1 Inhaltsverzeichnis 2012 - I Seite Nr. Text 004 001 Sachbezugswerte 2012 für Lohnsteuer und Sozialversicherung 004 002 Doppelter Mietaufwand als beruflich veranlasste Umzugskosten 005 003 Steuerberatungskosten für die Anfertigung der Einkommensteuererklärung nicht abzugsfähig 005 004 Erbschaftsteuer verfassungswidrig? Der Bundesfinanzhof prüft 006 005 Vernichten von Buchhaltungsunterlagen 006 006 Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte (ELStSAM) verschoben 007 007 Erbschaft - keine Bezüge des Kindes 007 008 Spruch des Monats Januar 2012 008 009 Alle Gartenarbeiten werden nun steuerlich gefördert 009 010 Finanzamt darf keine überzogenen Forderungen stellen 009 011 Körperschaftsteuerguthaben bis 2006: Übergangsregelung im Hinblick auf Soli-Zuschlag verfassungswidrig ? 010 012 Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahre 010 013 Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Jahressteuererklärungen 2011 011 014 Abgabefristen von Zusammenfassenden Meldungen ab Januar 2012 011 015 Lohnsteuerbescheinigungen 012 016 Abzug von Zivilprozesskosten: Neue Rechtsprechung wird nicht angewendet 012 017 Dauerfristverlängerung für Umsatzsteuer-Vorauszahlungen 2012 012 018 Aufwendungen für Kinderbeförderung zur Schule keine steuermindernden Ausgaben 013 019 Aktuelle Grunderwernsteuersätze 013 020 Spruch des Monats Februar 2012 014 021 Regelmäßige Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätte 014 022 Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen 015 023 Neue Beleg- und Buchnachweispflichten für umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung 016 024 Grundsteuer-Erlass wegen Ertragsminderung 016 025 Vorsteuerabzug bei Photovoltaikanlagen auf privaten Gebäuden 017 026 Haftungsvergütung für die Komplementär-GmbH grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig 018 027 Spruch des Monats März 2012 018 028 Entfernungspauschale für einen längeren Weg 019 029 Wie die Familienkasse 2012 mit dem Kindergeld bei volljährigen Kindern verfährt 019 030 Häusliches Arbeitszimmer bei Hochschullehrern und Richtern 020 031 Teilwertabschreibung auf Aktien bei einer dauernden Wertminderung 020 032 Splittingverfahren auch für Lebenspartner ? 021 033 Pauschale Zahlungen von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit 021 034 Keine Anwendung der 1%-Regelung bei Nutzung des Pkw nur für Fahrten zwischen Wohung und Arbeitsstätte 022 035 Jahresmeldungen bis zum 15. April erstellen 022 036 Kosten für die Adoption eines Kindes keine außergewöhnliche Belastungen 022 037 Steueroptimale Vermögensübertragungen im Zusammenhang mit dem aktuellen Erbschaftsteuerrecht 023 038 Steuerhinterziehung im Ausland: Mithilfe kann in Deutschland bestraft wrden 023 039 Spruch des Monats April 2012 024 040 Besteuerung von Erstattungszinsen als Kapitalerträge 024 041 Offensichtliche verkehrsgünstigere Strecke bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 2 Inhaltsverzeichnis 2012 - II Seite Nr. Text 025 042 Erleichterung bei elektronischen Rechnungen 025 043 Abzug von Kranken- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen: Kein Verfassungsverstoß 025 044 Verkauf einer privaten Internetadresse 026 045 Kinderfreibetrag bei unverheirateten oder dauernd getrennt lebenden Eltern 026 046 Fahrtkosten bei vollzeitigen Bildungsmaßnahmen 027 047 Steuerliche Identifikationsnummer ist verfassungsgemäß 027 048 Anordnung einer Betriebsprüfung 028 049 Spruch des Monats Mai 2012 028 050 Hinweis zu falschen e-mails (angeblich vom Finanzamt) 028 051 Immobilien und Steuerrecht in Österreich 029 052 Schenkungssteuer bei Oder-Konten von Ehegatten ? 029 053 Gesetz zum Abbau der kalten Progression 029 054 Nutzung eines betrieblichen Pkw durch Gesellschafter-Geschäftsführer 030 055 Rückwirkende Steuerbefreiung für die private Nutzung von Smartphones, Tabletts, usw. 030 056 Einlagen in Kapitalgesellschaft als steuerpflichtige Schenkung 031 057 Splittingtarif für Lebenspartner 031 058 Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung verfassungsgemäß 032 059 "Geschäftsveräußerung im Ganzen" auch bei Vermietung der Geschäftsräume 032 060 Übernahme von Studiengebühren durch den Arbeitgeber 033 061 Spruch des Monats Juni 2012 033 062 Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten 033 063 Bewirtungskosten von Arbeitnehmern als Werbungskosten 034 064 Anforderungen an ein Fahrtenbuch 035 065 Kostenlose Wohnung kann eigener Hausstand bei doppelter Haushaltsführung sein 035 066 Umsatzsteuerliche Behandlung von (Geschenk-) Gutscheinen 036 067 "Gelangensbestätigung" bei innergemeinschftlichen Lieferungen 036 068 3…2…1… Umsatzsteuerpflicht bei Verkäufen über eBay 036 069 Innerstaaltliche Anwendung von Regelungen in Doppeöbesteuerungsabkommen 037 070 Doppelbelastung durch Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer bei sog. Bauerrichtungsverträgen 037 071 Spruch des Monats Juli 2012 038 072 Mittelherkunft aus Spielbankgewinnen - Gute Erklärung für Betriebsprüfung oder Steuerfahndung ? 038 073 Doppelte Haushaltsführung: "Eigener Hausstand" bei Alleinstehenden 039 074 Aufwendungen für die Sanierung eines selbstgenutzten Wohngebäudes als außergewöhnliche Belastung 040 075 Regelmäßige Arbeitsstätte und Übernachtungskosten bei LKW-Fahrern 040 076 Schenkungssteuer bei Zuwendungen von Kapitalgesellschaften 041 077 Auslandsaufenthalte volljähriger Kinder als Berufsausbildung 041 078 Opfergrenze bei Unterhaltsleistungen von Selbständigen 042 079 Erlss von Grundsteuer bei wesentlicher Ertragsminderung nicht verfassungswidrig 042 080 Spruch des Monats August 2012 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 3 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 4 001. Sachbezugswerte 2012 für Lohnsteuer und Sozialversicherung Erhalten Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber Sachbezüge (z. B. freie Unterkunft oder Kantinenmahlzeiten), sind diese als geldwerte Vorteile steuerpflichtig und regelmäßig auch der Sozialversicherung zu unterwerfen. Die Höhe der Sachbezüge wird in der Sozialversicherungsentgeltverordnung festgesetzt 1. Für 2012 gelten die folgenden Werte. Die freie Verpflegung setzt sich zusammen aus den Mahlzeiten Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Die Monatsbeträge für Vollverpflegung sowie für die einzelnen Mahlzeiten können der folgenden Tabelle entnommen werden: Frühstück 47€ Mittagessen 86€ Abendessen 86€ Vollverpflegung 219€ Werden unentgeltliche oder verbilligte Mahlzeiten (Mittag- oder Abendessen) in der Betriebskantine oder in Vertragsgaststätten an Arbeitnehmer abgegeben, sind einheitlich pro Mahlzeit 2,87 Euro anzusetzen. Die Sachbezugswerte sind auch dann maßgebend, wenn der Arbeitgeber sog. Essenschecks mit einem bis zu 3,10 Euro höheren Wert (d. h. für 2012 bis zu einem Betrag von 5,97 Euro)2 zur Einlösung in bestimmten Gaststätten abgibt. Zahlt der Arbeitnehmer bei verbilligter Abgabe von Mahlzeiten einen Eigenbeitrag, vermindert diese Zuzahlung den Sachbezugswert; bei Zahlung in Höhe des vollen Sachbezugswerts durch den Arbeitnehmer verbleibt somit kein steuer- und sozialversicherungspflichtiger Betrag. Sofern der Arbeitgeber den Arbeitslohn, der sich aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Mahlzeiten ergibt, mit dem Sachbezugswert ansetzt und nach § 40 Abs. 2 EStG mit 25 % pauschal versteuert, liegt in der Sozialversicherung Beitragsfreiheit 3 vor. Hinsichtlich der Gewährung einer freien Unterkunft durch den Arbeitgeber ist zu unterscheiden: • Handelt es sich um eine in sich abgeschlossene Wohnung (bzw. Einfamilienhaus), in der ein selbständiger Haushalt geführt werden kann, ist regelmäßig der ortsübliche Mietpreis zugrunde zu legen. Nebenkosten, wie z. B. Strom und Wasser, sind dabei mit dem Preis am Abgabeort zu berücksichtigen. • Dagegen ist für die Überlassung einer sonstigen Unterkunft (einzelne Räume) regelmäßig ein pauschaler Sachbezugswert anzusetzen. Dieser Wert beträgt 212 Euro monatlich; der ortsübliche Mietpreis kann dann angesetzt werden, wenn er unter dem pauschalen Sachbezugswert liegt.4 Bei verbilligter Überlassung einer Wohnung bzw. einer Unterkunft vermindern sich die o. a. Werte um das vom Arbeitnehmer gezahlte Nutzungsentgelt; dieser Betrag ist dann der Lohnsteuer und der Sozialversicherung zu unterwerfen. 002. Doppelter Mietaufwand als beruflich veranlasste Umzugskosten Aufwendungen, die einem Arbeitnehmer durch einen beruflich veranlassten Wohnungswechsel entstehen, können als Werbungskosten steuermindernd geltend gemacht oder vom Arbeitgeber lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei erstattet werden 5. Berücksichtigungsfähig sind neben den Kosten für die Beförderung des Umzugsgutes und den Reisekosten auch andere Aufwendungen wie z. B. Maklergebühren für die Vermittlung einer Mietwohnung 6. Zu den begünstigten Umzugskosten gehören auch die infolge des Wohnungswechsels geleisteten doppelten Mietzahlungen. Dies hat der Bundesfinanzhof 7 jetzt bestätigt. Danach können die 1 Siehe Bundesrats-Drucksache 618/11. Vgl. R 8.1 Abs. 7 Nr. 4 Buchst. a LStR. 3 Vgl. § 1 Abs. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV. 4 Zur Minderung bei Überlassung einer sonstigen Unterkunft in bestimmten Fällen siehe § 2 Abs. 3 SvEV. 5 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 bzw. 16 EStG. 6 Vgl. dazu R 9.9 LStR und H 9.9 LStH sowie §§ 5 bis 12 Bundesumzugskostengesetz. 7 Urteil vom 13. Juli 2011 VI R 2/11. 2 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 5 Mietaufwendungen zeitanteilig für die neue Wohnung bis zum Umzugstag (der Familie) und für die bisherige Wohnung ab dem Umzugstag (der Familie) - aber nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist - als Werbungskosten geltend gemacht werden. Nutzt der Arbeitnehmer die neue Wohnung bis zum Nachzug seiner Familie allein, kann er daneben Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung geltend machen (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Das Gericht hat auch entschieden, dass die Beschränkung des Abzugs für Wohnungskosten bis zur Wohnungsgröße von 60 m2 nicht für den Zeitraum der Umzugsphase gilt, sodass im Streitfall die Miete für eine 165 m2 große Wohnung als Umzugskosten absetzbar war. Offen ließ das Gericht, wann die bisherige Wohnung gekündigt werden muss, z. B. kurz nach Unterzeichnung des Mietvertrags für die neue Wohnung oder erst nach Ablauf der Probezeit des Arbeitnehmers. 003. Steuerberatungskosten für die Anfertigung der Einkommensteuer-Erklärung nicht abzugsfähig Seit 2006 sind Steuerberatungskosten nur insoweit steuerlich als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig, als sie bei der Ermittlung der Einkünfte oder im Zusammenhang mit betrieblichen Steuern anfallen. Nicht dazu gehören die anteiligen Kosten für das Ausfüllen der Einkommensteuer-Erklärung sowie der dazu gehörenden Anlagen; darauf entfallende Aufwendungen gehören zu den Kosten der privaten Lebensführung und können steuerlich nicht geltend gemacht werden.8 Der Bundesfinanzhof 9 hat jetzt entschieden, dass dies auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung 10zu den sog. gemischten Aufwendungen gilt. Im Streitfall wollte der Kläger die für die Erstellung der Einkommensteuer-Erklärung angefallenen Steuerberatungskosten als Betriebsausgaben geltend machen, weil die Pflicht zur Abgabe der Erklärung ausschließlich durch Einkünfte aus Gewerbebetrieb veranlasst sei. Dies lehnte das Gericht ab mit der Begründung, dass die Anfertigung der Einkommensteuer-Erklärung nur in unbedeutendem Maße (Eintragen der gewerblichen Einkünfte in die „Anlage G") beruflich veranlasst sei; auch eine anteilige Berücksichtigung der Kosten für die Erstellung der Einkommensteuer-Erklärung komme daher nicht in Betracht. 004. Erbschaftsteuer verfassungswidrig? Der Bundesfinanzhof prüft Durch die im Wesentlichen ab 2009 in Kraft getretene Erbschaftsteuerreform sollte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 11 Rechnung getragen werden, nach der das bis dahin geltende Erbschaftsteuerrecht teilweise rechtswidrig war. Nun liegt - zunächst beim Bundesfinanzhof 12 - auch gegen das aktuelle Recht eine Klage auf Verfassungswidrigkeit vor. In diesem Verfahren wird insbesondere geklärt, ob • eine teilweise Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (u. a. Geschwister, Neffen und Nichten) mit fremden Dritten (Steuerklasse III) rechtmäßig ist; • es gegen den Gleichheitssatz verstößt, dass Betriebsvermögen (teilweise) steuerfrei gestellt wird, anderes Vermögen dagegen nicht. Der Bundesfinanzhof hat das Bundesministerium für Finanzen aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Es ist daher ggf. zu prüfen, ob betroffene Steuerbescheide offengehalten werden sollen; unter Hinweis auf die anhängige Klage kann ebenfalls das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. 8 Siehe im Einzelnen BMF-Schreiben vom 21. Dezember 2007 - IV B 2 - 5 2144/07/0002 (BStBl 2008 I S. 256). Beschluss vom 18. Mai 2011 X 124/10 (NV). 10 Siehe BFH-Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BStBl 2010 II S. 672). 11 Beschluss vom 7. November 2006 1 BvL 10/02 (BStBl 2007 II S. 192). 12 Az. des BFH: II R 9/11. 9 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 6 005. Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen Für Buchführungsunterlagen gelten bestimmte Aufbewahrungsfristen (vgl. § 147 Abgabenordnung AO). Im Jahresabschluss kann ggf für die zukünftigen Kosten der Aufbewahrung dieser Unterlagen eine Rückstellung gebildet werden. 13 Mit Ablauf dieser Fristen können nach dem 31. Dezember 2011 folgende Unterlagen vernichtet 14 werden: Zehnjährige Aufbewahrungsfrist: • Bücher, Journale, Konten, Aufzeichnungen usw., in denen die letzte Eintragung 2001 und früher erfolgt ist • Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen, die 2001 oder früher aufgestellt wurden, sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen • Buchungsbelege (z. B. Rechnungen, Bescheide, Zahlungsanweisungen, Reisekostenabrechnungen, Bewirtungsbelege, Kontoauszüge 15, Lohn- bzw. Gehaltslisten) aus dem Jahr 2001 Sechsjährige Aufbewahrungsfrist: Lohnkonten und Unterlagen (Bescheinigungen) zum Lohnkonto mit Eintragungen aus 2005 oder früher 16 • Sonstige für die Besteuerung bedeutsame Dokumente (z. B. Ausfuhr- bzw. Einfuhrunterlagen, Aufträge, Versand- und Frachtunterlagen, Darlehensunterlagen, Mietverträge, Versicherungspolicen) sowie Geschäftsbriefe aus dem Jahr 2005 oder früher Die Aufbewahrungsfristen gelten auch für die steuerlich und sozialversicherungsrechtlich relevanten Daten der betrieblichen EDV (Finanz-, Anlagen- und Lohnbuchhaltung). Während des Aufbewahrungszeitraums muss der Zugriff auf diese Daten- möglich sein 17. Bei einem Systemwechsel der betrieblichen EDV ist darauf zu achten, dass die bisherigen Daten in das neue System übernommen oder die bisher verwendeten Programme für den Zugriff auf die alten Daten weiter vorgehalten werden. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist bzw. die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind. Die Vernichtung von Unterlagen ist allerdings dann nicht zulässig, wenn die Frist für die Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist (vgl. § 169,170 AO). 006. Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte (ELStAM) verschoben Ursprünglich war geplant, dass alle Arbeitgeber vor der Lohnabrechnung für Januar 2012 die Besteuerungsmerkmale ihrer Arbeitnehmer elektronisch von Servern der Finanzverwaltung abrufen sollten. Die technischen Vorbereitungen für dieses Verfahren werden jedoch nicht rechtzeitig abgeschlossen sein, sodass zunächst wie bisher weiter verfahren werden kann. Das heißt, dass Arbeitgeber die ihnen vorliegenden Besteuerungsmerkmale ihrer Arbeitnehmer zunächst unverändert weiter zugrunde legen müssen. Arbeitnehmer haben Änderungen der Besteuerungsmerkmale - wie bereits 2011 - durch entsprechende Bescheinigungen ihrem 13 Siehe dazu BFH-Urteil vom 19. August 2002 VIII R 30/01 (BStBl 2003 II S. 131). Bei der Entscheidung über die Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen sollte auch überlegt werden, ob und welche Unterlagen evtl. als Beweise für eine spätere Betriebsprüfung bzw. für ein ggf noch zu führendes Rechtsmittel - trotz der offiziellen Vernichtungsmöglichkeit - weiterhin aufbewahrt werden sollten. 15 Ausdrucke elektronischer Kontoauszüge (Online-Banking) genügen den gesetzlichen Aufbewahrungspflichten derzeit i. d. R. nicht; hier sind (wie bisher) die Kontoauszüge bzw. Monatssammelkontoauszüge der Kreditinstitute in Papierform zu archivieren. 16 Siehe § 41 Abs. 1 Satz 9 EStG. 17 Siehe § 147 Abs. 5 und 6 AO; § 9 Abs. 5 Beitragsverfahrensverordnung. 14 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 7 Arbeitgeber mitzuteilen. Die Finanzverwaltung plant nun, mit dem neuen Verfahren erst Anfang 2013 zu beginnen. 