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IP/10/695
Brüssel, 7. Juni 2010
Gleichstellung der Geschlechter im Bildungsbereich:
Das größte Problem sind nach wie vor traditionelle
Rollenbilder
Die Europäische Kommission hat heute eine neue Studie vorgelegt, die der
Frage nachgeht, wie die Länder in Europa mit geschlechterspezifischen
Ungleichgewichten im Bildungsbereich umgehen. Die Studie belegt, dass es
sowohl bei der Studienwahl als auch beim Studienerfolg weiterhin
Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt.
Die für Bildung zuständige EU-Kommissarin Androulla Vassiliou erklärte: „Der
Zusammenhang zwischen Geschlecht und Bildungserfolg hat sich in den letzten
50 Jahren deutlich verändert und die Unterschiede präsentieren sich heute in viel
komplexerer Form. Die Lehrkräfte sind überwiegend weiblich, gestaltet werden die
Bildungssysteme aber von Männern. Die meisten Graduierten sind weiblich und die
meisten Schulabbrecher männlich. Wir müssen die Gleichstellungspolitik auf diese
Realität ausrichten.“
Die Studie der Kommission basiert auf der Arbeit des Eurydice-Netzes, das
Bildungsdaten sammelt und analysiert. Sie deckt 29 Länder ab (alle EUMitgliedsstaaten – außer Bulgarien – sowie Island, Liechtenstein und Norwegen).
Wichtigste Ergebnisse:
Die größten Sorgen bereiten Geschlechterrollen und -stereotype
Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, verfolgen oder planen alle EU-Länder
eine Politik der Gleichstellung im Bildungsbereich. Das wichtigste Ziel lautet,
traditionelle Geschlechterrollen und –stereotype in Frage zu stellen. Darüber hinaus
sollen mehr Frauen in Entscheidungsgremien gebracht, geschlechtertypische
Schulerfolgsmuster durchbrochen und Belästigung aufgrund des Geschlechts in
Schulen bekämpft werden (siehe Anhang, Abbildung 1). Regierungsinitiativen, die
Eltern über Gleichstellungsfragen informieren und sie enger in die Förderung der
Geschlechtergleichstellung im Bildungsbereich einbinden wollen, sind rar.
Mädchen erzielen in der Regel höhere Abschlüsse und bessere Noten bei
Schulabschlussprüfungen als Buben, die häufiger die Schule abbrechen oder ein
Schuljahr wiederholen. Internationale Studien zeigen, dass in rund einem Drittel der
europäischen Bildungssysteme Jungen häufiger Leseschwächen aufweisen,
während Mädchen eher in Mathematik schlechte Ergebnisse erzielen. Trotzdem ist
der sozio-ökonomische Hintergrund nach wie vor der wichtigste Faktor.
Nur einige wenige Länder setzen dem Versagen von Buben eine politische
Schwerpunktsetzung entgegen (die Flämische Gemeinschaft in Belgien, Irland und
das Vereinigte Königreich). Noch weniger Länder haben spezielle Programme, um
die Lesekompetenz von Jungen und das Abschneiden von Mädchen in Mathematik
und den Naturwissenschaften zu verbessern (Österreich, Vereinigtes Königreich
(England)).
Die Europäische Kommission begegnet geschlechterspezifischen Unterschieden im
Bildungsbereich, indem sie die Kooperation zwischen EU-Ländern unterstützt und
Programme finanziert. Der Kampf gegen soziale Ausgrenzung und die
Ungleichbehandlung der Geschlechter ist ein zentraler Faktor, wenn es um die
finanzielle Unterstützung der EU für multinationale Bildungsprojekte und
-partnerschaften im Rahmen des Programms für lebenslanges Lernen geht.
Die geschlechtersensible Berufsberatung konzentriert sich auf
Mädchen
Viele junge Männer und Frauen in berufsbildenden Schulen und im Sekundarbereich
entscheiden sich noch immer für Berufe, die die traditionellen Geschlechterrollen
widerspiegeln. Um dieses Problem in Angriff zu nehmen, braucht es bessere
Berufsberatung und Berufsberater/innen mit mehr Gender-Bewusstsein, die
Stereotype in Frage stellen können.
Gender-sensible Berufsberatung, die es derzeit nur in jedem zweiten europäischen
Land gibt (siehe Anhang, Abbildung 2), richtet sich häufiger an Mädchen als an
Buben und versucht meist, Mädchen Mut zu machen, sich für einen Beruf im Bereich
Technik oder Naturwissenschaften zu entscheiden. Obwohl interessante
Einzelinitiativen und Projekte bestehen, gibt es keine nationalen Strategien und
Initiativen gegen Geschlechterstereotype in der Berufswahl, deren Zielgruppe Buben
sind.
