68625344 106 5/15/2016 Bemerkung zur Nullpunktsenergie von freien Elektronen: Bei der Herleitung der Fermi-Energie haben wir einfach über alle Zahlentripel n1 , n 2 und n3 im k-Raum summiert. Dabei haben wir stillschweigend für den Tripel (0 0 0) die Energie 0 gesetzt. Diese Tatsache widerspricht natürlich offensichtlich der Tatsache, dass auch Elektronen eine Nullpunktsenergie haben wie z.B. Phononen, Photonen, aber auch 4He (Bosonen) oder Protonen, Neutronen, Quarks, 3He (Fermionen). Tatsächlich müsste das Elektron in 2. Quantisierung (Quantenelektrodynamik) behandelt werden. Dann würde der Einfluss von virtuellen Photonen auf das elektromagnetische Feld der Elektronen berücksichtigt werden und damit zu einer Nullpunktsenergie führen. Diese Energie ist aber so verschwindend klein verglichen mit der Fermieenergie, dass sie vernachlässigt werden kann. 4.8. Elektronenemission Zu einer weiteren Anwendung des Modells der freien Elektronen betrachten wir jetzt die Emission von Elektronen von Festkörpern. Bei der Herleitung des Sommerfeld Modells haben wir angenommen, dass die Elektronen sich in einem unendlich ausgedehnten Raum befinden, der in periodische Gebiete eingeteilt ist. Wenn wir jetzt eine Metalloberfläche betrachten, müssen wir annehmen dass wegen den Anziehungskräften zwischen den positiv geladenen Atomrümpfen und den Elektronen die Elektronen nicht “auslaufen”. Diese Anziehungskräfte kompensieren sich im Kristall, werden aber wirksam, sobald ein Elektron den Kristall verlassen will. I U + - U variabel Kathode, geheizt Man führt folgende Grössen ein: Elektronenaffinität Einf E0 , Differenz der Energie der Elektronen in unendlicher Entfernung von der Oberfläche und im Innern des Kristalls. Austrittsarbeit W Einf F : Typische Werte Cs: 1.8eV, Li: 2.4 eV, Cu: 4.5 eV. Je nach Art der Energiezufuhr unterscheidet man: 68625344 107 5/15/2016 Thermoemission: hohe Temperaturen: Beim Experiment legt man eine kleine, positive Spannung an, damit sich keine Raumladung an der Oberfläche aufbauen kann. Feld-Emission: hohe Felder Photoemission: Beleuchtung Sekundärelektronenemission: Elektroneneinstrahlung Exo-Emission: chemische Reaktionen an Oberflächen. Die ersten zwei Phänomene lassen sich gut mit dem Sommerfeldmodell erklären, wie wir am folgenden Beispiel der Thermoemission zeigen. Zur Stromdichte in x-Richtung tragen alle Elektronen bei, deren Geschwindigkeit v x grösser ist als m 2 m 2 v x v x0 F W . 2 2 j x (T ) e v x dn(v x v y , v z ) . Für die Stromdichte erhält man vx 0 Die infinitesimale Elektronendichte ist gegeben durch ( mv k ) 3 dn 3 dN d 3k m d v . 2 f ( ) 2 f ( v , v , v ) x y z 3 V (2 ) 3 (2 ) Einsetzen in j x (T ) liefert m j x 2e 2 3 vx 0 m j x 2e 2 3 2 vx dv x dv y dv z . m2 (v v y2 v z2 ) 1 exp k T B 2 2 2 Mit den Substitutionen v v y v z und dv y dv z v dv d erhält man dv dv d x vx 0 0 2 x v x v (v v 2 ) 1 exp k T B 2 x m 2 . Mit weiteren Substitutionen und den Integrationen über und v erhält man schliesslich j x (T ) emk BT ln 1 e /(k BT ) d . 2 3 2 W Wie wir wissen, ist W k BT . Dann können wir den Integranden vereinfachen 68625344 108 5/15/2016 emk B T /(k BT ) emk B2 k BT j x (T ) e d e 2 2 3 W 2 2 3 W und erhalten damit die Richardson Gleichung. Er hat sie unter der Annahme einer Boltzmannverteilung berechnet und einen ähnlichen Zusammenhang gefunden. Die Mengenkonstante A0 (emk B2 /( 2 2 3 ) 120 Acm-2K-2 ist eine universelle Konstante. Der Vergleich mit dem Experiment zeigt, dass die Richardson Gleichung qualitative gut mit Messungen übereinstimmt (siehe zum Beispiel: G. F. Smith, Phys. Rev. B 94, 295 (1954)). log(jx/T ) (arb units) 2 Richardson Plots 4 10 /T Die Abweichungen haben im wesentlichen folgende Ursachen: W W (T ) W0 aT : Elektronenaffinität und Fermi-Energie sind T-abhängig ( a 10 4 eV/K). Oberflächenbeschaffenheit, Reinheit der Oberflächen Reflexion der Elektronen an der Grenzfläche Anwendung der Thermoemission zusammen mit Anlegen einer Spannung: Radioröhren, Fernsehröhren etc. Siehe auch Übungen: Schottkyeffekt. 