007. Erbschaft stellen keine Bezüge des Kindes dar Bis einschließlich VZ 2011 war für die steuerliche Einstufung als Kind bedeutsam, wie hoch die Einkünfte und Bezüge des Kindes tatsächlich waren. Überstiegen die Einkünfte und Bezüge des Kindes einen Grenzbetrag von seinerzeit 8.004 EUR, konnten die Eltern für das Kind weder Kindergeld erhalten noch die Kinderfreibeträge steuermindernd ansetzen. Unterhaltsleistungen der Eltern an ihre Kinder waren jedoch niemals bei den Einkünften und Bezügen des Kindes zu berücksichtigen. Eine Einrechnung in den Grenzbetrag von 8.004 EUR fand daher niemals statt. Dennoch kam offensichtlich ein äußerst kreativer Finanzbeamter auf die Idee, die Erbschaft eines Kindes aufgrund des Todes eines Elternteils als Bezug im Sinne der Kindergeldberechtigung einzustufen. Im Streitfall überstiegen daher die Einkünfte und Bezüge des Kindes den maßgeblichen Grenzbetrag, und der verbliebene Elternteil verlor das Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag. Mit aktuellem Urteil des Bundesfinanzhof vom 04.8.2011 (Az: III R 22/10) hat der BFH dieser offensichtlich fiskalisch bedingten Ansicht ein Ende gemacht. Nach der Entscheidung der obersten Finanzrichter der Republik führte die Beteiligung am Nachlass nach einem verstorbenen Elternteil nicht zu einem Bezug des Kindes im Sinne des Steuerrechts. Eine andere Entscheidung hätte schon das Pietätsgefühl nur schwerlich zugelassen. Beachte: Ab 2012 hat die steuerliche Berücksichtigung von Kindern eine entscheidende und positive Wendung genommen. Für die Berücksichtigung von volljährigen Kindern ist nämlich zukünftig (gilt ab 2012) nicht mehr auf die Höhe der Einkünfte und Bezüge des Kindes abzustellen. Die Grenzbetragregelung entfällt insoweit. Konkret gilt ab 2012 folgendes: Aufgrund der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 wird ab diesem Jahr auf die Einkommensprüfung bei volljährigen Kindern bis zum Abschluss der ersten Berufsausbildung oder bis maximal zur Vollendung des 25. Lebensjahres verzichtet. Kinder im Sinne des Steuerrechtes sind daher zukünftig alle Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sie entweder eine erste Berufsausbildung bzw. ein Erststudium absolvieren, sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten bis zu vier Monaten befinden, auf einen Ausbildungsplatz warten oder einen Freiwilligendienst absolvieren. Letztendlich dürfte diese Neuregelung eine deutliche Vereinfachung sein, da jeglicher Streit um die Höhe des Kindeseinkommens damit entbehrlich ist. 008. Spruch des Monats Januar 2012 Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen. Aristoteles griechischer Philosoph und Naturforscher * 384 v. Chr. in Stageira / Makedonien † 322 v. Chr. - Chalkis/Euböa 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 8 009 Alle Gartenarbeiten werden nun steuerlich gefördert Im Rahmen der Privatsteuererklärungen ist die Frage rund um die haushaltsnahe Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistung von enormer Bedeutung. Nicht zuletzt die zahlreichen Gerichtsverfahren und Urteile zeigen, dass die Regelung in der Praxis jedoch schwierig zu handhaben ist. Hintergrund: Sowohl haushaltsnahe Dienstleistungen als auch haushaltsnahe Handwerkerleistung werden im Rahmen einer Steuerermäßigung gefördert. Grund dieser steuerlichen Förderung ist dabei die erhoffte Verhinderung von Schwarzarbeit. Höhe der Förderung: Bei den haushaltsnahen Tätigkeiten können dabei bis zu 20 % der Dienstleistungs- bzw. Arbeitskosten (ausgenommen bleiben immer Materialkosten) begünstigt werden. Die haushaltsnahen Dienstleistungen haben dabei einen Höchstbetrag von 4.000 EUR, während haushaltsnahe Handwerkerleistung hingegen nur bis höchstens 1.200 EUR von der Steuerschuld abgezogen werden können. Grundsätzlich scheint es sich dabei um eine ganz einfache Regelung zu handeln. Das aktuell entschiedene Gerichtsverfahren vor dem Bundesfinanzhof in München zeigt jedoch, dass es in der Praxis zu ungeahnten Problemen kommen kann. Im aktuell entschiedenen Einzelfall hatte ein Steuerpflichtiger seinen Garten neu gestalten lassen und insbesondere auch eine, zuvor nicht vorhandene, Stützmauer zum Nachbarn errichten lassen. Unabhängig von der Differenzierung zwischen haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistung stellte sich der Fiskus zunächst einmal auf den Standpunkt, dass Aufwendungen, die zu Herstellungskosten führen, überhaupt nicht unter die Steuerermäßigung der haushaltsnahen Förderung fallen können. Diese Meinung ist dabei nicht neu, sondern bereits im maßgeblichen Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 26.10.2007 enthalten. Eine gesetzliche Verankerung dafür ist jedoch nicht existent. Mit BFH Urteil vom 13.07.2011 (Az: VI R 61/10) stellen sich die obersten Finanzrichter der Republik nun jedoch gegen diese Verwaltungsauffassung. Ganz klar differenzieren die Richter des Bundesfinanzhofes, dass auch Herstellungskosten in einem bestehenden Haushalt nach dem Gesetzeswortlaut unter die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen oder haushaltsnahe Handwerkerleistungen fallen. Lediglich Aufwendungen für Arbeiten, die erst zur Errichtung eines Haushaltes führen, können nicht zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer beitragen. Im abgeurteilten Verfahren bestand jedoch der Haushalt schon seit geraumer Zeit, und lediglich der Garten wurde vollkommen neu gestaltet. Nach Meinung der Richter ist daher die Steuerermäßigung zu gewähren. Sofern allerdings die Neugestaltung des Gartens im Zusammenhang mit dem Neubau der Immobilie bzw. der Errichtung eines neuen Haushalts gestanden hätte, wären die Aufwendungen nicht förderungswürdig. Nachdem das Gericht nun bereits geklärt hatte, dass die Steuerermäßigung auch für Herstellungskosten im Rahmen eines schon bestehenden Haushaltes eingestrichen werden kann, stellte sich noch die weitere Frage, welche Steuerermäßigung im Detail gewährt wird. Handelt es sich bei der Neugestaltung des Gartens um Pflanz- und Erdarbeiten sowie den Neubau einer Stützmauer zum Nachbarn um haushaltsnahe Dienstleistungen oder vielmehr um eine haushaltsnahe Handwerkerleistung ? Wie oben bereits gesehen, ist die Frage im Hinblick auf den Höchstbetrag von enormer Bedeutung. In dem zitierten Urteil des Bundesfinanzhofes haben die Richter auch zu dieser Frage Stellung genommen. Diesmal schließen sie sich jedoch der Meinung des ebenfalls oben zitierten Schreibens des Bundesfinanzministeriums an. Danach gilt folgendes: In den Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen fallen nur die normalen Pflegearbeiten des Gartens. Beispielhaft sind hier das Rasenmähen, das Heckeschneiden oder das Unkrautjäten zu nennen. Maßnahmen der Gartengestaltung oder auch Errichtung von Stützmauern zum Nachbarn gehören jedoch in den Bereich der haushaltsnahen Handwerkerleistung. Es muss also insoweit immer hinsichtlich der genauen Tätigkeit differenziert werden, was in der Praxis auch einige Schwierigkeiten bedeuten wird, jedoch auch zu einer höheren Steuerermäßigung führen kann. Tipp: Für die Praxis von enorm positiver Bedeutung ist jedoch die Entscheidung, dass auch Herstellungskosten im Rahmen der haushaltsnahen Dienstleistungen oder auch der haushaltsnahen Handwerkerleistungen förderungswürdig sind. Diese Entscheidung ist indes nicht nur auf die Neuanlage eines Gartens beschränkt. Vielmehr sind jegliche Maßnahmen und Aufwendungen einzubeziehen, die in der steuerrechtlichen Definition zu Herstellungskosten 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 9 führen. Dies ist insbesondere die Schaffung oder Erweiterung der bisherigen Nutzfläche einer Immobilie. Unter dem Strich ist daher zukünftig der Ausbau eines Dachbodens oder der Anbau einer Garage eine förderungswürdige Steuerermäßigung im Rahmen der Vorschrift. Es gilt lediglich zu beachten, dass der dazugehörige Haushalt schon besteht und es sich insoweit nicht um eine Neueinrichtung des Haushaltes handelt. Hinweis: Die grundsätzliche Entscheidung des Bundesfinanzhofes ist in den oben genannten Punkten sehr eindeutig. Fraglich ist derzeit noch, wie die Finanzverwaltung auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofes reagiert. Bis auf weiteres sollte jedoch für sämtliche Herstellungskosten im Zusammenhang mit einem bestehenden Haushalt die Steuerermäßigung steuerlich beantragt werden. 010 Finanzamt darf keine überzogenen Anforderungen stellen In einem Verfahren vor dem Finanzgericht Hamburg entschied der Senat mit Urteil vom 27.09.2011 (Az: 1 K 43/11), dass Unterhaltsaufwendungen eines Steuerpflichtigen an die Mutter eines gemeinsamen Kindes unter Umständen auch noch nachträglich nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides steuermindernd geltend gemacht werden können. Dies muss schon als herausragend bezeichnet werden, denn grundsätzlich gilt: Wenn der Bescheid erst einmal in die Bestandskraft erwachsen ist, kann er auch nicht mehr geändert werden. Grundsätzlich zumindest, Ausnahmen bestätigen jedoch auch hier die Regel. Zum Hintergrund: Eine solche Ausnahme liegt beispielsweise bei Änderungen zu Gunsten des Steuerpflichtigen vor, wenn eine abgegebene Steuererklärung nicht alle Angaben enthält und den Steuerpflichtigen daran kein grobes Verschulden trifft. In aller Regel gilt dabei jedoch, dass eine versäumte Angabe in der Steuererklärung oder eine Nichtbeantwortung einer konkreten Frage im Erklärungsformular als grobes Verschulden des Steuerpflichtigen zu werten ist. Im Verfahren vor dem Finanzgericht Hamburg musste nun geklärt werden, ob die Nichtangabe der Unterhaltszahlung an die Lebensgefährtin und Mutter des gemeinsamen Kindes ein grobes Verschulden darstellt, welches zur Nichtberücksichtigung der Unterhaltszahlung im bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid führt. Die hanseatischen Erstinstanzler konnten jedoch im vorliegenden Fall kein grobes Verschulden des Steuerpflichtigen erkennen, obwohl dieser es versäumt hatte, eine entsprechende Angabe in seiner Steuererklärung zu machen. Das Besondere an dem Sachverhalt: Der Steuerpflichtige hatte seine Einkommensteuererklärung über das Computerprogramm Elsterformular angefertigt. Die in diesem Computerprogramm gegebenen Hinweise zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen befassen sich jedoch lediglich mit Zahlungen an unterhaltsberechtigte Personen (Eltern, Kinder oder Großeltern). Hinweise zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an die Kindesmutter sind jedoch eher spärlich und schwierig zu erkennen. Daher kamen die Richter zu dem Schluss, dass den Steuerpflichtigen an der Nichtangabe der Unterhaltszahlung kein grobes Verschulden trifft und dementsprechend der schon bestandskräftige Einkommensteuerbescheid noch änderbar ist. Anders ausgedrückt könnte man auch sagen: Mit Kleingedrucktem kommt auch die Finanzverwaltung vor Gericht nicht durch ? 011 Körperschaftsteuerguthaben bis 2006: Übergangsregelung im Hinblick auf Solidaritätszuschlag verfassungswidrig ? Nach Wegfall des Anrechnungsverfahrens hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, um zu verhindern, dass bei Kaitalgesellschaften noch vorhandenes Körperschaftsteuerguthaben verfällt: Das Guthaben konnte zunächst über einen mehrjährigen Zeitraum mit der tariflichen Körperschaftsteuer - und damit praktisch auch mit dem laufenden Solidaritätszuschlag -verrechnet werden, wenn und soweit in dieser Zeit Gewinnausschüttungen vorgenommen wurden. Ab 2007 wurde das noch nicht durch Ausschüttungen verminderte Guthaben in einen über die Jahre 2008 bis 2017 zu verteilenden festen Auszahlungsbetrag umgewandelt. Da jedoch nach dem neuen 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 10 Verfahren nicht die tarifliche Körperschaftsteuer verringert wird, wirkt sich das Guthaben auch nicht (mehr) auf die Höhe des Solidaritätszuschlags aus. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs18 ist dieses Verfahren verfassungswidrig, weil keine Auswirkung auf den Solidaritätszuschlag mehr gegeben ist. Das Gericht hat daher dem Bundesverfassungsgericht diese Frage zur Entscheidung vorgelegt 19. Betroffen sind Kapitalgesellschaften, die Ende 2006 noch über Körperschaftsteuerguthaben aus dem Anrechnungsverfahren verfügt haben. 012 Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahre Kinder können auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres im Hinblick auf den Kinderfreibetrag und das Kindergeld berücksichtigt werden, insbesondere wenn sie sich noch in der Berufsausbildung befinden; eine Berücksichtigung erfolgt regelmäßig bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Bis 2011 durften dabei die Einkünfte und Bezüge des Kindes die Grenze von 8.004 Euro nicht übersteigen. Bereits ein geringfügiges Überschreiten der Einkunftsgrenze führte zum vollständigen Wegfall der Kindervergünstigungen (sog. Fallbeileffekt). Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben, Beitrage zur gesetzlichen Sozialversicherung sowie Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausbildung (z B Arbeitsmittel, Studiengebühren einschließlich Semesterticket)20 konnten bei der Ermittlung der Grenze abgezogen werden. (siehe Steuerinfo 01/2012) Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 21 sind die Regelungen zur Berücksichtigung von volljährigen Kindern umfassend geändert worden. Danach ist die Einkunftsgrenze ab 2012 komplett weggefallen. Einschränkungen gibt es nur noch für Kinder, die bereits eine Berufsausbildung bzw. ein Studium 22 erfolgreich abgeschlossen haben. Sie werden z. B. bei einer weiteren Berufsausbildung bzw. bei einem (weiteren) Studium bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur noch berücksichtigt, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Ausbildungsdienstverhältnisse, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse und Erwerbstätigkeiten mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden wöchentlich sind unschädlich. Die Finanzverwaltung23 lässt eine vorübergehende, höchstens 2 Monate andauernde Ausweitung der Beschäftigung zu, wenn die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit auf das Kalenderjahr bezogen 20 Stunden nicht übersteigt. Würde das Kind im Beispiel während der Semesterferien dagegen bereits vom 1. Juli an bis zum 30. September 2012 (d. h. mehr als 2 Monate) vollzeiterwerbstätig sein, wäre die Ausweitung der Erwerbstätigkeit nicht nur vorübergehend, diese Erwerbstätigkeit wäre deshalb als schädlich einzustufen. Dies gilt unabhängig davon, dass auch hier die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden nicht überschritten würde. Das Kind könnte demnach für die Monate Juli bis September 2012 nicht berücksichtigt werden. 013 Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Jahressteuererklärungen 2011 Bisher sind Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteuer-Anmeldungen zwingend elektronisch im sog. Elster-Verfahren abzugeben. Für die Jahreserklärungen zur Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftsteuer gilt diese Verpflichtung nun erstmals auch für die Erklärungen 2011.24 Für die Einkommensteuer-Erklärung 2011 gilt die Verpflichtung zur elektronischen Übertragung immer dann, wenn Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit vorliegen25. Dafür reichen bereits Einkünfte aus diesen Gewinneinkunftsarten von mehr als 18 Beschluss vom 10. August 2011 I R 39/10. Az.:2 BvL12/11. 20 Vgl. dazu BFH-Urteil vom 22. September 2011 III R 38/08 sowie zu weiteren Einzelfragen R 32.10 EStR und H 32.10 EStH. 21 Vom 1. November 2011 (BStBl 2011 I S. 986). 22 Nach Auffassung der Finanzverwaltung (siehe Fußnote 6) stellt der Abschluss eines Bachelorstudiengangs den Abschluss eines Erststudiums dar, während ein nachfolgender Studiengang (z. B. ein Masterstudium) als weiteres Studium anzusehen ist. 23 Vgl. BMF-Schreiben vom 7. Dezember 2011 - IV C 4 - S 2282/07/0001-01 (BStBl 2011 I S. 1243). 19 24 25 Vgl. § 18 Abs. 3, § 27 Abs. 17 UStG; § 14a, § 36 Abs. 9b GewStG; § 31 Abs. 1a, § 34 Abs. 13a KStG. Vgl. § 25 Abs. 4, § 52 Abs. 39 EStG. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 11 410 Euro aus. Die Ausdrucke der Steuererklärungen verlieren damit ihr gewohntes Aussehen, weil die amtlichen Formulare nicht mehr verwendet werden dürfen. Ausnahmen von der Verpflichtung zur elektronischen Übertragung werden nur selten in Betracht kommen, z. B. wenn dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten ist, die technischen Voraussetzungen für die elektronische Übermittlung zu schaffen. Zwei Ausnahmen26 hat die Finanzverwaltung bestimmt, weil technische Voraussetzungen für die Übertragung noch nicht bestehen: 1. Einkommensteuer-Erklärungen für beschränkt Steuerpflichtige (Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland), 2. Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung, wenn mehr als 10 Beteiligte (z. B. Gesellschafter) vorhanden sind. In diesen Fällen sind die Steuererklärungen bis auf Weiteres in Papierform abzugeben. 014 Abgabefristen von Zusammenfassenden Meldungen ab Januar 2012 Unternehmer, die innergemeinschaftliche Lieferungen bzw. Lieferungen im Rahmen innergemeinschaftlicher Dreiecksgeschäfte tätigen oder Dienstleistungen in einem anderen EUMitgliedstaat erbringen, müssen sog. Zusammenfassende Meldungen an das Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in denen die Umsätze und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der Geschäftspartner anzugeben sind27. Die Meldungen zur Angabe der innergemeinschaftlichen Warenlieferungen bzw. Lieferungen im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft (§ 25b Abs. 2 UStG) sind grundsätzlich monatlich bis zum 25. des Folgemonats zu übermitteln. Ab 2012 wird die Grenze für die vierteljährliche Übermittlung der Meldungen von 100.000 Euro auf 50.000 Euro gesenkt28. Betragen die zu meldenden Lieferungen im laufenden und in den vier vorangegangenen Kalendervierteljahren jeweils nicht mehr als 50.000 Euro, können die Zusammenfassenden Meldungen vierteljährlich bis zum 25. Tag nach Ablauf des Kalendervierteljahres übermittelt werden. Betroffen sind somit auch Unternehmer, die in einem der 4 Quartale des Jahres 2011 den neuen niedrigeren Grenzbetrag überschritten hatten. Wird die Grenze von 50.000 Euro im Laufe eines Kalendervierteljahres überschritten, ist bis zum 25. des folgenden Monats eine Zusammenfassende Meldung für den Monat der Überschreitung der Grenze und die bereits abgelaufenen Monate des Kalendervierteljahres abzugeben. Die Zusammenfassenden Meldungen für im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführte steuerpflichtige sonstige Leistungen, bei denen der im anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Umsatzsteuer dort schuldet, sind bis zum 25. Tag nach Ablauf des Kalendervierteljahres zu übermitteln. Unternehmer, die für ihre innergemeinschaftlichen Lieferungen monatliche Zusammenfassende Meldungen erstellen, haben die erforderlichen Angaben zu den sonstigen Leistungen für Kalendervierteljahre in der letzten Monatsmeldung des Kalendervierteljahres zu machen. Aus Vereinfachungsgründen können die Angaben zu den sonstigen Leistungen auch in den jeweiligen Monatsmeldungen ergänzt werden, wenn dies dem Bundezentralamt für Steuern gegenüber angezeigt wird. Fehlerhafte oder unvollständige Angaben in Zusammenfassenden Meldungen sind innerhalb eines Monats zu berichtigen. 015 Lohnsteuerbescheinigungen Bis zum 28. Februar 2012 hatte der Arbeitgeber nach den Eintragungen im Lohnkonto die Lohnsteuerbescheinigung 2011 elektronisch zu erstellen und die erforderlichen Daten in einem amtlich vorgeschriebenen Verfahren nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung an die Finanzverwaltung zu übermitteln (§ 41b Abs. 1 EStG). 26 BMF-Information vom 12. Dezember 2011. Vgl. dazu im Einzelnen das BMF-Schreiben vom 15. Juni 2010- IV D 3 - S 7427/08/10003 -03 (BStBl 2010 I S. 569). 28 Vgl. § 18a Abs. 1 UStG. 27 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 12 Der Arbeitnehmer erhält einen Ausdruck der übermittelten Daten als Bescheinigung. Eine Lohnsteuerbescheinigung ist nicht erforderlich bei Arbeitnehmern, für die der Arbeitgeber die Lohnsteuer ausschließlich pauschal (§§ 40 bis 40b EStG) erhoben hat29. 016 Abzug von Zivilprozesskosten: Neue Rechtsprechung wird nicht angewendet Der Bundesfinanzhof hat kürzlich seine bisherige Rechtsprechung geändert und entschieden, dass die Kosten für einen Zivilprozess - unabhängig vom Prozessgegenstand - grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können, wenn der Prozess eine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig angestrengt wird30. Die Finanzverwaltung31 hat mitgeteilt, dass sie diese Rechtsprechung nicht allgemein anwenden will. Wie der Stellungnahme zu entnehmen ist, wird möglicherweise eine gesetzliche Neuregelung zur steuerlichen (Nicht-) Berücksichtigung von Zivilprozesskosten erfolgen. Bis dahin sollen entsprechende Aufwendungen auch für eine Übergangszeit grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Im Fall der Nichtanerkennung von Prozesskosten bleibt daher nur die Möglichkeit, ggf. betroffene Steuerbescheide anzufechten und evtl. eine Klage anzustrengen. 