Maßnahmen im Hochschulbereich sind in erster Linie darauf
ausgerichtet, den Anteil an Frauen in den Studienrichtungen
Mathematik, Naturwissenschaften und Technik zu erhöhen
In fast allen Ländern stellen Frauen die Mehrheit der Studierenden und Graduierten.
Frauen dominieren in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Pflege und Fürsorge,
Geisteswissenschaften und Kunst, während die Bereiche Technik, Produktion und
Bau fest in männlicher Hand sind.
In rund zwei Dritteln der Länder gibt es im Hochschulbereich gleichstellungspolitische Maßnahmen (siehe Anhang, Abbildung 3). Fast alle Maßnahmen und
Projekte sind ausschließlich auf Frauen ausgerichtet. Andrerseits sinkt der Anteil an
weiblichen Universitätslehrkräften mit jeder Stufe der akademischen Karriereleiter.
Trotzdem hat nur ein Drittel der Länder konkrete Maßnahmen umgesetzt, um dieses
Problem der vertikalen Segregation in Angriff zu nehmen.
Maßnahmen, die auf beide Problemstellungen abzielen, werden in der Flämischen
Gemeinschaft in Belgien, in Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Schweden,
dem Vereinigten Königreich und Norwegen umgesetzt.
Das Eurydice-Netz (www.Eurydice.org) bietet Informationen und Analysen zu den
europäischen Bildungssystemen und -politiken. Es besteht aus 35 nationalen Büros
in allen 31 Ländern, die am EU-Programm für lebenslanges Lernen teilnehmen (EUMitgliedsstaaten, EWR-Länder und die Türkei), und wird von der EUExekutivagentur für Bildung, audiovisuelle Medien und Kultur in Brüssel koordiniert
und verwaltet. Diese Agentur ist unter anderem für Veröffentlichungen und
Datenbanken zuständig.
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Mehr dazu:
Volltext der Studie „Geschlechterunterschiede bei Bildungsresultaten: Derzeitige
Situation und aktuelle Maßnahmen in Europa.“
http://eacea.ec.europa.eu/education/eurydice/thematic_studies_en.php
http://eacea.ec.europa.eu/education/eurydice/thematic_studies_fr.php
ttp://eacea.ec.europa.eu/education/eurydice/thematic_studies_de.php
Detaillierte Beschreibungen der jeweiligen nationalen gender-bezogenen Politik
werden auf der Eurydice-Website (www.eurydice.org) abrufbar sein.
Gedruckte Exemplare der Studie auf Englisch stehen ab heute zur Verfügung.
Deutsche und französische Übersetzungen folgen in Kürze.
Europäische Kommission: Allgemeine und berufliche Bildung
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ANNEX
BILDUNG: Gleichstellung der Geschlechter
Abbildung 1: Gleichstellungspolitische Maßnahmen mit dem Ziel,
traditionelle Geschlechterrollen und -stereotype im Primar- und
Sekundarbereich in Frage zu stellen, 2008/09
Bekämpfung von Belästigung
aufgrund des Geschlechts
Erhöhung des Anteils von Frauen
im Bildungsmanagement
Infragestellung geschlechterspezifischer Erfolgsmuster
Alle Länder in der Abbildung verfolgen eine Politik, die die traditionellen
Geschlechterrollen und –stereotpye in Frage stellt. Die Länder in den Kreisen
verfolgen zusätzlich die angegebenen spezifischen Ziele. Länder, die keine
substanzielle Gleichstellungspolitik im Bildungsbereich verfolgen: EE, IT, HU, PL, SK
Quelle: Eurydice
Abbildung 2: Spezifische Berufsberatung, die in Europa angeboten
wird, um traditionelle Berufswahlentscheidungen zu hinterfragen,
2008/09
Gender-sensible Berufsberatung
existiert
Keine spezielle Berufsberatung
Keine Daten verfügbar
Quelle: Eurydice
Abbildung 3: Gleichstellungspolitische Maßnahmen oder Projekte im
tertiären Bereich, 2008/09
Maßnahmen/Projekte zu
vertikaler Segregation
horizontaler Segregation
Keine Gleichstellungspolitik
Bereich
im
tertiären
Keine Daten verfügbar
Quelle: Eurydice
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