiert Komplexe von z=Aei z.B.: |ei| = (eie-i)1/2 = (ei(-))1/2 = (e0)1/2 = 1 = ([cos+isin][cos-isin])1/2 = (cos2 + sin2)1/2 = 1 8 z.B.: was ist ii ? i in Exponentialdarstellung: i = ei/2 also: ii = (ei/2)i = e(i/2)i = e-/2 reelle Zahl ! Eine Schwingung kann als Projektion einer Drehbewegung in der komplexen Zahlenebene dargestellt werden. Vesuch Plattenspieler: Die Pendelbewegung gleicht exakt der Projektion des sich drehenden Korkens an der Wand. 9 Zeit Drehbewegung in komplexer Ebene: ei(t+) = cos(t+)+isin(t+) Re Schwingung in Real + Imaginärteil Im Zeit ist die sog Phase, die bei Überlagerungen von Schwingungen eine wichtige Rolle spielt Zwei Schwingungen können in der selben Raumrichtung oder in unterschiedlichen Raumrichtungen überlagert werden: 10 Zwei Schwingungen in gleicher Raumrichtung Schwarz: f1(t)=Asin(t) Rot : f2(t)=Asin(t+) Grün : Summe = f1+f2 = 0 Bei Phase , gleicher Amplitude und gleicher Frequenz: insg. 0 Schwarz: f1(t)=A1sin(t) Rot : f2(t)=A2sin(t+) Grün : Summe 0 und Sinusförmig mit anderer Phase Kann als Vektor in komplexer Ebene verstanden werden: 11 A Wenn rot und schwarz mit der selben Frequenz rotieren, dann rotiert auch grün mit der selben Frequenz und behält dabei die Länge bei. Die Phase und die Amplitude A von der Summe (grün) ergibt sich aus der Vektoraddition der Einzelschwingungen. Bei leicht unterschiedlichen Frequenzen überholt ein Vektor den anderen von Zeit zu Zeit Schwebung (grün) 12 Versuch Schwebung: Zwei Stimmgabeln mit leicht unterschiedlicher Frequenz zeigen ein deutliches An- und Abschwellen des Tons. Auch auf Oszilloskop zu sehen. Zwei Schwingungen in unterschiedlicher Raumrichtung Ein Objekt kann z.B. mit einer Frequenz 1 in x-Richtung schwingen und mit einer anderen (oder gleichen) Frequenz 2 in y-Richtung. Auch hier spielt die Phasendifferenz zwischen der Schwingung in x- und y-Richtung eine Rolle. Diese sog Lissajous-Figuren sind charakteristisch im Verhältnis 1/2 und können in der komplexen Ebene als z(t) = a1sin(1t+1) + ia2sin(2t) (2 ist auf 0 gesetzt) 13 Beispiele für Lissajous Figuren 14 Versuch Lissajous (Mechanisch) Zwei schwingende Spiegel erzeugen eine Lissajous Figur, die mit einem Laser sichtbar gemacht werden kann. Versuch Lissajous (Elektrisch) Mit zwei Signalgeneratoren können Lissajous Figuren gezeigt werden 15 Gedämpfte und Erzwungene Schwingungen Die Differentialgleichung für eine ungedämpfte Federschwingung war: (D Federkonstante) x 2 x 0 mx Dx 0 Lösung war sin(t) , cos(t) bzw eit bei Dämpfung modifiziert sich die Differentialgleichung zu mx Kx Dx 0 (K : Dämpfungskoeffizient) Lösungsansatz x(t) = x0et also m2x0et +Kx0et+Dx0et = 0 m2 +K+D = 0 also 1, 2 | 1/(x0et) K K2 D 2 2m 4m m 16 Wenn die Dämpfung klein ist wird der Term in der Wurzel negativ und man schreibt besser: 1, 2 K D K2 i 2m m 4m 2 Die Lösung für schwache Dämpfung ist also: K t 2m D K2 i t m 4m2 D K2 K und mit und x(t ) x0 e e m 4m 2 2m x(t ) x0 e t e it x0 e t [cos(t ) i sin(t )] sichtbar ist der Realteil, also x(t) = x0e-tcos(t) also ein Dämpfungsterm und ein Schwingungsterm. Die Dämpfung sorgt bei t für x(t) = 0 17 Schwingung wird für große Zeiten gedämpft. Versuch Resonanz ohne Anregung Wenn das System mit der Frequenz a und der Kraft F0 von Außen angeregt wird, dann gilt: i a t mx Kx Dx F0 e 18 Lösungsansatz: x(t ) x0 e ia t ergibt : x0(-ma2+iKa+D) = F0 man erhält eine komplexe Amplitude x0 = F0/(-ma2+iKa+D) = (F0/m)/[D/m-a2+iKa/m] Erinnerung: Eigenfrequenz eines Federpendels ist: 02=D/m also : x0=(F0/m)/[ 02-a2+iKa/m] Amplitude x0 für Dämpfung K=0. Sie wird für a=0 unendlich (Resonanzkatastrophe). Für sehr kleine Anregungsfrequenzen ist sie positiv für sehr große negativ und verschwindent. 