017 Dauerfristverlängerung für Umsatzsteuer-Vorauszahlungen 2012 Unternehmer, die ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich übermitteln, können die Fristverlängerung für 2012 in Anspruch nehmen, wenn sie einen entsprechenden Antrag bereits für 2011 gestellt hatten oder diesen Antrag erstmals bis zum 10. Februar 2012 stellen. Die Voranmeldung und die Umsatzsteuer-Vorauszahlung sind dann für Januar am 10. März, für Februar am 10. April usw. fällig. Der Antrag ist regelmäßig in elektronischer Form nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung an das Finanzamt zu übermitteln32. Die Fristverlängerung ist davon abhängig, dass eine Sondervorauszahlung in Höhe eines Elftels der Summe der Vorauszahlungen für 2011 angemeldet und bis zum 10. Februar 2012 entrichtet wird. Diese Sondervorauszahlung wird regelmäßig auf die am 10. Februar 2013 fällige Vorauszahlung für Dezember 2012 angerechnet. Vierteljahreszahler33 brauchen keine Sondervorauszahlung zu leisten. Bei ihnen gilt die für ein Kalenderjahr genehmigte Fristverlängerung ebenfalls für die folgenden Kalenderjahre weiter (bis auf Widerruf). Ein erstmaliger Antrag auf Fristverlängerung ist in diesen Fällen bis zum 10. April 2012 beim Finanzamt zu stellen. Eine Dauerfristverlängerung für die Zusammenfassende Meldung ist nicht möglich. 018 Aufwendungen für Kinderbeförderung zur Schule ► keine steuermindernden Ausgaben Die Aufwendungen der Eltern für die Beförderung ihres Kindes zur Schule gehören - wie die Kosten der Schulausbildung - zum gewöhnlichen Lebensunterhalt, den Eltern für ihre Kinder aufzubringen haben und der regelmäßig durch die steuerlichen Entlastungen (Kindergeld, Kinderfreibetrag) abgedeckt ist. Dies gilt nach einem Urteil eines Finanzgerichts34 auch, wenn ein Vater sein Kind deshalb täglich mit dem Auto bis zur nächstgelegenen Bushaltestelle bringt, weil er nur aus dienstlichen Gründen einen Wohnsitz in der Nähe seines Arbeitgebers ohne Anbindung an das öffentliche Nahverkehrsnetz unterhält. Derartige Kosten liegen - so das Gericht - nicht außerhalb 29 Siehe BMF-Schreiben vom 23. August 2010 - IV C 5 - S 2378/09/10006 (BStBl 2010 I S. 665) mit amtlich vorgeschriebenen Muster Siehe BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BStBl 2011 II S. 1015) sowie Steuerinfo September 2011 31 Vgl. BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2011 - IV C 4 - S 2284/07/031 (BStBl 2011 I S. 1286). 32 Siehe §§ 46 bis 48 UStDV. 33 Nach § 18 Abs. 2 UStG ist grundsätzlich das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum, wenn die Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 7.500 € betragen hat; betrug die Umsatzsteuer 2011 nicht mehr als 1.000 €‚ so kommt eine Befreiung von der Pflicht zur Abgabe der Voranmeldungen durch das Finanzamt in Betracht. 34 FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Juni 2011 2 K 1885/10. 30 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 13 des Üblichen:. Sie fallen für alle Eltern schulpflichtiger Kinder an und seien deshalb keine außergewöhnlichen Belastungen. Auch eine Berücksichtigung als Werbungskosten kommt nach Auffassung des Gerichts nicht in Betracht, weil ein Zusammenhang zwischen der Erwerbstätigkeit der Eltern und den Aufwendungen fehlt; das auslösende Moment für die Beförderung des Kindes sei vielmehr die Unterhaltspflicht der Eltern. 019 Aktuelle Grunderwerbsteuersätze Seit 2007 können die Bundesländer die Höhe des Grunderwerbsteuersatzes selbst bestimmen. Statt des grundsätzlich in Betracht kommenden Steuersatzes von 3,5 % haben fast alle Länder von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Zum 1. Januar 2012 haben sich weitere Erhöhungen ergeben. Die nachfolgende Tabellen gibt einen Überblick: Bundesländer GrESt % Inkrafttreten Fundstelle Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen MecklenburgVorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen 5% 3,5 % 4,5 % 5% 4,5 % 4,5 % 3,5 % ab 5.11.2011 GVBl. 2011, 493 ab 1.1.2007 ab 1.1.2011 ab 1.1.2011 ab 1.1.2009 GVBl. 2006, 1172 GVBl. 2010, Nr. 40 GVBl. 2010, 574 GVBl. 2008, 433 ab 1.1.2011 ab 1.10.2011 ab 1.3.2012 ab 1.1.2012 GVBl. 2010, 631 GVBl. 2011, 389 Landtags Drucks. 16/591 Ambl. 2011, 556 ab 1.3.2010 ab 1.1.2012 ab 7.4.2011 GVBl. 2010, 69 GVBl. 2010, 811 GVBl. 2011, 6 3,5 % 4,5 % 5% 5% 4,5 % 3,5 % 4,5 % 5% 5% Der Grunderwerbsteuer unterliegt regelmäßig der Kauf eines Grundstücks, eines Gebäudes oder einer Eigentumswohnung; die Steuer wird unter Zugrundelegung des Kaufpreises des Objektes (bzw. der Gegenleistung) ermittelt. Maßgebend für die Anwendung des Steuersatzes ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags o. Ä. 020 Spruch des Monats Februar 2012 von meinem Freund Wolfgang beigetragen „Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ Sir Winston Leonard Spencer-Churchill britischer Staatsmann 30. 11 1874 - 24. Januar 1965 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 14 21 Regelmäßige Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten Der Frage, ob eine Tätigkeitsstätte regelmäßige Arbeitsstätte ist, kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil für Fahrten zwischen Wohnung und der regelmäßigen Arbeitsstätte nur die Entfernungspauschale von 30 Cent pro Entfernungskilometer in Betracht kommt. Aufwendungen für Fahrten zu allen anderen Einsatz-Orten können dagegen nach den Grundsätzen für Auswärtstätigkeiten geltend gemacht werden; für Fahrten mit dem PKW sind dies die tatsächlichen Aufwendungen (oder pauschal 30 Cent pro gefahrenem Kilometer), ggf. können auch Verpflegungspauschalen berücksichtigt werden. Bisher wurde davon ausgegangen, dass auch mehrere regelmäßige Arbeitsstätten möglich sind (z. B. bei Einsatz in unterschiedlichen Filialbetrieben des Arbeitgebers). Davon ist der Bundesfinanzhof 35 abgerückt. Danach kann ein Arbeitnehmer nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben; Einsätze an allen anderen Orten sind als Auswärtstätigkeiten zu beurteilen. Die Finanzverwaltung 36 wendet die Rechtsprechung in allen offenen Fällen an und hat Grundsätze festgelegt, nach denen bei mehreren Einsatzorten die regelmäßige Arbeitsstätte zu bestimmen ist. Maßgebend sind danach die dienstrechtlichen bzw. arbeitsvertraglichen Regelungen. Ein Einsatzort wird zur regelmäßigen Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer • einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist oder • in einer betrieblichen Einrichtung - arbeitstäglich oder - einen Tag pro Arbeitswoche oder - mindestens 20 % der vereinbarten Arbeitszeit tätig werden soll. Hiervon abweichend kann eine andere - oder gar keine - Arbeitsstätte als „regelmäßige" angesehen werden, wenn dies anhand des inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunktes der beruflichen Tätigkeit nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird. Auswirkungen ergeben sich auch beim Lohnsteuerabzug. Der Arbeitgeber kann die tatsächlich entstandenen Aufwendungen für Fahrten zu den Arbeitsstätten, die jetzt nicht mehr als „regelmäßige" Arbeitsstätten anzusehen sind, lohnsteuerfrei erstatten; bei Benutzung eines PKW kommt eine Pauschale von 30 Cent für den gefahrenen Kilometer in Betracht. Diese steuerfreien Reisekostenerstattungen unterliegen auch nicht der Sozialversicherung. Bei der Behandlung der PKW-Überlassung an Arbeitnehmer können sich ebenfalls Vorteile ergeben, z.B. wenn statt mehrerer regelmäßiger Arbeitsstätten nur noch eine in Betracht kommt. Der Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte in Höhe von 0,03 % vom PKW-Listenpreis pro Entfernungskilometer und pro Monat kann bei weniger als 180 Fahrten pro Jahr mit 0,002 % vom Listenpreis pro Entfernungskilometer und pro Fahrtag angesetzt werden 37 oder gar ganz wegfallen, wenn keine regelmäßige Arbeitsstätte vorhanden ist. 22 Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen Für Aufwendungen im Zusammenhang mit Renovierungs-, Instandsetzungsbzw. Modernisierungsarbeiten in einem privaten Haushalt oder der Pflege des dazugehörigen Grundstücks kann eine Steuerermäßigung in Form eines Abzugs von der laufenden Einkommensteuer in Anspruch genommen werden (siehe § 35a Abs. 2 und 3 EStG). Begünstigt sind 20 % der Arbeitskosten für max. 35 36 37 Urteile vom 9. Juni 2011 VI R 55/10 (BStBl 2012 II S. 38), VI R 36/10 (BStBl 2012 II S. 36) und VI R 58/09 (BStBl 2012 II S. 34). BMF vom 15. Dezember 2011 - IV C 5— S 2353/11/10010 (BStBl 2012 I S. 57). Vgl. dazu Steuerinfo Juni 2011 Nr. 2. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 15 haushaltsnahe Dienstleistungen z.B. Putz, Reinigungsarbeiten in der Wohnung, Rasenmähen, Heckenscheneiden 4.000,00 € Handwerkerleistungen Renovierung, Modernisierung, Gartengestaltung, Reparatur bzw Wartung der Heizungsanlage, Küchengeräte, Computern, Schornsteinfeger 1.200,00 € Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist u. a., dass eine entsprechende Rechnung vorliegt und die Zahlung unbar (auf das Konto des Dienstleisters) geleistet wurde. Zu beachten ist weiterhin, dass ein eventueller „Anrechnungsüberhang (Zahlbeträge, die über dem Höchstbetrag liegen) verloren ist, d. h., eine Anrechnung des übersteigenden Betrages kann auch nicht im folgenden Jahr nachgeholt werden 38. Im Zusammenhang mit der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen sind zwei interessante Urteile ergangen: So hat der Bundesfinanzhof 39 klargestellt, dass auch einfache handwerkliche Verrichtungen, wie Maler- und Tapezierarbeiten an Innenwänden und Decken, generell als Handwerkerleistungen zu beurteilen sind. Im Streitfall wollten die Kläger die Kosten als hauswirtschaftliche Dienstleistungen geltend machen; dies lehnte das Gericht ab. Diese Frage kann insbesondere dann von Bedeutung sein, wenn der Höchstbetrag für die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen bereits ausgeschöpft wurde. In einem anderen Fall entschied der Bundesfinanzhof 40 entgegen der Finanzverwaltung 41, dass auch die erstmalige Gestaltung eines Gartens begünstigt sein kann. Im Urteilsfall wurden 3 Jahre nach dem Neubau des Wohnhauses umfangreiche Erd- und Pflanzarbeiten durchgeführt sowie eine Stützmauer an der Grenze zum Nachbargrundstück errichtet. Nach Auffassung des Gerichts ist entscheidend, dass Handwerkerleistungen im räumlichen Bereich eines „vorhandenen" Haushalts erbracht werden. Bei der Anlage eines Gartens - so das Gericht - ist diese Voraussetzung immer erfüllt, da der Grund und Boden stets vorhanden ist; etwas „Neues" werde somit nicht erschaffen. Demzufolge konnten die Aufwendungen für die Gartengestaltung und die Stützmauer (mit Ausnahme der Materialkosten) als Handwerkerleistungen berücksichtigt werden. 23 Neue Beleg- und Buchnachweisepflichten für umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen Eine Voraussetzung für die Umsatzsteuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen 42 ist, dass bestimmte Beleg- und Buchnachweispflichten erfüllt werden. Die in den §§ 17a bis 17c UStDV enthaltenen Regelungen wurden geändert 43, insbesondere um die Kontrollmöglichkeiten durch die Finanzverwaltung zu verbessern. Der Nachweis, dass der Liefergegenstand tatsächlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, ist jetzt mithilfe einer „Gelangensbestätigung" zu erbringen. Sie kann aus mehreren Dokumenten bestehen und hat folgende Angaben zu enthalten: Name und Anschrift des Absenders Menge und handelsübliche Bezeichnung des Gegenstandes der Lieferung (z.B. Fahrzeug ID.-Nr.) 38 Siehe BMF-Schreiben vom 15. Februar 2010— IV C 4— S 2296-b/07/0003 (BStBl 2010 I S. 140), Rz. 52. Urteil vom 6. Mai 2010 VI R 4/09 (BStBl 2011 II S. 909). 40 Urteil vom 13. Juli 2011 VI R 61/10. 41 Siehe BMF-Schreiben (Fußnote 8), Rz. 20. 42 Zu den übrigen Voraussetzungen vgl. § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 6a UStG. 43 Vgl. Zweite Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen (BStBl 2011 I S. 1167). 39 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 16 Tag und Ort des Erhalts des Gegenstandes Ausstellungsdatum der Bestätigung Unterschrift des Abnehmers Die geforderten Angaben decken sich weitgehend mit den bisherigen; sie sind in vielen Fällen bereits auf dem Lieferschein vorhanden. Außerdem ist - wie bisher - eine Rechnungskopie notwendig. Erfolgt der Warentransport durch einen Spediteur, kann die Gelangensbestätigung auch von diesem aufbewahrt werden. Der liefernde Unternehmer benötigt dann aber eine schriftliche Versicherung des Spediteurs, dass dieser über die Gelangensbestätigung verfügt. Die Regelungen zum gemeinschaftlichen Versandverfahren sind praktisch erhalten geblieben. Der Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ist lediglich um die Aufzeichnung der Fahrzeug-Identifikationsnummer bei der Lieferung von Fahrzeugen im Sinne des § i.S. Abs. 2 UStG erweitert worden. Die Neuregelungen sind offiziell am 1. Januar 2012 in Kraft getreten. Ursprünglich ließ es die Finanzverwaltung 44 jedoch zu, dass für bis Ende März 2012 ausgeführte innergemeinschaftliche Lieferungen der beleg- und buchmäßige Nachweis der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung noch auf Grundlage der alten - bis 31. Dezember 2011 geltenden - Rechtslage geführt wird; diese Nichtbeanstandungsfrist wurde jetzt bis zum 30. Juni 2012 verlängert.45 24 Grundsteuer-Erlass wegen Ertragsminderung Ein Grundsteuer-Erlass wegen einer Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken kommt nicht nur bei außergewöhnlichen und vorübergehenden Umständen in Betracht, sondern z. B. auch bei schwacher Mietnachfrage bzw. Unvermietbarkeit der Immobilie aufgrund der allgemeinen schwierigen Wirtschaftlage.46 Der Grundsteuererlass ist abhängig von der Minderung des Rohertrags und kann erst ab einer Ertragminderung von über 50% (Minderung in prozentualer Staffelung) beantragt werden. 47 Ein Grundsteuer-Erlass hinsichtlich leerstehender Räume ist allerdings nur dann möglich, wenn sich der Vermieter nachhaltig um eine Vermietung zu einem markgerechten Mietzins bemüht hat. Dabei muss sich der Vermieter nicht am unteren Rand der Mietpreisspanne bewegen, um die Ernsthaftigkeit seiner Vermietungsabsicht zu belegen. Der Antrag auf Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2011 ist bis zum 31. März 2012 zu stellen; die Frist kann grundsätzlich nicht verlängert werden (vgl. Abschn. 41 GrStR). 25 Vorsteuerabzug bei Photovoltaikanlagen auf privaten Gebäuden Der Betrieb einer Photovoltaikanlage erfüllt die Voraussetzungen einer unternehmerischen Tätigkeit, wenn sie der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient, d. h., wenn der erzeugte Strom an ein Energieversorgungsunternehmen verkauft wird. Die Stromlieferungen unterliegen dann mit einem Steuersatz von 19 % der Umsatzsteuer. Andererseits können die im Zusammenhang mit der Anschaffung und Installation der Anlage sowie mit den laufenden Betriebskosten von anderen Unternehmern in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge im Rahmen des § 15 UStG als Vorsteuer abgezogen werden. Unklar war bisher, wie die Umsatzsteuerbeträge zu behandeln sind, die z. B. auf die Herstellungsbzw. Instandhaltungskosten für das Gebäude entfallen, auf dem die Photovoltaikanlage installiert wurde, wenn das Gebäude teilweise auch nichtunternehmerisch genutzt wird. Der Bundesfinanzhof48 hat entschieden, dass in diesen Fällen ein teilweiser Vorsteuerabzug möglich ist. In den Streitfällen mussten die Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten eines Schuppens 44 Vgl. BMF-Schreiben vom 9. Dezember 2011 - IV D 3 -- S 7141/11/10003 (BStBl 2011 I S. 1287). BMF-Schreiben vom 6. Februar 2012—IV D 3—S 7141/11/10003-2012/0083517. 46 Besonderheiten gelten bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei eigengewerblich genutzten Grundstücken. 47 Siehe § 33 GrStG. 48 Urteile vom 19. Juli 2011 XI R 29/09, XI R 21/10 und XI R 29/10. 45 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 17 bzw. eines Carports und aus den Kosten der Dacherneuerung einer Scheune, auf denen jeweils eine Photovoltaikanlage installiert wurde, aufgeteilt werden, weil die Gebäude im Übrigen gar nicht oder zu privaten Zwecken (Carport) genutzt wurden. Das Gericht hält die Vorsteueraufteilung nach dem sog. Umsatzschlüssel für sachgerecht; hierbei werden die fiktiven Umsätze für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer Photovoltaikanlage den ebenfalls fiktiven Umsätzen aus der möglichen Vermietung des Gebäudes (z.B. für Lagerzwecke) gegenübergestellt. Eine Vorsteueraufteilung nach einem Flächenschlüssel (z. B. genutzte Dachfläche zu Nutzfläche des Gebäudes) kommt in diesen Fällen nicht in Betracht. 26 Haftungsvergütung für die Komplementär-GmbH grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig Bei einer GmbH & Co. KG übernimmt in der Regel die GmbH als Komplementärin die (Voll-) Haftung sowie die Geschäftsführung für die Kommanditgesellschaft. Erhält die GmbH für die Übernahme der Haftung eine pauschale (gewinnunabhängige) Vergütung, wurde diese bislang nur dann als umsatzsteuerpflichtig behandelt, wenn die Kommanditgesellschaft diese Vergütung zusätzlich zu einem steuerpflichtigen Sonderentgelt für die Geschäftsführung zahlt. Bis Ende 2011 ergaben sich daraus jedoch keine umsatzsteuerlichen Auswirkungen, da die Komplementär-GmbH regelmäßig nicht als selbständiger Unternehmer, sondern als „Organgesellschaft" der GmbH & Co. KG beurteilt wurde. Seit dem 1. Januar 2012 behandelt die Finanzverwaltung49 die Komplementär-GmbH als selbständig, wenn die Anteile der GmbH - was in der Praxis häufig der Fall ist - zum Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten gehören. Eine Folge davon ist, dass die Komplementär-GmbH jetzt „Unternehmer" ist und auf die von der Kommanditgesellschaft gezahlten Vergütungen grundsätzlich Umsatzsteuer abzuführen hat. Dies gilt nach neuer Auffassung der Finanzverwaltung50 nunmehr auch, wenn von der Kommanditgesellschaft nur eine Haftungsvergütung gezahlt wird Bedeutung hat diese Änderung, wenn die GmbH durch Verzicht auf die Kleinunternehmerbefreiung die Regelbesteuerung wählt (siehe § 19 UStG). In diesem Fall hat die GmbH die Entgelte für die Haftungsübernahme usw. in der Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. Jahreserklärung anzugeben und darauf Umsatzsteuer in Höhe von 19 % abzuführen. Ist die Kommanditgesellschaft (in vollem Umfang) vorsteuerabzugsberechtigt, kann sie die von der GmbH in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer geltend machen dabei entsteht für die GmbH & Co KG insgesamt regelmäßig keine steuerliche Mehrbelastung Im Zweifel ist zu prüfen, ob durch die neue Regelung zusätzliche Belastungen entstehen und diese ggf durch Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung (kommt bis zu einem Gesamtumsatz von 17.500 Euro im Kalenderjahr in Betracht) vermieden werden können. 