68625344 109 5/15/2016 4.9. Elektronen im periodischen Potential Wir haben gesehen, dass das Model des Gases freier Elektronen erstaunlich viel zum Verständnis von Metallen beitragen kann. Insbesondere versteht man die lineare Abhängigkeit der spezifischen Wärme von der Temperatur bei sehr tiefen Temperaturen CV T . Andererseits zeigen Messungen an sogenannten Schwerelektron-Systemen Abweichungen von 2 Nk B2 T 2 F von bis zu Faktoren 1000. Die folgende Figur zeigt, dass in Ce0.9La0.1Al3 600 mJ/K2mol-1 ist (Vergleich Ag: 0.64 mJ/K2mol-1)! Extreme Abweichung zwischen Theorie und Experiment treten auf bei Hall-Effekt: sogar falsches Vorzeichen Magnetische Widerstandsänderung in Wolfram um Faktor 1012 grösser als im Model der freien Elektronen Emissionsprozesse: Photoeffekt Im weiteren können wir nicht erklären, warum bestimmte Materalien als Metall, Isolator, Halbleiter oder Halbmetall auftreten. Aus diesen Gründen führt man eine verfeinerte Theorie ein, die den Einfluss der Periodizität des Gitters auf die Bewegung der Elektronen berücksichtigt. Analog wie bei der Bragg-Reflexion von Röntgen- oder Neutronenstrahlen erwarten wir, dass auch 68625344 110 5/15/2016 Elektronen eine Braggreflexion erleiden, wenn der Wellenvektor k den Zonenrand mit dem Zonenzentrum verbindet: k ist dann ein reziproker Gittervektor. Für die weiteren Betrachtungen nehmen wir an (Born-Oppenheimer Approximation), dass sich die Atome in vollkommener Ruhe auf den Gitterplätzen befinden (keine Elektron-Phonon-Wechselwirkung). Die Wechselwirkung zwischen den Elektronen wird vernachlässigt. Jedes Elektron spürt ein Potential, das die Periodizität R n des Gitters aufweist. Die (Einteilchen-) Schrödingergleichung lautet 2 (r ) ( V (r )) (r ) 0 . 2m Das periodische Potential hat die Eigenschaft V (r) V (r R n ) V (r n1a 1 n2 a 2 n3a 3 ) . Die Aufgabe besteht darin, Eigenfunktionen zu diesem Potential zu suchen. Bloch hat gezeigt, dass die Lösungen der Schrödingergleichung die folgende Form k (r ) u (r )e ik r haben müssen mit u(r) u(r n1a 1 n2 a 2 n3a 3 ) . k (r ) sind sogenannte Blochfunktionen. Beachte: Für freie Elektronen ist u(r) const V -1/2 und wir haben ebene Wellen der Form k (r ) V 1 / 2 e ik r . In der folgenden Figur zeigen wir den Imaginärteil der Wellenfunktionen für i) ein freies Elektron, ii) eine Funktion u (r ) mit der Periode des Gitters und iii) die Blochfunktion dazu. Der Realteil wäre eine Cosinusfunktion. 1.0 0.5 0.0 -0.5 -1.0 80 40 0 -40 -80 Amplitude Amplitude 111 Amplitude 68625344 5/15/2016 freies Elektrons Blochfunktion Gitterperiodische Funktion 60 40 20 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Phase (rad) 16 File Free_Electrons.opj Unter einer Translation ändert sich bei einer Blochfunktionen nur die Phase k (r R n ) u (r R n )e ik (r R ) u (r )e ik (r R ) u (r )e ik r e ik R k (r )e ik R . n n n n Daraus folgt unmittelbar die Translationsinvarianz der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezüglich eines Gittervektors k (r ) k (r R n ) . 2 2 Aufgrund der Tatsache, dass e ik R n e i (k G k )R k ist, ist k (r ) mehrdeutig in Bezug auf die Addition eines reziproken Gittervektors G k k1b1 k 2 b 2 k 3b 3 zum Wellenvektor k des Elektrons. Aus diesem Grund kann man den Wertebereich von k auf die 1. Brillouinzone beschränken (vgl. Phononen). Analog muss auch die Dispersionsrelation der Elektronen periodisch in Bezug auf die Addition eines reziproken Gittervektors sein: (k ) (k G k ) (k 12 G k ) (k 12 G k ) . Dies gilt auch für die Ableitungen: (k 12 G k ) (k 12 G k ) , insbesondere für k 0 : ( 12 G k ) ( 12 G k ) . 