19 Wenn man sehr langsam anregt, dann folgt die Masse der Anregung einfach (positives Vorzeichen der Amplitude. Bei sehr hohen Anregungsfrequenzen bewegt sich die Masse im wesentlichen gar nicht (Amplitude 0). Ist bei hohen Frequenzen allerdings eine Auslenkung verhanden, dann ist sie negativ, d.h. wenn die Anregung nach oben stößt, dann ist die Masse auf dem Weg nach unten. Bei Anregungsfrequenz = Eigenfrequenz tritt Resonanz auf. Versuch Gummiseil: Vielfach hat ein System nicht nur eine Eigenfrequenz, sondern mehrere, die alle angeregt werden können (Obertöne bei Musikinstrumenten) 20 Resonanzen treten auch in mehreren Dimensionen auf Versuch Klangfiguren: Eine quadratische Platte wird akustisch angeregt. An den Knotenlinien sammelt sich der Sand. Die Resonanzfrequenzen ergeben sich aus der Dimensionierung des Objekts und den Randbedingungen (sog. festes Ende oder loses Ende). Wird ein z.B. ein Ende festgehalten, dann muss die Amplitude der Schwingung an dieser Stelle 0 sein. Bei einem losen Ende ist sie an dieser Stelle maximal. [Deshalb können bei den Klangfiguren keine Linien am Rand der Platte beobachtet werden (loses Ende schwingt immer)] 21 Geschwindigkeit von Wellen, Wellenvektor Generell können Schwingungen in Ausbreitungsrichtung der Wellen verlaufen (longitudinale Wellen) oder senkrecht dazu (transversale Welle). Ein inkompressibler Stab kann z.B. nur transversal schwingen (in Richtung des Stabes sind Verformungen nicht erlaubt), das Volumen einer kompressible Flüssigkeit/Gas kann nur longitudinal schwingen (keine Kopplung senkrecht) Versuch „Slinky“ Links: transversale Welle Rechts: longitudinale Wellen 22 Schwingungen müssen nicht ortsfest sein, sondern können sich auch ausbreiten (Stein ins Wasser geworfen). D.h. z.B. dass eine Ortsabhängigkeit eingeführt werden muss: eine sog ebene Welle hätte zum Beispiel die Form f(x,t) = sin(kx+t) Kugelwelle oder komplex : f(x,t) = ei(kx+t) ebene Welle 23 =2/T war die Kreisfrequenz, die mit der „normalen“ Frequenz [Schwingungen pro Sekunde] wie =2 zusammenhängt. k = 2/ ist. ist die sog. Wellenzahl, wobei die Wellenlänge Deutung mit Hilfe des Gummiseilversuchs: ist die Frequenz an einer festen Stelle x, mit der das Seil dort schwingt. k ergibt sich aus der Wellenlänge zu einem festen Zeitpunkt t. Die sogenannte Phasengeschwindigkeit einer Welle ergibt sich zu c = /k = 24 Die Phasengeschwindigkeit kann konstant sein: z.B. in Wasser 1 c mit =Kompressibilität = 0.5GPa-1 und = 1000kg/m3 also cWasser=1400m/s in Wasser 7 p oder in der Luft : c oder bei Luftdruck p=1013mbar 5 und =1.25kg/m3 cLuft = 336m/s Die Phasengeschwindigkeit kann eine Funktion der Wellenlänge (sog. Dispersion) sein: z.B. auf der Wasseroberfläche (Wasserwellen) g c 2 25 d.h.: je länger die Wellen, desto schneller