SUNNY AFTERNOON Thomas Renoldner 6 min 50 sec, März 2012 24 fps, dolby digital 5.1 Produktionsformat: Digitale Fotografie, Papierscans, Digitales Compositing Benutzte Techniken: Zeichnung auf Papier, Rotoskopie, Objektanimation, Pixilation, Zeitraffer-Fotografie, Kombinationen einiger dieser Techniken. Vorführformat: DCP, HD-Cam, 35mm Konzept, Regie, Animation, Musik, Akteur, Gesang, Produzent: Thomas Renoldner Instrumentierung und musikalisches Arrangement: Lonesome Andi Haller Fotos: Florian Flicker (1992), Muzak (2011), Thomas Renoldner Zusätzliche Zeichnungen: Adrienn Kiss After Effects Sequenz: Clemens Kogler Assistenz: Muzak TEXT VON ROBERT BUCHSCHWENTER über SUNNY AFTERNOON: Sunny Afternoon – ein Titel, der Zeit assoziieren lässt. Zeit, die langsam vergeht, während man durchs Fenster schaut, die Wolken und sich selbst beim Beobachten beobachtet. Zeit, deren Vergänglichkeit aber auch deutlich spürbar ist. Kostbare Zeit also. Kostbar, wie alles, was den bittersüßen Charakter von Versprechen und Vergänglichkeit in sich vereint. Um Zeit geht es tatsächlich ganz wesentlich in Sunny Afternoon. Zunächst einmal die 20 Jahre, die zwischen Beginn und Fertigstellung des Films liegen, und die sich nun in einen Augenblick der Abweichung, der kurzen Irritation, auflösen. Dann die sorgfältige Portionierung von Zeit in der Montage von (perspektivisch variierten) Einzelbildern einer natürlichen Sitzbewegung zu einem künstlich animierten Bewegungsraum. Und schließlich die spielerische Bewusstmachung von Zeit durch den Wechsel von einem strengen Strukturprinzip zu einer geradezu frivol freien Form. Das Spiel mit der Zeit wird zum Spiel mit Erwartungen – Erwartungen, die Renoldner mit dem angemessen Ernst und der formalen Fertigkeit des Avantgardefilm-Künstlers stiftet, dann aber mit dem Humor dessen, der die formale Konsequenz als gefällige Konvention enttarnt, entgleisen lässt. Der Filmemacher als Komponist wird zum (singenden) Kommentator seiner selbst – und einer Komposition, die sich unterschiedlicher Techniken und Prinzipien bedient, nicht um sich ihnen zu unterwerfen, sondern um mit ihnen sorglos Grenzen zu unterwandern: zwischen Avantgarde und Pop, Konkret und Abstrakt, erlebter und vorgestellter Realität etc. Sunny Afternoon endet mit einem gezeichneten Porträt des Filmemachers, der in wenigen Sekunden um Jahre altert. Die Zeit hinterlässt die Spuren auf seinen Gesichtszügen, um sie schließlich ganz (auf weißem Hintergrund) verschwinden zu lassen. Die Vergänglichkeit, auf die hier angespielt wird, mag höheres Gesetz sein. Aber die Art der Ausführung der Gesetze bleibt denen überlassen, die die Wahl haben, ihnen sklavisch zu folgen oder spielerisch mit ihnen umzugehen. TEXTE VON THOMAS RENOLDNER: LANGTEXT: „SUNNY AFTERNOON“ läßt eine Art Avantgardefilm und eine Art Popmusikvideo aufeinander prallen und demonstriert damit anschaulich, was als klassische Vorlieben und Tabus der jeweiligen Genres gelten mag. Auch in der Umsetzung der Musik steht das Bestreben im Mittelpunkt, gängige Strategien im Avantgardefilm und im Musikvideo leicht ironisiert aufzugreifen. Der erste Teil des Filmes mag an "found footage" oder strukturellen Film erinnern: Nur 16 Fotos (aufgenommen im Jahr 1992) zeigen den Bewegungsablauf einer Person, die sich auf einen Sessel niedersetzt, wobei in Bildfolgen von zwei bis vier