68625344 112 5/15/2016 Falls der Kristall ein Symmetriezentrum aufweist, gilt weiter (k ) (k ) und damit (k ) (k ) . Ich habe gelesen, dass diese Beziehungen auch für Kristalle ohne Symmetriezentrum gilt (Känzig). Allgemein gilt auf jeden Fall: (k , σ) (k ,σ) , wo σ den Spin bezeichnet. Setzen wir in der letzten Ableitung k 12 G k ein, folgt sofort ( 12 G k ) ( 12 G k ) ( 12 G k ) ( 12 G k ) 0 und (0) 0 . An den Zonenrändern und im Zonenzentrum verschwindet die Ableitung der Energie nach dem Wellenvektor, die Kurven konstanter Energie schneiden die Brillouinzonenränder unter einem rechten Winkel. Die Gruppengeschwindigkeit ist Null Braggreflexion. Beachte aber Ausnahmen, wie wir sie zum Beispiel bei der Phononendispersionsrelation von Cu am K-Punkt angetroffen haben. Im weiteren wiederholen wir, dass die k -Werte quantisiert sind, da wir den Kristall in ein Grundgebiet L3 eingeteilt haben. Die möglichen k -Werte sind wie beim freien Elektronengas k x nx wobei 2 2 2 , k y ny und k z n z , L L L N N n j , mit j x, y, z ist. 2 2 4.10. Näherung des leeren Gitters Als einfachste Näherung nehmen wir jetzt an, dass das Potential V (r ) 0 geht, behalten aber die Bedingung der Periodizität des Potentials bei. Wie wir gesehen haben, sind die Energien gegeben durch (k ) (k G k ) (k x G x , k y G y , k z G z ) . In der folgenden Figur zeigen wir die Energiebänder für freie Elektronen im ausgedehnten Zonenschema in der k x -Richtung für ein Elektronengas in einem einfach kubischen Gitter mit der Gitterkonstanten a 1 . Der Rand der 1. Brillouinzone ist also a . Die Zahl n bezeichnet man als Bandindex. In jedem Band hat es N erlaubte k x Punkte wenn das Grundgebiet entlang der x-Achse N Einheitszellen enthält. Aufgrund des Pauli-Prinzips existieren pro Band 2 N erlaubte Zustände. 68625344 113 100 5/15/2016 Periodizität der Funktionen En(k) n=16 n=17 80 En(k) n=8,9,10,11 n=12,13,14,15 60 40 n=4,5,6,7 n=1 20 n=3 0 -6.28 n=2 -3.14 0.00 3.14 kx 6.28 File Empty Lattice.opj Die Bänder des einfach kubischen Gitters erhält man anhand der folgenden Tabelle. Band Nummer n G x (2 ) G y (2 ) 1 2 3 4,5 6,7 8,9 10,11 12,13 14,15 16 17 0 -1 1 0 0 -1 -1 1 1 -2 2 0 0 0 1 0 1 0 1 0 0 0 Gz (2 ) 0 0 0 0 1 0 1 0 1 0 0 Beispiel: Die Dispersion der Energiebänder 3 (k x ) und 8 (k x ) sind gegeben durch 3 (k x ) 2 (k x 2 ) 2 2m 68625344 114 8 (k x ) 2 (k x 2 ) 2 (2 ) 2 2m 5/15/2016 Aufgrund der Periodizität der Dispersionsrelation der Elektronen zeichnet man die Energiebänder normalerweise nur in der Form des reduzierten Zonenschemas auf, i.e. in der 1. Brillouinzone. Beachte, dass die Dispersionskurven (k ) mindestens im Zonenzentrum und an den Zonenrändern horizontal sind, die Elektronen bleiben “stehen”. 100 Reduziertes Zonenschema 80 En(k) 60 40 20 0 -3.14 0.00 kx 3.14 File UNTITLED.opj 4.11. Elektronen in einem schwachen Potential Jetzt führen wir ein Elektronengas ein, das durch ein schwaches periodisches Potential gestört wird. Das Potential kann also durch eine Fourierreihe ( G = reziproker Gittervektor) V (r) VG e iGr mit den Koeffizienten G VG 1 V (r)e iGr d 3 r VV dargestellt werden. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit setzen wir V0 0 . Die Schrödingergleichung lautet 2 (r ) ( V (r )) (r ) 0 2m 68625344 115 5/15/2016 und hat als Lösungen die Bloch’schen Funktionen k (r ) u (r )e ik r . Unter der Annahme, dass wir nur eine schwache Störung haben, können wir zeitunabhängige Störungstheorie anwenden. Exkurs: Störungstheorie 1. Ordnung: Für den ungestörten Hamiltonoperator H 0 seien sowohl Eigenfunktionen n als auch die Energieeigenwerte E n0 bekannt H 0 n E n0 n . Für den gestörten Operator setzen wir an ( H 0 V ) n E n n . Für 0 konvergieren alle Grössen wieder zum ungestörten System. Da i ein vollständiges System von Eigenfunktionen sind, können wir die Lösungen des gestörten Operators bis zu Gliedern linear in entwickeln n N ( )( n cnk k ) . k n wobei N (0) 1. Gleichzeitig kann man auch schreiben E n E n0 E n(1) . Damit erhält man für die Schrödingergleichung ( H 0 V )( n cnk k ) ( En0 En(1) )( n cnk k ) . k n k n Die -unabhängigen Glieder erfüllen gerade die ungestörte Schrödingergleichung. Der Vergleich der Glieder linear in liefert H 0 cnk k V n E n0 cnk k E n(1) n . k n k n Jetzt bildet man das Skalarprodukt mit n und erhält c k n nk n | H 0 | k n | V | n En0 cnk n | k En(1) n | n . k n