laufen sie auf der Wasseroberfläche. Das hat dramatische Konsequenzen: Echoloten kann man nur an Luft oder IM Wasser, nicht an der Wasseroberfläche!! Grund: Zum Echoloten braucht man sog. Wellenpakete (eine kurze Anregung, „geben sie mir ein einzelnes Ping [U-Boot]“) Also anstelle einer unendlich ausgedehnten ebenen Welle etwas endliches in Raum und Zeit. Derartige „Wellenpakete“ kann man aber IMMER als Summe (Überlagerung) von vielen Sinus- und Cosinus Schwingungen schreiben. Prinzipell kann man JEDE Funktion als Summe von Sinus- oder Cosinusschwingungen schreiben: [a f ( x) N n cos( k n x) ibn sin( k n x)] n 26 Das ist die sog. Fouriertransformation (Fourierzerlegung) Beispiel: drei Wellenpakete können durch Überlagerung von 9 sinusschwingungen approximiert werden. Ist die Phasengeschwindigkeit konstant, dann breiten sich alle Wellen mit gleicher Geschwindigkeit aus und die Wellenpakete bleiben erhalten. (siehe Computersimulation). 27 Hängt die Phasengeschwindigkeit von der Wellenlänge (bzw Frequenz) ab (Dispersion), dann zerfließt das Wellenpaket nach einiger Zeit, weil einige Ebene Wellen der Fourierzerlegung langsamer laufen als die anderen. 28 Das zeigt auch die Computersimulation. Im alltäglichen Leben: Wird ein Stein ins Wasser geworfen, so breitet sich nicht ein Wellenberg in alle Richtungen aus. Statt dessen laufen die langen Wellenlängen der Fourierzerlegung schneller als die der kurzen und das Paket zerfließt sehr schnell. Der selbe Effekt tritt beim hörbaren Reissen einer Eisschicht auf (Piooong, Trennung nach Tönen: tiefe Töne haben eine lange Wellenlänge, hohe eine kurze). Dagegen bleibt in Luft ein Wellenpaket erhalten, sonst würde ein Echo nicht existieren (der Knall würde zerfließen). Hörempfinden Das menschliche Ohr führt eine Fouriertransformation des Signals durch (in der sog. Schnecke, Cochlea): Die vorderen Bereiche sind sensitiv auf hohe Frequenzen, die hinteren auf tiefe Töne: 29 Da c = sind hohe (große) Frequenzen gleichbedeutend mit kleinen Wellenlängen Der Hörbereich des (jungen) Menschen liegt bei ca. 40Hz bis 20000Hz . D.h. mit c = 340m/s wären 40Hz = 40 Schwingungen pro Sekunde äquivalent zu =8.5m und bei 20kHz : =1.7cm. 30 Also z.B. Orgelpfeifen, geschlossen: 40Hz würde 2.125 m Länge entsprechen 4000 Hz wären 2.125 cm Länge Allerdings klingen geschlossene Pfeifen nicht so voll wie offene, da nur die ungeraden Obertöne resonant sind (siehe Bild). Dafür müssen offene doppelt so lang sein. 31 Tonhöhe Wenn die Wellenlänge sich halbiert (die Frequenz verdoppelt), dann klingt der Ton doppelt so hoch. Dies entspricht einer Oktave. Z.B. der Kammerton a’ hat eine Frequenz von 440Hz eine Oktave höher liegt a’’ (880Hz) und noch eine Oktave höher das a’’’ (1760Hz). D.h dass die Töne (12 Halbtonschritte pro Oktave) nicht gleichmäßig (in festen Frequenzabständen) über eine Oktave verteilt sind, sondern in 12 2 -Abständen: Also a’=440Hz #a=44012 2 =466Hz h = 46612 2 = 494Hz ... (Computer/Oszi): Oktave zeigen, Immer-Steigende Tonfolge Lautstärke Das menschliche Ohr empfindet gleiche Amplitude bei unterschiedlichen Frequenzen unterschiedlich laut. 32 Am empfindlichsten ist das Ohr bei 1kHz-4kHz (Sprachbereich) (Computer/Tongenerator:Frequenzen durchspielen) 33