49 50 Siehe Abschn. 1.6 Abs. 6 UStAE sowie BMF-Schreiben vom 5. Juli 2011 —IVD 2—S 7105/10/10001 (BStBl 2011 I S. 703). Siehe Abschn. 2.8 Abs. 5 UStAE sowie BMF-Schreiben vom 14. November 2011 - IV D 2 - S 7100/07/10028 (BStBl 2011 I S.1158). 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 18 27 Spruch des Monats März 2012 „Was für ein schöner Sonntag“ Joachim Gauck Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland 28 Entfernungspauschale für einen längeren Weg Die Entfernungspauschale für Arbeitnehmer an sich ist eine bekannte alte „Kamelle“. Hier daher nur das Grundlegendste dazu: Die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte können im Rahmen der Entfernungspauschale steuermindernd in der Einkommensteuer berücksichtigt werden. Dabei wird für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsstätte aufsucht, und für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine Pauschale von 0,30 EUR pro Kilometer angesetzt. Die tatsächlich gefahrenen Kilometer sind hingegen (im Gegensatz zur Reisekostenpauschale) ohne Bedeutung. Soweit dürften die Fakten zur Entfernungspauschale keine Überraschungen enthalten. Streitbefangen war hingegen die Frage, welche konkrete Straßenverbindung bei der Entfernungspauschale berücksichtigt werden darf. Im Einkommensteuergesetz (vgl. § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 4 EStG) heißt es dazu wie folgt: „Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte benutzt wird.“ Gestritten wurde nun darum was denn eine „offensichtlich verkehrsgünstigere“ Verbindung ist. Tatsächlich handelt es sich dabei nämlich (wie so oft) um eine Worthülse, die auf sehr verschiedene Art definiert werden kann. Erfreulicherweise hat der Bundesfinanzhof in zwei unterschiedlichen Entscheidungen hierzu positive Urteile im Sinne der Steuerpflichtigen gefällt. Aber zunächst zum Hintergrund: Die Finanzverwaltung hatte bisher angenommen, dass eine „offensichtlich verkehrsgünstigere“ Straßenverbindung regelmäßig dann vorliegt, wenn eine erwartete Fahrzeitverkürzung von mindestens 20 Minuten gegeben ist. Ohne eine solch deutliche Fahrzeitverkürzung ging der Fiskus bisher nicht davon aus, dass eine „offensichtlich verkehrsgünstigere“ Verbindung vorlag und setzte regelmäßig den kürzeren Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steuermindernd an. Wohlgemerkt wurde der kürzere Weg auch dann zur Berechnung der Entfernungspauschale herangezogen, wenn der Steuerpflichtige diesen überhaupt nicht benutzt hat. Mit BFH Urteil vom 16.11.2011 (Az: VI R 19/11) verwarfen die obersten Finanzrichter der Republik jedoch diese fiskalische Meinung. Sie urteilten konkret dazu: „Ob eine Straßenverbindung aufgrund einer zu erwartenden Zeitersparnis als offensichtlich verkehrsgünstiger anzusehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Insbesondere ist nicht in jedem Fall eine Zeitersparnis von 20 Minuten erforderlich.“ 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 19 Noch konkreter werden die Richter des Bundesfinanzhofes in ihrem nächsten Urteil vom 16.11.2011 (Az: VI R 46/10) Darin urteilen sie, dass eine vom Arbeitnehmer gewählte Straßenverbindung immer dann als „offensichtlich verkehrsgünstiger“ im Sinne der gesetzlichen Regelung zur Entfernungspauschale gelten kann, wenn sich jeder unvoreingenommene, verständige Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung dieser Strecke entschieden hätte. Ebenso macht der erkennende Senat deutlich, dass das Finanzamt lediglich die kürzeste Straßenverbindung und die tatsächlich vom Arbeitnehmer benutzte, längere Straßenverbindung vergleichen darf. Weitere mögliche Straßenverbindungen, die vom Arbeitnehmer tatsächlich aber nicht für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wurden, bleiben hingegen bei der Bemessung der Entfernungspauschale grundsätzlich außen vor. Den Streit, dass eine dritte (nicht benutzte) Verbindung nun die tatsächlich verkehrsgünstigere ist, darf das Finanzamt nicht beginnen. 29 Wie die Familienkasse 2012 mit dem Kindergeld bei volljährigen Kindern verfährt Seit 2012 erhalten Eltern Kindergeld und steuerliche Vergünstigungen für ihren Nachwuchs über 18 ohne Prüfung einer Einkommensgrenze. Nun werden Kinder grundsätzlich bis zum Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums berücksichtigt. Danach sehen Eltern nur noch dann Geld vom Staat, wenn ihre Kinder keiner schädlichen Erwerbstätigkeit nachgehen, also maximal 20 Wochenstunden arbeiten oder einen 400 EUR-Minijob ausüben. In diesem Zusammenhang hat das Bundeszentralamt für Steuern, das für das Kindergeld und die Familienkassen zuständig ist, nun ergänzende Anweisungen veröffentlicht: Ob eine schädliche Erwerbstätigkeit vorliegt, wird erst nach Abschluss der erstmaligen Berufsausbildung oder des Erststudiums geprüft. Zuvor kann das Kind so lange arbeiten, wie es will, ohne dass die Förderung gefährdet ist. Liegen die Anspruchsvoraussetzungen wenigstens an einem Tag im Monat vor, gibt es Kindergeld für den ganzen Monat. Der Kindergeldanspruch entfällt nur in den Monaten, in denen die schädliche Erwerbstätigkeit den kompletten Monat umfasst. Eine Beschäftigung von über 20 Wochenstunden ist unschädlich, wenn sie vorübergehend ist, das heißt maximal zwei Monate andauert, und insgesamt durchschnittlich bei 20 Wochenstunden bleibt. Ansonsten ist nur der Zeitraum der Ausweitung schädlich. Beispiel: in Kind mit abgeschlossener Berufsausbildung studiert das gesamte Jahr und übt nebenbei ganzjährig eine unschädliche Beschäftigung aus. In der vorlesungsfreien Zeit von Juli bis August weitet es die Wochenarbeitszeit vorübergehend auf 40 Stunden aus und reduziert sie ab September wieder auf 20 Stunden. Lösung:Für die Monate Juli und August entfällt der Anspruch, bis Juni und ab September fließt das Kindergeld jedoch. Besteht aufgrund der Neuregelung hinsichtlich der schädlichen Erwerbstätigkeit erstmals kein Anspruch mehr auf Kindergeld, hebt die Familienkasse die bestehende Festsetzung ab Januar 2012 auf. Das gilt entsprechend, wenn ein Kind 2012 erstmals eine schädliche Erwerbstätigkeit startet oder wenn es die erste Berufsausbildung bzw. das Erststudium abgeschlossen hat und die bestehende Erwerbstätigkeit plötzlich schädlich ist - dann aber erst ab dem Folgemonat. Hinweis: Rückwirkend ab 2011 hat sich der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 EUR auf 1.000 EUR erhöht. Führt dies nun dazu, dass das Einkommen des Kindes 2011 unter den Grenzbetrag fällt, korrigiert die Familienkasse ihre frühere ablehnende Entscheidung und zahlt doch Kindergeld aus. Arbeitnehmer mit Kindern über 18 sollten daher noch einmal genau nachrechnen. 30 Häusliches Arbeitszimmer bei Hochschullehrern und Richtern Aufwendungen im Zusammenhang mit einem häuslichen Arbeitszimmer können wie folgt als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend gemacht werden, wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG): • bis zur Höhe von 1.250 Euro jährlich, 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 20 • unbegrenzt, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet. Zu der Frage, wonach sich der „Mittelpunkt" der beruflichen Betätigung bestimmt, hat der Bundesfinanzhof51 in zwei aktuellen Entscheidungen Stellung genommen. Das Gericht bestätigt damit die Verwaltungsregelung 52 sowie die bisherige Rechtsprechung, wonach es ausschlaggebend ist, ob im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vorgenommen bzw. Leistungen erbracht werden, „die für den ausgeübten Beruf wesentlich und prägend" sind (sog. qualitativer Schwerpunkt). In den Streitfällen beantragten ein Hochschullehrer und eine Richterin - denen jeweils ein Arbeitsplatz vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wurde - den unbegrenzten Werbungskostenabzug; sie begründeten dies mit dem hohen zeitlichen Arbeitsumfang im Arbeitszimmer von 80 % bzw. 60 % der gesamten beruflichen Tätigkeit. Nach Auffassung des Gerichts ist jedoch der Mittelpunkt der gesamten Betätigung - wie bisher nach qualitativen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu bestimmen: Die prägende Tätigkeit eines Hochschullehrers., ist danach die Vorlesung in der Universität und bei einem Richter die rechtsprechende Tätigkeit im Gericht. Unerheblich ist dagegen, wie viele Stunden im häuslichen Arbeitszimmer zugebracht werden. In beiden Fällen konnten daher die Arbeitszimmerkosten überhaupt nicht berücksichtigt werden. 31 Teilwertabschreibung auf Aktien bei einer dauernden Wertminderung Werden Aktien als Finanzanlage im Betriebsvermögen gehalten, so sind sie mit den Anschaffungskosten in der Bilanz auszuweisen. Eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert kann dann vorgenommen werden, wenn es sich um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung handelt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung 53 setzte dies für börsennotierte Aktien eine Wertveränderung voraus, die eine gewisse Bandbreite überschreitet. Eine Abschreibung kam danach erst dann in Betracht, wenn der Wert um mindestens 40 % oder am aktuellen und am vorangegangenen Bilanzstichtag um mindestens 25 % gegenüber den Anschaffungskosten gesunken ist. Dieser Auffassung hat der Bundesfinanzhof 54 eine Absage erteilt. Danach reicht bereits ein geringfügiges Sinken des Börsenwerts zum Bilanzstichtag gegenüber dem Anschaffungskurs von mehr als 5 % aus, um eine Abschreibung vorzunehmen. Unerheblich ist auch, wenn der Kurs bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung wieder steigt; diese Erkenntnisse wirken nicht auf den Bilanzstichtag zurück. Zu beachten ist, dass sich eine Teilwertabschreibung bei Einzel- bzw. Personenunternehmen steuerlich lediglich zu 60 % auswirkt; bei Kapitalgesellschaften darf eine Teilwertabschreibung steuerlich nicht berücksichtigt werden. Ergibt sich gegenüber dem letzten Bilanzansatz eine Kurssteigerung, muss eine entsprechende Zuschreibung (bis höchstens zu den Anschaffungskosten) vorgenommen werden. 32 Splittingverfahren auch für Lebenspartner ? Das Bundesverfassungsgericht 55 hat die ungleiche steuerliche Behandlung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer für verfassungswidrig erklärt. Durch das Jahressteuergesetz 2010 wurde diese Benachteiligung rückwirkend beseitigt; Lebenspartner sind jetzt in der gleichen Steuerklasse wie Ehegatten eingeordnet und erhalten denselben persönlichen Freibetrag. Im Bereich der Einkommensteuer werden Lebenspartner gegenüber Ehegatten jedoch weiterhin schlechter gestellt, weil das Splittingverfahren nur für Ehegatten gilt. Hiergegen sind bereits 51 52 Urteile vom 27. Oktober 2011 VI R 71/10 und vom 8. Dezember 2011 VI R 13/11. Siehe BMF-Schreiben vom 2. März 2011 - IV C 6 - S 2145/07/ 10002 (BStB1 2011 I S. 195), Rz. 9 ff. 53 BMF-Schreiben vom 26. März 2009 - IV C 6 - 5 2171-b/0 (BStBl 2009 I S. 514). Urteil vom 2l. September 2011 I R 89/10. 55 Beschluss vom 21. Juli 2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 (BVerfGE 126 S. 400). 54 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 21 Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht 56 anhängig. In der Zwischenzeit haben auch einige Finanzgerichte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Ungleichbehandlung geäußert: In Aussetzungsverfahren wurden die Finanzämter z. B. verpflichtet, Lebenspartner beim Lohnsteuerabzug wie Ehegatten zu behandeln, d. h., die Lebenspartner erhielten die gewünschte Lohnsteuerklassenkombination III-V 57 bzw. IV-IV 58 mit Faktor. 33 Pauschale Zahlungen von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertagsarbeit Zuschläge, die ein Arbeitnehmer für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit erhält, sind lohnsteuerfrei, soweit bestimmte Grenzen nicht überschritten werden. So bleibt z. B. der Zuschlag für Nachtarbeit bis zu 25 % und für Sonntagsarbeit bis zu 50 % des Grundlohns - soweit dieser nicht mehr als (umgerechnet) 50 Euro/Stunde beträgt - steuerfrei. Diese Zuschläge bleiben dann regelmäßig auch beitragsfrei in der Sozialversicherung 59. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass es sich um zusätzliche Vergütungen handelt und diese nur für tatsächliche Arbeit an Sonn- und Feiertagen oder für Nachtarbeit geleistet werden. Werden laufende pauschale Zuschläge oder entsprechende Vorschüsse bzw. Abschläge gezahlt, müssen diese durch Einzelabrechnung der tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit zugeordnet werden. Die Pauschalzahlungen sind dann bis zur Höhe der durch Einzelabrechnung nachgewiesenen Zuschläge für die begünstigten Arbeitszeiten steuerfrei; hat der Arbeitnehmer tatsächlich weniger Stunden geleistet als Pauschalzahlungen erfolgt sind, so liegt in Höhe der Differenz steuerpflichtiger Arbeitslohn vor 60. Wie der Bundesfinanzhof61 klargestellt hat, muss diese Abrechnung regelmäßig spätestens bis zum Ende des Kalenderjahres erfolgen. Die jährliche Abrechnung ist nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich unverzichtbar. Eine Ausnahme kann aber dann vorliegen, wenn die Pauschalzahlungen (fast) ausschließlich für Nachtarbeit geleistet werden (z. B. für die Tätigkeit in einer Bäckerei) und so bemessen sind, dass sie auch unter Einbeziehung von Urlaub und Fehlzeiten die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllen62. 34 Keine Anwendung der 1 %-Regelung bei Nutzung des PKW nur für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Wird einem Arbeitnehmer ein PKW auch zur Nutzung für private Zwecke überlassen, ist bei diesem regelmäßig ein Nutzungsvorteil in Höhe von 1 % vom Bruttolistenpreis des PKW der Lohnsteuer und Sozialversicherung zu unterwerfen. Der Bundesfinanzhof63 hat entschieden, dass die 1 %-Regelung nicht anzuwenden ist, wenn der Arbeitnehmer den PKW tatsächlich nicht für private Zwecke, sondern lediglich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzt; in diesem Fall ist dann nur ein Nutzungsvorteil von monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer anzusetzen. Nach Auffassung des Gerichts begründet allein der Umstand, dass ein betriebliches Fahrzeug zur Nutzung für den Arbeitnehmer zur Verfügung steht, noch keine Überlassung für private Zwecke. Entscheidend ist vielmehr, ob der PKW vom Arbeitgeber tatsächlich zur privaten Nutzung überlassen war. Dies kann nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs auch durch eine „konkludent getroffene Nutzungsvereinbarung“ d. h. in Form einer aus dem schlüssigen Verhalten abgeleiteten Willenserklärung, zum Ausdruck kommen. Das Gericht wendet sich damit auch gegen die Verwaltungsregelung,64 wonach eine private Nutzung nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn der Arbeitgeber nicht nur ein 56 Az.: 2 BvR 909/06 und 2 BvR 288/07. FG Bremen, Beschluss vom 13. Februar 2012 1 V 113/11 (5). 58 FG Köln, rechtskräftiger Beschluss vom 7. Dezember 2011 4 V 2831/11 (EFG 2012 S. 361) mit weiteren Nachweisen. 59 Beitragsfreiheit gilt hier, soweit der zugrunde liegende Stundenlohn 25€ nicht übersteigt (siehe § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung). 60 Siehe auch R 3b Abs. 7 LStR. 61 Urteil vom 8. Dezember 2011 VI R 18/11. 62 Siehe dazu auch BFH-Urteil vom 22. Oktober 2009 VI R 16/08 (BFH/NV 2010 S. 201). 63 Urteil vorn 6. Oktober 2011 VI R 56/10. 57 64 Vgl. H 8.1 (9-10) „Nutzungsverbot" LStH. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 22 Nutzungsverbot ausgesprochen hat, sondern dieses auch überwacht. Allein das Fehlen einer derartigen Kontrolle könne nicht dazu führen, dass eine Missachtung des Verbots durch den Arbeitnehmer, d. h. eine private Nutzung, unterstellt wird. 35 Jahresmeldungen bis zum 15. April erstellen Für alle Arbeitnehmer, die über den Jahreswechsel hinaus beschäftigt werden, müssen Arbeitgeber Jahresmeldungen über die sozialversicherungspflichtigen Entgelte an die Krankenkassen übermitteln. Die Meldungen für das Jahr 2011 sind spätestens bis zum 15. April 2012 vorzunehmen. Auf der Jahresmeldung ist insbesondere das Arbeitsentgelt 2011 sowie der Zeitraum der Beschäftigung im Jahr 2011 anzugeben. Die Meldungen sind zwingend elektronisch an die Krankenkassen zu übertragen. Auch für geringfügig Beschäftigte müssen Jahresmeldungen an die Minijob-Zentrale (Knappschaft Bahn See) übermittelt werden 65. Bei geringfügiger Beschäftigung in Privathaushalten (bis 400 Euro Arbeitslohn monatlich) gilt ein vereinfachtes Meldeverfahren (Haushaltsscheck).66 36 Kosten für die Adoption eines Kindes keine außergewöhnlichen Belastungen Aufwendungen können insbesondere dann als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend gemacht werden, wenn sie zwangsläufig entstehen. Kosten im Zusammenhang mit einer Krankheit gelten regelmäßig als zwangsläufig und können - nach Berücksichtigung von Erstattungen durch Krankenkasse bzw. Versicherung und Abzug einer zumutbaren Belastung steuerlich berücksichtigt werden.67 Der Bundesfinanzhof 68 hat auch die Aufwendungen für eine sog. heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen beurteilt. Nach Auffassung des Gerichts ist die Kinderlosigkeit zwar selbst keine Krankheit, aber unmittelbare Folge der Erkrankung (Sterilität) des Ehemannes. Zur Frage, ob unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung auch die Kosten für die Adoption eines Kindes anerkannt werden können, hat jetzt das Finanzgericht Baden-Württemberg69 Stellung genommen und dies verneint. Danach erfolgen die Adoptionskosten nicht zwangsläufig. Im Unterschied zur künstlichen Befruchtung liege keine auf das Krankheitsbild der Betroffenen abgestimmte Heilbehandlung vor. Eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen kommt nach Meinung des Gerichts daher nicht in Betracht. 37 Steueroptimale Vermögensübertragungen im Zusammenhang mit dem aktuellen Erbschaftsteuerrecht Die 2009 in Kraft getretene Erbschaftsteuerreform hat insbesondere Änderungen bei der Berücksichtigung von Betriebsvermögen gebracht. Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens sind danach im Vergleich zum alten Recht zwar mit höheren (gemeinen) Werten anzusetzen; durch weitreichende Verschonungsregelungen kann aber erreicht werden, dass Betriebsvermögen im Erb- oder Schenkungsfall (nahezu) vollständig steuerfrei bleibt. Die Steuerbefreiung (wahlweise in Höhe von 85 % oder 100 %) ist allerdings u. a. davon abhängig, dass bestimmte Behaltensfristen eingehalten werden. Die Steuerbefreiung fällt insbesondere dann rückwirkend weg, wenn das Einzelunternehmen, der Anteil am Personenunternehmen oder an einer Kapitalgesellschaft (bei über 25 % Beteiligung) innerhalb von 5 Jahren, bei vollständiger Steuerbefreiung innerhalb von 7 - 65 Siehe §§ 10, 13 Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung. Vgl. § 28a Abs. 7 Sozialgesetzbuch IV. Zum Nachweis siehe § 64 EStDV i. d F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (BStB1 2011 1 S. 986). Zu beachten ist die aktuelle Rechtsprechung des BFH: siehe z. B. Urteile vom 11. November 2010 VI R 17/09 (BStBl 2011 II S. 969) und VI R 16/09 (BStBl 2011 II S. 966). 68 Urteil vom 16. Dezember 2010 VI R 43/10 (BStBl 2011 II S. 414). 66 67 69 Urteil vom 10. Oktober 2011 6 K 1880/10; gegen das Urteil ist Revision beim BFH eingelegt worden (Az.: VI R 60/11). 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 23 Jahren, aufgegeben bzw. veräußert wird 70. Gegen die Ungleichbehandlung von Betriebsvermögen gegenüber sonstigem (Privat-)Vermögen ist beim Bundesfinanzhof ein Verfahren anhängig. Darin soll die Verfassungsmäßigkeit des geltenden Erbschaftsteuerrechts und der damit zusammenhängenden Gestaltungsmöglichkeiten geprüft werden 71. Es muss damit gerechnet werden, dass der Bundesfinanzhof bzw. nachfolgend das Bundesverfassungsgericht das geltende Recht für verfassungswidrig erklärt. Das könnte zur Folge haben, dass insbesondere die Begünstigungsregelungen für das Betriebsvermögen wieder eingeschränkt bzw. abgeschafft werden müssen. In diesem Fall würden die derzeitigen Regelungen nur noch für eine begrenzte Zeit gelten. Vor diesem Hintergrund ist ggf zu prüfen, ob im Zusammenhang mit Nachfolgeplanungen bestimmte Optionen ausgeübt werden sollen. 38 Mithilfe bei Steuerhinterziehung im Ausland kann in Deutschland bestraft werden Auch der Lieferant einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung macht sich strafbar, wenn er an der Steuerhinterziehung des Abnehmers in einem anderen Mitgliedstaat der EU mitwirkt. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines deutsch-portugiesischen Trios entschieden. Die Strafbarkeit ergibt sich dann aus den steuerstrafrechtlichen Vorschriften nach deutschem Recht. Ein portugiesischer Abnehmer bezog Fahrzeuge von einem deutschen Autohändler. Diese versteuerte er in Portugal nicht und beging damit eine Steuerhinterziehung in Portugal. An dieser Steuerhinterziehung wirkte der deutsche Lieferant mit, indem er die Identität seines wahren Abnehmers verschleierte. Dazu stellte er unrichtige Belege aus. In seinem Urteil hat der BGH neben derjenigen in Portugal auch eine Steuerhinterziehung durch den Lieferanten in Deutschland ausgemacht. Dieser hatte nämlich die Steuerbefreiung für den Export der Fahrzeuge in Anspruch genommen (Umsatzsteuerbefreiung für innergemein-schaftliche Lieferungen). Nach Auffassung des BGH haben die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach deutschem Umsatzsteuerrecht aber gar nicht vorgelegen, so dass der Lieferant die Steuerbefreiung zu Unrecht in Anspruch genommen hat. Er hat also eine Steuerhinterziehung nach deutschem Recht begangen. Hinweis: Das Ausstellen falscher Belege kann zu erheblichen strafrechtlichen Konsequenzen führen: Zu einer Strafbarkeit in Deutschland kann es selbst dann kommen, wenn die eigentliche Steuerhinterziehung im Ausland stattfindet. Der Gesetzgeber hat die Strafbarkeit in Deutschland für im Ausland begangene Steuerhinterziehungstaten sogar noch erweitert. 39 Spruch des Monats April 2012 Das Geld, das man besitzt, ist ein Mittel zur Freiheit. Das Geld, dem man nachjagt, ein Mittel zur Knechtschaft. Jean-Jacques ROUSSEAU aus „Bekenntnisse“ Dank an meinen Kollegen und Freund vom Landeskriminalamt Mainz für seinen Zitatbeitrag 70 71 Zu den Voraussetzungen siehe im Einzelnen § 13a ErbStG. Siehe BFH-Beschluss vom 5. Oktober 2011 II R 9/11 (BStBl 2012 II S. 29). 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 24 40 Besteuerung von Erstattungszinsen als Kapitalerträge Werden z. B. im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung Nachzahlungen z. B. für Einkommen-, Körperschaft- oder Gewerbesteuer festgesetzt, sind ggf. zusätzlich Zinsen auf diese Steuerbeträge in Höhe von 0,5 % pro Monat (= 6 % pro Jahr) an das Finanzamt zu entrichten. Zinsfrei bleibt lediglich ein Karenzzeitraum von regelmäßig 15 Monaten ab dem Entstehen der Steuern (siehe §§ 233a, 238 Abgabenordnung). Die Verzinsung erfolgt auf der anderen Seite entsprechend, wenn z. B. nach einem erfolgreichen Einspruch gegen einen Steuerbescheid Erstattungen vom Finanzamt gezahlt werden. Während Zinsen auf Steuernachzahlungen regelmäßig nicht steuerlich geltend gemacht werden können (§ 12 Nr. 3, § 4 Abs. 5b EStG), wurden Erstattungszinsen in der Praxis regelmäßig als steuerpflichtige Einnahmen behandelt. Dies wurde vom Bundesfinanzhof 72 zumindest für den Fall der Zinsen auf Einkommensteuer-Erstattungen beanstandet. Daraufhin hat der Gesetzgeber in 2010 eine gesetzliche Regelung zur Besteuerung von Erstattungszinsen als Kapitalerträge geschaffen, die rückwirkend in allen noch offenen Fällen angewendet werden soll (siehe § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Der Bundesfinanzhof hat jetzt in zwei Aussetzungsbeschlüssen 73 Zweifel an der Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung der Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG für Zeiträume vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung geäußert. Die Finanzverwaltung gibt Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung in entsprechenden Fällen regelmäßig statt. Die endgültige Entscheidung des Bundesfinanzhofs in dieser Frage bleibt abzuwarten. In einer anderen Entscheidung hat der Bundesfinanzhof 74 die Steuerpflicht von Zinsen auf Körperschaftsteuer-Erstattungen bei einer GmbH bestätigt. Die Rechtsprechung auf die Besteuerung von Einkommensteuer-Erstattungszinsen ist nach Auffassung des Gerichts auf eine Kapitalgesellschaft nicht übertragbar, weil diese über keine außerbetriebliche Sphäre verfügt. 41 Offensichtlich verkehrsgünstigere Strecke bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte kann grundsätzlich die sog. Entfernungspauschale mit 0,30 Euro pro Entfernungskilometer als Werbungskosten bzw. Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Für die Entfernung ist grundsätzlich die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend; es kann jedoch auch eine längere Strecke berücksichtigt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG). Das ist die Verbindung, für die sich „jeder unvoreingenommene, verständige Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen entschieden hätte."75 Wird diese längere Strecke tatsächlich für die Wege zur regelmäßigen Arbeitsstätte genutzt, kann die entsprechende Entfernungspauschale als Werbungskosten abgezogen werden. Ob eine Strecke offensichtlich verkehrsgünstiger ist, wird insbesondere nach dem Zeitvorteil der längeren Wegstrecke beurteilt. Eine Fahrzeitersparnis von mindestens 20 Minuten kann nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs 76 nicht gefordert werden. Andererseits spricht bei einer Zeitersparnis von unter 10 % im Verhältnis zur kürzesten Verbindung vieles dafür, dass dieser geringe Vorteil nicht ausreicht, um die längere Verbindung als offensichtlich verkehrsgünstiger anzusehen. Bei einer nur geringfügigen Zeitersparnis könnten aber auch andere Umstände eine Rolle spielen, um eine Strecke als offensichtlich verkehrsgünstiger zu beurteilen. So sind auch die Streckenführung, Staus, Ampelschaltungen usw. als Kriterien zu berücksichtigen. 72 Urteil vom 15. Juni 2010 VIII R 33/07 (BStB1 2011 II S. 503). Weitere anhängige Verfahren in dieser Frage: Az. VIII R 36/10 VIII R 1/11. 73 Vom 22. Dezember 2011 VIII B 190/11 (für 2008) und (für 2009) vom 9. Januar 2012 VIII B 95/11 (NV). Beschluss vom 15. Februar 2012 I B 97/11. 75 BFH-Urteil vom 16. November 2011 VI R 46/10. 76 Urteil vom 16. November 2011 VI R 19/11. 74 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) und 25 42 Erleichterungen bei elektronischen Rechnungen Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 77 wurden die Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen mit Wirkung ab 1. Juli 2011 deutlich reduziert. Ein bestimmtes technisches Übermittlungsverfahren ist nun nicht mehr vorgeschrieben. Die bisher zulässigen Verfahren können weiter verwendet werden; darüber hinaus ist jetzt der Vorsteuerabzug auch bei Rechnungen zulässig, die per E-Mail (ggf. mit PDF- oder Textdateianhang), per Computer-Telefax, per Fax-Server oder per Web-Download übermittelt wurden. Voraussetzung ist, dass die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit gewährleistet sind. Der Unternehmer kann selbst festlegen, in welcher Weise er die genannten Anforderungen erfüllen will. Dies kann durch jegliches innerbetriebliches Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft, erreicht werden. Die Finanzverwaltung hat die Anforderungen an das innerbetriebliche Prüfverfahren konkretisiert 78. Danach ist zu überprüfen, ob die Rechnung in der Substanz korrekt ist - d. h., ob die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich in der beschriebenen Qualität und Quantität erbracht wurde - und ob die Daten des Rechnungsausstellers zutreffen. Die Prüfung kann z. B. durch (manuellen) Abgleich der Rechnung mit den vorhandenen Unterlagen (wie z. B. Bestellung, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein oder Überweisung bzw. Zahlungsbeleg) erfolgen. Da entsprechende Rechnungsprüfungen in der Praxis ohnehin routinemäßig vorgenommen werden, entsteht insoweit kein zusätzlicher Aufwand; eine gesonderte Dokumentationspflicht besteht nicht. Auch für elektronische Rechnungen gilt eine 10-jährige Aufbewahrungspflicht (ggf einschließlich der qualifizierten elektronischen Signatur). Während dieses Zeitraums müssen die Daten jederzeit (z. B. anlässlich einer Umsatzsteuer-Nachschau) lesbar gemacht werden können. 79 43 Abzug von Kranken- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen: Kein Verfassungsverstoß Seit 2010 gelten neue Regelungen zur steuerlichen Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen 80. Die Gesetzesänderung erfolgte, weil das Bundesverfassungsgericht81 ie davor bestehende eingeschränkte Abzugsmöglichkeit im Rahmen der Sonder-usgaben als unzureichend ansah und dem Gesetzgeber eine Frist bis Ende 2009 zur Änderung setzte. Diese Frist, in der das alte (verfassungswidrige) Recht noch weiter angewendet werden durfte (vom Streitjahr 1997 bis Ende 2009), verstößt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs 82nicht gegen das Grundgesetz. Darüber hinaus hat das Gericht auch entschieden, dass es keinen verfassungsrechtlichen Anspruch gibt, dass die Beiträge zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung in voller Höhe steuermindernd abgezogen oder wenigstens im Rahmen eines negativen Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden. Zur beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen sind zurzeit noch einige Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig. 83 44 Verkauf einer privaten Internetadresse Grundsätzlich kann jedes Unternehmen oder jede Privatperson auf seinen/ihren Namen eine Internetadresse (Domain) registrieren lassen. Bei der Registrierung (z. B. von der DENIC eG) wird nicht geprüft, ob der Domaininhaber auch einen rechtlichen Anspruch auf die Domain besitzt. Ist eine Wunschdomain bereits vergeben, besteht die Möglichkeit, die Internetadresse - ggf. gegen Zahlung einer Abfindung - zu übertragen. Das Finanzgericht Köln 84 hat entschieden, dass 77 Vom 1. November 2011 (BGBl 2011 I S. 2131). Abschn. 14.4 UStAE wird neu gefasst. 79 Vgl. Abschn. 27b.1 Abs. 5 UStAE n. F. 80 Zu Beispielrechnungen vgl. Steuerinfo November 2010 Nr. 2. 81 Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06 (BGBl 2008 I S. 540). 82 Urteil vom 16. November 2011 X R 15/09. 83 Az.: 2 BvR 288/10, 2 BvR 289/10, 2 BvR 290/10 und 2 BvR 323/10. 78 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 26 Zahlungen im Zusammenhang mit der Übertragung einer bisher privat genutzten Internet-Domain beim Verkäufer regelmäßig keine steuerpflichtigen Einkünfte aus Leistungen i. S. des § 22 Nr. 3 EStG darstellen. Im Streitfall behandelte das Gericht den Verkauf einer Internetadresse dagegen als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. In diesem Fall bleibt der Erlös steuerfrei, wenn der Verkauf außerhalb der einjährigen „Spekulationsfrist" erfolgt. 45 Kinderfreibetrag bei unverheirateten oder dauernd getrennt lebenden Eltern Der steuerliche Freibetrag für Kinder setzt sich zusammen aus einem Freibetrag i. H. von jährlich 2.184 Euro für das sächliche Existenzminimum und einem Freibetrag i. H. von 1.320 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf, insgesamt also 3.504 Euro für jeden Elternteil, bei Zusammenveranlagung der Eltern damit insgesamt 7.008 Euro. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer erfolgt eine Günstigerprüfung der steuerlichen Auswirkung des gesamten Kinderfreibetrags i. H. von 3.504 Euro bzw. 7.008 Euro im Verhältnis zum Kindergeld. Im Ergebnis kommt nur eine der beiden Vergünstigungen in Betracht. Werden die Eltern nicht zusammen veranlagt, weil sie z. B. unverheiratet sind oder dauernd getrennt leben, erhält grundsätzlich jeder Elternteil den halben Kinderfreibetrag. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt (bzw. der, der seiner Unterhaltspflicht nachkommt), kann eine Übertragung des Kinderfreibetrags des anderen Elternteils auf sich beantragen. Für die beiden Komponenten des Kinderfreibetrags gelten dafür jedoch unterschiedliche Voraussetzungen: Der Freibetrag für das sächliche Existenzminimum (2.184 Euro) kann nur übertragen werden, wenn der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht nicht im Wesentlichen nachkommt. Für die Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (1.320 Euro) ist bei minderjährigen Kindern dagegen nur erforderlich, dass das Kind bei dem anderen Elternteil nicht gemeldet ist. Weitere Voraussetzungen sind nicht notwendig, um dem anderen Elternteil in diesen Fällen den Freibetrag i. H. von 1.320 Euro zu entziehen. Der Bundesfinanzhof 85 hat entschieden, dass diese bis 2011 geltende gesetzliche Regelung nicht gegen die Verfassung verstößt. Mit Wirkung ab 2012 hat der Gesetzgeber allerdings die Rechte des anderen Elternteils gestärkt. Er kann jetzt dem Antrag auf Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf widersprechen, wenn er Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang selbst betreut.86 46 Fahrtkosten bei vollzeitigen Bildungsmaßnahmen In mehreren Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof 87 die Kriterien für die Beurteilung einer regelmäßigen Arbeitsstätte neu festgelegt. Die Bestimmung einer Tätigkeitsstätte als „regelmäßige Arbeitsstätte" bedeutet insbesondere, dass Kosten für Fahrten zu dieser Arbeitsstätte nur eingeschränkt in Höhe der Entfernungspauschale (0,30 Euro je Entfernungskilometer) als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Bislang wurde auch eine Bildungseinrichtung (z. B. Universität) als regelmäßige Arbeitsstätte angesehen, wenn diese über einen längeren Zeitraum zum Zwecke eines Vollzeitunterrichts aufgesucht wird.88 In zwei aktuellen Urteilen ist der Bundesfinanzhof jetzt von dieser Auffassung abgewichen. Nach Meinung des Gerichts ist eine Bildungsmaßnahme auch dann „vorübergehend" und „nicht auf Dauer angelegt", wenn die Aus- bzw. Fortbildung die volle Arbeitszeit in Anspruch nimmt. In den Streitfällen handelte es sich um einen Zeitsoldaten, der an einer Berufsförderungsmaßnahme in Vollzeit teilnahm89, sowie um eine Studentin, die ein Zweitstudium90 absolvierte. Die Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte konnten in beiden Fällen in voller Höhe (wie bei Dienstreisen), d. h. bei 84 Rechtskräftiges Urteil vom 20. April 2010 8 K 3038/08 (EFG 2010 S. 1216). Urteil vom 27. Oktober 2011 III R 42/07. § 32 Abs. 6 Satz 9 EStG i. d. F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (BGBl 2011 I S. 2131). 87 Urteile vom 9. Juni 2011 VI R 55/10 (BStBl 2012 II S. 38), VI R 36/10 (BStBl 2012 II S. 36) und VI R 58/09 (BStBl 2012 II S. 34). 85 86 Siehe H 9.2 „Regelmäßige Arbeitsstätte" LStH. BFH-Urteil vom 9. Februar 2012 VI R 42/11. 90 BFH-Urteil vom 9.Februar2012 VI R 44/10. 88 89 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 27 Benutzung eines PKW mit 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer, als (vorweggenommene) Werbungskosten berücksichtigt werden. 47 Steuerliche Identifikations - Nr. ist verfassungsgemäß Nach § 139a Abgabenordnung (AO) hat jeder Bürger zur eindeutigen Identifizierung für steuerliche Zwecke eine Identifikations-Nr. erhalten. Daneben ist festgelegt, welche persönlichen Daten im Zusammenhang mit der Nummer gespeichert werden (z. B. Namen, Tag der Geburt, Geschlecht; siehe § 139b AO). Eingeführt wurde diese Nummer letztlich auch, um die Steuererhebung zu vereinfachen und sicherzustellen. Der Bundesfinanzhof91 hat entschieden, dass die Erteilung dieser Identifikations-Nr. und das damit verbundene Speichern der persönlichen Daten nicht gegen das Recht auf informelle Selbstbestimmung und auch nicht gegen sonstiges Verfassungsrecht verstößt und damit rechtmäßig ist. 48 Anordnung einer Betriebsprüfung Bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, die freiberuflich tätig sind sowie bei Privatpersonen 92 mit hohen Einkünften aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und nichtselbständiger Arbeit ist eine Betriebsprüfung „zulässig" (sog. routinemäßige Außenprüfung; siehe § 193 Abs. 1 Abgabenordnung). Weitere Anforderungen enthält das Gesetz nicht; es handelt sich somit um eine voraussetzungslose Prüfungsermächtigung der Finanzverwaltung. Das bedeutet, dass das Finanzamt nach dem Gesetzeswortlaut jederzeit und ohne weitere Begründung eine Betriebsprüfung anordnen kann. Eine Betriebsprüfung ist danach z. B. nicht davon abhängig, ob der Verdacht einer Straftat besteht, ob im Zusammenhang mit dem Steuerfall neue steuerliche Erkenntnisse zu erwarten sind oder mit Mehrsteuern zu rechnen ist. Ebenso wenig muss sich die Auswahl des zu prüfenden Betriebes nach dem Prüfungsturnus der Betriebsgrößenklassen (§ 3 BpO) richten. Die Entscheidung, welche Betriebe bzw. Personen für eine Prüfung ausgewählt werden, steht ausschließlich im Ermessen der Finanzverwaltung. Rechtliche Voraussetzung für die Betriebsprüfung ist die Prüfungsanordnung, mit der dem Steuerpflichtigen angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung Einzelheiten wie Ort, Zeit und Umfang der bevorstehenden Prüfung bekannt gegeben werden müssen. Ergeht eine entsprechende Anordnung, hat der Steuerpflichtige die Prüfung zu dulden. Ist die Prüfungsanordnung allerdings nichtig, rechtswidrig oder wurde sie aufgehoben, dürfen die damit in Zusammenhang stehenden Prüfungsfeststellungen regelmäßig nicht verwertet werden. In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesfinanzhof 93 festgestellt, dass die Anordnung einer Außenprüfung zumindest dann rechtswidrig sein kann, wenn ein Verstoß gegen das Willkür- und Schikaneverbot vorliegt. Im Streitfall wehrte sich ein Rechtsanwalt als Adressat einer Prüfungsanordnung gegen diese, weil die Anordnung im zeitlichen Zusammenhang mit einem von seinem Mandanten angestrengten Mobbingverfahren gegen den Vorsteher des betreffenden Finanzamtes ergangen ist. Das Gericht fand Anhaltspunkte, wonach sich das Finanzamt bei der Anordnung der Prüfung von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Die Sache wurde zwecks weiterer Feststellungen an das Finanzgericht zurückverwiesen. 