nebeneinander liegenden Fotos die Vielfalt der unterschiedlichsten Variations- und Kombinationsmöglichkeiten, die sich aus dem begrenzten Ausgangsmaterial entwickeln lassen, erforscht wird. Hinzu kommt eine humorvolle Note in der Gestaltung der Bilderfolgen, wie sie im klassischen strukturellen Film wohl eher selten zu finden ist, eine Art Avantgarde-Slapstick ist das Ergebnis. Gleichzeitig folgt der Filmabschnitt einem streng minimalistischen Vertonungskonzept, wenn jedem Foto exakt eine Tonhöhe der 12-Tonskala zugeordnet ist. Die zeitliche Struktur der Bilder diktiert die Musik. Der zweite Filmteil bricht bewußt althergebrachte Regeln klassischer Avantgardefilme, genussvoll wird eine intuitive Arbeitsweise gewählt. Die unterschiedlichsten technischen Verfahren werden bunt gemischt, und sogar fast kitschige Bilder, wie Wolken am Himmel im Zeitraffer, und spielerische Experimente mit Kombinationsmöglichkeiten von vier verschiedenen rotierenden schwarzen Sesseln sind erlaubt. Die benuzten Techniken dieses Filmabschnittes sind: Fotografische Standbilder, ZeitrafferFotografie, Objektanimation, Pixilation, Rotoskopie, Zeichnung und diverse Kombinationen dieser Techniken. Dies ermöglicht verschiedenste Darstellungsstrategien, die im Spektrum zwischen fotorealistischem Bild und abstrakter Zeichnung unterschiedlichste Möglichkeiten ausprobieren und damit generell die Möglichkeiten und Bedeutungen des künstlerischen Bildes reflektieren. “SUNNY AFTERNOON” basiert auf dem Liedtext eines vor 25 Jahren komponierten Songs, greift ein vor 20 Jahren begonnenes Filmprojekt auf und führt es zu Ende. Zwangsläufig refllektiert dieses filmische Selbstportrait die beschriebene Zeitspanne zwischen erster Idee und letztendlicher Umsetzung. Eine kurze Einleitung fügt Portraitfotos hinzu, die weitere 20 Jahre vor dem ersten Filmabschnitt entstanden sind und der Film endet mit einem Blick in die Zukunft, indem von Adrienn Kiss sorgfältig handgezeichnete Portraits das mögliche Aussehen des Filmautors 20 Jahre nach dem zweiten Filmteil imaginieren. KURZVERSION: „SUNNY AFTERNOON“ läßt eine Art Avantgardefilm und eine Art Musikvideo aufeinanderprallen, und wirft dabei die Fragestellung auf, was als typische Klischees und Tabus der beiden Genres gelten könnte. Auch die musikalische Umsetzung der beiden Filmabschnitte bezieht sich leicht ironisierend auf klassische Muster der genannten Filmgattungen. “SUNNY AFTERNOON” benutzt, speziell in den Bildern im zweiten Teil, unterschiedlichste Darstellungsmöglichkeiten: realisitsche Fotografie, auf Fotografie basierte Zeichnung, die wiederum verschiedenste Abstufungen in Richting Abstraktion erlebt, und reflektiert damit verschiedenste Möglichkeiten des künstlerischen Bildes im allgemeinen. “SUNNY AFTERNOON” basiert auf dem Liedtext eines vor 25 Jahren komponierten Songs, greift ein vor 20 Jahren begonnenes Filmprojekt auf und führt es zu Ende. Das Thema Zeit wird dabei zwangsläufig sichtbar. “SUNNY AFTERNOON” ist ein Selbstportrait. KÜRZEST VERSION: „Sunny Afternoon“ läßt Avantgardefilm und Musikvideo aufeinanderprallen und wirft damit die Fragestellung auf, was als typische Klischees und Tabus der beiden Genres gelten könnte. Ausgangspunkt des Filmes ist ein 25 Jahre alter Song und Liedtext des Filmautors, der von Multi-Instrumentalist Andi Haller musikalisch arrangiert wurde.