91 92 Urteil vom 18. Januar 2012 II R 49/10 (BStBl 2012 II 5. 168). Einzelheiten siehe § 147a AO. 93 Urteil vom 28. September 2011 VIII R 8/09. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 28 49 Spruch des Monats Mai 2012 Menschliche Eigenschaften wie Güte, Großzügigkeit, Offenheit, Ehrlichkeit, Verständnis und Gefühl sind in unserer Gesellschaft Symptome des Versagens. Negativ besetzte Charakterzüge wie Gerissenheit, Habgier, Gewinnsucht, Gemeinheit, Geltungsbedürfnis und Egoismus sind hingegen Merkmale des Erfolgs. Man bewundert zwar die Qualität der ersteren und begehrt die Erträge der letzteren. (John STEINBECK) Dank an meinen Kollegen und Freund Wolfgang für seinen Zitatbeitrag 50 Vorsicht vor falschen E-Mails vom Finanzamt bzw. der Finanzverwaltung Der Beitrag ist aus dem Bereich "Es gibt nichts, was es nicht gibt“. Aktuell weist das Bundesfinanzministerium darauf hin, dass Betrüger versuchen, per E-Mail an Kontonummern und Kreditkarteninformationen von Steuerzahlern zu gelangen. Dies geschieht, indem E-Mails im Namen des Bundeszentralamts für Steuern versendet werden und die Gier der Bürger angesprochen wird. In der E-Mail wird signalisiert, dass es zu einer Einkommensteuererstattung kommt, weshalb in einem Formular entsprechende Angaben zu Kontoverbindungen bzw. zu Kreditkartennummern gemacht werden sollen. Ausdrücklich sei hier nochmals darauf hingewiesen, dass hier keinesfalls Angaben gemacht werden dürfen. Zum einen wird die Finanzverwaltung niemals die Benachrichtigung über eine Steuererstattung mittels E-Mails versenden, zum anderen ist für die Rückerstattung von überzahlten Steuern nicht das Bundeszentralamt für Steuern, sondern das jeweils örtlich zuständige Finanzamt maßgebend. Was tun : Löschen Sie daher entsprechende Mails umgehend und reagieren Sie nicht darauf! 51 Immobilien und Steuerrecht in Österreich - Neue Immobiliensteuer auch bei Immobilienfonds Bisher wurde der Verkauf von in Österreich belegenen Immobilien im Privatvermögen nur besteuert, wenn Anschaffung und Veräußerung innerhalb von zehn Jahren erfolgten. Wurde die Immobilie erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist veräußert, blieb der gesamte Veräußerungsgewinn steuerfrei. Insoweit hatte Österreich eine identische Regelung wie sie hier in der Bundesrepublik Deutschland bestand und immer noch besteht. Aktuell streicht Österreich jedoch besagte zehnjährige Veräußerungsfrist. Jede Immobilienveräußerung in Österreich ab dem 01.04.2012 ist nun steuerpflichtig und wird mit einer Steuer auf den Veräußerungsgewinn in Höhe von 25 % belegt. Diese neue Veräußerungssteuer trifft dabei nicht nur Bundesbürger, die in Österreich eine Immobilie besitzen, sondern auch Bundesbürger, die in geschlossene 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 29 Immobilienfonds investiert haben, welche wiederum in Österreich das Geld in Immobilien angelegt haben. 52 Schenkungsteuer bei Oder-Konten von Ehegatten ? Für Bankkonten eines Ehegatten wird dem anderen Ehegatten häufig eine Kontovollmacht und damit eine Verfügungsberechtigung über das Konto erteilt. Ein ähnliches Ziel wird erreicht, wenn ein Konto als sog. Oder-Konto eingerichtet ist. Anders als beim Einzelkonto mit Kontovollmacht handelt es sich dabei aber um ein Gemeinschaftskonto der Ehegatten; ein Guthaben auf diesem Konto steht daher im Zweifel jedem Ehegatten zur Hälfte zu. Es stellt sich somit die Frage, ob Gutschriften aus dem Vermögen eines Ehegatten insoweit - also zur Hälfte - als Schenkung an den anderen Ehegatten anzusehen sind mit der Folge, dass ggf. Schenkungsteuer anfällt. Dazu hat nun der Bundesfinanzhof 94 Stellung genommen. Im Streitfall wurden dem Oder-Konto von Ehegatten mehr als 2 Mio. Euro aus Beteiligungsverkäufen des Ehemannes gutgeschrieben; das Finanzamt nahm hinsichtlich der Hälfte eine steuerliche Schenkung zugunsten der Ehefrau an. Das Gericht hat nicht endgültig entschieden, aber Folgendes ausgeführt: Entscheidend ist, wie der Ehegatte über das Kontoguthaben tatsächlich verfügt hat. Wenn er häufiger Teile davon für den Erwerb eigenen Vermögens (z. B. zum Grundstückserwerb) verwendet, sei dies ein Indiz dafür, dass der Ehegatte rechtlich frei zur Hälfte über das Guthaben verfügen könne und insoweit eine unentgeltliche Zuwendung vorliege. Als Indiz unberücksichtigt bleiben laufende Überweisungen zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten, da diese nicht dem Aufbau eigenen Vermögens dienen. Setzt der Ehegatte dagegen nur im Einzelfall das Kontoguthaben zur Schaffung eigenen Vermögens ein, spricht dies eher dafür, dass auch nur dieser Teil des Kontoguthabens als zugewendet gelten soll. Es ist zu empfehlen, dass bei großen Einzahlungen eines Ehegatten auf ein Oder-Konto im Innenverhältnis klare Vereinbarungen darüber getroffen werden, ob und ggf in welchem Umfang der andere Ehegatte darüber verfügen kann. Wird auch tatsächlich entsprechend dieser Vereinbarungen verfahren, ist das Finanzamt daran gebunden und kann nicht bzw. nicht in vollem Umfang eine schenkungsteuerliche Zuwendung annehmen. 53 Gesetz zum Abbau der kalten Progression Der deutsche Einkommensteuertarif ist progressiv ausgestaltet. Der derzeitige Tarif lässt ein Existenzminimum bei jedem Steuerpflichtigen in Höhe von 8.004 Euro steuerfrei (Grundfreibetrag). In der sich anschließenden Progressionszone steigt der Steuersatz von 14 % (bei 8.005 Euro) auf 42 % (bei 52.881 Euro) unterschiedlich stark an. Der Steuersatz von 42 % bleibt für Einkommen bis 250.730 Euro konstant. Jeder weitere Euro wird mit 45 % besteuert (sog. Reichensteuer). Beim Splittingtarif für zusammenveranlagte Ehegatten gelten die doppelten Euro-Beträge. Der progressive Tarif hat zur Folge, dass z. B. bei Arbeitnehmern, die lediglich die Inflation ausgleichende Lohnerhöhungen erhalten, der Durchschnittssteuersatz ansteigt und durch diese zusätzliche Steuerbelastung ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sinkt (sog. kalte Progression). Der Bundestag hat nun das „Gesetz zum Abbau der kalten Progression"" 95 verabschiedet. Mit diesem Gesetz soll der Grundfreibetrag für 2013 auf 8.130 Euro und ab 2014 auf 8.354 Euro angehoben und der restliche Tarif entsprechend angepasst werden. Darüber hinaus wird die Bundesregierung beauftragt, alle zwei Jahre die Wirkung der kalten Progression zu überprüfen. Nachdem der Bundesrat dem Gesetz vorerst nicht zugestimmt hat, wird sich ggf. der Vermittlungsausschuss mit dem Gesetz befassen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. 54 Nutzung eines betrieblichen PKW durch Gesellschafter-Geschäftsführer Die private Nutzung eines betrieblichen PKW durch einen Arbeitnehmer ist steuerlich als geldwerter Vorteil zu beurteilen. Dabei wird der Nutzungswert häufig nach der - regelmäßig günstigen 94 95 Urteil vom 23. November 2011 II R 33/10. Vgl. Bundestags-Drucksachen 17/8683 und 17/9201. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 30 pauschalen Methode mit 1 % des PKW-Bruttolistenneupreises monatlich ermittelt und dem lohnund sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn hinzugerechnet 96. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH einen betrieblichen PKW für private Zwecke nutzt. Die Vereinbarung über die private Nutzung eines betrieblichen PKW durch den GesellschafterGeschäftsführer kann in schriftlicher oder mündlicher Form bzw. stillschweigend geschlossen werden; sie muss dem entsprechen, was unter Fremden üblich ist und auch so durchgeführt werden. Die tatsächliche Durchführung muss insbesondere durch zeitnahe Buchung des Lohnaufwands und Abführung der Lohnsteuer (sowie ggf. der Sozialversicherungsbeiträge) durch die Kapitalgesellschaft nachgewiesen werden. Wird nicht entsprechend dieser Vereinbarung verfahren, führt die PKW-Überlassung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, die das gewerbeund körperschaftsteuerliche Einkommen der Kapitalgesellschaft erhöht. Der Bundesfinanzhof97 hatte in diesem Zusammenhang entschieden, dass die verdeckte Gewinnausschüttung mit dem gemeinen Wert der PKW-Nutzung anzusetzen ist. Dies würde bedeuten, dass der Wert der Nutzungsüberlassung auf Kostenbasis einschließlich eines Gewinnaufschlags zu ermitteln und dem Gewinn hinzuzurechnen wäre. Die Finanzverwaltung98 hat jetzt jedoch erklärt, dass auch im Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung aus Vereinfachungsgründen die „normale" 1 %-Regelung angewendet werden kann; bei einer Nutzung des PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erhöht sich der monatliche Wert um 0,03 % des Bruttolistenneupreises pro Entfernungskilometer für diese Fahrten. 55 Rückwirkende Steuerbefreiung für die private Nutzung von Smartphones, Tablets usw. Seit dem Jahr 2000 sind die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten gemäß § 3 Nr. 45 EStG von der Lohnsteuer befreit. Diese Vorschrift wurde jetzt neu gefasst und damit an die technische Entwicklung angepasst.99 Danach können den Arbeitnehmern Vorteile „aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie dem Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwenderprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen lohnsteuerfrei zugewendet werden. Durch diese Formulierung soll sichergestellt werden, dass insbesondere auch vom Arbeitgeber überlassene Systemund Anwendungsprogramme auf betrieblichen und privaten PCs, Smartphones und Tablets in die Steuerbefreiung - und damit auch in die Sozialversicherungsfreiheit - einbezogen werden. Die Änderung ist rückwirkend in allen noch offenen Fällen ab dem Jahr 2000 anzuwenden. 100 Zu beachten ist allerdings weiterhin, dass die Befreiung nur für die Nutzungsüberlassung an Arbeitnehmer gilt und nicht für die private Nutzung durch den Inhaber oder durch Gesellschafter. 101 56 Einlagen in Kapitalgesellschaft als steuerpflichtige Schenkung Erhöht sich der Wert einer GmbH-Beteiligung eines Gesellschafters dadurch, dass ein anderer Gesellschafter im Wege einer Einlage Vermögen in die Gesellschaft einbringt, stellt sich die Frage, ob der Gesellschafter damit bereichert und der Vorgang schenkungsteuerpflichtig ist. Beispiel: 96 § 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr.4 Satz 2 EStG. 8 Urteil vom 23. Februar 2005 I R 70/04 (BStBI 2005 II S. 882) sowie Urteil vom 23. Januar 2008 I R 8/06 (BStBI 2012 II S. 260). 98 Siehe BMF-Schreiben vom 3. April 2012 - 1V C 2 - S 2742/08/ 10001 (BStBl 2012 I S. 478). 97 99 Vgl. Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und von steuerlichen Vorschriften (BGBl 2012 I S. 1030). 100 Vgl. § 52 Abs. 4g EStG n. F. 101 Vgl. H 3.45 EStH. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 31 Vater V. und Sohn S. sind je zu Hälfte an einer GmbH beteiligt (eingezahltes Kapital jeweils 25.000,00 €). V. legt weitere 100.000 € in die Gesellschaft ein. Dadurch erhöht sich der Wert der Beteiligung des S. um (100.000€ x 50%=) 50.000,00 € Der Bundesfinanzhof 102 hatte entschieden, dass die Werterhöhung der Kapitalanteile des einen Gesellschafters durch die Einbringung des anderen Gesellschafters keine steuerbare Zuwendung darstellt. Der Gesetzgeber hat jetzt allerdings eine Regelung geschaffen, wonach in diesen Fällen eine Schenkung „fingiert" wird (siehe § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG 103). Dies gilt für Vorgänge, für die die Steuer nach dem 13. Dezember 2011 entsteht. Im o.a. Beispiel ergibt sich nach neuem Recht eine steuerbare Schenkung von V an S. Selbst wenn z.B. aufgrund der höheren Freibeträge für Kinder (zunächst) keine Schenkungsteuer entsteht, ist zu beachten, dass insoweit der Freibetrag für künftige Übertragungen oder die Erbfolge ggf. aufgebraucht ist. 57 Splittingtarif für Lebenspartner Im Zuge des Lebenspartnerschaftsgesetzes sind gleichgeschlechtliche Lebenspartner in wichtigen Bereichen des bürgerlichen Rechts, wie z. B. im Unterhalts- und Erbrecht, auf eine Stufe mit Ehegatten gestellt worden104. Im Steuerrecht hat der Gesetzgeber die Gleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern bisher nur teilweise - im Erbschaft- und Grunderwerbsteuerrecht vollzogen. Eine wichtige einkommensteuerliche Regelung - das Splittingverfahren für Ehegatten - können Lebenspartner derzeit nicht in Anspruch nehmen. Nachdem zu dieser Frage zwei Beschwerden vor dem Bundesverfassungsgericht105 anhängig sind, haben einzelne Länderfinanzverwaltungen (z.B. Baden-Württemberg) reagiert. Danach können Betroffene durch Einlegung eines Einspruchs und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung insbesondere die Eintragung der Steuerklassen-Kombination III/V auf der Lohnsteuerkarte und damit den Splittingtarif beim Lohnsteuerabzug erreichen. Hierzu existiert allerdings zurzeit keine bundeseinheitliche Regelung, d. h., die Handhabung bleibt den jeweiligen Länderfinanzbehörden überlassen. Sollte das Bundesverfassungsgericht den Beschwerden jedoch nicht entsprechen, ist darauf hinzuweisen, dass Betroffene im Wege der Einkommensteuerveranlagungen ggf. mit Nachzahlungen rechnen müssen. 58 Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung verfassungsgemäß Seit Januar 2005 müssen Unternehmer die monatlichen oder vierteljährlichen UmsatzsteuerVoranmeldungen elektronisch an das Finanzamt übermitteln106. Diese gesetzliche Verpflichtung ist nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs 107 verfassungsgemäß. Das Gericht verweist in diesem Zusammenhang auf die gesetzlich vorgesehene Härtefall-Regelung. Danach kann ein Unternehmer nach entsprechendem Antrag seine Voranmeldungen weiterhin in Papierform einreichen, wenn ihm die elektronische Übermittlung wirtschaftlich oder persönlich nicht zuzumuten ist (vgl. § 150 Abs. 8 Abgabenordnung). Das ist der Fall, wenn er nicht über die erforderliche technische Ausstattung verfügt und diese nur mit erheblichem finanziellem Aufwand zu beschaffen wäre oder er aus persönlichen Gründen nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, das Internet für die Datenfernübertragung zu nutzen. Ob derartige Härtefall-Gründe vorliegen, entscheidet das Finanzamt nach pflichtgemäßem 102 Siehe Urteile vom 25. Oktober 1995 II R 67/93 (BStB1 1996 II S. 160) und vom 9. Dezember 2009 II R 28/08 (BStBI 2010 II S.566). 103 In der Fassung des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BGBl 2011 I S. 2592); siehe dazu im Einzelnen auch gleichlautende Ländererlasse vom 14. März 2012 (BStBI 2012 I S. 331), Tz. 2.1 und 3. 104 Siehe z. B. §§ 10, 12 Lebenspartnerschaftsgesetz. 105 Az.: 2 BvR 909/06 und 2 BvR 288/07. 106 § 18 Abs. 1 UStG. 107 Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 32 Ermessen. Diese Regelungen gelten sinngemäß auch für die Lohnsteueranmeldungen (vgl. § 41a Abs. 1 EStG). 59 „Geschäftsveräußerung Geschäftsräume im Ganzen“ auch bei Vermietung der Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer unterliegen nicht der Umsatzsteuer (vgl. § 1 Abs. la UStG). Voraussetzung ist dabei, dass der Betrieb - oder ein gesondert geführter Teilbetrieb -„im Ganzen" übereignet wird. Umstritten war die Frage, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben ist, wenn der Warenbestand und die Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsgeschäfts an einen anderen Unternehmer veräußert werden, das Ladenlokal aber nicht mitverkauft, sondern an den Käufer vermietet wird. Der Bundesfinanzhof108 hat in diesem Fall eine steuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen bejaht, weil die Gesamtheit der übertragenen Bestandteile ausreichte, um eine dauerhafte Fortführung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen; außerdem hatte der Erwerber beabsichtigt, den Geschäftsbetrieb weiterzuführen. Nach Auffassung des Gerichts sind die Laufzeit des Mietvertrags und die Kündigungsmöglichkeiten zwar bei der Gesamtbeurteilung, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, zu berücksichtigen, eine Mindestvertragsdauer (z. B. von 8 Jahren109) wird jedoch nicht gefordert; es ist vielmehr zu prüfen, ob die Regelungen ein „Hindernis für die dauerhafte Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit sein können." 60 Übernahme von Studiengebühren durch den Arbeitgeber Arbeitnehmer können Aufwendungen für ihre Berufsausbildung, Weiterbildung oder für ein Studium regelmäßig als Werbungskosten unbegrenzt geltend machen. Handelt es sich allerdings um die erste Berufsausbildung und wird sie nicht in einem Ausbildungsdienstverhältnis durchgeführt, kommt nur ein Abzug als Sonderausgaben bis zum Höchstbetrag von 6.000 Euro pro Jahr in Betracht. Die Finanzverwaltung110 hat nun zur lohnsteuerlichen Behandlung der Übernahme von Studiengebühren für ein berufsbegleitendes Studium durch den Arbeitgeber Stellung genommen. Danach gehören diese grundsätzlich zum steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn. Hat der Arbeitgeber aber die Studiengebühren in „ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse" getragen, wird steuerrechtlich kein Vorteil angenommen mit der Folge, dass weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Bei einem Ausbildungsdienstverhältnis (d.h., wenn das Studium Gegenstand des Dienstverhältnisses ist) wird ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers unterstellt, wenn der Arbeitgeber Schuldner der Studiengebühren ist. Schuldet der Arbeitnehmer die Studiengebühren, gilt dies nur unter der Voraussetzung, dass sich der Arbeitgeber arbeitsvertraglich zur Übernahme der Studiengebühren verpflichtet hat und er die übernommenen Studiengebühren vom Arbeitnehmer zurückfordern kann, falls dieser innerhalb von zwei Jahren nach dem Studienabschluss kündigt. Ein berufsbegleitendes Studium kann auch als berufliche Fort- und Weiterbildungsleistung des Arbeitgebers111 anzusehen sein, wenn damit die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb erhöht werden soll. In diesem Fall kann ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers angenommen werden, wenn dieser die Studiengebühren schuldet. Ist jedoch der Arbeitnehmer Schuldner der Studiengebühren, gilt das nur insoweit, als der Arbeitgeber vorab die Übernahme der Studiengebühren schriftlich zugesagt hat. 108 Urteil vom 18. Januar 2012 XI R 27/08 Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 10. November 2011 Rs. C-444/10 „Schriever« (UR 2011 S. 937). Vgl. Abschn. 1.5 Abs. 3 Satz 3 UStAE 110 BMF-Schreiben vom 13. April 2012 - IV C 5 - S 2332/07/0001. 109 111 Vgl. R 19.7 LStR. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 33 Soweit die Übernahme der Studiengebühren durch den Arbeitgeber als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln ist, kommt beim Arbeitnehmer ein Abzug als Werbungskosten bzw. Sonderausgaben nach den oben genannten Grundsätzen in Betracht. 61 Spruch des Monats Juni 2012 Lebensklugheit bedeutet, alle Dinge möglichst wichtig, aber keines völlig ernst zu nehmen. (Arthur SCHNITZLER) 62 Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten Seit 2012 ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes vereinfacht worden. Für die Anerkennung derartiger Kosten kommt es nicht mehr auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen der Eltern, wie z. B. Erwerbstätigkeit, Krankheit oder Behinderung, an. Kinderbetreuungskosten sind nunmehr bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres112 des Kindes einheitlich als Sonderausgaben abzugsfähig. Berücksichtigt werden können 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro jährlich pro Kind (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Den Abzug geltend machen kann grundsätzlich der Elternteil, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat und in dessen Haushalt das Kind lebt. Tragen getrennt lebende Ehegatten jeweils beide entsprechende Aufwendungen, gilt jeweils der halbe Höchstbetrag, sofern von beiden keine anderweitige Aufteilung gewählt wird. Berücksichtigungsfähig sind insbesondere Aufwendungen für • die Unterbringung von Kindern in Kindergärten, Kindertagesstätten, Horten oder Krippen; • die Beschäftigung von Kindererziehern und -pflegern; • die Beschäftigung von Hilfen im Haushalt, soweit diese Kinder betreuen; • die Beaufsichtigung von Kindern bei der Erledigung von Hausaufgaben. Für Kosten im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Au-pairs in der Familie kann vereinfachend ein Anteil von 50 % der Gesamtaufwendungen zugrunde gelegt werden. Nicht begünstigt sind Aufwendungen für den Unterricht (z. B. Schulgeld, Nachhilfe), Musikunterricht, Beiträge für Sportvereine sowie Verpflegungskosten 113. Der Abzug von Kinderbetreuungskosten setzt voraus, dass eine Rechnung vorliegt und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Dienstleistung (z. B. durch Überweisung) erfolgt ist. Barzahlungen werden nicht anerkannt. Als Rechnung gelten auch Arbeits-/Minijob-Verträge, Au-pair-Verträge, Gebührenbescheide (z. B. für Kindergärten). Sind die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug dem Grunde nach erfüllt, kommt eine Berücksichtigung als Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen (§ 35a EStG) nicht in Betracht 114. 63 Bewirtungskosten von Arbeitnehmern als Werbungskosten Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Bewirtung werden vom Finanzamt nur ausnahmsweise als Werbungskosten zum Abzug zugelassen. Für die Frage der Abzugsfähigkeit werden dabei immer 112 Ältere Kinder sind „begünstigt", wenn sie wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. 113 Siehe auch BMF-Schreiben vom 14. März 2012 - IV C 4 - S 2221/07/0012 (BStBl 2012 I S. 307). 114 Siehe § 35a Abs. 5 Satz 12. Halbsatz EStG. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 34 die Gesamtumstände in die Betrachtung einbezogen. Folgende Merkmale sprechen eher für eine berufliche Veranlassung und damit für den Werbungskostenabzug: • Anlass für die Bewirtung ist kein persönliches Ereignis (z. B. Geburtstag), sondern ein berufliches (z. B. Jubiläum, Abschiedsfeier). • Die Veranstaltung findet in Räumen des Arbeitgebers statt. • Bei den Gästen handelt es sich um Geschäftspartner des Arbeitgebers, Verbandsfunktionäre oder Kollegen und nicht um persönliche Bekannte oder Verwandte. • Der Arbeitgeber richtet die Veranstaltung aus und bestimmt die Gästeliste. Die Finanzverwaltung115 fordert für geschäftlich veranlasste Bewirtungsaufwendungen die gesetzlich geregelten Nachweise. Dies sind Angaben über Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie über die Höhe der Aufwendungen. Ebenfalls gesetzlich geregelt ist, dass nur 70 % der Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die formalen Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Bewirtungskosten von Arbeitnehmern (§ 9 Abs. 5 EStG). Ausnahmen hiervon gelten dann, wenn eine Bewirtung nicht aus „geschäftlichem Anlass", sondern aus allgemeinen beruflichen Gründen erfolgt. Das kann z. B. der Fall sein, wenn • der Arbeitnehmer nicht selbst als bewirtende Person auftritt, sondern es sich um ein Fest des Arbeitgebers handelt, zu dem der Arbeitnehmer einen Zuschuss leistet 116, • ein Arbeitnehmer mit erfolgsabhängigen Bezügen ihm unterstellte Mitarbeiter mit dem Ziel der Motivationssteigerung bewirtet 117. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kommt ein ungekürzter Werbungskostenabzug von Bewirtungsaufwendungen in Betracht. 64 Anforderungen an ein Fahrtenbuch Steht ein betrieblicher PKW einem Arbeitnehmer auch für Privatfahrten zur Verfügung oder wird ein zum Betriebsvermögen gehörender PKW auch privat genutzt, ist die Überlassung als geldwerter Vorteil lohn- bzw. einkommensteuerpflichtig. Der Wert wird regelmäßig mit 1 % vom (Brutto)Listenneupreis des PKW pro Monat angesetzt (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Diese pauschale Ermittlung des geldwerten Vorteils führt bei einer nur geringen privaten Nutzung oder bei Verwendung eines gebraucht erworbenen PKW sehr oft zu hohen steuerlichen Werten. Die tatsächlichen auf die privaten Fahrten entfallenden Kosten können aber nur angesetzt werden, wenn ein Fahrtenbuch geführt wird (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3, § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG). Die formalen Anforderungen an ein Fahrtenbuch sind jedoch hoch. Dies hat der Bundesfinanzhof118 noch einmal bestätigt. Die Aufzeichnungen sollen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand überprüfbar sein. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden; nachträgliche Einfügungen oder Änderungen müssen ausgeschlossen oder als solche erkennbar sein. Es ist jede einzelne berufliche Verwendung für sich und der mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichte Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Mehrere Teilabschnitte einer beruflichen Reise können zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Für die Angabe des Fahrtziels reicht die Aufzeichnung des Orts und der Straße nicht aus. Auch der Name des konkret aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartners ist im Fahrtenbuch zu vermerken. Diese Angaben können auch nicht nachträglich aufgrund anderer Aufzeichnungen ergänzt werden, um die steuerliche Anerkennung des Fahrtenbuchs zu erlangen. Die Aufzeichnungen in einem handschriftlich geführten Fahrtenbuch müssen lesbar sein 119; andernfalls kann das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß beurteilt werden. 115 Vgl. OFD Hannover vom 29. November 2011 - S 2350 - 32 - St 215. Vgl. BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 VI R 48/07 (BStB1 2008 II S.870). 117 Vgl. BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 VI R 33/07 (BStBl 2009 II S.11). 118 Urteil vorn 1. März 2012 VI R 33/10. Zu bestimmten Erleichterungen siehe BMF-Schreiben vom 18. November 2009—IV C 6 -S 2177/07/10004 (BStBl 2009 I S. 1326), Tz. III Nr. 3. 119 BFH-Beschluss vom 14. März 2012 VIII B 120/11 (BFH/NV 2012 S.949). 116 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 35 65 Kostenlose Wohnung – trotzdem eigener Hausstand bei doppelter Haushaltsführung Aufgrund der offiziellen Definition im Einkommensteuergesetz liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Das Tatbestandsmerkmal des eigenen Hausstandes ist folglich schon im Gesetz verankert und somit unumgehbar. Fraglich ist jedoch, ob ein eigener Hausstand noch gegeben sein kann, wenn der Steuerpflichtige für diesen (angeblich) eigenen Hausstand keinerlei Kosten trägt. Im aktuell abgeurteilten Sachverhalt ging es um folgenden Fall: Eine Arbeitnehmerin hatte an ihrem Beschäftigungsort eine kleine 27 Quadratmeter große Wohnung als Zweitwohnung angemietet. Den eigenen Hausstand, und damit auch ihren tatsächlichen Lebensmittelpunkt, gab die Steuerpflichtige jedoch im Haus ihrer Eltern an. Dort bewohnte sie eine 52 Quadratmeter große Wohnung. Eingezogen war die Steuerpflichtige dort, nachdem sie sich von ihrem Ehegatten getrennt hatte. Das Finanzamt glaubte der Steuerpflichtigen zwar, dass sich der persönliche Lebensmittelpunkt tatsächlich am Ort des Hauptwohnsitzes im Haus der Eltern befindet, jedoch bezweifelte die Verwaltung, dass hier auch ein eigener Hausstand im Sinne des Gesetzes vorliegt. Weil die hier klagende Steuerpflichtige die Wohnung im Hause ihrer Eltern vollkommen kostenlos nutzen durfte, erkannte das Finanzamt darin keinen eigenen Hausstand im Sinne der Regelung zur doppelten Haushaltsführung. In der Folge wollte das Finanzamt keinerlei damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen steuermindernd anerkennen. Mit BFH Urteil vom 28.03.2012 (Az: VI R 87/10) bekam die hier klagende Arbeitnehmerin schließlich recht. Mit vorgenanntem Urteil entschied der Bundesfinanzhof: „Im Rahmen der doppelten Haushaltsführung ist zwischen dem Unterhalten eines eigenen Haushalts und der Frage, wer die Kosten dafür trägt, zu unterscheiden. Einen eigenen Hausstand kann auch unterhalten, wer die Mittel dazu von einem Dritten erhält.“ Insgesamt ist daher die Beantwortung der Frage, wer für die Kosten aufkommt, lediglich ein Indiz, aber keine notwendige Voraussetzung dafür, dass ein eigener Haushalt beim Steuerpflichtigen tatsächlich gegeben ist. Damit war die Argumentation, dass ein eigener Hausstand schon deshalb nicht vorliegen kann, weil der Steuerpflichtige hierfür kostenmäßig nicht belastet ist, nicht mehr haltbar. Deutlich macht der erkennende Senat des Bundesfinanzhofs diese Auffassung mit folgender Aussage: „(…) eine eigene Haushaltsführung des auswärts Beschäftigten ist nicht zwingend ausgeschlossen, wenn sich dessen finanzielle Beteiligung am Haushalt nicht feststellen lässt, wie auch umgekehrt aus einem finanziellen Beitrag allein nicht zwingend auf das Unterhalten eines eigenen Haushalts zu schließen ist.“ Hinweis: Dennoch sind für die Praxis weitere Details zu beachten. So machen die obersten BFHRichter weiterhin deutlich, dass ein eigener Haushalt in der Regel eine in sich abgeschlossene Wohnung erfordert, die auch nach Größe und Ausstattung ein eigenes Wohnen und Wirtschaften gestattet. Lediglich, wer für diese Wohnung tatsächlich die Kosten trägt, ist irrelevant. Dies bedeutet jedoch auch, dass beispielsweise Studenten keine doppelte Haushaltsführung begründen können, wenn sie zwar am Studienort eine Wohnung innehaben und sich ihr Lebensmittelpunkt dennoch in ihrem Kinderzimmer im elterlichen Haushalt befindet. Eine doppelte Haushaltsführung ist hier mangels eigenen Hausstands, mangels einer in sich abgeschlossenen Wohnung und nicht zuletzt mangels der Unterhaltung eines eigenen Haushalts am Ort des Lebensmittelpunktes nicht gegeben. 66 Umsatzsteuerliche Behandlung von (Geschenk-) Gutscheinen Im Einzelhandel werden (Geschenk-)Gutscheine angeboten, auf denen ein bestimmter Geldbetrag ausgewiesen ist. Diese Gutscheine können bei dem jeweiligen Händler (Handelskette) beim Einkauf wie Bargeld eingesetzt werden. Die umsatzsteuerliche Behandlung richtet sich danach, ob auf dem Gutschein eine konkrete Ware oder Dienstleistung vermerkt ist oder nicht 120. Ist auf dem Gutschein keine konkrete Gegenleistung angegeben (sog. Wertgutschein), hat der Verkauf des Gutscheins (noch) keine umsatzsteuerlichen Auswirkungen. Es handelt sich lediglich um 120 Vgl. OFD Karlsruhe vom 25. August 2011 - S 7270 - und OFD Magdeburg vom 2. Mai 2006-S 7200- 179- St 244. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 36 den Umtausch von Zahlungsmitteln (z. B. Bargeld gegen Gutschein). Erst bei Einlösung des Gutscheins unterliegt die Leistung der Umsatzsteuer. Werden dagegen Gutscheine über genau bezeichnete Leistungen ausgestellt (sog. Sachgutscheine), unterliegt der vereinnahmte Betrag als Anzahlung der Umsatzsteuer 121. Bei Einlösung des Gutscheins unterliegt in diesen Fällen nur der ggf. noch zu zahlende Mehrbetrag der Umsatzsteuer. Auf der Rechnung über die Ausstellung des Gutscheins ist die Umsatzsteuer gesondert auszuweisen; bei der (End-)Rechnung - d. h. bei Einlösung des Gutscheins - sind der Anzahlungsbetrag (netto) und die darauf entfallende Umsatzsteuer abzusetzen 122. 67 „Gelangensbestätigung" bei innergemeinschaftlichei Lieferungen Die gesetzlichen Regelungen für Beleg- und Buchnachweise bei umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen wurden zum 1. Januar 2012 geändert 123. Aufgrund erheblicher Probleme bei der Umsetzung in der Praxis hat die Finanzverwaltung 124 diese Änderung jetzt komplett ausgesetzt. Das bedeutet, dass bis zu einer beabsichtigten erneuten Änderung der gesetzlichen Regelung weiterhin entsprechend der bisherigen Rechtslage verfahren werden kann. 68 3…2…1…Steuerpflicht ! - Umsatzsteuerpflicht bei Verkäufen über eBay Verkauft ein Gewerbetreibender seine Produkte auch über eBay, unterliegen diese Umsätze ebenfalls der Umsatzsteuer. Fraglich ist, ob auch allein durch die Veräußerung von Gebrauchsgegenständen über die Online-Plattform schon Umsatzsteuer ausgelöst werden kann. Darüber hatte der Bundesfinanzhof 125 zu entscheiden. Dies wurde für einen Fall bejaht, in dem jährlich Umsätze zwischen 21.000 Euro und 35.000 Euro aus jeweils mehr als 200 Einzelverkäufen erzielt wurden. Eine allgemein gültige Grenze hat das Gericht allerdings nicht gezogen. Es komme vielmehr auf die Gesamtumstände an. Insbesondere sind die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens sowie die Höhe der Entgelte und die Zahl der ausgeführten Geschäfte zu berücksichtigen. Unerheblich ist, ob bereits beim Einkauf eine Wiederverkaufsabsicht bestanden hat. Sofern Umsatzsteuerpflicht nicht bereits aufgrund einer anderen selbständigen Tätigkeit besteht, fällt bis zur sog. Kleinunternehmer-Grenze allein durch eBay-Verkäufe keine Umsatzsteuer an. Das ist der Fall, wenn der Gesamtumsatz126 des Vorjahres 17.500 Euro nicht überstiegen hat und der Umsatz des laufenden Jahres 50.000 Euro nicht übersteigen wird. 69 Innerstaatliche Anwendung von Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen Wie viele andere Staaten auch, besteuert die Bundesrepublik Deutschland die Einkünfte ihrer Bürger nach dem Wohnsitzprinzip. Das bedeutet, dass z. B. Arbeitslöhne, Gewinn- oder Vermietungseinkünfte von Inländern grundsätzlich im Inland steuerpflichtig sind, unabhängig davon, wo die Einkünfte erzielt wurden. Da aber ausländische Einkünfte in dem Staat, in dem sie erzielt werden, ebenfalls einer (Quellen-)Besteuerung unterliegen können (wie z. B. Arbeitslöhne oder Zinseinkünfte), werden mit vielen Ländern sog. Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Darin wird geregelt, welches Land für welche Einkünfte das Besteuerungsrecht erhält und wie im Einzelnen die doppelte Versteuerung der Einkünfte vermieden werden soll. Hierfür stehen zwei Verfahren, das Anrechnungs- oder das Freistellungsverfahren, zur Verfügung. 121 Siehe § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG. Vgl. dazu Abschn. 14.8 Abs. 7 und 8 UStAE. 123 Vgl. dazu Steuerinfo März 2012 Nr. 3. 124 Siehe BMF-Schreiben vom 1. Juni 2012 - IV D 3 - S 7141/11/10003-06. 125 Urteil vom 26. April 2012 V R 2/11. 126 Vgl. § 19 Abs. 1 und 3 UStG. 122 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 37 Im Laufe der Zeit hat der deutsche Gesetzgeber nationale Bestimmungen127 geschaffen, die die Vereinbarungen in den Doppelbesteuerungsabkommen „überschreiben" (sog. Treaty override). Im Ergebnis werden damit die Abkommensregelungen außer Kraft gesetzt und das Besteuerungsrecht nach Deutschland „zurückgeholt". Nachdem diese Praxis bisher von der Rechtsprechung toleriert wurde, hat jetzt der Bundesfinanzhof 128 entschieden, dass ein verfassungswidriger Bruch des Völkerrechts vorliegt. Änderungen bzw. Anpassungen zwischenstaatlicher Regelungen müsse der Gesetzgeber in den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen selbst verankern. Eine einseitige Abänderung der Besteuerungsregeln sei nicht zulässig. Der Bundesfinanzhof hat dem Bundesverfassungsgericht diese Frage zur Prüfung vorgelegt; eine endgültige Entscheidung hierüber bleibt also abzuwarten. 70 Doppelbelastung durch Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer bei sog. Bauerrichtungsverträgen Der Erwerb eines Grundstücks unterliegt regelmäßig der Grunderwerbsteuer 129. Bemessungsgrundlage ist dabei die „Gegenleistung“ d. h. im Regelfall der Kaufpreis - dies gilt sowohl bei unbebauten als auch bei bebauten Grundstücken. Wird ein unbebautes Grundstück erworben und im Zusammenhang damit ein Werkvertrag über die Errichtung eines Gebäudes (z. B. eines Einfamilienhauses) geschlossen - das ist häufig der Fall, wenn die Baufirma auch Verkäufer des Grundstücks ist -‚ geht die Finanzverwaltung bislang von einem „einheitlichen Vertragswerk" aus. Das bedeutet, dass sowohl der Kaufpreis für das (unbebaute) Grundstück als auch der Preis für die Errichtung des Gebäudes durch die Baufirma der Grunderwerbsteuer unterliegen. Die Besteuerung erfolgt damit so, als wenn ein bebautes Grundstück erworben worden wäre. Diese Regelung stand immer wieder in der Kritik, weil die (Bau-)Leistungen bereits mit Umsatzsteuer belastet sind und insoweit eine möglicherweise verfassungswidrige Doppelbelastung vorliegt. Der Bundesfinanzhof hat dieses Problem bislang unterschiedlich beurteilt. Während der „Umsatzsteuer-Senat" die Errichtung des Gebäudes als selbständige (umsatzsteuerpflichtige) Bauleistung behandelt hat, sah der „Grunderwerbsteuer-Senat" im Erwerb des unbebauten Grundstücks und in dem Bau des Gebäudes einen einheitlichen - grunderwerbsteuerpflichtigen Leistungsgegenstand. Der Europäische Gerichtshof 130 hatte die Besteuerung des einheitlichen Vertragswerks zwar für zulässig erklärt. Allerdings hat jetzt das Niedersächsische Finanzgericht 131 seine Zweifel an dieser Praxis geäußert und dem Bundesfinanzhof 132 erneut diese Frage zur Entscheidung vorgelegt. Betroffene Fälle können unter Hinweis auf dieses Verfahren offengehalten und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. 71 Spruch des Monats Juli 2012 Wo ein Anfang gemacht ist, kommt immer das Beste von selber nach. (Hermann HESSE) Danke an meinen Freund Wolfgang L. aus worms für seinen Beitrag an Zitaten 127 Siehe z. B. § 50d Abs. 8 und 9 EStG, in denen die im DBA vorgesehene Freistellung von (Arbeits-)Einkünften im Inland von zusätzlichen Nachweisen bzw. Voraussetzungen abhängig gemacht wird. 128 Beschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09. 129 Die Steuersätze liegen je nach Bundesland zwischen 3,5 % und 5 % (siehe dazu auch Steuerinfo Februar 2012 ). 130 Siehe dazu Steuerinfo März 2009 Nr. 3. 131 Urteil vom 26. August 2011 7 K 192/09. 132 Az. des anhängigen Verfahrens: II R 7/12. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 38 72 Mittelherkunft aus Spielbankgewinnen – Gute Erklärungen für Betriebsprüfung oder Steuerfahndung ? Ein oft gehörter Rat an Stammtischen: Wer gegenüber dem Finanzamt zu erklären hat, woher er denn das viele Geld habe, sollte einfach angeben, er habe einen glücklichen und erfolgreichen Tag in der Spielbank oder einem Kasino gehabt und dort erhebliche Gewinne vom Spieltisch mit nach Hause nehmen können. Mit dieser Aussage sollte der Finanzbeamte überzeugt werden, dass das Geld definitiv legal erworben ist, und nicht etwa aus dubiosen Schwarzgeldgeschäften stammt. Leider ist es schon seit einigen Jahren mit dieser fadenscheinigen Erklärung nicht ganz so einfach. Aufgrund der Regelungen des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinne aus schweren Straftaten von 2008, kurz Geldwäschegesetz (GWG), müssen Spielbanken wegen der Regelung in § 3 Absatz 1 GWG ihren Vertragspartner identifizieren. Um es auf den Punkt zu bringen: Wer in eine Spielbank will, muss seinen Personalausweis oder seinen Reisepass vorzeigen, und dieser wird auch registriert. In der Folge können die Finanzämter exakt ermitteln, ob ein Steuerpflichtiger an dem angegebenen Tag auch tatsächlich in der Spielbank war oder dies eine vorgeschobene Behauptung ist, um den unerklärlichen Geldzuwachs zu legalisieren. Der weiterentwickelte Rat der Stammtischrunde lautete daraufhin: Man solle halt von Zeit zu Zeit in die Spielbank gehen, damit das Finanzamt im Falle einer Prüfung auch auf entsprechende Besuche im Kasino stößt, und so eine Erklärung für das vorhandene Vermögen gegeben werden kann. Man muss ja nicht spielen, eine Cola an der Bar reiche ja aus, damit der Name als Spielbankbesucher registriert wird. Dies mag zwar sein, doch ist dieser schon immer recht wagemutigen Schutzbehauptung nun endgültig ein Ende gesetzt. Aufgrund einer Neuregelung in § 3 Abs. 3 des Geldwäschegesetzes besteht nun für Spielbanken die Pflicht zur Identifizierung von Kunden, die Spielmarken im Wert von 2.000 EUR oder mehr kaufen oder verkaufen. Der Identifizierungspflicht kann auch dadurch nachgekommen werden, dass die Kunden der Spielbank bereits beim Betreten identifiziert werden, sofern vom Betreiber der Spielbank zusätzlich sichergestellt wird, dass jede Transaktionen im Wert von 2.000 EUR oder mehr im Zusammenhang mit dem Kauf, Verkauf oder Tausch von Spielmarken und/ oder Jetons den jeweiligen Kunden zugeordnet werden kann. Unter dem Strich können die Finanzbeamten so nicht nur ermitteln, wer wann in einem Spielcasino war, sondern können auch alle Transaktionen ab 2.000 EUR den jeweiligen Steuerpflichtigen zuordnen. Der Schutzbehauptung, entsprechend höhere Geldzuwächse stammen aus Spielbankgewinnen, ist damit der Boden entzogen. 73 Doppelte Haushaltsführung: „Eigener Hausstand" bei Alleinstehenden Unterhält ein Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen in der Nähe seines Beschäftigungsortes eine zusätzliche Wohnung, können damit zusammenhängende Aufwendungen als Werbungskosten geltend gemacht werden. Berücksichtigungsfähig sind insbesondere Fahrtkosten (Entfernungspauschale) für eine (Familien-)Heimfahrt wöchentlich, Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten 3 Monate sowie die Kosten für die Zweitwohnung 133. Eine Voraussetzung für die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung ist, dass der Arbeitnehmer weiterhin einen „eigenen Hausstand“ an seinem Hauptwohnsitz unterhält. Dies ist bei Verheirateten regelmäßig der Fall, wenn die Familie am Hauptwohnsitz wohnen bleibt. Dagegen kommt es bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer, der z. B. im Haus der Eltern wohnt, nach einem neueren Urteil des Bundesfinanzhofs134 auf die Gesamtwürdigung aller Umstände an. Entscheidend ist dabei insbesondere, ob unter Berücksichtigung der Einrichtung, der Ausstattung und der Größe der Wohnung davon ausgegangen werden kann, dass der Alleinstehende nicht nur in die elterliche Wohnung eingegliedert ist, sondern einen eigenen Haushalt in einer abgeschlossenen Wohnung führt. Auch persönliche Umstände wie Alter und Personenstand sind zu berücksichtigen. Hat z. B. der Alleinstehende bereits früher einen eigenen Hausstand unterhalten und ist nach der Scheidung vom Ehepartner in das Elternhaus gezogen, kann dies dafür sprechen, dass er den eigenen Hausstand im Haus seiner Eltern weiterführt. 133 134 Siehe R 9.11 LStR, H 9.11 LStH. Vom 28. März 2012 VI R 87/10. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 39 Liegt unter Berücksichtigung dieser Umstände eine doppelte Haushaltsführung vor, kann die steuerliche Anerkennung jedenfalls nicht allein deswegen versagt werden, weil der Arbeitnehmer die Wohnung im Elternhaus unentgeltlich nutzt. Wie der Bundesfinanzhof bestätigt hat, ist die finanzielle Beteiligung des Arbeitnehmers bzw. die Zahlung einer Miete an Eltern oder Angehörige lediglich ein Indiz, aber keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung. 74 Aufwendungen für die Sanierung eines selbstgenutzten Wohngebäudes als außergewöhnliche Belastung Nach § 33 Abs. 1 EStG können Aufwendungen des privaten Lebensbereichs - nach Abzug einer zumutbaren Belastung - steuerlich geltend gemacht werden, wenn sie zwangsläufig entstehen und eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die Kosten mit einem unabwendbaren Ereignis im Zusammenhang stehen. Berücksichtigungsfähig sind danach z. B. Krankheitskosten oder die Behebung von Schäden bzw. der Ersatz von privaten Gegenständen aufgrund von Brand, Hochwasser etc. Soweit diese Kosten nicht von einer Versicherung oder einem Dritten übernommen werden, können sie grundsätzlich im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen angesetzt werden. Der Bundesfinanzhof hat jetzt in drei Urteilen dazu Stellung genommen, ob und inwieweit Aufwendungen für die Sanierung eines selbstgenutzten Wohngebäudes nach § 33 EStG anerkannt werden können. Folgende Fälle hatte der Bundesfinanzhof zu beurteilen: • • • Ein aus Asbestzementplatten bestehendes Dach eines Reihenhauses wurde durch ein Ziegeldach ersetzt 135. Zur Entfernung asbest- bzw. formaldehydhaltiger Platten wurde die Außenfassade eines Fertighauses ausgebaut und entsorgt sowie eine neue Dämmung und Fassade eingebaut136. Eine Eigentumswohnanlage wurde aufgrund eines Befalls von Hausschwamm umfassend saniert 137. Das Gericht hat in allen drei Fällen klargestellt, dass eine Berücksichtigung der Aufwendungen möglich ist, wenn insbesondere folgende Voraussetzungen vorliegen: • • • • Der Grund der Sanierung darf weder beim Erwerb des Gebäudes erkennbar gewesen noch vom Grundstückseigentümer verschuldet sein. Die Behebung sog. versteckter Baumängel im Anschluss an den Kauf einer Wohnung ist nicht „begünstigt". Soweit die Zwangsläufigkeit mit einer konkreten Gesundheitsgefährdung durch die Belastung des Gebäudes begründet wird, ist dies ggf. durch ein unabhängiges Gutachten nachzuweisen. Das subjektive Empfinden, wie z. B. bei einer Geruchsbelästigung, reicht nicht aus, um die Notwendigkeit einer (Bau-) Maßnahme darzulegen. Eventuelle Ersatzansprüche gegen Dritte müssen grundsätzlich verfolgt werden. Schließlich muss sichergestellt sein, dass in den Sanierungskosten keine wertsteigernden Aufwendungen enthalten sind. Ein sich aus der Erneuerung ergebender Vorteil „Neu für Alt“ ist bei Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Betrages dagegenzurechnen. Der Bundesfinanzhof hat auch klargestellt, dass die neue gesetzliche Regelung - z. B. das Erfordernis der Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens vor Beginn der Maßnahme (§ 64 EStDV) - nicht für den Fall des Umbaus eines Hauses oder der Umgestaltung eines Wohnumfeldes gilt. 135 BFH-Urteil vom 29. März 2012 VI R 47/10. BFH-Urteil vom 29. März 2012 VI R 21/11. 137 BFH-Urteil vom 29. März 2012 VI R 70/10. 136 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 40 75 Regelmäßige Arbeitsstätte und Übernachtungskosten bei LKW-Fahrern Nach der neueren Rechtsprechung138 ist die regelmäßige Arbeitsstätte eines Arbeitnehmers definiert als „ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht. Diese Voraussetzung ist bei einem (z. B. im Ausland gelegenen) LKW-Wechselplatz nicht erfüllt, wenn es sich hierbei nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt. Der LKW selbst kommt ebenfalls nicht als regelmäßige Arbeitsstätte in Betracht, weil er keine ortsfeste Einrichtung ist 139. Das bedeutet, dass in diesen Fällen LKW-Fahrer die Fahrtkosten zum LKW-Wechselplatz nicht mit der Entfernungspauschale, sondern mit den tatsächlichen Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen als Werbungskosten geltend machen können; bei Benutzung eines PKW können die Fahrtkosten pauschal mit 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer angesetzt werden 140. Aufwendungen für Übernachtungen, die durch Auswärtstätigkeiten veranlasst sind, können mit den tatsächlich entstandenen Kosten als Werbungskosten abgezogen werden. Der Ansatz der (Auslands-)Übernachtungspauschalen141 kommt bei LKW-Fahrern, die im LKW übernachten, nicht in Betracht, weil sie zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung fuhren wurden Liegt kein Einzelnachweis der Aufwendungen z B für Dusche, Toilette und Reinigung der Schlafgelegenheit vor, können die Aufwendungen geschätzt werden. Im Streitfall wurden arbeitstäglich Übernachtungskosten in Höhe von 5 Euro geltend gemacht, die der Bundesfinanzhof nicht beanstandete. 76 Schenkungsteuer bei Zuwendungen von Kapitalgesellschaften Grundsätzlich werden Zuwendungen unter Lebenden, die unentgeltlich erfolgen und durch die der Beschenkte bereichert wird, als sog. freigebige Zuwendungen von der Schenkungsteuerpflicht erfasst. Die Besteuerung erfolgt in Abhängigkeit vom persönlichen Verhältnis des Beschenkten zum Schenker und der Höhe der Zuwendung. Ehegatten, Lebenspartner und nahe Verwandte erhalten höhere Freibeträge und unterliegen einem günstigeren Steuertarif (siehe §§ 16 und 19 ErbStG). Zuwendungen können auch dann steuerpflichtig sein, wenn der Schenker an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist und die Zuwendung über die Gesellschaft erbracht wird. Dies können überhöhte Vergütungen, verbilligte Waren bzw. Dienstleistungen oder andere unentgeltliche Zuwendungen sein, die als verdeckte Gewinnausschüttungen (z. B. an Angehörige) zu beurteilen sind. Der Bundesfinanzhof 142 hatte entschieden, dass in diesem Fall schenkungsteuerlich eine Zuwendung der Kapitalgesellschaft an die nahestehende Person vorliegt. Beispiel. G. ist Gesellschafter einer GmbH. Seine Tochter erhält im Rahmen einer Tätigkeit für die GmbH eine überhöhte Vergütung (verdeckte Gewinnausschüttung) in Höhe von 100.000,00 €. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs würde das Verhältnis der Tochter zur Kapitalgesellschaft zugrunde gelegt. Demzufolge würde sich eine Schenkungssteuer von (100.000 € ./. 20.000 € Freibetrag 143=) 80.000 € x 30% Steuersatz144 = 24.000 € ergeben. Für Zuwendungen nach dem 13. Dezember 2011 hat der Gesetzgeber die Regelung getroffen, dass für die Besteuerung einer Schenkung durch eine Kapitalgesellschaft das persönliche Verhältnis des Beschenkten zu der beteiligten natürlichen Person (Gesellschafter) maßgebend ist (siehe § 15 Abs. 4 ErbStG).145 Das würde im Beispielsfall bedeuten, dass - ohne Berücksichtigung von 138 Vgl. BFH-Urteil vom 22. September 2010 VI R 54/09 (BStBl. 2011 II S. 354). 139 Vgl. dazu BFH-Urteil vom 28. März 2012 VI R 48/11. 140 H 9.5 „Pauschale Kilometersätze" LStH. 141 Siehe BMF-Schreiben vom 8. Dezember 2011 - IV C 5—S 2353/08/10006 (BStBl. 2011 I S. 1259). 142 Urteil vom 7. November 2007 II R 28/06 (BStBl 2008 II S. 258). 143 § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG. 144 § 15 Abs. ii. V. m. § 19 Abs. 1 ErbStG (Steuerklasse III). 145 Siehe Art. 11 Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BGBl. 2011 I S. 2592) sowie im Einzelnen dazu auch gleichlautende Ländererlasse vom 14. März 2012 (BStBl 2012 I S. 331), Tz. 2.6 und 6. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 41 Vorschenkungen - bereits der höhere Freibetrag von 400.000 Euro für Kinder dazu führt, dass keine Schenkungsteuer entsteht. 77 Auslandsaufenthalte volljähriger Kinder als Berufsausbildung Kindergeld und steuerliche Kindervergünstigungen kommen bei volljährigen Kindern nur dann in Betracht, wenn das Kind bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Diese sind z.B. gegeben, wenn sich das Kind in einer Berufsausbildung befindet. Bei Auslandsaufenthalten, die praktisch immer auch dem Erwerb von Sprachkenntnissen dienen, stellt sich häufig die Frage, ob es sich dabei schon um eine Ausbildung in diesem Sinne handelt. Mit dieser Frage hat sich der Bundesfinanzhof 146 beschäftigt. Danach sind reine Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-pair-Aufenthalts grundsätzlich nicht als Berufsausbildung anzusehen. Dies ist nur darin der Fall, wenn der Aufenthalt von einem durchschnittlich mindestens 10 Wochenstunden umfassenden theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet wird. Erfüllt der Sprachunterricht diese Voraussetzung nicht während des gesamten Auslandsaufenthalts, kann ggf. eine Berufsausbildung in einzelnen Monaten angenommen werden, in denen die Grenze von 10 Wochenstunden aber erheblich überschritten sein muss (z. B. durch Blockunterricht). Kindergeld bzw. Kindervergünstigungen würden dann für diese Monate anteilig in Betracht kommen. Weniger als 10 Wochenstunden formalen Unterricht lässt der Bundesfinanzhof im Einzelfall dann genügen, wenn der Unterricht eine über das übliche Maß hinausgehende Vor und Nachbereitung erfordert, dies ist z. B. denkbar bei fachlich orientiertem Sprachunterricht oder bei vorzubereitenden Vorträgen in der Fremdsprache. Von einer Prüfung des zeitlichen Umfangs von Sprachunterricht kann nur dann ganz abgesehen werden, wenn der jeweilige Auslandsaufenthalt von einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung zwingend vorausgesetzt wird oder der Vorbereitung auf einen für ein Studium oder eine sonstige Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest (z. B. TOEFL oder IELTS) dient. 78 Opfergrenze bei Unterhaltsleistungen von Selbständigen Unterhaltsleistungen an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person können bis zum Höchstbetrag von 8.004 Euro pro Kalenderjahr als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend gemacht werden. Eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person werden auf den Höchstbetrag angerechnet, soweit sie 624 Euro im Kalenderjahr übersteigen147. Die Höhe der abziehbaren Unterhaltsleistungen hängt aber auch davon ab, inwieweit die finanziellen Mittel des Unterhaltsleistenden überhaupt ausreichen, um entsprechende Zahlungen erbringen zu können. Diese sog. Opfergrenze wird mit einem Prozentsatz des verfügbaren Nettoeinkommens ermittelt. Der Prozentsatz beträgt 1 % je volle 500 Euro des Nettoeinkommens (höchstens 50 %); er wird gekürzt um je 5 % für den Ehegatten und jedes „steuerliche" Kind des Unterhaltspflichtigen (höchstens um 25 %).148 Beispiel: Der verheiratete Gewerbetreibende A. unterstützt seinen alleine lebenden , mittelosen Vater Höchstbetrag für Unterhaltsleistungen: Ermittlung des Nettoeinkommens des A: Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 15 EStG Verlust aus Vermietung und Verpachtung Basiskranken- und Pflegeversicherungsbeiträge Steuerzahlungen 8.004 € 30.000 € - 5.000 € - 6.000 € - 4.000 € verfügbares Nettoeinkommen für die Berechnung der Opfergrenze15.000 € 146 147 Urteil vom 15. März 2012 III R 58/08. Näheres vgl. § 33a Abs. 1 und 3 EStG sowie R 33a.1 EStR und H 33a.1 EStH. 148 Vgl. dazu ausführlich BMF-Schreiben vom 7. Juni 2010—IV C 4— S 2285/07/0006 (BStBl 2010 I S. 582), Rz. 9 bis 12. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH) 42 Berechnung der Opfergrenze: 1% je volle 500 € Kürzung Ehefrau 15.000 € x Ergebnis: 30 % 5% 25 % = 3.750 € A. kann Unterhaltsleistungen bis höchstens 3.750€ als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a (1) EStG geltend machen. Der Bundesfinanzhof149 hat nun klargestellt, dass für die Ermittlung der Opfergrenze bei Selbständigen nicht nur auf die Einkünfte des zu beurteilenden Kalenderjahres abzustellen ist, sondern dass in die Berechnung auch die Einkünfte der beiden vorangegangenen Kalenderjahre einzubeziehen sind. Bei Ermittlung der Opfergrenze von Selbständigen z. B. für Unterhaltszahlungen im Jahr 2012 wären somit die Einkünfte der Jahre 2010 bis 2012 zugrunde zu legen. 79 Erlass von Grundsteuer bei wesentlicher Ertragsminderung nicht verfassungswidrig Bei bebauten Grundstücken wird die Grundsteuer teilweise erlassen, wenn der „normale Rohertrag" gemindert ist. Dies kann bei vermieteten Grundstücken bzw. Gebäuden auch der Fall sein, wenn die Mietnachfrage aufgrund der allgemeinen schwierigen Wirtschaftslage zurückgeht. 150 Bis Ende 2007 lag die Voraussetzung einer „wesentlichen" Minderung des Rohertrags bereits vor, wenn die tatsächlich erzielte Miete um mehr als 20 % unter der normalen Jahresrohmiete (Sollmiete) lag. Seit 2008 kommt ein Grundsteuer-Erlass überhaupt erst ab einer Ertragsminderung von über 50 % in Betracht (§ 33 Abs. 1 Grundsteuergesetz)151. Die Gesetzesänderung wurde erst Ende 2008 verkündet, trat aber rückwirkend bereits mit Wirkung ab Beginn des Jahres 2008 in Kraft. Der Bundesfinanzhof 152 hat jetzt entschieden, dass die z. T. verschärfende Neuregelung nicht verfassungswidrig ist. Auch eine Anwendung des neuen Rechts bereits auf das Jahr 2008 ist nach Auffassung des Gerichts zulässig. 80 Spruch des Monats August 2012 Verantwortlich sind wir nicht nur für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun ! (LAOTSE) Danke an meinen Freund Wolfgang Landua für seinen Beitrag an Zitaten 149 150 151 152 Urteil vom 28. März 2012 VI R 31/11. Besonderheiten gelten bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei eigengewerblich genutzten Grundstücken. Siehe im Einzelnen auch Steuerinfo März 2012 Nr. 4. Urteil vom 18. April 2012 II R 36/10. 75891779 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)